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1 EinfĂŒhrung in die Allgemeine Chemie
Chemische Grundgesetze â Historischer RĂŒckblick . . . 3 | Aufbau
der Atome . . . 5 | Periodensystem der Elemente (PSE) . . . 13 |
Chemische Bindung . . . 17
1.1 Chemische Grundgesetze â Historischer RĂŒckblick
Als der russischeGelehrteM.Lomonossow (â) unddann der französischeChemiker A.L. Lavoisier (â) bei ihren Untersuchungen ĂŒber die Verbrennungdie VorgĂ€nge mit der Waage quantitativ verfolgten, trat in der Chemie die messende undquantitative Fragestellung in denVordergrund. Lomonossow und Lavoisier entdeckten un-abhĂ€ngig voneinander das Gesetz von der Erhaltung der Masse ().
. MERKE Bei allen chemischen Umsetzungen bleibt die Gesamtmasse der Reaktionsteilneh-mer erhalten.
Aufgrund desMasse-Energie-Ăquivalenz-Gesetzes E = m â c2 von Albert Einstein (â) weiĂ man heute, dass das vorstehende Gesetz nur ein Grenzfall des allgemeinenPrinzips von der Erhaltung der Energie ist.
Durch Zusammenfassung zahlreicher quantitativer Untersuchungsergebnisse for-mulierte dann Ende des . Jahrhunderts der französische Chemiker Joseph-LouisProust (â) das erste chemische Grundgesetz, das Gesetz von den konstantenProportionen ().
. MERKE Zwei oder mehrere Elemente treten in einer Verbindung stets in einem konstantenGewichtsverhÀltnis zusammen.
Das zweite chemische Grundgesetz, das Gesetz von den multiplen Proportionen ()von John Dalton (â), stellt eine Erweiterung des ersten dar. Es berĂŒcksichtigt dieMöglichkeit, dass zwei Elementemehrere verschiedeneVerbindungen miteinander bildenkönnen. fassteDalton diese Gesetze zu seinerAtomhypothese zusammen.
. MERKE Bilden zwei Elemente mehrere Verbindungen miteinander, so stehen die Ge-wichtsverhÀltnisse, die die Elemente in den einzelnen Verbindungenmiteinander bilden,im VerhÀltnis kleiner ganzer Zahlen.
4 1.1 Chemische Grundgesetze â Historischer RĂŒckblick
. MERKE Jede Materie ist aus kleinsten, nicht weiter zerlegbaren Teilchen aufgebaut, dieAtome genannt werden. Alle Atome eines chemischen Elements sind untereinandergleich. Atome verschiedener Elemente unterscheiden sich durch ihre Masse und GröĂe.Bei chemischen Reaktionen verbinden sich die Atome verschiedener Elemente in kleinen,ganzzahligen VerhĂ€ltnissen zu Verbindungen, die entweder aus kleinen Einheiten â denMolekĂŒlen â oder ausgedehnten VerbĂ€nden wie z. B. den Salzen bestehen.
Der direkte Beweis der Atomhypothese ist heute u. a. durch die hochauflösende Elektro-nenmikroskopie möglich, derenAuflösung im Bereichder Atomdurchmesser liegt, sodassman bei geeigneter Blickrichtung die Projektion der Atompositionen in einem Kristallerkennen kann.
Die heute ĂŒbliche Bezeichnung der Atome durch Buchstabensymbole und deren Kom-bination zu Verbindungsformeln, in denen die AtomverhĂ€ltnisse durch Indizes wiederge-geben werden, geht auf J. J. Berzelius (â) zurĂŒck, der sie vorschlug.
DerNachweis vonMolekĂŒlenwurde bereits durch den italienischenPhysikerAma-deo Avogadro (â) erbracht. Er stellte aufgrund von Untersuchungen an Gasen dienach ihm benannte Hypothese auf.
. MERKE Gase bestehen aus MolekĂŒlen oder einzelnen Atomen. Gleiche Gasvoluminaenthalten bei gleichem Druck und gleicher Temperatur die gleiche Anzahl von Teilchen.
Erst diese Erkenntnis gestattete das Aufstellen sinnvoller Formeln und Reaktionsgleichun-gen und damit auch die Ermittlung relativerAtommassen. Diese wurden zunĂ€chst auf denWasserstoff als leichtestes Atom bezogen, dessen Masse gleich 1,0000 gesetzt wurde. DaSauerstoffverbindungen hĂ€ufiger als Wasserstoffverbindungen auftreten, wurde spĂ€ter diegleich 16,0000 gesetzteMasse von Sauerstoff als BezugsgröĂe gewĂ€hlt. Heute beziehen sichdie relativenAtommassenauf die gleich 12,0000 gesetzteMasse des Kohlenstoffisotops C(7Kap. .., S. ). Als Einheit fĂŒr die Stoffmenge in Gramm wurde dasMol eingefĂŒhrt.
. MERKE 1Mol ist diejenige Stoffmenge, die aus genauso vielen Teilchen besteht, wie Atomein 12,000g des Kohlenstoffnuklids 12C enthalten sind. Teilchen können dabei z. B. Atome,MolekĂŒle, Ionen oder Elektronen sein.
Die zugehörige Anzahl Teilchen wird als Avogadroâsche Zahl oder auch als Loschmidtâ-sche Zahl NA bezeichnet (NA = 6,022142 â 1023 ± 0,000001 â 1023).
Die Vielzahl der entdeckten Elemente regte die Wissenschaftler an, nach Beziehun-gen zwischen den Elementen zu suchen. Das Endergebnis war das Periodensystem derElemente, das von Dimitri Mendelejeff (â) und Lothar Meyer (â) un-abhĂ€ngig voneinander im Jahr entwickelt wurde. Als Ordnungsprinzip diente dierelative Atommasse. Sie ordneten die Elemente nach steigender Atommasse in mehrereuntereinander stehende, als Perioden bezeichnete Reihen, sodass Elementemit Ă€hnlichenEigenschaften in dazu senkrechten Spalten, den Gruppen untereinander angeordnet sind(7Kap. .).
Beim Einordnen der Elemente nach der relativen Atommasse zeigte sich jedoch, dassin einigen FĂ€llen Umstellungen notwendig wurden: Argon (39,948) und Kalium (39,098),Cobalt (58,93) und Nickel (58,69) sowie Tellur (127,60) und Iod (126,90) mussten auf-
1
1.2.1 Atommodell nach Rutherford 5
grund ihrer chemischen Eigenschaften ausgetauscht werden. Diese und andere Beobach-tungenwiesendarauf hin, dass dieAtommasse kein eindeutigesOrdnungsprinzip darstellt.
Die Entdeckung der Ionisation verdĂŒnnter Gase im elektrischen Feld, wobei positivgeladene Teilchen (Kanalstrahlen, entdeckt durch Goldstein) und negativ geladeneTeilchen sehr kleiner Masse (Kathodenstrahlen, entdeckt durch PlĂŒcker) entstehen,sowie vor allem die Entdeckung der RadioaktivitĂ€t (Henri Becquerel, ) fĂŒhrten zurAnnahme, dass Atome entgegen derHypothese vonDaltonnicht unteilbar sind.Die darauffolgenden Untersuchungen, die u. a. mit den Namen des Ehepaares Curie (Marie Curieâ; Pierre Curie â) und Ernest Rutherford (â) verknĂŒpft sind, er-gaben ein neues Bild vom Aufbau der Materie. So konnte z. B. Rutherford zeigen, dassα-Strahlen, die aus Heliumkernen bestehen, feste Materie sehr leicht durchdringen, wasauf erheblichen freienRaumhinwies.Dabeiwurde nur ein sehr kleinerTeil derHeliumker-ne stark aus der Flugrichtung abgelenkt. Vor allem auf GröĂe und HĂ€ufigkeit der starkenAblenkung grĂŒndete Rutherford das nach ihm benannte Atommodell.
1.2 Aufbau der Atome
1.2.1 Atommodell nach RutherfordRutherford konnte abschĂ€tzen, dass der Durchmesser der Atomkerne mit einer GröĂen-ordnung von etwa 10â14 m um Zehnerpotenzen kleiner ist als der Durchmesser derAtome mit etwa 10â10 m. Er erkannte auĂerdem in den Bestandteilen der Kanalstrahleneines mit verdĂŒnntem Wasserstoffgas gefĂŒllten Kanalstrahlrohrs die H-Atomkerne unddamit die gesuchten Kernbestandteile mit positiver Elementarladung und nannte sie Pro-tonen.
. MERKE Ein Atom besteht aus einem sehr kleinen, positiv geladenen Kern, der nahezudie gesamte Atommasse enthĂ€lt, und aus einer HĂŒlle aus negativ geladenen Elektronen,die den Kern umkreisen. Dabei ist die elektrostatische Anziehung zwischen Kern undElektronen mit der Zentrifugalkraft im Gleichgewicht. Jedes Elektron trĂ€gt eine negativeElementarladung. Im neutralen Atom entspricht die Anzahl der positiven Kernladungengenau der Anzahl der Elektronen.
Van den Broek vermutete , dass die Anzahl Protonen in einem Atomkern, d. h.die Kernladungszahl, der Ordnungszahl des Elements im Periodensystem entspricht.Im selben Jahr gelang Henry Moseley (â) die experimentelle Bestimmung derKernladungszahlen aufgrund der charakteristischen Röntgenspektren der Elemente.Damit konnten die chemischen Elemente genauer definiert werden:
. MERKE Unter einem chemischen Element versteht man einen Stoff, dessen Atome diegleiche Kernladungszahl besitzen.
Das experimentell nachgewiesene Vorkommen verschieden schwerer Atome bei ein unddemselben Element (J. J. Thomson, â) und die im Vergleich zum Produkt ausKernladungszahl und Protonenmasse viel gröĂere Atommasse erklĂ€rte manmit noch un-bekannten neutralen Elementarteilchen, die schlieĂlich von Chadwick entdeckt undalsNeutronen bezeichnet wurden.
6 1.2 Aufbau der Atome
. MERKE Der Atomkern besteht aus Protonen und Neutronen. Die Protonen weisen einepositive Elementarladung und ungefĂ€hr eine atomare Masseneinheit auf; die Neutronensind ungeladen und besitzen wie die Protonen ungefĂ€hr eine atomare Masseneinheit.Die Anzahl der Protonen im Kern entspricht der Ordnungszahl des Elements. Die Anzahlder Neutronen kann bei den einzelnen Atomen eines Elements unterschiedlich sein.Atomarten (Nuklide) eines Elements mit unterschiedlicher Neutronenzahl im Kern heiĂenIsotope. Die natĂŒrlichen Elemente stellen in vielen FĂ€llen ein Isotopengemisch dar.
Die Tatsache, dass die relativen Atommassennicht ganzzahlig sind, erklĂ€rt sich u. a. durchdasAuftreten verschiedener Isotope. So ist der natĂŒrlicheKohlenstoff ein Isotopengemischaus ,% C und , % C. Hieraus ergibt sich die mittlere relative Atommasse von12,011. Der Fehler der mittleren Atommasse ist dabei abhĂ€ngig von der Schwankungs-breite der relativen IsotopenhĂ€ufigkeit. AuĂerdem bedeutet der Energieumsatz bei derBildung derAtome durchKernreaktionennach der EinsteinâschenMasse-Energie-Ăquiva-lenz E = m â c2 (7Kap. .) auch eine geringe MassenverĂ€nderung, sodass die Kernmassekein genaues ganzzahliges Vielfaches der Massen seiner Protonen und Neutronen seinkann.
1.2.2 Bohrâsches Modell des WasserstoffatomsNach dem Rutherfordâschen Atommodell (7Kap. ..) kreisen die Elektronen auf belie-bigen Bahnen um den positiv geladenenAtomkern. Die klassische Elektrodynamik besagtjedoch, dass eine bewegte elektrische Ladung, wie sie das Elektron darstellt, stĂ€ndig elek-tromagnetische Strahlung emittiert und damit stĂ€ndig Energie verliert. Ein Atom dĂŒrftesomit nicht stabil sein. Die Elektronen wĂŒrden auf Spiralbahnen in den Kern stĂŒrzen.
Niels Bohr (â) ĂŒberwand diese Probleme, indem er postulierte, dass fĂŒr dieElektronen nur eine begrenzte Anzahl ausgewĂ€hlter Kreisbahnen möglich ist, auf denender Umlauf strahlungslos, also ohne Energieverlust möglich ist (. Bohrâsches Postulat).
Bohr legte seinen Annahmen die Planckâsche Quantentheorie zugrunde, die besagt,dass WirkungsgröĂen eines Naturvorgangs keinen beliebigen Wert annehmen können,sondern nur in ganzzahligen Vielfachen der kleinsten ĂŒberhaupt beobachtbarenWirkung,demPlanckâschenWirkungsquantum h auftreten können. Entsprechend kann auch Ener-gie nur in Form von Energiequanten E = h â Îœ (mit Îœ = c/λ; c = Lichtgeschwindigkeit,λ = WellenlĂ€nge) absorbiert oder abgestrahlt werden. FĂŒr die erlaubtenElektronenbahnenstellte Bohr zwei weitere Postulate auf (. und . Bohrâsches Postulat):
. MERKE
1. Bohrâsches Postulat (stationĂ€re ZustĂ€nde)Atome können sich in bestimmten stationĂ€ren ZustĂ€nden befinden, in denen sie keineEnergie abstrahlen.
2. Bohrâsches Postulat (Quantelung des Bahndrehimpulses)Der Bahndrehimpuls m â Ï â 2Ïr ist durch das Produkt aus Bahnradius r, Masse m undGeschwindigkeit Ï des Elektrons gegeben. Er hat die Dimension einer Wirkung und
1
1.2.3 Bahnradien und GröĂe des H-Atoms 7
darf daher nur ganzzahlige Vielfache n des Wirkungsquantums h annehmen. n wird alsHauptquantenzahl bezeichnet.
m â Ï â 2Ïr = n â h mit n = 1,2, 3, . . .3. Bohrâsches Postulat (Bohrâsche Frequenzbedingung)Die Kreisbahnen des Elektrons stellen stationĂ€re ZustĂ€nde dar, die jeweils eine bestimm-te Energie En besitzen. Die Kreisbahn mit der Quantenzahl n = 1 ist der energieĂ€rmsteZustand, der Grundzustand. Durch Energieaufnahme kann das Atom in angeregteZustĂ€ndemit höherer Energie und n > 1 ĂŒbergehen. Die angeregten ZustĂ€nde sind jedochnicht stabil. Das Atom fĂ€llt unter Abgabe der Energiedifferenz ÎE = Em â En in Formelektromagnetischer Strahlung wieder in den Grundzustand zurĂŒck.
ÎE = Em â En = h â Îœ mit m > nDa nur bestimmte Elektronenbahnen und damit auch nur bestimmte konstante Energie-differenzen möglich sind, erklĂ€rt sich somit zwanglos das beobachtete Linienspektrumdes H-Atoms. Bohr gelang es mithilfe seiner Theorie, das Linienspektrum des H-Atomsgenau zu berechnen und sogar noch nicht bekannte Linienserien vorauszusagen, die dannauch tatsĂ€chlich an den berechneten Stellen gefundenwurden. EinNachteil des BohrâschenModells ist jedoch, dass es nur fĂŒr das H-Atom und einige wenige Ionen wie He+ undLi+ anwendbar ist. Bei Atomen oder Ionen, die mehr als ein Elektron enthalten, versagt esjedoch. Dennoch ist dasModell sehr anschaulich und es beinhaltet wichtige Aussagen ĂŒberdie Elektronengeschwindigkeit Ï , den Bahnradius r und die Energie der stationĂ€ren Zu-stĂ€nde, die als Termenergie bezeichnet wird. Aus den Differenzen zwischen den verschie-denen Termenergien können mit der Beziehung ÎE = h â Îœ die Frequenzwerte des Linien-spektrums des H-Atoms berechnet werden. Wir wollen hier nicht alle zugehörigen Bezie-hungen ableiten, sondern nur einige wichtige Ergebnisse der BohrâschenTheorie darlegen.
1.2.3 Bahnradien und GröĂe des H-AtomsFĂŒr die erlaubten Bahnradien des H-Atoms errechnet sich nach dem Bohrâschen Modell:
rn = n2 â 0,529 â 10â10 mIm Grundzustand mit n = 1 betrĂ€gt der Radius in guter Ăbereinstimmung mit der Vor-aussage von Rutherford (7Kap. ..) r = 0,529 â 10â10 m. Bei den angeregten ZustĂ€ndennehmen die Bahnradien bei steigender Energie mit n2 zu ( Abb. .). Hieraus folgt letzt-endlich das Schalenmodell der Atome. Die einzelnen Schalen werden durch die Quan-tenzahlen n = 1, 2, 3 usw. oder auch durch die Buchstaben K, L, M usw. charakterisiert( Abb. .). Obwohl das Bohrâsche Modell auf Atome mit mehr als einem Elektron nichtexakt anwendbar ist, kann man annehmen, dass auch die elektronenreicheren Atome ei-nen schalenartigen Aufbau der ElektronenhĂŒlle aufweisen. Die einzelnen Schalen könnendabei bis zu maximal 2n2 Elektronen aufnehmen ( Tab. .). Abb. . zeigt den sche-matischen Aufbau der Elemente Na bis Ar entsprechend dem Schalenmodell. Die Atomewerden in dieser Reihe kleiner, da die Kernladungszahl und damit die Anziehungskraftauf die Elektronen zunimmt.
8 1.2 Aufbau der Atome
KL
M
N
Abb. 1.1 Schalenmodell des H-Atomsnach Bohr
Tab. 1.1 Maximale Besetzung der Elektronenschalen (Elektronenanordnung der Elementes. a. Tab. 1.2)
Anzahl der AtomorbitaleElektronen-
schaleHaupt-
quantenzahlNeben-
quantenzahl s p d f
Maximale
Besetzung 2n2
K 1 0 1 2
L 2 0, 1 1 3 8
M 3 0, 1, 2 1 3 5 18
N 4 0, 1, 2, 3 1 3 5 7 32
Na
Atomkern Elektron
M-SchaleL-Schale
K-Schale
Mg Al Si P S Cl Ar
Abb. 1.2 Schematische Darstellung des Atomaufbaus der Elemente Na bis Ar nach demSchalenmodell
1.2.4 TermenergieFĂŒr die Termenergie des H-Atoms ergibt sich:
En = â 1n2
â 13,60 eVSie Ă€ndert sich mit 1
n2 . Im Grundzustand mit n = 1 hat das H-Atom eine Energie vonâ13,60 eV. Der Wert ist negativ, da das Elektron bei der AnnĂ€herung an den Kern
1
1.2.5 Orbitalmodell 9
n = â
Hα
Balmer-Serie
Lyman-Serie
656,
3
121,
57
91,1
75
364,
618
75,1
820,
4
4051
,2
1458
,474
00,0
2278
,8
Paschen-Serie
Bracket-Serie
Pfund-Serie
HÎČ HÎŽ
Hγ HΔ
n = 5n = 4n = 3
n = 2
n = 1
â0,9â1,5
â3,4
â13,6
0E/
eV
Abb. 1.3 Termschema desH-Atoms mit den erstenfĂŒnf Spektralserien. DieSeriengrenzen sind in nmangegeben.
Energie verliert. Bei n = â ist der Abstand des Elektrons vom Kern ebenfalls unendlichund die Termenergie ist dann Null, d. h., das Elektron ist vom Kern völlig getrennt âdas Atom ist ionisiert. Der Betrag der Termenergie im Grundzustand entspricht somitâ in Ăbereinstimmung mit dem experimentellen Wert â der Ionisierungsenergie desH-Atoms (7S. ). In Abb. . ist das Termschema des H-Atoms, aus dem auch diemöglichen ĂbergĂ€nge ersichtlich sind, schematisch wiedergegeben.
Die Vorstellung der Elektronenbewegung auf genau vorgeschriebenen Bahnen, wie sieBohr postuliert hat, stimmt nur nĂ€herungsweise. Nach derHeisenbergâschen UnschĂ€rfe-relation (W.Heisenberg, â) lassen sichOrt und Impuls und damit auch bestimmteElektronenbahnennicht genau angeben. Dies wird verstĂ€ndlich, wennmandavon ausgeht,dass die Elektronen im AtomWellencharakter aufweisen.
1.2.5 OrbitalmodellEine wesentlich verfeinerte Beschreibung des Aufbaus der ElektronenhĂŒlle des H-Atomsgewinnt man, wenn man das Elektron des H-Atoms nicht als Teilchen ansieht, sonderndavon ausgeht, dass esWellencharakter besitzt. Diese Annahme geht auf die BeobachtungzurĂŒck, dass ein Elektronenstrahl, wie er z. B. im Kathodenstrahlrohr (7S. ) erzeugt wer-den kann, je nach Experiment entweder die Eigenschaften eines Teilchenstrahls oder dieEigenschaften einer Welle aufweist. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Welle-Teilchen-Dualismus (L.-V. Duc de Broglie, â). So kannman bei geringer IntensitĂ€tdes Elektronenstrahls auf einem Leuchtschirm die einzelnen Lichtblitze der auftreffendenElektronen beobachten undmankanndenElektronenstrahl im elektrischen Feld ablenkenund daraus Masse und Ladung des Elektrons bestimmen. Andererseits kann man miteinem Elektronenstrahl Beugungsbilder erzeugen, die fĂŒr Wellen typisch sind und darausdie WellenlĂ€nge berechnen. Auch zeigt die Tatsache, dass es Elektronenmikroskope gibt,denWellencharakter eines Elektronenstrahls.
10 1.2 Aufbau der Atome
Das Orbitalmodell beschreibt das Elektron des H-Atoms als dreidimensionale stehen-de Welle, die man auch anschaulich als negative Ladungswolke interpretieren kann, dieim elektrischen Feld des positiv geladenen Kerns schwingt. Wie bei einer schwingendenSaite gibt es eine Grundschwingung und Obertöne höherer Energie, die sich durch ihreSchwingungsformunterscheiden.Die einzelnenSchwingungszustĂ€nde bezeichnetmanalsOrbitale. fand Erwin Schrödinger (â) eine Gleichung, aus der die rĂ€umlicheFormder verschiedenen stehendenWellen und ihre Energie berechnet werden kann.DieseGleichung wird nach ihm als Schrödinger-Gleichung bezeichnet. Die Form der Orbitalewird dabei durch die Wellenfunktion Ï und die Ortskoordinaten x, y, z beschrieben. DieElektronendichte bzw. die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Elektron im VolumenelementdV anzutreffen ist, ist nachM. Born (â) durch Ï2dV gegeben.
WĂ€hrend die Schrödinger-Gleichung fĂŒr das Einelektronensystem des H-Atoms exaktlösbar ist, sind beiMehrelektronensystemen (7S. ) NĂ€herungslösungen erforderlich. Sieergeben jedoch, dass die Orbitale der elektronenreicheren Atome denen des H-AtomsĂ€hnlich sind. Sie entsprechen denH-Atomorbitalen in ihrer Orientierung und Symmetrie.
Die verschiedenen ElektronenzustÀnde lassen sich durch vier Quantenzahlen charak-terisieren, wobei die erstendrei die Form undOrientierung derOrbitale bestimmen. JedesOrbital kann die Schwingungsform von zwei Elektronen reprÀsentieren, die sich dannnoch in der vierten Quantenzahl, der Spinquantenzahl unterscheiden.
. MERKE Charakterisierung der ElektronenzustĂ€nde durch Quantenzahlen1. Hauptquantenzahl n mit den Werten 1, 2, 3, . . .2. Nebenquantenzahl l mit den Werten 0, 1, 2, . . . ,n â 1.3. Magnetquantenzahl oder Orientierungsquantenzahlm mit allen ganzzahligen Wertenzwischen âl und +l.4. Spinquantenzahl s mit den Werten + 1
2 und â 12 .
Die Hauptquantenzahl n ist ein MaĂ fĂŒr die Energie und fĂŒr die radiale Verteilung derElektronendichte. Der Wert von n gibt auĂerdem die Anzahl der KnotenflĂ€chen des Or-bitals wieder. Sie entsprechen den Nullstellen der Wellenfunktion. Hierbei ist auch dieĂ€uĂere BegrenzungsflĂ€che der Orbitale, die im Unendlichen liegt, mitgezĂ€hlt.
DieNebenquantenzahl l bestimmt imWesentlichen die Form derOrbitale. Sie gibt dieAnzahl der KnotenflĂ€chen an, die durch denAtommittelpunkt gehen. Sie können Knoten-ebenen oder -kegelflĂ€chen sein. FĂŒr die Nebenquantenzahlen werden anstelle der Zahlen-werte meist kleine Buchstaben benutzt, die sich ursprĂŒnglich von den Eigenschaften derSpektrallinien ableiten: s (sharp): l = 0; p (principal): l = 1; d (diffuse): l = 2; f (funda-mental): l = 3. Bei gleicherHauptquantenzahl steigt die Termenergiemit steigendemWertvon l .
Die Orientierungsquantenzahl m bestimmt die Orientierung der Orbitale mit glei-chem n und l im Raum. Zu jedemWert von l gehören 2l + 1Orientierungsmöglichkeiten.
Zur Bezeichnung der Orbitale wĂ€hlt man eine Kombination aus der vorangestelltenHauptquantenzahl, derNebenquantenzahl als BuchstabenundderOrientierungsquanten-zahl als Index, der die Richtung bezĂŒglich der Koordinatenachsen wiedergibt. DemgemĂ€Ăspricht man von einem 1s-, 2px - oder 3dx y-Orbital. In Abb. . sind das 1s- sowie die2p-Orbitale dargestellt (d-Orbitale7S. ).
1
1.2.6 Aufbau von Mehrelektronensystemen 11
z
s
+
y
x
z
+
â
y
x
z
+
â
y
x
z
2pz 2pâ 2py
+
â
y
x
Abb. 1.4 Darstellung der Orbitale 1s und 2p
1.2.6 Aufbau von MehrelektronensystemenJedem Schwingungszustand der Elektronen und damit jedem Orbital kommt eine be-stimmte Energie zu. Dabei haben Orbitale gleicher Form (gleicher Wert der Quanten-zahlen n und l) auch gleiche Energie. Bei Mehrelektronensystemenwerden die einzelnenZustÀnde in der Reihenfolge ihrer Energie besetzt, wobei im Grundzustand des Atomsimmer die energetisch am tiefsten liegenden Niveaus besetzt sind. Die Elektronenanord-nung oder Elektronenkonfiguration wird durch die Haupt- und Nebenquantenzahl undden Besetzungsgrad als Exponent dargestellt. Der Grundzustand kann dementsprechenddurch eine Symbolik wiedergegeben werden, wie sie im Folgenden durch einige Beispielegezeigt wird:
Heⶠ1s2
Cⶠ1s22s22p2
Oⶠ1s22s22p4
Nach der Hundâschen Regel (F. Hund, â) werden Niveaus gleicher Energie zu-nĂ€chst einfach besetzt, da dabei die sogenannte Spinpaarungsenergie eingespart wird. Be-trachtet man die Orbitale als Aufenthaltsraum von Elektronen, so haben zwei gepaarteElektronen im selben Orbital einen kleineren Abstand zueinander und wirken nach demCoulombâschen Gesetz (7Kap. ..) stĂ€rker abstoĂend aufeinander als zwei Elektronen,die sich in verschiedenenOrbitalen befinden und daher einen gröĂeren Abstand zueinan-der aufweisen. Die Spinpaarungsenergie ist die Energiedifferenz zwischen den ZustĂ€ndeneinfacher Besetzung von zwei energiegleichen Orbitalen ( ) und doppelter Besetzungvon nur einem der beiden Orbitale ( ).
12 1.2 Aufbau der Atome
Tab. 1.2 Besetzung der Orbitale im Grundzustand der Atome H bis Kr
1s
1 H
2 He
2s 2p
3 Li
4 Be
5 B
6 C
7 N
8 O
9 F
10 Ne
3s 3p 3d
11 Na
âź15 P
âź18 Ar
4s 4p
19 K
20 Ca
21 Sc
âź25 Mn
âź30 Zn
31 Ga
âź36 Kr
1
1.3.1 Allgemeine ZusammenhÀnge 13
Der Physiker W. Pauli (â) erkannte , dass in einem Mehrelektronensystemniemals mehrere Elektronen auftreten können, die in allen vier Quantenzahlen ĂŒber-einstimmen, d. h. sich im gleichen Zustand befinden. Da die drei ersten Quantenzahlen(7Kap. .., S. ) die verschiedenen Orbitale festlegen, kann entsprechend dieser alsPauli-Prinzip bezeichneten Regel jedes Orbital Schwingungsform von einem odermaximal zwei Elektronen sein, die sich dann noch in der Spinquantenzahl unterscheidenund antiparallelen Spin aufweisen.
Hieraus und aus den möglichen Kombinationen der Quantenzahlen lÀsst sich ableiten,dass die maximale Anzahl Elektronen bei festgelegtemWert von n (n-te Schale) 2n2 be-trÀgt ( Tab. .).
Stellt man bei Mehrelektronensystemen die möglichen Atomorbitale durch KĂ€stchendar und symbolisiert ihre Besetzung mit Elektronen durch Pfeile, die gleichzeitig die Ori-entierung des Elektronenspins veranschaulichen sollen, so erhĂ€lt man fĂŒr den Grundzu-stand der Elemente H bis Kr die in Tab. . dargestellten Elektronenanordnungen.
1.3 Periodensystem der Elemente (PSE)
1.3.1 Allgemeine ZusammenhĂ€ngeDas Periodensystem der Elemente (PSE) wurde von D. Mendelejeff und L. MeyerunabhĂ€ngig voneinander entwickelt. Das heutige Ordnungsprinzip ist die Kernladungs-zahl oderOrdnungszahl Z in Verbindung mit der zuvor besprochenen Orbitalbesetzung.Im vorderen Einbanddeckel dieses Lehrbuchs ist ein Periodensystem abgebildet. Die Ele-mente sind in horizontalen Zeilen, die als Perioden bezeichnet werden, und in vertikalenSpalten â denGruppen â so eingeordnet, dass jeweils Elementemit Ă€hnlichen Eigenschaf-ten in den Gruppen untereinander stehen.
Nach der modernen Nomenklatur werden die Elemente entsprechend der Besetzungder s-, p- und d-Orbitale mit insgesamt Elektronen in Gruppen eingeteilt. Eine Ă€ltereNomenklatur ordnet die Elemente nach jeweils acht Hauptgruppen und acht Nebengrup-pen. Im vorliegenden Lehrbuch werden wir die Ă€ltere, gut eingefĂŒhrte Bezeichnung derElemente nach Haupt- und Nebengruppen beibehalten.
DieGrundzustĂ€nde derHauptgruppenelemente sind durch die Besetzung der Ă€uĂerenn s- oder der n s- und n p-Orbitale charakterisiert, wobei die Hauptquantenzahl n derĂ€uĂersten Schale zugleich die Periodennummer darstellt. Bei den Edelgasen (. Haupt-gruppe) sind die n s- und n p-Orbitale mit insgesamt Elektronen in der Ă€uĂersten Schalevoll besetzt. Voll besetzte Elektronenniveaus, wie sie die Edelgase aufweisen, stellen einenbesonders stabilen Zustand dar. Die Edelgase sind daher besonders reaktionstrĂ€ge. Manspricht in diesem Zusammenhang von der Edelgas-Elektronenkonfiguration.
Bei denHauptgruppenelementenwerdendie Elektronender Ă€uĂeren Schale alsValenz-elektronen bezeichnet. Sie bestimmenwesentlich die chemischen Eigenschaften. Ihre An-zahl entspricht der Gruppennummer. Die Valenzelektronen der Nebengruppenelementebefinden sich im n s-Orbital der Ă€uĂersten Schale sowie in den (n â 1)d-Orbitalen, derdirekt darunter liegenden Schale.
Die (n â 2) f -Elektronen, die bei denLanthanoidenundActinoiden aufgefĂŒllt werden,spielen bei chemischen Reaktionen nur eine relativ untergeordnete Rolle. Hier sind wiebei den eigentlichen Nebengruppenelementen, die auch als d-Elemente bezeichnet wer-
14 1.3 Periodensystem der Elemente (PSE)
den, die n s- und (n â 1)d-Elektronen fĂŒr die Eigenschaften der Elemente von gröĂererBedeutung.
Innerhalb der Hauptgruppenelemente unterscheidet man zwischen Metallen undNichtmetallen. Diese sind durch eine Diagonale, die etwa vom Bor zum Astat verlÀuft,voneinander getrennt. Die Nichtmetalle befinden sich rechts der Diagonalen, wÀhrenddie Metalle links der Diagonalen angeordnet sind. Die Elemente in unmittelbarerNachbarschaft der Diagonalen weisen halbmetallische Eigenschaften auf. Die Neben-gruppenelemente haben alle Metallcharakter.
1.3.2 PeriodizitÀt der EigenschaftenDie physikalischen und chemischenEigenschaftender Elemente Àndern sich in den einzel-nen Perioden und Gruppenmit steigenderOrdnungszahl weitgehend gleichsinnig. Daherkann man aus der Stellung eines Elements im PSE grundsÀtzliche Eigenschaften ablesen.
Von den Eigenschaften, die sich periodisch Àndern, seien als wichtigste genannt: Atom-und Ionenradien, Atomvolumina, Ionisierungsenergien,Metallcharakter, Elektronegativi-tÀt, Schmelz- und Siedepunkte.
Atom- und IonenradienNeben Anzahl und Art der Valenzelektronen bestimmen vor allem die Radien der Atomedie Eigenschaften der Elemente. Elemente, bei denen Valenzelektronen und AtomradiusĂŒbereinstimmen, haben nahezu gleiche Eigenschaften. Dies ist beispielsweise bei Zirconi-um und Hafnium oder Niob und Tantal sowie bei benachbarten Lanthanoidenelementender Fall.
