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Gleichgewichtsmessungen im System Iridium-Sauerstoff

Gasformiges lridiumtrioxyd '1

Von HARALD SCHAPER und HANS- JOACHIM HEITLAND

Mit 5 Abbildungen

Inhaltsiibersicht Gleichgewichtsmessungen mit der Mitfiihrungsmcthode, bei denen Iridium bzw.

Iridiumdioxyd im Sauerstoff- oder Sauerstoff- Stickstoffstrom erhitzt wurden, fuhrten zu dem Ergebnis, daB die bekannte Fliichtigkeit des Iridiums in Gegenwart von Sauer- stoff auf der Bildung des Trioxyds IrO, beruht. In Obereinstimmung hiermit lie8 sich die Formel Ir,O, auch ails Experimenten von HOLBORN, HENNING und AUSTIN sowie von EMICH ableiten, bei denen Iridiumdriihte in sauerstoffha,ltiger Atmosphare gegliiht und Gewichtsabnahmen bestimmt wurden. Dadurch ist erwiesen, da13 das Trioxyd min- destens bis zu Temperaturen um 1700 "C das maBgebende, gasformige Iridiumoxyd ist.

Die Auswertung der von HOLBORN, HENNING und AUSTIN veroffentlichten Gluh- drahtversuche mit Platin und Rhodium lieferte fur deren fliichtige Oxyde die Formeln Pt,Oz und Rh,02.

Bur Iridiumdioxyd m r d e eine neue Darstellungsweise gefunden. Thermodynamische W e d fur IrO, ( f ) und IrO, ( g ) wurden ermittelt.

Summary Equilibrium measurements by means of the carrier gas method have shown that heated

iridium and iridium dioxide, respectively, are volatilized in currents of oxygen or oxygen- nitrogen under formation of gaseous iridium trioxide, IrOs, being stable up to 1700 "C. This conclusion is in accordance with the interpretation of hot wire experiments carried out by HOLBORN, HENNING and AUSTIX as well as by EMICH.

Similarly, the interpretation of published hot wire experiments on platinum and rho- dium leads to the existence of volatile oxides of the composition Pt,Oz and Rh,O,,respecti- ve1y.

A new method for the preparation of Ir02 is described. Thermodynamic data of IrO,,,, and IrOs(g) have been determined.

Die Chemie der gasformigen Oxyde der Platinmetalle ist nur sehr unvollkommeri erforscht. Man weiB, daB die Oxyde OsO, und RuO, auch im Gaszustand auftreten und ferner, daB die anderen hletalle der

l) a b e r diese Untersuchungen m r d e bereits am 4. September 1959 in Yiinchen beirn XVII. Internationalen KongreB fur Reine und Angewandte Chemie berichtet.

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250 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 304. 1960

Platingruppe beim Erhitzen in Sauerstoffatmosphare ebenfalls eine er- hohte Fliichtigkeit besitzen. Welche gasformigen Oxyde dabei entstehen, ist unbekannt.

Die hier vorgelegte Abhandlung beschaftigt sich mit den beim Iridium herrschenden Verhaltnissen. Die Fliichtigkeit des Iridiums beim Erhitzen in Gegenwart von Sauerstoff ist vielfach beobachtet worden2-9). Friiher6) lo) nahm man - im Hinblick auf die Tetroxyde OsO, und RuO, - eine Vcrfliichtigung als lrO, an. I n neuerer Zeit wurde dagegen auf Grund von Entropiebetrachtungen gasformiges IrO, diskut,iert 11). Unsere Mit- fiihrungsmessungen init Iridium und mit Iridiumdioxyd als Boden- korper ergaben eindeutig, daB d i e Verf l i icht igung a l s d a s T r i o x y d IrO, v o r s ich geht .

A. Die Bodenkiirper Iridium und Iridiumdioxyd Fur die Gleichgewichtsmessungen wurden Ir und IrO, als Roden-

korper benotigt. Das machte Vorunt,ersuchungen notwendig.

1. Iridium Bei den Mitfuhrungsmessungen stand metallisches Iridium bei Tem-

peraturen oberhalb 1000 "C mit Sauerstoff im Gleichgewicht . Daher interessiertc die Loslichkeit von Sauerstoff in der Metallphase, iiber die bisher nichts bekannt war. Nach der Literaturl,) betragt die Gitter- konstante des im A,-Typ kristallisierenden Iridiums a = 3,8389 f 0,000.5A bei 18 "C. Die bei uns ausgefiihrte Bestimmungl3) der Gitterkonstanten mit STRAuMANIs- Aufnahmen in eirier Vakuumkamera mit 1 14,6 mm Durchmesser (CuKa-Strahlung, Ni-Filter, Kg = 1,5405 A; Ka, =

1,5443 8; 6 - 80"; hlil = 422) crgab a) fur sauerstofffreies Iridium: a = 3,839 A ; 2, W. N. HARTLEY, Chem. News 67, 279 (1893). 3, L. HOLBORN, F. HENNING u. L. AUSTIN, Wiss. Abh. physik-techn. Reichsanst. 4,

4) L. HOLBORN u. L. W. AUSTIN, Philos. Nag. J. Sci. [6] 7 , 388 (1904). 5) F. ENICH, S.-B. Akad. Wiss. Wien, math.-naturwiss. Kl., -4bt. IIb 114, 545 (1905);

6) L. WBHLER u. W. TVrrzbrauN, Z. Elelrtrochem. angew. physik. Chem. 14, 97 (1908). 7 ) W. CROOKES, €'roc. Roy. Soc. [London] Ser. A 86, 461 (1912); identisch mit Chem.

8 ) J. H. T. ROBERTS, Philos. Mag. J. Sci [6] 25, 288 (1913). 9) E. RAUB u. W. PLATE, Z. Metallkundc 4S, 529 (1957). l o ) F. EMICIT, Mh. Chem. 49, 1077 (1908). 11) L. BREWER, Chem. Reviews 52, 1, 59 (1953). 12) J. D. H. DONRAY u. W. NOWACKI, Crystal Data, New York 1951. la) Diese Angaben verdanken wir Herrn Dip1.-Chem. G. SCHNELDEREIT.

85 (1904).

identisch mit Mh. Chem. 26, 1011 (1905).

Kews 105, 229, 241 (1912).

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H. SCHLFER u. H.- J. HEITLAND, Gasformiges Iridiumtrioxyd 251

p ) fur mit Sauerstoff (und IrO,) angenahert im Gleichgewicht stehendes Iridium: a = 3,840 a.

