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Page 1: Mathematische Probleme lösen mit System

M AT H E M AT I S C H E P RO B L E M E L Ö S E N M I T S Y S T E M

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WOZU DIESER ARTIKEL?

Warum lohnt es sich, diesen Aufsatz zu lesen?

• Weil hier Tipps stehen, die in der Ausbildung oft fehlen Wer im Studium, in der Oberstufe, in mathematischen Wettbewerben wie dem Bundeswettbewerb Mathematik (BWM) oder anderswo mathematische Probleme lösen soll, der bekommt nur selten Hinweise, wie das geht. Die Folge: Man hat weniger Spaß am Problemlösen, braucht mehr Zeit dafür und bleibt zurück hinter dem, was man leisten könnte.

• Weil hier bewährte Lösungstechniken vorgestellt werden Es gibt eine Reihe hervorragender Bücher zum Thema mathematische Heuristik - sie zeigen, mit welchen Techniken mathematische Probleme gelöst werden können. Besonders gute Beispiele sind die klassischen Werke von George Polya und die Bücher von Paul Zeitz und Arthur Engel. (Die Titel stehen im Literaturverzeichnis). Viele dieser Lösungswerkzeuge werden in diesem Aufsatz vorgestellt.

• Weil hier moderne Arbeitstechniken eingesetzt werden Geschickte schriftliche Aufzeichnungen können beim Lösen mathematischer Probleme eine große Hilfe sein. In diesem Aufsatz wird eine flexible und leistungsfähige Aufzeichnungsform beschrieben, die sich in vielen Bereichen bestens bewährt hat: das Mind Mapping. Neben den einfachen Grundregeln des Mind Mapping wird vorgestellt, wie Mind Maps beim Problemlösen im Allgemeinen und beim mathematischen Problemlösen im Besonderen helfen können.

• Weil hier ein alltagstaugliches Gesamtverfahren beschrieben wird Lösungswerkzeuge und Mind Maps - es liegt nahe, diese beiden bewährten Ansätze zu verbinden. Hierfür gibt es eine Reihe von Möglichkeiten - zum Beispiel die Idee, zwei Arten von Mind Maps zu benutzen: In den sogenannten "Werkzeug- Maps" sammeln wir Lösungswerkzeuge und ordnen sie so an, dass wir für typische Problemsituationen leicht ein Werkzeug finden, das uns weiterhilft. In der sogenannten "Problem-Map" machen wir während der eigentlichen Arbeit Aufzeichnungen zu dem gegebenen Problem. Bei der Suche nach nützlichen Vorgehensweisen und Lösungsideen finden wir Anregungen in den Werkzeug-Maps.

• Weil der Nutzen enorm ist Vieles, was beim Lösen mathematischer Probleme hilft, lässt sich auf andere Probleme übertragen. Die Informationen in diesem Aufsatz sollen dazu anregen, die Fähigkeit zum Problemlösen ganz allgemein zu verbessern - und damit eine der wichtigsten und nützlichsten Fähigkeiten überhaupt.

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PROBLEMLÖSEN: GRUNDIDEEN

Wir sitzen vor einem Matheproblem und einem leeren Blatt Papier - und haben keine Ahnung, was wir tun sollen.

Hier kommt ein praktisches, alltagstaugliches Lösungsverfahren.

• Die Grundidee Probleme löst man am besten, indem man passende "Lösungswerkzeuge" benutzt. Hier kommen einige wenige Beispiele für solche Werkzeuge: - Spezialfälle betrachten, - eine Skizze anfertigen, - eine vollständige Induktion durchführen, - mit dem Ziel beginnen und rückwärts suchen, - Extremfälle betrachten, - nach Symmetrien suchen, - den Satz des Pythagoras benutzen oder - eine Definition nachschlagen. All diese Werkzeuge können uns beim Lösen eines Problems weiterbringen. Die Menge solcher Werkzeuge ist natürlich riesig, und eine bloße Sammlung hilft nur wenig - wir brauchen eine Antwort auf die

• Zentrale Frage beim Problemlösen In welcher Problemsituation hilft welches Werkzeug? Diese Frage zerlegen wir in zwei Teilfragen: Teilfrage 1: Welche Problemsituationen sind wichtig? Probleme sind vielfältig, und wir können nicht für jede denkbare Bearbeitungssituation ein eigenes, passendes Werkzeug bereit halten. Deshalb werden wir Problemsituationen geschickt klassifizieren. Beispiele sind die folgenden Klassifikationen: nach Problemphasen: - Orientierung zu Beginn der Bearbeitung, - Planung des Lösungswegs, - Durchführung der Lösung, - Rückschau nach den mathematischen Objekten, mit denen das Problem zu tun hat - Reihen, - Matrizen, - differenzierbare Funktionen oder nach typischen Schwierigkeiten, die beim Problemlösen auftauchen - keinen Anfang wissen, - feststecken, - den Überblick verlieren... Teilfrage 2: Welche Werkzeuge helfen in den Problemsituationen aus Teilfrage 1? Eine solche Zuordnung "Problemsituationen - > Werkzeuge" ist ein grundlegender Teil unserer Lösungsmethode. Hier sind ein paar einfache Beispiele für solche Zuordnungen: - Es empfiehlt es sich oft, zu Beginn der Bearbeitung eine Zeichnung anzufertigen. - Wenn die Ausgangsinformationen nicht viel hergeben, kann man versuchen, vom Ziel her rückwärts zu arbeiten. - Beim Umgang mit Folgen von Zahlen sind induktive Schlüsse von einer Zahl auf ihre Nachbarn oft nützlich.

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• Problemsituationen und Werkzeuge: Ordnung schaffen mit Mind Maps Diese Zuordnung "Problemsituationen ->Werkzeuge" soll nicht nur im Kopf stattfinden, sondern auch schriftlich erfasst werden - dann nämlich lassen sich Werkzeuge viel zuverlässiger und systematischer benutzen. Wir benötigen also eine Methode, um diese Zuordnung schriftlich darzustellen. Dafür besonders geeignet ist das Mind Mapping.

Mind Mapping: Wie funktioniert das? Beim Mind Mapping wird das Thema in die Mitte des Schreibblatts geschrieben, die Ideen werden hierarchisch um das Thema herum angeordnet und zeichnerisch dargestellt, sofern das sinnvoll ist. Hier kommt ein Beispiel. (Es war einfacher, eine Mind Map mit dem Computer zu erzeugen, als eine handschriftliche einzuscannen.)

Mind Maps: Flexibel und leistungsfähig Wir können nämlich Mind Maps auf zwei Arten benutzen: 1. Als "Werkzeug-Map" Hier ordnen wir den Problemsituationen Werkzeuge so zu, dass sich ein passendes Werkzeug leicht finden lässt. 2. Als "Problem-Map" In dieser Map bearbeiten wir das eigentliche Problem - wir sammeln und entwickeln Ansätze, zerlegen das Problem in Teilprobleme, notieren spontane Ideen usw., und benutzen die Werkzeug-Maps, wenn wir Ideen zu neuen Lösungswerkzeuge brauchen. Dieser kombinierte Einsatz von Werkzeug- und Problem- Maps bekommt der Kürze halber den Namen "Werkzeug- Mapping". So funktioniert Werkzeug-Mapping:

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Das klingt umständlich oder unnötig kompliziert?

Mag sein. Aber es gilt vor allem: Das Verfahren ist alltagstauglich, Werkzeug- Maps helfen beim systematischen Einsatz von Lösungswerkzeugen und Problem- Maps bringen Struktur in die Suche nach einer Lösung. Nach diesem Überblick kommen wir jetzt zu den Einzelheiten. Wir beginnen mit der Frage: Wie funktioniert Mind Mapping?

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MIND MAPPING: EIN SCHNELLKURS

Mind Maps: Wesentliche Eigenschaften

• In einer Mind Map werden die Ideen grafisch in einer Baumstruktur angeordnet. Dabei steht das Thema in der Mitte des Blattes.

• Die Ideen werden als Stichworte aufgeschrieben oder, besser noch, in Skizzen und Zeichnungen dargestellt.

• Zusätzlich können Farben, Pfeile und Symbole benutzt werden.

Hier kommt ein Beispiel (wiederum computererzeugt und nicht handschriftlich.

Wer mindmappen will, der kann es probieren mit dem folgenden einfachen

Rezept für Mind Maps:

• Material: Man braucht ein unliniertes Blatt Papier, möglichst im Format DIN A4 oder größer, und Schreibstifte in verschiedenen Farben. Auch Textmarker sind nützlich.

• Los geht's: Man benutzt das Papier im Querformat, schreibt das Thema der Mind Map in die Mitte des Blatts und zeichnet einen Rahmen darum. Das Thema kann in Worten oder durch eine kleine Zeichnung dargestellt werden.

• Ideen gliedern: Äste und Zweige Man schreibt die ersten Lösungsansätze um dieses Thema herum auf und verbindet sie durch Linien mit dem Thema. Diese Ideen-Äste kann man durch Ideen- Zweige und Ideen- Unterzweige verfeinern. Dadurch sortieren sich die Gedanken praktisch von selbst. Weitere Einfälle kann man leicht an den passenden Stellen einfügen.