Die Atom- und Ionenradien nehmen innerhalb einer Gruppe des PSE von oben nachunten zu, da jeweils eine neue Elektronenschale hinzukommt. Innerhalb einer Periodenehmen die Atomradien von links nach rechts ab, da die hinzukommenden Elektronen indieselbe Schale eingebaut werden, wegen der zunehmenden Kernladungszahl die Anzie-hungskraft, die auf die Elektronen wirkt, aber stÀrker wird.
EineAusnahme bilden dieNebengruppenelemente der zweiten und drittenĂbergangs-reihe (4d- und 5d-Elemente) ab den Elementen Zr und Hf. Nach dem Element LanthanfĂŒgen sich die Lanthanoidenelemente in das PSE ein. Innerhalb der Reihe der Lan-thanoiden nimmt wie in jeder Periode der Radius der Atome ab, wie eine Betrachtungder Radien in kovalenten Bindungen (Kovalenzradien) von Ce (165pm) und Lu (156pm)zeigt. Dieser als Lanthanoiden-Kontraktion bekannte Effekt ist nahezu ebenso groĂ wiedie Zunahme des Kovalenzradius beim Ăbergang von einem 4d- zu einem 5d-Element(z. B. Y: 162pm, La: 169pm), sodass der Radius von Zr (145pm) und Hf (144pm) wieauch bei den entsprechenden folgenden Nebengruppenelementen gerade fast gleich istund daher sehr Ă€hnliche Eigenschaften resultieren.
Bei der Aufnahme bzw. Abgabe von Elektronen, also bei der Bildung von Anionen undKationen, verĂ€ndern sich die Radien der Atome sehr stark. Ein Anion istwegen der negati-venĂberschussladungund der damit verbundenen verstĂ€rktenAbstoĂung der Elektronenuntereinander stets deutlich gröĂer als das zugehörige neutrale Atom. Hingegen ist einKation wegen der verstĂ€rkten Anziehung durch die ĂŒberschĂŒssige Kernladung stets er-heblich kleiner. Die folgenden Daten fĂŒr Kovalenz- und Ionenradien vom Stickstoff sollendies beispielhaft verdeutlichen: Kovalenzradius: 75 pm, Ionenradius: Nâ: 146 pm.
Aus den gleichen GrĂŒnden Ă€ndern sich auch die Radien isoelektronischer Ionen, d. h.von Ionen mit gleicher Gesamtelektronenanzahl, sehr stark ( Tab. .).
1
1.3.2 PeriodizitÀt der Eigenschaften 15
Ionenradien
C4â N3â O2â Fâ Na+ Mg2+ Al3+ Si4+
260 146 140 136 95 65 50 41
Kovalenzradien
C N O F Na Mg Al Si
77 75 73 72 154 136 118 111
Tab. 1.3 Radien (inpm) isoelektronischerIonen. Zum Vergleichsind auĂerdem dieKovalenzradien der Atomeangegeben.
IonisierungsenergieMan unterscheidet zwischen der ., . und höheren Ionisierungsenergien. Die . Ionisie-rungsenergie nimmt bei den Hauptgruppenelementen innerhalb einer Gruppe von obennach unten und innerhalb einer Periode von rechts nach links ab, da die AtomgröĂe zu-nimmt und somit entsprechenddemCoulombâschenGesetz (7Kap. ..) dieAnziehungs-kraft auf das Ă€uĂerste Elektron abnimmt.
. MERKE Die 1. Ionisierungsenergie ist diejenige Energie, die aufgewandt werden muss,um einem isolierten Atom (oder MolekĂŒl) im Grundzustand das energetisch am höchstenliegende und damit am schwĂ€chsten gebundene Elektron zu entreiĂen. Die 2. undhöhere Ionisierungsenergien sind entsprechend diejenigen Energien, die notwendigsind, ein zweites oder weitere Elektronen abzuspalten. Die Ionisierungsenergie wirddabei um so gröĂer, je höher die resultierende Ladung des entstehenden Kations ist.
Die Unterschiede sind innerhalb einer Periode gröĂer als in einer Gruppe, da hier nochandere Effekte hinzukommen. So geben die Edelgase nur ungern Elektronen ab, da dabeider energetisch gĂŒnstige Zustand einer abgeschlossenen Elektronenschale verloren geht.Sie haben sehr hohe Ionisierungsenergien. Hingegen geben z. B. die Alkalielemente ihrValenzelektron leicht ab. Sie haben die niedrigsten Ionisierungsenergien, da sie auf dieseWeise eine Edelgas-Elektronenkonfiguration erreichen und da auĂerdem die tiefer liegen-den Elektronenschalen die Anziehungskraft, die vom Kern auf das Ă€uĂere Elektron wirkt,weitgehend abschirmen. Elemente, die leicht Elektronen abgeben und daher zur Bildungvon Kationen neigen, werden auch als elektropositiv bezeichnet.
MetallcharakterMetalle sind durch niedrige Ionisierungsenergien gekennzeichnet. Der Metallcharakternimmt daher bei den Hauptgruppenelementen gemÀà demVerlauf der Ionisierungsener-gien von rechts nach links und vonobennach unten zu. ImZusammenhangmit der niedri-gen Ionisierungsenergie weisen dieMetalle gute elektrische LeitfĂ€higkeit auf. Metalle sindauĂerdem durch metallischenGlanz, guteWĂ€rmeleitfĂ€higkeit und einfache, hochsymme-trische Kristallstrukturen gekennzeichnet.
Einige Elemente, die wie Ge und Sb in der NÀhe der Trennungslinie zwischen Me-tallen und Nichtmetallen angeordnet sind, sind Halbmetalle. Sie bilden hÀufig mehrereModifikationen, die entweder mehr metallischen oder mehr nichtmetallischen Charakteraufweisen.
16 1.3 Periodensystem der Elemente (PSE)
ElektronenaffinitÀtNichtmetalle haben höhere Ionisierungsenergien als Metalle. Vor allem die weiter rechtsim PSE stehendenHauptgruppenelemente erreichen eine Edelgas-Elektronenkonfigurati-on leichter durch Aufnahme als durch Abgabe von Elektronen.
. MERKE Man bezeichnet diejenige Energie, die bei der Aufnahme von einem Elektron durchein isoliertes Atom im Grundzustand umgesetzt wird, als 1. ElektronenaffinitÀt.
Im Unterschied zur Ionisierung von Atomen, die stets ein endothermer Vorgang ist, kanndie Aufnahme von Elektronen je nach Element sowohl exotherm als auch endothermerfolgen. Die Halogene haben unter den Elementen die im Betrag gröĂten negativen Elek-tronenaffinitĂ€ten. Bei Sauerstoff erfolgt die Aufnahme des ersten Elektrons exotherm. DieAufnahme des zweiten, zum Erreichen einer Edelgas-Elektronenkonfiguration notwendi-gen Elektrons (. ElektronenaffinitĂ€t) ist hingegen ein so stark endothermer Prozess, dassdie zugehörige gesamte ElektronenaffinitĂ€t fĂŒr die Bildung des Oâ-Ions positiv ist.
Mit zunehmender Ionenladung wird die Bildung eines Anions immer unwahrschein-licher, da die Aufnahme von mehr als einem Elektron stets positive ElektronenaffinitĂ€tenerfordert und diese Energie mit zunehmender Ladung des entstehenden Anions schnellgröĂer wird.
ElektronegativitĂ€tIm Unterschied zur ElektronenaffinitĂ€t, die eine EnergiegröĂe ist, stellt die Elektronega-tivitĂ€t eine dimensionslose Vergleichszahl dar, die die FĂ€higkeit eines Elements charak-terisiert, Elektronen einer Atombindung (7Kap. ..) anzuziehen. Die Elektronegativi-tĂ€t wird ausfĂŒhrlich in 7Kap. .. behandelt. Sie nimmt im Periodensystem innerhalbder Hauptgruppenelemente von unten nach oben und von links nach rechts zu, da indieser Richtung der Atomradius abnimmt, und dementsprechend die Anziehungskraftnach dem Coulombâschen Gesetz (7Kap. ..) zunimmt. Die ElektronegativitĂ€t nimmtvon links nach rechts stĂ€rker zu, da hier auch die Zunahme der Kernladung gleichsin-nig wirkt, wĂ€hrend innerhalb einer Hauptgruppe die Ănderung geringer ist. Hier hat dieKernladung einen entgegengesetzten Einfluss.
IonenpotenzialZum Vergleich der Eigenschaften von Ionen mit verschiedener Ladung und verschiede-nem Radius wird das sogenannte Ionenpotenzial z/r, der Quotient aus der Ladungszahl(z) und dem Radius (r) eines Ions herangezogen. Das Ionenpotenzial kann als ungefĂ€h-res MaĂ fĂŒr die StĂ€rke des vom Ion ausgehenden elektrischen Felds betrachtet werden.Jedoch ist streng genommen der Vergleich der chemischen Eigenschaften aufgrund desIonenpotenzials nur auf Ionen mit gleicher Elektronenanordnung anwendbar. Weiterhinist die Tatsache zu berĂŒcksichtigen, dass die Ionen in wĂ€sseriger Lösung eine HydrathĂŒlleaufweisen.
Beispiele fĂŒr Ionenpotenziale sind in Tab. . aufgefĂŒhrt, in der Ionen angegeben sind,bei denen die Ă€uĂere ElektronenhĂŒlle eine abgeschlossene Zweier- oder Achterkonfigura-tion aufweist (Angaben in 1/(10â8 cm)).
1
1.4.1 Ionenbindung 17
Tab. 1.4 Ionenpotenziale fĂŒr Ionen mit abgeschlossener Zweier- oder Achterkonfiguration
Cs+ Rb+ NH+4 K+ Na+ Li+ Ra2+ Ba2+ Sr2+ Ca2+ La3+
z/r 0,6 0,7 0,7 0,8 1,0 1,3 1,3 1,4 1,6 1,9 2,5
Ce3+ Mg2+ Y3+ Sc3+ Zr4+ Hf4+ Al3+ Be2+ Ti4+ Si4+ B3+
z/r 2,5 2,6 2,8 3,6 4,6 4,6 5,3 5,9 6,2 9,8 15,0
1.4 Chemische Bindung
Die ReaktionstrĂ€gheit der Edelgase zeigt, dass abgeschlossene Elektronenschalen einenbesonders gĂŒnstigen elektronischen Zustand darstellen. Die chemische ReaktivitĂ€t undverbunden damit auch die chemische Bindung wird durch das Bestreben der Elemente,eine abgeschlossene Edelgas-Elektronenkonfiguration zu erreichen, wesentlich geprĂ€gt.Der einfachste Fall liegt vor, wenn durch einen Austausch von Elektronen zwischen ei-nem Metallatom und einem Nichtmetallatom beide eine Edelgas-Elektronenkonfigura-tion erreichen. Das Metallatom gibt dabei so viele Elektronen ab, bis es die Elektronen-konfiguration des im Periodensystem vor ihm stehenden Edelgases erreicht, wĂ€hrend dasNichtmetall seine unvollstĂ€ndige Ă€uĂere Schale voll auffĂŒllt. Dabei entstehen KationenundAnionen, die im festenZustand durch elektrostatischeAnziehung zusammengehaltenwerden und so ein Salz bilden. Man nennt diese Art der Bindung Ionenbindung.
Wenn zwei oder mehrere Nichtmetallatome miteinander reagieren, bilden sie unter-einanderAtombindungen oder kovalente Bindungen aus, die durch Elektronenpaare, diezwei oder mehreren Atomen gemeinsam angehören, charakterisiert sind.
Metalle werden im kondensierten Zustand durch dieMetallbindung zusammengehal-ten. Hier liegt eine Vielzentrenbindung vor, bei der die Elektronen vielen Metallatomen(Zentren) gleichzeitig angehören.
Diese drei genannten Bindungsarten Ionenbindung, Atombindung undMetallbindungstellenmodellhafteGrenzfĂ€lle dar.Meist liegenĂbergĂ€nge zwischendiesendrei Bindungs-typen vor. Die genannten drei Bindungsarten reprĂ€sentieren die starken BindungskrĂ€fte.Daneben gibt es noch schwĂ€chere Bindungen, die alsVan-der-Waals-Bindungen bezeich-net werden.
1.4.1 IonenbindungWie oben erlĂ€utert, gebenMetallatome leicht Elektronen ab, d. h., sie haben niedrige Ioni-sierungsenergien und bilden bevorzugt Kationen. Nichtmetalle haben hohe Elektronen-affinitĂ€ten und bilden leicht Anionen. Vereinigt man ein Metall mit niedriger Ionisie-rungsenergie und einNichtmetall mit hoher ElektronenaffinitĂ€t, so entsteht ein Salz. Salzesind dadurch charakterisiert, dass sie aus Ionen aufgebaut sind. AuĂerdem stellen sie festeVerbindungen mit hohem Schmelzpunkt dar.
Der Zusammenhalt der Ionen in einem Salz wird durch die Ionenbindung, d. h. durchdie Coulombâsche Anziehung zwischen Kationen und Anionen, bewirkt. Die Anziehungs-
18 1.4 Chemische Bindung
kraft K, die zwischen einemKation und einemAnion wirkt, wird durch dasCoulombâscheGesetz beschrieben:
K = 14ÏΔ0
â z+e+ â zâeâr2
| e+, eâ positive bzw. negative Elementarladung in C/mol | z+ , zâ Anzahl der positiven bzw. negativen Ele-mentarladungen | r Abstand zwischen Kation und Anion | Δ0 DielektrizitĂ€tskonstante in As/(Vm)Die entgegengesetzt geladenen Ionen nĂ€hern sich einander so weit, bis die elektrostatischeAnziehung durch die AbstoĂungskrĂ€fte der gleichsinnig geladenen ElektronenhĂŒllen undKerne kompensiert wird. DieAbstoĂung kann auch damit erklĂ€rt werden, dass sich die vollbesetztenOrbitale von Kation undAnion aufgrund des Pauli-Prinzips nicht durchdringenkönnen, das ja besagt, dass sich im gleichen Orbital bzw. Aufenthaltsraum nur maximalzwei Elektronen befinden dĂŒrfen.
Da das elektrische Feld, das von Kation bzw. Anion ausgeht, kugelsymmetrisch ist undsomit in alle Raumrichtungen gleich stark wirkt, bilden sich in einem einfachen Salz keineIonenpaare. Vielmehrumgibt sich jedes Ionmit so vielenGegenionen, wie aus rĂ€umlichenGrĂŒnden möglich ist. Hieraus resultiert in der Regel eine hochsymmetrische Anordnungin einemKristallgitter. Die Anzahl der Anionen, die ein Kation umgeben können, d. h. dieKoordinationszahl, wird dabei durch den Radienquotienten festgelegt. So hat Na+ in derNaCl-Struktur sechs Clâ-Nachbarn in oktaedrischer Anordnung ( Abb. .). Im CsCl-Gitter ist das gröĂere Cs+ (KZ ) wĂŒrfelförmig von acht Clâ-Ionen umgeben. Das relativkleineZinkatom inZinkblende (ZnS) ( Abb. .) ist vonvier Schwefelatomen tetraedrischumgeben. Entsprechend nimmt der Radienquotient r(Kation)/r(Anion) von 0,402 beiZnS ĂŒber 0,525 bei NaCl auf 0,934 bei CsCl zu.
Anhand der Radienquotienten kann man fĂŒr diese drei AB-Strukturtypen und analogauch fĂŒr die AB-Typen SiO (Cristobalit), TiO (Rutil) und CaF (Fluorit) Existenzberei-che ( Tab. .) angeben. Die untere Grenze entspricht dabei genau der GröĂe der jeweili-gen LĂŒcke ( Abb. .). Dies bedeutet, dass die von den gröĂeren Anionen gebildeten LĂŒ-ckenniemals von einemKation besetzt werden, das kleiner ist als die entsprechende LĂŒcke.
Abb. 1.5 Struktur von NaCl (Ausschnitt)
1
1.4.1 Ionenbindung 19
A B
Abb. 1.6 Elementarzellen der Kristallgitter von CsCl (A) und Zinkblende, ZnS (B); blau = Anio-nen; weiĂ = Kationen
Tab. 1.5 AB-Strukturtypen und Radienquotient
Zinkblende Natriumchlorid Caesiumchlorid
(TetraederlĂŒcke) (OktaederlĂŒcke) (WĂŒrfellĂŒcke)
0,225 †r(Kation)r(Anion) < 0,414 0,414 †r(Kation)
r(Anion) < 0,732 0,732 †r(Kation)r(Anion) < 1,0
2rXâ
a = 1
1â2 a
r M+
r Xâ
Abb. 1.7 Berechnung des Radien-verhĂ€ltnisses, das beim NaCl-Typ nichtunterschritten werden darf:rM+ + rXâ = â2rXârM+ = (â2 â 1)rXârM+
rXâ
= â2 â 1 = 0,414
Bei der AnnÀherung der entgegengesetzt geladenen Ionen wird erhebliche potenzielleEnergie gewonnen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Gitterenergie.
. MERKE Die Gitterenergie ist diejenige Energie, die bei der Vereinigung von je einem Molvoneinander getrennter freier, gasförmiger Kationen und freier, gasförmiger Anionen zumkristallinen Salz freigesetzt wird.
20 1.4 Chemische Bindung
Naâș(g)
Ionisierungspotenzial (âeâ»)fĂŒr Na = 495,4 kJ/mol
SublimationsenergiefĂŒr Na = 108,4 kJ/mol
DissoziationsenergiefĂŒr Clâ = 120,9 kJ/mol
StandardbildungsenthalpiefĂŒr NaCl = â410,8 kJ/mol
ElektronenaffinitĂ€t (+eâ»)fĂŒr Cl = â348,5 kJ/mol
Clâ»(g)
Na(g) Cl(g)
Na(s) 1â2Clâ(g)
NaCl(s) kristallines NaCl
GitterenergieU = â787 kJ/mol
gasförmige Ionen
Abb. 1.8 Born-Haber-Schema zur Ermittlung der Gitterenergie von NaCl
Aufgrund der hohen Gitterenergie erklĂ€rt sich auch die hohe BildungswĂ€rme der Salzeund ihre groĂe StabilitĂ€t, obwohl fast alle Prozesse, die zur Bildung der freien gasförmigenIonen aus denElementen fĂŒhren, stark endotherm sind. ImFalle der Bildung vonNaCl ausNatriummetall und Chlor muss Natrium verdampft und ionisiert werden. Beide Prozessesind endotherm und entsprechendmit positiven Energiewerten verbunden. Ebenfalls po-sitiv ist die Dissoziationsenergie, die aus den Cl-MolekĂŒlen Chloratome bildet. Nur diemit der Elektronenaufnahme zum Clâ-Ion verbundene ElektronenaffinitĂ€t ist negativ. Beider Bildung von Oxiden z. B. ist auch die ElektronenaffinitĂ€t positiv. Die Gitterenergieist aber so groĂ, dass sie alle endothermen Prozesse weit ĂŒberkompensieren kann. Dieenergetischen VerhĂ€ltnisse sind qualitativ in Abb. . durch das Born-Haber-Schemaverdeutlicht.
Ionentypen und ihre BestĂ€ndigkeitAn dieser Stelle soll noch auf die StabilitĂ€t unterschiedlicher Ionentypen eingegangen wer-den.Wir hatten bereits die relativ hohe StabilitĂ€t der Ionenmit einer Edelgas-Elektronen-konfiguration behandelt, wie sie z. B. bei Na+, Sc+ oder auch Clâ vorliegt; in Klammernist jeweils das Edelgas mit gleicher Elektronenkonfiguration angegeben:
Na+ⶠ1s22s2p6 = [Ne]Sc3+, Clâⶠ1s22s2p63s2p6 = [Ar]
Eine Ă€hnlich gute StabilitĂ€t weisen Ionen wie Ag+ oder Zn+ mit einer Pseudo-Edelgas-Elektronenkonfiguration auf. Sie verfĂŒgen neben der abgeschlossenen Elektronenschale
1
1.4.1 Ionenbindung 21
der Edelgase noch ĂŒber ein volles d-Niveau und erfĂŒllen somit die Bedingung, dass keineunvollstĂ€ndig besetzten Elektronenschalen vorhanden sind.
Ag+ⶠ1s22s2p63s2p6d104s2p6d10 = [Kr]4d10
Zn2+ⶠ1s22s2p63s2p6d10 = [Ar]3d10
Eine vergleichbar hohe StabilitĂ€t wie voll aufgefĂŒllte Elektronenniveaus besitzen auch halbgefĂŒllteNiveaus, bei denen dieOrbitale jeweils einfach besetzt sind, z.B. wie beiMn+ undFe+:
Mn2+, Fe3+ⶠ1s22s2p63s2p6d5 = [Ar]3d5
Ein Sonderfall liegt bei den schweren Hauptgruppenelementen vor. Hier findet man diestabilen Ionen Tl+, Pb+ und Bi+ mit einem vollen 6s-Niveau. Eine Edelgas-Elektronen-konfiguration liegt hier nicht vor, da das 6p-Niveau leer ist.
Tl+, Pb2+, Bi3+â¶1s22s2p63s2p6d104s2p6d10 f 145s2p6d106s2 = [Xe]4 f 145d106s2
Man bezeichnet das volle 6s-Niveau im Englischen als âinert pairâ und spricht in diesemZusammenhang vom Inert-Pair-Effekt. Diese Ionen sind deutlich stabiler als die zugehö-rigen Ionen mit unbesetztem 6s-Niveau: Tl+, Pb+ und Bi+. Letztere sind dementspre-chend starke Oxidationsmittel.
Neben den aufgefĂŒhrten Ionentypen existieren bei den Nebengruppenelementen vieleebenfalls recht stabile Ionen wie z. B. Cr+, Co+ oder Cu+, bei denen keine der angege-benen Regeln zutrifft.
Ionische FlĂŒssigkeitenIonische FlĂŒssigkeiten sind Salze, deren Ionen durch Ladungsdelokalisierung und steri-sche Effekte die Bildung eines stabilen Kristallgitters behindern. Bereits geringe thermi-sche Energie genĂŒgt daher, umdieGitterenergie zuĂŒberwindenunddie festeKristallstruk-tur aufzubrechen. Es handelt sich definitionsgemĂ€ĂumSalze, die auch ohne Lösemittel beiTemperaturen unter °C flĂŒssig sind. beschrieb Paul Walden (â) die ers-te Ionische FlĂŒssigkeit. Ethylammoniumnitrat ([(CH)N]
+NOâ ), weist einen Schmelz-punkt von °C auf.
Beispiele fĂŒr verwendete Kationen, die insbesondere alkyliert sein können, sind Am-monium, Phosphonium, Imidazolium oder Pyridinium. Als Anionen kommen Haloge-nide und komplexere Ionen, wie Tetrafluoridoborate, Trifluoracetate, Hexafluoridophos-phate oder Phosphinate in Frage.
Durch Variation der Substituenten eines gegebenen Kations und durch Variation desAnions können die physikalisch-chemischen Eigenschaften einer ionischen FlĂŒssigkeit inweiten Grenzen variiert und auf technische Anforderungen hin optimiert werden.
Ionische FlĂŒssigkeiten zeichnen sich durch eine Reihe interessanter Eigenschaften aus.Sie sind thermisch stabil, nicht entzĂŒndlich, haben einen sehr niedrigen, kaummessbarenDampfdruck und verfĂŒgen ĂŒber sehr gute Lösungseigenschaften fĂŒr zahlreiche Substan-zen. Auch besitzen sie aufgrund ihres rein ionischen Aufbaus interessante elektrochemi-sche Eigenschaften, wie z. B. elektrische LeitfĂ€higkeit.
4
65
4 SĂ€uren und Basen
Definition nach BrĂžnsted . . . 65 | Definition nach Lewis . . . 66 | Schwache
SĂ€uren und Basen: SĂ€urekonstante, Basenkonstante . . . 67 |
Wasserstoffionenkonzentration und pH-Wert . . . 68 | pK-Werte von SĂ€uren
und Basen . . . 70 | Hydrolyse . . . 74 | Pufferlösungen . . . 77 | AusgewÀhlte
SĂ€uren und Basen . . . 79
4.1 Definition nach BrĂžnsted
. MERKE Nach der heute ĂŒblichen Definition von SĂ€uren und Basen nach J. N. BrĂžnsted(1879â1947) wird als SĂ€ure ein Stoff bezeichnet, der Protonen abgeben kann (Proto-nendonator). Eine Base ist ein Stoff, der Protonen aufnimmt (Protonenakzeptor).
Wenn eine SĂ€ure ein Proton abgibt, bleibt ein SĂ€urerest zurĂŒck, der seinerseits eine Base ist,da er unter RĂŒckbildung der SĂ€ure auch wieder ein Proton aufnehmen kann. Eine SĂ€ureund eine Base, die auf diese Weise verknĂŒpft sind, werden als korrespondierendes oderkonjugiertes SĂ€ure-Base-Paar bezeichnet; man spricht von der mit der SĂ€ure korrespon-dierenden oder konjugierten Base:
HBïżœïżœââœïżœïżœ Bâ + H+SĂ€ureïżœïżœââœïżœïżœ Base + Proton
Da es sich bei einem Proton lediglich um einen H-Atomkern ohne ElektronenhĂŒlle han-delt, können Protonen in Lösungen oder anderen kondensierten Phasen nicht isoliert auf-treten. Dies bedeutet, dass eine SĂ€ure nur dann ein Proton abgeben kann, wenn eine Basevorhanden ist, die das Proton ĂŒbernimmt und kovalent bindet. Wichtige VoraussetzungfĂŒr eine Base ist daher, dass sie ĂŒber mindestens ein freies Elektronenpaar fĂŒr die koordi-native Bindung (7Kap. ..) zum Proton verfĂŒgt.
Eine SĂ€ure-Base-Reaktion besteht somit in einemAustausch des Protons von der SĂ€urezur Base. Dies fĂŒhrt zwangslĂ€ufig dazu, dass stets zwei SĂ€ure-Base-Paare wechselwirken.
Den Sachverhalt kann man sich anhand der EssigsĂ€ure HAc (Acâ = CH3COOâ) klarmachen. Reine EssigsĂ€ure leitet den elektrischen Strom nicht, da keine geeignete Basevorhanden ist, die das Proton aufnehmen kann und daher praktisch keine Dissoziation
66 4.2 Definition nach Lewis
in Ionen erfolgt. Erst wenn beispielsweiseWasser als Base zugefĂŒgt wird, kann EssigsĂ€uredissoziieren:
HAcïżœïżœââœïżœïżœ Acâ + H+H2O + H+ ïżœïżœââœïżœïżœ H3O
+
HAc + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + Acâ
SĂ€ure 1 + Base 2ïżœïżœââœïżœïżœ SĂ€ure 2 + Base 1Da zwei SĂ€ure-Base-Paaremiteinander wechselwirken, fĂŒhrt die Protonenaustauschreak-tion zu einem Gleichgewicht.
Die StĂ€rke einer SĂ€ure hĂ€ngt davon ab, wie leicht sie ihr Proton abspalten kann. Entspre-chend ist die StĂ€rke einer Base proportional zu ihrer FĂ€higkeit, das Proton zu binden. Einestarke SĂ€ure spaltet ihr Proton leicht ab und korrespondiert daher mit einer schwachenBase, wĂ€hrend umgekehrt eine starke Base mit einer schwachen SĂ€ure korrespondiert.Eine quantitative Angabe der StĂ€rke von SĂ€uren und Basen ist ĂŒber das MWG durch dieSĂ€urekonstante und Basenkonstante (7S. ) möglich.
SchwefelsÀure HSO besitzt zwei Protonen, OrthophosphorsÀure HPO drei Pro-tonen, die sie nacheinander abgeben können. In diesen FÀllen liegen mehrwertige odermehrprotonige SÀuren vor.
Einige Stoffe, wie z. B. HPOâ , können sowohl als SĂ€ure als auch als Base reagieren. Sie
werden als Ampholyte oder als amphoter bezeichnet:
HPO2â4 ïżœïżœââœïżœïżœ PO3â4 + H+HPO2â4 + H+ ïżœïżœââœïżœïżœ H2PO
â4
ObeinAmpholyt als SÀure oder als Base reagiert, hÀngt vonderArt undKonzentration desjeweiligen Reaktionspartners ab. Ist der Reaktionspartner eine stÀrkere SÀure, so reagiertder Ampholyt als Base. Ist der Reaktionspartner die stÀrkere Base, so reagiert er als SÀure.
Die spezielle SĂ€ure-Base-Reaktion der SĂ€ure HO+ mit der Base OHâ wirdNeutralisa-
tion genannt.H3O
+ + OHâ ïżœïżœââœïżœïżœ 2H2O
Die Neutralisation ist eine stark exotherme Reaktion, die mit der Freisetzung von 57,6 kJproMol HO verbunden ist. Die RĂŒckreaktion der Neutralisation entspricht der Eigendis-soziation oder Autoprotolyse des Wassers (7Kap. ..).
4.2 Definition nach Lewis
Eine Erweiterung der Definition von SĂ€uren und Basen hat Lewis () eingefĂŒhrt.
. MERKE Nach Lewis ist eine SĂ€ure ein Elektronenpaar-Akzeptor und eine Base ein Elektro-nenpaar-Donator.
Zur Unterscheidung von SĂ€uren und Basen nach der BrĂžnstedâschen Definition sprichtman hier von Lewis-SĂ€uren und Lewis-Basen. Bei der Reaktion einer Lewis-SĂ€ure miteiner Lewis-Base wird eine koordinative Bindung (7Kap. .., S. ) ausgebildet. EineLewis-Base muss daher ĂŒber mindestens ein freies Elektronenpaar verfĂŒgen. Hier zeigtsich die Gemeinsamkeit mit der Definition einer Base nach BrĂžnsted; denn eine BrĂžnsted-Base kann nur dann ein Proton aufnehmen, wenn sie fĂŒr die Bindung zum Proton ein
4
4.3.1 Einwertige SĂ€uren und Basen 67
freies Elektronenpaar zur VerfĂŒgung stellen kann. Die Definitionen unterscheiden sichjedoch in Bezug auf die SĂ€ure. Nach Lewis ist das Proton die SĂ€ure, denn es wird vonder Base unter Bildung einer koordinativen Bindung aufgenommen und ist damit derElektronenpaar-Akzeptor. Ganz allgemein ist eine Lewis-SĂ€ure ein Ion oder ein MolekĂŒlmit einer Elektronenpaar-LĂŒcke. Dies ist beispielsweise bei den Borhalogeniden BX (X =F, Cl, Br, I) (7S. ) oder bei PCl der Fall. So reagiert BF mitNH unter Ausbildung einerkoordinativenBâN-Bindung.Wiewir bei derTheorie derKomplexe (7Kap. ) noch sehenwerden, sind Komplexe das Ergebnis einer Reaktion einer Lewis-SĂ€ure mit Lewis-Basen.Hier ist das Zentralatom des entstehenden Komplexes die Lewis-SĂ€ure.
4.2.1 HSAB-Konzept nach PearsonPearson ĂŒbernimmt die Definition von Lewis, er geht jedoch in seinem HSAB-Konzeptvon harten und weichen SĂ€uren und Basen (Hard and SoftAcids and Bases) noch weiter.Danach sind harte SĂ€uren wenig polarisierbare Kationen oder MolekĂŒle wie z. B. H+, Li+,Mg+, Al+, BF, PF.Weiche SĂ€uren sind gut polarisierbar, z. B. Cs+, Ag+, Hg+. Analogesgilt fĂŒr Basen: hart sind z. B. Fâ, HO, OH
â und weich sind Brâ, Iâ, Sâ. Starke Bindungenmit hohem Ionenbindungsanteil entstehen zwischen harter Base und harter SĂ€ure bzw.weicher Base und weicher SĂ€ure, z. B.:
Li+ + Fâ ïżœïżœâ LiF bzw. Cs+ + Iâ ïżœïżœâ CsI
SchwĂ€chere Bindungen ĂŒberwiegend kovalenter Art bilden sich aus harter SĂ€ure und wei-cher Base oder umgekehrt, z. B.:
Cr3+ + 6 SCNâ ïżœïżœâ [Cr(SCN)6]3â bzw. Hg2+ + 2 Clâ ïżœïżœâ HgCl2
4.3 Schwache SĂ€uren und Basen: SĂ€urekonstante, Basenkonstante
4.3.1 Einwertige SĂ€uren und BasenSchwache einwertige SĂ€uren HA und schwache einwertige Basen B nach BrĂžnsted reagie-ren mit Wasser unter Ausbildung eines Gleichgewichts fĂŒr das das MWG formuliert wer-den kann.
FĂŒr eine schwache SĂ€ure gilt:
HA + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + Aâ
cH3O+ â cAâ
cHA â cH2O= KâČS
Da in verdĂŒnnterwĂ€sseriger Lösung die Konzentration desWassers als konstant angenom-men werden kann, gilt:
cH3O+ â cAâcHA
= KâČS â cH2O = KS
FĂŒr eine schwache Base gilt:B + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ HB+ + OHâ
68 4.4 Wasserstoffionenkonzentration und pH-Wert
cHB+ â cOHâ
cB â cH2O= KâČB und
cHB+ â cOHâ
cB= KâČB â cH2O = KB
KS wird als SĂ€ure-Dissoziationskonstante oder einfach als SĂ€urekonstante und KB alsBasen-Dissoziationskonstante oder Basenkonstante bezeichnet. HĂ€ufig werden an ihrerStelle auch die negativen dekadischen Logarithmen pKS und pKB angegeben.
