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Grundzüge der spanischen Versicherungsaufsicht

Von Helmut N e e b LL. M., Mannheim

Inhaltsübersicht

I. Einführung

H. Die Entwicklung des spanischen Versicherungsaufsichtssystems

1. Das Ley de Registro e Inspecciön de Empresas de Seguros vom 14.5.1908 alsAusgangspunkt

2. Die Fortentwicklung der Versicherungsaufsicht in der Folgezeit

3. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkriega) Die protektionistische Phaseb) Das Ley de Ordenaciön del Seguro Privado vom 16. 12. 1954c) Die interventionistische Phase

4. Die Vorbereitungsarbeiten für eine grundlegende Reform des Versiche-rungsaufsichtsrechtsa) Frühe Reformprojekteb) Das Inkrafttreten der neuen Verfassung am 6. 12. 1978

aa) Allgemeinesbb) Die Entwicklung des Autonomiegedankens in Spaniencc) Der Autonomiegedanke in der Verfassung des Jahres 1978

c) Der Abschluß der Reformarbeiten

III. Die gegenwärtige Situation

1. Das Ley sobre Ordenaciön del Seguro Privado vom 2. 8. 1984

2. Der Umfang der Versicherungsaufsichta) Die Abgrenzung von Sozial- und Privatversicherungb) Der konkrete Anwendungsbereich des Gesetzes

3. Die Verteilung der Aufsichtskompetenzen

4. Der Aufbau der zentralen Aufsichtsverwaltung

IV. Schlußbetrachtung

I. Einführung

Durch den Beitritt Spaniens zur Europäischen Gemeinschaft mitWirkung vom 1. 1. 1986 ist der spanische Markt den unternehmerischenInteressen des europäischen Auslandes ein deutliches Stück näherge-rückt. Zwar läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vorherse-

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hen, welche wirtschaftlichen Konsequenzen die Integration Spaniens inden gemeinsamen Markt auf längere Sicht im einzelnen haben wird. Es istjedoch offensichtlich, daß der Beitritt für kaum einen Zweig der Wirtschaftohne Auswirkungen bleiben kann.

Für die Versicherungswirtschaft gilt dies in doppelter Hinsicht. Nebenden Möglichkeiten, die die Öffnung des spanischen Marktes den ausländi-schen Unternehmen dieser Branche im Hinblick auf das dort vorhandeneKundenpotential bietet, stehen nämlich die Folgen, die sich aus derInternationalisierung anderer Wirtschaftszweige für das Versicherungs-gewerbe ergeben. Wollen die Versicherer ihre industriellen Kunden auchmit fortschreitender Expansion sachgerecht bedienen, so bleibt ihnenvielfach keine andere Wahl, als auch für deren Auslandstöchter dengewohnten Service anzubieten'. Da die Anbahnung von Vertragsverhält-nissen, die Betreuung der Kunden während der Laufzeit ihrer Verträgeund die Regulierung auftretender Schäden in jedem der genannten Fälleeinen engen Kontakt zwischen Versicherer und Versicherungsnehmererfordert, wird es regelmäßig auch nach Verwirklichung der allgemeinenDienstleistungsfreiheit auf dem europäischen Versicherungsmarkt nichtmöglich sein, dieses Auslandsgeschäft vom Hauptsitz der Gesellschaft ausabzuwickeln. Vielmehr werden diejenigen Unternehmen, die sich diesesGeschäft nicht entgehen lassen wollen, gezwungen sein, Niederlassungenoder Tochtergesellschaften auf dem Territorium des neuen Tätigkeitsstaa-tes zu errichten, um die an sie gestellten Aufgaben zu bewältigen.

Aufgrund der soeben beschriebenen Zusammenhänge rückt neben demspanischen Versicherungsvertragsrecht auch und gerade das die Zulas-sung und Geschäftsführung der Versicherungsunternehmen regelndeVersicherungsaufsichtsrecht des neuen Tätigkeitsstaates in das Blickfeldausländischer Versicherer.

Zwar wird es dem interessierten Betrachter dabei nicht schwer fallen,sich mit den technischen Regelungen des spanischen Versicherungsauf-sichtsrechts vertraut zu machen. Im Zuge der Vorbereitungsmaßnahmenfür den spanischen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft hat dasspanische Recht nämlich eine weitgehende Angleichung an den europä-ischen Standard erfahren, so daß die Vorschriften in vielerlei Hinsicht andie eigene Rechtslage erinnern. Außerdem präsentiert sich das spanischeVersicherungsaufsichtsrecht mit dem am 2.8. 1984 in Kraft getretenenneuen Versicherungsaufsichtsgesetz (Ley Bobre Ordenaciön del SeguroPrivado) in einem rundum systematisch überarbeiteten und nach deninternational anerkannten Regeln der Aufsichtstechnik neugefaßten

1 Vgl. zu diesen Zusammenhängen auch Neeb, Insurance Regulation in denVereinigten Staaten von Amerika unter besonderer Berücksichtigung des Zulas-sungsrechts, Karlsruhe 1987, S. 4, m. w. N.

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Kleid, das nach seinem modernen Zuschnitt viele Schwachstellen desalten Systems beseitigt hate.

Demgegenüber darf jedoch nicht übersehen werden, daß der konkreteBedeutungsgehalt eines jeden Gesetzes in erheblicher Weise durch diehistorische Entwicklung des jeweiligen Rechtsgebiets und die Praxis derzu seiner Anwendung berufenen Behörden geprägt wird. Um die ins Augegefaßten Auslandsaktivitäten sorgfältig vorbereiten zu können, genügt esdaher keinesfalls den Wortlaut der maßgeblichen aufsichtsrechtlichenGesetzesbestimmungen zu kennen. Vielmehr ist es unbedingt geboten,sich in einem weit darüber hinausreichenden Maße mit Hintergrundwis-sen über die Materie zu versorgen.

Die vorliegende Abhandlung hat es sich zum Ziel gesetzt, zu untersu-chen, welchen Einflüssen das spanische Versicherungsaufsichtsrecht imLaufe seiner Entwicklung ausgesetzt war und — in Anschluß daran —darzulegen, wie diese Einflüsse auch die heutige Rechtslage noch prägen.Für den deutschen Betrachter gewinnt das Untersuchungsobjekt zusätz-lich dadurch an Attraktivität, daß die vormals streng zentralistischorganisierte Aufsichtsverwaltung durch das Inkrafttreten der spanischenVerfassung am 6. 12. 1978 mit staatsorganisatorischen Vorgaben konfron-tiert wurde, welche den föderalistischen Bestimmungen des deutschenGrundgesetzes nicht unähnlich sind. Die Untersuchung wird zeigen, daßdiese Parallelität der verfassungsrechtlichen Grundlagen auch im Be-reich der Versicherungsaufsicht ihre Spuren hinterlassen hat.

II. Die Entwicklung des spanischen Versicherungsaufsichtssystems

1, Das Ley de Registro e Inspecciön de Empresas de Seguros vom 14.5. 1908als Ausgangspunkt

Mit Gesetz vom 19. 10. 1869, dessen maßgeblicher Art. 1 später fastwörtlich in Art. 117 § 2 des spanischen Handelsgesetzbuchs (Cödigo deComercio) übernommen wurde, wurde erstmals die Freiheit der spani-schen Bürger, sich zu wirtschaftlichen Zwecken zusammenzuschließen,allgemein anerkannt. Schon recht bald zeigte sich jedoch, daß diemißbräuchliche Ausnutzung dieser Freiheit sich gerade in der Versiche-rungswirtschaft leicht zu einer erheblichen Gefahr für die Allgemeinheitentwickeln konnte. Man hielt es daher für geboten, die eingeräumtenFreiheiten in diesem Wirtschaftszweig im öffentlichen Interesse einereffektiven Kontrolle zu unterwerfen. Mit dieser Zielsetzung trat am 14.5.1908 das Gesetz zur Erfassung und Überwachung der Versicherungsge-

2 Einen kurzen Überblick über den Inhalt des Gesetzes gibt Bossier, VW 1986,56 ff.

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sellschaften (Ley de Registro e Inspecciön de Empresas de Seguros) inKraft3 .