• Stichwörter benutzen: Man sollte Stichwörter oder möglichst knappe Formulierungen statt ganzer Sätze verwenden. Dadurch vermeidet man überflüssige Wörter und spart Platz und Zeit. Ein weiteres Argument für Stichwörter: Assoziationen lassen sich leichter zu einzelnen Wörtern bilden als zu einem

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ganzen Satz. (Die Mind Maps auf diesen Seiten sind entgegen diesem Ratschlag ziemlich wortreich - andernfalls wären sie für Andere kaum verständlich. Bei den eigenen Arbeitsaufzeichnungen spielt die Verständlichkeit für andere eine viel geringere Rolle.)

• Symbole benutzen: Man sollte möglichst oft Symbole und kleine Zeichnungen verwenden. Dadurch werden die Fähigkeiten des Gehirns zum Denken in Bildern ausgenutzt, die bei herkömmlichen Aufzeichnungen kaum eingesetzt werden können.

• Farben benutzen: Man sollte hier die eigenen Vorlieben herausfinden: Wird die Arbeit besser oder leichter, wenn man mehrere Farben benutzt? Oder ist das Hantieren mit mehreren Stiften bloßlästig? Die klassische Lehre empfiehlt aus guten Gründen, mehrere Farben zu verwenden: Sie gliedern die Mind Map und bringen zusätzliche Informationen in die Mind Map. (Ich selbst mache fast ausschließlich einfarbige Mind Maps.)

• Weitere Ideen: Zahlen, Pfeile, etc. Die Ideen sind in der Mind Map hierarchisch angeordnet. Darüber hinaus kann man die Gedanken gliedern, indem man sie nummeriert, Wichtiges durch Farben und Zeichnungen hervorhebt und Ideen durch Pfeile verbindet.

Praktische Tipps: Wie man gut lesbare und übersichtliche Mind Maps produziert

• Man sollte herausfinden, was leichter fällt: Zunächst ein Wort oder eine Zeichnung an die passende Stelle schreiben und sie danach durch eine Linie verbinden oder umgekehrt.

• Man sollte Wörter wie üblich waagerecht schreiben, aber nicht verdrehen oder senkrecht schreiben.

• Wer eine schlecht lesbare Handschrift hat, kann Druck- anstelle von Schreibschrift benutzen. Aufgepasst: TEXT AUS LAUTER GROSSBUCHSTABEN IST MEIST SCHLECHTER LESBAR als Text in gewöhnlicher Schreibweise.

Wer hat's erfunden?

Das Konzept der Mind Map wurde seit den 1970er Jahren entwickelt von dem Engländer Tony Buzan, der damals Herausgeber des Journals der Hochintelligenzler- Vereinigung "Mensa" war. Viele der Leitideen des Mind Mapping sind schon sehr alt; Buzans Verdienst besteht darin, diese Ideen zu einem leicht anwendbaren Gesamtkonzept verbunden zu haben.

Funktioniert das?

Die wichtige Frage lautet natürlich: Hilft mir das Mind Mapping? - eine Frage, die sich nur nach einigen eigenen Versuchen beantworten lässt. Wer diese Versuche frühzeitig aufgeben möchte, der könnte sich fragen, welche Motive ihn dazu drängen - und warum andererseits heute das Mind Mapping an fast allen Hochschulen eingesetzt wird. (Nach Informationen im Internet darunter die Universitäten Oxford, Cambridge, Stanford, Yale und Harvard.)

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EIN LÖSUNGSVERFAHREN

Wir wollen bei der Arbeit an einem mathematischen Problem zwei Mind Maps gleichzeitig benutzen:

• eine Problem-Map: Hier planen wir unser Vorgehen, sammeln Ideen, verfolgen Ansätze, untersuchen systematisch Schwierigkeiten etc., und

• eine (oder mehrere) Werkzeug- Maps: Hier haben wir Lösungswerkzeuge gesammelt und so aufbereitet, dass wir möglichst leicht ein passendes finden. Diese Werkzeug-Maps bilden unseren "Werkzeug- Koffer", sie speichern unsere Erfahrungen aus früheren Problemen und können immer weiter verbessert werden.

Diese Maps werden wir jetzt genauer untersuchen.

Wie können Problem-Maps beim Problemlösen helfen?

In Problem-Maps können wir

• Ziele sammeln, ein vielsprechendes Ziel auswählen und weiter verfolgen,

• Lösungsansätze sammeln, den meistversprechenden auswählen und weiter verfolgen,

• ein Problem in Teilprobleme zerlegen,

• einen Plan für das Vorgehen entwerfen,

• das Vorgehen kritisch untersuchen und anpassen,

• Schwierigkeiten ausfindig machen und nach Lösungen suchen usw.

Keine Sorge! Niemand will das Problemlösen in ein Korsett zwängen: Problem-Maps sollen beim Nachdenken helfen, und dabei spielt Intuition eine große Rolle - zu viele Regeln sind hier bloß schädlich. Wenn es der Lösung eines Problems dient, darf und soll natürlich jeder Ratschlag auf diesen Seiten verletzt werden. Aber gerade dann, wenn man in Schwierigkeiten steckt, ist es oft sehr nützlich, systematischer zu arbeiten.

Beim Lösen mathematischer Probleme in Mind Maps gibt es eine praktische Schwierigkeit: Immer wieder braucht man Tabellen, Termumformungen, Nebenrechnungen - all das passt nur schlecht ins klassische Layout einer Mind Map. Deshalb mein Vorschlag:

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Ein Misch-Layout für die Problem-Map

Bei dieser Aufteilung sammelt man Ideen in der Mind Map, Nebenrechnungen und Termumformungen werden in den Kästchen unter der Map ausgeführt, einfache Ziffern verweisen von der Map auf die Kästchen. Die Mittellinie zwischen den Kästchen hilft beim Platzsparen und sorgt für mehr Übersichtlichkeit. (Die Idee zur Aufteilung in Kästchen stammt aus einem Aufsatz von Richard Rusczyk auf der Seite "www.artofproblemsolving.com".) Beispiele solcher Problem-Maps betrachten wir später.

Wie können Werkzeug-Maps beim Problemlösen helfen?

Wir brauchen einen Weg, um in schwierigen Problemsituationen diejenigen Werkzeuge ausfindig zu machen, die uns weiterhelfen. Dazu gehen wir folgendermaßen vor: 1. Wir klassifizieren Problemsituationen. 2. Wir ordnen diesen Problemsituationen nützliche Werkzeuge zu.

Wir wollen zunächst untersuchen, wie das grundsätzlich aussehen könnte. Im nächsten Kapitel gibt es dann eine Sammlung von Werkzeug-Maps für den praktischen Einsatz.

Wie lassen sich Problemsituationen klassifizieren? Dies gelingt am einfachsten mit Hilfe von Dingen, die sich leicht feststellen lassen:

• In welcher Phase einer Problembearbeitung stecke ich gerade? Eine sinnvolle Aufteilung in Phasen sieht zum Beispiel so aus: - Orientieren, - Planen, - Durchführen, - Rückblicken.

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Diese Phasen folgen in der Praxis nicht streng aufeinander, aber es ist meist leicht festzustellen, in welcher Phase man sich gerade befindet. Jeder dieser Phasen kann man nützliche Werkzeuge zuordnen.

• In welchen Schwierigkeiten stecke ich gerade? Die Schwierigkeiten, die beim Problemlösen auftauchen, sind oft sehr individuell. Beispiele für derartige Schwierigkeiten könnten sein: Ziellosigkeit, Mangel an planvollem Vorgehen, Ungenauigkeit, Flüchtigkeit, Mangel an Einfällen. Diesen Unzulänglichkeiten lassen sich wiederum Werkzeuge zuordnen.

• Mit welchem Teilgebiet der Mathematik und welchen mathematischen Objekten habe ich zu tun? Dieser Ansatz ist recht naheliegend: Man sammelt in einer Map Werkzeuge zum Umgang mit Polynomen, konvergierenden Reihen, stochastischen Prozessen usw. Es ist klar, dass dieser Ansatz im Äußersten auf die Kartographierung des gesamten mathematischen Wissens führen würde - wie sich entsprechende Werkzeug-Maps erstellen oder nutzen ließen, ist völlig unklar. In diesem Ansatz berühren sich Techniken des Problemlösens und die Frage nach der Aufbereitung mathematischen Wissens im Allgemeinen. Für den praktischen Gebrauch sind allerdings schon kleinere Werkzeug- Maps mit den wichtigsten Werkzeugen sehr nützlich.

