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Zeitschrift fiir Krebsforschung, Bd. 61, S. 65--77 (1956)

Aus dem Pathologischen Institut der Universiti~t Erlangen (Direktor: Prof. Dr. E~Ic~ Mi~LLnR)

Experimenteller Beitrag zur Frage der Caneerogenit~it yon Eisenoxydstaub

Von ERICH H~LLER und WOLF ERHARI)T

Mit 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 17. Dezember 1955)

Bei der Frage der Lungenpathogenitiit yon Stauben ist das Haupt- augenmerk darauf gerichtet, ob die in feinster KorngrSl~e inhalierte Substanz eine Lungenfibrose zu erzeugen vermag, oder ob sie lediglich eine Verstaubung im Sinne einer entziindungsfreien Ablagerung im Ge- webe, eventuell mit pigmentierendem Effekt bewirkt. ~qeben diesen beiden MSgliehkeiten sind jedoch noch andere pathogenetische Aus- wirkungen bekannt, unter denen die Erzeugung eines Lungenkrebses verst~ndlicherweise das grSBte Interesse beansprucht. Umfangreiche Untersuchungen am Mensehen und im Tierexperiment haben zu der Erkenntnis geffihrt, dal3 die erhShte Lungenkrebsanf~lligkeit be- stimmter Berufsgruppen - - abgesehen yon den Sehneeberger Gruben- arbeitern - - ihre Ursaehe in inhaliertem staubfSrmigen Material hat (Chromat-, Asbeststaub).

In neuerer Zeit kommt besonders aus der eisenverarbeitenden In- dustrie wiederholt die gutachtliche Frage, ob eingeatmeter Eisenstaub einen Lungenkrebs zu erzeugen vermSge. Dieser Problemstellung liegen Hinweise zugrunde, die immer wieder sporadisch in der Literatur auf- tauehen und unter anderem anch in Publikationen yon bedeutendem wissensehaftliehen Rang, wie K. H. BAVERs Buch ,,Das Krebsproblem" (1949) und neuerdings einer Darstellung yon KAHLAU (1954) fiber den Lungenkrebs gegeben werden. Erstaunlich ist jedoch die DiSkrepanz zwischen der Bedeutung dieser Frage und der ausgesproehenen Dfirftig- keit objektiver Untersuehungen. So beriehten auch B A u ~ und KAHLAV nicht aus eigener Erfahrung , sondern zitieren jewefls eine VerSffentli- chung yon D~wrFcs (1936) fiber ein ,~Lungencarcinom bei Gesehwistern nach Inhalation von eisenoxydhaltigem Staub in der Jugend", eine kasuistische Mitteilung, deren SehluBfolgerungen sich wie ein toter Faden dutch die mit dem Problem des Lungenkrebses naeh Eisenstaub- inhalation befal~te Literatur hindurchziehen. Schon aus diesem Grunde erscheint es geboten, sich mit der D~EYFusschen Arbeit auseinander- zusetzen und sie auf ihren sachlichen Inhalt kritisch zu prfifen.

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DR~YFCS stellte in Chaux de Fends, einem Zentrum der schweizerischen Uhrenindustrie, die viele Frauen in Heimarbeit beschgftigt, ein ,,geh/~uftes Auf- traten" v0n L~ngeneareinomen bei der weibliehen BavSlkerung fast. Er hielt den bei der Arbeit eingeatmeten Metallstaub fiir das careinogene Agens. Diese Be- hanptung wllrde jadoch nieht durch stat~stischa Erhebungen belegt, sondarn resultierte als subjektiver Eindruek des Chirurgen DREYFUS. Im einzelnen hat DREYFUS selbst nut 2 F/~lle yon Lungencarcinom beobaehtet, bei denen eine ent- spreehende vorheriga Exposition offenbar gegeben war. Es handelte sich um eine 44jghrige Frau und ihren 36j/ihrigen Bruder, die in ihrer Kindheit in einem Raum gev~ohnt hattan, .in dam ihre Mutter als Heimarbeiterin Sehrauben mit Eisen- oxydpulver (chemisch F%Os) polierte. Die Exposition der Gesahwister war wann auch in verschiedenen Lebensabschnitten yon gleicher Dauer, da die Mutter diese Besch/iftigung nur in der Zeit nach der Geburt des Knaben bis zu seinem 12. Labensjahr nachging. 24 Jahre sp/iter wurde zun~ehst bei der Toehter ein Lungencarcinom diagnostiziert, an dem sie binnen 1 Monat verstarb. Ein Obduktionsbefund liegt nicht vor, sondern lediglieh der bioptische Befund einer supraelavicul~ren Driise mit der Metastase eines Carcinoma solidum. Bereits 14 Monate danaeh verstarb der Bruder, dessen Sektion ein Carcinoma solidum der reehten Lunge mit wahrscheinlichem Ausgang yon einem Bronchus ergab. SchlieBl~ch arwghnt D~EYsvs noeh einen Fall von Carcinoma solidum et eylindro- eellulare der Lunge bei einar 33j~hrigen Frau, die gleichfalls in einem Heimarbeiter- milieu aufgewaehsen war und fiir die somit auch eine Eisenoxydstaubexposition angenommen werden diirfte.