Eine Anderung der Gitterkonstanten war demnach nicht mit Sicher- heit feststellbar. Die Sauerstoffaufnahme in das Iridiumgitter war also so gering, da[J sie keine Storung unserer Gleichgewichtsmessungen ver- ursachen konnte.

D a r s t e l l u n g d e r I r i d i u m p r a p a r a t e ci) Aus der Gasphase abgeschiedenes reines IrO, (vgl. den folgenden Abschnitt A 2.)

wurde mit Wasserstoff reduziert und bei 1000 "C im i)lpumpenvakuum entgast. j3) Das nach ci) erhaltene Metall wurde im langsamen Strom trockenen Sauemtoffs

wahrend 2 Stunden auf 1200 "C erhitzt (wobei etwas Iridium verfliichtigt uurde) und dann - noch immer im Sauerstoffstrom - erkalten gelassen. Die als RiickRtand ver- bliebene Substanz war ein Cemenge yon etwa gleichen Teilen Ir und IrOz.

2. Iridiumdioxyd

Die Darstellung von Iridiumdioxyd geschieht riach Literaturangabcn bisher entweder durch Oxydation von feinteiligem Iridium mit Sauer- stoff bei -1000 "C, wobei die Oxydation unvollstandig bleibt6), durch Umsetzung von Iridium( 111)-chlorid rnit Sauerstoff bei 600 "C 14)

oder durch Entwasserung von aus Losung gewonnenen Fallungen15) 16).

So hergestellte Praparate sind in der Regel unrein und schlecht kristalli- siert. Wir entwickel- ten folgendes Ver- fahren zur Gew-in- nung von IrO,-Kri- stallen (Abb. 1):

Der Reaktions- mum enthielt 15-2Og Iridium mit groBer

61 Oz /Std Abb. 1. Darstellung von Ir02. Anordnung aus Quarzglas.

MaBe in mm Oberflache, z. B. Blechrollchen. Uber das auf 1130-1150 "C erhitzte Metall wurde trockener Sauerstoff von Atmospharendruck geschickt. Dabei wurde die Stromungsgeschwindigkeit so gewahlt, da13 sich das Gleichge- wiclit zwischen dem Iridium-Bodcnkorper und der Gasphasc wcnig- stens grob einstellte (6-10 Liter O,(Std.). Die gleiche Sauerstoff- menge diente zur Verdunnung des aus dcr Kapillare austretenden Re- aktionsgases. Dadurch wurde erreicht, da13 der Zerfall des in der heiBen

l4) L. WOHLER u. S. STREICHER, Ber. dtsch. chem. Ges. 46, 1721 (1913); ferner

l5) L. WORLER u. W. WITZMANN, Z. anorg. Chem. 67, 323 (1908). l6) F. KRAVSS u. H. GERLACH, Z. anorg. allg. Chem. 143, 125 (1925).

GMELINS Handb. anorg. Chem. Bd. 8, Iridium S. 46. Berlin 1939.

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Zone entstehenden gasformigen IrO, (vgl. Abschnitt B) erst bei niedrigerer Temperatur, d. h. im Stabilitatsgebiet des IrO, stattfand : =

I r02f + 0,. Bei einem Gasstrom von 6 1/Std. lieferte die ohne Wsr- tung laufende Anordnung in 20 Stunden 1 g Iridiumdioxyd in mehrere mm grofien, schwarzen Kristallen.

Die Analyse wurde durch Wagung des Iridiums nach Reduktion bei 600-700" im Wasserstoffstrom und Entgasung des Metalls im Hochvakuum bei 1000 'C durchgefuhrt :

gef.: 14,34; 14,18% 0 entspr. IrOz,ol; IrO,,,,, ber.: fur Ir02: 14,27y0 0.

R. Gleichge7lichtsuntersuchung.en 1. Mitfiihrungsmessungen mit Iridium und Sauerstoff

a) A n o r d n u n g u n d Arbei t sweise (Abb. 2) P r i n z i p. Eine Reaktionsbirne aus Quarzglns war mit Iridium-

rollchen gefullt. Durch die erhitzte Birne ging ein gemessener Sauer- stoff- oder Sauerstoff-Stickstoff-Strom so langsam, daIj sich das Gleich-

02 I+Nz) Argon

Abb. 2. Gleichgewichtsbirne im Mantelrohr. MaSe in mm. T Thermoelement, D PVC- Dichtungen, H Hilfsgas-BnechluB, Ir Iridiumrollchen, K Kondensation von IrO,

gcwicht zwischen Gasphase und Bodenkiirper vollstandig einstellte. Die als Oxyd verfliichtigte Iridiummenge ergab sich aus dem Gewichts- verlust der Birnc. N'ahrend der Anheiz- und Abkuhlperiodc stromte Argon durch die Reaktionsbirne. Dies war notwendig, weil Iridium bei niedrigeren Temperaturen mit, Sauerstoff festes Iridiumdioxyd bildet .

Ofen, Tempera tur -Messung und -Regelung. Der 60 em lange Rijhrenofen war rnit einer Heizwickelung von Kanthalband versehen. In den Ofen wurden an beiden Seiten zur Streckung der ,,konstanten Zone" zusatzliche Heizkorper eingefiihrt. Die Temperatur wurde sowohl im auf3eren Ofen als auch in der Rcaktionsbirne selbst (vgl. Abb. 2) gemcssen. Die Temperaturmessung und -Steuerung erfolgte mit Pt-PtRh-Ther- moelementen, die mit den Schmelzpunkten von Sn, Sb, Ag, NaCl und Au (1065 'C17) geeicht wurden. Besonderes Gewicht legten wir der Bestimmung des Goldschmelzpunktes mit. der Drahtmethode bei. Sie wurde im gleichen Ofen - also mit gleichem Temperatur- verlauf Iangs der Thermoelementdrilhte - wie die Gleichgewichtsmessungen ausgefiihrt und zwischen den MeSreihen mehrfach wiederholt. Zur Temperaturregelung dienten Photo- zellenregler. Bei unserer Schaltung war die Tempemturkonstanz der Ofenmitte bei den Versuchstemperaturen auch iiber lmge Zeiten besser als .& 1 '. Zwei weitere MeSstellen, die von der Ofenmitte jeweils 5 cm entfernt waren, steuerten mit Differentialthermo-

l7) H. XOSER, J. OTTO u. W. THOMAS, Z. Physik 147, 76 (1957).

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elementen iiber 2 weitere Photozellenregler die Zusatzheizkorper so, daD die Temperatur dieser Messtellen auf + 0,5" mit der Ofenmitte iibereinstimmte. Auf diese Weise ergab sich eine zeitlich und riiumlich auf & 1" konstante Zone, in der die gesamte Reaktions- birne untergebracht werden konnte. Der elektrische Ofen wurde mit stabilisierter Span- nung betrieben.

