Social Media in Unternehmen - Hybris oder Hoffnungsträger?Kommunikations-Trends 2010 / 2011
Michael Wolf Management | Interim Marketing & Consulting
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VORWORT ! 4
DER SIEGESZUG DER NETZWERKE ! 6
Digitale Kommunikation 2010: Das Ende der eMail-Ära?! 6
Social Media: Ringen um die Vorherrschaft im Netz! 7
Die drei Dimensionen von Social Media ! 7
Vier Szenarien zur Zukunft von Social Media! 8
WELCHE PLATTFORM MACHT DAS RENNEN ?! 9
Facebook: Der Trend zum mobilen Internet! 9
Google: Noch sprudeln die Milliarden! 10
MySpace: Der Absturz eines Champions! 11
Twitter: Die Welt in 140 Zeichen! 11
Ein Blick auf Deutschland: Mehr als nur VZ-Netzwerke und xing! 12
POTENTIALE UND STOLPERSTEINE ! 14
Wenn man Spielregeln missachtet! 14
Was ist den Firmen Social Media wert? ! 15
Social Media und Personalmanagement! 16
Online-Reputation gewinnt an Bedeutung! 16
Deutsche Unternehmen bislang zögerlich! 17
Mit Social Media Veränderungen rasch erkennen! 18
DIE PRAKTISCHE UMSETZUNG ! 20
Wie man es richtig macht: Sieben Grundvoraussetzungen! 20
Die Entwicklung einer Social Media-Matrix: Sechs zentrale Schritte! 21
Unbedingt beachten: Datenschutz und Sicherheitsstandards ! 23
Social Media Guidelines: Verbindlichkeit schafft Sicherheit! 23
Ausblick: Was geht noch ohne Social Media? ! 25
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MICHAEL WOLF MANAGEMENT | INTERIM MARKETING & CONSULTING ! 26
Interim Management & Consulting: Mit Augenmaß & Weitsicht! 26
Qualität. Erfahrung. Vertrauen.! 26
Kontaktinformationen! 27
QUELLEN ! 28
CREDITS ! 30
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November 2010! Seite 3
VORWORT
Als Mitte der 1990-er Jahre das World Wide Web dank einer
grafischen Benutzeroberfläche und einem für die damalige
Zeit revolutionären Browser Namens „Mosaic“ zum Sprung
aus elitären Forschungseinrichtungen und abgehobenen
Technik-Freak-Foren in unseren Alltag ansetzte, hätte
wohl kaum jemand vermutet, in welch kurzer Zeit es eine
so atemberaubende Karriere hinlegen würde. Das Inter-
net hat quasi über Nacht alte, etablierte Prozesse und
Strukturen revolutioniert, unser komplettes Informati-
onsverhalten verändert.
Gerade mal 15 Jahre später fragen die Jüngeren er-
staunt, wie man denn die Dinge vor der Internet-Ära
überhaupt habe bewältigen können: Nachrichten per
Mail verschicken, telefonieren mit Skype oder Vopi-
um, Flüge buchen, Musik herunterladen - all das ist
aus unserem Privat- und Geschäftsleben nicht
mehr wegzudenken. Das Internet und die digitale Vernet-
zung sind heute essentieller Bestandteil unseres Lebens geworden.
Die Global Player aus dem Jurassic Park des digitalen Zeitalters sind selbst längst Geschichte. Wer kennt noch
Compuserve oder erinnert sich an den Hype um AOL? Vorbei und verweht. Längst ist ein neuer Krieg um die
Vorherrschaft im Netz entbrannt, und es nicht ausgemacht, wer ihn gewinnt: Google, Facebook oder Microsoft?
Vielleicht am Ende ein Unternehmen, das gerade jetzt in irgendeiner Garage im Silicon Valley mit geliehenen
fünftausend Dollar an den Start geht. Die Innovationszyklen sind mittlerweile so kurz, dass mittel- oder gar lang-
fristige Prognosen kaum mehr möglich sind. Das Gute daran: Es eröffnet ungeahnte Chancen für wagemutige
Newcomer und visionäre Einzelkämpfer. Größe allein war gestern. Was heute zählt, sind Ideen. Wir stehen erst
am Beginn der digitalen Ideen-Ökonomie.
Für Firmen, vor allem für kleine und mittelständische, bietet das weltweite Netz enorme Potentiale, die es zu
nutzen gilt. Durch neue Vertriebswege und neu erschlossene Absatzmärkte - und durch neue Marketing- und
Kommunikations-Ansätze. Die neuen Social Media-Tools sind in der Implementierungsphase unschlagbar güns-
tig. Aber man muss lernen, die Spielregeln des Web 2.0 und die Klaviatur des - nach Philip Kotler - modernen
Marketings 3.0 zu beherrschen. Das erfordert Mut zu einem offenen Dialog auf Augenhöhe, mit Kunden, mit der
Öffentlichkeit und mit allen anderen Geschäftspartnern. Das bedeutet Loslassen von alten hierarchisch gepräg-
ten, linearen Informationsmodellen. Nicht nur der Privatanwender lernt derzeit diese neuen Leitsätze. Marketer,
Werber, Unternehmer - jeder ist Teil dieses lernenden Systems.