â logKS = pKS und â logKB = pKB
4.3.2 Mehrwertige SĂ€urenDie Dissoziation einer mehrwertigen SĂ€ure erfolgt schrittweise und jeder einzelnen Stufeder Protonenabgabe entspricht ein eigenesGleichgewicht und eine eigeneGleichgewichts-konstante bzw. SĂ€urekonstante. Die Gleichgewichtskonstante der Summenreaktion ist dasProdukt der Einzelkonstanten.
H2A +H2O ïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ +HAâ ; cH3O
+ â cHAâ
cH2A= KS1
HAâ +H2O ïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ +A2â ;
cH3O+ â cA2â
cHAâ= KS2
H2A + 2H2O ïżœïżœââœïżœïżœ 2H3O+ +A2â ;
c2H3O+ â cA2â
cH2A= KS1 â KS2 = KS
4.4 Wasserstoffionenkonzentration und pH-Wert
4.4.1 Dissoziation von WasserWasser ist ein Ă€uĂerst schwacher, amphoterer Elektrolyt, der in sehr schneller, reversiblerReaktion in hydratisierte HO
+- und OHâ-Ionen dissoziiert:
2H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + OHâ
Der Dissoziationsgrad ist sehr klein und betrĂ€gt bei °C α = 3,6 â 10â9. Wegen diesernur geringfĂŒgigen Eigendissoziation besitzt reines Wasser nur eine geringe spezifischeLeitfĂ€higkeit von Ï = 1 â 10â8 Ωâ1 â cmâ1 bei °C. NatĂŒrliches Wasser weist wegen derdarin gelösten Elektrolyte eine bedeutend höhere LeitfĂ€higkeit auf.
Infolge der geringenKonzentration anH+- (vereinfachte Schreibweise,7Kap. ., S. )undOHâ-Ionen in reinemWasserkönnen imMWGanstelle derAktivitĂ€ten die Stoffmen-genkonzentrationen angesetzt werden:
Ka = aH+ â aOHâ
aH2O= cH+ â fH+ â cOHâ â fOHâ
aH2Oâ cH+ â cOHâ
aH2O= 1,8 â 10â16
4
4.4.3 Definition des pH-Werts 69
4.4.2 Ionenprodukt von WasserIn verdĂŒnnten Lösungen ist der Ăberschuss an undissoziiertenWassermolekĂŒlen im Ver-gleich zu den gelösten Stoffen so groĂ, dass ihre AktivitĂ€t als konstant betrachtet werdendarf undmit in die Konstante einbezogen werden kann. Hieraus ergibt sich das Ionenpro-dukt des Wassers KW:
cH+ â cOHâ = Ka â aH2O = KW = 1 â 10â14 mol2/L2 bei 22 âCFĂŒr eine neutrale wĂ€sserige Lösung oder reines Wasser gilt:
cH+ = cOHâ = 10â7 mol/LFĂŒr eine saure Lösung gilt:
cH+ > 10â7 mol/L > cOHâ
FĂŒr basische Lösungen gilt:
cH+ < 10â7 mol/L < cOHâ
VersetztmanWassermit einer SĂ€ure oder einer Base, so bleibt das Ionenprodukt konstant,d. h., die OHâ- bzw. H+-Ionenkonzentration wird entsprechend vermindert. Es sind je-doch auch in saurer Lösung noch OHâ-Ionen und in alkalischer Lösung noch H+-Ionenvorhanden.
Beispiel: Berechnung der OHâ- und H+-IonenkonzentrationIn 0,1mol/L HCl ist cH+ = 10â1 mol/L und cOHâ = 10â13 mol/L, in 0,01mol/L NaOH ergibt sichcOHâ = 10â2 mol/L und cH+ = 10â12 mol/L.4.4.3 Definition des pH-WertsStatt der Stoffmengenkonzentrationen cH+ und cOHâ gibt man ĂŒblicherweise den negati-ven dekadischen Logarithmus der Konzentrationen, den pH- bzw. pOH-Wert, an:
pH = â log aH+ â â log cH+
pOH = â log aOHâ â â log cOHâ
Temp. /âC KW /mol2â Lâ2 pKW pH
0 0,13 â 10â14 14,89 7,4
10 0,36 â 10â14 14,45 7,2
20 0,86 â 10â14 14,07 7,0
22 1,00 â 10â14 14,00 7,0
30 1,89 â 10â14 13,73 6,8
50 5,6 â 10â14 13,25 6,6
100 74 â 10â14 12,13 6,0
Tab. 4.1 TemperaturabhÀngigkeit desIonenprodukts des Wassers
70 4.5 pK-Werte von SĂ€uren und Basen
Aus dem Ionenprodukt des Wassers folgt:
pH + pOH = 14
Die Dissoziation von Wasser ist ein endothermer Vorgang. Daher steigen die Gleichge-wichtskonstante und der Dissoziationsgrad entsprechend dem Prinzip von Le Chatelier(7Kap. ..) bei Temperaturerhöhung an. Die pH-Wert-Skala verengt sich entsprechend( Tab. .). Bei °C sind demnach 10â6,07 mol/L H+ und gleichviel OHâ-Ionen vor-handen und der verkleinerte pH-Wert bedeutet nicht, dass eine saure Reaktion vorliegt.
Beispiel: Berechnung von pH-Wert und H+-Ionenkonzentrationa) cH+ = 5 â 10â1 mol/L; pH = â(log5 + log10â1) = â(0,7 â 1) = 0,3b) pH = 5,8; cH+ = 10â5,8 mol/L = 100,2 â 10â6 mol/L = 1,59 â 106mol/L4.5 pK-Werte von SĂ€uren und Basen
Die StÀrke von SÀuren und Basen ist durch den pKS- bzw. den pKB-Wert definiert(7Kap. .). Eine Einordnung der pKS-Werte gibt Tab. ..
pKS bzw. pKB-Werte
Starke SĂ€uren bzw. Basen 0 bis 4,5
Schwache SĂ€uren bzw. Basen 4,5 bis 9,5
Sehr schwache SĂ€uren bzw. Basen 9,5 bis 14
Tab. 4.2 pKS- undpKB-Werte von SĂ€uren undBasen
Bei einem korrespondierendem SĂ€ure-Base-Paar sind die zugehörigen KS- und KB-Wertenicht unabhĂ€ngig voneinander. Wie die nachfolgende Betrachtung zeigt, sind sie ĂŒber dasIonenprodukt des Wassers KW miteinander verknĂŒpft:
HA + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + Aâ
Aâ + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ HA + OHâ2H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O
+ + OHâcH3O
+ â cAâcHA
â cOHâ â cHA
cAâ= cH3O
+ â cOHâ = KS â KB = KW
KS â KB = KW
pKS + pKB = 14
4.5.1 Starke SÀuren und starke BasenBei starken einwertigen SÀuren kann man annehmen, dass sie vollstÀndig in HO
+-Ionenund die korrespondierende Base dissoziiert sind, sodass dieGesamtkonzentration der SĂ€u-re c0 derHO
+-Ionenkonzentration entspricht. Entsprechend gilt fĂŒr starke Basen, dass sie
4
4.5.2 Schwache SĂ€uren und schwache Basen 71
vollstĂ€ndigmitWasser zur korrespondierenden SĂ€ure und OHâ reagiert haben und somitc0 = cOHâ ist.
HA + H2Oïżœïżœâ H3O+ + Aâ
B + H2Oïżœïżœâ BH+ + OHâEine angenĂ€herte Rechnung unter VernachlĂ€ssigung der IonenstĂ€rke (AktivitĂ€tskoeffizi-ent = ) ergibt fĂŒr starke einwertige SĂ€uren:
cHA 1 0,1 0,01 0,001mol/LcH+ 1 â 100 1 â 10â1 1 â 10â2 1 â 10â3 mol/LcOHâ 1 â 10â14 1 â 10â13 1 â 10â12 1 â 10â11 mol/LpH 0 1 2 3
(Analoges gilt fĂŒr starke Basen.)FĂŒr eine genaue Rechnung mĂŒssen die AktivitĂ€ten angesetzt werden:
aH+ = f â cH+pHa = â log( f â cH+)pHa = pH â log f
Beispiel: pHa-Wert einer Lösung von 0,1mol/L HClDer mittlere AktivitÀtskoeffizient f von 0,1mol/L HCl betrÀgt 0,796.
pHa = 1 â log(0,796) = 1 â (â0,1) = 1,14.5.2 Schwache SĂ€uren und schwache BasenEine schwache SĂ€ure ist nur teilweise dissoziiert:
HA + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + Aâ
Unter VernachlĂ€ssigung der IonenstĂ€rke gilt fĂŒr die SĂ€urekonstante:
cH+ â cAâcHA
= KS
Da die Dissoziation der schwachen SĂ€ure nur gering ist, kann fĂŒr cHA nĂ€herungsweise dieGesamtkonzentration c0 angenommen werden. AuĂerdem ergibt sich aus dem Dissozia-tionsgleichgewicht, dass genauso vieleHO
+-Ionen wie Aâ-Ionen gebildet werden, sodasscH+ = cAâ . Hieraus folgt:
cH+ = âKS â c0
cH+ und pH-Wert einer 0,1mol/L CHCOOH:
cH+ â cCH3COOâ
cCH3COOH= KS = 10â4,75 mol/L
72 4.5 pK-Werte von SĂ€uren und Basen
Vereinfachend kann gesetzt werden:
cH+ = cCH3COOâ ; cCH3COOH = c0 = 0,1mol/Lc2H+ = 10â4,75 â 10â1 = 10â5,75 mol2/L2cH+ = 10â2,88 mol/LpH = 2,88
FĂŒr schwache Basen gilt entsprechend:
cOHâ = âKB â c0 bzw. cH+ = KW
cOHâ= KWâ
KB â c0 =ïżœïżœïżœïżœ K2
W
KB â c0Durch Ersetzen von KB durch KS in obiger Gleichung mithilfe der Beziehung KS â KB =KW (7S. ) ergibt sich fĂŒr die Wasserstoffionenkonzentration einer schwachen Base:
cH+ =ïżœïżœïżœïżœK2
W â KS
KW â c0 = âKW â KS
c0
Beispiel: Berechnung des pH-Werts einer 0,1mol/L CH3COOâ-Lösung (KS = 10
â4,75)
cH+ =ïżœïżœïżœïżœ10â14 â 10â4,75
10â1mol/L = â10â17,75 mol/L = 10â8,88 mol/L
pH â â log cH+ = 8,88
4.5.3 pH-Indikatoren
. MERKE pH-Indikatoren sind organische Farbstoffe, die den Charakter schwacher SĂ€urenoder schwacher Basen aufweisen. Dabei hat die SĂ€ure eine andere Konstitution und Farbeals die korrespondierende Base.
Auf das Dissoziationsgleichgewicht einer IndikatorsÀure HA lÀsst sich das MWG anwen-den:
cH+ â cAâcHA
= KS
DerUmschlagspunkt des Indikators liegt bei demjenigen pH-Wert, fĂŒr den die Konzentra-tion der farbigen korrespondierenden Base Aâ ebenso groĂ ist wie die Konzentration derfarbigen oder gelegentlich auch farblosen IndikatorsĂ€ure HA. FĂŒr den Umschlagspunktgilt also:
cH+ = KS ; pH = pKS
Somit hat die Wasserstoffionenkonzentration am Umschlagspunkt numerisch denselbenWert wie die Gleichgewichtskonstante KS. Das menschlicheAuge vermag jedoch die 1 ⶠ1-Mischung der Farbkomponenten nur selten scharf zu erkennen, wohl aber sind Abwei-chungen von den reinen Grundfarben der IndikatorsÀure und ihrer korrespondierenden
4
4.5.3 pH-Indikatoren 73
Tab. 4.3 Eigenschaften einiger SĂ€ure-Base-Indikatoren
Farbe imIndikator pH-BereichdesUmschlags-intervalls
pHdes Um-schlags-punktes
saurenGebiet
alkalischenGebiet
Farbe beimUmschlags-punkt
KonzentrationderIndikatorlösung
Methyl-orange
3,1â4,4 4,0 Rot Orangegelb Orange 0,1%ig in Wasser
Methylrot 4,2â6,3 5,8 Rot Gelb Orange 0,2%ig in 60%igemEthanol
Bromthy-molblau
6,0â7,6 7,1 Gelb Blau GrĂŒn 0,1%ig in 20%igemEthanol
Lackmus 5,0â8,0 6,8 Rot Blau Blaurot 0,5% in 90%igemEthanol
Phenol-phthalein
8,2â10,0 8,4 Farblos Rot Schwachrosa
0,1%ig in 70%igemEthanol
Thymol-phthalein
9,3â10,6 10,0 Farblos Blau SchwachblĂ€ulich
0,1%ig in 90%igemEthanol
Tashiro 4,2â6,3 5,8 Violett-rot
GrĂŒn Grau 60mg Methylrotin 200mL Ethanol+30mgMethylenblauin 30mL Wasser
Base wahrnehmbar, wenn das KonzentrationsverhĂ€ltnis cHA ⶠcAâ = 9 ⶠ1 bzw. 1 ⶠ9 be-trĂ€gt. Das pH-Gebiet der Mischfarben in der NĂ€he des Umschlagspunkts wird als Um-schlagsintervall bezeichnet. Es erstreckt sich ĂŒber â pH-Einheiten. Innerhalb des Inter-valls liegen Zwischenfarbtöne, bei denen eine optimal erkennbare FarbĂ€nderung durchZugabe kleiner Mengen an SĂ€ure bzw. Base eintritt.Mischindikatoren bestehen entweder aus einem Indikator und einem indifferenten Farb-stoff oder aus zwei Indikatoren. ImUmschlagsintervall entsteht ein Gemisch komplemen-tĂ€rer Farben, sodass eine graue Lösung erhalten wird. Gegen Abweichungen von diesemGrauton ist das Auge besonders empfindlich.
Als ein Beispiel fĂŒr einen Mischindikator aus einem indifferenten Farbstoff und einemIndikator ist in Tab. . Tashiro aufgefĂŒhrt.
Bei qualitativen Arbeiten verwendet man hĂ€ufig Mischindikatoren, unter denen dasUniversal-Indikator-Papier, dessen FĂ€rbung im Bereich von pH = 0â14 eine grobe pH-Bestimmung zulĂ€sst, die gröĂte Bedeutung hat.
Versuch: Farbumschlag von IndikatorenMan prĂŒft die ausstehenden SĂ€uren und Basen mit den in Tab. 4.3 aufgefĂŒhrten Indikatoren.
74 4.6 Hydrolyse
4.6 Hydrolyse
. MERKE Eine Hydrolyse ist eine chemische Reaktion, bei der unter Einwirkung von Wasserdie kovalente Bindung einer Verbindung gespalten wird.
Beispiele hierfĂŒr sind die Reaktionen von SiCl oder PCl mit Wasser.
PCl3 + 3H2Oïżœïżœâ H3PO3 + 3HClIn der Ă€lteren Literatur wurde als Hydrolyse auch die Reaktion eines Salzes mit Wasserbezeichnet, wenn die Ionen des Salzes mit Wasser als SĂ€ure oder Base reagieren oder mitWasser eine SĂ€ure bilden. Im Folgenden verwenden wir den Begriff Hydrolyse auch indiesem Sinne.
So reagiert beispielsweiseeine Lösung von NHCl inWasser sauer, da das Ammonium-ion eine SÀure ist:
NH+4 + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + NH3
Salze wie NaCN, NaCO oder NaCHCOO ergeben in Wasser eine alkalische Reaktion,da ihre Anionen Basen sind:
CNâ + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ HCN + OHâCO2â3 + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ HCOâ3 + OHâ
Die Ionen von Salzen wie ZnCl oder AlCl werden hydratisiert. Die Aquakomplexe derhöher geladenen Kationen sind SÀuren. Dementsprechend reagieren Lösungen dieser Sal-ze sauer:
Al3+ + 6H2Oïżœïżœâ [Al(OH2)6]3+[Al(OH2)6]3+ + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ [Al(OH2)5(OH)]2+ + H3O+Interessant sind FĂ€lle, bei denen ein Salz wie beispielsweise NH+
CHCOOâ aus einerschwachen SĂ€ure und einer schwachen Base besteht. In diesem Fall tritt eine Reaktion mitWasser ein, ohne dass sich jedoch der pH-Wert wesentlich verĂ€ndert, da sich die gebildetenHO
+- und OHâ-Ionen zu Wasser vereinigen:
NH+4 + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ H3O+ + NH3
CH3COOâ + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ CH3COOH + OHâ
H3O+ + OHâ ïżœïżœâ 2H2O
Versuch: Hydrolyse von SalzenFolgende wĂ€sserige Salzlösungen werden mit dem Indikator Tashiro ( Tab. 4.3) geprĂŒft:NaCH3COO, Na2CO3: Alkalische Reaktion, grĂŒne FarbeNH4CH3COO, NaCl: Neutrale Reaktion, graue Farbe (ausgekochtes Wasser)NH4Cl, ZnCl2, AlCl3: Saure Reaktion, violettrote Farbe
4
4.6.2 Ănderung der Konzentration der Reaktionsprodukte 75
4.6.1 VerdĂŒnnung und TemperaturĂ€nderungMit steigender VerdĂŒnnung und mit steigender Temperatur nimmt die Hydrolyse zu.
Versuch: Einfluss von VerdĂŒnnung und Temperatur auf die HydrolyseHydrolyse von NaCH3COO
â: Eine 0,1mol/L Natriumacetatlösung wirdmit einigen Tropfen Phe-nolphthalein versetzt und erwĂ€rmt. Die anfangs farblose Lösung fĂ€rbt sich infolge zunehmenderHydrolyse rot.Hydrolyse von [Zn(OH)4]
2â (7S. 397): Zu einer Zn2+-Lösung fĂŒgt man so viel NaOH zu, dasssich das zunĂ€chst gebildete Zn(OH)2 noch nicht völlig auflöst. Nach Filtration erhitzt man dasFiltrat zum Sieden. Es fĂ€llt wieder weiĂes Zn(OH)2 aus.
[Zn(OH)4]2â ïżœïżœââœïżœïżœ Zn(OH)2 â + 2OHâZu weiteren Versuchen zur AbhĂ€ngigkeit der Hydrolyse von der Temperatur siehe beiAl(III) (7S. ) und Fe(III) (7S. ).
4.6.2 Ănderung der Konzentration der ReaktionsprodukteWerden die bei der Hydrolyse entstehendenH+- bzw. OHâ-Ionen aus demGleichgewichtentfernt, so kann die Hydrolyse praktisch quantitativ verlaufen. UnterstĂŒtzt wird dieserVorgang, wenn die gebildete wenig dissoziierte Verbindung gasförmig entweicht oderschwer löslich ist.
Bildung flĂŒchtiger VerbindungenCyanide reagierenmitWasser als Base und bilden teilweiseHCNundOHâ. Durch Zugabevon SĂ€uren wie HCOâ und Vertreiben von HCN wird die Hydrolyse vollstĂ€ndig:
CNâ + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ HCN â + OHâOHâ + HCOâ3 ïżœïżœâ H2O + CO2â3
Vorsicht! Cyanide dĂŒrfen nur bei Beachtung besonderer SchutzmaĂnahmen mit SĂ€u-ren oder anderen OHâ-bindenden Stoffen in BerĂŒhrung gebracht werden, da dabei diehöchst giftige BlausĂ€ure HCN entsteht.
BeimVersetzen einer Ammoniumsalzlösungmit Lauge bildet sich NH, das durch ErwÀr-men vertrieben werden kann.
NH+4 + H2Oïżœïżœââœïżœïżœ NH3 â + H3O+H3O
+ + OHâ ïżœïżœâ 2H2O
Diese Reaktion kann als Nachweis von NH aus NH+ -Salzen benutzt werden (7Nach-
weis 625 ).
76 4.6 Hydrolyse
Bildung schwer löslicher VerbindungenWie oben erlĂ€utert wurde, sind die Aquakomplexe der höher geladenen Kationen, wieAl+ oder Fe+, SĂ€uren. In Gegenwart von Ionen oder MolekĂŒlen, die als Basen wirken,z. B. CHCOOâ undNH, oder dieWasserstoffionen in einerNebenreaktion verbrauchen,wie z. B. Urotropin N(CH) (7S. ) und NOâ , verlĂ€uft die Hydrolyse bis zur FĂ€llungeines stark wasserhaltigenHydroxidgels. Urotropin und Acetat haben bei der sogenanntenHydrolysentrennung (7S. ,7S. und7S. ) Bedeutung.
Urotropin liegt in NH und Formaldehyd teilweise hydrolysiert vor. Unter Einwirkungschwacher SĂ€uren wie [Al(OH)]
+ wird das Ammoniak aus demGleichgewicht entferntund so das Gleichgewicht (s. u.) nach rechts verschoben. Der Aquakomplex geht dabei indas schwer lösliche Hydroxidgel ĂŒber.
[Al(OH2)6]3+ ïżœïżœââœïżœïżœ [Al(OH)3(OH2)3] â + 3H+N4(CH2)6 + 6H2Oïżœïżœââœïżœïżœ 4NH3 + 6HCHO
NH3 + H+ ïżœïżœâ NH+4
Vorteil dieser Methode ist, dass die Lösung im schwach sauren Gebiet verbleibt und da-durch eine Abtrennung der Hydroxide M(OH)x mit x â„ 3 von denjenigen mit x = 2 ge-lingt. AuĂerdem ist die FĂ€llung von amphoterem Al(OH) vollstĂ€ndig, da kein Hydroxo-komplex gebildet werden kann. Auch wird die imAlkalischen leicht erfolgende Oxidationvon Mn+ durch Luftsauerstoff zu MnO verhindert, sodass kein MnO mitfĂ€llt.
Die Abtrennung der drei- und vierwertigen Kationen im schwach sauren Gebiet(pH=â) gelingt auch mit einem EssigsĂ€ure/Acetat-Puffergemisch. Dies ist besondersfĂŒr die Trennung von Eisen und Mangan eine gute Methode. Hierbei wird vom Fe+
zunÀchst ein löslicher, dreikerniger Acetatokomplex [Fe(O)(CHCOO)]+ gebildet, der
beim Aufkochen zum Eisen(III)-hydroxidgel hydrolysiert wird.Im stark alkalischen Milieu geht das schwer lösliche, amphotere Aluminiumhydroxid-
gel in lösliche Hydroxokomplexe ĂŒber:
[Al(OH)3(OH2)3] + OHâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Al(OH)4(OH2)2]â + H2O[Al(OH)4(OH2)2]â + OHâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Al(OH)5(OH2)]2â + H2O[Al(OH)5(OH2)]2â + OHâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Al(OH)6]3â + H2OAus den Hydroxokomplexen kann man das Hydroxid wiederum ausfĂ€llen, wenn man dieHydroxidionen mit einer schwachen SĂ€ure wie der KohlensĂ€ure oder dem Ammonium-kation wegfĂ€ngt:
[Al(OH)4]â + CO2 ïżœïżœâ [Al(OH)3] + HCOâ3[Al(OH)4]â + NH+4 ïżœïżœâ [Al(OH)3] + NH3 + H2OVersuch: Verringerung der OHâ-Konzentration einer [Al(OH)4]
â-LösungEine Hydroxoaluminatlösung wird mit festem NH4Cl versetzt. Es fĂ€llt Al(OH)3 aus.
8
119
8 Komplexchemie
Eigenschaften von Komplexen . . . 119 | Aufbau der Komplexe . . . 121 |
Bildung und StabilitÀt von Komplexen . . . 126 | Chemische Bindung in
Komplexen . . . 130
Die Koordinationslehre, die sich mit der Zusammensetzung und dem Aufbau von Kom-plexverbindungen befasst, wurde von Alfred Werner (â) begrĂŒndet.
Das Verhalten der Komplexe ist fĂŒr die analytische Chemie von besonderer Bedeutung,da alle Metallkationen mehr oder weniger zur Komplexbildung befĂ€higt sind. VielfachfĂŒhrt die gezielte Komplexbildung bei Ionen, die sich Ă€hnlich verhalten, zu differenziertenchemischen Eigenschaften. Dies kann fĂŒr die Abtrennung, Bestimmung und Maskierungvieler Kationen ausgenutzt werden.
8.1 Eigenschaften von Komplexen
Komplexe entstehen durch die Vereinigung von mehreren einfachen, in der Regel che-misch bestĂ€ndigen Komponenten. In Lösung dissoziieren sie oft nur in geringemMaĂe indie Ionen oder MolekĂŒle, aus denen sie entstanden sind. Deshalb bleiben die charakteris-tischen Reaktionen der einzelnen Bestandteile ganz oder teilweise aus. Dementsprechendkann man eine Komplexverbindung wie folgt definieren: Eine Komplexverbindung istein Kollektiv aus Atomen, MolekĂŒlen oder Ionen, das bei vielen Reaktionen als Ganzesauftritt, obwohl andererseits die einzelnen Komponenten in einemDissoziationsgleichge-wicht miteinander stehen.
Ein Komplex kann als Produkt der Reaktion einer Lewis-SĂ€ure mit mehreren Lewis-Basen (7S. ) angesehen werden. Die Lewis-SĂ€ure ist in der Regel ein Kation, das alsZentralatom fungiert. Es bindet ĂŒber koordinative Bindungen (7S. ) die Lewis-Basen,die in einem Komplex als Liganden bezeichnet werden. Die Anzahl der Bindungspartnerist dabei gröĂer, als nach der Ladung und Stellung des Zentralatoms im Periodensystemzu erwartenwĂ€re. Ein Komplex ist weiterhin durch dieKoordinationszahl charakterisiert,die die Zahl der am Zentralatom gebundenen nĂ€chsten Nachbarn angibt. Einige Beispielesollen die Begriffe verdeutlichen:
Bei [Ag(NH)]+ ist das Ag+-Ion das Zentralatom, die beiden NH-MolekĂŒle sind die
Liganden und die Koordinationszahl ist zwei. In Lösung tritt [Ag(NH)]+ weitgehend
undissoziiert auf. DemgemÀà erfolgt bei der Zugabe von Clâ keine FĂ€llung von AgCl.Die Beispiele der Komplexe Cr(CO) und Co(CO)â zeigen, dass das Zentralatom auch
mit der Oxidationsstufe 0 oder mit einer negativen Oxidationsstufe auftreten kann. Im
120 8.1 Eigenschaften von Komplexen
Cr(CO) ist Chrom(0) das Zentralatom. Die CO-Liganden, die ĂŒber ihre C-Atome amZentralatom gebunden sind, ergeben die Koordinationszahl sechs. BFâ entsteht formalaus einem B+-Kation als Zentralion und vier Fâ-Ionen, die als Liganden am Zentralionkoordinativ gebunden werden. Die Ladung des Komplexes entspricht der Summe der La-dungen seiner Bestandteile. Zn+ tritt mit OHâ zu schwer löslichem Zn(OH) zusammen(7S. ). Dagegen erfolgt bei Zugabe von NH aufgrund der Bildung von [Zn(NH)]
+
keine FĂ€llung.Anstelle der normalen Reaktionen der Einzelionen können andersartige, fĂŒr den Kom-
plex charakteristische Reaktionen auftreten. Typische Beispiele sind die Hexacyanidofer-rat-Komplexe: Fe+ bildet mit Sâ in ammoniakalischer Lösung schwarzes FeS (7S. ),mit OHâ farbloses Fe(OH) (7S. ). Das Hexacyanidoferrat(II)-Ion [Fe(CN)]
â gibtdagegen mit Sâ und OHâ keine NiederschlĂ€ge. DafĂŒr setzt sich das [Fe(CN)]â-Ion mitFe+ zu Berliner Blau (7S. ) und mit Zn+ zu weiĂem KZn[Fe(CN)] (7S. ) um.
Komplexe kann man also an den anders verlaufenden chemischen Reaktionen erken-nen. AuĂerdem gibt es eine Reihe anderer Merkmale, die auf ihr Vorliegen hinweisen:. FarbĂ€nderung bei der Komplexbildung: [Ni(OH)]
+ ist grĂŒn, bei Zugabe von NHbildet sich der tiefblaue [Ni(NH)]
+-Komplex, Bis(dimethylglyoximato)nickel(II)(7S. ) ist intensiv rot; CuSO ist weiĂ, CuSO â HO ist blau, in ammoniakalischerLösung entsteht der tiefblaue Komplex [Cu(NH)]
+; [Fe(OH)]+ ist gelb, in konz.
HCl bildet sich dagegen ein tiefgelber Chloridokomplex, mit SCNâ entsteht intensivrotes Fe(SCN). Solche FarbĂ€nderungen zeigen qualitativ Komplexbildung bzw. denĂbergang von Aquakomplexen in andere Komplexe an.
. Ănderung der elektrischen LeitfĂ€higkeit: Die elektrische LeitfĂ€higkeit einer LösunghĂ€ngt in erster Linie davon ab, in wie viele Ionen ein Salz dissoziiert. Die Art der Ionenist bei groĂer VerdĂŒnnung fĂŒr die LeitfĂ€higkeit von geringerem Einfluss.WĂŒrde beispielsweise K[Fe(CN)] beim Lösen vollstĂ€ndig in vier K+-, ein Fe+- undsechs CNâ-Ionen dissoziieren, so mĂŒsste die LeitfĂ€higkeit der Lösung ungefĂ€hr gleichder Summe der LeitfĂ€higkeiten der Einzelionen sein. Das ist nicht der Fall, denn durchdie Komplexbildung verringert sich die Anzahl freier Ionenund damit die LeitfĂ€higkeit.Sobald die gemessene LeitfĂ€higkeit der verdĂŒnnten Lösung einerVerbindung kleiner istals die Summe der LeitfĂ€higkeiten aus den Einzelbestandteilen, ist mit dem Vorliegeneines Komplexes zu rechnen.
. Ănderung desWanderungssinns im elektrischen Feld: Freie Ag+-Ionen aus einfachenSalzen wandern im elektrischen Feld zur Kathode und werden dort als Metall abge-schieden. Negativ geladene Dicyanidoargentat(I)-Ionen [Ag(CN)]
â wandern jedochzur Anode. Zur Metallabscheidung ist aber natĂŒrlich eine Reduktion erforderlich, dienur an derKathode durchZufuhr vonElektronen eintritt. Das heiĂt, auch aus Lösungenmit negativ geladenenKomplexionen scheidet sich bei der Elektrolyse dasMetall an derKathode ab.
. Ănderung der Eigenschaften, die vomosmotischenDruck abhĂ€ngen:DurchMessungder Gefrierpunktserniedrigung (Kryoskopie) bzw. Siedepunktserhöhung (Ebulliosko-pie) (7S. ) gewinntmanAufschluss ĂŒber dieAnzahl der in einer Lösung vorhandenenTeilchen. Kryoskopische Messungen gestatten die ĂberprĂŒfung der LeitfĂ€higkeitsmes-sungen auf unabhĂ€ngigem Wege. Sie bieten auĂerdem den Vorteil der Erfassung vonNeutralteilchen, die bei der Komplexbildung oft eine Rolle spielen.
. Kristallstrukturanalyse:DieKristallstrukturanalyse durchRöntgenbeugungbietet einesehr gute Möglichkeit zur genauen Bestimmung der Zusammensetzung und Strukturder Komplexe.
8
8.2.1 Zentralatome und Liganden 121
8.2 Aufbau der Komplexe
Wie bereits im vorausgehenden Kapitel erlÀutert, bestehen einkernige Komplexe aus ei-nem Zentralatom und daran koordinativ gebundenen Liganden. Die Anzahl der gebun-denen, nÀchsten Nachbarn des Zentralatoms wird Koordinationszahl genannt.
Liganden können auch BrĂŒckenfunktionen ausĂŒben und zwei oder mehrere Zen-tralatome miteinander verknĂŒpfen. Man spricht dann von zwei- oder mehrkernigenKomplexen.
8.2.1 Zentralatome und LigandenZentralatomeAls Zentralatom fungieren bei den klassischenKomplexenmeistMetallkationenmit hoherOxidationsstufe. Die oben angefĂŒhrten Beispiele Cr(CO) und Co(CO)â zeigen jedoch,dass bei Komplexen aus demBereich dermetallorganischenChemie das Zentralatom auchin niedrigen Oxidationsstufen auftreten kann. AuĂerdem können auch Nichtmetallkatio-nen als Zentralatom in Komplexen wie ClOâ oder SOâ
vorkommen.
LigandenHĂ€ufig sind die Liganden einfache Anionen wie Fâ, Clâ, Brâ, Iâ, OHâ oder CNâ. Aberauch MolekĂŒle wie HO, NH oder CO treten als Liganden auf. Handelt es sich um Ver-bindungen oder Ionen, die odermehrere funktionelle Gruppen besitzen und somitmeh-rere Koordinationsstellen des Zentralatoms besetzen können, spricht man von bi- odermultidentalen bzw. zwei- oder mehrzĂ€hnigen Liganden. Beispiele sind Ethylendiamin(NHâCHâCHâNH), Oxalat oder EDTA (7S. ). Man muss dabei unterscheiden,ob der mehrzĂ€hnige Ligand die Koordinationsstellen am selben Zentralatom besetzt oderals BrĂŒckenligand wirkt und Koordinationsstellen an zwei oder mehreren verschiedenenZentralatomen einnimmt. Im ersten Fall spricht man von Chelatliganden und Chelat-komplexen (griech. Ïηλη=Krebsschere).Die Bindung eines zweizĂ€hnigenChelatligandenfĂŒhrt zur Bildung eines Chelatrings. Die Bildung von Chelatkomplexen erfolgt vorzugs-weise, wenn dabei ein spannungsfreier - oder -gliedriger Ring entsteht.