DREYFUS h~tlt die beiden ersten F~lle ffir einen ausreiehenden Beweis dafiir, dab der eingeatmete Eisenoxyds taub eine carcinogene Noxe dar- stellte, nnd ffihrt als Stiitze fiir seine Annahme folgende besonders betonte T~tsachen an: 1. Die Gesehwister, die gleich lang exponiert waren, ver- s tarben nach gleich langer , ,Latenzzeit" yon 24 Jah ren an einem Lungen- carcinom. 2. Ihre Schwester, die 8 Jah re lang auBerhalb der Familie gewohnt hat te , blieb gesuncl. 3. Die E rk rankung der Gesehwister t ra t fiir ein Lungencarc inom rela~iv frfihzeitig ein.

Zweifellos k a n n diesen Beob~chtungen yon D ~ Y F U s eine kasuisti- sche Bedeutung nicht abgesprochen werden; unseres Erachtens bereeh- t igen sie jedoch keinesfalls zu dem SchluB auf eine krebserzeugende Spezifit~tt des Eisenoxyds. Eine solche Folgerung ist prinzipien erst dann zul~ssig, wenn ein Beobaehtungsmater ia l vorliegt, das zahlen- m~Big eine brauehbare statistische Auswertung gestat tet . Sehon inso- fern liegen die beiden ,,gesioherten" F/file von DREYfuS weir unterhalb einer fiberh~upt diskutablen Zahl. Aueh seine Feststellung, dab bei F rauen seines Bezirkes geh~uft Lungencarcinome auftraten, besitzt. mangels statistiseher Unterm~uerung keinerlei Beweisf~higkeit. Es mug z u d e m bedauer t werden, dab in dem ersten Fall eine mikroskopisehe Untersuehung der Lungen vol lkommen unterlassen wurde und auch vom zweiten Fall keine ausfiihrliche Beschreibung des makroskopisehen und histologischen Lungenbefundes vorliegt. Hier w~re doch das Aus- mall der Vers tanbung und ihrer topisehen Beziehungen zum Careinom von groBer Wicht igkei t gewesen, wenngleich auch daraus kaum mit

Zur Frage der Cancerogenit~t yon Eisenoxydstaub 67

Sicherheit hervorgegangen w~re, dab hier das Eisenoxyd spezifisch cancerogen gewirkt habe. Einer solchen SehluBfolgerung wird stets das Odium der Konstruktion anhaften, wenn das Postulat der ausreichend groBen Zahl gleichgelagerter F~lle unerfiillt bleibt. Das gilt aneh ffir eine kasuistische Mitteflung yon B~KNE~ und BR~DT, welche bei einem 64j~hrigen Metallsehleifer naeh 25j~hriger Exposition einen doppelseitigen, morphologiseh gleichartigen Paneoasttumor fanden, bei dessen Genese and Ausbreitungsart sie disp0sitionelle Seh~digungen des Lungengewebes dureh Eisenoxyd vermuten. Es ist auBerdem einzu- wenden, daB beim Metallsehleifen ausgesprochene Misehstaubwirkungen vorliegen.

Den Beobaehtungen und SchluBfolgerungen yon DaErFgS stehen gewiehtige M_itteilungen des Sehrifttums gegeniiber, wenn sie sieh aueh nieht direkt mit der Frage der Caneerogenit~t yon Eisenoxyd befassen. Bei versehiedensten Fallen mit reiner Eisenoxydexposition - - hierher gehSren vor ahem Spiegelpolierer (CoLLIS), ElektroschweiBer (DoI~ und McLAUGItLIN; ENZER und SANDER; HOLL~A~; MOLFI~O i BRITTO~ und WALSH; KOELSCH; GRL~ER; HUMPERDINCK; GROH; JONES und LOCK- I-IAttT; SANDER), Sflberpolierer (MCLAUGHLIN, GROUT, BARRIE und HA~DI~G; BARRIE und HAI~DINO) und Hersteller elektrolytisch gewon- nenen Eisenoxyds (DAvIDsoN) - - wird keine auff~llige Lungenkrebs- entwicklung trotz des teilweise in erheblicher Menge abgelagerten Staubes erw~hnt. Dabei Sei besonders betont, dab in vielen F~llen eine jahrzehntelange Exposition vorgelegen hatte (bei einem Silberpolierer z.B. 50 Jahre). Aus den rSntgenologisehen und klinischen Reihenunter- suehungen bei entsprechenden Berufsgruppen, deren Zahl mehrfaeh in die Hunderte geht, ergibt sich einhellig die auffa]lend geringe Beein- trs yon Gesundheit und Funktion durch abgelager~es Eisen- oxyd. ~berzeugend und eindeutig weisen auch grSBere statistische Er- hebungen in diese Riehtung, wie etwa eine Aufstellung aus dem Sterbe- register des Generalstandesbeamten ffir England und Wales yon 1931 (I)oI~ 1949). Daraus geht hervor, daB bei den zu diesem Zeitpunkt in diesem Bereieh beschgftigten 11542 SehweiBern und Brennern nur 123 Todesf~lle zu verzeiehnen waren, vergliehen mit den 161, die auf der Basis der entsprechenden Altersrate bei der m~nnliehen GesamtbevS1- kerung zu erwarten waren. Erhebungen in verschiedenen Fabriken (DolG 1949) liefern den Beweis, dab bei SchweiBern keinesfalls hShere Krankheitsziffern auftreten als bei anderen Arbeitsgruppen. Es daft an- genommen werden, dab ein erhShter Lungenkrebsbefall bei eisenstaub- exponierten Personen in einer derartigen statistischen Erhebung zum Ansdruck gekommen und aufgefallen w~re. Auffallend ist der betonten Vertragliehkeit yon Eisenstaub gegeniiber die Mitteilung ZE~KEas, dab naeh jahrelanger Inhalation yon ,,Englieh-rot" (Eisenoxyd) bei einer

