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A. Meuwsen u. H. Merkel. Gasvolumetrieche Bestimmung UEW. 89

Gasvolumetrische Bestimmung der AmidosulfonsCure, H,NSO,H

Von ALWIN MEUWSNN und HANS M E R K E ~ )

Mit 2 Abbildungen im Text

Im Laufe einer Untersnchung iiber Oxydationsprodukte des Schwefelstickstoffs standen wir vor der Aufgabe, Sulfaminsaure in Gegenwart von Anionen der Schwefel-Sauerstoff-Sauren direkt und rasch zu bestimmen. Da diese im allgemeinen recht bestandige und starke SBure durch eine Ton BAUMQARTEN aufgefundene billige Dar- stellungsmethodea) auch fiir technische Zwecke zuganglich gemacht wurde, diirfte die Mitteilung einer d i r ek ten und bequemen Methode zu ihrer mengenmaigen Erfassung von Wert sein.

Nun hat BAUBE+AF~TEN bereits einen Weg zur i n d i r e k t e n Bestimmung der Amidosulfosaure in Anwesenheit von Sulfat (nnd Imidosulfonat) angegeben 5). Hierzn fallt man das Sulfat zunachst ds Bariumsulfat, das man zur Wagung bringt, iind zerstort in einer zweiten Probe die Sulfaminsaure gemaB:

HO,SNH, + ONOH = H0,SOH + N, + HeO und fiillt dann wieder das Sulfat. Bus der Differenz zwischen dieser Bariumsnlfatmenge und der nur an8 Schwefelsaure allein stammenden ersten Fallung ergibt sich die Menge der anwesenden Amidosulfosaure.

BAUMGARTEN') griindet weiterhin auf die oben formulierte um- setzung eine gasvolumetrische Bestimmung von Nitrit durch Messung des in Freiheit gesetzten Stickstoffa bei Einwirkung iiberschiissiger Sulfaminsaure auf Nitrit in waBriger Losung. Wir haben nun denselben sich sehr rasch abspielenden Vorgang benutzt, um unter Anwendung von iiberschiissigem Nitrit den Gehalt einer wafirigen Sulfaminsiinre- losung in Gegenwaxt von Sulfat direkt gasvolumetrisch zu ermitteln.

l) Dissertation der Naturwissenschaftlichen Fakultiit Erlangen 1941. 4 P. BAUYOARTEN, Ber. dtsch. chern. Ges. 69 (1936), 1929. ') P. BAUMOARTEN u. A.-H. KRUMYACHER, Ber. dtsch. &em. Ges. 67

4, P. BAUHGABTEN u. J. MARUQBAF, Ber. dtsch. chem. Ges. 88 (1930), 1019. (1934), 1260.

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Hierbei war aber zu berucksichtigen, da8 die uber dem gquivalenz- verhaltnis angewandte Nitritmenge in samem Medium zerrallt und somit dem entwickelten Stickstoff auch Stickoxyd vornehmlich bei- gemengt ist. Doch gelingt seine Beseitigung unschwer, wenn man das Gasgemisch mit alkdischer Kaliumpermanganatlosung durch- schuttelt, die das Stickoxyd aufnimmt, so daf3 der verbleibende Stick- stoff gemessen werden kann.

Noch ein zweiter Umstand muBte beriicksichtigt werden. So bestandig waBrige Sulfamins&urelosung kalt verwahrt ist, so tritt doch besonders in der W h m e Hydrolyse ein unter Entstehung von Ammoniumhydrosulfat, das seinerseits mit dem Nitrit eine Stickstoff- entwicklung veranlassen konnte, so daB zu hohe Amidosulfonsaure- werte sich ergeben wiirden. Die Priifung dieses Umstandes ergab jedoch, daB Ammonsalz in den im Versuch’ vorliegenden kleinen Sulfaminsaurekonzentrationen mit salpetriger Saure bei Raumtempe- ratur praktisch nicht reagiert. Im Zweifelsfalle oder bei hoheren Konzentrationen von Ammonsalz kann dieses durch vorangehendes Kochen mit Lauge veriluchtigt werden, ohne daB hierbei - im alkalischen Medium - das sulfaminsaure Salz, wie die Versuche zeigten, eine Zersetzung erleidet.

Die Umsetzung zwischen Amidosulfonsaure und salpetriger Siiure kann somit auch zur Ermittlung des Sulfaminsauregehaltes einer Losung dienen. Es erscheint als Vorteil dieser direkten Methode, daB sie rasch, auch in Gegenwart von Sulfat, auszufuhren ist. Gleich- zeitig anwesendes Ammonsalz ist leicht vorher zu beseitigen.