Beispiel fĂŒr einen Chelatkomplex ist [Cu(en)]+ (en = Ethylendiamin). Zwei Ethylen-
diaminmolekĂŒle bilden ĂŒber die freien Elektronenpaare der Stickstoffatome vier koordina-tive Atombindungen (7S. ) zu einemCu+-Zentralion aus, sodass dieKoordinationszahl resultiert. Es sind dabei zwei FĂŒnfringe entstanden:
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁCu
H2N
NH2
H2N
NH2
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
2+ âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁCu
NH3
NH3
NH3
NH3
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
2+
Der Chelatkomplex hat wie das Zentralion die Ladung +. Man erkennt die Ăhnlichkeitmit dem Kupfertetrammin-Komplex, [Cu(NH)]
+.Die Chelatbildung bewirkt eine Zunahme der KomplexstabilitÀt. Man spricht in die-
sem Zusammenhang vom Chelateffekt (7S. ). So ist beispielsweise der Chelatkomplex[Ni(en)]
+ mit einem pK-Wert von 18,3 um etwa GröĂenordnungen stabiler als dervergleichbare Amminkomplex [Ni(NH)]
+ (pK = 8,6). Der Chelateffekt zeigt sich u. a.
122 8.2 Aufbau der Komplexe
auch in der Stabilisierung wenig bestĂ€ndiger Oxidationsstufen, z. B. Ag(II) im Bis(,âČ-bipyridin)silber(II)-peroxodisulfat [Ag(bipy)]SO (7S. ).
In der analytischen Chemie sind hĂ€ufig neutrale Chelatkomplexe von Bedeutung, beidenen sich die Ladungen des Zentralions und der Liganden gerade kompensieren. DieseneutralenChelatkomplexe sind inWassermeist schwer löslich, weil alleKoordinationsstel-len abgesĂ€ttigt sind oder aus sterischen GrĂŒnden eine weitere Koordination auch kleinerLiganden infolge der UmhĂŒllung des Zentralions durch die groĂen organischen Chelat-liganden unmöglich ist. Ihre UnfĂ€higkeit zur Hydratation und die organische Liganden-hĂŒlle bewirken die Schwerlöslichkeit in Wasser, wĂ€hrend sie in organischen Lösemittelngut löslich sind. Geladene Chelatkomplexe wie die Kupfer-WeinsĂ€ure-Komplexe (7S. )oder die EDTA-Komplexe (7S. ) sind dagegen infolge ihres Ionencharakters in Wasserleicht löslich und schwer löslich in unpolaren organischen Solvenzien. Als Beispiele fĂŒrschwer lösliche Chelatkomplexe können Magnesium-oxinat (7S. und Abb. .) undBis(dimethylglyoximato)-nickel(II) (7S. und Abb. .) angefĂŒhrt werden: Bei Bis-(dimethylglyoximato)nickel(II) (Ni-Diacetyldioxim) gehen die koordinativen Bindungenvon den vier Stickstoffatomenaus. AuĂerdem tritt zwischendemH-AtomderOH-Gruppeeines Liganden und dem O-Atom des Aminoxids des benachbarten Liganden eine starkeWasserstoffbrĂŒckenbindung (7S. ) auf.
Die sogenannten Komplexone, zu deren wichtigsten Vertretern Ethylendiamintetraes-sigsĂ€ure (HEDTA) und NitrilotriessigsĂ€ure zĂ€hlen, sind Komplexbildner, die mit fast al-len Kationen einschlieĂlich der Erdalkaliionen zum Teil sehr stabile, wasserlösliche Che-latkomplexe bilden. Im Handel wird die EthylendiamintetraessigsĂ€ure als DinatriumsalzNaHEDTA angeboten. In Komplexen tritt sie deprotoniert als sechszĂ€hniger Chelatli-gand EDTAâ auf. Abb. . zeigt die Struktur eines 1 ⶠ1-EDTA-Komplexes mit einemzweifach positiv geladenen Kation M+.
Mg
O
NO
N
OH2
OH2
Abb. 8.1 Struktur undValenzstrichformel vonMagnesium-oxinat-dihydrat
8
8.2.1 Zentralatome und Liganden 123
Ni
N
O
N
O H
N
OH
N
O
Abb. 8.2 Ni-Diacetyldioxim: Struktur und Valenzstrichformel
Mn
OO
N
OO
OO
N
O
O
Abb. 8.3 Struktur des [Mn(EDTA)]2â-Komplexes mit sechszĂ€hnig gebundenem EDTA-Liganden
HO
O
N
O
OH
O
OH
NitrilotriessigsÀure(SÀureform)
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁ
O
Oâ
NHâ
OOâ
HNâ
OOâ
O
Oâ
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
2â
Dihydrogenethylendiamintetraacetat (H2EDTA2â)
(Betainform)
Chelatkomplexe haben auch Bedeutung fĂŒr die Nachweise und quantitative Bestimmungvon BorsĂ€ure (7S. ) und GermaniumsĂ€ure (7S. ) durch Umsetzung mit mehrwer-tigen Alkoholen wie z. B. Glycerin oder Mannit. Es erfolgt eine Veresterung der drei OH-Gruppen der BorsĂ€ure B(OH) mit zwei MolekĂŒlen Polyalkohol. Da Bor jedoch die Ko-
124 8.2 Aufbau der Komplexe
ordinationszahl anstrebt, tritt eine weitere Bindung zum Sauerstoff einer benachbartenalkoholischen Hydroxylgruppe auf. Dadurch wird die Bindung zum H-Atom gelockertund dieses teilweise als Proton abgespalten.
Aus der sehr schwachen BorsÀure (pKS = 9,25,7S. ) entsteht eine mittelstarke ein-basische Mannito-BorsÀure (pKS = 6,44), die titriert werden kann.
H2C OH
CH OH
CH OH
CH OH
CH OH
CH2 OH
+ BOH
OH
OH +CH2HO
CHHO
CHHO
CHHO
CHHO
CH2HO
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁ
â
BO CH
CHOH
CH2OH
CH
CHOH
CH2OH
O
OCH
CH OH
CH2 OH
CH
CH OH
CH2 OH
O
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
â
Mannito-BorsÀure
+ H3O+ + 2H2O
Koordinationszahl und StrukturDa es sich bei den Liganden meist um untereinander nicht verbundene Ionen oder Mole-kĂŒle handelt, ordnen sie sich infolge gegenseitiger AbstoĂung symmetrisch um das Zen-tralatom an. Ein hochsymmetrisches Polyeder gestattet die maximalen AbstĂ€nde der Li-ganden untereinander und die beste RaumausfĂŒllung.
Weitaus am hĂ€ufigsten ist bei Komplexen der Ăbergangsmetalle die Koordina-tionszahl mit oktaedrischer Struktur. Man findet sie insbesondere bei Fe+, Fe+,Cr+, Co+, Cd+ und Pt+, die alle beispielsweise Hexahalogenido- und meist auchHexamminkomplexe zu bilden vermögen. Auch die Koordinationszahl tritt oft auf, z. B.bei Oxokomplexen wie CrOâ
oder ClOâ und bei Halogenido- und Hydroxokomplexen
A B
Abb. 8.4 (A) [Fe(CN)6]4â als Beispiel eines oktaedrischen und (B) [NiCl4]
2â als Beispiel einestetraedrischen Komplexes
8
8.2.2 Isomerie bei Komplexverbindungen 125
wie [NiCl]â oder [Zn(OH)]
â. Hier liegt eine tetraedrische Struktur vor. Es ist eineBesonderheit der Koordinationszahl , dass in besonderen FĂ€llen (bei Metallkationen miteiner d8-Elektronenkonfiguration) auch eine quadratisch-planare Ligandenanordnungauftretenkann. Beispiele sind [Ni(CN)]
â und [AuCl]â. Seltener findetmankleinereKo-ordinationszahlen als , wie die Koordinationszahl bei Ag+ oder Au+ (z. B. [Ag(NH)]
+
und [Au(CN)]â mit linearer Struktur). Ebenso selten sind Koordinationszahlen gröĂer
als , wie z. B. die Koordinationszahl im [ZrF]â, [NbF]â oder [TaF]
â und dieKoordinationszahl im [W(CN)]
â. Noch seltener tritt die Koordinationszahl auf.In Abb. . sind ein oktaedrischer und ein tetraedrischer Komplex dargestellt. Ange-
deutet sind die Umrandungen des Polyeders und die Bindungen zum Zentralatom.
8.2.2 Isomerie bei KomplexverbindungenIsomerie spielt vor allem in der organischen Chemie eine wichtige Rolle. Sie trÀgt wesent-lich zur ungeheuren Vielfalt der organischen Verbindungen bei. Je nach Art der struktu-rellen Unterschiede wird zwischen verschiedenen Isomeriearten unterschieden. Auch beidenKomplexverbindungen tritt die Erscheinung der Isomerie vielfÀltig auf. Sie soll an denKomplexen mit den Koordinationszahlen und erlÀutert werden.
. MERKE Als Isomere bezeichnet man Stoffe mit gleicher Bruttoformel aber unterschiedli-cher Struktur.
StereoisomerieWie aus Abb. . ersichtlich ist, können Komplexe mit der Koordinationszahl undder Zusammensetzung MXY bei Oktaederstruktur in zwei isomeren Formen auftre-ten, die als cis- und trans-Form bezeichnet werden. Beispiele sind die cis- und trans-Tetrammindinitrocobalt(III)-Komplexe, [Co(NO)(NH)]
+, bei denen die beidenNOâ -Liganden, die ĂŒber ihrN-Atom koordiniert sind, in der cis-Form einander benachbart sindoder im trans-Isomer gegenĂŒber stehen.
A B
Abb. 8.5 cis- (A)und trans-Form (B) beioktaedrischen Komplexen
cis-trans-Isomere sind bei tetraedrischer Koordination nicht möglich. Bei einer quadra-tisch-planaren Anordnung von vier Liganden treten jedoch derartige Isomere auf, wie dieBeispiele von cis- und trans-[PtCl(NH)] zeigen. Das Auftreten von cis-trans-Isomerenist somit zugleich ein Beweis fĂŒr das Vorliegen einer quadratisch-planaren Koordination.
126 8.3 Bildung und StabilitÀt von Komplexen
PtCl
Cl NH3
NH3
cis
PtCl
Cl NH3
NH3
trans
Stereoisomere, die rĂ€umlich wie Bild und Spiegelbild aufgebaut sind, heiĂen Enantiome-re. Sie unterscheiden sich durch die entgegengesetzte Drehung der Ebene des polarisier-ten Lichts. Fast alle anderen chemischen und physikalischen Eigenschaften sind hingegensehr Ă€hnlich oder gleich. Die Enantiomerie tritt in der organischen Chemie beispiels-weise auf, wenn ein C-Atom vorliegt, das vier verschiedene Substituenten gebunden hat.Auch bei anorganischenKomplexen kennt man das PhĂ€nomender Enantiomerie. Sie wirdbei oktaedrischen Komplexen beobachtet, wenn drei gleiche zweizĂ€hnige Liganden wieim [Co(en)]
+ (en = Ethylendiamin) vorliegen ( Abb. .). Ferner sind Hydratisome-rie (siehe Versuch zur Hydratisomerie auf 7S. ) und Bindungsisomerie (7S. und7S. ) zu beobachten.
Spiegel-ebene
el-e
Abb. 8.6 Enantiomere des [Co(en)3]3+-Komplexes; CoNâCH2âCH2âNH2
8.3 Bildung und StabilitÀt von Komplexen
8.3.1 KomplexbildungskonstanteDieBildungderKomplexe inhomogener Lösung aus verschiedenen IonenoderMolekĂŒlenist eine Gleichgewichtsreaktion:
Ni2+ + 4CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Ni(CN)4]2âBei Anwendung des MWG erhĂ€lt man die Komplexbildungskonstante oder StabilitĂ€ts-konstante KBldg:
c[Ni(CN)4]2âcNi2+ â c4CNâ = KBldg
8
8.3.2 Löslichkeitsprodukt und Komplexbildungskonstante 127
Der reziproke Wert der Bildungskonstante entspricht derKomplexdissoziationskonstan-ten KDiss:
cNi2+ â c4CNâc[Ni(CN)4]2â
= KDiss
KBldg = 1KDiss
, pKBldg = âpKDiss
Cyanidokomplexe sind hÀufig sehr stabile Komplexe, d. h., sie sind nur zu einem sehrgeringen Anteil dissoziiert, wie die Beispiele der Komplexe von Eisen(II) und Kupfer(I)zeigen. Beispielsweise betrÀgt die Komplexbildungskonstante von [Cu(CN)]
â KBldg =1027 L4/mol4. Man bezeichnet stabile Komplexe auch als starke Komplexe. Die meistenAmminkomplexe sind dagegen wesentlich unbestĂ€ndiger, sie sind schwach. Noch schwĂ€-cher sind Aquakomplexe.
Stufenweise DissoziationNur bei sehr starken Komplexen, bei denen das Bildungsgleichgewicht praktisch ganz aufder Seite des undissoziierten Komplexes liegt, findet man in Lösung einheitliche Komple-xe. Bei schwachen Komplexen treten auch die Komponenten der stufenweisen Dissoziati-on auf. Das oben angegebene Beispiel der Bildung von [Ni(CN)]
â ist demnach nur alsdie Bruttoreaktion aus einem System von unabhĂ€ngigen Gleichgewichten aufzufassen, fĂŒrdie die einzelnen Bildungskonstanten angegeben werden können:
[Ni(H2O)4]2+ + CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Ni(CN)(H2O)3]+ +H2Oc[Ni(CN)(H2O)3]
+
c[Ni(H2O)4]
2+ â cCNâ = k1
[Ni(CN)(H2O)3]+ + CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Ni(CN)2(H2O)2] +H2Oc[Ni(CN)2(H2O)2]
c[Ni(CN)(H2O)3]+ â cCNâ = k2
[Ni(CN)2(H2O)2] + CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Ni(CN)3(H2O)]â +H2Oc[Ni(CN)3(H2O)]
â
c[Ni(CN)2(H2O)2] â cCNâ = k3
[Ni(CN)3(H2O)]â + CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Ni(CN)4]2â +H2Oc[Ni(CN)4]
2â
c[Ni(CN)3(H2O)]â â cCNâ = k4
Die Brutto-Bildungskonstante KBldg ergibt sich als Produkt der Einzelkonstanten:
KBldg = k1 â k2 â k3 â k48.3.2 Löslichkeitsprodukt und KomplexbildungskonstanteEin Stoff, der mit dem Zentralion oder den Liganden eines Komplexes eine schwer lös-liche Verbindung bilden kann, reagiert nur dann mit den Bestandteilen des Komplexes,wenn dessen Dissoziation so groĂ ist, dass das Löslichkeitsprodukt der schwer löslichenVerbindung ĂŒberschritten wird. Einige Beispiele sollen das verdeutlichen. Die genaue Be-rechnung erfolgt wie fĂŒr die Auflösung von CaCO in HCl (7S. ), sodass hier einigeVereinfachungen vorgenommen werden können.
128 8.3 Bildung und StabilitÀt von Komplexen
Berechnung der Löslichkeit von AgCl in NH3Ag+ + Clâ ïżœïżœââœïżœïżœ AgCl, cAg+ â cClâ = KL = 10â9,96 mol2/L2
Bei Zusatz von NH3 bildet sich:
Ag+ + NH3 ïżœïżœââœïżœïżœ [Ag(NH3)]+[Ag(NH3)]+ + NH3 ïżœïżœââœïżœïżœ [Ag(NH3)2]+Dadurch wird cAg+ kleiner und cClâ nimmt zu:
CAgCl = cClâ = cAg+ + c[Ag(NH3)]+ + c[Ag(NH3)2]+Wie die genaue Rechnung zeigt, werden cAg+ und c[Ag(NH3)]
+ beim Vorliegen eines Ăberschus-ses an Komplexbildner so klein, dass sie als additive GröĂen vernachlĂ€ssigt werden können.c[Ag(NH3)2]
+ steht mit der Brutto-Bildungskonstanten KBldg in Beziehung:
c[Ag(NH3)2]
+
cAg+ â c2NH3 = KBldg = 107,14 L2/mol2cClâ = KBldg â cAg+ â c2NH3cClâ = KBldg â KLcClâ â c2NH3
c2Clâ
= C2AgCl = KBldg â KL â c2NH3CAgCl = cNH3 â âKBldg â KL
Die Löslichkeit von AgCl bei cNH3 = 1mol/L betrĂ€gt demnach:CAgCl = 1 â â107,14 â 10â9,96 = â10â2,82 = 10â1,41 mol/L
In reinem Wasser lösen sich dagegen nur â 10â5 mol/L.Berechnung der Löslichkeit von CdS in KCN
Cd2+ + S2â ïżœïżœââœïżœïżœ CdS
Cd2+ + 4 CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Cd(CN)4]2âcCd2+
â cS2â
= KL = 10â27 mol2/L2CCdS = cS2â â c[Cd(CN)4]2â
c[Cd(CN)4]
2â
cCd2+
â c4CNâ
= KBldg = 1016,85 L4/mol4cS2= KBldg â cCd2+ â c4CNâ
c2S2â
= C2CdS = KBldg â KL â c4CNâCCdS = c2CNâ â âKBldg â KL
Die Löslichkeit von CdS bei cCNâ = 1mol/L betrĂ€gt demnach:CCdS = 1 â â1016,85 â 10â27 â 10â5,1 mol/L
8
8.3.2 Löslichkeitsprodukt und Komplexbildungskonstante 129
Berechnung der Löslichkeit von Cu2S in KCN
2 Cu+ + S2â ïżœïżœââœïżœïżœ Cu2S
Cu+ + 4 CNâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Cu(CN)4]3âc2Cu+
â cS2â
= KL = 10â46,7 mol3/L3CCu2S = cS2â = 0,5 â c[Cu(CN)4]3â â c[Cu(CN)4]3âc[Cu(CN)4]
3â
cCu+ â c4CNâ = KBldg = 1027,3 L4/mol4CCu2S = cS2â = KBldg â cCu+ â c4CNâ
cS2â
= KBldg â ïżœïżœïżœïżœïżœ KL
cS2â
c8CNâ
c3S2â
= C3Cu2S = K2Bldg â KL â c8CNâCCu2S = 3
âK2Bldg â KL â c8CNâ
Die Löslichkeit von Cu2S betrĂ€gt bei cCNâ = 1mol/L demnach:CCu2S = 3â
1054,6 â 10â46,7 = 102,63 mol/LDie beiden letzten Beispiele sind Grundlage der Cu/Cd-Trennung ĂŒber die Cyanidokomplexe(7S. 351 und7S. 357). In 1mol/L KCN fĂ€llt Cd2+ mit S2â quantitativ als CdS (CCdS = 10â5,1 mol/L),wĂ€hrend Cu+ als [Cu(CN)4]
3â in Lösung bleibt (CCu2S = 102,63 mol/L).Die unterschiedliche StabilitĂ€t von Komplexen gegenĂŒber FĂ€llungsmitteln wird vielfachzur Trennung von Elementen herangezogen. Neben dem oben dargelegten Beispiel sieheauch die Trennung von Ni(II) und Co(III) (7Nachweis 409 ). Auch der Nachweis von Clâneben Brâ und Iâ ist ein Beispiel fĂŒr den Zusammenhang zwischen der StabilitĂ€tskonstan-ten eines Komplexes und dem Löslichkeitsprodukt eines schwer löslichen Salzes.
Oft entstehen bei der Bildung von Chelatkomplexen, z. B. mit EthylendiamintetraacetatEDTAâ (7S. ), H+-Ionen:
H2EDTA2â +M2+ ïżœïżœââœïżœïżœ [M(EDTA)]2â + 2H+
H2EDTA2â +M3+ ïżœïżœââœïżœïżœ [M(EDTA)]â + 2H+
Die Lage desGleichgewichts und damit auch die KomplexstabilitĂ€t sind also pH-abhĂ€ngig.Deshalb sind nur die sehr starken Chelatkomplexe mehrfach geladener Kationen im sau-ren Gebiet bestĂ€ndig, wĂ€hrend groĂe Kationen mit kleiner Ladung erst in neutraler oderalkalischer Pufferlösung, die die entstandenen H+-Ionen abfĂ€ngt, Komplexe bilden.
12
177
12 Arbeitstechniken und Methodenin der Analytischen Chemieund in der Qualitativen Analyse
Allgemeine Arbeitsregeln im Labor . . . 177 | Mikroskopieren und
TĂŒpfelreaktion . . . 179 | Papierchromatographie . . . 190
12.1 Allgemeine Arbeitsregeln im Labor
FĂŒr das Arbeiten im Labor gelten eine Reihe von Regeln, von denen die fĂŒr den AnfĂ€ngerwichtigsten nachstehend aufgefĂŒhrt sind.. GrundsĂ€tzlich muss geprĂŒft werden, ob anstelle eines Gefahrstoffes eine gleich gut ge-
eignete, aber weniger gefÀhrliche Chemikalie verwendet werden kann.. Die Augen sind beim Arbeiten im Laboratorium immer durch eine splittersichere
Schutzbrillemit Seitenschutz zu schĂŒtzen.. Substanzen dĂŒrfen niemalsmit derHaut inBerĂŒhrung gebracht werden, also auchnicht
mit der Hand angefasst werden. Gegebenenfalls sind Gummihandschuhe zu tragen.. FĂŒr die Sauberhaltung des Arbeitsplatzes ist Sorge zu tragen. Verspritzte Chemikalien
sind sofort in geeigneter Weise zu entfernen. Konzentrierte SĂ€uren und Basen werdenneutralisiert und die FlĂŒssigkeit anschlieĂend aufgewischt.
. Reaktionen mit giftigen und ĂŒbel riechenden Stoffen mĂŒssen unter einem gut zie-henden Abzug durchgefĂŒhrt werden. Vor allem ist beim Arbeiten mit giftigen Gasenund DĂ€mpfen gröĂte Vorsicht geboten (z. B. beim Einleiten von Schwefelwasserstoff,Abrauchen von schwefliger SĂ€ure, SchwefelsĂ€ure, SalzsĂ€ure, SalpetersĂ€ure, Königswas-ser). Der geschlosseneAbzug, der durch ein Arbeitsfenster bedient werden kann, bietetSchutz gegen verspritzende Substanzen (heftige Reaktion, Siedeverzug usw.).
. Die sachgemĂ€Ăe Lagerung der Chemikalien ist auch fĂŒr den Erhalt der Reinheit vonausschlaggebender Bedeutung. FĂŒr feste Substanzen, besonders fĂŒr solche, die leichtBestandteile der Luft (z. B. HO, CO) aufnehmen oder die selbst einen hohen Dampf-druck besitzen, verwendet man gut verschlieĂbare Pulverflaschen aus Polyethylen. Siesind besonders geeignet fĂŒr die Aufbewahrung alkalischer Substanzen, da diese Be-standteile des Glases lösen.
178 12.1 Allgemeine Arbeitsregeln im Labor
. FĂŒr FlĂŒssigkeiten sind Glasflaschen mit Schliffstopfen geeignet. Jedoch sollte man fĂŒrdie Aufbewahrung von Laugen Gummistopfen benutzen, da sich Schliffstopfen schonnach einiger Zeit festsetzen. Besser ist auch hier die Verwendung von Polyethylenfla-schen. Diese sind jedoch ungeeignet fĂŒr die Aufbewahrung von konzentrierter Schwe-fel- und SalpetersĂ€ure, organischenLösemitteln und lichtempfindlichenVerbindungen.FlusssĂ€ure darf nicht in GlasgefĂ€Ăen, sondernmuss in Plastikflaschen aufbewahrt wer-den.
. Lichtempfindliche Verbindungen, wie Silber- und Iodverbindungen oder Kohlenstoff-disulfid, werden in braunen Flaschen aufbewahrt.
. Um Explosionen beim Abdampfen etherhaltiger Lösungen infolge der darin u.U. ent-haltenen Peroxide zu vermeiden, muss man auch Ether stets in braunen Flaschen auf-bewahren.
. Flaschen ohne genaue Kennzeichnung sind im Labor unzulÀssig! Chemikalienfla-schen sollten mit folgenden Angaben gekennzeichnet sein:. Bezeichnung des Inhalts (Name, chemisches Symbol oder die Bestandteile einerMi-
schung),. Gefahrensymbol und Gefahrenbezeichnung.
. Zur Bezeichnung der Chemikalienflaschen verwendetman die imAnhang7Kap. ..nÀher erlÀuterten Symbole.
. Feste Stoffe entnimmt man mit einem sauberen Spatel oder Löffel der Pulverflasche,deren Stopfen man umgekehrt auf den Tisch legt. Beim AusgieĂen einer FlĂŒssigkeithĂ€lt man die Flasche so, dass beim HerunterflieĂen von FlĂŒssigkeitstropfen die Be-schriftung nicht beschĂ€digt wird. Beim direkten UmfĂŒllen sind stets FlĂŒssigkeits- oderPulvertrichter zu verwenden. BeimUmfĂŒllen vonFlĂŒssigkeiten, insbesondere toxischeroder Ă€tzender Art (im Abzug) ist das Unterstellen von Wannen, beim UmfĂŒllen vonFeststoffen das Unterlegen einer Papierunterlage zu empfehlen.
. Es kommt vor, dass sich Flaschen mit Glasstopfen nicht öffnen lassen. Durch Klopfenmit einem hölzernen Gegenstand an den Stopfen oder durch vorsichtiges ErwĂ€rmendes Flaschenhalsesmit einemHeiĂluftgeblĂ€se oder Föhn lĂ€sst sich der Stopfen lockern.Es besteht groĂe Unfallgefahr bei brennbarem oder tief siedendem Inhalt.
. Jede Apparatur ist exakt und sauber aufzubauen. Jedes Glasrohr soll gerade eingesetztsein, jede Waschflasche fest aufgebaut und jeder Korken senkrecht durchbohrt sein.
. Die meisten Reaktionen lassen sich in kleinen Substanzmengen durchfĂŒhren. Es genĂŒ-gen kleine ReagenzglĂ€ser, die nur mit 1mL Lösung oder 0,1 g fester Substanz gefĂŒlltsind. Man spart dadurch beim Eindampfen, Kristallisieren oder Filtrieren viel Zeit undvermeidet unnötige AbfĂ€lle.
. Eine Reagenzlösung wird im Allgemeinen bis zum Ende der Reaktion tropfenweisezugesetzt. Ein zu groĂer Ăberschuss schadet hĂ€ufig.
. Beim Erhitzen von FlĂŒssigkeiten im Reagenzglas darf dieses nur zu einem Drittel ge-fĂŒllt sein, auĂerdem ist durch SchĂŒtteln ein Siedeverzug zu verhindern.
. Konzentrierte SĂ€uren und Basen dĂŒrfen erst nach demVerdĂŒnnen und nur, wenn einezentrale Neutralisationsanlage vorhanden ist, in den Ausguss.
. Beim VerdĂŒnnen konzentrierter SchwefelsĂ€ure ist diese stets in Wasser, nie umge-kehrt Wasser in konzentrierte SchwefelsĂ€ure zu gieĂen! Sonst besteht die Gefahr desVerspritzens infolge starker Erhitzung.
. Verspritzte Quecksilberteilchen sind sofort unschÀdlich zu machen. Dies geschiehtentweder durch Einsammeln (Quecksilberzange, Einsaugen in eine Quecksilberpipette
12
12.2.1 GerÀte 179
u. a.) oder durch chemischeUmsetzung (MercurisorbÂź, Zinkpulver, Iodkohle). Grund-sĂ€tzlich fĂŒhrt man Arbeiten mit Quecksilber in einer geeigneten Wanne durch, in dermögliche verspritzte Quecksilberteilchen aufgefangen werden.
. AusAlkalicyaniden entsteht bei Einwirkung von SĂ€ure Cyanwasserstoff!Diese Chemi-kalien dĂŒrfen daher nicht mit SĂ€uren vereinigt werden (zur Entsorgung s. Anhang).
. Da Natrium und KaliummitWasser heftig reagieren, mĂŒssen beide unter einer sauer-stofffreien FlĂŒssigkeit (Paraffin, Petroleum oder dergleichen) aufbewahrt werden.
. WeiĂer Phosphormuss unter Wasser in einemGlasgefĂ€Ă, das in einermit Sand gefĂŒll-ten BlechbĂŒchse steht, aufbewahrt werden.
. Chlorate undkonzentriertePerchlorsÀureneigen inGegenwart oxidierender Stoffe so-wie in Gegenwart von Aziden zur Explosion; desgleichen Chlorate und Permanganatebei Zugabe konz. SchwefelsÀure.
. Bei Ătz- und Reizgasen muss man sich auf jeden Fall vorher ĂŒber AGW-Werte oderTechnische Richtkonzentrationen informieren. FĂŒr alle diese Gase sind Einzelbetriebs-anweisungen zu erstellen. Zu denĂtz- undReizgasen (SchĂ€digung derAtmungsorgane)zĂ€hlen u. a. die Halogene, die HalogenwasserstoffsĂ€uren, Schwefeldioxid, Schwefeltri-oxid, Ammoniak und Phosphorhalogenide. Als Giftgase wirken u. a. Schwefelwasser-stoff, Stickstoffoxide, Phosphorwasserstoff,Arsenwasserstoff, Kohlenmonoxid, Kohlen-stoffdisulfid (Schwefelkohlenstoff), Cyanwasserstoff, QuecksilberdĂ€mpfe und flĂŒchtigeBleiverbindungen sowie eine Anzahl in anorganischen Laboratorien benutzter organi-scher Verbindungen, wie Benzol, Anilin, Chloroform, Ether u. a.
12.2 Mikroskopieren und TĂŒpfelreaktion
Bei derHalbmikroanalyse (HM-Analyse) arbeitetmanĂŒblicherweisemit Substanzmengenvon etwa 10â100mg und Volumina von etwa 0,5â5mL. In einigen FĂ€llen, z. B. beim Ar-beiten unter dem Mikroskop und bei der TĂŒpfelanalyse, werden nur noch Mikromengeneingesetzt.
12.2.1 GerĂ€teReagenzienflaschenDa in der HM-Analyse FlĂŒssigkeiten fast ausnahmslos tropfenweise dosiert werden, sindfĂŒr Lösungen Reagenzienflaschen aus Polyethylen mit aufgesetztem Tropfrohr und einemFassungsvermögen von 30â50mL zu empfehlen ( Abb. .).
Aufgrund ihrer ElastizitĂ€t ist durch Druck mit dem Daumen eine sehr elegante Do-sierung möglich. Neben Unzerbrechlichkeit und geringem Gewicht ist ihre Nichtbenetz-barkeit von groĂem Vorteil, da sie eine Verkrustung des Tropfrohres durch LösungsrĂŒck-stĂ€nde verhindert. Infolge ihrer groĂen Resistenz gegen SĂ€uren und besonders Laugensowie des Fehlens von FĂŒllstoffen und Weichmachern treten auch nach monatelangemStehen von Lösungen keine Verunreinigungen durch GefĂ€Ăbestandteile auf, wie dies beiGlasflaschen unvermeidlich ist.
Konzentrierte SĂ€uren (HSO, HNO, HCl und HPO) und leicht flĂŒchtige organi-sche Lösemittel (CS, Ether, Methanol, Ethanol) werden am besten in Glasflaschen miteingeschliffener Tropfpipette und Ball aus Polyethylen aufbewahrt. Lichtempfindliche Lö-sungen (AgNO-Lösung usw.) mĂŒssen in braunen Schliffflaschen aufbewahrt werden.
180 12.2 Mikroskopieren und TĂŒpfelreaktion
Abb. 12.1 Polyethylentropfflasche
DieVerwendung vonGummibÀllen kannnicht empfohlenwerden, da derGummi vondenerwÀhnten Reagenzien zersetzt und als Folge davon der Inhalt der Flaschen verunreinigtwird.
FlaschengestellZurAufstellung der Reagenzienflaschen eignen sich ambesten rechteckigeHolzblöckemitentsprechenden Bohrungen.
Im Allgemeinen wird es zweckmĂ€Ăig sein, fĂŒr jeden Praktikanten Blöcke fĂŒr je eineFlaschengröĂe, also z. B. fĂŒr Flaschen von 50 und 30mL bereitzustellen.
Flaschen fĂŒr feste SubstanzenAuch fĂŒr die Aufbewahrung fester Substanzen sind Flaschen aus Polyethylenmit Schraub-verschluss hervorragend geeignet. SelbstverstĂ€ndlich können aber auch die herkömmli-chen Pulverflaschen aus Glas verwendet werden. Reagenzien, von denen nur sehr klei-ne Mengen benötigt werden, werden zweckmĂ€Ăigerweise in PrĂ€parateglĂ€schen von etwa2â3mL Inhalt mit Polyethylenverschluss aufbewahrt.
SpatelZur Entnahme kleiner Mengen fester Substanzen dienen Mikrospatel aus korrosionsfes-tem / Stahl von etwa 150mmLĂ€nge und 2mm Spatelbreite.Diese Spatel können unbe-denklich mit allen hier infrage kommenden Reagenzien in BerĂŒhrung gebracht werden.
Spatel aus Glas oder Porzellan sind fĂŒr Arbeiten imHM-MaĂstab nicht geeignet. Spatelaus Reinnickel sind gegenĂŒber jenen aus Edelstahl korrosionsempfindlicher und bietenauch sonst keinerlei Vorteile.
TropfpipettenZumĂberfĂŒhren vonFlĂŒssigkeitenwerden, evtl. selbst gefertigte, Tropfpipetten aus JenaerGerĂ€teglas verwendet, die mit SaugbĂ€llen aus Polyethylen oder Gummi versehen sind. DiePipetten werden in Formen mit kurzer und lang ausgezogener Spitze vorrĂ€tig gehalten.