R e i n h e i t u n d Messung der Gase. Das Argon war mit O,lO,: N, verunreinigt, jedoch frei von Sauerstoff. Es gelangte uber einen RIESENFELDSChen Stromungsmesser mit konz. H,SO, und 2 Trockentiirme mit P,05 in die Reaktionsbirne. Kontrollversuche xeigten, daB die mit I r ihum beschickte Reaktionsbirne ihr Gewicht nicht (< 0, l mg) veriinderte, wenn bei 1200 "C 8 Liter Argon hindurchgeschickt wurden.

St ickstoff 57erhalt sich inert gegen Iridium5). Daher wurde Stickstoff zur Verdiin- nung des Sauerstoffs verwendet. Die Stickstoff-Saucrstoff-Mischungen wurden in Stahlflaschen hergestellt. Die jeweils mehrfach ausgefuhrte Gasanalyse mit alkali- scher Dithionitlosuugls) lieferte den Sauerstoffgehalt auf O , l % abs. genau. Es wurden Gase mit 4,6, 33,6, 64,4 und 100,O Vol.-yo Sauerstoff verwendet.

Rei der Gleichgewicht,sinessung ging das Gas durch den RIEsERPELDschen Stromungs- rnesser mit konz. H,SO,, durch zwei P,O,-Turme in die mit SilikonoIlD) gefiillte Gasuhr. Geringe, vom Gasstrom mitgefiihrte Olmengen schieden sich in einer Kuhlfalle bei -80 "C ab. Das Gas gelangte schlieBlich - nach Messung des Tlrucks mit einem Hg-Manometer - in die R,eaktionsbirne. Die Gasuhr wurde gceicht und im Laufe der Untersuchungen mehr- fach kontrolliert; Mcogenauigkeit 0,5y0.

R e a k t i o n s h i r n e , Bode n k ij r p e r , Hi1 f s ga s , Q1 e i c hge w i c h t s e i n s t e 1 lung

Me Reakktionsbirne aus Quarzglas (Abb. 2) enthielt 25 g Iridiumz"). Das Metall stand als 50 y starke Folie zur Verfugung. Damn wurden 3 mm breite und 5 mm lange Streifen geuchnitten und zu EolIchen gewickelt, die - wie klcine Rasema-Ringe - das Birnenvolumen regcllos ausfullten. Die Reaktionsbirne leg in einem Mantelrohr aus Quarz. Das Hilfsgas, das stets die gleiche Zusammensetzung 21) und Geschwindigkeit wie das MeSga,s hatt.e, sorgte dafiir, daB das verfluchtigte Iridium vollstandig in das Kondensationsrohr gelangte, wo sich IrO, abschied. Dic Abscheidung von Reaktionw produkten an der AuBenwand der MeBbirne Tvurde so vermieden.

Bci jeder Versuchstemperatur und jeder Gaszusammensetzung uberzeugten wir uns durch Variation der Gasgeschwindigkeit (2-6 Liter/Std) davon, daB sich das Gleichgewicht zwischen Gasphase und Bodenkorper vollstandig einstellte. Hierfur sprach im ubrigen auch, daD die Iridiumfullung von der Gaseintrittsscite her sichtbar verbraucht wurde. Die bei den Messungen verwendete Gasmenge lag - je nach Sauerstoffgehalt - zwischen 8 und 251 Litern.

18) F. BAYER, Gasanalyse, Stuttgart 1941. '9) Das Silikonol verdanken wir der Firma Wackcr, Burghausen. Es wurde im 01-

pumpenvakuum von den bis 80 "C fliichtigen Anteilen befreit. 2") Das Iridium wurde in dankenswerter Weise von der Firma W. C. Heraeus

GmbH, Hanau, leihwcise zur Verfugung gestellt. Es enthielt nach der bei Heraeus ausgefiihrten Spekt.ralanalyse 0,03y0 Pt; 0,03% Pd; 0,06yo Rh. Beim Walzen hatte das Metall ferner 0,27y0 Fe aufgenommen, das jedoch durch Kochen mit Salzs&ure zum Teil entfernt werden konnte.

zl) Mit sauerstoffhrmerem Hilfsgas wiirde sich Iridium an der Austrittsoffnung der Gleichgewichtsbirne abscheiden.

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d r b e i t s g a n g bei d e r B u s f u h r u n g e iner Messung

Das Gewicht der mit trockener Luft gespulten haktionsbirne (-37 g) wurde mit der Analysenwaage ermittelt (+ 0,2 mg). Die Waage war mit durchbohrter Waagschale und Grundplatte versehen und die Birne hing unterhalb der Waage in einem besonderen Zylind er.

Die Lvlft wurde aus der Birne durch 10 Minuten da.uerndes Spiilen mit Argon (4 l/Std.) verdriingt.

Die Birne wurde unter stromendem Argon in das im heiWen Ofen liegende Mantel- rohr eingefuhrt. Gleichzeitig wurde das Thermoelement in die Hulse der Birne einge setzt.

Innerhalb einer Stunde, wahrend der weiter Argon (4 IjStd) stromte, setzte sich die E r n e mit dem Ofen ins Temperaturgleichgewicht.

Es wurde von Argon auf Sauerstoff, bzw. Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch umgeschaltet. Gleichzeitig begann das Hilfsgas durch das Mantelrohr zu stromen.

ringer %miruck (2-6 Torr) wurden laufend notiert. Ofentemperatur, Temperatur des Gases in der Gasuhr, Barometerstand und ein ge-

Am Ende des Versuchs wurde auf Argon umgeschaltetZ2). Die Birne blieb noch etwa 15 Minuten im Ofen und erkaltete anschlieBend auI3erhalb des Ofens bei weiter strijmendem Argon.

Nach Verdriingung des Argons durch t,rockene Luft (20 Minuten) wurde die Birne wie vorher gewogen.

Die verfluchtigten Iridiummengen lagen zwischen 16 und 100 mg.

b) E r g e b n i s s e d e r Messungen Temperatur und Sauerstoffdruck wurden so gewahlt, daB metalli-

Die esperimentellen Werte sind in der Tab. 1 zusamrnengestellt worden. Jedes Resultat ist der Mittelwert von in der Regel 3 Einzel- messungrn rnit vrrschiedrner Geschwindigkeit des Gasstroms. hus der Tabelle geht hervor, da13 die pro Mol Saucrstnff verfluchtigte Iridium- menge niit cler Temperatur schwach und mit dem Sauerstoffdruck be- deutend zunimmt.

sches Iridium Bodenkorper war23).

