Lost in Transitions
Biographische Herausforderungen nach stationären Erziehungshilfen
Prof. Dr. Maren Zeller, Universität Trier Vortrag anlässlich der Tagung Plattform Fremdplatzierung
Übergangsbegleitung:roots to grow and wings to fly
Gliederung1. Übergang ins Erwachsenenleben
Allgemein Care Leaver
2. Bildung und Biographie3. Internationale (Praxis-)Ansätze
Framework:Gesetzeslage, Pathwayplans, Programme für C.L.
Rechte von Care Leaver:Informationen, Ombudschaften, Advocacy
Care Leaver Netzwerke
4. Übergänge begleiten – zentrale Forderungen
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
Übergang ins ErwachsenenlebenWas bedeutet für Sie erwachsen sein?Wann beginnt heutzutage das Erwachsen-Sein?
Wann sind Sie zu Hause ausgezogen?Wann haben Sie das erste Mal Weihnachten nicht zu Hause gefeiert?Wer hat nach seinem Auszug aus dem Elternhaus nochmals auf die materielle und/oder emotionale Unterstützung der Eltern zurückgegriffen?
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
Emerging AdulthoodEs entsteht eine neue Lebensphase zwischen Jugend und Erwachsenenalter (18-25 Jahre) „Emerging Adulthood“ (Arnett 2000)
Lebensphase des Noch-Nicht: Noch nicht im Beruf; noch nicht in fester Partnerschaft, noch ohne Kinder,
finanziell noch nicht abgesichert… + hohe Diversität und viele WechselPhase der Exploration:
Partnerschaft/Sexualität, Arbeit, WeltanschauungKognitive Entwicklung:
Komplexe Formen des Denkens werden entwickeltEmotionale Entwicklung
Höchstes Risiko psychische Erkrankungen zu entwickeln
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
Dr. Maren Zeller - Universität Hildesheim
Junges Erwachsenenalter
Forschungsgruppe EGRIS: YOYO-Übergänge (z.B. Walther/Stauber 2002)
Mehrere Teilübergänge: Arbeit, Wohnen, Partnerschaft, Lebensstil, Familie…
Reversibilität: Rückkehr in alte Lebensformen möglich Gleichzeitigkeit: Jugendliche und erwachsene Lebensformen
gleichzeitig möglich Diversifizierung: Unterschiedliche Lebensläufe , Risikobehaftet Individualisierung: Entscheidung wird den jungen Erwachsenen
überantwortet
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
‚Yo-yo‘-transitions Quelle Grafik Stauber 2008
Age
Youth Youth Youth
Adulthood Adulthood Adulthood ?35
18
15
25
Linear Prolonged De-standardisedStatus passage Transitions Yo-yo-transitions
Reversible
Fragmented
Ambiguous self concepts
Individualised
Unequal and riskful
Übergänge von Care LeaversRasche Beendigung führt zu doppelter Benachteiligung:
Frühe „Verselbstständigung“ Risiko Biographische Belastungen und weniger soziales, ökonomisches
und kulturelles Kapital
Etliche internationale Studien zeigen Gefahr von „socialexclusion“ (Stein/Munro 2008):
Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit, psychische Krankheiten, Involvierung in kriminelle Verhaltensweisen, ungewollte Elternschaft
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
Belastungs(ge)schichten
Dr. Maren Zeller - Universität Hildesheim
Institutio-nelle Brüche
Hilfe-Ab-Brüche
Biographische Brüche
Bildung und Biographie: Empirische Befunde zur schulischen Bildung Hoher Prozentsatz (ca. 1/3) der jungen Menschen ist
beim Verlassen der stationären Hilfen weder in Schule noch in Ausbildung
(Quelle: Köngeter/Schröer/Zeller 2012) Gute Schulnoten von Schülerinnen und Schülern sind
eine der wirkmächtigsten Faktoren auf das Wohlbefinden von jungen Menschen in Heimerziehung
(Quelle: Albus et al. 2010) Diejenigen Schüler_innen, die die schlechtesten
schulische Leistungen erbringen, fühlen sich von der Heimerziehung am besten unterstützt
(Quelle: Köngeter/Mangold/Schröer 2016)
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
Bildung und BiographieFrage nach der biographische Bedeutung von formalen Bildungsprozessen in stationären ErziehungshilfenFokus: Bildungskarrieren, insbesondere der Übergang an HochschulenZwei zentrale Ergebnisse Bildung zwischen Exklusivität und Normalität