12
12.2.1 GerÀte 181
PipettentrocknerPipetten sind stets unmittelbar nach Gebrauch sorgfĂ€ltig mit destilliertemWasser zu rei-nigen. Es empfiehlt sich, GummibĂ€lle gelegentlich mit lauwarmem Wasser sorgfĂ€ltig zuspĂŒlen und nach dem Abtrocknen innen und auĂen ganz leicht mit Talkum zu pudern.Zum Abtropfen der Pipetten dient Glaszylinder mit eingelegter Lochplatte.
PipettenauflageUmdie Pipetten bei wiederholtemunmittelbaremGebrauch vor demVerschmutzen durchHerumliegen auf dem Arbeitsplatz zu schĂŒtzen, bedient man sich einer Ablage aus Holzoder Ăhnlichem.
ZentrifugenglĂ€serIm Allgemeinen wird man sich in der HM-Analyse zur Abtrennung von NiederschlĂ€geneiner Zentrifuge bedienen. Die erforderlichen ZentrifugenglĂ€ser mĂŒssen dickwandig seinund eine lang ausgezogene, konische VerjĂŒngung zur Spitze aufweisen. Durch die starkeVerjĂŒngung ist eine bessere Beurteilung von Menge und Farbe bei kleinen Niederschlags-mengen möglich. Die GlĂ€ser sollen aus DuranÂź-Glas sein. Sie dĂŒrfen nur im Wasserbaderhitzt werden, um ein Springen des Glases beim Zentrifugieren zu vermeiden.
FiltrieranordnungenGelegentlich ist auch durch lĂ€ngeres Zentrifugieren keine vollstĂ€ndige Sedimentation dersuspendierten Teilchen zu erzwingen. Die FlĂŒssigkeit bleibt entweder trĂŒb oder einzelne,z. T. auch gröbere Teilchen werden durch die OberflĂ€chenspannung am Absetzen gehin-dert. Solche Störungen treten besonders hĂ€ufig bei elementarem Schwefel auf. In diesemFalle ist es unvermeidlich, die Lösung zu filtrieren. HierfĂŒr kann besonders eineHahnâscheFilternutsche empfohlen werden ( Abb. ., links). Ihr Vorteil gegenĂŒber den im Prinzipgleichartig arbeitenden, herkömmlichen Glasfiltern besteht in ihrer Zerlegbarkeit.
Oberteil
Filterpapier
Sinterglas
Zur Saugpumpe
ObjekttrÀger
Trichterartige Auflage fĂŒr die Filterplatte Kapillare
Tropfen
Filterpapier
Abb. 12.2 FiltriergerĂ€t mit Hahnâscher Filternutsche; Kapillarfiltration
182 12.2 Mikroskopieren und TĂŒpfelreaktion
Die Nutsche besteht aus dem zylindrischen Oberteil aus Jenaer Glas, der als Filterplattedienenden Scheibe aus Sinterglas (â etwa 10mm) und der trichterartigen Auflage fĂŒr dieFilterplatte. Vor Gebrauch wird das GerĂ€t in der in Abb. ., links angegebenen Artzusammengesetzt. Die Einzelteile werden durch den von der Saugpumpe innerhalb desFiltersystems erzeugten Unterdruck zusammengehalten. Nach dem Gebrauch wird dieFilterplatte herausgenommen. Eventuell weiter zu verarbeitende NiederschlĂ€ge könnennun leicht mit dem Spatel von der Platte abgehoben oder mit der Spritzflasche abgespritztwerden. Ferner kann zwischenOberteil und Filterplatte eine passende Scheibe Filterpapiergelegt werden, wodurch die Isolierung sehr kleiner Niederschlagsmengen hĂ€ufig erleich-tert wird. Nach dem Filtrieren wird dann das Papier samt Niederschlag mit einer Pinzetteabgehoben und entweder direkt in ein geeignetes Lösemittel getaucht oder in einem Por-zellantiegel verascht. Der VeraschungsrĂŒckstand kann dann gelöst oder aufgeschlossenwerden. Dazumuss allerdings sogenanntes aschefreies Filterpapier verwendet werden. Dievon der Herstellerfirma angegebenen anorganischen RĂŒckstĂ€nde sind selbstverstĂ€ndlichzu berĂŒcksichtigen (Blindprobe!).
Die Filterplatten haben genormte Porenweite G1, G2, G3, G4. Die Wahl der Poren-weite richtet sich nach dem Verteilungs- oder Dispersionsgrad des Niederschlages. Daman bei einer qualitativen Analyse hĂ€ufig nicht ĂŒbersehen kann, welche NiederschlĂ€gegebildet werden und unter welchen FĂ€llungsbedingungen sie entstehen, empfiehlt es sich,von vornherein die GröĂe G4 zu verwenden, die auch feinste NiederschlĂ€ge, wie z. B.BaSO, zurĂŒckhĂ€lt. Bei kolloidaler Suspension legt man ein Membranfilter auf die Fil-terplatte, desgleichen bei Gegenwart gröĂerer Mengen von schleimigen NiederschlĂ€gen,wie Fe(OH), SiO-Gallerte, Al(OH) usw., da Letztere sowohl Filterplatte als auch Fil-terpapier in kĂŒrzester Zeit verstopfen. Im Allgemeinen lassen sich aber gerade schleimigeNiederschlĂ€ge durch Zentrifugieren sehr leicht entfernen.
In der HM-Analyse kommt es hĂ€ufig vor, dass im Verlauf einer Nachweisreaktion, diemit einem Tropfen durchgefĂŒhrt wird, eine Filtration notwendig ist, bei der lediglich dasFiltrat weiter geprĂŒft werden soll. In diesem Falle bedient man sich der in Abb. .,rechts wiedergegebenen Anordnung:
Ein Tropfen der zu prĂŒfenden Lösung wird auf dem ObjekttrĂ€ger mit einem TropfenReagenzlösung versetzt, wobei sich ein Niederschlag bildet. Nun wird an den Rand einkleines StĂŒck Filterpapier gelegt, auf das dem Tropfen abgekehrte Ende des Papiers einKapillarrohr mit seinem plangeschliffenen Ende fest aufgesetzt und die Lösung vorsichtigin das Kapillarrohr eingesaugt, wobei der in ihr suspendierte Niederschlag vom Filterpa-pier zurĂŒckgehalten wird. Nach dieser Operation wird das Kapillarrohr von dem Papierabgehoben und die klare Lösung zur weiteren PrĂŒfung auf einen ObjekttrĂ€ger oder dieTĂŒpfelplatte geblasen.
ReagenzglĂ€serZur AusfĂŒhrung von Reaktionen im HM-MaĂstab werden ReagenzglĂ€ser von etwa8â10mm â und 80â100mm LĂ€nge aus Jenaer Glas verwendet. Engere und kĂŒrzereFormen können nicht empfohlen werden. Zur Aufstellung dieser GlĂ€ser dienen ein recht-eckiger Holzblock oder die ĂŒblichen Reagenzglasgestellemit entsprechenden Bohrungen.
BunsenbrennerZum Erhitzen verwendet man im Labor den von Robert Bunsen entwickelten Gasbren-ner. In seinem unteren Teil befindet sich eine DĂŒse, aus der das Gas ausströmt, und eine
12
12.2.1 GerÀte 183
4. Oberer Oxidationsraum
3. Unterer Oxidationsraum
Flammen-mantel
innererFlammen-kegel
2. Schmelzraum
5. u. 6. Reduktions- rÀume
1. Flammenbasis
Abb. 12.3 Schema der Flamme einesBunsenbrenners
Vorrichtung, um Luft in verschiedenen Mengen in das Brennerrohr einzulassen. Ist dieLuftzufuhr vollstĂ€ndig abgedrosselt, so verbrennen die im Leuchtgas befindlichen brenn-baren Gase (Wasserstoff und Kohlenwasserstoffe) mit leuchtender Flamme. Ein Teil derKohlenwasserstoffe geht zunĂ€chst bei ungenĂŒgender Luftzufuhr inKohlenstoffundWasserĂŒber, die kleinen, festen Kohlenstoffpartikelchen (RuĂ) glĂŒhen auf und bringen damit dieFlamme zum Leuchten. LĂ€sst man Luft von unten zutreten, so verbrennen die Kohlen-wasserstoffe zu Kohlendioxid und Wasser. Man erhĂ€lt eine nicht leuchtende Flamme. Indieser sind zwei Zonen zu erkennen ( Abb. .), ein innerer Flammenkegel, in demkeineVerbrennung stattfindet und der verhĂ€ltnismĂ€Ăig kalt ist, und der Flammenmantel. Manunterscheidet noch folgende ReaktionsrĂ€ume:. Flammenbasis:Diese (.) ist verhĂ€ltnismĂ€Ăig kalt.. Schmelzraum: Er befindet sich etwas oberhalb des ersten Drittels der ganzen Flam-
menhöhe (.) und ist von der inneren und Ă€uĂeren Begrenzung des Flammenmantelsgleich weit entfernt; hier herrscht die höchste Temperatur.
. OxidationsrĂ€ume: Zwischen unterem (.) und oberem Oxidationsraum (.) ist Luft-ĂŒberschuss vorhanden. Hier herrschen oxidierende Bedingungen. FĂŒr kleinere Probenwie Phosphorsalzperlen und dergleichen verwendet man am besten den Raum .
. ReduktionsrĂ€ume: Von den ReduktionsrĂ€umen (. und .) ist die Temperatur im obe-ren Reduktionsraum (.) am höchsten und die Reduktionswirkung daher am stĂ€rksten.Eine noch bessere Reduktion erreicht man in der Spitze einer kleinen, etwa 2â3 cmhohen leuchtenden Flamme. Damit die Substanz beim AkĂŒhlen nicht wieder oxidiertwird, hĂ€lt man sie einige Zeit in das Innere des Brennerrohres.
Ist die Luftzufuhr im VerhĂ€ltnis zur Gaszufuhr zu groĂ, so âschlĂ€gt der Brenner durchâ,d. h., das Gas brennt im Inneren des Brennerrohres an der GasaustrittsdĂŒse. Man mussdann die Gaszufuhr völlig abstellen, die Lufteintrittsöffnung verkleinern und nach Ăffnendes Gashahnes erneut entzĂŒnden. Ein zurĂŒckgeschlagener Brenner riecht nach kurzerZeit, er wird heiĂ und der Gummischlauch fĂ€ngt an zu schmoren oder zu brennen. Soll
184 12.2 Mikroskopieren und TĂŒpfelreaktion
bis â20 âC Eis-Kochsalz (3 ⶠ1)bis â30 âC Eis-MgCl2 (3 ⶠ2)bis â40 âC Eis-CaCl2 (2 ⶠ3)bis â78 âC Aceton-Trockeneis (CO2)
bis â196 âC FlĂŒssiger Stickstoff
Tab. 12.1 Auswahl gebrÀuchlicher KÀltemi-schungen
daher eine Gasflammeunbeaufsichtigt brennen, so muss unbedingt durchDrosselung derLuftzufuhr ein ZurĂŒckschlagen verhindert werden.
FĂŒr hohe Temperaturen wird einGeblĂ€sebrenner benutzt, bei dem die Luft in kompri-mierter Form (Stahlflaschen bzw. Kompressor) zugefĂŒhrt wird. Noch höhere Temperatu-ren erreicht man, wenn man Luft durch Sauerstoff aus einer Stahlflasche ersetzt.
Kryostate und KĂ€ltemischungenZum KĂŒhlen unter den Gefrierpunkt dienen KĂ€ltemischungen, von denen eine Auswahlder gebrĂ€uchlichsten in Tab. . nachstehend beschrieben ist. Wesentlich ist eine Zer-kleinerung des Eises auf ErbsengröĂe und eine gute Durchmischung.
Speziell fĂŒr Bereiche bis â60 °C finden Kryostate Anwendung, die mit entsprechendtief schmelzenden KĂ€ltemitteln (z. B. Methanol) gefĂŒllt werden.
WasserbadDa beim Erhitzen kleiner FlĂŒssigkeitsmengen die Gefahr der Ăberhitzung und des Siede-verzuges besonders groĂ ist, mĂŒssen Lösungen bei der HM-Analyse nach Möglichkeit imWasserbad erwĂ€rmt werden. Als solches kann ein Becherglas mit Einsatz benutzt werden,wie er in Abb. . dargestellt ist. Der Einsatz kann aus wasserbestĂ€ndigemMetall (z. B.
Abb. 12.4 Einsatz fĂŒr ein Wasserbad
12
12.2.1 GerÀte 185
Messing) oder aus Polypropylen angefertigt werden. Der Einsatz soll mehrere BohrungenfĂŒr ReagenzglĂ€ser sowie wenigstens zwei Bohrungen fĂŒr BecherglĂ€ser besitzen.
GasprĂŒfapparateZum Nachweis von Gasen dient eine im Prinzip von Scholander entwickelte GasprĂŒfap-paratur ( Abb. .). Die zu prĂŒfende feste Substanz oder Lösung wird in das Generator-rohrG gefĂŒllt, nachdemvorher das Einleitungsrohr E abgenommenworden ist. Dannwirdeine zur Gasentwicklung aus der Substanz geeignete Reagenzlösung (z. B. verd.HSO zurZersetzung von Carbonaten) in das Einleitungsrohr E gesaugt, der Schliffhahn S geschlos-sen und E mit etwas Filterpapier auĂen trockengewischt. Nun wird E durch einen gutsitzenden Verschluss aus Gummischlauch fest auf G gesetzt. Die eingesaugte Reagenzlö-sungwird nachĂffnendes Schliffhahnes durch ein inertes TrĂ€gergas in dasGeneratorrohrgedrĂŒckt und dadurchmit der zu prĂŒfenden Substanz inKontakt gebracht. Die inG freige-setztenGasewerden unter weiteremDurchleiten vonTrĂ€gergas ĂŒber dasAbleitungsrohr Ain die Vorlage V geleitet und dort von einer geeigneten Reagenzlösung (z. B. Ba(OH)-Lösung zum Nachweis von CO) absorbiert. Diese Reagenzlösung darf nicht höher alsetwa 2 cm in der Vorlage stehen. Das Ableitungsrohr A soll möglichst tief in die Lösungeintauchen, ohne jedoch den Boden von V zu berĂŒhren. Um ein langsames und gleichmĂ€-Ăiges Durchperlen der Gase durch die Vorlage zu gewĂ€hrleisten, wird das Ende von A zueiner Spitze ausgezogen, die eine Ăffnung von etwa 0,5mmâ haben soll. Zur RegulierungdesGasstroms dient die oberhalb von S angebrachteĂffnungO.Man lĂ€sst zunĂ€chst bei ge-schlossenemHahn S das TrĂ€gergas ausO austreten, um die Zuleitung von Luft zu befreien(wichtig beimNachweis vonCO!). Dannöffnetman S unter gleichzeitigem SchlieĂen vonO durch denDaumen der rechtenHand und reguliert denGasstromdurch Daumendruckso, dass in der Vorlage V nicht mehr als â GasblĂ€schen pro Sekunde austreten. Dasuntere Ende des Einleitungsrohres E muss in die in G befindliche Lösung eintauchen.
Einleitungsrohr ESchliffhahn S
Ăffnung O
zur TrÀgergasanlage
Generator-rohr G
Vorlage V
Ableitungsrohr A
Abb. 12.5 GasprĂŒfapparat;Reagenzglas mit GĂ€rröhrchen
186 12.2 Mikroskopieren und TĂŒpfelreaktion
Zur leichteren Reinigung empfiehlt es sich, A durch ein StĂŒck Gummischlauch mit G zuverbinden. Anstelle des Schliffhahnes S kann als Behelf auch ein StĂŒck Gummischlauchmit Quetschhahn verwendet werden. Die Wahl des TrĂ€gergases hĂ€ngt von der Art desNachweises ab. Sofern Pressluft vorhanden ist, kann stets auf diese zurĂŒckgegriffen wer-den. Zur PrĂŒfung auf CO mĂŒssen allerdings Gaswaschflaschen mit %iger Kalilaugezur Absorption des CO in der Pressluft vorgeschaltet werden. Auch Stickstoff aus einerDruckgasflasche mit Reduzierventil kann verwendet werden, da Stickstoff keinen der ĂŒb-lichen Nachweise stört.
Wesentlich einfacher in der Handhabung und fĂŒr die meisten FĂ€lle ausreichend istdas ebenfalls in Abb. . wiedergegebene Reagenzglas mit GĂ€rröhrchen. Hier wird dieSubstanz in einem HM-Reagenzglas mit einem geeigneten Reagenz zersetzt und die sichbildenden Gase in dem aufgesetzten GĂ€rröhrchen aufgefangen, das mit einer geeignetenAbsorptionslösung gefĂŒllt ist. Zum vollstĂ€ndigen Austreiben der Gase wird das Reagenz-glas vorsichtig erwĂ€rmt.
MikrogaskammerZumNachweis vonGasenoder schwerer flĂŒchtigenDĂ€mpfen (CrOCl), die bei einerUm-setzung entstehen, ist die in der Abb. ., oben skizzierte Mikrogaskammer besondersgeeignet. Sie besteht aus zwei ObjekttrĂ€gern und einem 10mm hohen Ring, der aus einemGlasrohr von etwa 15mmâ geschnitten wird. Der Ring ist an beiden Enden plangeschlif-fen. Bei der Anwendung wird ein Probetropfen auf den unteren ObjekttrĂ€ger aufgetropftund der Glasring so aufgesetzt, dass der Tropfen von ihm umschlossen wird. Dann wirddie zur Gasentwicklung erforderliche Menge Reagenzlösung zugesetzt und der Glasringmit dem zweiten ObjekttrĂ€ger abgedeckt. Am zweiten ObjekttrĂ€ger hĂ€ngt ein Tropfeneiner zumNachweis des gesuchten Gases geeigneten Reagenzlösung. Nun wird der untereObjekttrĂ€ger vorsichtig erwĂ€rmt (Luftbad). Die sich entwickelndenGase werden von demTropfen amDeckglas absorbiert und können dort durchweitereReaktionen nachgewiesenwerden.
Wattebausch
Tropfen
FĂŒllmasse aus Paraffin-SchwefelblĂŒte
Abb. 12.6 Mikrogaskammer; H2S-Entwicklungsapparatur nach Seel
332 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
lÀsst es sich umkristallisieren, wodurch eine Abscheidung von eventuell mitgerissenemBis(dimethylglyoximato)platin möglich ist. In verd. SÀuren ist es ebenfalls schwer löslich,jedoch löslich in Ammoniak und verd. Alkalihydroxiden. Aus diesen Lösungen wird dasBis(dimethylglyoximato)palladium durch SÀuren unzersetzt wieder ausgefÀllt.
265 Nachweis von Pd(II) neben Au(III) und Pt(IV)Pd(II) wird auf Papier mit Hg(CN) als weiĂes Pd(CN) gefĂ€llt, wĂ€hrend Au(III) undPt(IV) wasserlöslicheCyanidokomplexe bilden. Nach demWaschenmitWasser reduziertman das verbliebene Pd(CN) mit SnCl zum elementaren Pd.
Tropfen gesĂ€ttigte Hg(CN)-Lösung wird auf Filterpapier mit Tropfen Probelösungund wieder mit Tropfen Hg(CN)-Lösung versetzt. Nach Auswaschenmit einigen Trop-fen Wasser tĂŒpfelt man mit Tropfen SnCl-Lösung Bei Anwesenheit von Pd entsteht eingelber bis orangefarbener Fleck.Reagenz: GesĂ€ttigte Hg(CN)-LösungEG: , ÎŒg Pd (in ,mL); pD: ,
14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
Zu der Schwefelwasserstoff-Gruppe gehören die in Tab. . aufgefĂŒhrten Metalle undHalbmetalle, die in saurer Lösung mit HS entweder schwer lösliche Sulfide bilden, zu denElementen reduziert werden oder als Iodide ausfallen (Tl-Iodid).
Ferner werden unter den genannten Bedingungen auch die Elemente Pd, Pt und Au alsSulfide gefĂ€llt. Da sie jedoch den ĂŒblichen Trennungsgang erschweren, ist es zweckmĂ€Ăig,diese Elemente in einer sogenannten Reduktionsgruppe vorher abzuscheiden. In diesemFall kommen auch Se und Te in diese Gruppe. Tl wird zu Beginn des Trennungsganges zuTl(III) oxidiert und in der Schwefelwasserstoff-Gruppe als Iodid abgeschieden.
Mowird wegen seinerĂhnlichkeit mitWolfram und seiner oft unvollstĂ€ndigen FĂ€llungmitHS in saurer Lösung auf7S. besprochen, SeundTewurden schon auf7S. bzw.7S. behandelt.
Die SulfideAsS, AsS, SbS, SbS, SnS, SnS,MoS, GeS sowie SeundTe lösen sichin (NH)Sx , wĂ€hrend die ĂŒbrigen Sulfide und TlI im RĂŒckstand verbleiben.Hierdurch isteine Aufspaltung der Schwefelwasserstoff-Gruppe in zwei Untergruppen, die sogenannteCu-Gruppe und die As-Sn-Gruppe, gegeben.
Die Sulfide des As, Sb, Sn undMo bildenmit (NH)Sx löslicheThiosalze. Hier kommtdie Ăhnlichkeit des Schwefels mit dem in der gleichen Gruppe des PSE stehenden Sauer-stoff zum Ausdruck. Analog der Bildung von Salzen aus âbasischenâ und âsaurenâ Oxiden
3. Hauptgruppe: Tl,
4. Hauptgruppe: Ge, Sn, Pb, 1. Nebengruppe: Cu,
5. Hauptgruppe: As, Sb, Bi, 2. Nebengruppe: Cd, Hg,
6. Hauptgruppe: Se, Te, 6. Nebengruppe: Mo.
Tab. 14.2 ĂberblickH2S-Gruppe
14
Hg
14.3.1 Quecksilber 333
vereinigen sich zwei Sulfide zu einem Salz, das im Gegensatz zu dem Oxosalz alsThiosalzbezeichnet wird:
Na2O + SO3 ïżœïżœâ Na2(SO4) (Sulfat)3CaO + As2O3 ïżœïżœâ Ca3(AsO3)2 (Arsenit)3Na2S + As2S3 ïżœïżœâ 2Na3(AsS3) (Thioarsenit)3Na2S + As2S5 ïżœïżœâ 2Na3(AsS4) (Thioarsenat)Na2S + SnS2 ïżœïżœâ Na2(SnS3) (Thiostannat)
Auch V und W bilden in ammoniakalischer Lösung mit (NH)Sx lösliche Thiosalze, siegehören aber nicht in die Schwefelwasserstoff-Gruppe, da ihre Sulfide nicht mit HS aussaurer Lösung gefÀllt werden. HgS, das in saurer Lösung gefÀllt wird, löst sich nicht inAmmoniumsulfid, wohl aber in Alkalisulfid (7S. ).
Die freienThiosÀuren, also etwas HAsS oder HSnS, sind unbestÀndig und zerfallenin HS und Sulfid:
6H+ + 2AsS3â3 ïżœïżœââœïżœïżœ 3H2S + As2S3 âDa hierbei das Löslichkeitsprodukt der Sulfide weit ĂŒberschritten wird, geht die Reaktionin wĂ€sseriger Lösung stets quantitativ vor sich.
Die Analogie zwischen Sauerstoff und Schwefel zeigt sich auch in gemischten Thio-oxosalzen, z. B. Natriummonothiotrioxoarsenat NaAsOS oder Natriumdithiodioxoarse-nat NaAsOS.
Im systematischenGang der Analyse werden die Sulfide der Schwefelwasserstoff-Grup-penelementemit (NH)Sx digeriert (7S. ). Dabei bleiben die Sulfide derKupfer-Grup-pe als HgS, PbS, BiS, CuS und CdS, sowie, in Gegenwart des selteneren ElementesThal-lium, TlI â I, im RĂŒckstand.
14.3.1 Quecksilber
QuecksilberHg, Z: 80, RAM: 200,59, 5d106s2
HĂ€ufigkeit: 4 â 10â5 Gew.-%; Smp.: â38,84 âC; Sdp.: 356, 73âC; D25: 13,5336g/cm3; Oxida-tionsstufen: +I, +II; Ionenradius rHg+ : 127pm, rHg2+ : 110pmStandardpotenziale: Hg2+2 + 2eâ ïżœïżœââœïżœïżœ 2Hg; E0 = 0,7973 V / Hg2+ + 2eâ ïżœïżœââœïżœïżœ Hg; E0 = 0,851 VVorkommen: Das wichtigste Quecksilbermineral ist der Zinnober HgS.Darstellung: Die zinnoberhaltigen Erze werden im Luftstrom erhitzt, der entweichende Queck-silberdampf wird in Kammern kondensiert. Reines Quecksilber wird dann durch Vakuumdestil-lation sowie Oxidation von Verunreinigungen mit verd. HNO3 erhalten.Bedeutung: Metallisches Quecksilber findet Verwendung in physikalischen Apparaten (Ther-mometern, Barometern, Quecksilberdampfpumpen und -lampen) und GerĂ€ten der Elektroche-mie (Polarographie, Kalomelelektrode). Quecksilber wird in groĂer Menge bei der Chloralkali-Elektrolyse (Amalgamverfahren) benötigt, die allerdings zukĂŒnftig durch das Membranverfahrenersetzt wird. HgO ist ein Depolarisator in Quecksilberbatterien, jedoch enthalten auch ande-re Trockenbatterien bis zu 1% Hg. Silberamalgam dient als ZahnfĂŒllung. Die Bedeutung vonQuecksilber geht jedoch wegen seiner ToxizitĂ€t stark zurĂŒck.
334 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
Chemische Eigenschaften: In der 2. Nebengruppe des PSE folgt auf die Elemente Zink undCadmium das Quecksilber. Im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln fĂŒr die Nebengruppen(7Kap. 7.3) nimmt die Tendenz zur Bildung niederer Oxidationsstufen mit steigender Ord-nungszahl zu. WĂ€hrend Zn und Cd nur in der Oxidationsstufe +II auftreten, bildet Hg auchVerbindungen mit der Oxidationsstufe +I. In der Reihe Zn-Cd-Hg nimmt die Löslichkeit derSulfide ab, was sich durch ihre FĂ€llbarkeit in sauren Lösungen mit fallendem pH-Wert be-merkbar macht. Jedoch ist der Eigenschaftssprung zwischen Cd und Hg wesentlich gröĂer alsder zwischen den ersten beiden Elementen. So hat auch Hg eine wesentlich höhere Elektro-nenaffinitĂ€t. Es hat im Gegensatz zu Zn und Cd in der Spannungsreihe (7S. 104) ein positivesNormalpotenzial und unterscheidet sich weiterhin durch die groĂe FlĂŒchtigkeit sowohl desunter Normalbedingungen flĂŒssigen Metalls als auch seiner Verbindungen von den anderenElementen dieser Gruppe. Quecksilber in der Oxidationsstufe +I kommt nur in Verbindungenmit einer HgâHg-Bindung vor, wie z. B. Hg2Cl2. In wĂ€sseriger Lösung liegt das Ion Hg2+2 vor.Dieses disproportioniert leicht:
Hg2+2 ïżœïżœââœïżœïżœ Hg + Hg2+Die Lage eines solchen Redoxgleichgewichtes wird von der Konzentration der dabei beteiligtenIonen beeinflusst. LĂ€sst man die Hg2+-Konzentration gegenĂŒber der von Hg2+2 klein werden,so tritt Disproportionierung ein (7Nachweis 268 bis7Nachweis 273 ). Ist dagegen die Hg2+-Konzentration gröĂer, so wird der umgekehrte Vorgang beobachtet, z. B.:
Hg + HgCl2 ïżœïżœâ Hg2Cl2
Die meisten Hg(I)-Salze sind schwer löslich, Ausnahmen bilden das Nitrat, Chlorat und Perchlo-rat. Die Lösungen reagieren infolge ihrer Hydrolyse sauer. Die Neigung zur Komplexbildung istgering.Dagegen sind viele Hg(II)-Salze leicht löslich. Einige wie Hg(II)-nitrat und Hg(II)-perchlorat,sind stark dissoziiert. Beim starken VerdĂŒnnen bilden sich durch Hydrolyse oft schwer löslichebasische Salze. Die Halogenide und Pseudohalogenide (HgCl2, HgBr2, Hg(CN)2, Hg(SCN)2) sindzwar löslich, aber nur wenig dissoziiert (eine Erscheinung, die im wesentlich geringeren MaĂauch Zink und Cadmium zeigen). Die Folge davon ist, dass manche Reaktionen anomal ver-laufen. Hg(II)-Salze können in wĂ€sseriger Lösung mit NH3 Verbindungen folgender Art bilden(7Nachweis 269 ):
HgCl2 + 2NH3 ïżœïżœâ [H3âNâHgââNH3]Cl2 â âschmelzbares PrĂ€zipitatâ,
HgCl2 + 2NH3 ïżœïżœâ [HgNH2]Cl â + NH+4 + Clâ âunschmelzbares PrĂ€zipitatâ,
2HgCl2 + 4NH3 + H2Oïżœïżœâ [Hg2N]Cl â H2O + 3NH+4 + 3Clâ âSalz der Millonâschen Baseâ.
Das âunschmelzbare PrĂ€zipitatâ besteht aus langen gewinkelten ââNH2âHgâKetten. Die âMil-lonâsche Baseâ besitzt ein Raumgitter.Hg(II) neigt stark zur Bildung von Komplexen mit hohem kovalentem Bindungsanteil.ToxizitĂ€t: Elementares Hg (MAK-Wert 0,1mg/m3) und seine Verbindungen sind sehr giftig(letale Dosis 0,2â1g HgCl2). VerhĂ€ltnismĂ€Ăig ungiftig sind schwer lösliche Verbindungen wieHg2Cl2 und HgS.
14
Hg
14.3.1 Quecksilber 335
266 VorprobenWeder FlammenfĂ€rbung, Perlreaktion nochLötrohrprobe sind als Vorprobe geeignet.We-gen der FlĂŒchtigkeit aller Quecksilberverbindungen dient das Erhitzen im GlĂŒhröhrchenals Vorprobe. Dazu wĂ€rmtman in einem einseitig geschlossenen, trockenen Glasröhrchenvon etwa 5mm Innendurchmesser und 50mm LĂ€nge einige mg der Substanz langsam inder Bunsenflamme unter dem Abzug. Dabei entsteht ein Sublimat, das bei Chlorid weiĂ,bei Sulfid schwarz oder rot und bei Iodid gelb (nach Reiben mit einem Glasstab rot) ist;Sauerstoffverbindungen zeigen eine graue Farbe. Verreibt man vorher die Substanz mitSoda, so liefern alle Quecksilberverbindungen einen grauen Metallspiegel.In einemAnfĂ€ngerpraktikum sollte auf Experimente mit Quecksilber und seinen Verbin-dungen verzichtet werden. Auf jeden Fall muss man sich vor Beginn der Experimentemit Quecksilberverbindungen ĂŒber die ordnungsgemĂ€Ăen EntsorgungsmöglichkeitenfĂŒr QuecksilberabfĂ€lle informieren!
Gemeinsame Nachweise fĂŒr Hg(I) und Hg(II)
267 Nachweis als Amalgam mit unedleren MetallenDieser empfindliche und selektive Hg-Nachweis eignet sich auch als Vorprobe aus derAnalysensubstanz.
Hg2+ + Cuïżœïżœâ Hg â + Cu2+5â10mg Substanz werden mit Tropfen 5mol/L HCl und Tropfen 5mol/L NaClO imWasserbad erhitzt. Wenn nichts mehr in Lösung geht, wird mit HO auf 0,5mL verdĂŒnntund das ĂŒberschĂŒssige Cl in der WĂ€rme mit einem Luftstrom aus der Lösung vertrieben.In Tropfen dieser Lösung oder in Tropfen der imTrennungsgang aufHg+ zu prĂŒfendenHCl-sauren Lösung wird auf einemObjekttrĂ€ger ein kleines StĂŒckchen blanker Cu-Drahtgebracht und der Tropfen auf demWasserbad zur Trockne verdampft.Der RĂŒckstand wirdmit Tropfen HO befeuchtet und der Cu-Draht, an dem sich Hg, Ag u. a. edlere Metalleabgeschieden haben, vorsichtig, ohne zu reiben, zwischen Filterpapier getrocknet. Dasabgeschiedene Hg wird in einer flachen Mikrogaskammer oder zwischen zwei kleinenUhrglĂ€sern ĂŒber kleiner Flamme vom Cu-Draht abdestilliert. Am oberen ObjekttrĂ€geroder Uhrglas scheiden sich kleine Hg-Tröpfchen ab, die mit einer Lupe oder unter demMikroskop bei geringer VergröĂerung leicht zu erkennen sind.EG: ca. , ÎŒg Hg+
Aus Lösungen, die nur Quecksilber als edleres Metallion enthalten, kann Hg an einemKupferblech als grauer Beschlag abgeschieden werden (Amalgambildung), der beim Po-lieren mit einem Filterpapier silberglÀnzend wird.
Reaktionen und Nachweise fĂŒr Hg(I)
FĂŒr die nachfolgenden Reaktionen verwendet man eine Hg(NO)-Lösung.268 NaOHSchwarzer Niederschlag eines Gemisches von Hg +HgO, der schwer löslich im Ăber-schuss des FĂ€llungsmittels, aber löslich in HNO ist.