**) Wegen der notwendigen Verdriingung von Ar durch 0, + N, und umgekehrt zu Beginn und zu Ende der Messung war der Sauerstoffdruck wahrend einer kurzen uber- gangszeit undefiniert. Bei einem Gasraum der Birne von -15 cm3 und Gasstromen von 41/Std. = 67 cm3/Min. war diese Unsicherheitsperiode jedoch gegen die 3 bis 63 Std. betragende Versuchsdauer bedeutungslos.

23) Bei 3 T/P,*-Paaren (vgl. Tab. 1) war der Sauerstoffdruck etwas grol3er als der Qleichgewichtsdruck uber Ir + IrO, nach Abb. 5. Wir nehmen an, daB die Bildung von Ir02f gehemmt war. Jedenfalls fugcn sich die Ergebnisse dieser Versuche glatt in das sonstige Bild ein. l m iibrigen bliebe der Fehler auch klein, wenn zunachst etwas festes IrO, entstand, das spater beim Spulen mit Argon wieder zersetzt wurde.

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Bezeichnet man das zunachst unbekannt,e, fliichtige Iridiumoxyd mit IrxOy, so liefert die Messung

Tabelle 1 n11 Vcrf l i ich t igung von I r i d i u m im Sauerstoff- bzw.

x . PIrxoy = - . Poz. no- Sauerstoff-Stickstoffstrom -z r- ~

' Temp. 1

Darin gibt nIr die ver- fluchtigten g-At. Iridium an. Wegen des geringen Umsatzes kann die Volu- meniinderung bei der Reak- tion nur sehr klein sein. Man kann daher an Stelle der GleichgewichtsgroBen nos und Po* die angewen- d e t e n Mole 0,, bzw. den 0,-Anfangsdruck einseteen.

Die Bestimmung von y geschieht mit Hilfe der gemessenen Isothermen. Dabei ziehen wir die folgen- den hypot he tischen Reaktionsgleichungen in Betraeht :

"C

1034 1034 1078 1078 1078 1115 1115 1115 1120 I160 1160 1160 1160 1182 1206 1206 3 206 1206

Po2 Torr

_-__ 34,8

254,823) 347

267,5 488,223) 3 5 4

255,6 748,7 23)

491,o 35,l

254,1 488,9 760,7 488,9 35,6

2534

pro No1 0, verfluchtigte g-At. Ir . 10'

'190,l I 754,3

1,941 5,402 2,148 5,63U 7,691 2,249 5,843 Y,937 8,087 2,350 6,100 8,425

10,325 8,705 2,447 6,520 8,971

10,838

0,006755 0,1376 0,007454 0,14497 0,3755 0,007872 0,1493 0,7440 0,3971 0,008249 0,1550 0,4119 0,7854 0,4256 0,008711 0,1653 0,4397 0,8175

Mit einem experimentell ermitteltcn Wertepaar von x - P1r,oy und

P O % t = 1160 "C) berechnet man die hypothetischen Kp-Werte fur die Gleichgewichte (11) his (14) . Diese Kp-Werte liefern d a m weiter die fur die jeweils einge- setzte Formal des gasformigen Iridiumoxyds zu fordernde Isotherme

(z. B. x - P I ~ , O ~ = 0,7854 Torr; PO* = 760,7 Torr;

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x PrrXoy in Abhiingigkeit von Po%. Die so berechneten bypotkietischen Isothermen werden schliefilich mit der cxpcrimentcll gefundenen ver- glichen.

Eine solche Auswertung spriuht nur auf die GroBe von y, nicht aber auf die von x an. Die x .PI,,oy-Isothermcn z. B. fur IrO, Ir20, Ir30 . . . oder IrO,, Ir202, Ir302 . . . fallen zusammen.

Abb. 3 bringt als Beispiel die hypothetischen 1160 "C-Isothermen. Man sieht, dai3 die experimentellen MeQpunkte mit der fur Irx03 berech- neten Kurve zusammenfallen und daB die Oxyde IrxO, I rx02 und Irx04

10 Ton: 49

48

l??

06

45

44

Q3

42

Q05 0

ai

I

Ahb. 3. Hypothetische 1160 oC-160thermen. Punkte gemessen, Kurven berechnet

mit Sicherheit auszuschlieBen sind. Die entsprechende Aus- wertung fur andere Temperaturen fuhrt zum gleichen Ergebnis. Es wurdc such untersucht, ob sich die experimentellen Wcrte suf die gleichzeitige Gegenwart von IrO, und IrO, zuriickfiihren lassen. Das ist jedoch riicdit der Fall:

Lagen IrO, und IrO, nebeneinander vor, so w&re x . PI, == PIro, + PIcol= Kpz . Pop + Kc,, . P&. Bei 1160 "C stehen MeRwertc fur 4 verschiedene Sauerstoff- drucke zur Verfugung. Man hat also 4 der- artige Gleichungen und erlillilt, durch Kombination yon je 2 Gleichnngen We& fur KpI und Kp,. Die 6 Kombinations- moglichkeiten geben fur Kpe und Kp, je 6 verschiedene Zahlenwerte, die jedoch cincri stark ausgepraigten Gang mit POr zeigen. Auch lassen sich mit den Mittel- werten fur KPe und KpA die expcrimen- tellen nefunde keinesfalls wiedergeben.

X Y

Es war nunmehr naheliegend dem gasformigen Iridiumoxyd hXO3 die einfachste Formel, also Ir03, zuzuschrcibcn. In den letzten Jahren haben jedoch insbesondere niassenspektroskopische Untersuchungen von INGIIRAM wid seiner Arbcitsgruppe gezeigt, daB vielat,omige Molekeln bei hohen Temperaturen keineswegs allgeniein so unbestiindig sind, wic man bis dnhin annahm. AUS diesem Grundc ermittelten wir die GroBe von x durch Messungen mit IrO, als Bodenkorper.

2. ~~itfuhrungsmessungen mit Iridiumdioxyd und Sauerstoff

Nach den Messungen mit lridium als Bodenkorper hat das verfliich- tigte Oxyd die Formel Irx03. Von entsprecheriden Messungen mit

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H. ~CHAFEFL u. H.- J. HEITLAND, Gasformiges Iridiumtrioxyd 257

IrO, als Bodenkorper war - bei Variation von POI - AufschluB iiber die Grol3e yon x zu erwarten, wie aus den folgenden Reaktionsgleichungen hervorgeht :

Ir02f + 0,602 = ; KP' (1)

2 Ir02f = 1 ~ ~ 0 , ~ + 0,5 0,; Kp" (11)

3 Iro2f = Ir,Oag + 1,5 0,; Kp"' USW. (111)

a) E x per ime n t e 11 e Ar bei t s w ei se

Die im Abschnitt B 1 a) beschriebene Arbeitstechnik wurde mit folgenden Anderungen benutzt :

Die Gleichgewichtsbirne aus Quarz war kleiner. Ihr Volumen wurde durch 12 g Iridiumdioxyd (grobe Kristalle, vgl. Abschnitt A 2) in lockerer Schiit.tung ausgefiillt. Zur VergroBerung der Oberflache wurden die Ir0,-Kristalle mit einer kleinen Menge von gepulvertem IrO, vermischt.