Ausfiihrung der Bestimmung

Die zu bestimmende Sulfaminsaurelosung, die in 20 -50 cm3 Losung etwa 0,5-3 Millimole Amidosulfonsaure enthalt, wird noch mit 2-3 cm3 2 n-Schwefelsaure versetzt und dann in das etwa 150 cm3 umfassende ReaktionsgefaB B (Abb. I), das zur Hiilfte mit Queck- silber gefullt ist, gespiZlt. Man hebt nun das damit verbundene Niveaurohr, so daB der Meniskus der Losung sich etwa bei Ma,rke 1 befindet und uberschichtet dann vorsichtig mit destilliertem Wasser bis zur Marke 2. Ohne die Stellung der Quecksilberkuppen nochmals zu andern, verschlieBt man nun mit dem Hahnstopfen H und sichert ihn durch seitlich angebrachte Spiralfedern. Er besitzt eine rechtwinklig gefuhrte Durchbohrung (Abb. 2) und kann bei geeigneter Stellung entweder das Gefahinnere gegeniiber der AuBenluft absperren oder

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iiber ein rechtwinkliges Kapillarrohr R die Verbindung rnit ihr herstellen.

Durch Heben von N erzeugt man nunmehr in B einen kleinen nberdruck und stellt dann durch vorsichtiges Drehen von H die Verbindung mit K so her, daB sich die Kapillare langsam rnit dem vorher iiberschichteten Wasser fullt. Nun dreht man H wieder um 180° und erzeugt dann in B durch Senken von N einen kleinen Unterdruck. Fuhrt man nun das Ende des Kapillarrohres in eine etwa 1-molare, im MeBzylinder befindliche Natriumnitritlosung ein, so werden von dieser bei neuerlichem langsamem Wech- sel der Hahnstellung einige Kubikzenti- meter in das BeaktionsgefaB eingesaugt. Fur je 1 Millimol Sulfaminsaure geniigen vollauf 2 cm3 der obigen Losung. Dann schlieBt man H wieder und spiilt nach- folgend 6: durch Einsaugen von einigen Kubikzentimetern destillierten Wassers in B aus.

Sobald die Nitritlosung nach B zur angesauerten Losung gelangt, setzt eine lebhafte Stickstoffentwicklung ein. Zu ihrer Beforderung bewegt man die halb mit Quecksilber gefullte Birne etwa 3 Minuten bei gut verschlossenem Stopfen maBig hin und her. Dabei achtet man darauf, daB die Quecksilberkuppen sich etwa in gleicher Hohe befinden, und las t

Abb. 1 und 2. Geriit eur Sulfaminsaure-Bestimmung

anschlieBend noch etwa 10 Minuten bei Niveaugleichheit atehen. Nunmehr driickt man das in B angesammelte Gas in eine

HEMPEL - Pipette, die mit alkalischer Kaliumpermanganatlisung beschickt ist, und bewirkt die Absorption des Stickoxyds im Gemisch auf ubliche Pieise. Solange sich davon noch im Gas- raum befindet, ist die Flussigkeitsoberflache griin gefarbt. Nach kurzer Zeit kann man bereits zur Messung des verbliebenen Stick- stoffs das Gas in eine MeBburette uber Wasser sammeln und nach weiteren 20 Minuten Warten Volnm, zugehiirigen Druck und Tern- peratur ablesen. 1 cm3 Stickstoff (0' und 760 mm Hg) entspricht 41/3 mg H,NSO,H.

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32,40 b. 23,5O (740 mm; 23O) 39,96 ,, 24,5O (739 ,, 24,2O) 26,lO ,, 19O (740,7 ,, 20,5O) 31,30 ,, 19O (741 ,, 21,50) 39.20 .. ZOO 1741 .. 21.5O)

Versuche Hierzu wurde nach BAUMG ABTEN~) aus Harnstoff und rauohender

Schwefelsaure Sulfaminsaure bereitet, diese mehrmals mit wenig eis- kaltem Wasser und schlieBlich mit Methanol gewaschen und im Vakuum uber geschmolzenem Atzkali getrocknet. 1 g dieses Priipa- rates in 10 cm3 Wasser gelost, zeigte mit Bariumchloridlosung versetzt noch nach einer halben Stunde keine mit bloBem Auge beobachtbare Trubung. Die Analyse ergab folgende Werte:

0,1616 g Subst.: 0,2911 g BaSO,, entsprechend 0,1610 g H,NSO,H; 0,3004 ,, ,, 30,92 bzw. 30,93 ems n/lO-NaOH d. s.

300,2 ,, 300,3 mg Sulfaminsgure. Mit einem Praparat dieser Zusammensetzung und Herstellung

wurden die nachfolgenden Bestimmungen ausgefuhrt, wobei das Losungsvolumen etwa 50 cm3 betrug.