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31j~hrigen Fabrikarbeiterin bis erbsengro•e Infiltrationsherde und in allen Lungenlappen Cavernen sieh fanden, ohne dab eine Tuberkulose v o r l a g - was auf eine heftige Reaktion des Organismus auf Eisen- oxyd hinweisen kSnnte 1.

Bezieht man nicht nur Eisenoxyd, sondern generell das Eisen und seine vorwiegend technisch entstehenden Verbindungen in die Frage eines erhShten Krebsbefalles ein, dann linden sich auch hier bei grSl]eren Untersuchungsreihen an Personen, die eisenhaltige Misehstaube in- halierten, keine Angaben einer erhShten Krebsgef~hrdung. Es sei aui die im Zust~ndigkeitsbereich des Bayerischen Landesgewerbearztes an- gestellten Erhebungen im Bergbau BodenmeiB, in den Eisengruben des Bezirkes Auerbach, im Agglomerierwerk Bahnhof Pegnitz, oder an Spiegelpolierern und Ockerarbeitern hingewiesen Welters auf die Publikationen in der angels~ehsischen Literatur fiber Dreher und Gul~- putzer (Buc]~]~LLundMitarbeiter 1946, SA_~DER 1947), Hamatitbergleute (STEwArT und FAULDS 1934, BO~OD 1930, C ~ o ~ 1926), Kesselreiniger (DueNna und ttERMON 1944, HARDE~G und Mitarbeiter 1944 und 1947), Schleifer und Brenner (PENDERCRASS und LEOPOLD 1945, ttAymnv und WEBER 1950), sowie Oxyaeetylensehneider (SAND~ 1947), die alle auf Reihenuntersuchungen an vielen Hunderten yon Beschaftigten basieren. Hierhin gehSren die Beobachtungen yon COLLEN, DYBDAHL und O'BR~AN (1944) fiber das Auffeten und den Verlauf yon Pneumonien bei Schwei- 13ern und anderen Arbeitern der Kaiser-Richmond-Schiffswerften, die 90000 Bescha~tigte verzeichnen. V~r der fiber RSntgenverande- rungen bei fehlenden klinischen Symptomen bei Eisen- mad Stahlwalz- werkarbeitern beriehtet, erwahnte nichts yon Lungenkrebs. Von grSi~ter Bedeutung sind schlieglich die umfangreichen autoptischen Unter- suchungen yon G]~RSTEn (1941) an fiber 100 Siegerlander Erzbergleuten, die Sidero-Silikosen au~wiesen und unter denen sicher mehrere Lmagen- carcinome zu finden gewesen waren, wenn dem Eisen eine Cancerogenitat eigen ware.

Wenn sich somit aus der Literatur fiber die Siderosis pulmonum kein eindeutiger ttinweis dafiir ergab, dal~ Eisen oder eine seiner tech- nisch auffallende Verbindungen nach Ablagerung in der Lunge einen Lungenkrebs erzeuge, so ist diese Frage nach experimentellen Unter- suchungen yon C~PBELL doch nicht zur Ruhe gekommen. CAMPBELL verwendete --~r aus einem St~mm mit~ einem durchschni~t]ichen, haup~sachlich die Lunge betreffenden Spontantumorbefall yon 10% zu ]angdauernden Inhalationsversuchen mit Eisenoxyd, ge~allter Kiesel- saure und einem Mischstaub aus gleichen Teflen Eisenoxyd und gefallter

Eine N~chuntersuchung mehrerer im Insti%ut vorge~undener l~alle yon Z~.N]~ER ergibt nach po]~risationsoptischen UntersuchungenSiliko-Siderosen, ulso Mischstuubpneumokoniosen.

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Kiesels~ura. Ffir jede Staubsorte warden jeweils 75 Tiere in den Versuch genommen und jerweils 75 weitere als unbestaubte Kon- trolltiere gehalten. Im einzelnen erzielte C A ~ P ] ~ nach Bestaubung:

1. mit gef~llter SiO2: 21,9% Lungentumoren (7,9% bei Kontroll- tieren); 2. mit F%Oa: 32,7 % Lungentumoren (9,6 % bei Kontrolltieren) ; 3. mit F%0 a ~- gef~llter SiO2: 19,3% Lungentumoren (9,6% beiKon- trolltieran).