• Worin besteht das Problem? Diese Frage soll folgendes bedeuten: Beim Problemlösen kann man eine ganze Reihe von abstrakteren Objekten unterscheiden, zum Beispiel Ziele, Lösungsansätze, Lösungspläne, Emotionen, die sich auf das Problemlösen beziehen, Repräsentationen: In welcher Form betrachten wir eigentlich das Problem - mittels Grafiken, durch Formeln, verbal...? Beim Problemlösen können wir dann untersuchen, welche Schwierigkeiten sich an diese Objekte knüpfen: Fehlen uns Ziele? Sind die bisherigen Lösungsansätze unzureichend? Brauchen wir nicht bloß einen Lösungsansatz, sondern einen umfassenderen Plan? Dieser Ansatz ist eng verwandt mit der Gliederung nach Schwierigkeiten, die weiter oben beschrieben wurde.

Wie arbeitet man mit Werkzeug-Maps?

Wir unterscheiden drei Vorgänge:

• Werkzeug-Maps erstellen

• Werkzeug-Maps benutzen

• Werkzeug-Maps anpassen

Zu diesen Punkten ein paar Hinweise:

• Werkzeug-Maps erstellen: Beim Erstellen eigener Werkzeug- Maps lässt sich sehr viel lernen über den Vorgang des Problemlösens - wer stattdessen nur vorgefertigte Werkzeug-Maps übernimmt, der bringt sich um diesen großen Vorteil des Werkzeug-Mapping. Vorgefertigte Werkzeug-Maps wie auf dieser Seite können vor allem Ideen liefern, und zwar Ideen zu möglichen Gliederungen und damit zu Möglichkeiten, Problemsituationen wahrzunehmen und einzuschätzen, und Ideen zu möglichen Werkzeugen: So sind zum Beispiel die Betrachtung von Extremfällen oder die Suche nach Invarianten und Symmetrien typische mathematische Werkzeuge, die leichter zu übernehmen als

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nachzuerfinden sind.

• Werkzeug-Maps benutzen: Während man ein Problem bearbeitet, sollte man sich von den folgenden Extremen fernhalten: Einerseits: Werkzeuge zu selten einsetzen - zum Beispiel ziellos und unscharf zu denken, obwohl schon einfache Werkzeuge aus einer Werkzeug-Map hier große Verbesserungen bewirken können. Andererseits: Werkzeuge zu sklavisch einsetzen - zum Beispiel sich zwanghaft an Werkzeug-Maps zu klammern und dadurch den Gedankenfluss zu hemmen.

• Werkzeug-Maps anpassen: Wenn man Werkzeug-Maps anpassen und verbessern will, dann kann man dafür wiederum Werkzeuge benutzen. (Das klingt arg verkünstelt? Das scheint zunächst vielleicht so, aber es besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass der Rückblick auf die Bearbeitung eines Problems die vielleicht wichtigste und lehrreichste Phase ist.)

Wir kommen jetzt zu den Werkzeug- Maps.

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STRATEGIEN, TECHNIKEN UND TRICKS

In den folgenden Maps werden sehr viele Werkzeuge vorgestellt, also Techniken, Tipps und Tricks für das Lösen von Matheproblemen. Dazu ein paar Vorbemerkungen:

• Zunächst eine Entschuldigung Viele Werkzeuge in den Maps werden auf diesen Seiten nicht ausführlich beschrieben - andernfalls wäre diese Webseite noch immer nicht fertig und viel umfangreicher. Der Leser findet im Literaturverzeichnis sehr viele Hinweise auf Details des mathematischen Problemlösens, insbesondere in den Büchern von George Polya, Arthur Engel und Paul Zeitz.

• Werkzeug-Maps: Fertige übernehmen oder selber bauen? Natürlich ist selber bauen viel besser, denn: Erstens lernt man dabei sehr viel über das Problemlösen, zweitens findet man sich in den selbstgebauten Maps besser zurecht und drittens passen die Werkzeuge, ihre Anordnung und die Formulierungen in selbstgemachten Maps besser zur eigenen Person. Die Werkzeug-Maps auf diesen Seiten sind deshalb vor allem als Ideenlieferanten gedacht.

Wir beginnen mit dem folgenden Satz von Allzweck-Werkzeugen:

• Die Basis-Werkzeuge

• Probleme beschreiben und Ursachen untersuchen

• Ziele definieren

• Lösungen entwickeln

• Rückblick

Es folgen weitere Werkzeug-Maps.

Hier kommt eine Bearbeitung des Klassikers:

• Die Polya-Map Diese Werkzeug-Map ist angelehnt an den Fragenkatalog in George Polyas Klassiker "Schule des Denkens".

Es folgt eine Werkzeug-Map zu mathematischen Inhalten. Natürlich ist das nur ein winziges Beispiel.

• Werkzeuge zur Zahlentheorie

In diesem Aufsatz geht es um die Frage, wie man die Lösung eines Problems findet. Eine andere Frage ist, wie man eine Lösung darstellen kann. Hilfestellungen gibt es in der Map

• Lösungen aufschreiben

Natürlich sind viele weitere Werkzeug- Maps denkbar, zum Beispiel zum Erfinden von Problemen oder "Meta- Maps", die beim Aufbau von Werkzeug-Maps helfen.

BASIS-WERKZEUGE

Die Werkzeug-Map "Probleme lösen" ist fundamental. Sie steuert die gesamte Bearbeitung. Die Werkzeuge in dieser Map sind sehr allgemein - sie bilden ein Lösungsrezept, das nicht auf die Mathematik beschränkt ist.

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Hier kommen Erläuterungen. Zunächst unterscheiden wir zwei grundsätzliche Dinge: Erstens: die eigentliche Arbeit an einem Problem, und zweitens: das Abstand-Gewinnen - ähnlich wie bei einem Maler, der nach der Arbeit an einem Detail seines Werks von der Leinwand zurücktritt und prüft, ob der Gesamteindruck stimmt. Dieses Abstand-Gewinnen ist wichtig, weil man sich beim Problemlösen leicht verrennt und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Problemlösen: Ein Rezept

Das Problemlösen selbst ist gegliedert in die folgenden Schritte. Es empfiehlt sich, die Schritte dieses Lösungsrezepts in der angegebenen Reihenfolge zu durchlaufen. Manche der genannten Schritte sind komplex; zu ihnen gibt es weitere Werkzeug-Maps, die wir auf den folgenden Seiten vorstellen. Leitfragen Zu jedem der Schritte ist in der Map eine "Leitfrage" genannt, die beschreibt, was in dem Arbeitsschritt passieren soll. Abkürzungen Außerdem gibt es zu jedem Arbeitsschritt eine Abkürzung, zum Beispiel "pb" für "Problem beschreiben" oder "le" für "Lösung entwickeln". Diese Abkürzung kann man in der Problem- Map benutzen, die dadurch inhaltlich gegliedert wird. Hier kommen die Schritte des Lösungsrezepts:

• Probleme beschreiben und Ursachen untersuchen Mathematische Probleme sind oft klar beschrieben: "Beweisen Sie die folgende Aussage", oder "Berechnen Sie das folgende Integral". Hier muss nur ausnahmsweise nach den Ursachen des gegebenen Problems gesucht werden. Nachdem man einige Zeit nach einer Lösung gesucht hat, stößt man aber vielleicht auf ganz andere

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Schwierigkeiten: "Ich habe das Gefühl, mich im Kreis zu drehen" - "Ich weiß überhaupt nicht, was ich noch unternehmen kann" usw. In solchen Situationen ist es ratsam, die Schwierigkeiten zu beschreiben und ihre Ursachen zu klären. Diese Werkzeuge sind außerdem sehr nützlich bei "offenen" Problemen, bei denen die Aufgabenstellung nicht eindeutig ist.

• Ziele definieren Wenn wir wissen, wo die Probleme und ihre Ursachen liegen, können wir Ziele definieren. Ziele sind beim Problemlösen von sehr großer Bedeutung. Um systematisch Ziele zu verfolgen, gibt es einen einfachen Trick: Man notiert das Ziel in der Problem- Map und schreibt ein kleines Kontrollkästchen [ ] daneben. Später, beim "Abstand-Gewinnen", kann man prüfen, ob man ein Ziel erreicht hat - oder warum nicht.

• Lösungen entwickeln Dies ist derjenige Schritt, der bei der Problemlösung die meiste Zeit beansprucht. Wir haben ihn gegliedert in 4 Unterschritte: Ideen sammeln Ideen auswerten Plan entwickeln Plan durchführen Dies ist nicht so gemeint, dass die 4 Schritte stets in der genannten Reihenfolge ausgeführt werden sollen - es geht darum, den passenden Schritt auszuwählen.

• Rückblick Dies ist die Phase, in der sich besonders viel über das Problem selbst und über das Problemlösen als Vorgang lernen lässt: Wo hat es gehakt? Was war erfolgreich und was nicht? Wie kann ich Ergebnisse und Methoden weiter nutzen? Usw.

Abstand gewinnen

Hier geht es nur um drei recht intuitive Fragen:

• Was mache ich hier eigentlich?

• Was gefällt mir nicht?

• Habe ich die Ziele erreicht? Hierbei können die oben beschriebenen Kontrollkästchen an den Zielen eine große Hilfe sein.