Die Geschwindigkeit des Sauerstoffstroms lag zwischen 2 und 4 Liter/Std. Ihre Variation anderte die Ergebnisse nicht. Der Sauerstoffdruck war stets wesent l ich groBer als der Zersetzungsdruck des IrO, (vgl. Abschnitt C 4). Der Bodenkorper wurde v o r und n a c h Ausfuhrung der Gleichgewichtsmessungen gerontgt und analysiect. In beiden Fallen lag reines, metallfreies Dioxyd vor : Analytischer 0-Gehalt vor den Messungen: 14,18%, nach den Messungen: 14,19y0, fur IrO, ber.: 14,27%.

Das bei den Messungen mit Iridium iibliche Spulen mit Argon muBte bei den Unter - suchungen mit Iridiumdioxyd unterbleiben. Die Birne wurde bei Raumtemperatur mit dem fur die Nessung vorgesehenen O,-N,-Gemisch gespult und dann in dem schon auf Versuchstemperatur befindlichen Ofen eingesetzt. Wegen der geringen Groae der Birne hatte sie in 10-15 Minuten die Versuchstemperatur angenommen. Wlihrend dicser Zeit floR kein Gas durch die Birne, wohl aber ging bereits das gleiche 0,-N,-Gemisch wie bei der Messung durch den Mantel. Beim Ende der MeBdauer wurde der Gasstrom abgestellt' und die Birne sofort aus dem Ofen genommen. Die geringe Unsieherheit in der Anfangs- periode war im Vergleich zu der 5--4htiindigen MeRdauer ohne Bedcutung. Die je Messung verfluchtigtc Ir0,-Menge lag zwischen 1 7 und 40 mg.

b) Ergebnisse d e r Messungen m i t Ir0,-0, Die in der Tab. 2 zusammengestellten Resultate sind Mittelwerte von

je 3 Einzelmessungen. Schon die Tatsache, daI3 der Glcichgewichts- druck x * P q o , bei gegebener Temperatur rnit steigendern Sauerstoff- druck ebenfalls ansteigt, ist nur mit x = 1, also rnit der Verfluchtigung von IrO, vereinbar, wie aus den Reaktionsgleichungen (I) bis (111) hervorgeht. Zum gleichen Ergebnis fuhrt die Bcrechnung der Gleich- gewichtskonstantcn, die bei konstanter Temperatur fur IrO, gut iiberein- stimmen und der Bildung von Ir203 (und erst recht noch grol3eren Werte von x) widersprechen .

D a m i t i s t bewiesen, dal3 d a s gasformige I r i d i u m o x y d d i e P o r m e l IrO, bes i tz t . 2. anorg. allg. Chemie. Bd. 304. 18

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569,l 772,9 568,9 754,4

-___

Temp. "C

0,2982 0,01697 7,11 0,2824 0,02183 7,85 2,4496 0,1394 58,4 2,1461 0,1619 58,9

930 930

1030 1030

Tabelle 2 V e r f 1 ii c h t i g u n g v o n I r i d i u m d i o x y d

i m Sai lers t of f - bzw. S a u e r s t of f -S tic ks t off s t r o m

1'0 I Torr

pro Mol 0, ~ Kp '=

Mole IrO, - 104 (TorrO.5) verfliichtigte

6,08 9,11

49,a GG,7

Die Gegenwart k le iner Mengen anderer gasformiger Oxyde neben dem Hauptbestandteil IrO, la& sich auf diesem Wege freilich nicht aus- sc hlie Lien.

C. Thermochemische Auswertung Nachdem im vorangehenden Abschnitt fur das gasformige Iridium-

oxyd die Formel IrO, ermittelt worden war, werden nun die thermo- dynamischen GroBen dieser Verbindung gewonnen.

1. Das Gleichgewieht Ir + 1,5 0 2 = IrOsg Zur Berechnung der Beziehung zwischen log Kp und 1 /T wurden die

zur Verfugung stehenden 47 Einzelmessungen nach der Methode der kleinsten Quadrate ausgewertet.

Die darin enthaltenen 11 Messungen mit, einem 0,--N,-Gemisch, das nur 4,6 Val-% 0, enthielt (POI w 35Torr), wurden bei der Auswertung mit halbem Gewicht eingesetzt, wed ein geringer absoluter Fehler bei der Gasanalyse schon merkliche systematische Ab- weichungen in Kp verursachen wiirde.

Man erhielt = -2,3537 - 892'06 ~ (1034-1206 "C) a38).

(at) T

Die dieser Gleichung entsprechende Gerade ist mit den gewogenen (siehe oben), mittleren log Kp-Werten in Abb. 4 dargestellt24). Beach-

23a) A n m e r k u n g b e i d e r K o r r e k t u r : Einer personlichen Mitteilung von Herrn Kollegen ALCOCK, London, verdanken wir die Kenntnis, daD G. W. HOOVER und C. B. ALCOCK fur die gleiche Reaktion

906 T log Kp = - 2,36 - - (1200--1400°C)

(at)

gemessen haben. Die ebereinstimmung mit unserem Ergebnis ist ausgezeichnet. 24) Die fur die MeBtemperaturen cingetragenen log Kp-Mittelwerte gehen aiif unter-

schiedliche Anzahlen von Finzelmessungen zuriick. Dieser Tatbestand ist in der Geraden, nicht aber in den eingezeichneten Kreuzen erfaat.

Page 11: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

H. SCH~SER u. H.- J. HEITLAND, Gasformiges Iridiumtrioxyd 259

tenswert ist der grolje Maljstab der Ordinate, d. h. die geringe Tem- peratur-Abhangigkeit der Gleichgewichtslage. Fehler in der Versuchs- temperatur haben in solchem Falle nur wenig EinfluB und die a b s o l u t e Genauigkeit der fur -295 AH und A S ermitteIten Werte ist besonders gut.