Wohl sind diese Einzelergebnissa signifikant, abet aus ihrer Zu- sammensahau ergibt sich keinesfalls der Beweis ffir eine Cancerogenit~t des Eisenoxyds. L~ge eine solche vor, dann mfiB~e.der Tumorbefall nach Inhalation des Staubgemisches gegeniiber dem naah Inhalation reiner gef~llter Kiesets~ure deutlich angestiegen sein. Start dessen mul~ hier sogar ein Riickgang verzeichnet warden. Unseres Erachtens beruht der Anstieg der Tumorrate bei den Vesuahstieren yon C ~ B ~ L L auf einer frfihzeitigen Manifestation einer endogenen Tumordisposition durch die Staubeinwirkung im allgemeinen, welcher der Charakter einas unspezifischen Reizes zukommt. Die verfriihte Manifestation einer starken endogenan Tumordisposition l ~ t sich erfahrungsgemaB durch verschiedenartige, siaher nicht cancerogene unspezifische Reize er- zwingen; mithin kann bei Verwendung dispositionell bekanntermaBen stark belasteter Tierstamme dem Tierexperiment grundsatzlich nur sehr bedingt eine Beweisf~higkeit in der Frage nach der Cancerogenit~t eines Stoffes eingeraum~ warden. Die Versuehe CA~fl~]3]~LLs kSnnten erst dann fiberzeugen, wenn bei M~usen aus dem gleichen Stamm nach Inhalation einer nachgewiesenermaBen indifferenten Staubsorte ein ver- mehrter Tumorbefall ausbliebe.

In diesem Znsammenhang sei auf die Experimente yon CA~L]~O~ (1927), HAr~ES (I931), I~AESLV~])(1938 und 1940) und H~DING and Mitarbeiter (1947) hingewiesen, welahe Versuchstiere zum Tail fiber lange Zeiten Eisenoxydstaub einatmen liet~en; in ihren Befnnden wird eine Tumorbfldung nicht erwahnt.

Wir haben auf eine grundsatzliahe Anfrage hin bei der Uneinheit- lichkeit der Befunde nnd Meinungen - - sowohl hinsichtlieh der Reak- tion des Organismus auf Eisenoxyd wie auch hinsich~lieh der Frage einer aancerogenen Wirkung - - in einer Versuchsreihe die Wirkung yon Eisenoxydstaub im Peritonealtest an der Maus untersuaht. Zur Verwendung kam dabei eine Probe eines Staubes, der in erheb- liaher Menge bei dem Btasverfahren eines grSi3eren Statflwerkes anf~llt and aus reinem F%O 3 besteht; die KorngrSl]e hielt sich zu 90% unter- halb 1/~*.

* Anfrage und ~aterial verdanken wir der freundlichen Vermittlung yon tterrn :Prof. KOELSC~.

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Methodik Eine sorgf~ltig abgewogene Staubmenge wurde bei 1800 C 4 Std trocken

sterflisiert und mit einer entsprechenden Menge Aqu~ bidest, steril, zu einer 1% igen Aufsehwemmung gebraeht. In den Versueh kamen nach Vorversuchen 15 Albino- misuse, yon denen jede 0,5 cm ~ der St~ubaufschwemmung mit 5 rag Trocken- substanz intraperitone~l injiziert erhielt. Die Injektion erfolgte unter sorgf~ltiger Beobaehtung steriler Kautelen.

Interkurrent starben 2 MiSuse. Von den iiberlebenden 13 Tieren wurden naeh 5 Wochen 5 Tiere, nach 2 Monaten 2 Tiere, n~ch 3 Monaten 2 Tiere und naeh 5 Monaten 4 Tiere in ~thernarkose getStet und seziert.

Befunde I. Makroskopisch

Bei allen Tieren wurde unabh~ngig yon der Versuchsdauer das gleiche m&kro- skoloisehe Bild gefunden, so dab sich hier eine Einzelbeschreibung eriibrigt.

Im Bereieh der Einstiehstelle im rechten Unterbauch finder sich im Peritoneum pariet&le ein kleiner, etwa i/2 C m2 groBer Bezirkt feinster, m~Big dicht gelagerter Staubein]agerungen. RegelmiBig sind mehrere kleine, unterschied]iche dichte Depots im ~ettgewebe um die inneren Genita]ien zu linden. ~eine, spritzerartige Einlagerungen weisen die Mesenterien, die Facies visceralis des Zwerchfells, und deutlich angereiehert das groBe :Netz, Lig. g&strolienale, hepatogastricum und mesohepaticum ventrale auL Auch in den Serosaiiberziigen der Bauchorgane, besonders in der Serosa der unteren ])armsehlingen sind vereinzelte, spritzer. artige Einlagerungen unterschiedlicher ])iehte zu erkennen. Kn6tchenbildungen wie nach fibrogenen Steuben wurden nicht beob~chtet.