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An der Jahreswende 2010 / 2011 werden diese dramatischen Umbrüche in ihrer ganzen Tragweite deutlich. Wir
haben aus den Daten von gut zwei Dutzend relevanten Studien versucht, die Antwort auf die Frage abzuleiten:
Können die sozialen Netzwerke und andere neue Kommunikationsplattformen die in sie gesetzten Erwartungen
erfüllen? Der Trend ist eindeutig: Nichts bleibt, wie es war. Es sind spannende Zeiten.
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1. DER SIEGESZUG DER NETZWERKE
Digitale Kommunikation 2010: Das Ende der eMail-Ära?Zum Jahresende 2010 werden schätzungsweise zwei Milliarden Menschen das Internet nutzen. Das prognosti-
ziert die Internationale Fernmeldeunion ITU. Die Zahl der Webnutzer hat sich innerhalb von fünf Jahren verdop-
pelt. In Deutschland haben 70 Prozent der Bevölkerung einen Online-Zugang. International verbreiteter ist Mobil-
funk. Ein entsprechendes Funknetz steht 90 Prozent der Weltbevölkerung zur Verfügung.
Bislang läuft ein wichtiger Teil der Internet-Kommunikation noch über eMails. Das geht aus dem "European e-
mail Marketing Consumer Report 2010" des e-marketing-Anbieters ContactLab hervor. Jeder Deutsche über 18
Jahre erhält täglich 25,7 mails. Das sind hochgerechnet 1,1 Milliarden Mails pro Tag allein in Deutschland. Noch
sind die meisten Postfächer bei Providern wie web.de, GMX, hotmail, Yahoo und gmail angesiedelt. Doch 31
Prozent der deutschen Webanwender nutzen bereits soziale Netzwerke zum Versenden von Nachrichten. Das
Marktforschungsinstitut tns Infratest sieht in der Studie DiscoverDigitalLife bereits eine eindeutige Tendenz: "Auf
Wiedersehen eMail. Hallo Soziale Netzwerke!" Für die vorliegende Trend-Analyse wurden unter Anwendung des
Sekundärforschungsverfahrens gut zwei relevante Dutzend Studien von Marktforschungsinstituten, unabhängi-
gen Forschungseinrichtungen und Hitech-Unternehmen herangezogen, zumeist aus der zweiten Jahreshälfte
2010.
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Bei Microsoft sagt man: "Menschen treffen Entscheidungen immer wieder mit Hilfe von Informationen ihrer
Freunde". Social Media sind die Nummer eins der Internet-Aktivitäten. Die Marktforschungsgruppe Nielsen hat
in den USA zwischen Juni 2009 und Juni 2010 insgesamt 200.000 Internet-User zu ihren Netzgewohnheiten
befragt. Demnach hat die Nutzung von Social Media-Seiten hat um 43 Prozent zugenommen. Die drei Top-Onli-
ne-Aktivitäten sind Social Networking (22 Prozent), Computerspiele (10), eMail (8). Der Trend in Deutschland ist
weniger ausgeprägt, von der Tendenz her gleichwohl ähnlich. Hierzulande beträgt die tägliche Online-Zeit der
14- bis 49-Jährigen nach einer Umfrage von sevenonemedia 95 Minuten. 39 Prozent der Online-Zeit wird für
Information und Unterhaltung genutzt, 61 Prozent für Shopping, Banking, Kommunikation und Communities.
Social Media: Ringen um die Vorherrschaft im NetzSoziale Netzwerke, auch Social Media oder Social Networks genannt, sind Beziehungsgeflechte, die von Teil-
nehmern mit gleichen Interessenlagen genutzt werden, vorwiegend zum Austausch persönlicher Daten sowie
zur Herstellung und Vertiefung von Beziehungen. Hauptmerkmal ist ein Profil ins Netz, angereichert durch User
Generated Content wie Filme und Fotos. Jeder User kreiert also sein eigenes individuelles, ausschnitthaftes In-
ternet. Social Media unterstützen den Aufbau von beruflichen Netzwerken und Freundeskreisen. Neben den
globalen Mega-Communities gibt es hunderte regionale, oft überaus populäre Plattformen, die special interest-
Anliegen bedienen. Das ist der Hauptgrund, warum Letztere weiter Marktchancen sehen, obwohl sich 2010 an
der Spitze wenige große Anbieter durchsetzen konnten. Das Angebot sämtlicher Anbieter ist durchgängig von
drei spezifischen Social Media-Parametern geprägt.
