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  • Die „rote Hannelore“ Kraft hat gestern inNordrhein-Westfalen eine zuletzt nichtmehr ganz sichere Wiederauferstehungvon Rot-Grün erreicht. Die sozialdemokratischeLandesmutterkann für fünf Jahre auf eine siche-re Mehrheit mit den Grünen bauen. Auf der an-deren Seitewurde die CDU mit ihremirrlichtern-den Spitzenmann Norbert Röttgen in einen tie-fen Abgrund gestoßen. Auch die Liberalenschafften mit ihrem Spitzenmann ChristianLindner ein Comeback. Die Wahl im bevölke-rungsreichsten Bundeslandmischt auch die Kar-ten für Berlin neu.

    Parallelen tun sich auf. So wie der Verlust derMacht für die SPD in Düsseldorf 2005 seinerzeitdenAbgang von Gerhard Schröder beschleunig-te, so muss Kanzlerin Angela Merkel nun nochmehr um die Macht bangen, wenn 2013 imBund gewählt wird. Sie bekommt es nun nicht

    nur mit einem wiedererstarkten rot-grünen, lin-ken Lager zu tun, sondern möglicherweise auchmit einer aussichtsreichen SPD-Kanzlerkandi-datin.Die Nah-bei-denLeuten-Hannelore könn-te so ganz nebenbei die Lähmung der dreiSPD-Kandidaten-Machos Gabriel, Steinmeierund Steinbrück auflösen. Kraft ist Fußballfanwie Merkel auch. Sie ist sympathisch, genießtVertrauen, wie die Kanzlerin. Mit modernemAngriffsfußball hat Dortmund die Bayern vom

    Feld gefegt. Hannelore scheint über die Stärkezu verfügen, es Jürgen Klopp gleichzutun. Soll-te sich die SPD wirklich zu Hannelore Kraft alsKanzlerkandidatin durchringen können,scheint auch in Berlin vieles möglich. Noch ziertsich Kraft, noch hält das Willy-Brandt-Haus da-gegen. Das muss aber nicht so bleiben.

    So dramatisch der Absturz von „Muttis Klügs-tem“ Röttgen mit der CDU war, so grandios hatder FDP-Hoffnungsträger Christian Lindner dieLiberalen aus der Versenkung zurückgeholt.Der „Jung-Liberale“ verfügt über das Charis-ma, den Intellekt und die Überzeugungskraft,um seine Partei aus dem Tal der Tränen zu füh-ren. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zusein, bis die FDP das Intermezzo von Philipp Rös-ler an der Spitze beendet. Nahezu erwartet wardas Scheitern der Linken sowie der Durch-marsch der Piraten. Seiten 1 und 3

    Hilfe für Theater Schwerin:Beigeschmack bleibtZu „Zwei Millionen: Regierung rettetStaatstheater Schwerin“ (OZ, 9. 5.):Der Unmut des Theaters Vorpom-mern ist verständlich, wenn dasSchweriner Theater Sonderzulagenbekommt. Vielleicht sollte sich jedesTheater in MV einen Minister in denAufsichtsrat setzen, wie Frau Schwe-sig in Schwerin. Die stets lächelnde,fürs Gute im Land zuständige Minis-terin konnte wieder erreichen, dasseinige gleicher sind als andere, diesich mit persönlichen Einschränkun-gen für die Existenz ihres Theaterseinsetzen. Entschieden haben daszwar andere,aber ein Beigeschmackbleibt. Christian Kruse, Greifswald

    Nun sind Zwangsarbeiteralso an der ReiheZu „Schuften hinter schwedischen Gar-dinen“ (OZ, 12./13.5.): Nun sind dieZwangsarbeiter in DDR-Gefängnis-sen an der Reihe. Ich sage nicht,

    dass in diesem „Unrechtsstaat“ alleszum Besten lief und die gesamteDDR-Bevölkerung glücklich war. Ih-re wiederkehrende Verunglimpfungdes Lebens in der DDR brüskiert un-sere jahrzehntelange Arbeit für die-sen Staat. Hans Socher, Rostock