0,1218 0,1493 0,1004 0,1205 0,1509

Angew. g Sulfaminsiiure

0,1216 0,1495 0,1004 0,1208 0,1510 0,1521 0,1247 0,0500 0,1258 0,1945 0,1878

Gef. g Sulfaminssure

Gefundene cm* Np

40;40 ;; 23@ (740,2 ;; 23'0, ' 1 Oil521 32.75 .. 21° (739 .. 22') 0,1245 i$30 ;; 220 (739 ji 230) i 0;0603 33,30 ,, 21,5O (736,5 ,, 22,3O) 0,1258 48,85 ,, 11,2O (740 12,7O) 0,1949 47,60 ,, 14O (740 14') 0,1874

Die zuerst angegebenen Temperaturgrade sind die W b e g r a d e der gemessenen Gasvolumina, die nach der Druckangabe folgenden beziehen sich auf die Temperatur der Barometersaule.

Bestimmungen bei Anwesenheit von Ammonsalz bzw. Sulfat 0,1945 g Sulfaminslure + 0,2500 g Ammonsulfat ergaben:

49,OO cm3 Stickstoff bei 11,2O (740 mm; 12,70), d. a. 0,1955 g J&,NSO,H. 0,1458 g Sulfaminaiiure -+ 0,0981 g Schwefelsgure ergaben: 36,80 cm3 Stickstoff bei 14O (743 mm; 1 5 O ) , d. s. 0,1455 g H,NSO,H

nnd 0,5833 g BaSO,, also 0,0981 g H,SO,. Die ermittelte Bariumsulfatmenge wurde nach ZerstGrung der

Sulfaminsaure in einer Sonderprobe erhalten. Bringt man von ihr die der Sulfaminsaure entsprechende Menge Bariumsulfat in Abzug, so resultiert nach Umrechnung die beigemengte Schwefelsaure.

1) P. BAUMQARTEN, Ber. dtach. chem. Ges. 69 (1936), 1929.

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Bestandigkeit einer wahrigen AuflBsung von Sulfaminsaure

a) In natronalkalischem Medium

20 cm3 einer 0,l n-Sulfaminsaure in 2 n-Natronlauge wurden unter Ersatz des verdampfenden Wassers 30 Minuten zum Sieden erhitzt ; danach wurde die abgekuhlte Lijsung analysiert.

Gegeben: 0,1955 g &NS03H. Gefunden: 50,90 cm3 N, b d 19O (740 mm; 17 "), d. a. 0,1957 g H,NSO,H.

Derselbe Versuch, bei Gegenwart von 1 cm3 Perhydrol (3Oo/,ig) ausgef iihrt, ergab ebenfalls keine Zersetzung der Sulfaminsaure.

20 cm3 einer etwa 0,l n-Losung jedoch in 5 n-Natronlauge analog behandelt :

Gegeben: 0,1970 g %NSO,H. Gefunden: 50,60 cms Ng bei 19O (748 mm; 14O), d. s. 0,1969 g H3NS0,H.

b) In saurer Ldsung in der Kalte

20 cm3 einer 0,l n-18sung in 20 cm3 2 n-Schwefelsaure wurden 24 Stunden bei Raumtemperatur sich selbst uberlassen.

Gegeben: 0,1942g H,NSO,H. Gefunden: 50,05cmsN,bei17,50(740,4mm; 183, d. 8.0,1940 g &NSO,H.

Eine 0,l n-Losung fiir sich bei Zimmertemperatur 2 Monate verwahrt, zeigte danach gasvolumetrisch untersucht keine hde rung ihres Titers. Wohl trat aber bei Versetzen mit Bariumchlorid rasch eine Triibung durch Bariumsulfat auf.

2 cms einer 3 Monate alten Losung von 1 g-Mol SulfaminsFure in 2 n-Schwefelsanre wurden zur Zerstiirung von gebildetem Ammonium- salz in 2 n-natronalkalischem Medium etwa eine Viertelstunde gekocht und anschliebend auf Sulfaminsauregehalt untersucht.

Gegeben: 0,1941 g H,NSO,H. Gefunden: 49,05 cm8 NB bei 18O (739 mm; 169, d. 8.0,1892 g H,NSO,H.

Diese naoh 3 Idonaten in der Ka l t e auftretende Zersetzung erhoht sich ganz betrachtlich (auf 30°/, und mehr), wenn die Losung nach ihrer Bereitung mit oder ohne Schwefelsaure zum Kochen erhi tz t wird.

Bluragem, Chemiseha Universikitsiaboratorium.

Bei der Redaktion eingegangen am 1. April 1940.


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