Hg2+2 + 2OHâ ïżœïżœâ Hg â + HgO â + H2O
336 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
269 AmmoniakSchwarzer Niederschlag eines Gemisches von Quecksilber, das in fein verteiltemZustandschwarz aussieht, und weiĂem Quecksilber(II)-amidonitrat:
Hg2+2 + NOâ3 + 2NH3 ïżœïżœâ Hg â + [HgNH2]NO3 â + NH+4270 HCl, lösliche ChlorideWeiĂer Niederschlag von HgCl:
Hg2+2 + 2Clâ ïżœïżœâ Hg2Cl2 âSchwer löslich in verdĂŒnnten SĂ€uren, löslich in Königswasser, da Oxidation eintritt:
Hg2Cl2 + Cl2 ïżœïżœâ 2HgCl2
HgCl fĂŒhrt denNamen âKalomelâ (schönes Schwarz), weil es sich beimĂbergieĂenmitAmmoniak tiefschwarz fĂ€rbt. Dabei bildet sich ein Gemisch von fein verteiltem Queck-silber (schwarz) und Quecksilber(II)-amidochlorid, [HgNH]Cl (unschmelzbares PrĂ€zi-pitat). Wichtige Reaktion zum Erkennen von Hg+ .
271 KIZunĂ€chst bildet sich ein grĂŒnlich gelber Niederschlag von HgI, der beim ErwĂ€rmenleicht zerfĂ€llt und dabei schwarz wird. Im Ăberschuss von KI löst sich HgI auf (7Nach-weis 277 ). HgI disproportioniert mit einem Ăberschuss von KI in [HgI]
â und Hg:
Hg2+2 + 2 Iâ ïżœïżœâ Hg2I2 âHg2I2 ïżœïżœâ Hg + HgI2
272 H2SIn saurer Lösung entsteht ein schwarzer Niederschlag von HgS und Hg, der in HCl schwerlöslich ist, sich jedoch in Königswasser sowie teilweise in halbkonz. HNO löst. In Kö-nigswasser wird der gesamte Niederschlag oxidiert und aufgelöst, in halbkonz. HNOnur Quecksilber. In Ammoniumsulfid und -polysulfid ist der Niederschlag schwer löslich,konz. Alkalisulfidlösung löst dagegen HgS heraus, Alkalipolysulfid auch Hg:
HgS + S2â ïżœïżœâ [HgS2]2âHg + S2â2 ïżœïżœâ [HgS2]2â
273 KCNDisproportionierung zu löslichemHg(CN) und Hg. Letzteres fÀllt aus:
Hg2+2 + 2CNâ ïżœïżœâ Hg(CN)2 + Hg â274 K2CrO4In der Hitze entsteht rotes HgCrO.
14
Hg
14.3.1 Quecksilber 337
Reaktionen und Nachweise fĂŒr Hg(II)
FĂŒr die nachstehenden Reaktionen verwendet man eine HgCl- oder Hg(NO)-Lösung.
275 NaOHGelberNiederschlag von HgO, der schwer löslich im Ăberschuss, jedoch löslich in SĂ€urenist.
276 AmmoniakWeiĂerNiederschlag der entsprechendenQuecksilber(II)-amidoverbindung, [Hg(NH)]Cl.In Gegenwart von viel NHCl entsteht ein Komplex, z. B. [HNâHgâNH]Cl, derebenfalls schwer löslich ist und schmelzbares PrĂ€zipitat genannt wird. Zersetzt man HgI,bzw., da dieses schwer löslich ist, das Komplexsalz K[HgI] mit Ammoniak, so bildetsich ein roter Niederschlag von [HgN]I. Verwendung von âNeĂlers Reagenzâ fĂŒr denAmmoniaknachweis im Trinkwasser (7Nachweis 627 ).
277 KIRoter Niederschlag von HgI, der sich im Ăberschuss von KI löst. Aus solchen LösungenfĂ€llt mit NaOH kein HgO aus:
Hg2+ + 2 Iâ ïżœïżœâ HgI2 âHgI2 + 2 Iâ ïżœïżœâ [HgI4]2â
278 H2SHgS kommt in zwei Modifikationen vor, der metastabilen schwarzen und der stabilenroten. Nach der Ostwald-Volmer-Stufenregel wird bei derartigen Systemen der energie-Àrmere Zustand mit höherer Dichte nicht direkt, sondern stufenweise erreicht.
Bei HS-Einleitung fĂ€llt schwarzer Niederschlag von HgS aus, der schwer löslich inHCl und halbkonzentrierter HNO ist, sich jedoch in Königswasser löst. HĂ€ufig entstehtzunĂ€chst ein weiĂer Niederschlag, der aus Mischsalzen besteht, so beim Arbeiten mitChlorid: HgSCl. Auch dieses ist sowohl in HCl als auch in halbkonzentrierter HNOschwer löslich. Ebenso kann sich ein Mischsalz bilden, wenn man HgS mit HNO behan-delt.
HgS ist nicht in (NH)S-Lösung, aber in konzentrierter Alkalisulfidlösung unter Bil-dung einesThiosalzes löslich (7Nachweis 272 ). BeimEinleiten vonHS in dessenLösungfĂ€llt infolge der Herabsetzung der Sâ-Konzentration â es bilden sich HSâ-Ionen â HgSwieder aus, wobei sich die roteModifikation anstelle der sonst beim analytischen Arbeitenentstehenden schwarzen bilden kann.
279 Wenig dissoziierte Hg2+-SalzeDie geringe Dissoziation mancher Hg(II)-Salze erkennt man an folgenden Versuchen:a) Festes HgCl2 (Sublimat) und konz. H2SO4: Es entweicht keinHCl. Bei stĂ€rkeremErhitzendestilliertmit HSO zugleichHgCl ab, das sich an den kĂ€lteren Teilen des Reagenzglaseswieder absetzt (zugleich Zeichen fĂŒr die leichte FlĂŒchtigkeit!).b) Frisch bereitetes HgO und KCN-Lösung: HgO löst sich auf. Aus Hg(CN)-Lösung fallenmit NaOH oder KI keine NiederschlĂ€ge, weil so wenig Hg+-Ionen zugegen sind, dass dasLöslichkeitsprodukt vonHgO bzw. HgI nicht ĂŒberschrittenwird (7S. f.). Nur mit HSerfolgt aus Hg(CN)-Lösung die FĂ€llung von HgS.
HgO + 2CNâ + H2Oïżœïżœâ Hg(CN)2 + 2OHâ
338 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
280 K2CrO4Aus neutralen Lösungen FÀllung von gelbem HgCrO, das beim Erhitzen rot wird.KCrO gibt mit Hg(NO) eine gelbbraune FÀllung, reagiert dagegen nicht mit HgCl.
281 Nachweis durch ReduktionsmittelZurReduktion kannnebenunedlenMetallen u. a. SnCl in saurer Lösung benutzt werden.
2HgCl2 + Sn2+ + 4Clâ ïżœïżœâ Hg2Cl2 â + [SnCl6]2âHg2Cl2 + Sn2+ + 4Clâ ïżœïżœâ 2Hg â + [SnCl6]2â
Bei tropfenweiser Zugabe tritt zunĂ€chst eine FĂ€llung von weiĂem HgCl auf. Hg+ wird
zu Hg+ reduziert. Bei Ăberschuss von SnCl GraufĂ€rbung durch Hg (weitere Reduktion).Eventuell vorhandenesHgCl kanndurchĂbergieĂenmit Ammoniak erkanntwerden
(7Nachweis 269 ).
282 Nachweis als Cobaltthiocyanatomercurat(II)Die Bildungsweise und Eigenschaften dieses Salzes werden bei Cobalt (7Nachweis 412 )beschrieben.
Hg2+ + 4SCNâ + Co2+ ïżœïżœâ Co[Hg(SCN)4] âZum Nachweis von Hg+ wird Tropfen der Lösung auf dem ObjekttrĂ€ger mit Trop-fen konz. HNO vorsichtig zur Trockne eingedampft. Der RĂŒckstand wird mit Tropfen1mol/L CHCOOH und danach mit einem kleinen Tropfen Reagenzlösung versetzt. Beisehr geringen Hg-Mengen wird die Reagenzlösung direkt auf den getrockneten RĂŒckstandgegeben. Die Bildung blauer, keilförmiger Kristalle von Co[Hg(SCN)] zeigt Hg an. Be-trachtung unter demMikroskop ( Abb. .).Störungen: GröĂere Mengen Pb+ und Ag+ mĂŒssen vorher durch FĂ€llung als Chlorideentfernt werden.Reagenz: 3,3 g NHSCN und 3 g Co(NO) â HO in 5mLWasserEG: , ÎŒg Hg; pD: ,
283 Nachweis als Hg(II)-ReineckatHg+ bildet in HCl-saurer Lösung mit NH[Cr(SCN)(NH)] (Reinecke-Salz) einenschwer löslichen rosaroten Niederschlag.
Hg2+ + 2 [Cr(SCN)4(NH3)2]â ïżœïżœâ Hg[Cr(SCN)4(NH3)2]2 âZum Nachweis von Hg wird die HCl-saure, mit HNO oxidierte Lösung von evtl. gefĂ€ll-tem PbCl dekantiert, auf ca. °C erhitzt und mit kalter, frisch bereiteter Reinecke-Salz-Lösung versetzt. Ein rosaroter Niederschlag zeigt Hg an.Störungen: Au, Ag, Tl und Cu(I) stören. Viel Pb+ kann in der KĂ€lte gleichfalls einenNiederschlag bilden, der sich jedoch beim ErwĂ€rmen auflöst.Reagenz: %ige Reinecke-Salz-LösungEG: , ÎŒg Hg; pD: ,
14
Hg
14.3.1 Quecksilber 339
284 Nachweis als Cu2[HgI4]Hg+ reagiert in saurer Lösung mit CuI in Gegenwart von KI unter Bildung von rotemCu[HgI].
Hg2+ + 2 CuI + 2 Iâ ïżœïżœâ Cu2[HgI4] Tropfen KI-NaSO-Lösung wird auf eine TĂŒpfelplatte oder ein Filterpapier aufgetra-gen, mit Tropfen CuSO-Lösung versetzt und anschlieĂend mit Tropfen ProbelösunggetĂŒpfelt, die 1mol/L HCl oder HNO enthalten soll. In AbhĂ€ngigkeit von der Hg+-Konzentration tritt eine rote bis orangerote Farbe auf.
Eine Blindprobe ist stets durchzufĂŒhren, da sich CuI in feuchtem Zustand nach kurzerZeit rötlich braun fĂ€rbt.Störungen: Innerhalb der Reduktions- und Schwefelwasserstoff-Gruppe stören nurPd(II), das schwarzes PdI bildet, sowie Oxidationsmittel (Au+, Pt+, MoOâ
, WOâ
usw.). Pd wird durch FÀllung mit Diacetyldioxim aus saurer Lösung, Au durch Reduktionmit NaSO entfernt. Pt wird durch NaSO maskiert (Bildung von [Pt(SO)]
â).MoOâ
undWOâ werdenmit NaF (Bildung von [MoOF]- bzw. [WOF]-)maskiert.
Hg+ und Ag+ werden mit HCl gefĂ€llt und abfiltriert.Reagenz: Kaliumiodid-Natriumsulfitlösung: 5 g KI und 20 g NaSO â HO, gelöst in100mLWasser; Kupfersulfatlösung: 5 g CuSO â HO in 100mL Wasser gelöst.EG: , ÎŒg Hg+; pD:
285 Hg(II)-Nachweis als Diphenylcarbazon-ChelatHg+ bildet mit Diphenylcarbazid bzw. dessen Oxidationsprodukt Diphenylcarbazon inneutraler bis schwach saurer Lösung eine rotviolette Komplexverbindung (7S. ).
Hg2+ + 2 NN
OHN
HN Hg
NN
ON
HN
NN
O NNH + 2H+
Der Niederschlag der Schwefelwasserstoff-Gruppe wird mit halbkonzentrierter HNOaufgekocht, der HgS-RĂŒckstand gut gewaschen und in möglichst wenig Königswassergelöst. Die Lösung wird mit HNO im Ăberschuss bis fast zur Trockne vorsichtigeingedampft, mit möglichst wenigWasser aufgenommen und mit Ammoniak annĂ€herndneutralisiert. â Tropfen der neutralen Lösung werden auf Filterpapier getĂŒpfelt, dasvorher mit einigen Tropfen Reagenzlösung getrĂ€nkt wurde. In Gegenwart von Hg(II)entsteht ein rotvioletter Fleck, dessen Farbe sich beim RĂ€uchern mit NH vertieft. DieFĂ€rbung verblasst im Allgemeinen nach kurzer Zeit.
Liegt Hg+ vor, so wird der Niederschlag der SalzsĂ€ure-Gruppe nach Auswaschen vonPbCl mit heiĂem Wasser und von AgCl mit Ammoniak in Königswasser gelöst. DannverfĂ€hrt man wie oben, sofern bei sehr kleinen Hg-Mengen die Kalomelreaktion nichteindeutig verlĂ€uft.
340 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
Störungen: Cd(II), CrOâ und andere Oxidationsmittel sowie gröĂere Mengen Cu(II)
stören.Reagenz: GesĂ€ttigte Lösung von Diphenylcarbazid oder Diphenylcarbazon in AlkoholEG: ÎŒg Hg; pD: ,
14.3.2 Blei
BleiPb, Z: 82, RAM: 207,2, 6s26p2
HĂ€ufigkeit: 1,8 â 10â3 Gew.-%; Smp.: 327,5 âC; Sdp.: 1749 âC; D25: 11,3 g/cm3; Oxidationsstu-fen: +II, +IV; Ionenradius r
Pb2+: 120pm
Standardpotenzial: Pb2+ + 2 eâ ïżœïżœââœïżœïżœ Pb; E0 = â0,126 VVorkommen: Das wichtigste Bleierz ist der Bleiglanz PbS. Zu erwĂ€hnen sind noch WeiĂbleierzPbCO3, Anglesit PbSO4 und Pyromorphit Pb5[Cl(PO4)3].Darstellung: Die Bleigewinnung erfolgt noch ĂŒberwiegend durch Röstreduktionsarbeit, dabeiwird das Sulfid völlig abgeröstet (Verblaserröstung) und entstandenes Oxid reduziert:
2PbS + 3O2 ïżœïżœâ 2PbO + 2 SO2 âPbO + Cïżœïżœâ Pb + CO â
Röstreaktionsarbeit wĂŒrde weniger Energie verbrauchen, dabei wird das Sulfid nur teilweiseabgeröstet und das entstandene Oxid mit noch vorhandenem Sulfid unter Luftabschluss erhitzt:
2 PbO + PbSïżœïżœâ 3Pb + SO2 âBedeutung: Metallisches Blei dient zur Herstellung von Akkumulatorplatten, Kabelummante-lungen, Rohren, Blechen (Auskleidung von GefĂ€Ăen), Geschossen und Flintenschrot. BleiwĂ€ndewerden zum Strahlenschutz (Îł-Strahlen) verwendet. Wichtig sind Legierungen, wie Lettern-metall (Sn- und Sb-haltige Pb-Legierung), Weichlot und Lagermetall (Bahnmetall, Li-haltigePb-Legierung). Von den Bleiverbindungenwerden PbO2 fĂŒr Akkumulatoren, BleiweiĂ (basischesBleicarbonat), Mennige Pb3O4 und Chromgelb PbCrO4 als Pigmente, PbO zur Herstellung vonGlĂ€sern mit hohem Brechungsindex (optische GlĂ€ser, Kristallglas) und von Sikkativen (Beschleu-nigung der Verharzung von Ălen im Anstrich) benutzt.Chemische Eigenschaften: Blei steht in der 4. Hauptgruppe des PSE. Obwohl Blei ein negativesStandardpotenzial hat, löst es sich nicht in HCl und H2SO4. Selbst konzentrierte H2SO4 bis etwa75â80% und ebenso HF bis etwa 60% greifen es kaum an, da sich festhaftende ĂberzĂŒ-ge bilden. Dagegen wird es von heiĂer hoch konzentrierter H2SO4 unter Komplexbildung zu[Pb(SO4)2]
2â gelöst. Das beste Lösemittel ist HNO3.In den meisten Verbindungen tritt Blei in der Oxidationsstufe +II auf. In seiner höchsten Oxida-tionsstufe +IV ist es nur in PbO2, Pb(C2H5)4, Pb(CH3COO)4 und einigen Komplexsalzen bestĂ€ndig.PbO2 hat schwach sauren Charakter, löst sich in heiĂer konzentrierter KOH als [Pb(OH)6]
2â undbildet Plumbate(IV) wie K2[Pb(OH)6]. Schmelzen von PbO mit Ca(NO3)2 ergibt das ternĂ€re OxidCa2PbO4, ein sogenanntes Orthoplumbat. Mennige Pb3O4 enthĂ€lt Ketten kantenverbundenerPbIVO6-Oktaeder. Pb(II)-Ionen verbinden die Ketten miteinander. Pb3O4 kann daher als Blei(II)-polyplumbat(IV) aufgefasst werden. HNO3 löst nur Pb(II) heraus.ToxizitĂ€t: Schon bei tĂ€glicher ZufĂŒhrung von 1â2mg Bleiverbindungen treten chronische Ver-giftungen auf.
14
Pb
14.3.2 Blei 341
286 Vorproben auf Pba) FlammenfĂ€rbung: Fahlblaue Flamme, die wenig charakteristisch fĂŒr Pb-Verbindungenist.b) Lötrohrprobe: Beste Vorprobe. Alle Bleiverbindungen werden leicht reduziert. Es bil-det sich ein duktiles Metallkorn, auĂerdem ein gelber Oxidbeschlag. Mit dem Lösen desMetalls in verd. HNO werden nach Neutralisation mit Soda folgende Reaktionen durch-gefĂŒhrt: HS: schwarzes PbS, HSO: weiĂes PbSO und KCrO: gelbes PbCrO.
FĂŒr die nachstehenden Reaktionen verwendet man eine Pb(NO)-Lösung bzw. die ent-sprechend vorbereitete Analysenlösung.
287 NaOHWeiĂer Niederschlag von Pb(OH), der löslich in SĂ€uren und starken Basen ist. Als am-photeres Hydroxid bildet es mit Letzteren Hydroxoplumbate(II). Mit HO fĂ€llt aus die-sen Lösungen PbO. Auch in ammoniakalischer konz. Ammoniumacetat- und besondersTartratlösung ist Pb(OH) löslich. Mit Tartrationen bildet Pb(II) dabei einen Ă€hnlichenChelatkomplex wie Cu(II).
Pb2+ + 2OHâ ïżœïżœâ Pb(OH)2 âPb(OH)2 + OHâ ïżœïżœââœïżœïżœ [Pb(OH)3]â
288 AmmoniakWeiĂer Niederschlag von Pb(OH), schwer löslich im Ăberschuss. In wĂ€sserigen Lösun-gen vermag Pb+ keine Amminkomplexe zu bilden.
289 HCl und ChlorideAus nicht zu verdĂŒnnter Lösung fĂ€llt weiĂes, kristallines PbCl aus. Es ist bei °C zu etwa% in reinemWasser löslich, bei °C betrĂ€gt die Löslichkeit etwa %.Man löst in einemReagenzglas etwas PbCl in siedendem Wasser, trennt das Filtrat vom RĂŒckstand heiĂdurch ein Faltenfilter und lĂ€sst abkĂŒhlen. Man findet charakteristische lange, glĂ€nzendweiĂe Nadeln ( Abb. .).
Pb2+ + 2Clâ ïżœïżœâ PbCl2 âAbb. 14.1 Bleichlorid-Nadeln
342 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
290 H2SAus nicht zu stark saurer Lösung FĂ€llung von schwarzemPbS, das löslich in starken SĂ€urenist (Ă€uĂerst empfindliche Reaktion).
291 H2SO4Neben HS dient HSO hĂ€ufig als FĂ€llungsmittel fĂŒr Pb+.
Der weiĂe Niederschlag von PbSO ist etwas löslich in verd. HNO, löslich in konz.HSO unter Bildung desKomplexes [Pb(SO)]
â. Um eine quantitative FĂ€llung zu erzie-len, muss man die Lösung nach dem Versetzen mit HSO so weit eindampfen, bis weiĂeNebel entstehen. Nur dann ist man sicher, dass HCl und HNO vollstĂ€ndig entfernt wor-den sind. AnschlieĂend verdĂŒnnt man mit Wasser. (Vorsicht! konz. HSO und Wasserspritzen leicht!)
PbSO wird ebenso wie Pb(OH) durch ammoniakalische Tartrat- sowie konz. Ammo-niumacetatlösung unter Komplexbildung gelöst. Desgleichen löst sich PbSO in starkerNaOH unter Bildung von Hydroxoplumbaten(II) auf.
292 HNO3Man erwÀrmt Mennige mit verd. HNO. Die Farbe schlÀgt von Rot nach Braun (PbO)um, im Zentrifugat lÀsst sich Pb+ nachweisen.
Pb3O4 + 4H+ ïżœïżœâ 2Pb2+ + PbO2 + 2H2O293 Nachweis als PbI2Mit KI erhĂ€lt man einen gelben Niederschlag von PbI ( Abb. .A), der im Ăberschussdes FĂ€llungsmittels unter Bildung von [PbI]
â löslich ist. Der Komplex ist aber nur beiKI-Ăberschuss bestĂ€ndig.
Pb2+ + 2 Iâ ïżœïżœââœïżœïżœ PbI2 âPbI2 + 2 Iâ ïżœïżœââœïżœïżœ [PbI4]2â
PbI ist in Wasser bei °C zu etwa ,%, bei °C zu ,% löslich. Aus heiĂgesĂ€ttigten Lösungen kristallisiert es beim AbkĂŒhlen in gelben glĂ€nzenden BlĂ€ttchenaus ( Abb. .B).
294 Nachweis als PbCrO4PbCrO bildet einen gelben, in CHCOOH und Ammoniak schwer löslichen, in NaOHund HNO löslichen kristallinen Niederschlag ( Abb. .A).
Pb2+ + CrO2â4 ïżœïżœâ PbCrO4 âNebenAgCrO ( Abb. .) kann PbCrO an seinerKristallform â gelbe, durchsichtigeStĂ€bchen, evtl. auch kleine monokline Kristalle ( Abb. .B) â unter dem Mikroskoperkannt werden. Die alkalische Probelösungwirdmit Tropfen 0,5mol/LKCrO versetztund dann mit 5mol/L CHCOOH schwach angesĂ€uert. In Gegenwart von Pb fĂ€llt gelbesPbCrO aus. Zur mikroskopischen Untersuchung wird Tropfen der Pb+-Lösung mit5mol/L HNO schwach angesĂ€uert und auf demObjekttrĂ€ger erwĂ€rmt. Man bringt einenkleinen Kristall KCrO in die Mitte des ProbetrĂ€gers und beobachtet die beim Erkalteneinsetzende Kristallisation unter demMikroskop.Störungen: Kationen, die mit CrOâ
-Ionen ebenfalls in saurer Lösung schwer löslicheChromate bilden, dĂŒrfen nicht mit vorliegen.EG: , ÎŒg Pb; pD: ,
14
Pb
14.3.2 Blei 343
Abb. 14.2 PbI2: FĂ€llung im Reagenzglas (A) und Mikrokristalle auf ObjekttrĂ€ger (B, VergröĂe-rung: 1 ⶠ100)
Abb. 14.3 PbCrO4: FĂ€llung im Reagenzglas (A) und Mikrokristalle auf ObjekttrĂ€ger (B, Vergrö-Ăerung: 1 ⶠ100)295 Nachweis als K2CuPb(NO2)6Zu Bildung und Eigenschaften dieses quaternĂ€renNitrits siehe Kalium (7Nachweis 618 ): Tropfen der essigsauren Lösung wird auf dem ObjekttrĂ€ger bis fast zur Trockne einge-dampft und der abgekĂŒhlte RĂŒckstand mit Tropfen Reagenzlösung versetzt. Bei Zugabevon etwas festem KNO scheiden sich sofort schwarze WĂŒrfel des quaternĂ€ren Nitrits ab.Falls PbSO vorliegt, wird Letzteres auf demObjekttrĂ€ger mit Reagenzlösung in mĂ€ĂigemĂberschuss durchfeuchtet und KNO hinzugegeben. Das durch NHCHCOO gelöstePbSO reicht zur Bildung des quaternĂ€ren Nitrits aus, das sich neben ungelöstem PbSOunter demMikroskop erkennen lĂ€sst ( Abb. .).Störungen: Innerhalb der Schwefelwasserstoff-Gruppe stören lediglichHg in 300-fachemĂberschuss sowie Bi und Sn.
344 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
Reagenz: Mischlösung aus gleichen Volumina Eisessig, gesĂ€ttigter NHCHCOO-Lösung und %iger KupferacetatlösungEG: , ÎŒg Pb; pD: ,
296 Nachweis als Dithizon-ChelatPb(II) bildet in neutraler oder alkalischer Lösung mit Dithizon (Diphenylthiocarbazon)ein rotes Komplexsalz (vgl.7S. ), das sich mit CHCl ausschĂŒtteln lĂ€sst.
Pb2+ + 2 NN
SHNN
H
Dithizon
Pb
NN
SNN
H
NN
S NN
H+ 2H+
In einigen Tropfen der neutralen oder schwach alkalischen Lösung wird etwas KCN undK-Na-Tartrat gelöst und diese Lösung mit â Tropfen frisch bereiteter Reagenzlösunggemischt. Ein Farbumschlag der CHCl-Schicht von GrĂŒn nach Rot zeigt Pb(II) an. Unterdiesen Bedingungen stören in der SalzsĂ€ure- und Schwefelwasserstoff-Gruppenur Tl undSn (Blindprobe!).Störungen: Zahlreiche andere Schwermetallionen, die gleichfalls mit Dithizon farbigeKomplexe bilden, können mit KCN oder K-Na-Tartrat maskiert werden.Reagenz: Frisch bereitete Lösung von 2mg Dithizon in 100mL CHClEG: , ÎŒg Pb; pD: ,
14.3.3 Bismut
BismutBi, Z: 83, RAM: 208,9804, 6s26p3
HĂ€ufigkeit: 2 â 10â5 Gew.-%; Smp.: 271,4 âC; Sdp.: 1564 âC; D25: 9,79 g/cm3; Oxidationsstufen:+III, +V; Ionenradius r
Bi3+: 117 pm
Standardpotenzial: BiO+ + 2H+ + 3eâ ïżœïżœââœïżœïżœ Bi + H2O; E0 = +0,32 VVorkommen: Bismut kommt sehr selten gediegen vor, sonst hauptsĂ€chlich als Bismutglanz,Bi2S3, auch verwittert zu Bismutocker, Bi2O3. Spuren sind in vielen anderen Sulfiderzen ent-halten.Darstellung: Oxidische Erze werden mit HCl/HNO3 aufgeschlossen und das erhaltene BiOCl mitKohle reduziert. Beim sulfidischen Erz wendet man das Röstreduktionsverfahren oder die Nie-derschlagsarbeit (7S. 340) an. Bismut wird ĂŒberwiegend als Nebenprodukt der Blei- und Kup-ferverhĂŒttung gewonnen.Bedeutung: Bismut ist Hauptbestandteil leicht schmelzender Legierungen (Woodâsche Legie-rung, Roseâsches Metall), die fĂŒr elektrische Sicherungen, SicherheitsverschlĂŒsse an Dampf-kesseln und als ausschmelzbare Kerne fĂŒr die Herstellung von Hohlkörpern benutzt werden.Gewisse Bismutlegierungen, die sich ebenfalls wie das Bismut selbst beim Erstarren ausdehnen,werden zur Herstellung von Klischees verwendet. Bismutverbindungen sind wichtige Katalysa-toren in einigen organischen Synthesen. Die Anwendung in der Chemotherapie und Kosmetik(Schminke) ist wegen Nebenwirkungen stark eingeschrĂ€nkt worden.
14
Bi
14.3.3 Bismut 345
Chemische Eigenschaften: Bismut steht in der 5. Hauptgruppe des PSE (7S. 263). Aufgrundseines Standardpotenzials wird elementares Bismut nur von oxidierenden SÀuren (HNO3) gelöst.Die Hauptoxidationsstufe ist +III. Da Bi(OH)3 bzw. BiO(OH) eine sehr schwache Base ist, trittbei den Salzen leicht Hydrolyse ein. Es entstehen meist schwer lösliche, basische Salze derZusammensetzung BiOX (Bismutoxidverbindungen).Von der Oxidationsstufe +V sind nur Bismutpentafluorid, die Bismutate(V) und das Bismutpen-taoxid bekannt. Die Bismutate(V) sind starke Oxidationsmittel (7S. 395 f.). Man erhÀlt sie durchOxidation von Bi(OH)3 mit Br2 in alkalischer Lösung. Beim AnsÀuern solcher Lösungen fÀllt alsnicht eindeutig definierte Verbindung ein gelbbraunes bis purpurrotes Bismutpentaoxid aus.
297 Vorproben auf Bia) FlammenfĂ€rbung, Phosphorsalzperle und GlĂŒhröhrchenprobe ergeben keine charakte-ristische Reaktion.b) Lötrohrprobe: SprödesMetallkorn und gelber Beschlag von BiO. Mit der Lösung desMetalls in HNO werden folgende Reaktionen ausgefĂŒhrt, nachdemman so weit neutrali-siert hat, dass noch kein Niederschlag auftritt: VerdĂŒnnen mit HO: weiĂes BiONO; mitHS: braunschwarzes BiS und mit Na[Sn(OH)]: schwarzes Bi.c) Reaktion mit Thioharnstoff (Bismut-Rutsche): Wie in Abb. . gezeigt, wird auf eingefaltetes Filterpapier der Reihe nach die zu prĂŒfende Probe, NaF, NaCl, Na/K-TartratundThioharnstoff gegeben. Dann hĂ€lt man das Papier schrĂ€g und tropft mit einer PipetteverdĂŒnnte HNO auf die Probe. Die SĂ€ure löst etwas Substanz auf und durchlĂ€uft in derFalte die verschiedenenFeststoffe.MitNaFbilden Fe+ undAl+ stabile Fluoridokomplexe,NaCl fĂŒhrt zur FĂ€llung schwerlöslicher Chloride, z. B. AgCl bzw. HgCl, und das Na/K-Tartrat zur Komplexierung von Sb+ und Sn+. Bi+ bildet schlieĂlich mit Thioharnstoffeinen löslichen gelben Komplex (7Nachweis 306 ).
A B
Probe
NaF
NaCl
Na/K-Tartrat
Thioharnstoff
Abb. 14.4 Bismut-Rutsche: (A) Schema; (B) Filterpapier, der gelbe Fleck zeigt den Bi-Thioharnstoff-Komplex an (7Nachweis 306 ).
346 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
FĂŒr die nachfolgenden Reaktionen verwendet man eine saure BiCl- oder Bi(NO)-Lösung bzw. die entsprechend vorbereitete Analysenlösung.
298 H2OMan gibt BiCl oder Bi(NO) in Wasser. Es scheidet sich BiOCl bzw. BiONO aus. BeiZugabe von MineralsĂ€uren löst es sich, beim VerdĂŒnnen mit Wasser tritt wiederum Aus-fĂ€llung ein.
Bi3+ + H2O + Clâ ïżœïżœââœïżœïżœ BiOCl â + 2H+299 NaOH, Ammoniak und Na2CO3WeiĂer Niederschlag von basischen Salzen oder Bi(OH). Beim Kochen wird Letzteresgelb, wahrscheinlich unter Bildung von BiO(OH). Bi(OH) ist im Gegensatz zu Pb(OH)kaum amphoter. Nur mit ganz hoch konzentrierten Laugen bilden sich Hydroxosalze.
300 H2SAus nicht zu stark saurer Lösung braunschwarzer Niederschlag von BiS, löslich in konz.SĂ€uren sowie heiĂer verdĂŒnnter SalpetersĂ€ure. Von NaS-Lösung wird BiS in geringemMaĂe mit grĂŒnlich gelber Farbe gelöst; die Löslichkeit wĂ€chst mit der Konzentration derNaS-Lösung sowie bei gleichzeitigerAnwesenheit vonNatriumhydroxid. In 100mL alka-lischerNaS-Lösung (1mol NaS und 1mol NaOH/100mL) werdenmaximal 80mg BiSgelöst. KS- und alkalische KS-Lösung verhalten sich Ă€hnlich gegenĂŒber BiS.
301 Nachweis als elementares BiHydroxostannat(II)-Lösung reduziert Bi(III) zumMetall, das als schwarzes Pulver ausfÀllt,wÀhrend Sn(II) zu Sn(IV) oxidiert wird.
2Bi(OH)3 + 3 [Sn(OH)4]2âïżœïżœâ 2Bi â + 3 [Sn(OH)6]2âIndie Reagenzlösung lĂ€sstmandiemöglichst neutralisierte, ggf.mit einigenTropfenKCN-Lösung versetzte Bismutsalzlösung einflieĂen. In der KĂ€lte(!) bildet sich ein schwarzerNiederschlag.Störungen: Edelmetalle,Cu(I,II) undHg(I,II) stören. Edelmetalle werden durch Redukti-onmitHydraziniumchlorid entfernt.Hg(I,II) verflĂŒchtigtmandurch vorsichtiges Erhitzenin eine Vorlage. Die Reduktion von Cu(I) wird durch Zugabe von KCN verhindert.Reagenz: Alkalische Stannat(II)-Lösung aus gleichenVolumina %igerNaOHund einerLösung von 5 g SnCl und 5mL konz. HCl in 90mLWasserEG: ÎŒg Bi; pD: ,
302 Nachweis durch Reduktion mit Na2[Sn(OH)4] in Gegenwart von BleisalzenDie Empfindlichkeit der vorstehenden Reaktion wird durch Bleisalze erheblich gesteigert,da vermutlich infolge einer induzierenden Wirkung durch intermediÀr gebildete niedereBi-Oxide die Reduktion des Pb(II) zumMetall katalysiert wird. Auf dieseWeise gelingt es,sehr geringe Bi-Mengen zu identifizieren.
