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Page 1: Lichtgestalt unter den Physikern

240 | Physik in unserer Zeit | 33. Jahrgang 2002 | Nr. 5

M AG A Z I N |

Warum sich der Sohndes Leiters eines Pflege-heimes der Wissen-schaft zuwandte? Wir

sind auf Vermutungen angewiesen.Vielleicht war es der frühe Todseiner Mutter, mit dem das Kindfertig werden musste. Vielleicht wares auch die Entdeckung wissen-schaftlicher Literatur in jungenJahren, zum Beispiel von dem Astro-nomen Willliam Thackeray oder demPhysiker Augustin Fresnel. Ihn nenntder Gesuchte „einen derjenigenMeister, denen ich das meiste zuverdanken habe.“

Von hier bis zur Beschäftigungmit dem Thema Licht ist es nichtweit. Wie kann Licht als Transversal-welle den geheimnisvollen Ätherdurchdringen? Wie kann es dabeiauch noch den Maxwell-Gleichungenzur Ausbreitung elektromagnetischerWellen genügen? Solche Fragenbeschäftigen. Er promoviert überLicht, genauer: „Über die Theorie derReflexion und der Refraktion desLichtes“ – und macht dabei aus demÄther ein elektromagnetischesMedium.

35 Jahre lang lehrt er anschlie-ßend an derselben Universität.Schreibt ein Buch über Differential-und Integralrechnung. Wohnt dererstmaligen Verflüssigung von He-lium und ersten Versuchen zurSupraleitung bei. Und bastelt vorallem eine Theorie zu einem Experi-ment, bei dem eine Natriumflammeeinem starken Magnetfeld ausgesetztwird. Das bringt ihm den Nobelpreisein und macht ihn zudem zu einemfrühen Elektronentheoretiker.

Während sein Schüler, der daspreiswürdige Experiment ersonnenhatte, in der Versenkung verschwin-det, blüht der Gesuchte jetzt erst

Lichtgestalt unter den Physikern Er forschte gerne unter gefährlichen Bedingungen: In ein-sturzgefährdeten physikalischen Theoriegebäuden oder aber in neuen Theorien, die noch nicht wirklich sicher waren.

richtig auf: Er entsinnt eine Kontrak-tion, die heute seinen Namen trägt.Sie staucht Körper in Bewegungs-richtung und rettet zugleich das Ex-periment zweier Forscher in Cleve-land, die ihren Versuch auf Wunschdes skeptischen Kollegen aus Europasogar wiederholen. Außerdem leitetder Theoretiker die Transformationvon Raum-Zeit-Koordinaten aus derInvarianz der Maxwellschen Glei-chungen her – auch diese Abbildungist heute nach ihm benannt. Einsteinschafft all das übrigens wenig späteretwas einfacher, indem er die Licht-geschwindigkeit als konstant an-nimmt.

Noch im hohen Alter gilt er alseine Art Retter in der Not. Er ist der„Pannendienst“, der angerufen wird,wenn es in der jungen Quanten-theorie wieder einmal klemmt. Kaumjemand aber verehrt ihn so wieEinstein, der zahllose Ideen aus denArbeiten des Gesuchten zieht undeinem Kollegen schreibt: „Ich be-wundere diesen Mann wie keinenanderen, ich möchte sagen, ich liebeihn.“

Andreas Loos, Berlin

Wer war der Theoretiker, der sich um Relativitätstheorie und elektro-magnetische Wellen so verdientgemacht hat?

Schreiben Sie die Lösung auf einePostkarte (keine Briefe oder Email)und schicken Sie diese an: Physik in unserer Zeit, Wiley-VCH, Bosch-straße 12, 69469 Weinheim, Einsen-deschluss ist der 15.10.2002. DerRechtsweg ist ausgeschlossen.

Wir verlosen drei Exemplare des Buches: Energierevolution Brenn-stoffzelle? von M. Pehnt.

H I S TO R I S C H E S R Ä T S E L |

Nachdem Wolfgang Müller in denfrühen neunziger Jahren als Chronistder Kernenergieentwicklung derBundesrepublik hervorgetreten ist,versucht das vorliegende Buch nundie Geschichte von Kernforschungund Kerntechnik in der DDR nachzu-zeichnen. Als gelungen kann mandieses Vorhaben nicht in jederHinsicht ansehen. Zwar hat Müllereine Fülle von Details zusammenge-tragen und damit auch die wichtigsteEntwicklungsetappen dokumentiert.Zu einem schlüssigen und vor allemdie Dynamik, Widersprüchlichkeitund Struktur der Entwicklung ver-ständlich machenden Gesamtbild willsich die Detailfülle nicht fügen. Diesmag teilweise daran liegen, dassMüller von einem allzu statischenBild des DDR-Gesellschafts- undWissenschaftssystems ausgeht undEntwicklungsprozesse häufig undallzu monokausal auf Entscheidungender Partei und des Staatsapparatesreduziert. Obwohl die DDR ohneZweifel eine totalitäre Gesellschaftwar, verfügten dennoch die techno-kratischen Eliten über beachtlicheFreiräume. Zudem beförderte diefortschrittsgläubige marxistischeWeltanschauung geradezu technokra-tisches (Wunsch-)Denken, was nichtzuletzt die Frühzeit der Kernenergi-eentwicklung in der DDR deutlichmacht.

Ebenfalls höchst plakativ undmehr oder weniger eindimensionalist die Darstellung der Zusammenar-beit zwischen der Sowjetunion undder DDR auf dem Kernenergiesektor.Hier wie auch an anderen Stellenhätte man sich vertiefende Informa-tionen und Analysen gewünscht, die

B Ü C H E R |Geschichte derKernenergie inder DDR. Wolf-gang D. Müller,302 S, 29 Abb.,geb., 49,95 f.Verlag Schäffer undPoeschel, 2001.ISBN 3-7910-1779-9

Auflösung ausHeft 4/2002Der hitzige mathematischeRevolutionär warEvariste Galois(25.10.1811 bis31.5.1832).

Die Gewinneraus Heft 3/2002 A. Eisner aus Neuried,W. Hesse aus Bad Schwalbach,D. Walther aus Erlenbach.

Wir gratulieren den Gewinnern.

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