H. Mikroskopisch (Firbungen: ~I~imatoxylin-Eosin, Giemsa, Oxydase, van Gieson, G5m5ri, ferner

mikrochemische Eisenreaktionen) 1. Versuchsffruppe. ]~efund nach 5 Wochen. - - H~utchenpri~loarate: ])as Netz

ist yon zahlreichen kleinen sog. Mflchflecken durchsetzt. Im Bereich dieser Mflch- fleeken finder~ sich in der Regel zentrale Resorptionserscheinungen yon feinen Eisenstaubm~ssen. Die ziemlieh gleichmi~Bigen kSrnchenf5rmigen Staubtefichen sind im Protololasm~ lohagocytirer Zellen in weehselnder ])ichte ~bgelager~. Mit- unter erseheint das Cyr dureh die intensive Eisenstaubaufnahme wie ge- schw~rzt, in der l~egel lil~t sich dagegen eine feine kSrnige Verteilung der Eisen- stiubehen erkennen. Der Kern erscheint bei envsprechender Sehnittebene wie aus- gespart. An der Peripherie der Milehflecken, die allgemein eine besondere resorptive Leistung aufweisen, sind phagoeytierende Zellen in geringerer Anordnung zu er- kennen. ])iese zeigen die gleiehen feink5rnigen Eisenablagerungen im Cyt0plasma, meist in abgeschw~chter l~orm. Mitunter sind auch in lockeren Ziigen des Netzes auBerhalb der Milchfleckenbildung einzelne eisenstaubphagoeytierende ZeLlelemente zu erkennen. Weder im Speicherungsbereich noch in der Umgebung sind Exsudat- bildung, leukocytire Reaktion oder Granulationsgewebsbildung zu erkennen (Abb. 1).

Schnittprip~rate: Sie ergeben &n den Milchflecken die gleichen Befunde wie in den Hiutchenpr~paraten. An den speiehernden Ze]len fallen weder am Cyto- plasma noch am Kern strukturelle Besonderheiten auf. GrSl~ere massive Eisen- ablagerungsprozesse im Fettgewebe bestehen aus dicht geballten Eisenmassen. I)iese sind yon spirliehen feinen bindegewebigen :~aserziigen durchzogen und yon

Zur Frage der Cancerogenit~t ~on Eisenoxydstaub 71

einer ganz schmalen re~ktionslosen Bindegewebskapsel umgeben (Abb. 2). Im Gewebe linden sich h~ufig kleinere Lymphknoten, deren reticul~re Ze]lelemente

Abb. I. H/tutchenpr~tpara~. Phagocytose dicht liegender Eisenstaubk6rnchea in den speichernden Zenelementen eines Netz-l~ilchfleckes. Das Zellbild der nichtspeichernden Elemente entspricht dem reaktionslosen Zustand der Milchflecken yon ]~ontrolltieren

(Versuchsdauer 5 Wochen)

in der fibliohen Weise eine feinkSrnige Eisenspeioherung ira Cytoplasma erkennen lassen. Die Spei0herung ist bevorzugt in den Randsinus der Lymphknoten zu finden. Die Lymphdriisenstruktur zeig~ keine besondere Re~ktion.

Abb. 2. Sehnittprhparat. Massive depotf6rmige Eisenablagerung an tier Netzobei'fl~che. Neben zarter Faserbildlmg innerhalb des Eisenstaubkonglomerates bindegewebige

Umschalung und Abkapselung. ]~eine entziindlich-granulierende Reaktion. (Versuchsdauer 5 Wochen)

2. Versuchsgruppe. Befund n~ch 2 Mona~en. - - H~iutchenpr~p~raf~: Bei grober T~lbersicht zeigen die Netzpr~para~e keinen Unterschied gegenfiber den Speicherungsbfldern nach 5 Wochen. In den Milchflecken erscheinen die spei- chernden Zellelemente etw~s dichter zusammengeriickt, mehr in Gruppen ver- einigt. Sie sind im ganzen etwas starker geschw~rzt als in der vorhergehenden

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Untersuchungsserie. Im ganzen lassen sich aber doch eindeutig die gleichen Rein- k6rnigen Eisenstaubablagerungen im Cytoplasma erkennen wie in der 1. Ver- suchsserie nach 5 Woehen. Vereinzelt sind die Milchfleckenbildungen v6llig frei yon speichernden Ze]len. Eine entziindliche l%eaktion, eine Granulationsgewebs- bildung oder eine Faserbildung 1/tBt sich nirgends nachweisen.

Schnittprgparate: An der Oberfl~che yon Fettgewebe linden sich schmale gruppenfSrmige Zellansammlungen, die den M~lchfleckenbfldu-ngen des lqetzes ent- sprechen. Sie zeigen in feinerer und etwas grSberer Art die Eisenablagerungen, zum Tell in Form kleiner extracellul~trer Eisenmassen, welche ohne besondere

Abb. 3. H/ iu tchenprgpara t . Versuchsdaner 2 Monate. Endoce]lulgre Eisenstaubspeiche- rung ohne ersichtliche Zell- oder Gewebssch/iden (gleiche Befnnde guch nach 5 1VIonaten)

granulierende oder bindegewebige Abk~pselung frei im Gewebe liegen, zum gro~en Teil in Form intrscellul~trer Ph~gocytose. Die Reaktionslosigkeit der Umgebung ist allgemein festzustellen.

