AK Phänomenologie: Haptisches Erleben: Zur Materialität des Digitalen I
Konstruktion und Konstitution der virtuellen Welt –
Zur Phänomenologie des Digitalen
Jochen Dreher (Universität Konstanz):
Im Rahmen einer Phänomenologie des Digitalen wird die „digitale Welt“ als über die neuen
Technologien vermittelter virtueller Raum verstanden, mit dem Raum des Realen erweitert
wird. Mit „virtueller Welt“ und „virtual reality“ kennzeichnen wir spezifische Teilbereiche der
„digitalen Welt“. Die virtuelle Welt ist geprägt durch Internet-basierte Kommunikation mit
Internet-Anwendungen wie E-Mail, Chats, Mobiltelefonen, Smartphones etc. Durch die
digitale Kommunikation schrumpfen räumliche Distanzen und der Wissens-, Informations-
und Erfahrungsaustausch wird beschleunigt. Ein facettenreicher virtueller Raum ist
entstanden, der über eine neue Wirklichkeitsdimension mit besonderen sozialen
Beziehungen und Vergemeinschaftungsformen verfügt. Die Gesetzmäßigkeiten, nach denen
der virtuelle Raum funktioniert, sind vor allem technisch determiniert.
Digitalisierungsprozesse wirken sich aus auf kulturelle Muster, Kommunikationsformen,
Vergesellschaftungsmodi, Identitätsdarstellungen und persönliche Beziehungsgestaltung, auf
wirtschaftliche Transaktionen und Arbeitsformen etc. Wesensmerkmale der Digitalität sind
zum einen die Produktion und Reproduktion von Information, zum anderen die Distribution
von Information.
In einer „Parallelaktion“ von sozialwissenschaftlicher und phänomenologischer Reflexion wird
zum einen die sozio-historisch bedingte, technisch-technologische Konstruktion der digitalen
Welt erforscht. Zum anderen wird phänomenologisch untersucht, wie die Konstitution
digitaler, virtueller Realitäten basierend auf subjektiven Bewusstseinsleistungen
vonstattengeht. Folgende Fragestellungen werden diesbezüglich aufgegriffen: Kommt es zu
einer ‚Veränderung‘ der Strukturen der Lebenswelt durch internetbasierte
Kommunikationsformen und die Neuen Medien? Verändern sich die lebensweltlichen
Grenzen bzw. Transzendenzen von Raum und Zeit, jedoch auch der Sozialwelt, durch
digitale Kommunikationsformen (internet-based communication, Skype etc.)? In welchem
Sinne wird unsere pragmatische Alltags- oder Wirkwelt durch die virtuelle Welt erweitert bzw.
ergänzt? Inwiefern kann die digitale Welt als außeralltäglich, die Wirkwelt des Alltags
transzendierende betrachtet werden?
Für die Konstruktion und Konstitution der virtuellen Welt ist unter anderem von Bedeutung,
welche Materialität im Hinblick auf das haptische Erleben der virtuellen Realität involviert ist.
Es wird gezeigt, inwiefern insbesondere die Materialität von Bildschirmen einhergehend mit
„Interfaces“ (als Mensch-Maschine-Schnittstelle) eine „Immersion“ in virtuelle Welten
ermöglicht und bis hin zur „Simulation“ alternativer pragmatischer Wirkwelten ermöglicht.