Wichtigster Inhalt dieses Gesetzes waren diejenigen Regelungen, wel-che erstmals alle in Spanien tätigen Versicherungsunternehmen einergrundsätzlichen Zulassungspflicht unterwarfen. Um diese Zulassung zuerhalten, mußten die Unternehmen der zuständigen staatlichen Stelle,der Direcciön General de Seguros, Vertragsmuster und Tarife der vonihnen betriebenen Versicherungszweige sowie Angaben über ihre Eigen-kapitalbasis vorlegen. Außerdem mußten sie einen Betrag von bis zu200000 Peseten, gestaffelt nach Versicherungssparten, als Sicherheithinterlegen. Ein bestimmtes Mindestkapital wurde nicht als Zulassungs-voraussetzung gefordert. Das Gesetz verlangte jedoch eine Einzahlungs-quote von 25% auf das vorhandene Grundkapital.

Für die Dauer ihres Geschäftsbetriebs wurden die Unternehmenverpflichtet, jährlich einen Geschäftsbericht in kastillischer Sprache zufertigen und in der Gaceta de Madrid, dem allgemeinen öffentlichenPublikationsorgan des Staates, zu veröffentlichen sowie den zuständigenstaatlichen Behörden einzureichen. Darüber hinaus wurden alle Versi-cherungsunternehmen zur Bildung von Rückstellungen für laufendeVerbindlichkeiten und die mathematischen Versicherungszweige zurBildung zusätzlicher mathematischer Reserven verpflichtet. Schließlichwurde ein Versicherungsbeirat (Junta Consultiva de Seguros) errichtet,dem es oblag, die staatliche Aufsichtsbehörde in Zweifelsfragen fachlichzu beraten.

Mit dem Erlaß des genannten Gesetzes reihte sich Spanien im Jahre1908 in die Reihe derjenigen Staaten ein, die sich bereits zuvor dazuentschlossen hatten, ihr Versicherungsgewerbe der materiellen Aufsichtdurch eine zentrale staatliche Behörde anhand gesetzlich fixierter Maß-stäbe zu unterwerfen und den Zugang zum nationalen Versicherungs-markt von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen4 . Gleich-zeitig legte der spanische Gesetzgeber damit die Grundsätze fest, welchedas spanische Versicherungsaufsichtsrecht auch heute noch im wesentli-chen charakterisieren 5 .

3 Vgl. dazu die Motive zum ersten Entwurf des Gesetzes vom 4.6. 1907, abge-druckt in der Gaceta de Madrid vom 6.7. 1907.

" Vgl. dazu insbesondere das deutsche Gesetz über die privaten Versicherungs-unternehmen vom 12.5. 1901 sowie zur Entwicklung der materiellen Staatsaufsichtüber das Versicherungswesen in den USA: Neeb, a.a.O. (Anm. 1), S. 29ff.

5 Zur Bewertung der Ley de Registro e Inspecciön de Empresas de Seguros vom14.5. 1908 vgl. auch Linde Paniagua, Derecho publico del seguro, Madrid 1977,S. 25 ff.

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2. Die Fortentwicklung der Versicherungsaufsicht in der Folgezeit

In der Folgezeit wurde auf der Basis dieses ersten Gesetzes eine fastunübersehbare Zahl von Ausführungsbestimmungen in Kraft gesetzt,durch die dessen Inhalt näher konkretisiert wurden. Später kam es überdiese konkretisierenden Bestimmungen hinaus aber auch zunehmendzum Erlaß von Vorschriften, die den ursprünglichen Inhalt des Gesetzesergänzten und fortentwickelten. Zu den wichtigsten unter diesen Normender zweiten Generation zählt das königliche Dekret (Real Decreto-Ley)vom 18.2. 1927, welches zum ersten Mal eine bestimmte Mindestkapital-ausstattung der Unternehmen als Voraussetzung für die Zulassung zumGeschäftsbetrieb festlegte. Die Höhe des nachzuweisenden Kapitalsschwankte dabei in Abhängigkeit von der zu betreibenden Spartezwischen 50000 und 2000000 Peseten. Außerdem wurde für alle dieZulassung begehrenden Unternehmen eine auf 500000 Peseten erhöhtePflicht zur Sicherheitsleistung bestimmt'.

Durch Gesetz vom 18.3. 1944 wurden die genannten Größen dannerneut aktualisiert. Der Mindestkapitalnachweis wurde auf 5000000Peseten für die Lebens-, die allgemeine Schaden- und die reine Rückversi-cherung, auf 3000000 Peseten für die Unfall- und bestimmte besondereSchadenversicherungen und auf 10000 Peseten für die Kranken-, dieSterbegeld- und die einfache Glasversicherung festgesetzt. Den alsSicherheit zu hinterlegenden Betrag verdoppelte man allgemein auf1000000 Peseten und verdreifachte ihn gar für die reinen Rückversichererauf 1500000 Peseten. Jedes der erwähnten Gesetze enthielt dabei Über

-gangsbestimmungen, die es den bereits zum Geschäftsbetrieb zugelasse-nen Unternehmen erlaubten, ihre Verhältnisse innerhalb angemessenerZeit den neuen Vorschriften anzupassen'.

Auch in der Aufsichtsverwaltung gab es in diesem Zeitraum Verände-rungen. Im Jahre 1930 wurde die Direcciön General de Seguros durchkönigliches Dekret ihrer herausgehobenen Stellung als „Direcciön Gene-ral" beraubt und als „Subdirecciön General" der Direcciön General deComercio, Industria y Seguros angegliedert. Dieser Maßnahme folgte einewechselvolle Zeit, in deren Verlauf die Behörde zeitweilig wieder als„Direcciön General" und zeitweilig als „Subdirecciön General" desSchatz- und Haushaltsministeriums (Ministerio de Tesoro y Presupuestos)geführt wurde. Die ständige Ein- und Ausgliederung in und aus dem

6 Vgl. dazu insbesondere das Gesetz vom 2.2. 1912, abgedruckt in der Gaceta deMadrid vom 16.-22. 2., 28. 2. und 9.3. 1912 mit insgesamt 187 Einzelvorschriften.

Vgl. dazu Tirado Sudrez, Ley ordenadora del seguro privado, Sevilla 1984, S. 18.

S Vgl. zu allem Uria, El seguro privado espaflol en la postguerra, Revista deDerecho Mercantil 1946, 85ff. und Navas, En torno a la Ley de ampliaciön degarantias de las Companias de Seguros, Revista General de Derecho, Sept. 1946,Nr. 24.

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Zuständigkeitsbereich der verschiedenen Ministerien war dabei voneinem stetigen Bedeutungsverlust der Behörde begleitet'.

3. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

a) Die protektionistische Phase

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stand in Spanien zunächstausschließlich im Zeichen der Stärkung der inneren Wirtschaftskraft. DieInteressen der Verbraucher hatten demgegenüber völlig zurückzutreten.Als besonders dringlich wurde in diesem Zusammenhang die Aufgabeangesehen, dem nach allgemeiner Ansicht viel zu geringen Konzentra-tionsgrad des Versicherungsgewerbes abzuhelfen. Bei diesem „problemade la pequefia empresa" handelt es sich allerdings nicht um ein spezifischversicherungswirtschaftliches, sondern vielmehr um ein allgemeinesProblem der spanischen Volkswirtschaft, welches auch heute noch seinerendgültigen Lösung harrt'°

Mit Gesetz vom 16. 7. 1949 wurde eine generelle Zulassungssperre fürneue Versicherungsunternehmen errichtet, um den spanischen Versiche-rungsmarkt abzuschotten und den bereits zugelassenen UnternehmenGelegenheit zu geben, sich zu einer überlebensfähigen Größe zu ent-wickeln".

Als diese Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigten, entschloßman sich im Jahre 1952, die Zulassungsschranken wieder zu öffnen.Gleichzeitig aber wurden die Zulassungsvoraussetzungen für neue Versi-cherungsunternehmen so drastisch verschärft, daß sich an der protektio-nistischen Situation nichts änderte 12 .

b) Das Ley de Ordenaciön del Seguro Privado vom 16. 12. 1954 13

Das Ley de Ordenaciön del Seguro Privado, der direkte Vorläufer des imJahre 1984 in Kraft getretenen neuen Versicherungsaufsichtsgesetzes,war in entscheidender Weise von der soeben beschriebenen protektioni-stischen Grundhaltung geprägt. Die vor seinem Inkrafttreten gültigen

9 Vgl. zum Ganzen del Cano Escudero, Derecho Espanol de Seguros, 3. Aufl.Madrid 1983, S. 332ff. und Tirado Sudrez, a.a.O. (Anm. 7), S. 25.

10 Vgl. dazu Tamames G6mez, Introducciön a la economia espanola, 16. Aufl.Madrid 1986, S. 184 ff.

‚' Vorläufer dieses Geseztes war das Dekret vom 18.3. 1949, abgedruckt imBoletin Oficial del Estado vom 30.3. 1949, durch das die Zulassung neuer Unterneh-men bereits vorläufig ausgesetzt worden war.

12 Vgl. dazu Tirado Sudrez, a.a.O. (anm. 7), S. 19f.

13 Abgedruckt im Boletin Oficial del Estado vom 19. 12. 1954.

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strengen finanziellen Zulassungsvoraussetzungen wurden im wesentli-chen übernommen und die bereits zugelassenen Unternehmen wurdennicht gezwungen, ihre Verhältnisse an die für Neuzulassungen geltendenMaßstäbe anzupassen. In seinem Aufbau orientierte sich das neue Gesetzweitgehend an dem Gesetz aus dem Jahre 1908. Wichtige Neuerungen gabes lediglich für die Versicherungsaktiengesellschaften, deren Recht an dasim Jahre 1951 reformierte Recht der Kapitalgesellschaften angepaßtwerden mußte 14

Insgesamt läßt sich somit feststellen, daß es sich bei dem Gesetz aus demJahre 1954 weniger um ein umfassendes Reformprojekt, als vielmehr umeine räumliche Zusammenfassung der Vorschriften des spanischen Versi-cherungsaufsichtsrechts handelte, die zudem noch unvollständig war, dasie viele Vorschriften des Gesetzes aus dem Jahre 1912 15 ausklammerteund nebenher weiterbestehen ließls

c) Die interventionistische Phase

Entsprechend der allgemeinen politischen Grundrichtung des Franco-Regimes war die nun folgende Zeit von einem starken Interventionismusdes Staates geprägt. Das Gesetz aus dem Jahre 1954 wurde durch eineVielzahl von Bestimmungen ergänzt, deren Ziel es war, den kränkelndenWirtschaftszweig gewaltsam wieder auf die Beine zu stellen. Alle dieseVersuche einer gewaltsamen Sanierung des spanischen Versicherungsge-werbes schlugen jedoch fehle'.

4. Die Vorbereitungsarbeiten für, eine grundlegende Reform desVersicherungsaufsichtsrechts

a) Frühe Reformprojekte

Nachdem immer offensichtlicher wurde, daß den strukturellen Miß-ständen im spanischen Versicherungsgewerbe durch protektionistischeund interventionistische Maßnahmen nicht beizukommen war, gab derVersicherungsbeirat bei der Direcciön General de Seguros, dessen Aufga-ben mittlerweile auch auf die Beratung der Regierung bei Gesetzgebungs-projekten erweitert worden war, die Erarbeitung eines Reformgesetzes inAuftrag. Mit Hilfe dieses Gesetzes sollte es möglich werden, den diffusen

14 Vgl. dazu Caballero Sdnchez, Le reforma de la sociedad anömima y lascompanias de seguros, Revista de Derecho Mercantil 1950, 355ff.

15 Vgl. zu diesem oben, Anm. 6.16 Vgl. dazu die Übergangsbestimmung (disposiciön Transitoria) Nr. 10d) des

Gesetzes.17 Vgl. dazu im einzelnen del Cano Escudero, a.a.O. (Anm. 9) S. 35ff.

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Markt zu ordnen, die Nachfrage zu beleben und ihr ein Angebot anVersicherungsschutz zu einem vernünftigen Preis gegenüberzustellen.Außerdem galt es, die versicherungstechnischen Rücklagen der Unter-nehmen zu stärken, die Aufsicht über den laufenden Geschäftsbetrieb zueffektivieren sowie ein Verfahren für die Sanierung in wirtschaftlicheSchwierigkeiten geratener Unternehmen bereitzustellen 18 .

Das aus 25 Artikeln bestehende Ergebnis der Arbeiten wurde demBeirat im Jahre 1967 zur Stellungnahme unterbreitet. Dieser regte an,auch weite Gebiete des Versicherungsvertragsrechts in den Entwurfeinzuarbeiten. Nachdem dies geschehen war, wurde der überarbeiteteEntwurf im Jahre 1972 schließlich angenommen. Im Jahre 1975 fand erEingang in eine Gesetzesvorlage, in der der Erlaß eines Versicherungsauf-sichtsgesetzes, eines Versicherungsvertragsgesetzes und eines Gesetzesbetreffend die Rückversicherung vorgeschlagen wurde 19 .

Die nun folgenden parlamentarischen Beratungen, in denen der Geset-zesvorschlag vor allem auf seine Vereinbarkeit mit den von Seiten derRegierung selbst in Auftrag gegebenen Arbeiten zur Neufassung desspanischen Versicherungsvertragsrechts überprüft wurde, lösten inFachkreisen eine heftige Diskussion über das zukünftige Aussehen derspanischen Versicherungsaufsicht aus. Höhepunkt dieser Diskussionwaren die Kolloquien über die Privatversicherung (Coloquios sobreSeguros Privados), die unter der Beteiligung einer Vielzahl von ausgewie-senen Experten auf dem Gebiet des Versicherungsrechts vom 5. bis 9.April 1976 in der königlichen Akademie für Rechtswissenschaft undGesetzgebung (Real Academia de Jurisprudencia y Legislaciön) abgehal-ten wurden20 .

Nachdem die Ergebnisse aller Beratungen und Erörterungen verarbei-tet worden waren, kam es zu einer neuen Gesetzesinitiative. Am 3.4. 1977schlug die Regierung dem Parlament den Erlaß eines „Gesetzes zurOrdnung und Förderung des privaten Versicherungsgewerbes" (Ley deOrdenaciön y Fomento de los Seguros Privados) vor. Mit diesem Gesetzes

-vorschlag wurden folgende Ziele verfolgt:

18 Vgl. dazu Caballero Sanchez, Anteproyecto de Ley sobre ordenaciön delmercado espanol de seguros, Revista Espanola de Seguros, 1968, 113 ff.