MeBreihe = 0,71004, T =

Fur den Schwerpunkt der -.!' 103

Temperoturabhcinuiukeiides Gleichoew&& I

-a5 " " " " "

06M OM0 0730 0760 1408 "K gilt

AHl4o8 = + 4,08, kcal; Abb. 4 AS,, = - 10,77 cl.

Die Cp-Werte fur Indium und Sauerstoff sind bekannt26). Die spezifische W;irme des gasformigen Iridiumtrioxyds wird in Anlehnung an die von KELLEyZ5) fur Cpsoa und Cp,,,, genannten Werte geschtitzt :

cpIrOQg = 15,i + 7,5.10-3 T - 4,o. 105 T-2.

~ c p = -1,2 + 4,58. 10-3 T -3,4. 1~ T-2

Damit erhalt man fur unser Gleichgewicht Ir + 1,5 0, = IrOSg

und -216,4 0,3715 - 105 1,6174 - 0,6039 log T + 0,5005. T - - ~

T2 l o g K p = - T (at)

AH,, = + 2,O kcal; ASzg8 = -12,2 cl.

Daraus folgt mit den Normalentropien des Iridiums26) und Sauer- stoffs a6) weiter

SIrfJ,g298 = 70?0 'l'

Da die Reaktionsenthalpie des gemessenen Gleichgewichts nur wenig von Null verschieden ist, stellt die Messung nahezu eine unmittelbare Ent,ropiebestimmung dar. Der fur S I ~ O , ~ errnittelte Wert durfte daher recht zuverlassig sein. Dies ist insofern von Interesse, als bisher nur fur wenige sauerstoffreiche gasfarmige Oxyde Entropiewerte bekannt sind.

2. Das Gleiehgewieht IrOzf + 0,5 0 2 = IrOsg Da nur wenige Messungen mit Iridiumdioxyd als Bodenkorper

durchgefuhrt wurden, ist es zweckrnafiig, lediglich AH aus den Me&

25) K. K. KELLEY, Contr. Data Theor. Met. X. High-Temp. Heat-Content., Bur.

z6 ) K. K. KELLEY, Contr. Data Theor. Met. XI. Entropies., Bur. Mines Bull. 477

-

Mines, Bull. 4'16 (1949).

(1950).

Page 12: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

260 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 304. 1960

groBen xu gewinnen und die Reaktionsentropie bei der Auswertung ein- zuf uhren.

AS,,, = SI,o,, - Srronr27) - l/, So, 70,O - 17,2-24,5 28,3 cl.

Mit den fruher fur 1rOsg geschatzten und den fur IrO, und 0, be- kannten 25) Cp-Funktionen berechnet man

Diese Werte fur A S und ACp und dic in Tab. 2 genannten Kp'-Werte geben schliel3lich fur die in der uberschrift genannte Reaktion

AH,, = + 56,3; 56,l; 55,l; 55,l kcal.

Als gewogenen Mittelwert verwenden wir AHzg, = + 55,5 kcal.

dCp = 2,35 - 8,2 - T - 3,8 * 105 T-2.

3. Das Gleichgewicht IrOsf = Ir + 0 2 und die Bildungsenthalpie des Iridiumdioxyds

Uber die Bildungsenthalpie des Iridiumdioxyds findet man in den Tabellenwerkenll) 28) 29) Werte zwischeri -40 und -50 kcal. Der erste Wert geht auf WOHLER und JOCHUM~O) zuruck, die im Kalorimeter IrO, mit Wasserstoff reduzierten. Da diese Autoren jedoch auf gleichem Wege AH,,, = -43,O kcal (statt -39,84aS) und AH,,, = -33,O kcal (statt -37,128)) fanden, mu13 ihre Methode unsicher gewesen sein. Dem zweiten Wert (AHIrot = -50 kcal) liegen offenbar die Sauerstoffdrucke zugrunde, die 'WBHLER und WITZMANN~) uber I r + IrO, gemessen haben; vgl. spater.

Wir erhalten jetzt AHIros auf folgenden Wegen :

a) K o m b i n a t i o n von Gleicligewichten Aus den in der vorliegenden Untersuchung gemessenen Gleichge-

wiehten gewinnt man dHIrO2 durch Subtraktion Ir + 1,6 0, = 1rOsg;

IrO, + 0,5 0, = Ir03g;

Ir + 0, = 1rOzf ;

nH,,, = + 2,O kcal AH,,, = + 55,5 kcal

dH,,, = -53,5 kcal.

b) Messung des Zerse tzungsgle ichgewichts IrO, = Ir + 0,. G. SCENEIDEREIT hat in unserem Laboratorium die Zersetzungs-

temperatur von nach Abschnitt A 2 hergestelltem Iridiumdioxyd bei

27) F" ur SIro,, geschiitzter Wert: W. M. LATIMER. Oxidation Potentials, New Pork,

1963.

modynamic Properties, Washington, 1952.

1955.

28) F. D. ROSSINI, D. D. WAGMAK u. Mitarb., Selected I7alues of Chemical Ther-

29) 0. KUBASCHEWSKI u. E. LL. EVANS, Metallurgical Thermochemistry, London,

3'3) L. WBHLEE u. N. JOGHUM, Z. phys. Chem., Abt. 4 167, 169 (1933).

Page 13: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

H. SCHAFER u. H.- J. HEITLAND, Gasformiges Iridiumtrioxyd 261

konstantem Sauerstoffdruck gemessen. Hierbei wurde eine Thermo- waage verwendet und die Temperatur eingegabelt , bei der weder eine Sauerstoffabgabe noch -aufnahme erfolgte. Diese Priifung auf Rever- sibilitat bot Gewahr dafur, daB ein echter Gleichgewichtswert gemessen wurde.

die Witgebirne eine kapillare &fnung hatte. Die storende Verfliichtigung von IrO, wurdc dadurch praktisch ausgeschlossen, da13

In 3 Versuchm mit heterogenen Rodenkorpern der Bruttozusammen- setzung IrOo,G, IrOo,8 und IrOl,o ergab sich die Zersetzungstemperatur bei Po$ = 763 -I-_ 5 Torr ubereinstimmend zu 1 1 2 4 & 1 “C. Mit den bekannten Cp-Funktionen 26) und Normalentropien 2G) 27) berechnet man fur die Resktion IrOZf = Ir + 0,

AH,,, -= 40,6 ~l

~ c p = 3,55 - i 2 , m . 10-3 T - o,40. 105. T-2,

und mit der oben gemessenen Zersetzungstemperatur schliel3lich AHIros, 298 = - 52,4, kcal.

Dieser Wert stimmt gut mit dem nach a) gewonnenen uberein, wodurch zugleich die Richtigkeit der Mitfuhrungsmessungen auf unabhangigem Wege bestatigt wird.

