Befreit: In Zeiten von Open Access müssen die Verlage ihre Geschäfts-modelle umstellen.10
18 Schlummern zwischen Himmel und Erde Fregattvögel dösen problemlos in der Luft, ohne abzustürzen. Und
während ihrer tagelangen Flüge über dem offenen Ozean kommen sie insgesamt mit extrem wenig Schlaf aus. Ein Team um Niels Rattenborg vom Max-Planck-Institut für Ornithologie hat erstmals nachge wiesen, dass Vögel im Schlafmodus fliegen können.
26 Metronome, die den Tag regieren Ludwig II. regierte nachts und schlief am Tag. Litt der bayerische
Märchenkönig unter einer Störung, die seinen Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbrachte? Darüber kann auch Gregor Eichele nur spekulie-ren. Aber er und sein Team am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie haben viele neue Erkenntnisse über die natürlichen Taktgeber unseres Körpers gewonnen.
32 Wenn das Gehirn auf Stand-by schaltet Ist man unausgeschlafen, sieht die Welt oft ziemlich trist aus. Wenn
die Müdigkeit lange anhält, kann die trübe Stimmung krankhaft und zu einer Depression werden. Umgekehrt gehen Depressionen häufig mit massiven Schlafstörungen einher. Axel Steiger und seine Kollegen untersuchen am Max-Planck-Institut für Psychiatrie den Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Depression.
Inhalt
18
ZUM TITEL Schlaf ist ein Grundbedürfnis und etwa für das Lernen und Erinnern uner-lässlich. Innere Uhren im Körper steuern den Tag-Nacht-Rhythmus und beein flussen dabei das Verlangen nach Ruhe – bei Menschen ebenso wie bei vielen Tieren.
PERSPEKTIVEN
06 Unter freiem Himmel
06 Die Sinne des Lebens
07 „Eigentlich hätten wir gern weitergemacht!”
08 Tierversuche verstehen
08 Angestiftet
09 Doppelter Karrierestart
09 Ins Netz gegangen
ZUR SACHE
10 EinUpdatefürOpenAccess Die Welt des Publizierens hat sich
mit dem Siegeszug des Internets dramatisch verändert. Es ist an der Zeit, dass die Verlage ihre Ge-schäftsmodelle überdenken.
FOKUS
18 Schlummern zwischen Himmel und Erde
26 Metronome, die den Tag regieren
32 Wenn das Gehirn auf Stand-by schaltet
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SCHLAF
4 MaxPlanckForschung 3 | 16
SPEKTRUM
40 ErdähnlicherPlanetbeiProximaCentauri
40 MassenpanikimComputer
41 WörtersindkeinZufall
41 LockstoffeimFliegenkot
41 WiderstandskrafthatihrenPreis
42 HologrammemitSchall
42 GutundBöseimGehirn
43 KohlmeisenaufdemLand sindfitter
43 Spiralenhelfenbeider Planetengeburt
44 WarmesMittelmeerlässtSahel ergrünen
44 EinQuantenprozessorfür einzelnePhotonen
45 MikrorobotermitMagnetantrieb
45 SchlupflochfürTumore
45 KlischeesüberNationensteuern unserHandeln
PHYSIK&ASTRONOMIE
46 DerArchäologedesUniversums ZurPerson:JoeHennawi
MATERIAL&TECHNIK
54 MikrobootekommeninFahrt MedikamentemiteinemMikro-oder
garNanofrachterdirektzueinemKrankheitsherdzutransportieren,könntedieBehandlungsomancherKrankheiterleichtern.ForscherentwickelnwinzigeRoboter,diedaseinesTagesermöglichensollen.
UMWELT&KLIMA
62 HeißeLuftimOrient DerNaheOstenundNordafrika
werdenvonbewaffnetenKonfliktenundpolitischenKrisenerschüttert.Dochselbstwenndiesegelöstwürden,dürftenvieleMenschendortbaldgezwungensein,ihreHeimatzuverlassen:WissenschaftlerprognostiziereneinendrastischenKlimawandelundzunehmendeLuftverschmutzung.
KULTUR&GESELLSCHAFT
70 EinMeervonVerbindungen LangewarenSchiffedieschnellsten
Verkehrsmittel,undsiekonntenMenschenundGüteringroßerZahltransportieren.SowurdenMeerezumKontakt-undHandelsraumfürunterschiedlicheNationen,undüberdasWasserhinweghabensichvielfältigeNetzwerkeentwickelt.