's Vgl. Boletin Oficial de las Cortes vom 31. 7. 1975.

20 Vgl. dazu den Sonderband der Revista Espanola de Seguros: Coloquios sobreSeguros Privados, Madrid 1976. Gegenstand der Kolloquien war die Diskussionfolgender Referate: Blanc Diaz, Ley Orgänica del Seguro Privado, a.a.O., S. 11 ff.;Sanchez Calero, Regulaciön del Contrato de Seguro Privado, a.a.O., S. 41 ff.; UseraGonzalez, Regulaciön de la Empresa Aseguradora Privada, a.a.O., S. 89ff.; Gonzä-lez-Bueno Lillo, Regulaciön del Control de la Actividad Aseguradora Privada,a.a.O.,S. 155.

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(1)Erleichterung der freien Entfaltung unternehmerischer Initiative imVersicherungsgewerbe unter gleichzeitiger Verschärfung der Verant-wortlichkeit der Unternehmen für ihre Entscheidungen.

(2) Weniger Bürokratismus in der Aufsichtsverwaltung unter gleichzei-tiger Verbesserung der Aufsichtsqualität.

(3) Förderung der Konzentration des spanischen Versicherungsgewer-bes sowie Förderung des Absatzes und des Exports von Versicherungs-schutz.

(4) Verbesserung der Solvabilitätsaufsicht über die Gegenseitigkeits-versicherer, die öffentlich rechtlichen Wettbewerbsversicherer und dieRückversicherer.

Von seinem Aufbau und Regelungsinhalt her entsprach dieser Geset-zesvorschlag bereits im wesentlichen dem am 2.8. 1984 in Kraft getrete-nen Ley sobre Ordenaciön del Seguro Privado 21 .

b) Das Inkrafttreten der neuen Verfassung am 6.12. 1978

aa) Allgemeines

Obwohl die fachlichen Arbeiten für eine Reform des spanischen•

Versicherungsaufsichtsrechts somit im Jahre 1977 im wesentlichen abge-schlossen waren, sollte es dennoch geraume Zeit dauern, bis die neuenBestimmungen endlich in Kraft treten konnten. Wichtigster Gund fürdiese Verzögerung des Gesetzgebungsprozesses war das Inkrafttreten derdemokratischen Verfassung Spaniens am 6. Dezember 1978.

Die neue Verfassung enthielt eine Vielzahl von Grundsatzentscheidun-gen, die auch auf die geplanten Versicherungsgesetze nicht ohne Auswir-kungen bleiben konnten. Neben den Art. 38, 41 und 51 der Verfassung, diesich mit dem freien Unternehmertum, dem System der sozialen Sicher-heit und dem Schutz des Verbrauchers befassen, waren es vor allem dieArt. 137ff., in denen das Verhältnis zwischen den autonomen Regionenund dem spanischen Staat geregelt wird, die für die Neuordnung derVersicherungsaufsicht von besonderer Bedeutung waren. Dies gibt An-laß, auf die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften im folgenden kurzeinzugehen.

bb) Die Entwicklung des Autonomiegedankens in Spanien

Nachdem die Verfassung der Zweiten Spanischen Republik im Jahre1931 erstmals die Möglichkeit geschaffen hatte, autonome Regionen zu

21 Vgl. dazu den Text des Gesetzesvorschlags in Boletin Oficial de las Cortes vom30.4. 1977.

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errichten22 , wurden am 15.9. 1932 die autonome Verfassung von Katalo-nien und am 6. 10. 1936 die autonome Verfassung des Baskenlandesverabschiedet.

Die sich aus der Existenz mehrerer bis zu einem gewissen Grad nichtvoneinander abhängiger Staatsgewalten zwangsläufig ergebenden Kom-petenzkonflikte wurden für das Gebiet der Versicherungsaufsicht durchdie Art. 9 und 15 der damaligen spanischen Verfassung sowie durch dieArt. 5 des katalonischen Autonomiestatuts und durch Art. 8 des Autono-miestatuts des Baskenlandes wie folgt gelöst: Der Zentralstaat behielt dieGesetzgebungskompetenz; die Befugnis zur Ausführung der Aufsichtsge-setze konnten die Regionen jedoch durch einfaches Gesetz auf sichüberleiten. Von dieser Möglichkeit machten beide autonome RegionenGebrauch 23 .

Mit der Machtübernahme Francos wurde den föderalistischen Ansätzender Verfassung jedoch im Jahre 1939 ein jähes Ende bereitet. Das Ley deOrdenaciön del Seguro Privado des Jahres 1954 sah zwar noch dieMöglichkeit vor, regionale Zweigstellen der zentralen Aufsichtsbehörde(Direcciön General de Seguros) in den einzelnen Landesteilen zu errich-ten. Von dieser Möglichkeit einer gewissen Dezentralisierung der Auf

-sichtsführung wurde aber kein Gebrauch gemacht'.

cc) Der Autonomiegedanke in der Verfassung des Jahres 1978

Erst in Art. 2 der Verfassung aus dem Jahre 1978 wurde das Gedanken-gut des Jahres 1931 wieder aufgegriffen und im 8. Titel zu einer umfassen-

den föderalistischen Verfassung verarbeitet.

In Kapitel 3 des 8. Verfassungstitels wird zunächst das Verfahren zurErrichtung autonomer Regionen geregelt. Im Anschluß daran umschreibtArt. 148.1 abschließend diejenigen Bereiche, in denen die zu errichtendenRegionen Kompetenzen mittels ausdrücklicher Bestimmungen in ihrenAutonomiestatuten an sich ziehen können. Das Versicherungsrechtbzw. die Versicherungsaufsicht finden in dieser Vorschrift jedoch keineErwähnung. Art. 148.1 Nr. 13 erwähnt ledgilich die Förderung der wirt-schaftlichen Entwicklung der Regionen26. Sodann grenzt Art. 149.1

22 Vgl. dazu die Präambel und Art. 1 der Verfassung vom 9. 12. 1931.23 Vgl. näher dazu Saura, Configuraciön juridico-politica de las autonomias

regionales en las Constituciones espanolas de 1931 y 1978, Alicante 1981, S. 62ff.

1 Vgl. dazu del Cano Escudero, a.a.O. (Anm. 9), S. 332ff.

25 Vgl. Art. 147.2d der Verfassung.

1 „Las Comunidades Autänomas podrän asumir competencias en las siguientesmaterias:... 13.a El fomento del desarrollo econömico de la Comunidad Autönomadentro de los objectivos marcados por la politica econömica nacional."

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diejenigen Gebiete ab, in denen dem spanischen Staat die ausschließlicheRegelungskompetenz zusteht. Gemäß Nr. 11 der bezeichneten Norm fälltdarunter auch der Bereich der grundlegenden Ordnung des Versiche-rungswesens (bases de la ordenaciön de credito, banca y seguros). DieseVorschrift ist wiederum im Zusammenhang mit Art. 149.3 der Verfassungzu lesen, welcher den Regionen die Befugnis einräumt, zusätzlich zu denin Art. 148 angesprochenen Kompetenzen, alle diejenigen Bereiche inihren Zuständigkeitsbereich einzuverleiben, welche durch die Verfassungnicht ausdrücklich der Zentralgewalt zugewiesen sind27 . Nur solange sievon dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen, gilt auch für diezwischen den Bereichen des Art. 148 und 149 liegenden Materien landes-einheitliches Recht.