Tropfen der Probelösung wird im Mikrotiegel vorsichtig geglĂŒht, der RĂŒckstand inmöglichst wenig HCl gelöst und mit Tropfen gesĂ€ttigter PbCl-Lösung versetzt. Dannwird mit 2mol/L NaOH alkalisch gemacht, Tropfen %ige KCN-Lösung zugegeben undmit einigen Tropfen alkalischer Stannat(II)-Lösung reduziert. In Gegenwart gröĂerer Bi-Mengen erfolgt sofortige SchwarzfĂ€rbung. Bei sehr geringen Bi-Mengen tritt innerhalb
14
Bi
14.3.3 Bismut 347
von ca. 2â3min eine BraunfĂ€rbung auf. Da Pb-Salze auch in Abwesenheit von Bi lang-sam zu Pb reduziert werden, ist bei kleineren Bi-Mengen eine entsprechende Blindprobeerforderlich.EG: , ÎŒg Bi; pD: ,
303 Nachweis als Bismutdimethylglyoxim-KomplexEine BiCl-Lösung versetzt man in der Hitze mit einer %igen alkoholischen Dimethyl-glyoximlösung und hierauf mit Ammoniak bis zur deutlich alkalischenReaktion. Es bildetsich ein intensiv gelber, sehr voluminöser Niederschlag der Bi-Verbindung. Die ĂŒberste-hende FlĂŒssigkeit erscheint wasserklar.
2Bi3+ +NOH
NOH
+ 2H2O
OBiO
N
NO
Bi O
+ 6H+
In schwach alkalischer Lösung ist die FĂ€llung gelblich weiĂ; in der KĂ€lte entsteht anfangsnur ein Niederschlag von basischem Salz, der aber nach einiger Zeit in die gelbe Verbin-dung ĂŒbergeht. GeringeMengenBi bewirkennach demVersetzenmit Ammoniak nur eineGelbfĂ€rbung der FlĂŒssigkeit; nach einigem Stehen scheiden sich gelbe Flocken aus, diemanzur genaueren Beobachtung durch Zentrifugieren von der FlĂŒssigkeit trennt. Liegt Bi alsSulfat oder Nitrat vor, so setzt man vor dem Erhitzen etwas NaCl hinzu.Störungen: As, Sb, Sn, Ni, Co, Fe(II), Mn, gröĂere Mengen Cu und Cd und Tartrat stören.pD: ,
304 Nachweis als [BiI4]â
Aus schwach schwefel- oder salpetersaurer Lösung fĂ€llt mit KI zunĂ€chst ein schwarzerNiederschlag von BiI, der sich im Ăberschuss von KI unter Bildung des orangegelbenTetraiodidobismutat(III)-Komplexes ( Abb. .) löst.
Bi3+ + 3 Iâ ïżœïżœâ BiI3 âBiI3 + Iâ ïżœïżœââœïżœïżœ [BiI4]â
Abb. 14.5 Tetraiodidobismutatkomplex[BiI4]
â
348 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
305 Nachweis als Oxiniumtetraiodidobismutat(III)Die organischen Basen Chinolin und Oxin (7S. ) bilden unter Addition eines Protonsam Stickstoff Kationen, die mit Tetraiodidobismutat(III) schwer lösliche orange bis hell-rote Verbindungen ergeben.
[BiI4]â +
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁ OH
Nâ
H
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
+ âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁ OH
Nâ
H
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ+ BiI4 â
â Tropfen der HNO-sauren Probelösung werden auf der TĂŒpfelplatte mit â TropfenReagenzlösung und einem kleinen KI-Kristall versetzt. Die Bildung eines orange- bis hell-roten Niederschlags zeigt Bi an ( Abb. .). Bei weniger als ÎŒg Bi entsteht eine orangebis gelbe TrĂŒbung.Störungen: Unter den gleichen Bedingungen geben Sb(III), Pb(II), Hg(II) und Ag(I)schwarze NiederschlĂ€ge, die nur bei einem Ăberschuss dieser Ionen stören. Iodausschei-dungen durch Fe+ und Cu+ (Oxidation von Iâ zu I) können durch Zugabe von KSOverhindert werden.Reagenz: GesĂ€ttigte Lösung von Chinolin oder Oxin in AlkoholEG: ÎŒg Bi; pD: ,
306 Nachweis als Thioharnstoff-KomplexBi(III) bildet mitThioharnstoff einen löslichen gelben Komplex.
Bi3+ + 3 SNH2
NH2
Thioharnstoff
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁ
Bi Sâ
NH2
NH2Sâ
NH2
H2N
SâH2N
NH2â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
3+
Tropfen Probelösung wird auf der TĂŒpfelplatte mit Tropfen 2mol/L HNO und einerSpatelspitze Thioharnstoff versetzt. Bei Anwesenheit von Bi(III) tritt eine intensive gelbeFarbe auf ( Abb. .).Störungen: SeOâ
, Pt(IV), Os(IV), Fe(III), CrOâ , MnOâ , und UO+
mĂŒssen vorher re-duziert werden. Sb(III) und Sn(II) sind mit WeinsĂ€ure zu maskieren oder abzutrennen.Hg(I) und Ag(I) werden als Chloride gefĂ€llt. Au(III) gibt eine BraunfĂ€rbung.EG: ÎŒg Bi; pD: ,
Unter analogen Bedingungen kristallisiert Pb(II) als [Pb(SC(NH))](NO) infarblosen, stark lichtbrechenden Nadeln aus. Diese Reaktion kann zur Trennung vonPb(II)/Bi(III) herangezogen werden.Störungen: Cu(II) und Tl(I) kristallisieren Àhnlich.
14
Cu
14.3.4 Kupfer 349
Abb. 14.6 Bismut-Thioharnstoff-Komplex
14.3.4 Kupfer
KupferCu, Z: 29, RAM: 63,546, 3d104s1
HĂ€ufigkeit: 1,0 â 10â2 Gew.-%; Smp.: 1084,62 âC; Sdp.: 2562 âC; D25: 8,96 g/cm3; Oxidations-stufen: +I, +II; Ionenradius rCu+ : 96pm, rCu2+ : 72pmStandardpotenziale: Cu2+ + 2eâ ïżœïżœââœïżœïżœ Cu; E0 = +0,3419 V / Cu+ + eâ ïżœïżœââœïżœïżœ Cu; E0 = +0,521 VVorkommen: Kupfer findet man mitunter gediegen, hauptsĂ€chlich aber als Kupferkies CuFeS2,Kupferglanz Cu2S, sowie verbreitet, aber weniger bedeutend, als Buntkupferkies Cu5FeS4. Wich-tige oxidische Mineralien sind Malachit Cu2(OH)2CO3 und Azurit (Kupferlasur) Cu3(OH)2(CO3)2.Darstellung: Viele sulfidische Erze enthalten nur 3â6% Cu. Man konzentriert durch Flotationund schmilzt unter Teilröstungmit O2 zu Schlacke und Kupferstein (unreine Kupfersulfidschmel-ze mit 40â70% Cu). Letzterer ergibt in Röstreaktionsarbeit (7S. 340) Rohkupfer, das durchRaffinationsschmelze und elektrolytisch gereinigt wird. Mitunter wird Kupfer nasschemisch ge-wonnen, z. B. aus oxidischen Erzen.Bedeutung: Reines Kupfer besitzt sowohl eine sehr gute elektrische LeitfĂ€higkeit (Herstel-lung von Elektromaterial) als auch eine hohe WĂ€rmeleitfĂ€higkeit und KorrosionsbestĂ€ndigkeit(Kessel, Heiz- und KĂŒhlschlangen, Installationsrohre). Wichtige Kupferlegierungen sind u. a.Messing (Cu, Zn), Bronzen (Cu, Sn), Aluminiumbronzen (Cu, Al) und Neusilber (Cu, Ni, Zn). Kon-stantan (60% Cu, 40% Ni) und Manganin (Cu, Mn, Ni, Fe) benutzt man fĂŒr MesswiderstĂ€nde.Im Laboratorium verwendet man Devardaâsche Legierung (7S. 274) als Reduktionsmittel undMonelmetall fĂŒr Apparaturen (7S. 383). Gewisse Kupferverbindungen besitzen Bedeutung alsPflanzenschutzmittel, zur Cuprocelluloseherstellung und fĂŒr die Gasanalyse als Absorptionsmit-tel. FĂŒr höhere Lebewesen ist Kupfer ein wichtiges Spurenelement.Chemische Eigenschaften: Kupfer steht in der ersten Nebengruppe des PSE. ElementaresKupfer wird aufgrund seines stark positiven Standardpotenzials nur durch oxidierende SĂ€urengelöst. Auf unedlen Metallen schlĂ€gt es sich nieder. Das hydratisierte, farblose Cu+-Iondisproportioniert zu Cu und Cu2+. Dagegen bilden sich aus Cu und [Cu(NH3)4]
2+ farblose[Cu(NH3)2 â aq]+-Ionen. Schwer lösliche Cu(I)-Verbindungen sind in Analogie zu Ag(I) dieChalkogenide, Halogenide und Pseudohalogenide. BestĂ€ndig und an der Luft haltbar sind Cu2O(rot), Cu2S (schwarz), CuI (weiĂ) und CuSCN (weiĂ). Lösliche Cu(I)-Verbindungen, auch CuCl, sind
350 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
leicht oxidierbar. [Cu(CN)4]3â besitzt Krypton-Elektronenkonfiguration und ist daher besonders
stabil.Im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln im PSE (7S. 113) ist die Hauptoxidationsstufe +II. Das[Cu(H2O)4]
2+-Ion ist blĂ€ulich. Kupfer(II)-Salze haben im Allgemeinen eine blaue oder grĂŒneFarbe. Cu(II) bildet zahlreiche Komplexe.ToxizitĂ€t: Kupferionen sind fĂŒr viele Mikroorganismen (Algen, Kleinpilze, Bakterien) ein starkesGift. FĂ€ulniserreger sterben in Wasser, das sich in KupfergefĂ€Ăen oder ĂŒber einer blank gerie-benen KupfermĂŒnze befindet. Dagegen sind Kupferverbindungen fĂŒr den Menschen nur mĂ€Ăiggiftig.
307 Vorprobena) FlammenfĂ€rbung: In Gegenwart von Halogenidionen zeigt sich eine grĂŒne Flamme.b) Phosphorsalzperle: Oxidationsflamme heiĂ: gelb, kalt: blau ( Abb. .). Reduktions-flamme heiĂ: farblos, kalt: rotbraun. Bei starker Reduktion: Kupferflitterc) Lötrohrprobe: Schwammiges rotes Metall, kein Beschlag. Man löst in verd. HNO undfĂŒhrt Mikroreaktionen mit HS, Ammoniak und K[Fe(CN)] durch.
Abb. 14.7 Blaue Boraxperle durch Kupfer
308 Einwirkung von SÀuren auf das MetallMan versetzt reines Kupfer mit:a) verd. HCl: Keine Reaktionb) verd. HNO3: Auflösung, weil HNO oxidierend wirkt:
3Cu + 8H+ + 2NOâ3 ïżœïżœâ 3 Cu2+ + 2NO â + 4H2Oc) verd. H2SO4: Keine Reaktiond) konz. H2SO4: Auflösung, da konz. HSO als Oxidationsmittel wirkt:
Cu + 4H+ + SO2â4 ïżœïżœâ Cu2+ + SO2 â + 2H2O309 Bildung von Cu+Eine schwach saure, konz. CuSO-Lösung erhitzt man mit Kupferpulver. Ein Teil löst sichauf, wĂ€hrend gleichzeitig die blaue Farbe des Cu+ verschwindet und Cu+ gebildet wird.Beim Erkalten wird die Lösung wieder blau, da das Gleichgewicht bei Zimmertemperaturweitgehend nach links verschoben ist.
Cu2+ + Cu ïżœïżœââœïżœïżœ 2 Cu+
14
Cu
14.3.4 Kupfer 351
310 KIWĂ€hrend CuCl sehr leicht oxidiert wird, ist CuI bestĂ€ndig. Dagegen ist CuI unbestĂ€ndigund zerfĂ€llt in CuI und Iod, weil CuI wesentlich schwerer löslich ist als CuCl und daherdas Redoxgleichgewicht Cu+ ïżœïżœââœïżœïżœ Cu2+ + eâ infolge der sehr geringen Konzentration anCu+ so weit nach links verschobenwird, dass Iâ zu Iod oxidiert werden kann. Das Bromidsteht bezĂŒglich dieser Eigenschaft zwischen Chlorid und Iodid.
2 Cu2+ + 4 Iâ ïżœïżœâ 2CuI â + I2I2 + SO2 + 2H2Oïżœïżœâ 2 Iâ + SO2â4 + 4H+
Man versetzt eine Kupfersulfatlösung mit KI-Lösung. Es fĂ€llt weiĂes CuI aus, das durchdasmitausfallende Iod braun gefĂ€rbt ist. BeimKochen entweichen violette IoddĂ€mpfe.DieFarbe des CuI erkennt man nach Reduktion des I durch schweflige SĂ€ure.
311 KCNCu+ reagiert mit CNâ in analogerWeise wie mit Iâ. Es fĂ€llt zunĂ€chst gelbes Cu(CN) aus,das beim ErwĂ€rmen in weiĂes CuCN und Dicyan (CN) zerfĂ€llt. Im Ăberschuss löst sichCuCN zu dem farblosen, sehr bestĂ€ndigen Komplexion [Cu(CN)]
â auf.Cu2+ + 2CNâ ïżœïżœâ Cu(CN)2 â2 Cu(CN)2 ïżœïżœâ 2CuCN + (CN)2 â
CuCN + 3CNâ ïżœïżœâ [Cu(CN)4]3âMan versetzt CuSO-Lösung tropfenweise mit KCN-Lösung und erwĂ€rmt. Vorsicht:(CN) ist sehr giftig! In die Lösung von [Cu(CN)]
â leitet man HS ein. Es fĂ€llt keinCuS aus, da der Komplex so bestĂ€ndig ist, dass das Löslichkeitsprodukt von CuS nichtĂŒberschritten wird. Der entsprechende Cadmiumkomplex ist unbestĂ€ndiger, es fĂ€llt CdS(Trennung von Cd!). Weiteres siehe7S. f. und7Nachweis 318 .
312 NH4SCNAuch mit SCNâ erfolgt aus konzentrierter Lösung zunĂ€chst die allmĂ€hliche Bildung vonschwarzemCu(SCN), das langsam, jedoch bei Zusatz von SO schnell, in weiĂes CuSCNĂŒbergeht. Diese Reaktion kann zur quantitativen Bestimmung von Cu herangezogen wer-den.
2 Cu(SCN)2 + H2SO3 + H2Oïżœïżœâ 2CuSCN â + H2SO4 + 2HSCN313 NaOHIn Cu+-Lösung fĂ€llt ein blĂ€ulicher Niederschlag von Cu(OH) aus, der beim Erhitzenunter Wasserabspaltung in schwarzes CuO ĂŒbergeht.
Cu(OH)2 ïżœïżœâ CuO â + H2OFrisch gefĂ€lltesCu(OH) und auchCuO lösen sich imĂberschuss vonNaOHundNaCOteilweise zu Natriumcuprat(II), Na[Cu(OH)]. Aus diesemGrunde kann man Kupfer imSodaauszug finden.
352 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
314 Fehlingâsche LösungDie Cu(OH)-FĂ€llung mit NaOH bleibt aus in Gegenwart organischer Verbindungen, diemehrereOH-Gruppen enthalten, wie CitronensĂ€ure,WeinsĂ€ure, Zucker usw. Es entstehentiefblaue Lösungen. Mit Tartrat erhĂ€lt man âFehlingâsche Lösungâ, die als Reagenz aufleicht oxidierbare organische Stoffe, besonders auf die Aldehydgruppe enthaltende, ver-wendet wird. Sie dient zur Zuckerbestimmung im Harn. Die gebildeten Komplexe weisenein Tartrat ⶠCu2+-VerhĂ€ltnis von 2 ⶠ1 auf.
Man setzt einige Tropfen Fehlingâscher Lösung zu Traubenzuckerlösung und erwĂ€rmt.Es fĂ€llt zunĂ€chst fein verteiltes, wasserhaltiges gelbes CuO aus, das in ziegelrotes CuOĂŒbergeht. Wie Traubenzucker verhalten sich auch Hydroxylamin, Hydrazin u. a. Redukti-onsmittel.Reagenz: âFehlingâsche Lösungâ aus frisch gemischten, gleichen Volumina Lösung Aund BLösung A: 7 g CuSO â HO in 100mLWasserLösung B: 34 g Kaliumnatriumtartrat, KNaCHO â HO und 10 g NaOH in 100mLWasser
315 AmmoniakZuerst blĂ€ulicher Niederschlag von Cu(OH), der sich im Ăberschuss von Ammoniak zutiefblauem [Cu(NH)]
+ löst ( Abb. ., empfindliche Reaktion!).
Cu2+ + 4NH3 ïżœïżœâ [Cu(NH3)4]2+Salze des Tetraamminkupfer(II)-Ions lassen sich leicht kristallin erhalten, wenn man dieLöslichkeit durch Alkoholzusatz verringert.
Abb. 14.8 Tiefblaue Lösung desKupfertetrammin-Komplexes
316 H2SIn saurer Lösung schwarzer Niederschlag von CuS und CuS, der sich in konzentriertenSĂ€uren sowie in heiĂer verdĂŒnnter HNO löst. Ist die Lösung neutral oder sehr schwachsauer, so fĂ€llt CuS kolloidal und in schlecht filtrierbarer Form aus. Man fĂ€llt daher ambesten aus etwa 2mol/L HCl enthaltenden Lösungen.
In gelbem Ammoniumpolysulfid ist Kupfersulfid unter Bildung eines Thiosalzes einwenig löslich (s. a.7S. f.).
14
Cu
14.3.4 Kupfer 353
317 Unedle MetalleKupfer ist edler als z. B. Eisen, Zink und andere und wird daher von diesen reduziert(Spannungsreihe7S. ).
Cu2+ + Feïżœïżœâ Cu â + Fe2+Diese Reaktion wird in der Technik zur Kupfer-Reindarstellung benutzt (Zementation).Man taucht ein blankes EisenstĂŒck (Nagel oderMesserklinge) in eine CuSO-Lösung. Aufdem Eisen schlĂ€gt sich Kupfer nieder ( Abb. .). Die Bildung von Fe+ erkennt manbesser, wenn man anstelle eines EisenstĂŒckes einige EisenspĂ€ne oder Eisenpulver in dieverd. CuSO-Lösung eintrĂ€gt. Es tritt eine sehr lebhafte Reaktion ein. Nachdem diesebeendet ist, filtriert man ab; die Lösung sieht jetzt hellgrĂŒn aus. Man weist die Fe+-Ionenmit K[Fe(CN)] nach.
Abb. 14.9 Kupferabscheidung auf einemEisennagel
318 Nachweis mit Ammoniak und anschlieĂender Abtrennung von CadmiumIn ammoniakalischer Lösung entwickelt sich kein (CN), da dieses analog den Halogenendurch OHâ in Cyanid und Cyanat disproportioniert:
2 [Cu(NH3)4]2++ 10 CNâ+ 2OHâ ïżœïżœâ 2 [Cu(CN)4]3â+ 8NH3 + CNâ+ OCNâ+ H2O(CN)2 + 2OHâ ïżœïżœâ CNâ + OCNâ + H2ODurch Kombination der Reaktionen aus 7Nachweis 315 und 7Nachweis 311 ist Kup-fer zunĂ€chst an der Bildung der tiefblauen Lösung mit Ammoniak und der EntfĂ€rbungdieser Lösung durch Zusatz von festem KCN erkennbar. In der entfĂ€rbten Lösung kannCadmiummitHS nachgewiesenwerden. GelbesCdSmuss anschlieĂend noch als solchesidentifiziert werden (7Nachweis 329 ), da bei groĂem Ăberschuss von KCN auch gelber,aus (CN) und HS entstandenerRubeanwasserstoff (HN(S)CC(S)NH) ausfallen kann.
319 Nachweis als Cu2[Fe(CN)6]Mit K[Fe(CN)] fÀllt ein brauner Niederschlag von Cu[Fe(CN)] aus, der schwer löslichin verd. SÀuren, jedoch löslich in Ammoniak unter Bildung von [Cu(NH)]
+ ist (sehrempfindliche Reaktion!).
2Cu2+ + [Fe(CN)6]4â ïżœïżœâ Cu2[Fe(CN)6] â
354 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
320 Nachweis als Cu[Cr(SCN)4(NH3)2]Cu+ bildet mit Reinecke-Salz (7Nachweis 283 ) in HCl-saurer Lösung schwer löslich gel-bes Cu[Cr(SCN)(NH)]. Daher kann man Cu auch in Gegenwart von Hg und Tl nach-weisen.
Cu+ + [Cr(SCN)4(NH3)2]â ïżœïżœâ Cu[Cr(SCN)4(NH3)2] âDieHCl-saure Probelösung, in der Cu+ vorliegt, wirdmit einemĂberschuss einer Reine-cke-Salzlösung versetzt. Nach Abtrennung des Hg- und Tl-Reineckats wird zu dem Zen-trifugat HSO-Lösung gegeben. Es fĂ€llt gelbes Kupfer(I)-Reineckat aus.Reagenz: Frisch bereitete %ige Reinecke-SalzlösungEG: , ÎŒg Cu/mL; pD: ,
321 Nachweis als Cu[Hg(SCN)4] bzw. (Cu,Zn)[Hg(SCN)4]Cu+ bildet in neutraler bis schwach essigsaurer Lösung ein Thiocyanatomercurat vongelbgrĂŒner Farbe ( Abb. .). Liegen Cu und Zn nebeneinander vor, so bilden sich vio-lette bis schwarze Mischkristalle.
Cu2+ + [Hg(SCN)4]2â ïżœïżœâ Cu[Hg(SCN)4] â Tropfen der neutralen oder essigsauren Probelösung wird auf der TĂŒpfelplatte oder aufFilterpapier mit Tropfen %iger ZnSO-Lösung und Tropfen Reagenzlösung versetzt.Eine ViolettfĂ€rbung zeigt Cu an.Störungen: In der Schwefelwasserstoff-Gruppe stört lediglich ein gröĂerer Ăberschussvon Bi.Reagenz: 6 g HgCl und 6,5 g NHSCN in 10mLWasserEG: , ÎŒg Cu; pD: ,
Abb. 14.10 CuHg(SCN)4VergröĂerung: 1 ⶠ100
14
Cu
14.3.4 Kupfer 355
322 Nachweis als K2CuPb(NO2)6Die Eigenschaften dieses quaternÀren Salzes werden unter Kalium (7Nachweis 618 undAbb. .) beschrieben. Tropfen der neutralen oder schwach essigsauren Lösung wird mit so viel Pb-Acetatlö-
sung versetzt, dass Pb gegenĂŒber Cu im geringen Ăberschuss vorliegt. Die Mischung wirdauf dem ObjekttrĂ€ger vorsichtig bis fast zur Trockne eingedampft und der erkaltete RĂŒck-stand mit einem kleinen Tropfen einer stets frisch zubereiteten Reagenzlösung versetzt.Ein Ăberschuss an Reagenzlösung ist unbedingt zu vermeiden, da sich das quaternĂ€reNitrit darin auflöst. HĂ€ufig empfiehlt es sich, nach Zugabe der Reagenzlösung noch einenkleinen Kristall festes KNO zuzugeben.
In Gegenwart von Tl+ bildet sich das schwerer löslich TlCuPb(NO) in kubischenKristallen von schwarzer bis brauner Farbe und ca. 3 ÎŒm KantenlĂ€nge.Störungen: SOâ
stört nicht, da sich ggf. gebildetes PbSO durch NHCHCOO in aus-reichender Menge wieder löst.Reagenz: GesĂ€ttigte NHCHCOO-Lösung, gesĂ€ttigte KNO-Lösung und %igeCHCOOH, 1 ⶠ1 ⶠ1EG: , ÎŒg Cu; pD: ,
323 Cu(I)-Nachweis als Cuproin-ChelatCuproin (,â-Bichinolin,7S. ) bildet mit Cu+ in schwach saurer Lösung einen purpur-roten, in Wasser schwer löslichen Chelatkomplex, der jedoch in organischen Lösemittelnlöslich ist. Da Cuproin praktisch nurmit Cu+ reagiert, liegt hier der selteneFall eines wirk-lich spezifischenReagenzes vor. Normalerweise vorliegendeCu+-IonenmĂŒssen reduziertwerden.
Cu+ + 2 NN
Cuproin
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâąâŁ
Cu
NN
N N
â€â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ
+
â Tropfen der schwach sauren Probelösung (pH > 3) werden mit etwas festemHydroxylammoniumchlorid gut durchmischt und auf der TĂŒpfelplatte mit â TropfenReagenzlösung versetzt. Eine purpurrote Farbe zeigt Cu(I) an. Soll der Nachweis direktaus der Ursubstanz gefĂŒhrt werden, so wird die Analysensubstanzmit Königswasser abge-raucht, in verd. HCl aufgenommen und gegebenenfalls vomNiederschlag abzentrifugiert.Das klare Zentrifugat prĂŒft man dann wie vorstehend beschrieben (Blindprobe!).Störungen: Fe(III) in groĂem Ăberschuss stört und wird mit WeinsĂ€ure maskiert. Starkfarbige Ionen können den Nachweis sehr geringer Cu(I)-Mengen beeintrĂ€chtigen.Reagenz: GesĂ€ttigte alkoholische Lösung von CuproinEG: , ÎŒg Cu; pD: ,
356 14.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
324 Cu(II)-Nachweis als Cu(II)-rubeanatCu(II) bildet in schwach saurer oder ammoniakalischer, auch weinsĂ€urehaltiger Lösung,jedoch nicht in Alkalicyanidlösung, mit Rubeanwasserstoff (7S. ) einen dunkelgrĂŒnenbis schwarzen Niederschlag.
n
âĄâąâąâąâąâąâąâąâąâŁSNH2
S NH2
ïżœïżœââœïżœïżœ SHNH
SH NH
â€â„â„â„â„â„â„â„â„âŠ+ n Cu2+ ïżœïżœâ
âĄâąâąâąâąâąâąâąâŁCu
HN S
NH
S
â€â„â„â„â„â„â„â„âŠnpolymere Ketten
####$ + 2n H+
Tropfen der möglichst neutralen Probelösung wird auf Papier getĂŒpfelt, mit NH gerĂ€u-chert undmit TropfenReagenzlösung nachgetĂŒpfelt. Ein schwarzer oder olivgrĂŒner Fleckzeigt Cu(II) an (Blindprobe!).Störungen: Unter den gleichen Bedingungen bilden nur Co(II) und Ni(II) braune bzw.rotviolette NiederschlĂ€ge. GröĂere Mengen von NH+
-Salzen vermindern die Empfind-lichkeit des Nachweises.Reagenz: %ige Lösung von Rubeanwasserstoff in AlkoholEG: , ÎŒg Cu; pD: ,
14.3.5 Cadmium
CadmiumCd, Z: 48, RAM: 112,41, 4d105s2
HĂ€ufigkeit: 3 â 10â5 Gew.-%; Smp.: 321,07 âC; Sdp.: 767 âC; D25: 8,69 g/cm3; Oxidationsstufen:+II; Ionenradius r
Cd2+: 97pm
Standardpotenzial: Cd2+ + 2 eâ ïżœïżœââœïżœïżœ Cd. E0 = â0,4030 VVorkommen: Cadmium ist ein steter Begleiter des Zinks. Reine Cadmiummineralien wie Cad-miumblende (Greenockit) CdS und Cadmiumspat (Otavit) CdCO3 sind sehr selten.Darstellung: Cadmium fĂ€llt als Nebenprodukt bei der Zinkgewinnung (7S. 397) an. CdO wirdvor ZnO reduziert und das Metall destilliert frĂŒher ab. AuĂerdem wird bei der elektrolytischenZinkgewinnung das Cadmium vorher durch Zementation mit Zinkstaub abgetrennt.Bedeutung: Cadmium dient als MetallĂŒberzug zum Korrosionsschutz von Eisen, insbesonde-re aber als Elektrodenmaterial in Ni-Cd-Akkumulatoren. Einige Lagermetalle, Schnelllote undleicht schmelzende Legierungen (Woodâsches Metall,7S. 344) sowie Selengleichrichter und dasWeston-Normalelement enthalten Cadmium. Als Absorber fĂŒr thermische Neutronen wird esin den RegelstĂ€ben von Kernreaktoren benutzt. Cadmiumsulfid und -selenid sind gelbe bisorangerote Farbpigmente fĂŒr Keramik, Glas und Kunststoffe.Chemische Eigenschaften: Cadmium steht in der 2. Nebengruppe des PSE. Elementares Cad-mium ist in verdĂŒnnter HNO3 leicht, in verd.HCl und H2SO4 schwerer löslich. Cadmium tritt in derOxidationsstufe +II auf. Das Ion ist farblos. Die Reaktionen sind denen des Zinks sehr Ă€hnlich.Es bestehen zum groĂen Teil nur graduelle Unterschiede. So fĂ€llt CdS schon aus verdĂŒnntermineralsaurer Lösung, wĂ€hrend ZnS erst in essigsaurer Lösung gebildet wird (7S. 398 f.). Auchist Cd(OH)2 im Gegensatz zu Zn(OH)2 nicht amphoter.ToxizitĂ€t: Cadmiumverbindungen sind wesentlich giftiger als Zinkverbindungen: DahermĂŒssen Zn bzw. Zn-Legierungen, die mit Nahrungsmitteln in BerĂŒhrung kommen, weitgehendCd-frei sein.
16
515
16 Kationennachweise âSystematik und TrennungsgĂ€nge
SÀureschwerlösliche und SalzsÀure-Gruppe . . . 515 |
Reduktionsgruppe . . . 518 | Schwefelwasserstoff-Gruppe . . . 521 |
Ammoniumsulfid-Urotropin-Gruppe . . . 538 |
Ammoniumcarbonat-Gruppe . . . 560 | Lösliche Gruppe . . . 564
Dieser Trennungsgang kann sowohl imMakro- als auch imHalbmikro-MaĂstab durchge-fĂŒhrt werden. Er ist einmal nur fĂŒr die Elemente des sogenannten âSchultrennungsgangesâ(siehe Taschenfalter), zum anderen fĂŒr eine zusĂ€tzliche Anzahl von âseltenenâ ElementenaufgefĂŒhrt. In den Ăbersichtsabbildungen und -tabellen sind die Bestandteile, die in Lö-sung verbleiben, blau und die gefĂ€llten Produkte rot unterlegt. Der Taschenfalter gibt dieAbb. ., Abb. ., Abb. ., Abb. . und Abb. . (durchgehende Numme-
rierung der Nachweisschritte) wieder.Je nachArt der Analysensubstanz kannman an verschiedenenStellenVereinfachungen
oder Ănderungen des Trennungsganges vornehmen. Bevor man den eigentlichen Tren-nungsgang ausfĂŒhrt, mĂŒssen störende Verbindungen wie OxalsĂ€ure, BorsĂ€ure, organischeVerbindungen, Cyanide und Fluoride nachgewiesen und an der richtigen Stelle entferntwerden. Auch die Abtrennung von Wolframat, evtl. Molybdat, Vanadat sowie Niobat undTantalat vor dem Trennungsgang ist zweckmĂ€Ăig. Das geschieht in der bei den einzelnenVerbindungen beschriebenen Weise. In den Abbildungen und Tabellen sowie auf demTaschenfalter wird auch auf die geeignetestenNachweisreaktionen hingewiesen.
16.1 SÀureschwerlösliche und SalzsÀure-Gruppe: Trennungund Nachweis von Ag, Pb, Hg(I), W(VI), Nb(V) und Ta(V)
BeimLösen der Analysensubstanz inKönigswasser verbleibenAgCl, PbCl,WO â aq undalle ĂŒbrigen schwer löslichen Verbindungen im RĂŒckstand. Da PbCl in Wasser etwaslöslich ist, gelangt Pb+ zum Teil beim Auswaschen dieses RĂŒckstandes in die Schwefel-wasserstoff-Gruppe,wo es als PbS gefĂ€llt wird.
In Gegenwart von POâ , AsOâ
, SiOâ , BO
â und von organischen SĂ€ureanionen
kann die FĂ€llung von WO infolge der Bildung löslicher komplexer SĂ€uren unvollstĂ€n-dig sein bzw. ganz ausbleiben. Lösliches W(VI) gelangt dann bei der Kationentrennungentweder beim Kationenaustausch (HPO-Abtrennung mit dem Ionenaustauscherharz7S. ) alsWolframophosphation in die Anionenlösung, oder es bilden sich bei der Am-moniumsulfid-Gruppe WSâ -Ionen. Nach Eindampfen der Anionenlösung scheidet sichbeimErhitzen des RĂŒckstandesmit konz.HSO einTeil desWolframs als schwer löslichesWO ab oder es wird beim AnsĂ€uern des Zentrifugates gelbbraunes WS gefĂ€llt.