RUBRIKEN
03 OrtederForschung16 PostausdemNordatlantik AufKursbeiWindundWellen
78 Rückblende Kohle–flüssiggemacht
80 Neuerschienen80 LotharKrappmann,ChristianPetry,
WoraufKinderundJugendlicheeinRechthaben
81 ElizabethKolbert, DassechsteSterben82 JulianBaggini,Ichdenke,alsowillich
83 Standorte83 Impressum
TECHMAX
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Begeistert:FürJoeHennawiistdieKosmologiederspannendsteWissenschaftszweigüberhaupt.46 Bewegt:Forschermanövrieren
MikroschwimmerwiediesendurchbiologischeFlüssigkeiten.
54 Bedrängt:ImNahenOstenmachenHitzeundTrockenheitdenMenschenimmermehrzuschaffen.62
3 | 16MaxPlanckForschung5
MoleküleaufderZunge–wiediePhysikdasEssenerforscht
N E U G I E R I G A U F W I S S E N S C H A F T
Ausgabe 023 / / Sommer 2016
Ausgabe 023 / / Sommer 2016
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Essengehen mit Thomas Vilgis ist ein besonderes Erlebnis.
Schnell ist man bei der Frage, wie Mundgefühl, Geschmack
und Aromen entstehen. Was passiert beim Kauen? Wie
brechen dabei Strukturen aus großen Molekülen auf und
setzen Aromen frei? Bei dem Mainzer Physikprofessor und
Max-Planck-Forscher lernt man: Die Eigenschaften von
Nahrung sind ganz direkt mit der Nanowelt der Moleküle
verknüpft. Dabei spielt verblüffend viel Physik mit. Aller-
dings sind Käse, Nudeln, Schokolade, Gemüse oder Fleisch
ziemlich komplexe Materialien. Bei ihrer Erforschung kann
die Physik jedoch eine Stärke ausspielen: das geschickte
Vereinfachen. Damit kann sie komplexe Nahrungsmittel in
verständliche Grundelemente zerlegen. Moleküle bestimmen den Unterschied zwischen einem zartem und
einem zähen Filet, den Schmelz von Schokolade und viele andere
physikalische Eigenschaften von Nahrungsmitteln. Darum geht
es in Thomas Vilgis‘ Forschungsgebiet „Food Physics“, also der
Physik des Essens. Sein Team forscht am Max-Planck-Institut für
Polymerforschung in Mainz. Kocht es auch im Labor? Diese Frage bringt Birgitta Zielbauer zum Lachen. „Leider nicht“,
antwortet sie: „Wir gehen wie alle in der Mensa essen.“ Die pro-
movierte Physikerin ist Laborleiterin im Team und Expertin für das
Enträtseln molekularer Vorgänge. Dazu setzen Zielbauer und ihre
Teamkollegen verschiedenste Labormethoden ein. Mikroskopische
Techniken zählen zum Beispiel dazu, die mit Röntgenstrahlen, Elek-
tronen und Neutronen selbst einzelne Moleküle sichtbar machen
können. „Fast alle diese Methoden haben wir im Haus“, schwärmt
die Experimentalphysikerin. Allerdings bedarf es einer guten
Theorie, um die Resultate der Experimente richtig zu interpretieren.Schauen wir uns einige Grundbestandteile von Essen an: Unser
Körper benötigt zum Beispiel Proteine für das Muskelwachstum,
sie liefern zudem Energie. Hinzu kommen reine Energiespeicher-
Moleküle, wie die Kohlenhydrate Zucker und Stärke, die Pflanzen
durch Photosynthese herstellen. Am meisten verwertbare Energie
speichern die Fette. Je nach Zusammensetzung kann ein Gramm
Fett einen „Brennwert“ von bis zu 40 Kilojoule erreichen1. Der
Brennwert beschreibt die Energie, die der Stoffwechsel unseres
Körpers aus einem Stoff gewinnen kann. Kohlenhydrate und Protei-
ne kommen pro Gramm auf ungefähr 17 Kilojoule, Alkohol (Ethanol)
sogar auf fast 30 Kilojoule.
Weitgehend unverdauliche Ballaststoffe haben nur einen gerin-
gen Anteil verwertbarer Energie. Sie geben uns aber im Wort-
sinne zu beißen. Dazu zählt Cellulose, deren reißfeste Fasern
den Pflanzenzellen Halt geben. Eine vergleichbare Funktion in
tierischem Gewebe hat Collagen. Es bildet ein sehr stabiles Netz-
werk. Solche Riesenmoleküle machen manche rohe Nahrung zäh,
1. Brennwertangaben in der Nährwertkennzeichnung der EU, siehe z. B. https://de.wikipedia.org/wiki/Physiologischer_Brennwert
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nMoleküle auf der Zunge – wie die Physik das Essen erforscht
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