Mit den Einsichten zu diesen Fragen kehrt man dann zurück zum Problem lösen und kann ein neues Teilproblem beschreiben oder die Ursachen der gefundenen Schwierigkeiten untersuchen.

Die einzelnen Schritte des Problemlösens werden durch eigene Werkzeug-Maps unterstützt:

• Probleme beschreiben und Ursachen untersuchen

• Ziele definieren

• Lösungen entwickeln

• Rückblick

PROBLEME UND URSACHEN

Diese Map enthält Leitfragen, die dabei helfen sollen, Probleme zu beschreiben und ihre Ursachen zu untersuchen. Außerdem gibt es eine Sammlung typischer Schwierigkeiten.

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Es folgen Erklärungen zu einigen Werkzeugen.

• Warum-Warum-Technik Um auf die Ursachen von Schwierigkeiten zu stoßen, fragt man einfach immer wieder "Warum ist das so?" Dadurch entsteht auf einfache Weise ein Diagramm von Ursachen in der Problem-Map.

• Problem ungünstig dargestellt Wenn man ein Problem ungünstig dargestellt hat, ist das Finden einer Lösung manchmal sehr schwer. Beispiel: Manche Probleme sind in kartesischen Koordinaten sehr schwer zu lösen, aber in Kugelkoordinaten

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einfach.

ZIELE DEFINIEREN

Diese Werkzeug-Map stellt nützliche Werkzeuge zusammen, die die Konzentration auf die richtigen Ziele erleichtern.

Hier kommen ein paar Erläuterungen:

• Das allgemeine Vorgehen lautet: Sammeln und dann auswählen. Dies lässt sich nicht nur bei Zielen mit Gewinn einsetzen, sondern bei vielen anderen Lösungsschritten.

• Die allgemeine Frage nach den "richtigen" Zielen geht natürlich weit über die Mathematik hinaus. Sie ist nicht Gegenstand dieser Seite.

LÖSUNGEN ENTWICKELN

Die folgende Werkzeug-Map ist etwas experimenteller. Ihr Hauptziel ist es, den Benutzer auf möglichst viele Lösungsideen zu bringen, von denen hoffentlich mindestens

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eine zur Lösung führt. Die Lösungsideen, die sich aus dieser Werkzeug-Map entwickeln lassen, sind sowohl bei Beweisproblemen als auch bei Bestimmungsproblemen nützlich.

Schauen wir uns den Aufbau dieser Map näher an.

• Die Grundidee Kombiniere ein "Objekt" aus dem Problemlösen mit einer "Aktion" und werte aus, was dabei herauskommt. Wesentliche "Aktionen" sind: Standardtechniken anwenden Analysieren Manipulieren Kommunizieren. (Durch die Kombination von Objekten und Aktionen liefert die Mind Map sehr viele Lösungsansätze, obschon sie nur mäßig viele Elemente enthält.)

• Was ist mit "Objekten" gemeint? Als Objekte kommen nicht nur mathematische Objekte in Frage, sondern auch abstraktere Dinge wie die Suchrichtung - fange ich bei den Voraussetzungen an ( = Vorwärtssuche), oder beim Ziel ( = Rückwärtssuche)? Selbst emotionale Faktoren werden hier betrachtet - schließlich fällt Problemlösen auch deshalb manchmal schwer, weil wir frustriert sind und überzeugt, ein Problem um keinen Preis lösen zu können.

• Was ist mit "Aktionen" gemeint? Bei den Aktionen können wir zum einen Standardtechniken auf die mathematischen Objekte anwenden. Am Beispiel von Werkzeugen aus der Zahlentheorie zeigen wir später, wie das gemeint ist.

• Analysieren und Manipulieren Die weiteren Aktionen haben wir in zwei Gruppen aufgeteilt: Analysieren und Manipulieren, die im Wechsel angewendet werden sollten.

• Kommunizieren Als letzte Gruppe von Aktionen nennen wir "kommunizieren".

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• Ein einfaches Beispiel: Wie wir Objekte und Aktionen kombinieren können: Wir wollen die Summe der natürlichen Zahlen von 1 bis n berechnen - die Aktionen "vervielfältigen", "umkehren/invertieren" oder "anders anordnen" bringen uns vielleicht auf einen fruchtbaren Gedanken.

(Hinweis: Die Mind Map benutzt Ideen aus verschiedenen Kreativitätstechniken, insbesondere der sogenannten "morphologischen Analyse".)

RÜCKBLICK

Diese Werkzeug-Map zum Thema Rückblick / Rückschau soll die wichtige Arbeit nach dem Problemlösen unterstützen.

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DIE POLYA-MAP

Hier kommt die Bearbeitung der "klassischen" Liste von George Polya aus seinem Buch "How to Solve It" (dt.: "Schule des Denkens"). Die bei Polya kursiv gedruckten, besonders wichtigen Fragen sind hier türkis markiert.

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Als nächstes kommen Werkzeuge zur Zahlentheorie. Diese Map ist ein Beispiel dafür, wie wichtige Werkzeuge aus einem Teilgebiet der Mathematik verfügbar gemacht werden können. Auf ähnliche Weise können aus Lehrbüchern leicht Werkzeug-Maps zusammengestellt werden für Geometrie-Probleme, Analysis-Probleme, Algebra-Probleme usw.

WERKZEUGE ZAHLENTHEORIE

Hier kommen ein paar Werkzeuge für die Bearbeitung von Aussagen aus der Zahlentheorie. Die Werkzeug-Map ist (ziemlich rasch) entstanden aus dem Kapitel über Zahlentheorie in dem Buch "Problem-Solving Strategies" von Arthur Engel, s. Literaturverzeichnis. In der Map tauchen natürlich Stichwörter auf, die aus sich selbst heraus nicht verständlich sind, zum Beispiel "Euklidischer Algorithmus". Trotzdem haben diese Stichwörter in der Map einen großen Wert als Erinnerungshilfe.

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Abschließend präsentieren wir Werkzeuge, die dabei helfen, eine Lösung aufzuschreiben.

LÖSUNGEN AUFSCHREIBEN

Wir haben bislang vor allem untersucht, wie sich die Lösung eines Matheproblems finden lässt. Wenn wir eine Lösung gefunden haben, müssen wir sie so aufschreiben, dass sie für andere verständlich ist - eine Problem- Map ist für die Vermittlung kaum geeignet. Die folgenden Hinweise stammen zum großen Teil aus dem Buch "Das ist o.B.d.A. trivial" von Albert Beutelspacher.

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BEISPIEL: ZAHLENTHEORIE

Wir untersuchen das folgende

Problem:

Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen, die nicht als Summe eines Quadrats und einer Primzahl dargestellt werden können.

(Es handelt sich um Problem 6.63 a aus dem Buch "Problem-Solving Strategies" von Arthur Engel, s. Literaturverzeichnis.)

Hier kommt unsere Problem-Map; Erläuterungen folgen:

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Erläuterungen:

• Wir schreiben zunächst das Problem in einer geeigneten Kurzform in die Mitte.

Wir orientieren uns zu Beginn an der Werkzeug-Map "Probleme lösen":

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• Die Schritte "Probleme erkennen", "Ursachen untersuchen" und "Ziele definieren" spielen zunächst keine Rolle, wir beschäftigen uns also mit dem Schritt "Lösungen entwickeln". Dazu benutzen wir in der Map die Abkürzung "le". Solche Kürzel können sehr dabei helfen, strukturiert vorzugehen.

Hier kommt die Werkzeug-Map "Lösungen entwickeln":

• Wir sammeln ein paar aussichtsreiche Ideen: Spezialfälle betrachten, einen Widerspruchsbeweis führen, verschiedene Darstellungen des Problems sammeln.

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• Wir untersuchen zunächst Spezialfälle und legen die kleine Übersicht unter Punkt 1 an. Das führt zu der Einsicht, dass Primzahlen keine Kandidaten für unser Problem sind. Im Übrigen scheinen die Spezialfälle aber nicht sehr ergiebig.

• Wir wenden uns deshalb als nächstes verschiedenen Darstellungen des Problems zu - dies scheint uns günstiger als der Versuch, einen Widerspruchsbeweis zu konstruieren. Eine algebraische Darstellung scheint aussichtsreicher als eine grafische.

Unter Punkt 2 betrachten wir n = m² + p und stellen diese Gleichung um. Die Gleichung p = n - m² scheint besonders interessant.

• Was ist eigentlich in dieser Darstellung das Ziel? Um das herauszubekommen, notieren wir "zd" = "Ziele definieren" und markieren das mit einem Kontrollkästchen "[ ]". Dieses Kontrollkästchen dient später der Prüfung, ob wir das genannte Ziel tatsächlich erreicht haben.

• Details zum Schritt "Ziel definieren" beschreiben wir unter Punkt 3: Wir wollen n so bestimmen, dass n - m² zusammengesetzt ist für alle n und m mit m² < n.