Die drei Dimensionen von Social Media
1. Es gibt einen Rückkanal. Die
Kommunikation wird offen - in
beide Richtungen. Das gilt für
den Einzelnen ebenso wie für
Unternehmen.
2. Social Media stellen eine
Kommunikation auf Augen-
höhe her. Das ersetzt die her-
kömmliche hierarchische Be-
ziehung zwischen Firmen und
ihren Kunden.
3. Stimmungen und Meinungen
sind ausschlaggebend in So-
zialen Netzwerken. Sie wer-
den nicht mehr linear weiterge-
tragen, sondern verbreiten sich exponentiell. In dieser ungeheuren Vervielfachung liegt der Haupt-
unterschied zur ersten Generation der Tools zur digitalen Kommunikation wie mail oder sms.
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Vier Szenarien zur Zukunft von Social MediaDas Marktforschungsinstitut tns Infratest hat in der bereits erwähnten Studie DiscoverDigitalLife die bisherigen
Basisdaten fortgeschrieben. Die Ergebnisse decken sich mit denen anderer Erhebungen. Insgesamt lassen sich
daraus vier Entwicklungslinien ableiten.
Erstens: Social Networking und Blogging sind die Treiber des Internet. Das gilt vor allem in den asiatischen und
südamerikanischen Schwellenländern.
Zweitens: Das mobile Internet wird die sozialen Netzwerke weiter beschleunigen. In Deutschland gehen lediglich
26 Prozent der User davon aus, dass sie im nächsten Jahr Soziale Netzwerke stärker über den PC nutzen. 29
Prozent favorisieren bereits das Smartphone. Die Endgeräte werden bereits für eine Vielzahl von Messaging-
Formaten. konzipiert. In Deutschland hat bereits jeder Zehnte ein Smartphone. 31 Prozent der Nutzer gehen
nach Darstellung von Deutscher Telekom und TNS Infratest bereits mehrmals täglich über das Mobilfunkgerät
ins Netz. Der Smartphone-Markt wächst 2010 weltweit um 55 Prozent. Das hochpreisige iPhone von Apple hat
seit 2009 die höchsten Gewinne in der entsprechenden Industrie abgeworfen, berichten Marktforscher von Stra-
tegy analytics.
Drittens: Mittelfristig trägt auch das
iPad ebenso wie andere Tablet
Computer zum Aufstieg der Sozia-
len Netzwerke bei. Eine App wie
Flipboard macht das Internet zum
Social Web. Mitteilungen bei Twitter
oder Facebook lassen sich ebenso
einfach durchblättern wie die neues-
ten Beiträge von Info-Angeboten im
Web. Die Darstellung gleicht der
herkömmlicher Zeitschriften wie
Focus oder Spiegel. Ein Tweet mit
einem Link wirkt bei Flipboard, als
handele es sich um einen Beitrag in
Hochglanz-Aufmachung. Deshalb nennt sich Flipboard auch Social Magazine. Erlös will der Hersteller erzielen,
indem er beim Flipboard-Blättern ganzseitige Anzeigen auf das iPad platziert.
Viertens: Die Zukunft der Social Networks liegt in der mehrdimensionalen Verknüpfung von Datenströmen. Ex-
perten gehen davon aus, dass sich im Web der dritten Generation die sozialen Netzwerke schrittweise aufei-
nander abstimmen, damit sie untereinander Daten austauschen können. Diese Personalisierung wird durch so-
ziale Empfehlungen vertieft. Facebook-Fans und Twitter-Follower werden künftig eine ähnlich wichtige Rolle
spielen wie externe Links. Der "Social Graph" wird immer wichtiger: Je mehr Autorität soziale Netzwerkkontakte
auf die Waagschale bringen, desto besser ist das für das Suchmaschinen-Ranking einer Website.
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2. WELCHE PLATTFORM MACHT DAS RENNEN?
Facebook: Der Trend zum mobilen InternetMark Zuckerberg sagt, er habe Facebook gegründet, um die Welt zu einem "offeneren Ort" zu machen. Derzeit
hat das soziale Netzwerk 500 Millionen Nutzer weltweit. Über 12 Millionen waren es allein in Deutschland zum 1.
November 2010. In den USA entfallen inzwischen 9,9 Prozent der gesamten Internet-Zeit auf auf Facebook -
Tendenz stark steigend. Bei Google sind es nur 9,6 Prozent, obwohl auch die Suchmaschinen-Dienste zulegen
konnten. Das berichtet das Meinungsforschungsinstitut
Comscore.