516 16.1 SÀureschwerlösliche und SalzsÀure-Gruppe
16.1.1 SĂ€ureschwerlösliche Gruppe (s. Taschenfalter)VorprobenAg, Pb LötrohrprobeW, Nb Phosphorsalz- bzw. BoraxperleHg Erhitzen im GlĂŒhröhrchenW Reduktion mit metallischemNatrium
Ist eine Vorprobe auf Tl positiv, so behandelt man die Analysensubstanz zu Beginn desKationentrennungsganges in einer Porzellanschalemit Königswasser. Tl(I) undHg(I) wer-den dabei zu Tl(III) und Hg(II) oxidiert und gelangen in die Schwefelwasserstoff-Gruppe.Bei Abwesenheit von Tl löst man die Analysensubstanz soweit wie möglich in HNO undzentrifugiert denRĂŒckstand ab. VomungelöstenRĂŒckstand löstman so viel wiemöglich inKönigswasser. Den löslichen Teil vereinigt man mit dem Zentrifugat der SalzsĂ€ure-Grup-pe. ZurĂŒck bleibenWO â aq, NbO â aq, TaO â aq, gegebenenfalls Silberhalogenide undPbSO.W Dieser RĂŒckstand wird mit 2mol/L NaOH in der WĂ€rme digeriert. WolframsĂ€uregeht als Wolframat in Lösung und wird als Ammonium- bzw. Kaliumwolframophosphat(7S. ), durch Reduktionsmittel (7S. ) und mit KHSO/HSO/Hydrochinon(7S. ), nachgewiesen. Wolframmetall, geglĂŒhtes WO und andere schwer löslicheW-Verbindungen mĂŒssen durch Schmelzen mit NaOH, NaCO/KCO oder NaOaufgeschlossen werden.Ag Aus dem verbleibenden RĂŒckstand wird AgCl mit halbkonzentriertem Ammoniakherausgelöst. Man sĂ€uert das Zentrifugat mit HCl an. Bei Anwesenheit von Silber ergibtsich ein weiĂer Niederschlag von AgCl, der zum Nachweis als Diamminsilberchlorid(7Nachweis 238 ) geeignet ist. Schwer lösliche Silberhalogenide können entwedermit NaCO/KCO (7S. ) oder durch Behandlung mit Zn in verdĂŒnnter HSOzu elementarem Ag reduziert werden. Im ersten Falle wird die Schmelze mit Wasserextrahiert, zentrifugiert, gewaschen und der RĂŒckstand mit verdĂŒnnter HNO gelöst. Dasbeim zweiten Verfahren entstehende Ag wird ebenfalls in verdĂŒnnter HNO gelöst.Pb SchlieĂlich wird zurĂŒckgebliebenes PbSO (7Nachweis 291 ) in Lösung gebracht.Ta/Nb Im RĂŒckstand verbleibendes NbO â aq und TaO â aq werden durch Aufschlussmit KCO oder KOH in lösliche Verbindungen ĂŒberfĂŒhrt und anschlieĂend nachgewie-sen (7S. ).
16.1.2 SalzsÀure-Gruppe (s. Taschenfalter)Zum Zentrifugat der HNO-sauren Lösung der Analysensubstanz gibt man in der KÀlteso lange tropfenweise HCl hinzu, bis nichts mehr ausfÀllt ( Abb. . und Tab. .). DerNiederschlag kann aus AgCl, HgCl und PbCl bestehen. Pb(II) fÀllt aber nicht quanti-tativ aus und findet sich dementsprechend ebenso wie Hg(II) auch in der Schwefelwas-serstoff-Gruppe. Die Bildung von [AgCl]
â kann bei unsachgemĂ€Ăem Arbeiten (starkerHCl-Ăberschuss beim FĂ€llen von AgCl) dazu fĂŒhren, dass Ag(I) teilweise in die Schwefel-wasserstoff-Gruppe gelangt und die Hg-Nachweise beeinflusst.Pb Der Niederschlag wird abzentrifugiert, zunĂ€chst mit kaltem Wasser grĂŒndlich gewa-schen, dann mit Wasser zum Sieden erhitzt und sofort zentrifugiert. Das in der Hitzegelöste PbCl kristallisiert aus demZentrifugat beimErkalten in charakteristischenweiĂenNadeln aus. Pb(II) wird als PbSO nach7Nachweis 291 gefĂ€llt und identifiziert.
16
16.1.2 SalzsÀure-Gruppe 517
In eine HNOâ-saure Lösung HCl geben
HgâClâ WeiĂAgCl WeiĂPbClâ WeiĂ
PbÂČâșsiehe 1
AgClHgâClâ
HgHg(NHâ)Clsiehe 2
[Ag(NHâ)â]âșsiehe 3
Mit Ammoniak versetzen
Mit heiĂem Wasser behandeln
Abb. 16.1 SalzsÀure-Gruppe: Trennungs-schema (s. a. Tab. 16.1 und Taschenfalter)
Tab. 16.1 SalzsÀure-Gruppe: Trennungsgang (s. Taschenfalter)
In Gegenwart von Tl wird die Analysenlösung mit HNO3/H2O2 oder Königswasser behandelt,damit Tl(I) zu Tl(III) oxidiert wird und somit in der SalzsÀure-Gruppe nicht ausfÀllt. In diesemFalle wird auch Hg(I) oxidiert, sodass in der SalzsÀure-Gruppe dann nur Ag(I) und Pb(II)abgeschieden werden.
1 Pb2+ Liegt in Lösung vor, diese wird eingedampft
Nachweis: 1. Beim AbkĂŒhlen kristallisiert PbCl2 in Nadelform (7Nachweis 289 )2. Durch Zugabe von H2SO4 fĂ€llt PbSO4 aus (7Nachweis 291 )3. Mikrochemisch als K2PbCu(NO2)6 (7Nachweis 295 )
2 Hg/Hg(NH2)Cl FĂ€llt aus
Nachweis: Die Bildung eines schwarzen Niederschlags geht auf elementares Hg zurĂŒck.Hg(NH2)Cl bildet einen weiĂen Niederschlag (7Nachweis 276 ).
3 [Ag(NH3)2]+ Ist in Lösung
Nachweis: Beim AnsĂ€uern mit HNO3 fĂ€llt weiĂes AgCl aus (7Nachweis 238 ).
In Lösung: Elemente der Reduktions-, H2S-, (NH4)2S-, (NH4)2CO3- und der lösl. Gruppe
Hg Einen Teil des RĂŒckstandes aus HgCl und AgCl, der zur völligen Entfernung vonPbCl mit heiĂem Wasser ausgewaschen wird, behandelt man in einem PorzellanschĂ€l-chen mit halbkonz. Ammoniak. Eine tiefschwarze FĂ€rbung von Hg und [HgNH]Cl zeigtHg(I) an.Ag Man zentrifugiert ab und sĂ€uert das Zentrifugat mit HCl wieder an. Bei Anwesenheitvon Ag bildet sich ein weiĂer Niederschlag von AgCl (7Nachweis 238 ), der sich in Am-moniak löst.
518 16.2 Reduktionsgruppe
Ist wenig Ag(I) neben viel Hg(I) vorhanden, so kann die Trennung mit Ammoniak ver-sagen. VerlĂ€uftdie Probe aufAgCl negativ, so erhitztman einen anderenTeil des RĂŒckstan-des mit einigen Tropfen konz. HNO. Dadurch wird HgCl oxidiert und gelöst, wĂ€hrendAgCl zurĂŒckbleibt. Nach VerdĂŒnnenmitWasserwird zentrifugiert und der RĂŒckstandmitAmmoniak behandelt. Dadurch löst sich von eventuell vorhandenem AgCl so viel, dassbeim darauffolgenden AnsĂ€uern mit HNO eine weiĂe FĂ€llung eintritt.
Ăbungsfragen zur SalzsĂ€ure-Gruppe (Lösungen7S. 609)
1. Löst sich AgCl in konz. HCl auf?
2. Was versteht man unter Königswasser?
3. Löst sich AgBr besser in Ammoniak oder in einer Thiosulfatlösung? Was entstehtdabei?
16.2 Reduktionsgruppe: Trennung und Nachweis der ElementePd, (Pt), Au, Se und Te
Das Zentrifugat der SalzsĂ€ure-Gruppe wird sehr stark eingeengt, wodurch auch eventuellĂŒberschĂŒssige HNO entfernt wird ( Abb. . und Tab. .). Es darf jedoch nicht biszur Trockne abgedampft werden, da sich sonst Se verflĂŒchtigt. Man nimmt in HO bzw.verd. HCl auf, sodass die (möglichst konzentrierte) Lösung ca. 1mol/L an HCl enthĂ€lt. Instark saurer Lösung wird Pd nicht mehr reduziert, andererseits dĂŒrfen Bi(III) und Sb(III)nicht in Form ihrer Oxidchloride ausfallen.
Zu der erhaltenenLösung wird imĂberschuss festesHydraziniumchlorid gegeben underwĂ€rmt, wobei Au, Se, Te, und Pd elementar abgeschieden werden. Pt wird nur in Ge-genwart der anderen Elemente mitreduziert. Sonst gelangt es in die Schwefelwasserstoff-Gruppe und findet sich sowohl in der Cu- als auch in der As/Sn-Gruppe wieder, da PtSin gelbem Ammoniumpolysulfid teilweise löslich ist.
Die VollstÀndigkeit der Reduktion kann mit SnCl-Lösung in einem kleinen Teil derLösung kontrolliert werden.
Wie beiThallium beschrieben, erhĂ€ltman bei gleichzeitigerAnwesenheit von Pt und Tlschwer lösliches Tl[PtCl]. Der Niederschlag der Reduktionsgruppe wird oxidierendmitHCl/HO gelöst und eventuell vorhandenes Thallium mit 2mol/L NaOH als Tl(OH)abgetrennt. Der Tl(OH)-Niederschlag wird in 2mol/L HCl gelöst und die Lösung zumZentrifugat der Reduktionsgruppe gegeben.Au Das Zentrifugat des Tl(OH)-Niederschlags, welches die Elemente der Redukti-onsgruppe enthĂ€lt, wird stark eingeengt, mit Wasser aufgenommen und mit einemĂberschuss fester OxalsĂ€ure versetzt. Beim ErwĂ€rmen scheidet sich ein rotbraunerAu-Niederschlag ab.Pd Das Zentrifugat wird unter KĂŒhlung mit einer %igen alkoholischen Dimethylgly-oximlösung versetzt, wobei sich gelbes Pd(CHON) bildet. Dieser Niederschlag ist inNaOH mit gelber Farbe löslich.Pt AnschlieĂend wird durch Zugabe von festem KCl K[PtCl] ausgefĂ€llt. Dieses kannnach7Nachweis 249 und7Nachweis 250 fĂŒr Pt(II) weiter identifiziert werden.
16
16.2 Reduktionsgruppe 519
Filtrat der SalzsÀure-Gruppe stark einengen, auf 1mol/L HCl bringen, mit Hydraziniumchlorid reduzieren
In konz. HCl + 30%igem HâOâ lösen, stark einengen, mit HâO aufnehmen
Mit OxalsÀure reduzieren
Mit 1%iger alkoholischer Dimethylglyoximlösung versetzen
Mit KCl versetzen
Einengen, mit rauchender HCl aufnehmen, SOâ einleiten
Au Braun
[AuClâ]ÂŻ [PdClâ]ÂČÂŻ [PtClâ]ÂČÂŻ SeOÂČâÂŻ TeOÂČâÂŻ
[PtClâ]ÂČÂŻ SeOÂČâÂŻ TeOÂČâÂŻ
[PtClâ]ÂČÂŻ SeOÂČâÂŻ TeOÂČâÂŻ
SeOÂČâÂŻ TeOÂČâÂŻ
Se Rotsiehe e
TeOÂČâÂŻsiehe f
Au Braunsiehe b
Pd(CâHâOâNâ)âsiehe c
Kâ[PtClâ]siehe d
[PdClâ]ÂČÂŻ
Pd Schwarz
Pt Schwarz
Te Schwarz
Se Rot
(Tlâ[PtClâ]) Hellgelbsiehe a
Abb. 16.2 Reduktionsgruppe: Trennungsschema (s. a. Tab. 16.2)
Se Die verbleibende Lösung, die Se und Te enthĂ€lt, wird stark eingeengt, mit rauchenderHCl aufgenommen und in der Hitze SO eingeleitet. Es fĂ€llt rotes Se aus.Te Die abermals eingedampfte Lösung nimmt man mit Wasser auf. Beim Einleiten vonSO fĂ€llt schwarzes Te aus.Man identifiziert Se und Te durch Lösen in heiĂer konz. HSO(7Nachweis 127 und7Nachweis 134 ).
Behandlung von Gold-, Silber- und Platin-Spuren in einem Erzoder in einem unedlen Metall nach dem KupellationsverfahrenZum Nachweis mĂŒssen die Edelmetalle zunĂ€chst angereichert werden. Je nach Art des zuuntersuchendenMaterials dienen dazu Abrösten, Ansieden und Abtreiben.. Röstprozess: Falls die Erzprobe sulfidischerNatur ist, wird sie zunĂ€chst abgeröstet. Da-
zu erhitzt man 5 g Erz bei Luftzutritt unter UmrĂŒhren am besten in demselben Tiegel,in dem spĂ€ter das sogenannte Ansieden ausgefĂŒhrt wird, bis kein SO mehr entweicht(Abzug!).
520 16.2 Reduktionsgruppe
Tab. 16.2 Reduktionsgruppe: Trennungsgang
a Bei gleichzeitiger Anwesenheit von Pt(IV) und Tl(I) fÀllt Tl2[PtCl6] aus. Tl(I)wird wie folgt von den Elementen der Reduktionsgruppe abgetrennt:Niederschlag der Reduktionsgruppe in HCl/H2O2 lösen, mit 2mol/L NaOHTl(OH)3 ausfÀllen, zentrifugieren, waschen und Tl(OH)3 nach Lösen in verd.HCl zum Filtrat der Reduktionsgruppe geben. Zentrifugat der Tl(OH)3-FÀllungstark einengen, mit H2O aufnehmen zur Au-Abscheidung mit OxalsÀurereduzieren usw.
b Au FĂ€llt als brauner Niederschlag aus
Nachweis: (7Nachweis 245 )
c Pd(C4H7O2N2)2 FĂ€llt als gelber Niederschlag aus
Nachweis: Der Niederschlag wird in NaOH gelöst: gelb (7Nachweis 264 ).
d K2[PtCl6] Hellgelber Niederschlag. Niederschlag in HCl lösen, mit SO2 reduzieren
Nachweis: Mit CH3COONa puffern. Festes Dimethylglyoxim zugeben: Pt(C4H7O2N2)2braun, blau (7Nachweis 250 )
e Se FĂ€llt als roter Niederschlag aus
Nachweis: Der Niederschlag löst sich in konz. H2SO4 mit grĂŒner Farbe(7Nachweis 127 ).
f TeO2â3 Ist in Lösung
Nachweis: Die Lösung wird eingedampft. Der RĂŒckstand wird mit H2O aufgenommenund SO2 eingeleitet. Dabei fĂ€llt schwarzes Te aus, das sich in konz. H2SO4 mitroter Farbe löst (7Nachweis 134 ).
In Lösung: Elemente der H2S-, (NH4)2S-, (NH4)2CO3- und der lösl. Gruppe
. Ansiedeprozess:Das so entstandeneOxid oder 5 g einer schon in oxidischer Form vor-liegenden Erzprobe werden in einem Tontiegel, der sich nach unten stark verjĂŒngt, mit12 g edelmetallfreiemPbO, zur Bereitung desBleiregulus, 5 gNaCO und 1 gNaBOals Flussmittel sowie 1,3 g Kaliumhydrogentartrat (Weinstein) als Reduktionsmittel in-nig gemischt.Die GröĂe des Tontiegels ist so zu wĂ€hlen, dass er etwa zu zwei Drittel gefĂŒllt ist. IneinemGas- oder elektrischenOfen erhitztmandannbis zumklaren Schmelzfluss. NachBeendigung der Umsetzung wird der Tiegel aus dem Ofen genommen und mehrmalsfest auf eine Unterlage gestellt, damit sich möglichst das gesamte geschmolzene Pb amBoden vereinigt. Der erkaltete Tiegel wird zerschlagen und der Bleiregulus (Bleikönig)von der Schlacke befreit.Hat man eine Metalllegierung auf Spuren von Edelmetall zu untersuchen, soverschmilzt man sie, falls es sich nicht um Pb selbst handelt, mit etwa der vierfachenMenge Pb (etwa 2 g Legierung mit 5 g Pb) auf Holzkohle.
16
16.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe 521
. Abtreibeprozess: Der so vorbereitete Bleiregulus kommt entweder in eine Kupelle, ei-nen flachen Tiegel aus porösen, basischen, feuerfesten Steinen oder in eine kleine Ver-tiefung aus Kalkstein, wo er mit dem Lötrohr oder der spitzen GeblĂ€seflamme oxidie-rend verschmolzenwird. Das sich bildende PbO zieht in die poröse Unterlage, wĂ€hrenddas metallische Pb immer weniger wird und sich dadurch an Edelmetall anreichert.Man treibt so weit ab, bis der Bleiregulus noch etwa 1mm Durchmesser hat.Bei den hier verwendetenMengen erweist es sich nicht als gĂŒnstig, so weit abzutreiben,bis alles Pb oxidiert ist, wie es bei der quantitativen Analyse ĂŒblich ist. Der Bleireguluswird gelöst und die Elemente nach den bekannten Methoden identifiziert.
Ăbungsfragen zur Reduktionsgruppe (Lösungen7S. 609)
4. Wie wĂŒrden Sie Gold auflösen?
5. Sn2+ reduziert AuClâ4 in saurer Lösung bis zum Gold (Cassiusâscher Goldpurpur).Formulieren Sie den Oxidations- und den Reduktionsschritt.
6. Mit der Cyanidlaugerei löst man elementares Gold in cyanidhaltigen Lösungen auf. Esbildet sich ein Gold(I)dicyanidokomplex. Welches Oxidationsmittel wird verwendet?Formulieren Sie die Reaktionsgleichung.
7. Ni, Pd und Pt bilden mit Dimethylglyoxim schwerlösliche Komplexe. Geben Sie dieValenzstrichformel des Nickelkomplexes an. Welcher der Komplexe ist der stabilste?Warum?
16.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
ImFolgendenwird derHS-Trennungsgang zweimal beschrieben (Ăberblick s. Tab. .,Abb. . und Abb. .). Je nach Anforderung ist zu entscheiden, welcher HS-
Trennungsgang ausgefĂŒhrt werden soll. Am Ende dieses Abschnitts befinden sichzusammengefasst die Ăbersichtstabellen, die diese Beschreibungen schematisch skiz-zieren.
Die Kationen dieser Gruppe fÀllt man aus salzsaurer Lösung durch HS als charakteris-tisch gefÀrbte, schwer lösliche Sulfide. [SeO]
â und [TeO]â werden von HS in saurer
Tab. 16.3 Ăberblick H2S-TrennungsgĂ€nge
Trennungsgang I:(7S. 522)
Standardtrennungsgang der Schwefelwasserstoff-Gruppe( Abb. 16.3). Nachweis der Elemente Hg, Pb, Bi, Cu, Cd, As, Sb undSn; FĂ€llung mit H2S-Gas (s. a. Taschenfalter)
Trennungsgang II:(7S. 528)
Erweiterter Trennungsgang der Schwefelwasserstoff-Gruppe( Abb. 16.4) unter zusĂ€tzlicher BerĂŒcksichtigung von Ge, Se, Te, Mound TlPraktische DurchfĂŒhrung im HM-MaĂstab; FĂ€llung mit H2S-Gas oderThioacetamid
522 16.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
Lösung zu Se bzw. Te reduziert. Tl(III) wird unter den gleichen Bedingungen zu Tl(I)reduziert und primĂ€r als Gemisch von TlCl und TlS gefĂ€llt. Dieses geht beim anschlie-Ăenden Digerierenmit (NH)Sx vollstĂ€ndig in TlS ĂŒber, das in (NH)Sx schwer löslichist. ZweckmĂ€Ăiger ist jedoch die im Folgenden beschriebene Reduktion und FĂ€llung vonTl als TlI â I (7S. ).
Aufgrund der unterschiedlichen Löslichkeit der Sulfide in Alkalisulfidlösung und inAlkalihydroxid kann die Schwefelwasserstoff-Gruppe in zwei Untergruppen, die As/Sn-Gruppe und die Cu-Gruppe, aufgeteilt werden. Die Sulfide werden bei lĂ€ngerem Stehenan der Luft, besonders in feuchtem Zustand, leicht zu löslichen Sulfaten oxidiert. Dadurchkönnen die gefĂ€lltenKationen in die Ammoniumsulfid-Gruppe gelangen. Die Sulfide sinddaher möglichst schnell von der ĂŒberstehenden Lösung zu trennen und stets mit HS-haltigemWasser auszuwaschen.
Da einige der Elemente der Schwefelwasserstoff-Gruppe in unterschiedlichen Oxida-tionsstufen auftreten können, werden durch nachfolgende Reaktionen die Oxidationsstu-fen ermittelt.As Den Sodaauszug mit HNO ansĂ€uern, AgNO zusetzen, von etwa ausgefallenemAgClabzentrifugieren und mit Ammoniak ĂŒberschichten: Ein gelber Ring deutet auf AsOâ
,ein brauner Ring auf AsOâ
hin. Den Sodaauszug dann weiter mit HSO ansĂ€uern undKI zugeben. Eine Iodausscheidung zeigt AsOâ
oder SbOâ an.
Sb Der Sodaauszug wird mit einem Ăberschuss von Ammoniak versetzt und ammonia-kalische AgNO-Lösung zugegeben. Die Ausscheidung von schwarzgrauem Ag deutetauf Sb(III) hin. Weiter wird der mit HSO angesĂ€uerte Sodaauszug mit KI geprĂŒft. EineIodausscheidung macht die Anwesenheit von Sb(V) wahrscheinlich.Sn Die salzsaure Lösung der Ausgangssubstanz geht in Gegenwart von Sn(II) mit HgCldie bekannte Reaktion unter Ausscheidung von HgCl bzw. Hg ein. Das Ausbleiben derReaktion weist auf Sn(IV) hin.
Bei der Beurteilung dieser Reaktionen muss man sehr vorsichtig sein, da sie zum Teilmehrdeutig sind.
16.3.1 Trennungsgang I: Standardtrennungsgang fĂŒr dieSchwefelwasserstoff-Gruppe (s. Taschenfalter)
In der Analysenlösung können enthalten sein: Hg, Pb, Bi, Cu, Cd, As, Sb und Sn( Abb. . und Tab. .).
VorprobenHinweise auf die genannten Elemente kann man durch die Lötrohrprobe erhalten. WĂ€h-rend die FlammenfĂ€rbung nur allgemein auf Schwermetalle schlieĂen lĂ€sst, kannmanmitder Phosphorsalz- bzw. Boraxperle Cu und Sn erkennen. Durch dieGlĂŒhröhrchenprobekann man auf Hg und As, evtl. auch auf Cd schlieĂen. DieMarshâsche Probe ist die Vor-probe auf As und Sb. Die Leuchtprobe auf Sn ist recht spezifisch und gegebenenfalls auchals Nachweis zu verwenden.
Lösen und AufschlieĂenAuch hier wird man zunĂ€chst versuchen, die Substanz mit HCl in Lösung zu bringen.Vielleicht wird dies jedoch nicht gelingen, wenn schwer lösliche Sulfide vorliegen. BeiVerwendung von Königswasser ist die HNO weitgehend abzudampfen, um eine gröĂereSchwefelabscheidungbeimErhitzen vonHS zu vermeiden. Ein völliges Eintrocknenmussunbedingt vermieden werden, da sich hierbei Hg- und As-Verbindungen verflĂŒchtigen.
16
16.3.1 Trennungsgang I: Standardtrennungsgang fĂŒr die Schwefelwasserstoff-Gruppe 523
Mit gelbem (NHâ)âSâ digerieren
In die HCl-saure Lösung HâS einleiten, dann langsam mit Wasser verdĂŒnnen
HgS SchwarzPbS SchwarzBiâSâ Braun
CuS SchwarzCdS GelbAsâSâ Gelb
SbâSâ OrangeSnSâ BraungelbMoSâ Schwarzbraun
Kupfer-Gruppe Arsen-Gruppe
HgS SchwarzPbS SchwarzBiâSâ Braun
CuS SchwarzCdS Gelb
AsSâÂłâ»SbSâÂłâ»
SnSâÂČâ»MoSâÂČâ»
AsâSâ GelbSbâSâ OrangeSnSâ BraungelbMoSâ Schwarz
Mit 4mol/L HNOâ bei mĂ€Ăiger WĂ€rme
behandeln
Bis zur sauren Reaktion
HCl zugeben
Mit HâSOâ eindampfen und nach AbkĂŒhlen mit 2mol/L HâSOâ verdĂŒnnen
7mol/L HCl zugeben
NHâ im Ăberschuss zugeben
HgSsiehe 4
PbÂČâșBiÂłâș
CuÂČâșCdÂČâș
PbSOâsiehe 5
BiÂłâș CuÂČâșCdÂČâș
[SbClâ ]â»[SnClâ ]ÂČâ»
Mit Eisen reduzieren
SnÂČâșsiehe12
Sbsiehe11
Mit konz. (NHâ)âCOâ-
Lsg. behandeln
AsâSâ MoSâ
MoSâsiehe 9
Bis zur EntfĂ€rbung KCN zugeben, dann mit HâS
fÀllen
Bi(OH)âsiehe 6
[Cu(NHâ)â]ÂČâșsiehe 7
[Cd(NHâ)â]ÂČâș
CdSsiehe 8
[Cu(CN)â]Âłâ»
AsSâÂłâ»AsOâÂłâ»AsOSâÂłâ»siehe 10
Abb. 16.3 Trennungund Nachweis derSchwefelwasserstoff-Gruppe (bei Abwesenheitder selteneren Elemente):Trennungsgang I(s. a. Tab. 16.4 undTaschenfalter)
Als in SĂ€uren schwer lösliche Verbindungen kommen hier Zinnstein SnO, weiĂ, bzw.SnO, schwarz, infrage. Diese werden durch den Freiberger Aufschluss aufgeschlossen(7S. ). Die entstandene Schmelze laugt man mit Wasser aus, filtriert und versetzt mitHCl, wobei gelbes SnS ausfĂ€llt. Der Sulfidniederschlag kann je nachArt derAnalyse alleinoder zusammenmit den gefĂ€llten Sulfiden desTrennungsgangesweiterverarbeitetwerden.
524 16.3 Schwefelwasserstoff-Gruppe
Tab. 16.4 Trennung und Nachweis der Schwefelwasserstoff-Gruppe (bei Abwesenheit derselteneren Elemente): Trennungsgang I (s. Taschenfalter)
4 HgS Löst sich in HNO3/HCl
Nachweis: 1. Durch Amalgambildung mit unedleren Metallen (7Nachweis 267 )2. Durch Reduktionsmittel (SnCl2) Bildung von Hg2Cl2 (weiĂ) und Hg(schwarz) (7Nachweis 281 )
5 PbSO4 Löst sich in Ammoniumtartrat-Lösung
Nachweis: 1. Durch Zusatz von K2Cr2O7 fÀllt gelbes PbCrO4 (7Nachweis 294 )2. Durch Zusatz von Cu-acetat und KNO2 fÀllt K2CuPb(NO2)6(7Nachweis 295 ) aus
6 Bi(OH)3 Löst sich in HCl
Nachweis: 1. Mit Dimethylglyoxim+NH3 gelber Niederschlag (7Nachweis 303 )2. Neutralisieren und mit alkal. Stannat(II)-Lösung versetzen (Bischwarz) (7Nachweis 301 )
7 [Cu(NH3)4]2+ Ist an der blauen Farbe der Lösung zu erkennen (7Nachweis 305 )
8 CdS Ist an der gelben Farbe des Niederschlags zu erkennen(7Nachweis 329 )
9 MoS3 Der Niederschlag ist mit Schwefel vermischt und löst sich inKönigswasser; nach Abrauchen wird in 2mol/L HCl gelöst.
Nachweis: Bei Zusatz von NH4Cl und Na2HPO4 scheiden sich feine gelbe Kristallevon Ammoniummolybdophosphat ab (7Nachweis 577 ).
10 AsS3â4 /AsO3â4 /AsOS3â3 Die Lösung wird mit H2O2 versetzt; beim ErwĂ€rmen bildet sich AsO3â4 .
Nachweis: H2O2 und Mg2+ zugeben; MgNH4AsO4 â 6H2O kristallisiert weiĂ
(7Nachweis 357 )
11 Sb Löst sich in 7mol/L HCl+wenig HNO3Nachweis: Stark verdĂŒnnen und H2S einleiten: Sb2S3 (orange) fĂ€llt aus
(7Nachweis 364 )
12 Sn2+ Verbleibt in der Lösung
Nachweis: 1. Mit HgCl2 bilden sich weiĂes Hg2Cl2 und schwarzes Hg(7Nachweis 281d ).2. Leuchtprobe (7Nachweis 374d )
In Lösung: Elemente der Urotropin-(NH4)2S-Gruppe und der lösl. Gruppe
Bei einer Schmelze mit der vierfachen Menge KCN (Abzug!) entsteht metallisches Zinn,das durch lĂ€ngeres KochenmitHCl in Lösung gebracht werden kann. Als weitere in SĂ€urenschwer lösliche Verbindung kann weiĂes PbSO vorliegen, das sich in ammoniakalischerTartratlösung oder konz. Laugen auflöst.
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16.3.1 Trennungsgang I: Standardtrennungsgang fĂŒr die Schwefelwasserstoff-Gruppe 525
Störende Anionen, wie z. B. Oxalat und Tartrat, mĂŒssen vor Beginn des Trennungsgan-ges, wie auf7S. beschrieben, entfernt werden.
H2S-FĂ€llungZur FĂ€llung der Sulfide wird unter dem Abzug in die heiĂe, auf ein geringes Volumeneingeengte, noch 2â3mol/LHCl enthaltende LösungHS eingeleitet und zurAbscheidungdes CdS mit kleinen Portionen Wasser auf das FĂŒnffache verdĂŒnnt. FĂŒr die SulfidfĂ€llungeignet sich auch frisch bereitetes HS-Wasser. Aus der Reihenfolge des Auftretens ver-schieden farbiger Sulfide können wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung der Probeerhaltenwerden. Der Reihe nach gefĂ€llt werden: AsS, gelb, SnS, hellgelb, SbS, orange,HgS, PbS, CuS, SnS, und BiS, braun bzw. schwarz, CdS, gelb.
Der Niederschlag wird sofort abzentrifugiert und mit HS-Wasser, dem einige Körn-chen Ammoniumacetat zugesetzt werden, gewaschen, bis keine Clâ-Ionen mehr nachzu-weisen sind. DasWaschwasserwird verworfen. Das Zentrifugat selbst dient zumNachweisder anderen Elemente.
Trennung in Kupfer-Gruppe und Arsen/Zinn-Gruppe mit (NH4)2SxDie Sulfide ĂŒberfĂŒhrt man in eine Porzellanschale und behandelt sie bei mĂ€Ăiger WĂ€r-me (etwa °C, nicht in der Siedehitze) unter UmrĂŒhren etwa min lang mit gelbem(NH)Sx . Beim Digerieren lösen sich As, Sb, Sn und spurenweise Cu, wĂ€hrend Hg, Pb,Bi, Cu und Cd zurĂŒckbleiben.
Trennung in Kupfer-Gruppe und Arsen/Zinn-Gruppe mit LiOH/KNO3Die HS-NiederschlĂ€ge werden einige Minuten in mL einer (% LiOH, % KNO-Lösung auf demWasserbad digeriert. Die Sulfide gehen dabei unter Bildung vonHydroxy-,Thio- bzw. Oxothiokomplexen in Lösung. Sn(II)-Sulfid wird nur langsam in Sn(OH)ĂŒberfĂŒhrt. Das Nitrat beschleunigt die Reaktion zum Hydroxostannat(IV) [Sn(OH)]
âdurch die Oxidation des Sn(II) zum Sn(IV). Beim AnsĂ€uern solcher Sâ enthaltendenLösungen fallen dann wieder die Sulfide (SnS, AsS, AsS, SbS, SbS) im Gemischmit Sn(OH) und Sn(OH) aus. Der Vorteil dieser Methode ist die Vermeidung derBildung von HS und Schwefel. AuĂerdem bleiben CuS und HgS quantitativ in derKupfergruppe, sofern nicht ĂŒber °CerwĂ€rmt wird.
Trennung und Nachweise der Kupfer-GruppeHg Der abgetrennte RĂŒckstand wird mit (NH)S-haltigem Wasser gewaschen undâ min mit einer Mischung aus einem Teil konz. HNO und Teilen Wasser behandelt.Der RĂŒckstand, der nach der Behandlung mit HNO verbleibt, kann schwarzes HgSoder auch weiĂes HgS(NO), vermischt mit weiĂlichem Schwefel, enthalten. Erwird in Königswasser gelöst, dann wird bis fast zur Trockne verdampft und mit wenigWasser aufgenommen. In der Lösung wird Hg durch Amalgambildung mit Kupferblech(7Nachweis 267 ), durch Zugabe von SnCl (7Nachweis 281 ) sowie als Co[Hg(SCN)](7Nachweis 282 ) nachgewiesen. Zur Identifizierung eignen sich auch die Bildung vonHg(II)-Reineckat (7Nachweis 283 ) und von Cu[HgI] (7Nachweis 284 ).Pb Das Zentrifugat des HgS-RĂŒckstandes wird unter Zusatz von âmL konz. HSO ineiner Porzellanschale so weit eingedampft, bis weiĂe Nebel entstehen und die gesamteHNO restlos entfernt ist.Man lĂ€sst erkalten und fĂŒgt ungefĂ€hr das gleiche Volumen verd.HSO hinzu. Ist Pb zugegen, bildet sich ein weiĂer Niederschlag von PbSO. Bei starker