Aus den vorstehend zitierten Vorschriften ergibt sich für das Gebiet derVersicherungsaufsicht somit eine Art Grundlagenzuständigkeit der Zen-tralgewalt, der, je nach regionaler Verfassung, entweder auch eineRestzuständigkeit der Zentralgewalt oder aber eine Restzuständigkeit derjeweiligen autonomen Region nachgeordnet ist. Dabei fällt auf, daß in derVerfassung nicht zwischen Gesetzgebungs- und Gesetzesausführungs-kompetenzen unterschieden wird.

Die in der Verfassung eingeräumte Möglichkeit zur Übernahme vonRegelungszuständigkeiten auf dem Gebiet der Versicherungsaufsichthaben die insgesamt 17 nach der Verabschiedung der Verfassung errichte-ten autonomen Regionen in unterschiedlicher Weise ausgenutzt. Es lassensich dabei drei Gruppen von Regionen unterscheiden:

(1) Insgesamt 8 Regionen nehmen die Befugnis zur Regelung derVerhältnisse der kleinen Gegenseitigkeitsversicherer (cooperativos,montepios, pösitos oder mutualidades no integrados en la seguridadsocial) für sich in Anspruch'. Diese Versicherungsunternehmen, die manauch als soziale Ergänzungsversicherer bezeichnen könnte, weisen eineganz eigene Tradition auf. Ihre Vorläufer, die sog. Cofradias undMontepios, deren Gegenstand die Hilfeleistung für Mitglieder in Krank

-heits- und Todesfällen war, lassen sich bis in die Regierungszeit derkatholischen Königin Isabella (1474-1504) zurückverfolgen. Im auslaufen-

27 „Las materias no atribuidas expresamente al Estado por esta Constituciönpodrän corresponder a las Comunidades Autönomas ....".

Vgl. dazu Art. 149.3 S. 2: La competencia sobre las materias que no se hayanasumido por los Estatutos de Autonomia corresponderä al Estado ... ".

29 Vgl. für das Baskenland: Art. 10.23 des Ley Orgänica 3 / 1979 vom 18. 12. 1979;für Katalonien: Art. 9.21 des Ley Orgänica 4 / 1979 vom 18. 12. 1979; für Galizien: Art.28.7 des Ley Orgänica 1/1981 vom 6.4. 1981; für Andalusien: Art. 13.20 des LeyOrgänica 6/1981 vom 30. 12. 1981; für Valencia: Art. 31.21 des Ley Orgänica 5/1982vom 1.7.1982; für die Kanarischen Inseln: Art. 34 B 2) des Ley Orgänica 10/1982 vom10.8. 1982; für Navarra: Art. 44.27 des Ley Orgänica 13 / 1982 vom 10.8. 1982; für dieBalearen: Art. 11.14 des Ley Orgänica 2/1983 vom 25.2. 1983.

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den 17. Jahrhundert zählte man in Spanien insgesamt etwa 20000 dieserOrganisationen. Nach ihrem vorübergehenden Verbot im 18. Jahrhundertentwickelten sie sich später zu einer wichtigen Ergänzung des in Spanienüber lange Zeit hinweg nur recht rudimentär ausgebildeten Systems dersozialen Sicherheit 30 . Sowohl das Versicherungsaufsichtsgesetz des Jah-res 1908 als auch das des Jahres 1954 nahmen diese Organisationenausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der allgemeinen Versiche-rungsaufsicht aus und unterwarfen sie lediglich einer eingeschränktenPublizitätspflicht 31 . Charakteristische Merkmale dieser Unternehmensind neben dem Betrieb des Versicherungsgeschäfts nach dem reinenGegenseitigkeitsprinzip, das vor allem eine Gewinnerzielungsabsichtausschließt, ein sowohl regional als auch sachlich eng begrenzter Tätig-keitsbereiche.

(2) Von den soeben genannten Regionen nehmen fünf über die bereitsgenannten Zuständigkeiten hinaus auch die allgemeine Befugnis zurKontrolle des Versicherungsgewerbes außerhalb der Grundlagenzustän-digkeit der Zentralregierung für sich in Anspruch.

(3)Die verbleibenden neun autonomen Regionen Asturien, Kantabrien,Murcia, Castilla-La Mancha, Castilla-Leon, La Rioja, Aragon, Extrema-dura und Madrid schließlich, haben bisher auf jegliche Zuständigkeit imRahmen der Versicherungsaufsicht verzichtet. Zu beachten ist allerdings,daß die Sperrfrist von fünf Jahren ab Inkrafttreten des jeweiligenAutonomiestatuts, welche Art. 148.2 der Verfassung für die Erweiterungregionaler Kompetenzen anordnet, mittlerweile für fast alle Regionenabgelaufen ist. Den zuletzt genannten Regionen steht es damit nunmehrfrei, ihre Zuständigkeiten auch auf das Gebiet der Versicherungsaufsichtauszudehnen. Die Autonomiestatuten der Regionen Castilla-Leon undCastilla-La Mancha enthalten bereits in ihren ursprünglichen Fassungeneinen Hinweis darauf, daß eine derartige Ausdehnung möglicherweisebeabsichtigt ist. Außerdem ist Art. 150 der Verfassung zu berücksichti-

30 Vgl. dazu Benitez de Lugo Reymundo, Tratato de Seguros, Madrid 1955, Bd. I,S. 115 ff.

31 Vgl. dazu Art. 3 des Ley de Registro e Inspecciön de Empresas de Seguros vom14.5. 1908 und Art. 2 d) des Ley de Ordenaciön del Seguro Privado vom 16. 12. 1954.

31 Vgl. dazu Art. 16.2 a), b), d) und Art. 16.3 des Ley sobre Ordenaciön del SeguroPrivado vom 2.8. 1984. Zur gegenwärtigen Bedeutung der Unternehmen und zursystematischen Einordnung ihrer Tätigkeit, vgl. Guardiola, La Ley de 2 de Agostode 1984 sobre ordenaciön del seguro privado: Una nueva etapa del mutualismo deprevision social, Revista Espanola de Seguros 1985, 71 ff.

33 Vgl. für das Baskenland: Art. 11.20; für Katalonien: Art. 10.1.4; für Andalusien:Art. 15.1 Nr. 3; für Valencia: Art. 32.1 Nr. 4 und für Navarra: Art. 57 e) der in Anm. 29zitierten Autonomiestatuten.

Vgl. dazu für Castilla-Leon Art. 29.1 Nr. 5 und 11 i. V. m. Art. 29.2 des LeyOrgänica 4/1983 vom 25.2.1983 und für Castilla-La Mancha Art. 35.1 d) und g) i. V. m.Art. 35.2 des Ley Orgänica 9/1982 vom 10.8. 1982.

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Grundzüge der spanischen Versicherungsaufsicht 417

gen, der in seinen Absätzen 1 und 2 dem spanischen Staat das Rechteinräumt, Kompetenzen auf die einzelnen Regionen zu delegieren.

Aus dem dargestellten Nebeneinander von zentralstaatlichen undregionalen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen ergeben sichmehrere gewichtige Abgrenzungsfragen, von denen die praktisch bedeut-samsten im folgenden kurz angeschnitten werden sollen.