    Wie kann Ex-Bautzen-Vizeheute eine JVA leiten?Zum selben Thema: Dunkle Kapitelgibt es in der Geschichte des Un-rechtsstaates DDR genug, da sindHoheneck, Bautzen, Schwedt u. a.nur systemimmanent. Womit ist eszu rechtfertigen, dass der ehemalige„Vizechef“ von Bautzen I in der Bun-desrepublik als Leiter einer JVA fun-giert? Michael Heyn, Rostock

    Zahlreiche Kommentare bewertendie NRW-Landtagswahl:

    Wer NRW unterschätzt,kann wie die Bayern enden„Nürnberger Zeitung“: Wer Nord-rhein-Westfalen unterschätzt, demkann es ergehen wie Bayern Mün-chen gegen Dortmund oder Nor-bert Röttgen an den Urnen. Rött-gen hat nicht nur die Wahl anRhein und Ruhr verloren, er mussden Landesvorsitz abgeben undwird als zahnloser und geschwäch-ter Umweltminister nach Berlin zu-rückkehren.

    Kraft gibt SPD Rückenwindfür das Superwahljahr 2013„Main-Post“ (Würzburg): HanneloreKraft hat gezeigt, dass auch imbunter gewordenen Parteiensys-tem zweifarbige Mehrheiten nochmöglich sind. Damit gibt sie der ei-genen Partei enormen Rücken-wind fürs Superwahljahr 2013.

    Hanni und Nanni könnenweiterregieren„Leipziger Volkszeitung“: Röttgensgrottenschlechter Landtagswahl-kampf ist nicht steigerungsfähig.Hier hat sich einer bis auf weiteresvon der Bühne der wichtigen Ent-scheider verabschiedet. Nun wer-den in Merkels Union ganz sicherdie Messer gewetzt und CSU-BossSeehofer wird seinen politischenHungerstreik „gegen die da in Ber-lin“ ausweiten. Die bürgerlicheRumpel-Koalition – nicht nur Nor-bert Röttgen – wird zur Belastungdes Standortes Deutschland. Han-ni und Nanni in Düsseldorf dürfenihren Ponyhof in der Staatskanzleiweiter führen.

    Merkel mussangst und bange werden„Heilbronner Stimme“: NRW giltvielen als kleine Bundestagswahl.Wenn dem so ist, muss AngelaMerkel angst und bange werden.

    OZ LESERBRIEFE

    Die Grünen kommen indieJahre.Wirdauf Par-teitagen mehr Ver-ständnis für „die Jugend“ an-gemahnt, nicken viele beja-hend in ergraute Bärte hi-nein. Eines bleibt in der Anti-Atom-Partei aber ewig jung:die Fehde zwischen pragma-tischen „Realos“ und welt-fremden „Fundis“.

    Im ländlich geprägtenMecklenburg-Vorpommernführten die eher im urbanenMilieu heimischen Grünenüber 20 Jahre lang ein Schat-tendasein. Erst im Fahrwas-ser des Atom-GAUs von Fu-kushima gelang der Partei imletzten Herbst erstmals der

    Sprung in den Landtag. Da-mitbeginnt dasDilemma: Derin Kommunalpolitik gestählte„Realo“-FlügelumLandtags-fraktionschef Jürgen Suhr hatinhaltlich kaum noch etwaszutunmitder„Fundi“-Partei-basis, aus der sich die Partei-spitze rekrutiert.

    DerLeitantragzurAbschaf-fung des Verfassungsschut-zes trug in Güstrow klar die„Fundi“-Handschrift.MitMü-hegelang es, die Mine zu ent-schärfen. Die Grünen müssenaufpassen,dass ihr eindrucks-voller Einstand im Landtagnicht aus eigenen Reihen sa-botiert wird. Sonst droht dieZerreißprobe. Seite 5

    Deutschland ist keineklassische Seefahrer-nation. Doch das Inter-esse am Meer ändert sichspürbar. Die maritime Wirt-schaft ist im Aufwind und ent-wickelt sich zum wichtigenArbeitgeber inMV –auch we-gen der im Frühjahr 2011 vonder Bundesregierung be-schlossenen Energiewende.