3. Ve~such~gvu~pe. Beiund nach 3--5 Monaten. - - tt~utchenpr~parate: Das morphologische Bild hat sich nicht geandert. In den Milchf]ecken des lqetzes linden sich gruppenfSrmig angeordnete, durch massive Speicherung zum Tell schw~rzlich erscheinende phagocytierende Zellen. Daneben sind einzein und in Gruploen lohagocytierende Zellen zu erkennen, welche die typische feink5rnige Eisenspeicherung des Cytopla~m~s unter Aussp~rung des Kernes erkennen lassen. Auch in den z~rten Zwischengewebsziigen zwischen den Milchflecken sind ver- einze]t staubspeichernde Zellelemente zu erkennen. Die Zellen erscheinen auch in den Einzelgruppen reaktionslos im Gewebe, vor ~llem ist keine granulierende 1%aktion oder Faserbildung zu erkennen (Abb. 3).

Schnitbpr~p~rate: Sie zeigen in den Milchflecken, soweit sie yon Eisenst~ub befallen sind, dus Bild der reaktionslosen intraceUul/~ren Speicherung. Die gleiche Form der Staubaufn~hme finder sich in ldeineren Lymphknoten des Bauchr~umes, hier besonders ira Bereich der l%andsinus. Die speichernden Zellen zeigen weder Ver~nderungen in der Pigmentlagerung, noch cy~op]asmatische Anderungen oder Besonderheiten der Xernstruktur. Eisenf/~rbungen lassen keine Anderungen der l%aktion an den Eisenst~ubteilchen erkennen. Vereinzelt kleinere St~ubdepots liegen reaktionslos, ohne bindegewebige Abkapse]ung in der Peripherie yon Lymph- knoten. Die groBen Lymphknoten sind frei yon Speicherungseffekten; die Spei- cherung bleibt vorwiegend im Bereich der Milehflecken.

Zur Fra.ge der Cancerogelzit~t yon Eisenoxydstaub 73

Zusamnenfassend l~l]t sich feststellen, dab F%Oa - - wenn die erste, yon uns auBer acht gelassene Phase einer unspezifischen Reizreaktion ]eder Staubapplikation vorfiber ist - - im Gewebe vSllig reaktionslos phagocytiert wird. Gr6gere Staubzusammenballungen werden schon friihzeitig bindegewebig abgekapselt, wobei die bindegewebigen, die Eisendepots unschlie~enden Schalen keinerlei fortschreitende Entwick= lungstendenzen zeigen. Fhagocytose wie bindegewebige Abkapselung gehen an Mlen Stellen und zu jeder Zeit der Versuche nicht fiber das Wesen einer FrendkSrperverarbeitung hinaus. ZelIsch~den lassen sich an den staubbeladenen ZeIlen nicht nachweisen.

AnlaB unserer Untersuchungen war die Frage nach der cancerogenen Wirksankei t yon Fe20~-Staub (Cancerogenit~t nicht i n Sinne einer kasuistischen, unspezifisch-ausl6senden M6glichkeit, sondern im Sinne der Krebsgef/~hrdung gesehen). Da Eisenstaub praktisch nur in der Form der Aspiration dem menschlichen Organismus in grSl]eren Mengen einverleibt werden kann, beschr~nkt sich die Frage zwar auf den Modus cancerogener Wirkungsweisen inhMierter Elemente; es stehen aber n i t der Annahme einer cancerogenen Wirksamkeit yon F%0~ Mlgcnein die Prinzipien und Bedingungen einer Krebsentstehung durch carcinogen wirkende StoKe zur Er6rterung. Deren krebserzcugende Wirkung kann ant der einen Seite ein deterninierender, d.h. ein die der Reizwirkung unterliegenden Zellen umstimmender endocellnl~rer Vorgang sein, der eine Geschwulst-Bereitscha/t in exponierten Zellen anlegt. Die Aus- bfldung einer Geschwulstbereitschaft ist an cancerogene Faktoren ge- bunden, ihre Eigenart ist bestenfM]s zu vermuten, keinesfalls aber norphologisch nachzuweisen (HA~EaL). Die Eigengesetzlichkeit des Gesehwulstwachstums ist dengegenfiber gerade auf d e n Gebiete der Berufskrebse die Folge yon morphologisch erkennbaren Realisations- faktoren, welche im Sinne sich wiederholender chronischer l~eizwir- kungen - - unter Unst/~nden sogar unabhangig v o n d e r Eigenart oder ursprfinglichen Form des prin/~r einwirkenden Substrates, wohl aber abh~ngig yon nachwirkender Gewebsschadigung, yon U n b a u und ge- stSrter Gewebsregeneration - - eine waehstumsauslSsende Wirksamkeit entfMten k61men. Ein charakteristisches Beispielhierfiirist die Asbestose- wirkung, die mit Fibrose, Epitheldegeneration, FremdkSrperreaktion und atypischen Epithelwucherungen beginnt, ehe es zur Lungenkrebs- bildung k o m n t ( N o ~ n ~ A ~ und So~G~).