Zum einen fragt sich, was Art. 149 der Verfassung und die daraufbezugnehmenden Bestimmungen der Autonomiestatuten unter demBegriff „bases de la ordenaciön" verstehen. Je nachdem wie man dieseFrage beantwortet, ergibt sich ein deutlich unterschiedlicher Verlauf derGrenzlinie zwischen den Kompetenzbereichen des spanischen Staatesund der autonomen Regionen auf dem Gebiet der Versicherungsaufsicht.Das zweite Problem ergibt sich daraus, daß diejenigen Regionen, welcheKompetenzen im Bereich der Beaufsichtigung der kleinen Gegenseitig-keitsversicherer für sich in Anspruch nehmen, dies regelmäßig in derForm machen, daß sie sich in ihren Autonomiestatuten die ausschließli-che Kompetenz (competencia exclusiva) für diesen Bereich zuweisen.Hieraus folgt die Frage, inwieweit neben einer solchen ausschließlichenZuständigkeit der jeweiligen Region in diesem Bereich noch Raum ist fürdie Grundlagenzuständigkeit des spanischen Staates, welche diesem inArt. 149.1, 11 ausdrücklich eingeräumt wird.

Da diese Fragen selbst in der spanischen Literatur noch nicht abschlie-ßend geklärt sind und eine Stellungnahme hierzu nicht ohne einetiefschürfende Analyse der spanischen Verfassungsgeschichte und Ver-fassungsrechtsprechung möglich ist, soll es hier genügen, auf die Existenzdieser Abgrenzungsprobleme hinzuweisen'.

c) Der Abschluß der Reformarbeiten

Ausgehend von der durch die Verfassung neu geschaffenen Basis einerdemokratischen und förderalistischen Staatsordnung bestand die Aufga-be der Reformer nun in erster Linie darin, die vorhandenen Reformpro-jekte mit den veränderten verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklangzu bringen. Da das demokratische Spanien im Hinblick auf die voran-schreitende europäische Integration nicht im Abseits stehen wollte, galtes aber auch, die Normen des nationalen Rechts so weit an die Rechtslagein den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft anzugleichen, daß

' Vgl. dazu etwa Art. 10 Nr. 23 des baskischen Autonomiestatus: „La ComunidadAutönoma del Pais Vasco tiene comptencia exclusiva en las siguientes materias:..23. Cooperativas, Mutualidades no integradas en la Seguridad Social y Pösitos,conforme a la legislaciön general en materia mercantil".

Zur Vertiefung vgl. Tirado Sudrez, a.a.O. (Anm. 7), S. 195ff. m.w.N.

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418 Helmut Neeb

der ins Auge gefaßte Beitritt zur Gemeinschaft später ohne weiterenAufwand würde vollzogen werden können.

Auf dem Gebiet des Versicherungsvertragsrechts erfolgte die notwendi-ge Angleichung durch das am 8. 10. 1980 in Kraft getretene Versicherungs-vertragsgesetz (Ley de Contrato de Seguro) 37 . Für das Versicherungsauf-sichtsrecht unterbreitete der Ministerrat (Consejo de Ministros) demParlament nach sorgfältiger Vorbereitung am 5. 6. 1981 einen Gesetzes

-vorschlag, der alle genannten Zielvorgaben berücksichtigte'. Die Bera-tungen über diesen Vorschlag zogen sich allerdings länger hin als geplantund wurden durch den Regierungswechsel im Herbst 1982 schließlichganz unterbrochen. Um die Beitrittsverhandlungen mit der EG nicht zubelasten und die Neuordnung des Versicherungsmarktes voranzutreiben,wurde es daher notwendig, die neuen Solvabilitätsvorschriften, die einenwichtigen Bestandteil des Gesetzes bildeten, aus diesem auszugliedernund im Rahmen einer Sofortmaßnahme als königliches Dekret Nr.3051 / 1982 am 15. 10. 1982 in Kraft zu setzen-'.

Die neu gewählte sozialistische Regierung setzte den Gesetzgebungs-prozeß alsbald aufgrund nochmals überarbeiteter Reformentwürfe er-neut in Gang. Am 21.9. 1983 wurde ein Gesetzesvorschlag ins Parlamenteingebracht, der sich weitestgehend an den Vorschlag des Jahres 1981anlehnte40 . In den sich anschließenden heftigen parlamentarischen De-batten trat insbesondere die baskische Nationalpartei hervor. Sie lehntedas Gesetz grundsätzlich ab, weil es nach ihrer Ansicht die Eigenständig-keit der autonomen Regionen nicht genügend berücksichtigte41 . Nachdrei Lesungen wurde das Gesetz in einer außerordentlichen Sitzung desParlaments am 26.7. 1984 dann aber schließlich doch verabschiedet. Mitder Gegenzeichnung durch den spanischen König trat es am 2. August1984 in Kraft 42 .

Kurz vor dem Inkrafttreten des Gesetzes war allerdings eine weitereSofortmaßnahme in Form des königlichen Dekrets Nr. 10 / 1984 erforder-

37 Vgl. Boletin Oficial del Estado vom 17. 10. 1980.38 Vgl. Boletin Oficial de las Cortes Generales — Congreso de los Diputados I.

Legislatura, Serie A vom 5.6. 1981.

39 Vg. Boletin Oficial del Estado vom 19. 11. 1982. Die Möglichkeit zum Erlaß vonDekretgesetzen (Decretos-leyes) wird der spanischen Regierung in Art. 86 derVerfassung eingeräumt. Voraussetzung für eine solche Notmaßnahme ist dasVorliegen außerordentlicher und dringlicher Gründe, vgl. Art. 86.1: „En caso deextaordinaria y urgente necesidad, ... .

40 Vgl. Boletin Oficial de las Cortes Generales, Congreso de los Diputados vom21. 9. 1983.

" Vgl. dazu etwa die Einwendung (enmienda) Nr. 101 gegen den Gesetzesvor-schlag, abgedruckt in Boletin Official de las Cortes Generales, Senado, H. Legislatu-ra vom 14.6. 1984. Zum Verlauf der Gesetzesdebatten im einzelnen, vgl. TiradoSudrez, a.a.O. (Anm. 7), S. 31 ff.

42 Vgl. Boletin Official del Estado vom 4. 8. 1984.

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lich geworden. Durch dieses Dekret, dessen Fortgeltung in der Disposi-ciön Derogatoria Nr. 2b des Ley sobre Ordenaciön del Seguro Privadobestätigt wurde, wurde eine Liquidationskommission für Versicherungs-gesellschaften (Comisiön Liquidadora de Entidades Aseguradoras) in derRechtsform einer öffentlichrechtlichen Körperschaft errichtet, mit derenHilfe es möglich werden sollte, den unmittelbar drohenden Konkursmehrerer Versicherungsunternehmen in geordnete Bahnen zu lenken43

M. Die gegenwärtige Situation

1. Das Ley sobre Ordenaciön del Seguro Privado vom 2.8.1984

Das mit der Zielsetzung einer Neuordnung des spanischen Versiche-rungsmarktes am 2.8. 1984 in Kraft getretene Ley sobre Ordenaciön delSeguro Privado besteht aus 9 Kapiteln mit insgesamt 49 Artikeln, 8Schlußbestimmungen (Disposiciones Finales), 8 Überleitungsbestimmun-gen (Disposiciones Transitoriales), 3 Zusatzbestimmungen (DisposicionesAdicionales) sowie einer abschließenden Bestimmung, die das Verhältnisdes neuen Gesetzes zu den bereits in Kraft befindlichen Normen desVersicherungsaufsichtsrechts regelt (Disposiciön Derogatoria).