    Die Lust am Maritimenwird in den nächsten Jahrensicher noch steigen: DerKreuzfahrttourismus boomt,in den Yachthäfen machenimmer mehr Wassersportlerfest. Sie müssen sich die Ost-see teilen – denn dort tum-meln sich noch viele andere

    Nutzer: Schiffsverkehr, Off-shore-Parks, Fischerei undNaturschutz. Bisher habensich diese Sparten vorwie-gend getrennt voneinanderentwickelt und eigeneStrate-gien erarbeitet. Nun wird esZeit, sich in ein Boot zu set-zen, um gemeinsam Syner-gien zu finden und zu nutzen.

    Anstatt das Meer nur alsRohstoffbasis oder Arbeits-mittel zu sehen, ist es besser,alle Belange zu berücksichti-gen und abzuwägen. Nur sokann die Ressource Wasserbestmöglich genutzt und –was noch wichtiger ist – solange wie möglich erhaltenwerden. Seite 1

    Wiederauferstehung von Rot-GrünWahl in NRW mischtauch in Berlin dieKarten der Politik neu.

    Von Reinhard Zweigler

    Noch immer sind die alten deutschen Friedhö-fe in Lettland keine Höfe des Friedens. Vielesind verfallen, verwüstet, geschändet – auchweil die Geschichte in diesem Teil Europas ih-re Pirouetten wilder als sonstwo gedreht hat.

    Die ersten Deutschen kamen mit Schwertund Bibel, um neue Siedlungsgebiete zu er-obern und baltische Urvölker wie Letgallen,Kuren oder Selonen zu missionieren. Wäh-rend der Schwertbrüderorden auf den östli-chen Schlachtfeldern des Mittelalters aufge-rieben wurde, harrten die in seinem Tross mit-ziehenden Kaufleute und Bauern für mehr als700 Jahre im heutigen Lettland aus. Sie grün-

    deten Handelsstädte wie Riga (1201), wo dereindrucksvolle Dom oder das imposanteSchwarzhäupterhaus von einstiger Macht derDeutschbalten künden. Bis vor dem ErstenWeltkrieg siedelten etwa 120 000 von ihnenauf lettischem Boden. Erst der Hitler-Sta-lin-Pakt, der die Region zur Einflusssphäredes russischenDiktators erklärte und dieDeut-schen zur Umsiedlung „heim ins Reich“zwang, setzte einen Schlussstrich unter diedeutsch-baltische Tradition. Zurück bliebendie Gräber der Vorfahren. Die Gottesäckerverfielen, Grabkreuze verrosteten, Familien-grüfte verrotteten. Doch noch immer gibt es in

    Lettland 23 000 Ruhestätten von Deutschstäm-migen, von denen aber nur fünf Prozent durchVerwandte gepflegt werden.

    Nun will der lettische Unternehmer OlavsIgals Rogge mit seiner Stiftung diesen Miss-stand beheben und die verlassenen deut-schen Friedhöfe und Gräber pflegen lassen(www.fonrogge.lv). Und vielleicht gelingt ihmsogar, was der italienische Dichter LorenzoStecchetti einst so poetisch umschrieb: „Wenndie Blätter fallen, wirst du zum Kirchhof kom-men, mein Kreuz zu suchen. In einer kleinenEcke wirst du es finden. Und dort werden vie-le Blumen wachsen.“ jebu

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    e Meistgeklickt am Wochen-ende: Sandstürme behindernVerkehr | Maffay rockt Rügen |Polizei ermittelt nach nächtli-

    chem Brand in Rostocker Hostel| Tausende Motorradfahrer beimBikergottesdienst | SchwerinerHotel nach Brand evakuiert

    Lettlands verlassene deutsche Friedhöfe

    Grünen-Parteitag in Güstrow

    ZerreißprobeVon Jörg Köpke

    KARIKATUR

    KOMMENTAR

    Yachthäfen in MV wachsen

    Lust am MaritimenVon Kerstin Schröder

    Verfallen, überwuchert, aber nicht vergessen: Blick auf deutsche Gräber auf dem Pokrow-Friedhof von Riga. Foto: privat

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