Fur dic Temperaturabhangigkeit des Sauerstoffdruckes iiber Ir + IrO, liefern die nun verfugbaren, oben genannten Zahlenwerte die Beziehung

-11314 0,0437. lo5 10,. Po, = 7 + 4,&373 + 1,7866 log T - 1,3966.10 T -~ ~

T2 . .- (at) I

Die mit dieser Gleichung berech- nete Kurve findet man auf Abb. 5.

L i t e r a t u r z u m S y s t e m Ir-Ir02

WOHLER und WITZMANN~) stellten be- reits fest, dal3 die Zwischenoxyde IrO und Ir203 nicht stabil sind. Dieses Ergebnis wurde von LWNDE3l) rontgenographisch bestgtigt und entspricht auch unsereii Beobaohtungen. Dcr Zersetzungsdruck des Iridiumdioxyds ist schon von ST.-CLAIRE DEVILLE und DEBRAY 32) rnit beachtenswerter Genauigkeit gemessen worden (vgl. Abb. 5). Eine cin-

3l) H. SAINTE-CLAIRE DEVILLE u. H. DEBRAY, C. R,. hebd. Sdances Acad. Sci. 87, 441 (1878).

32) G . LIJNDE, Z. anorg. allg. Chem. 163,

-~~~~

Po, . Tor! 800 -

6oo-

. Q Saintf -Claire DeviUe o. Debray + LwORleru Wtmann

400 - Kurve beremef lrgl TeM,,

demessen yon :

345 (1937). Abb. .5. Sauerstoff-Drucke iiberIrfIr0,

Page 14: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

262 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie. Band 304. 1960

gehende tensieudiometrische Studie verdankt man ferner WOIILER und WITZMANN~). Die Drucke, die diese Autoren uber einem durch teilweise Oxydation von Iridium mit Sauer- stoff gewonnenen Praparat gemessen haben, findet man ehenfalls in Abb. 5.

WOHLER und WITZMANN~) fuhrten ihre Abbauversuche vor allem mit solchen Iri- diumdioxyd-Prliparaten durch, die durch FIillung a m wiiliriger Losung - z. B. aus Pu’a,IrCI, + KOH - und anschlieRende Entwiisserung gewonnen wurden und daher sehr feinteilig und wahrscheinlich relativ unrein (alkalihaltig, vgl. ‘5)) waren. Sie schlossen aus ihren Beobachtungen, daR solche Dioxydprkparate das bei der Sauerstoffabspaltung frei werdende Iridium bis etwa zur Zusammensetzung 1rOlL6 in fester Losung aufnehmen konnen. Das durch Oxydation von Iridium gewonnene Oxyd scheint nach WOHLER und WITZMANN hierzu nicht fiLhig zu sein. Mit eigenen Experimenten iiber den Homogenitats- bereich der Iridiumdioxydphase sind wir zur Zeit beschlftigt. Die bisher unter Verwen- dung des aus der Gasphase abgeschiedenen Dioxyds (vgl. Abschnitt A 2) erhaltenen Ergebnisse sprechen dafiir, daR dieser homogene Bercich nicht gro5 sein kann. Bei unseren Mitfuhrungsmessungen haben wir uns vorsorglich davon iiberzeugt, daB das als Boden- korper vcrwendete Dioxyd stochiornetrisch zusammengesetzt war und daB es seine Zu- sammensetzung wahrcnd der Gleichgewichtsmessung nicht knderte.

D. Auswcrtung dor Gliihdrahtversuche von HOLBORN, HHNNING und AUSTIN 3, sowie von E n i r c ~ ~ ) lo)

1. Iridium als Gluhdraht Die genannten Autoren erhitzten Streifcn von Iridiumblech durch

unmittelbaren Stromdurchgang auf eine bestimmte, optisch gemessene Temperatur und ermittelten die Metallverfluchtigung in Abhangiglceit von der umgebenden Atmosphiire. Hierbei wurde die Gewichtsabnahme des Metallstreifens bestimmt. An Hand ihrer Ergebnisse kann man - in obereinstimmung mit unseren Mitfuhrungsmessungen - zeigen, da13 dem fluchtigen Iridiumoxyd die Forniel Irx03 zukommt. Dies ge- schicht auf Grund folgender uberlegungen :

Es ist wahrscheinlich, daQ sich bei den hohen Versuchstemperaturen an der Metalloberflache das Reaktionsgleichgewicht mit der Gasphase einstellte. Die vom Metallstreifen weggefuhrte Iridiummenge war dann proportional der Gasbewegung, die durch Diffusion und Konvektion vor sich ging. Da die absolute GroBe der Gasbewegung nicht hinreichend genau anzugeben ist, wird man nur solche Versuche in Beziehung zu- einander setzen, bei dencn mit gleicher Gasbewegung zu rechnen ist. Dies ist der Fall, wenn die Temperatur des Iridiumstreifens und der Gesamtdruck konstant gehalten wurden urid wenn die im Reaktions- raum vorhandenen Gasmolekeln vergleichbare gaskinetische StoQ- durchmesser hatten.

Bei den hohen Versuohstemperaturen wird ein Teil des eingefiihrten 0, mit Pi, zu NO umgesetzt. Wir haben uns davon uberzeugt, daO der Sauerstoffverbrauch durch diese Reaktion bei der Berechnung noch zu vernachlassigen war. Das gleiche gilt fur die Auf- spaltung des eingefuhrten oder durch CO,-Zerfall entstehenden molekularen Sauerstoffs

Page 15: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

H. SCHAFER u. H.J. HEITLAHD, Gasformiges Iridiumtrioxyd 263

in Atome. Schliefilich wurden nur solche Versuche ausgewertet, bei denen der Sattigungs- druck des Iridiums sehr klein gegen den Iridiumoxyddruck war.

a) Versuehe i n N,-O,-Atmosphiire von HOLBORN, HENNING u n d

Die Verfasser erhitzten einen Iridiumstreifen auf 1670 "C bei einer Atmosphare Druck an Sauerstoff, Luft oder Stickstoff mit 1 ,7% Sauer- stoff, Die Abhangigkeit des Iridiumverlusts V vom Sauerstoffdruck gibt BufschluIj uber die Formel des fluchtigen Oxyds :

ATJSTIN 3,

x I r + 0,5 0, = IrxOg; V = prop. P:: x Ir + 0, = IrxO,g: V = prop. Po* x Ir + 1,6 0, = Ir,OSp; V = prop. P:: x I r + 2 0, = Ir,Oag; V = prop. P i l .