Mit dem Werkzeug "le" suchen wir nun nach Lösungsansätzen zu diesem Ziel. Dabei können wir die Werkzeug-Map zur Zahlentheorie benutzen:

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• Wir wollen die Differenz n - m² auf Zusammengesetztheit untersuchen. Da liegt der dritte binomische Lehrsatz

nahe: Setze n = k² und benutze k² - m² = (k-m )(k+m). Mit dieser Idee laufen die Dinge zunächst wie von selbst.

• Allerdings stoßen wir auf eine Schwierigkeit: Die Zerlegung mit dem binomischen Satz garantiert nicht, dass n -

m² = k² - m² zusammengesetzt ist. Um uns erste Rechenschaft abzulegen über den problematischen Fall m = k - 1 benutzen wir das Werkzeug "ab" = "Abstand gewinnen".

• Zum Schluss machen wir einen Rückblick und benutzen das Kürzel "rb". Dabei erinnert uns das Kontrollkästchen [ ] an die Prüfung, ob wir das gesetzte Ziel erreicht haben. Außerdem kontrollieren wir unsere Lösung unter Punkt 7 - und stoßen schließlich auf weitergehende Fragen, die wir als nächstes untersuchen können.

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PROBLEMLÖSEN: VERMISCHTES

Hier kommt eine Sammlung von Bemerkungen zu den folgenden Themen:

• Warum schriftliche Aufzeichnungen nützlich sind.

• Vor- und Nachteile des Werkzeug- Mapping.

• Kritik am Werkzeug-Mapping - und Entgegnungen darauf.

• Mathematische Probleme und Mind Maps in der Schule.

• Navigationsschwierigkeiten beim Problemlösen - und wie man sie beheben kann.

NUTZEN VON AUFZEICHNUNGEN

Wie bewegt man die Gedanken im eigenen Kopf? Man kann ganz unterschiedliche Dinge tun, zum Beispiel

• mit den Kollegen aus dem Nachbarlabor diskutieren,

• seine Ideen in ein Diktafon sprechen,

• sich auf einem langen Spaziergang die Dinge durch den Kopf gehen lassen,

• am Schreibtisch sitzen, die Augen schließen und halblaut vor sich hin murmeln oder

• seine Gedanken auf einem Blatt Papier entwickeln.

Diese Arbeitstechniken schließen einander nicht unbedingt aus, und jede einzelne hat ihre ganz besonderen Vorteile. Die eigenen Gedanken aufzuschreiben ist aber besonders fruchtbar, wenn es um das Lösen von Problemen geht. Auch auf die Gefahr hin, einen Gebäckteller voller Allgemeinplätzchen anzubieten: Hier kommen ein paar Gründe.

• Komplexität bewältigen Mit Aufzeichnungen findet man sich leichter in komplexen Gedankengängen zurecht: Aufzeichnungen vereinfachen es, - ein Problem in Teilprobleme zu zerlegen, - zu einem Ziel mehrere Zwischenziele zu bilden oder - zu einem Gedanken mehrere Fragen und - zu einer Frage mehrere Antworten oder Lösungsansätze zu sammeln.

• Texte und Skizzen verknüpfen In Aufzeichnungen lassen sich Texte und Skizzen miteinander verknüpfen - und damit zwei Disziplinen, in denen das menschliche Gehirn besondere Stärken besitzt: Erstens die Beschreibung von Dingen durch Sprache und zweitens das Denken in Bildern.

• Gedankengänge fortsetzen Aufzeichnungen machen es leichter, einen unterbrochenen Gedankengang fortzusetzen, zum Beispiel nach einer Kaffeepause, einem Urlaub in Rom oder nachdem man sich von einem Tagtraum losgerissen hat. (Oft verhindert schon die bloße Konzentration auf das Formulieren und Schreiben ein Abschweifen der Gedanken.)

• Nachprüfen Aufzeichnungen können helfen, einen Gedankengang nachzuvollziehen und zu prüfen.

• Dokumentieren Aufzeichnungen dokumentieren einen Gedanken - für eine Zeit, die von ein paar Minuten vor dem Zerreißen des Zettels bis zu ein paar Jahrhunderten dauern kann.

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Wie sollten Aufzeichnungen aussehen, die diese Vorzüge besitzen?

Wenn eine solche Aufzeichnungstechnik erst einmal entwickelt ist, kann man allein oder in einer Gruppe arbeiten und Stift und Papier oder einen Computer benutzen: Man profitiert in jedem Fall von ihren Vorteilen.

WERKZEUG-MAPPING: DISKUSSION

Vorteile:

• Vorteile des Mind Mapping nutzen Beim Werkzeug-Mapping nutzt man alle Vorteile des gewöhnlichen Mind Mapping. Erstens ist eine Problem-Map schon für sich allein eine große Hilfe. Zweitens sind Werkzeug-Maps flexibler als etwa Listen: Man findet sich leichter zurecht und kann außerdem neue Werkzeuge leichter hinzufügen.

• Werkzeug-Maps sind sehr flexibel Werkzeug-Maps können leicht angepasst werden - an verschiedene Themen, - an verschiedene Problemtypen, - an die sich verändernden Fähigkeiten, Kenntnisse und Vorlieben der Benutzer.

• Wissen anwenden, nicht nur Wissen haben Ob man nun die Werkzeug-Maps selber zusammengestellt oder von anderen übernommen hat: Die Werkzeug-Maps funktionieren danach als Gedächtnisstützen und Stichwortgeber und helfen, Lösungstechniken wirklich einzusetzen, anstatt nur von ihnen gehört zu haben: So wird schlafendes Wissen aufgeweckt.

• Wissen übertragen Sie machen es leichter, Problemlösungstechniken von einem Kopf in einen anderen übertragen: - Man kann Ratschlägen aus Büchern sehr schnell als Werkzeug- Map aufbereiten, - Experten können ihre Erfahrungen in Werkzeug-Maps darstellen und so für Anfänger nutzbar machen, - Gruppen können gemeinsame Werkzeug-Maps erstellen und damit das Gruppenwissen für den Einzelnen verfügbar machen. (Die letzten beiden Punkte sind vielleicht ein wenig überoptimistisch: Nachdenken ist ein sehr individueller Vorgang, und oft passen die Methoden eines Anderen nicht zu mir. Trotzdem kann ich viel lernen aus seinen Erfahrungen.)

• Herausfinden, wie man selber tickt Werkzeug-Mapping regt dazu an, das eigene Verhalten beim Lösen von Problemen genauer zu beobachten. Dabei können spezielle Werkzeuge helfen, über die Vorgänge beim Bearbeiten eines Problems nachzudenken und Schwachstellen in den Werkzeug-Maps zu finden und zu beheben.

Nachteile:

• Nicht für jeden Werkzeug-Mapping ist wenig geeignet für Menschen, die weder ausgeprägt in Bildern noch in Worten denken.

• Manchmal bedeutet es Arbeit Von Zeit zu Zeit muss eine Werkzeug- Map neu erstellt werden, wenn sie übermäßig vollgekritzelt ist oder die Werkzeuge insgesamt neu gegliedert werden sollen. (Gerade die Überarbeitung der Gliederung ist aber ein Zeichen für die Veränderung des eigenen Verhaltens beim Problemlösen.)

• Bequemlichkeiten Beim Werkzeug-Mapping zeigt sich die Trägheit des Menschen: Anstatt Zeit und Mühen aufzubringen, um das optimale Superwerkzeug aus einem Ordner voller Werkzeug-Maps auszuwählen und hervorzuziehen, benutzt er lieber die altvertrauten Dinge, mit denen er bislang durchs Leben gekommen ist. Deshalb die Empfehlung: Die wichtigsten Werkzeuge sollte man so arrangieren, dass man sie bei der Arbeit sofort erfassen kann (z.B. als Poster oder als Arbeitsblatt).

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KRITIK AM WERKZEUG-MAPPING

Die Ideen zum Werkzeug-Mapping, zu Werkzeug-Maps und Problem- Maps stoßen manchmal auf Kritik. Hier kommen ein paar Entgegnungen.

• "Mind Mapping zu erlernen ist schwierig oder zumindest zu zeitraubend" Mind Mapping ist viel einfacher zu verstehen und zu benutzen als die meisten mathematischen Verfahren - wer schriftlich multiplizieren kann, der kann auch Mind Mappen.

• "Werkzeug-Mapping ist viel zu formal." Beim Werkzeug-Mapping kann man wechseln zwischen zwei verschiedenen Arten, Aufzeichnungen zu machen: Konventionelle Aufzeichnungen stehen noch immer zur Verfügung, und mit dem Mind Mapping ist ein neues, vielseitiges Werkzeug hinzugekommen, das man nach Belieben benutzen oder ignorieren kann. Der Raum für intuitives Vorgehen ist nicht kleiner geworden - vielmehr ist die Möglichkeit hinzugekommen, nach Wunsch, und insbesondere bei Schwierigkeiten, systematischer zu arbeiten.