Die meisten dieser Vorschriften befinden sich im Einklang mit deninternational anerkannten Grundsätzen moderner Versicherungsauf-sicht. Wie nicht anders zu erwarten bestehen dabei, bedingt durch dieRechtsangleichung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, sowohl imRahmen des Zulassungsrechts als auch auf dem Gebiet der Aufsicht überden laufenden Geschäftsbetrieb, kaum nennenswerte Unterschiede zurdeutschen Rechtslage.

Die folgenden Ausführungen können sich somit ohne weiteres aufdiejenigen Bereiche beschränken, die aufgrund der historischen undstaatsorganisationsrechtlichen Besonderheiten Spaniens einer näherenBetrachtung bedürfen.

2. Der Umfang der Versicherungsaufsicht

a) Die Abgrenzung von Sozial- und Privatversicherung

Die erste Grundsatzentscheidung im Hinblick auf den Umfang derVersicherungsaufsicht in Spanien trifft Art. 1.3 des Ley sobre Ordenaciöndel Seguro Privado, indem er anordnet, daß der Bereich der sozialen

43 Vgl. dazu die Motive und den Text des Dekrets Nr. 10/1984 v. 11.7. 1984,abgedruckt in Boletin Oficial del Estado vom 14.7. 1984.

Zum weiteren Inhalt des Gesetzes, vgl. den zusammenfassenden Überblick beiBossier, a.a.O. (Anm. 2).

27 Zeitschr. f. d. ges. Versicherungsw. 3

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420 Helmut Neeb

Pflichtversicherung durch das Gesetz nicht erfaßt wird45 . Damit ziehtauch der spanische Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den internatio-nalen Gepflogenheiten eine deutliche Grenze zwischen den Gebieten derSozialversicherung und der privaten Individualversicherung.

Allerdings sind in diesem Zusammenhang mehrere nationale Besonder-heiten zu beachten. Zunächst erfaßt die erwähnte Ausschlußregelungnicht die bereits angesprochene Gruppe der sozialen Ergänzungsversi-cherer in der Form des kleinen Gegenseitigkeitsvereins 47 . Mit diesenUnternehmen befaßt sich das Gesetz gesondert in seinem 4. Kapitel(Art. 16 bis 21), wo vor allem die allgemein geltenden finanziellenZulassungsvoraussetzungen durch deutlich günstigere Vorschriften er-setzt werden, um die Zulassung dieser Gesellschaften zu erleichtern. Dieübrigen Vorschriften des Gesetzes gelten daneben gemäß Art. 18 nurdann, wenn nicht die autonomen Regionen das Recht zur Beaufsichtigungdieser Unternehmen in ihren Autonomiestatuten auf sich gezogen ha-ben48 .

Versicherungsunternehmen, die ausschließlich Leistungen im Rahmender sozialen Pflichtversicherung erbringen, bleiben demgegenüber ausdem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen. Um diese strikteTrennung zwischen den Bereichen der sozialen Pflichtversicherungeinerseits und der privaten Ergänzungsversicherung andererseits auch inder Praxis durchführen zu können, werden diejenigen Unternehmen, diebisher sowohl Leistungen im Rahmen der sozialen Pflichtversicherung alsauch diese Leistungen ergänzende Dienste erbrachten, gezwungen, beideGeschäftsbereiche in Zukunft organisatorisch vollständig zu trennen undden für den jeweiligen Geschäftsbereich vorhandenen Aufsichtshierar-chien zu unterstellen49 .

Die Trennung zwischen privater Individualversicherung und Sozialver-sicherung erfolgt in Spanien somit in zwei Stufen. Auf unterster Ebenestehen diejenigen Unternehmen, die Leistungen im Rahmen der sozialenPflichtversicherung erbringen und damit, ebenso wie die öffentlichen

45 Art. 1.3: „No serän objeto de la presente Ley los sistemas de prevision queconstituyan la Seguridad Social obligatoria".

1 Vgl. zur Situation in der Bundesrepublik Prölss- Schmidt, VAG, 9. Aufl.München 1983, Vorbem. 17f. und zur Situation in den USA Neeb, a.a.O. (Anm. 1),S. 10 ff.

Vgl. zu diesen oben II.4.b) cc).

'a Dies ist allerdings nur möglich, wenn der Geschäftsbereich der Unternehmenauf das Gebiet einer Region beschränkt ist. Vgl. dazu noch unter 3.

49 Vgl. dazu Schlußbestimmung (Disposiciön Final) Nr. 2: „Las Entidades dePrevision Social ... que realicen actividades u otorguen prestaciones ademäs de lassustitutorias de la Seguridad Social, deberän establecer la seperaciön ... de losrecursos y patrimonios afectos a las prestaciones de Seguridad Social, a la que laentidad sustituye, de los afectos a la Prevision Social voluntaria".

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Sozialversicherungsprogramme, nicht der Versicherungsaufsicht unter-liegen. Sodann folgen die sozialen Ergänzungsversicherer mit den obenerwähnten aufsichtsrechtlichen Besonderheiten. Auf oberster Stufeschließlich stehen alle übrigen privaten Versicherungsunternehmen, diein jeder Hinsicht der Aufsicht nach dem neuen Gesetz unterworfen sind.

b) Der konkrete Anwendungsbereich des Gesetzes

Der weitere Geltungsbereich des allgemeinen Versicherungsaufsichts-rechts innerhalb des soeben umschriebenen Rahmens wird durch dieArt. 2 bis 5 des Gesetzes bestimmt. Neben den Versicherungsunterneh-men selbst werden zunächst auch sämtliche mit Geschäftsführungsbefug-nissen ausgestattete Personen der Versicherungsaufsicht unterworfen.Im Gegensatz zur deutschen Rechtslage gilt das Gesetz aber auch —subsidiär nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Regelungen — für dieBerufsgruppen der Versicherungsvermittler (agentes y corredores), Scha-densachverständigen (peritos-tasadores) und Havarieliquidatoren (liqui-dadores de averias).

Für Versicherungsunternehmen, die dem beherrschenden Einfluß deröffentlichen Hand unterliegen, erklärt Art. 4.2 das Gesetz im Hinblick aufdie von allen Unternehmen zu bildenden Reserven und Rückstellungensowie deren Überprüfung für direkt, im übrigen dagegen für nur subsidiäranwendbar.

3. Die Verteilung der Aufsichtskompetenzen

In Anknüpfung an die bereits beschriebenen verfassungsrechtlichenVorgaben regelt das Gesetz in seinen Art. 18, 21 und 39 sowie in der erstenSchlußbestimmung (Disposiciön Final) die Verteilung der Aufsichtskom-petenzen zwischen dem spanischen Staat und den autonomen Regionenauf der Ebene des einfachen Rechts.