Tabelle 3 A u s w e r t u n g d e r I r i d i u m e x p e r i m e n t e von HOLBORN, HENNINC u n d ATJSTIN~) I I j gemessener Iridiumverlust V 1 Gas I Verhaltnis- 1 inmg/30Min. I werte

1 - p-_-p_

I 1 1 1 Luft , 0,093

Man erkennt aus Tab. 3, da8 die Ergebnisse von HOLBORN, HENNING und AUSTIN eindeutig und so gut wie man das uberhaupt erwarten kann der Trioxyd-Bildung entsprechen.

b) Versuche i n GO, u n d N,-0,-Atmosphare von EMICH~) ENICH untersuchte die Dissoziation des Kohlendioxyds bei hoher

Temperatur C0, = c0 + ", 0,

dadurch, da13 er Iridiumstreifen in einer Anordnung, die der von HOL- BORE, HENKING und AUSTIN ahnlich war, einmal in GO, und dann in sauerstoffhaltigem Stickstoff erhitzte und die durch Wagung bestimmten Iridiumverluste verglich34). Auch die Ergebnisse von EMICH lassen sich zur Ableitung der Formel des fliichtigen Iridiumoxyds verwenden.

33) PI, vgl. D. R. STULL u. G. C. SINKE, Thermodynamic Properties of the Elements, Washington, 1966. Vgl. ferner die Gluhdrahtversuche von EMIGH~) in N, und CO. Die dabei oberhalb 2000 "C beginnende Ir-Verfliichtigung ist auf den Sattigungsdruck des Metalls zuriickzufiihren.

Das beim C0,-Zerfall entstehende C 0 reagiert mit weil3gliihendem Iridium nicht 5).

Page 16: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

264 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 304. 1960

Zunachst laat sich zeigen, daB die Gase CO, und N, + 0, in bezug auf die Gasbewegung (Diffusion und Konvektion) vergleichbar sind: EMICH fand, da13 Iridium bei 2147 "C durch CO, im gleichen MaDe (27 mg/30 Min) verfliichtigt wird wie durch ein N,-O,-Gemisch mit 4,9 bis 5% 0,. Mit Reriicksichtigung der NO-Bildung entspricht das einem Sauer- stoffpartialdruck von 0,045 at. In guter Obereinstimmung hiermit berechnet man fur den C0,-Zerfall im CO und liZ 0, bei ZP = 1 a t und 2147 "C einen Sauerstoffpartialduck von 0,047 at35). Bei gleichem Sanerstoffgehalt des Ga.ses sind die verfliichtigten Iridium- mengen also dieselben, wie das auch bei Gleichgewichtseinstellung und vergleichbarcr Gasbewegung zu fordern ist. Wir kBnnen nunmehr zur Auswertung der Eivxcaschen Ver- suche bei 1486 "C ubergehen, bei denen die Iiidiumverfluchtigung in CO, und in 0,-S, mit 2,276 0, verglichen wurde.

Die Rechnung ergibt, daB bei 1486 "C nebcn Pcoz = 1 a t der Partial- druck Po, = 1,70 * 10-3 a t betragt. Die dem Abschnitt a) entsprechende Auswertung bringt die Tab. 4. Auch hier zeigt sich wieder, daIS die Iri- diumverfluchtigung innerhalb dcr expcrimentellen Genauigkeit durch die Trioxydbildung beschrieben wird.

Tabelle 4 Auswer tung d e r E x p e r i m e n t e v o n E M I C H 5 )

Aus den Versuchen mit Iridium-Gliihdrahten geht somit hervor, deB das in der Gasphase vorhandene Iridium bis zu Temperaturen von mindestens 1700 "C im wesentlichen als IrO, vorliegt.

2. Gliihdrahtversuche mit Platin und Rhodium Im vorangehenden Abschnitt hat sich gezeigt, daB Gliihdrahtver-

suche Ruckschlusse auf die Formel des fliichtigen Oxyds zulassen. Es liegt daher nahe, die von HOLBORN; HENNING und AUSTIN3) mit Platin und mit Rhodium angestellten Experimente in gleicher Weise wie beim Iridium auszuwerten.

35) Thermodynarnische Werte fur den C02-Zerfall nach W. LANGE, Die thermody- namischen Eigenschaften der Metalloxyde, Berlin 1949.

Page 17: Gleichgewichtsmessungen im System Iridium—Sauerstoff Gasförmiges Iridiumtrioxyd

H. SCX&FER u. H.- J. HEITLAND, Gasformiges Iridiumtrioxyd 265

beiZP- Verhaltnis-

I

lat 1 rng/30Min werte I Verh&ltnis- Mexo2

0 s Poa(at, 1 pb.:

Hierzu ist noch EU bemerken, daB die Bildung von NO nnd von O-Atomen wie friiher zu vernaehlassigen ist. DieDiskussion zeigt weiter, da13 der Siittigungsdruck des Platins37) noch nicht zu wiigbaren F’t-Verlusten fuhren kann, was ein entsprechender Iremuch von HOLBORN, HEXNING und AVSTIX (in Wasserstoff, P == 0,2 mm) ebenfalls zeigt.

Beim R h o d i u m ist der Sattigungsdruck37) nicht mehr ohne weiteres zu vernach- lassigen. Der etwas hohe Verhaltniswert (0,031) bei POa = 0,017 at konnte damit zu- sammenhangen, da13 neben Oxyd auch merkliche Nengen Metall verfluchtigt wurden.

Aus der Zusammenstellung in Tab. 5 ergibt sich uberzeugend, daB die Verfluehtigung des Platins und des Rhodiums als Dioxyd Pt,O, und Rh,O, vor sich geht.

Stellen wir abschlieaend die nunmehr bekannten gasformigen Oxyde der Platinmetalle zusammen, so ergibt sich ein recht systematisches Bild

RuO, Rh,O, Pd?

080, IrO, PtxO,.

Es darf jedoch nicht ubersehen werden, daB dabei dcr EinflulS der Temperatur nicht erfaBt ist. Reim Obergang zu hiiheren Temperaturen ist mit dem Auftreten sauerstoffarmerer Oxyde durchaus zu rechnen.

Den Herren Direktor Dr. K. RUTHARDT und Dr. H. SPEIDEL, Hanau sind wir fur die vielfache Forderung dieser Untersuchung besonders dankbar.

9 Die Gluhstreifen aus Platin und Rhodium waren in ihren Abmessungen unter sich

37) D. R. STULL u. G. C. SINKE, Thermodynamic Properties of the Elements, Was- und vom Iridium etwas verschieden, in der Oberflache aber vergleichbar.

hington 1956.

Miinster, Anorganisch-Chernisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. November 1959.


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