• "Werkzeug-Mapping schränkt die Kreativität ein." Diese Kritik trifft vielleicht dann zu, wenn Werkzeug-Mapping zur dumpfen Routine wird - zum Beispiel bei jedem Schritt die Werkzeug-Maps heranziehen, oder akribisch jede Idee in der Problem-Map aufschreiben. Ein solches Vorgehen empfiehlt natürlich niemand. Wenn man aber noch nicht viel Erfahrung in einem Gebiet besitzt, oder wenn man feststeckt, dann können Werkzeug-Maps nützliche Ideen liefern, und Problem-Maps können helfen, die eigenen Gedanken besser zu steuern.

• "Werkzeug-Mapping ist ineffizient und zeitraubend." Meine Erfahrungen: Bei manchen, und zumal eher einfachen Problemen, ist Mind Mapping tatsächlich ein überflüssiger zusätzlicher Aufwand. Bei anderen Problemen hat das Werkzeug-Mapping das Finden einer Lösung nach meinem Eindruck beschleunigt. Und bei manchen Problemen hätte ich ohne Werkzeug-Mapping eine Lösung vermutlich gar nicht gefunden.

• "Werkzeug-Mapping funktioniert einfach nicht" Hier geht es um die Kritik, dass ein bloßer Werkzeug-Name in einer Werkzeug-Map keine Hilfe ist - was natürlich stimmt: Man muss wissen, wie man ein Werkzeug benutzt - und das muss man, meist an Beispielen, lernen. Trotzdem sind Werkzeug-Maps eine große Hilfe - als Gedächtnisstütze, als "Rezeptbuch" zur Anwendung unvertrauter Strategien, als Checkliste oder als Inspirationsquelle.

• "Der hierarchische Aufbau der Werkzeug-Maps gibt die Vernetzungen der Werkzeuge nicht wieder." Auch das stimmt. Trotzdem hilft dieser Aufbau, um mit einer großen Zahl von Werkzeugen zurecht zu kommen. Außerdem dürfen die Werkzeuge natürlich mehrfach in den Werkzeug- Maps auftauchen - so sind sie leichter zu finden.

EINSATZ IN DER SCHULE

Als nächstes geht es um die Frage: Wie kann das Werkzeug-Mapping in der Schule eingesetzt werden? Ziel dabei ist nicht ein detailliertes Unterrichtskonzept, sondern eine Sammlung von Ideen.

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Vorstellung des Handwerk-Konzepts: Wie Werkzeuge bei der Arbeit helfen können

• Werkzeuge im Handwerk und im Kopfwerk Werkzeug-Mapping beruht zu einem wesentlichen Teil auf einer groben Analogie zwischen geistiger und handwerklicher Arbeit: Bei beiden wendet man in einer gegebenen Situation geeignete Werkzeuge an, um sich dem Ziel zu nähern, und wiederholt dies so lange, bis man sein Ziel erreicht hat.

• Wann welches Werkzeug? Diese Sichtweise führt auf die zentrale Frage, in welchen Situationen welche Werkzeuge nützlich sind.

Werkzeug-Maps erstellen

• Die Werkzeug-Kiste Es bietet sich an, die Werkzeug-Maps anschaulich als eine Art "Werkzeug- Kiste" darzustellen. Dabei kann man mit einer leeren Werkzeug- Kiste starten und sie allmählich füllen.

• Wie beginnt man die ersten Werkzeug-Maps? Sinnvoll sind die folgenden Fragen: - Welche Schwierigkeiten machen Euch besonders zu schaffen? - Welche Werkzeuge könnten Euch helfen, diese Schwierigkeiten zu bewältigen? Der Einstieg mit Schwierigkeiten hat den Vorteil, dass er unmittelbar zu Verbesserungen führt.

• Wie beginnen? Eine Alternative Hier kommt eine Alternative zum Einstieg über Schwierigkeiten: Die Schüler sammeln die mathematischen Werkzeuge, die sie bereits kennen, und ordnen sie in Werkzeug-Maps an. Dabei können sie den Aufbau der Werkzeug-Map selbst ausarbeiten oder eine vorgegebene Basis-Gliederung fortsetzen.

• So geht es weiter Sobald die Schüler vertraut sind mit ersten Werkzeug-Maps, können weniger naheliegende Gliederungen und Werkzeuge eingeführt werden, zum Beispiel die Gliederung durch die Phasen der Problembearbeitung oder speziellere mathematische Werkzeuge wie die Betrachtung von Extremfällen.

• Werkzeug-Maps in Gruppen erstellen Dies bietet viele Möglichkeiten: Die Schüler können sich untereinander und mit dem Lehrer austauschen. Dabei können sowohl Erfahrungen bei der Wahrnehmung von Schwierigkeiten eine Rolle spielen als auch Vorschläge zu ihrer Behebung. Dabei kann es von großem (diagnostischen) Wert sein, die Schüler zunächst in Einzelarbeit Werkzeug-Maps ausarbeiten zu lassen, und diese dann in Gruppenarbeit auszuwerten. Wenn man von vornherein in der Gruppe Werkzeug-Maps ausarbeitet, so besteht die Gefahr, dass dabei individuelle Stärken und Schwächen im Vorgehen der Schüler kaum sichtbar werden.

Technische Hilfsmittel

Hier kommen nützliche Hilfen, um Werkzeug-Maps anzufertigen:

• Pinnwand und Karteikarten Sie helfen, in einer größeren Gruppe eine gemeinsame Werkzeug- Map anzufertigen.

• Haftnotizen Man kann Haftnotizen und eine große glatte Fläche benutzen (z.B. eine Fensterscheibe oder Schrankwand). (Zahlreiche weitere Ideen zum Einsatz von Haftnotizen beim Problemlösen finden sich im Buch "Rapid Problem Solving with Post-it Notes" von David Straker, s. Literaturverzeichnis.)

• Mind-Mapping-Software Diese Software ist enorm nützlich. Allerdings hat sie gerade mit Blick auf Anwendungen in der Mathematik noch erhebliche Lücken - Formeldarstellungen sind meist mühsam. Kostenlos und gut ist die Software "FreeMind", die unter www.sourceforge.net heruntergeladen werden kann. Im Internet findet man zudem viele Informationen zu kommerziellen Angeboten, oft verbunden mit der Möglichkeit, eine kostenlose Testversion herunterzuladen.

• Ordner Werkzeug-Maps im Format DIN A4 lassen sich bequem in Ordnern sammeln.

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• Große Werkzeug-Maps im Posterformat Sie haben einerseits den Vorteil, dass sie sehr viele Werkzeuge im Überblick präsentieren; andererseits haben sie den Nachteil, dass ein Neuzeichnen der gesamten Map mühsam und zeitraubend ist. Aus diesem Dilemma führen zum einen Aufzeichnungen mit Bleistift, zum anderen kann man die Werkzeug-Map in sinnvolle Teilmaps aufteilen, diese schreibt man auf dünnen (farbigen) Karton und klebt sie mit Fotokleber auf Pappe. Die Teile lassen sich dann später leicht ablösen und durch neue ersetzen.

Sieht man ab von den - allerdings hohen - technischen Hürden, so sind Computer- Mind Maps der vermutlich beste Ausweg aus dem beschriebenen Dilemma.

Werkzeug-Maps benutzen

Die Werkzeug-Maps können benutzt werden

• als Poster im Klassenraum,

• als Hilfsmittel bei der Arbeit im Unterricht,

• als Hilfsmittel bei Hausaufgaben,

• als Hilfsmittel bei Prüfungen, sofern dies sinnvoll erscheint.

Den Erfahrungen nach funktionieren Werkzeug-Maps dann am besten, wenn sie bei der Arbeit an einem Problem unmittelbar, möglichst "mit einem Blick", zugänglich sind.

Werkzeug-Maps erstellen und anpassen: Günstige Zeitpunkte

• Naheliegend sind Zeiten mehr oder weniger unmittelbar nach der Beschäftigung mit einem Problem, also am Ende einer Stunde oder Unterrichtseinheit, zum Abschluss der Hausaufgaben oder nach einer Prüfung. Diese Zeitpunkte haben den Vorteil, dass die Erfahrungen frisch sind. Nachteilig ist allerdings, dass die - auch emotionale - Distanz zu den Problemen zu klein ist oder die Kräfte verbraucht sind.

• Deshalb könnte es günstig sein, die Werkzeug-Map unmittelbar vor der Arbeit an einem neuen Problem zu erstellen oder anzupassen - mit dem zusätzlichen Nutzen, dass die Ideen zu den Werkzeugen bei der Arbeit fortwirken und zügig auf ihre Tauglichkeit geprüft werden können.

Problem-Maps benutzen

Für die Problem-Map wurde ein gemischtes Layout vorgeschlagen

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• Zu kompliziert?! Der Wechsel zwischen der eigentlichen Map im oberen Drittel und den herkömmlichen Aufzeichnungen darunter, die Aufteilung der Notizen auf kleine Kästchen, der Verweis von der Map auf die übrigen Notizen durch Ziffern - all das mag zunächst überformalisiert erscheinen. Gerade hier sollte das Verfahren angepasst werden an die persönlichen Vorlieben.