Prfifen wir die Wirkungsn6glichkeit von F%0~ auf Zellen und Ge- webe nach diesen Wirkungsprinzipien, so 1/~l~t sich ffir eine direkte Zell- beeinflussung nach Art einer irreversiblen Zell~nderung, welche Schritt um Schritt in die MMignit~t abgleitet, keine groBe Wahrscheinlichkeit erbringen. Es ist hier allerdings auf die Beobachtungen yon Scnx~z und U~Lr2r hinzuweisen, welche MetMlkrebse (Carcinone und

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Sarkome) bei Kaninehen mit Chrom und Kobalt erzielen konnten, wenn intraoss~r verbrachte MetMldepots fiber Jahre hinweg wirksam waren. Die lokM entstandenen Geschwfilste und die Ferntumoren (meist Lungengesehwfilste) werden in direkten Zusammenhang mit der lokalen oder hs verbreiteten MetMlwirkung gebraeht, wobei theoretisch die Bildung komplexer Metall-EiweiBverbindungen und der endocellu- l~re Einflug der verwendeten MetMle auf enzymchemischem Wege (wohl im Sinne yon Antikatalysatoren nach L~TTR~,) diskutiert werden. Uber die lokalen Friihver~nderungen am operativ gesetzten Depotort und fiber primate l%eizerscheinungen an Zellen oder im Gewebe v e t de r ,, Entwicklung yon Tumoren liegen Mlerdings keine Untersuehungen vor. Der Entstehungsmechanismus der Tumoren bleibt daher, wie auch die Autoren betonen, unbekann&

Bei der Eisenstaubph~gocytose hgben wit hinsichtlich der intra- cellul~ren Eisenpigmentlagerung, des mikroskopisch-nachweisbaren Pig- mentverh~ltens, der Cytopl~smastrukturen und der histologischen I~ern- bilder keine Besonderheiten gefunden, die im Sinne einer endocellularen Unvertr~tgliehkeit des Eisenoxyds zu deuten wgren. Wir sind uns be- wugt, dag diese Feststellungen keine ~bsolu~e Beweiskraft haben und eventuelle Ver~nderungen irn submikroskopischen l~aum nicht mit ein- beziehen. Es kann aber unterstfi~zend bed~eht werden, dag F%O s biologiseh Ms e~neerogene Substanz unverdgchtig ist und die Tefl- komponenten Fe und 0 dermgBen in den Atmungsvorg~ng eingeschal~et und in die Atmungsfermente der Zellen eingeb~ut sind, d~f~ eine ent- seheidende Zellumw~ndlung bei Phggocytose yon Eisenoxyden kaum anzunehmen ist.

D~s gauptgewicht der Uberlegung muB - - bei der UnmSgliehkeit, eine dureh cancerogene Stoffe bedingte Zellwandlung morphologisch zu fassen oder g u s z u s c h l i e B e n - auf dem Nuehweis yon ReMisations- fuktoren ]iegen, d. h. den chronisehen Einwirkungen ~uf exponierte Zellen, we]the fiber l~ngdauernde GewebsstSrungen entscheidend zum Geschwnlstw~ehstum beitrggen k5nnen. Dieses gesehieht bei Berufs- krebsen fiber ehronische entzfindliche Gewebsbelastungen. Wir hgben mi~ unseren Untersuchungen gezeigt, dab solche beim Eisenoxyd nieht vorliegen. Sie sind aueh bei weiterer zeitlicher Einwirkung unw~hrschein- lieh. D~s intraperitoneal einverleibte Substr~t F%Os is~ offensiehtlich inert. W, ir h~ben den verwendeten Eisenst~ub minerMogisch priifen lassen und festgestellfi, dab es eine weitgehend kristattisierte Subst~nz ist (~-]~%Oa) ~. Die ziemlieh einheitliehe, sigh zwisehen 0,1 und I # bewegende TeilehengrSl3e li~g~ physikaliseh-meeh~niseh aueh unter modifizierten

1 tIerrn Prof. E~s~, Direktor des Mineralogisehen Institutes der Universigitt Erlungen, dunken wit verbindlichs~ fiir die mineralogische Kontrolle des Eisen- staubes.