Sarah: „und die WG hatte halt im Dorf auch son gewissen Ruf und ich war immer so ich stand halt ähm bei den in Anführungszeichen Normalen die mich immer gefragt haben ja und wie ist das so bei denen zu wohnen und ist das nicht irgendwie komisch oder keine Ahnung also war dann ähm sozusagen der Exot“
Bildung als Kontinuität in InstabilitätKöngeter/Mangold/Strahl (2016): „Bildung zwischen Heimerziehung & Schule“
Dr. Maren Zeller - Universität Hildesheim
Übergänge von Care Leavers -Framework
International sehr disparate Rahmengesetzgebung und Richtlinien der Hilfegewährung führen zu unterschiedlichen Perspektiven & Hilfen im Übergang
Übergangsvorbereitung Übergangsbegleitung
Enges Verständnis von Verselbständigung
Weites Verständnis von Verselbständigung (Gleichzeitigkeit von independence und interdependence)
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Übergänge von Care Leavers -Framework Verlängerung der Erziehungshilfe Nachgehende Betreuung Nachgehende Betreuung für bestimmte
Gruppen von Care Leavers Unterstützung für Care Leavers durch
verschiedene Institutionen
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Rechte von Care Leaver –Bereitstellung von Informationen
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z.B. Irland Pathways – Guide to Leaving Care / EPIC Irland Moving forward Money matters My rights and responsibilities My new home Education and training Employment Staying safe Parenthood Mind, body and soul
(2012, 187 S., www.epiconline.ie)
Rechte von Care Leaver –Ombudschaften, Advocacy
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• Youth Leaving Care Working Group seit 2011
• Befragungen und Submissions
• Hearings
• Report zu dem Prozess
• Blueprint
http://provincialadvocate.on.ca/main/en/about/aboutus.cfm
Care Leaver Netzwerke
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Übergänge begleiten –zentrale Forderungen Rechte von Care Leaver durchsetzen Selbstorganisation von Care Leaver stärken Angebote der Heimerziehung den Bedingungen
des jungen Erwachsenenalters anpassen Bildungschancen eröffnen Begleitung des Übergangs ins
Erwachsenenleben statt Verselbständigung im engen Sinne
Prof. Dr. Maren Zeller - Universität Trier
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Dr. Maren Zeller - Universität Hildesheim
LieraturAlbus, S. et al. (2010). Wirkungsorientierte Jugendhilfe. Abschlussbericht der Evaluation des Bundesmodellprogramms
"Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen nach §§ 78a ff SGB VIII".
Arnett, J.J. (2000): Emerging Adulthood. A theory of development from the late teens through the twenties. In: American Psychologist 55, H. 5, S. 469-480.
Köngeter, S./Mangold, K./Strahl, B. (2016): Bildungsbiographien in der Heimerziehung. Weinheim: Beltz Juventa
Köngeter, S./Schröer, W./Zeller, M. (2012): Statuspassage "Leaving Care": Biographische Herausforderungen nach der Heimerziehung. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung 7., H. 3, S. 261-276.
Mendes, P./Moslehuddin, B. (2006): From dependence to interdependence. Towards better outcomes for young people leaving state care. In: Child Abuse Review 15, S. 110-126.
Stauber, B./Walther, A. (2013): Junge Erwachsene - eine Lebenslage des Übergangs. In: Schröer, W. et al. (Hrsg.): Handbuch Übergänge. Weinheim und Basel: BELTZJuventa, S. 270-290.
Stein, M./Munro, E. (Hrsg.) (2008): Young people's transitions from care to adulthood. International research and practice. London u.a.: Jessica Kingsley Publishers..
Sievers, B./Thomas, S./Zeller, M. (2015): Jugendhilfe - und dann? Zur Gestaltung der Übergänge junger Erwachsener aus stationären Erziehungshilfen. Frankfurt/Main.
Walther, A./Stauber, B. (2002): Yo-yo's at work - ein europäisch-vergleichender Blick auf Handlungsspielräume junger Frauen und Männer. In: Neue Praxis 32. Jg., H. 3, S. 268-284.
Zeller, M./Köngeter, S. (2013): Übergänge in der Kinder- und Jugendhilfe. In: Böhnisch, L. et al. (Hrsg.): Handbuch Übergänge. Weinheim und München: Juventa Verlag, S. 568-588.
Dr. Maren Zeller - Universität Hildesheim