• Abkürzungen benutzen Nach den Erfahrungen des Autors sind die Abkürzungen für oft benutze Operatoren sehr nützlich.

• Kontrollkästchen für Ziele Ziele durch Kontrollkästchen markieren, wie zum Beispiel "[ ]", erinnert an die Prüfung, ob ein Ziel auch tatsächlich erreicht worden ist.

• Lösungen finden, Lösungen vermitteln Problem-Maps sollen helfen, eine Lösung zu finden. Sie sind aber kaum geeignet, diese Lösung an andere zu vermitteln. Die Verarbeitung der persönlichen Arbeitsnotizen in eine verständliche Lösung ist allerdings schon immer notwendig gewesen - nicht erst beim Einsatz von Problem- Maps.

Vermischte Bemerkungen

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• Abwandlungen des Werkzeug- Mapping Werkzeug-Mapping verknüpft Mindmapping und Lösungswerkzeuge miteinander und benutzt dazu Problem- Maps und Werkzeug- Maps. Dieser modulare Aufbau kann natürlich variiert werden: Zum Beispiel kann man anstelle der Werkzeug- Maps herkömmliche Listen verwenden oder die Werkzeug-Maps kombinieren mit herkömmlichen Aufzeichnungen zum Problem selber. Solche Variationen können vor allem während der Einführung des Werkzeug- Mapping nützlich sein.

• In medias res Sowohl das Mind Mapping selber als auch das Handwerkskonzept der Lösungswerkzeuge sind intuitiv leicht zugänglich. Deshalb kann geprüft werden, ob es möglich ist, diese Konzepte einfach zu benutzen, ohne sie aufwändig und zeitraubend einführen zu müssen.

• Nicht um jeden Preis Werkzeug-Mapping ist vor allem geeignet für komplexe Probleme - und eher hinderlich, wenn eine Lösung auf Anhieb zu erkennen ist.

• Zeitbedarf zu hoch - was tun? Die Einführung des Werkzeug- Mapping braucht Zeit - ein knappes Gut im regulären Unterricht. Auswege: - Einsatz außerhalb des Unterrichts, zum Beispiel in Arbeitsgemeinschaften zur Mathematik. - Hinweis an motivierte Schüler (zumal in der Oberstufe), sich das Verfahren selbst anzueignen.

• Werkzeug-Mapping in anderen Fächern Werkzeug-Mapping ist selbstverständlich nicht beschränkt auf mathematische Probleme. (Es gibt in der Mathematik eher zusätzliche Schwierigkeiten, weil Nebenrechnungen und Termumformungen nicht gut ins Layout der Problem-Map passen.) Es gibt eine große Zahl von Werkzeugen zur Gliederung von Aufsätzen, zur Untersuchung historischer Quellen, zur Analyse literarischer Texte usw., die im Rahmen des Werkzeug- Mapping benutzt werden können.

NAVIGIEREN BEIM PROBLEMLÖSEN

Beim Problemlösen geht es sehr grob gesprochen darum, einen Weg zu finden, der von einem Startzustand, also den Voraussetzungen, zu einem Zielzustand führt.

Schwierigkeiten beim Problemlösen

Bei der Konstruktion eines solchen Weges können verschiedene Schwierigkeiten auftreten - zum Beispiel kann es passieren,

• dass wir uns in einen Ansatz verbeißen, ohne Fortschritte zu machen,

• dass wir die Orientierung verlieren oder

• dass wir die Suche nach einem Weg vorschnell aufgeben.

Was tun?

Wir entwickeln nun eine einfache Klassifikation, um solche Schwierigkeiten besser zu erkennen und richtig zu reagieren. Wie sieht diese Klassifikation aus? Wir benutzen dabei drei Fragen:

• Was ist der aktuelle Ausgangspunkt?

• Was ist die Suchrichtung?

• Was ist die Suchstrategie?

Diese drei Fragen wollen wir nun genauer untersuchen.

Was ist der aktuelle Ausgangspunkt?

In Betracht kommen hier der Startzustand selbst, das Ziel, oder "dazwischen liegende" Punkte: Zum Beispiel ist bei manchen mathematischen Problemen klar, dass bei der Lösung der Zwischenwertsatz eine Rolle spielen könnte - wie

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der aber auf die Voraussetzungen angewendet werden kann oder wie man vom Zwischenwertsatz zum Ziel gelangt, ist noch unklar. Wenn man bei der Lösung eines Problems nicht weiterkommt, so kann man zunächst feststellen, was der Ausgangspunkt ist und dann versuchen, diesen Ausgangspunkt zu variieren.

Was ist die Suchrichtung?

Hier geht es um die Frage, ob man versucht, sich vom Ausgangspunkt rückwärts auf den Startzustand oder vorwärts auf den Zielzustand zu bewegen. Natürlich ist vom Startzustand nur eine Vorwärts- und vom Zielzustand nur eine Rückwärtssuche möglich, aber schon von diesen beiden Möglichkeiten wird nur zu leicht eine übersehen. Auch hier empfiehlt es sich bei auftretenden Schwierigkeiten, die Suchrichtung festzustellen und sie dann zu ändern.

Was ist die Suchstrategie?

Es soll an dieser Stelle nur um zwei grundsätzliche Ausprägungen der Suchstrategien gehen: Bin ich auf der Suche nach neuen Ansätzen, oder versuche ich, einen bereits gefundenen Ansatz zu verfolgen und auszuwerten? (Im Englischen wird das auf die Formel "explore vs. exploit" gebracht.) Es ist offenkundig, dass diese beiden Suchstrategien sowohl bei der Vorwärts- als auch bei der Rückwärtssuche auftreten können. Die Frage nach der Suchstrategie kann insbesondere helfen, uns nicht übermäßig in einen Ansatz zu verbeißen oder die Suche nach einer Lösung abzubrechen, anstatt nach neuen Ansätzen zu suchen. Andererseits bewahrt uns der Wechsel von der Suche nach Ansätzen zur Auswertung eines Ansatzes davor, nur unproduktiv Ideen zu sammeln, ohne eine Lösung zu finden.

STICHWORTSAMMLUNG

• Allgemeinheit des Werkzeug- Mapping Die Methode des Werkzeug-Mapping ist, natürlich, universell und nicht auf die Mathematik beschränkt. Für verschiedene Fachgebiete können passende Werkzeuge in Werkzeug- Maps angeordnet und zum Einsatz gebracht werden.

• Werkzeug-Mapping und Computer Die Umsetzung des Werkzeug- Mapping mit Hilfe von Computern bietet große Chancen. Hier nur ein paar erste Ideen: - Werkzeug-Maps könnten in Abhängigkeit von Parametern automatisch aus einer sehr umfangreichen Datenbank zusammengestellt werden. - Die praktische Benutzung von Problem- Maps und Werkzeug- Maps kann durch den Computer sehr erleichtert werden. Man vergleiche einmal heutige Mind- Mapping- Software mit der traditionellen Papier-Version.

• Problemlösen und Psychologie Die Frage nach der Psychologie des Problemlösens ist von großer praktischer Bedeutung: Ein Mechanismus lässt sich leichter steuern, wenn man ihn verstanden hat - das gilt auch für Abläufe im menschlichen Denken. Die nützlichsten Darstellungen dazu habe ich in den Büchern von Dietrich Dörner gefunden.

• Letzte und vorletzte Dinge Die wichtigste Frage lautet: Mit welchen Problemen soll ich mich überhaupt beschäftigen? Ich weiß nicht, ob dabei mathematische Probleme die vorderen Plätze einnehmen werden.

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LITERATUR

Diese Liste ist eine Zusammenstellung der Quellen, die ich besonders nützlich gefunden habe. Bücher Beutelspacher, Albrecht (2002) “Das ist o.B.d.A. trivial” Tipps und Tricks zur Formulierung mathematischer Gedanken 6. Auflage, Vieweg, Braunschweig (Nützliche Hinweise, wie man aus mathematischen Ideen einen verständlichen und gut zu lesenden Text macht.) Bransford, John D.; Stein, Barry S. (1993) The IDEAL Problem Solver Freeman, New York (Die Autoren schlagen eine allgemeine Heuristik zum Lösen von Problemen vor und diskutieren Methoden zur Aneignung neuen Wissens und zum Lehren des Problemlösens.) Bryson, John; Ackermann, Fran; Eden, Colin; Finn, Charles (2004) Visible Thinking. Unlocking causal mapping for practical business results. Wiley, Chichester (Auseinandersetzung mit einer Sonderform des Concept Mapping.) Buzan, Tony; Buzan, Barry (1999) Das Mind-Map-Buch 4. Auflage, Mvg, Landsberg (Der Klassiker zum Thema. Erwartungsgemäß unkritisch gegenüber der Methode.) Buzan, Tony (1999) Business Mind Mapping Ueberreuter, Frankfurt (Mind Maps im Wirtschaftsleben.) Courant, Richard; Robbins, Herbert (2001) Was ist Mathematik? Springer, Berlin (Ein klassischer Überblick über viele zentrale Themen der Mathematik.) Csikszentmihalyi, Mihaly (2001) Flow – Das Geheimnis des Glücks 9. Auflage, Klett-Cotta, Stuttgart. (Einige Ideen zur Rückschau sind durch dieses Buch angeregt worden.) De Bono, Edward (2002) DeBonos neue Denkschule Mvg, Landsberg (De Bono beschreibt eine Reihe von Denktechniken und benutzt Abkürzungen für Werkzeuge, um deren Anwendung zu erleichtern.) Dörner, Dietrich (1987) Problemlösen als Informationsverarbeitung Kohlhammer, Stuttgart Dörner, Dietrich (1989) Die Logik des Misslingens Rowohlt, Reinbek Dörner, Dietrich (1998) Bauplan für eine Seele Rowohlt, Reinbek