Zur Frage der Cancerogenitat yon Eisenoxydstaub 75

oder noeh l~nger ausgedehnten Versuchsbedingungen keine Reizwirkung erwarten. Es bleibt die Frage des Mengeneffektes. Die Gr51~enordnungen der morphologisehen Befunde bei intraperitoneM verbraehten Staub- aufschwemmungen h~ngen zweifellos yon der Menge des lokalen Eisen- staubangebotes ab. Feinere Mengen werden in phagocyt~r besonders gee igneten Zellen aufgenommen; aueh geh~Lufte Speicherzellkonglome- race lassen keine Reaktion in ihrer Umgebung - - weder fffiher noeh sparer erkennen. Gr5Bere Eisenstaubmengen werden naeh Art eines Depots bindegewebig abgekapselt, wobei die bindegewebige Umseha- lung naeh kurzer Zeit eine kernarme, offensichtlich ungestSrt existie- rende Begrenzungsschieht darstellt, in weleher aueh in l~ngeren Zeit- abl~Lufen keine Zell- und Gewebsbelastungen in Erseheinung treten (das deekt sieh mit der reaktionslosen Abkapselung und Einheflung yon EisengeschoJ~splittern). Eisenoxyd ist infolge seiner Materialeigensehaft in seiner Wirksarakeit nicht einmal fibrogen, wobei Fibrogeni~t naeh den Effahrungen bei Silikose keinesfalls in besonderem Maf]e Krebs- anf~lligkeit bedeutet. Die Morphologie und Topographie der Ablage- rungen des experimentell eingebraehten Eisenstaubes l~13t den Vorgang als reinen Speieherungsvorgang erkennen, der in der Ubersteigerung des Staubangebotes zur Depotbfldung fiihrt. Selbst die I)epotbildung l~l]t in der bindegewebigen Abkapselung keine ehronischen St5rungsmomente erkennen, die zum gest6rten Gewebsumbau und damit zur Carcino, genese AnlaJ3 geben kSnnten.

Somit seheint uns die eingangs gestellte Frage nach der eancerogenen WirkungsmSgliehkeit yon Eisenoxyd im negativen Sinne beantwortet, wenn man ~fieht die l~rage der Syneancerogenese oder der latenten Tu- mordisposition mit einbezieht, wobei dem Eisenstaub nut die Funk- tion eines beliebigen auslSsenden Momentes zuzusprechen w/~re. Dieses ist das Ergebnis einer abw/~genden Beurteflung, welche neben der bio- logischen Unwahrschei~fliehkeit einer determinierenden Wirkung vor allem die experimentell erwiesene Tatsache einer reaktionslosen Ver- tr/~gliehkeit yon Eisenoxyd im Gewebe berfieksiehtigt und welehe in Ubereinstimmung steht mit Angaben fiber die klinisehe Vertr~gliehkeit verschiedener bergm~rmisch gewonnener oder technisch angefallener Eisenoxydarten, soweit erstere nieht als Mischsfaube silikogene Eigen- sehaften zeigen. Eine Frage yon der Gewichtigkeit der Geschwulst- entstehung 1/~Bt sich naturgem~l] mit Untersuchungen und Erw/~gungen der geschilderten Art nicht bis in die ]etzten M6gNchkeiten hin ~us- leuehten und beantworten. Nach dem Stande unseres Wissens um die Entstehungswahrscheinliehkeit eines Reizkrebses denn als eine solche Form des Carcinoms mfil]te ein Lungentumor auf Grund yon inhalierten reinen staubf6rmigen Eisenoxyden bezeichnet werden kann aber gesagt werden, daB, im Gegensatz zur Chromstaub- oder Asbeststaub-

76 ERICH ~ULLER und WOLF ERttARDT:

wirkung, morphologisch die Vorausse tzungen n ich t gegeben sind, soweit sie in chronischer En t z f i ndung m i t Gewebsumbau u n d ges tSr ter oder sich erschSpfender Gewebserneuerung bei den Reizgeschwfi ls ten uns en tgegen t re ten .

Zwsammen/assung Die versch iedent l ich ~ufgeworfene und zum Teil pos i t iv be a n tw or t e t e

F r a g e naeh der E n t s t e h u n g eines Lungenkrebses durch inh~lier tes Eisen- o x y d wurde durch Versuehe m i t dem Pe r i tonea l t e s t an Mgusen fiberprfift .

Versuehe bis zu 5 Mona ten D~uer erwiesen, dal~ technisch angefal- lenes E i s e n o x y d in spe icherungsbefghig ten Zellen p h a g o c y t i e r t oder in grS~eren se lbs t~ndigen Depo t s ex t race l lu lgr abge lager t wird. Die Depo t s kSnnen y o n feinen ko l lagenen Faserzf igen durchzogen u n d yon einer schm~len b indegewebigen Sehale umgrenz t werden. Phagocy tose - u n d Depo tbe re i ch zeigen ~ im Gegensatz zu , , ak t iven" S t a u b a r t e n wie Qu~rz, Chrom~ten oder Asbes t - - ke ine Gewebsre izung und keine fiber den Begrenzungsvorgang h inausgehende Gewebsneubf ldung. Hins ich t - l ich der En t s t ehungsm5gl i chke i t dines Reizkrebses fehlen morphologisch somi t zum mindes t en die Vorausse tzungen eines Re~l isa t ionsfaktors .

Kl in isch-kasuis t i sche (D~su und exper imente l le (CA~PSEn~) An- gaben fiber Caneerogeni t~t y o n E i s e n o x y d bes i tzen keine f iberzeugende Beweiskra f t oder lassen eine andere Deu tung zu.

Unberf ihr~ b le ib t y o n unseren Fes t s t e l lungen die Fr~ge der syn- cancerogenen W i r k u n g yon E i sens t aub in Verb indung m i t anderen eancerogenen Stoffen oder bei l a t en te r Tumorbere i t scha f t .

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Prof. Dr. E. MiiLLER U. Dr. W. E~]tARD% Erlangen, Pathelogisches Ins t i tu t der Univers i ta t


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