Auszugehen ist dabei von der zuletzt genannten Bestimmung, welcheden Inhalt des Gesetzes grundsätzlich zu Grundlagen der Versicherungs-aufsicht (bases de la ordenaciön de los seguros privados) im Sinne derVerfassung erhebt und ihn damit der Regelungskompetenz der autono-men Regionen entzieht. Von diesem Grundsatz bleiben ausgenommen:Die Regeln über die Pflicht zur Vorlage von Vertragsmustern (modelos depölizas), Kalkulationsgrundsätzen (bases tecnicas) und Tarifen (tarifas deprimas); die Vorschriften über den Ort, an dem die Geschäftsunterlagenaufzubewahren sind und der als Zustellungsadresse für aufsichtsbehördli-ehe Verfügungen gilt; die Bestimmungen über die Folgen von Deckungs-lücken bei den gesetzlichen Reserven und über das Verbot zur Gewinn-ausschüttung während der ersten drei Geschäftsjahre; die Bestimmungenüber die privaten Schiedskommissionen und das Beschwerderecht der

27*

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Versicherungsnehmer zum Wirtschafts- und Finanzminister; die Vor-schriften über das Verhältnis von Eigenbehalt zu in Rückdeckung

gegebenem Geschäft; die Bestimmungen über die öffentlichen Registerder Versicherungsunternehmen und der in der Versicherungswirtschafttätigen Personen; die Vorschriften über die Zusammenarbeit der Auf-sichtsverwaltung mit den Unternehmensverbänden und berufsständi-schen Vereinigungen und schließlich die Bestimmungen über den Versi-cherungsbeirat (Junta Consultiva de Seguros) 50

Nur in den soeben aufgezählten Bereichen können diejenigen autono-men Regionen, die durch ihre Autonomiestatuten Befugnisse zur Beauf-sichtigung des Versicherungsgewerbes im Allgemeinen auf sich überge-leitet haben 51 , somit von der durch das Gesetz vorgegebenen Rechtslageabweichende Regelungen treffen.

Wesentlich weiter gehen die Rechte der angesprochenen Regionendagegen im Hinblick auf Erstversicherer und auf soziale Ergänzungsver-sicherer, deren Geschäftsbereich räumlich auf das Gebiet einer Regionbeschränkt ist. Für die erstgenannten Unternehmen steht den Regionendas Recht zu, die im Ley sobre Ordenaciön del Seguro Privado enthalte-nen Vorschriften durch eigene Normen näher zu konkretisieren unddurch die regional zuständigen Behörden ausführen zu lassen52 . DieZulassung neuer Unternehmen liegt allerdings in der Hand der zentralenVersicherungsaufsichtsbehörde 53

In bezug auf die sozialen Ergänzungsversicherer mit beschränktemGeschäftsbereich ist die Gesetzgebungs- und Aufsichtsführungsbefugnisder betreffenden Regionen gar nur dadurch beschränkt, daß sie in den vonihnen zu erlassenden und die Verhältnisse dieser Unternehmen regelndenNormen die in Kapitel 4 des Gesetzes niedergelegten Prinzipien zubeachten haben5°. Auch die Zulassung neuer Unternehmen erfolgt indiesem Fall durch die regionalen Behörden.

50 Vgl. Schiußbestmmung (Disposiciön Final) Nr. 1.1 i. V. m. Art. 23.4, 5 und 6;Art. 34; Art. 35.2 und 3; Art. 38.1; Art. 40; Art. 47; Art. 48.2 und Art. 49.

51 Vgl. zu diesen oben, Anm. 33.52 Vgl. Art. 39.2: „Las Comunidades Autönomas ... tendrän competencia para el

desarrollo legislativo y la execuciön ... de las bases de ordenaciön de los segurosprivados contenidas en esta Ley y disposiciones bäsicas que la completen, respectode las entidades de seguro directo cuyo domicilio social, ämbito de operaciones ylocalization de los riesgos que aseguren se limiten al territorio de la comunidad".

53 Vgl. Art. 39.4 S. 1.

1 Vgl. Art. 39.3 i. V. m. Art. 18.1., 21: „En cuanto a las cooperativas de seguros ymontepios o mutualidades de Prevision Social no integrados en la Seguridad Socialy con el ämbito indicado en el nümero anterior, respecto de los cuales lasComunidades Autönomas hayan asumido en sus Estatutos competencia exclusiva,corresponderä a estas dictar normas para su regulation, respetando las bases deordenaciön de la actividad aseguradora, y ejercer las facultades administrativascorrespondientes".

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Um die nationale Einheitlichkeit der Aufsichtsführung zu gewährlei-sten, sind alle Aufsichtsbehörden zur engen Zusammenarbeit und zurErstellung gemeinsamer Statistiken verpflichtet.

4. Der Aufbau der zentralen Aufsichtsverwaltung

Die dem spanischen Staat auf dem Gebiet der Versicherungsaufsichtzustehenden Verwaltungskompetenzen sind nach dem Plan des Gesetzesdem Geschäftsbereich des Wirtschafts- und Finanzministeriums (Ministe-rio de la Economia y Hacienda) zugeordnet 57 . Dieses bedient sich zurkonkreten Erfüllung seiner Aufgaben der Direcciön General de Seguros.Wichtigster Bestandteil der Direcciön General ist der sog. Cuerpo Tecnicode Inspecciön de Seguros y Ahorro, der jetzt die Bezeichnung CuerpoSuperior de Inspectores de Finanzas del Estado trägt und für dieSolvabilitätsprüfung der Versicherungsunternehmen zuständig ist. Au-ßerdem kann das Ministerium sich der Dienste eines Versicherungsbei-rats (Junta Consultiva de Seguros) bedienen, dessen Aufgaben undZusammensetzung im wesentlichen denen des bundesdeutschen Versi-cherungsbeirats entsprechen59 .

IV. Schlußbetrachtung

Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich die Grundstrukturen derVersicherungsaufsicht in Spanien und in der Bundesrepublik Deutsch-land in weit größerem Umfange ähneln, als dies im Hinblick auf dieeuropäische Rechtsvereinheitlichung ohnehin zu erwarten war.

Das erste hervorragende Datum in der Entwicklungsgeschichte derspanischen Versicherungsaufsicht, nämlich das Jahr 1908 als Jahr desInkrafttretens des ersten spanischen Versicherungsaufsichtsgesetzes,weicht nur unwesentlich von dem das Inkrafttreten des ersten deutschenVersicherungsaufsichtsgesetzes kennzeichnenden Jahr 1901 ab. In derFolgezeit war das spanische Aufsichtssystem durch den ständigen Kampfgegen die veralteten Strukturen der spanischen Wirtschaft und durch dieprotektionistischen und interventionistischen Tendenzen der Franco-Zeitzwar in vielfältiger Hinsicht eigenen Einflüssen unterworfen; diese Phaseder Abschottung des spanischen Marktes gehört jedoch der Vergangen-heit an.

1 Vgl. Art. 39.4 S. 2.

56 Vgl. Art. 39.4 S. 3.

51 Vgl. Art. 39.1.

Vgl. Art. 46.1 i. V. m. Schlußbestimmung (Disposiciön Final) Nr. 8.

59 Vgl. Art. 49.

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Mit dem Erlaß des Ley sobre Ordenaciön del Seguro Privado im Jahre1984 hat Spanien den Anschluß an den internationalen Standard derVersicherungsaufsicht gefunden. Dabei ist es dem Gesetzgeber gelungen,das in der neuen demokratischen Verfassung verankerte föderalistischeGedankengut in einer Weise in den Grundsätzen der spanischen Versiche-rungsaufsicht zu verankern, die sowohl den Interessen des spanischenStaates als auch denen der autonomen Regionen gerecht wird. Der damitgefundene Kompromiß enthält eine Lösung, die, obwohl auf die besonde-ren Strukturen des spanischen Sozialversicherungssystems Rücksicht zunehmen war, eine Verteilung der Aufsichtskompetenzen zwischen deneinzelnen Trägern hoheitlicher Gewalt vorsieht, die in weiten Bereichenan die im deutschen Recht durch die §§ 2ff. BAG festgelegte Kompetenz-verteilung erinnert 6O.

80 Dagegen unterscheidet sich das spanische Aufsichtssystem in dieser Hinsichtgrundlegend vom amerikanischen, welches das föderalistische Gedankengut deramerikanischen Verfassung in einer völlig anderen Weise verarbeitet hat, vgl. dazuNeeb, a.a.O. (Anm. 1), S. 123ff.


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