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(Der Psychologie-Professor Dietrich Dörner untersucht seit Jahrzehnten, wie Menschen sicch beim Problemlösen verhalten. Die Bücher Dörners haben die Ideen auf diesen Seiten außerordentlich stark geprägt.) Engel, Arthur (1998) Problem-Solving Strategies Springer, New York (Aus den Büchern von Engel und Zeitz stammen viele Techniken zum Lösen mathematischer Probleme. Diese Bücher beschäftigen sich vorwiegend mit Aufgaben aus großen Mathematik- Wettbewerben wie dem Bundeswettbewerb Mathematik BWM, weiteren nationalen Mathematik- Olympiaden wie der USAMO, sowie der Internationalen Mathematik-Olympiade IMO.) Fobes, Richard (1993) The Creative Problem Solver's Toolbox Solutions Through Innovations, Portland (Dieses Buch enthält im Anhang eine Übersicht "Radial Outline Of The Creative Problem Solver's Tools". Sowohl in der Grundidee wie auch in der Darstellung ist die Verwandtschaft zum Werkzeug- Mapping sehr groß. Mind Maps selbst werden in dem Buch jedoch nicht behandelt.) Funke, Joachim (2003) Problemlösendes Denken Kohlhammer, Stuttgart Heuser, Harro (1990) Lehrbuch der Analysis, Teil 1 Teubner, Stuttgart (Hieraus stammt das Kapitel über unendliche Reihen.) Higgins, James M. (1994) 101 Creative Problem Solving Techniques The New Management Publishing Company, Winter Park (Eine Fundgrube, insbesondere für Gruppen- Arbeitsmethoden.) Hoenig, Christopher (2000) The Problem Solving Journey Perseus Publishing, Cambridge (Mass.) Jones, Morgan D. (1998) 14 Powerful Techniques for Problem Solving Three Rivers Press, New York (Ein früherer Mitarbeiter des CIA beschreibt Lösungstechniken, zum Beispiel zur Beurteilung von Indizien.) Leuders, Timo (2001) Qualität im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I und II Cornelsen Scriptor, Berlin Leuders, Timo (Hrsg.) (2003) Mathematik-Didaktik Cornelsen Scriptor, Berlin (Leuders behandelt u.a., wie Mind Maps beim Lösen mathematischer Probleme und beim Mathematiklernen benutzt werden können.) Lochhead, Jack (2001) Thinkback. A User's Guide to Minding the Mind Lawrence Earlbaum Associates, New Jersey (Ideen zu TAPPS = Thinking Aloud Pair Problem Solving in Verbindung mit Visualisierungstechniken.)

Mason, John (1985) Hexeneinmaleins. Kreativ mathematisch denken. Oldenbourg, München (Hieraus stammen viele Ideen über die Prozesse, die beim Lösen mathematischer Probleme ablaufen. Erschienen 2005 unter dem neuen Titel:

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Mathematisch denken. Mathematik ist keine Hexerei.) Metzig, Werner; Schuster, Martin (2003) Lernen zu lernen Springer, Berlin Michalko, Michael (2001) Cracking Creativity Ten Speed Press, Berkeley (Kreativitätswerkzeuge.) Müller, Horst (2005) Mind Mapping. Haufe, Planegg (Gut und günstig.) Needham, Tristan (1998) Visual Complex Analysis Oford University Press (Verblüffende Veranschaulichungen zu Sätzen der Funktionentheorie. Zeitz empfiehlt das Buch zu Recht mit großem Nachdruck.) Nelson-Jones, Richard (1997) Using Your Mind Cassell, London (Das Buch beschäftigt sich umfassend mit Strategien zum Umgang mit Emotionen beim Problemlösen. "Coping" spielt eine zentrale Rolle.) North, Klaus (2002) Wissensorientierte Unternehmensführung Gabler, Wiesbaden Nückles, Matthias; Gurlitt Johannes; Pabst, Tobias; Renkl, Alexander (2004) Mind Maps & Concept Maps. Visualisieren - Organisieren - Kommunizieren dtv, München Von der Oelsnitz, Dietrich; Hahmann, Martin (2003) Wissensmanagement Kohlhammer, Stuttgart (In diesem Buch und dem vorher genannten von North geht es um Prozesse und Techniken zur Weitergabe von Wissen.) Perkins, David (2001) Geistesblitze. Innovatives Denken lernen mit Archimedes, Einstein & Co. Campus, Frankfurt (Perkins benutzt sehr interessante Landschaftsmetaphern, um Denkprobleme und Denkstrategien zu diskutieren.) Perkins, David (1995) Outsmarting IQ: The Emerging Science Of Learnable Intelligence The Free Press, New York (Perkins stellt u.a. die große Rolle "reflektiver" Intelligenz heraus.) Polya, George (1988) How to Solve It (dt.: Schule des Denkens) Princeton University Press, Princeton (Hier beschreibt Polya eine allgemeine Heuristik zum Lösen mathematischer Probleme.) Polya, George (1967) Vom Lösen mathematischer Aufgaben. Einsicht und Entdeckung, Lernen und Lehren Birkhäuser, Basel und Stuttgart. (Ein weiterer Klassiker zum Thema Problemlösen in der Mathematik.)

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Posamentier, Alfred S.; Krulik, Stephen (1998) Problem-Solving Strategies for efficient and elegant Solutions. A Resource for the Mathematics Teacher Corwin Press, California Pricken, Mario (2001) Kribbeln im Kopf Schmidt, Mainz (Kreativitätstechniken für die Werbebranche. Die Beispiele, meist Werbeanzeigen oder - plakate, sind äußerst unterhaltsam.) Robertson, S. Ian (2001) Problem Solving Psychology Press, Hove Rubinstein, Moshe F. (1986) Tools for Thinking and Problem Solving Prentice-Hall, Englewood Cliffs Sell, Robert; Schimweg, Ralf (2002) Probleme lösen Springer, Berlin (Zentral in diesem Buch ist eine allgemeine Vorgehensweise zum Lösen von Problemen. Zudem gibt es viele Überlegungen zu den Eigenschaften von Problemlösungswerkzeugen.) Straker, David (1997) Rapid Problem Solving with Post-it Notes Fisher Books, o.O. (Straker beschreibt verschiedene Techniken, in denen die verbreiteten Haftnotizen zum Lösen von Problemen eingesetzt werden.) Wickelgren, Wayne (1995) How to Solve Mathematical Problems Dover, New York Zeitz, Paul (1999) The Art and Craft of Problem Solving Wiley, New York (Mein Lieblingsbuch zum Lösen mathematischer Probleme. Auch hier stammen viele Aufgaben aus Mathematik- Wettbewerben, insbesondere der USAMO und der IMO.)

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DANKSAGUNG

Für Kommentare und Verbesserungsvorschläge zu den Ideen in diesem Aufsatz bedanke ich mich ganz herzlich u.a. bei den folgenden Personen: Werner Begoihn Dr. Astrid Brinkmann Hans-Jürgen Elschenbroich Dr. Jörg Konopka Dr. Armin Kramer Prof. Dr. Timo Leuders Hubert Massin Prof. Dr. Manfred Prenzel Dr. Frauke Rademann Prof. Dr. Harold Shapiro Martina Teepe Christian Wolf Zudem bedanke ich mich bei denen, die mir im Internet-Portal www.wer- weiss-was.de sehr ausführliche Antworten auf einige Fragen zum Lösen mathematischer Probleme gegeben haben. Für die Unterstützung bei der Arbeit danke ich Gunther Zaiss.

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ÜBER DEN AUTOR

Mein Name ist Thomas Teepe, ich wurde 1971 in Ibbenbüren (Westfalen) geboren, habe in Münster Mathematik und Physik studiert, war während dieser Zeit Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes, habe 2001 in Münster mit einer Arbeit über Genetische Algorithmen in Mathematik promoviert, arbeite als versicherungsmathematischer Berater bei einem Software- und Beratungshaus und lebe in Stuttgart.

Meine Adresse:

Dr. Thomas Teepe Alosenweg 37 70329 Stuttgart

[email protected]

Ich bin sehr interessiert an den Erfahrungen anderer mit dem Problemlösen, an Verbesserungsvorschlägen, alternativen Ideen, Literaturhinweisen usw.

Schreiben Sie mir!


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