"Egal, worum es geht, ein Mensch soll seine Freunde
stets dabei haben können", argumentiert Zuckerberg.
Das klassische Internet via PC spielt bei diesen Über-
legungen nur noch eine untergeordnete Rolle. Soziale
Netzwerke, Smartphones sowie das mobile Internet
bedingen wechselseitig ihren Siegeszug. Deshalb
werden soziale Geodienste wie Places von Facebook
immer wichtiger. Wer zum Beispiel im Café sitzt, kann auf einer Karte sehen, wo sich Freunde in der Nähe zu-
letzt angemeldet (eingecheckt) haben.
In vier Jahren werden laut Gartner Marktforschung bereits geschätzte 1,13 Milliarden US-Dollar in soziale Geo-
dienste fließen, gegenüber 29 Millionen im Jahr 2009. Experten rechnen damit, dass künftig nur drei global play-
er diesen Markt unter sich aufteilen: Facebook, Google und der Handy-Weltmarktführer Nokia. Die Finnen ver-
suchen schon seit Jahren, Geo-Dienste auf ihren Handys zu etablieren, bislang allerdings mit geringem Erfolg.
Ein Trend-Thema bei allen sozialen Netzwerken sind Social Games. Über 200 Millionen Facebook-Mitglieder
nutzen Farmville, Mafia Wars und andere. Am Hersteller Zynga ist Google angeblich mit 100 Millionen US-Dollar
beteiligt. Für den Konkurrenten Playdom bezahlte Disney im Juli 2010 763 Millionen US-Dollar.
Für die Internet-Suche nutzt Facebook nicht Google, sondern deren rivalisierende Suchmaschine bing von Mi-
crosoft. Weil sich viele Geschäftsfelder langfristig überschneiden, entstehen zwischen Google und Facebook
zunehmend Reibungsflächen. Einer der Gründe: Microsoft ist zu 1,7 Prozent an Facebook beteiligt. In Kürze
bekommt bing Zugriff auf die "Gefällt mit"-Daten von Facebook. Nutzer von bing können dann in einem separa-
ten Fenster sehen, welche Inhalte bei ihren Facebook-Freunden populär sind.
Auch die Internet-Telefonie-Software Skype unterstützt mittlerweile eine direkte Verknüpfung mit Facebook.
Beim Einloggen in Skype können Facebook-Nutzer sich gleichzeitig bei ihrem Kontaktnetzwerk anmelden und
von dort Kontakte übernehmen. Trotz aller Erfolge hat Facebook auch 2010 noch kein funktionierendes Ge-
schäftsmodell gefunden. Die Anmeldung soll weiterhin kostenlos bleiben. Ein Börsengang würde, so er denn
irgendwann ansteht, nach Schätzung von Experten zwischen zwei und 15 Milliarden US-Dollar bringen.
Mitte November kündigte Zuckerberg einen neuen Coup an, der zugleich eine weitere Attacke auf Google dar-
stellte. Wer will, kann künftig auf seine bisherige Mail-Adresse verzichten und aus der geschlossenen Communi-
ty heraus unter seinem [email protected] auch an Menschen schreiben, die nicht bei Facebook registriert
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sind. Der Zustellweg spielt dabei keine Rolle mehr. Ob die Nachricht per SMS, als Chat, mail oder via Facebook
übertragen wird, hängt von der Erreichbarkeit des Empfängers"ab. Gebündelt wird der Nachrichtenstrom in ei-
ner Social Inbox, die alle Konversationen mit einem Kontakt in einem einzigen Thread speichert.
Google: Noch sprudeln die MilliardenAuch Google will den Trend zum mobilen Internet und die Potentiale der Datenvernetzung mit Hilfe von Geodi-
ensten nicht verpassen. Deshalb wurde Street View gestartet, obwohl es zunächst damit nichts zu verdienen
gibt. Geld macht Google zur Zeit vor allem mit Werbung. Im dritten Quartal 2010 lag der Umsatz bei 7,3 Milliar-
den US-Dollar. Der Gewinn betrug 2,2 Milliarden US-Dollar. Allein die so genannten Paid Clicks sind im Jahres-
vergleich um 16 Prozent gestiegen.
Der geschlossene Kreislauf der Google-Ökonomie zeigte 2010 erstmals massive Verwerfungen. Denn wer sich
in einem sozialen Netzwerk bewegt, der informiert sich neuerdings nicht mehr über Google-news, sondern in
der Timeline von Facebook und Co. über die Neuigkeiten
seiner Kollegen und Freunde. Der Kampf um die Vor-
herrschaft im Netz und um das Betriebssystem der Zu-
kunft ist voll entbrannt. Deshalb will Google seine wich-
tigsten Dienste um Netzwerk-Funktionen ergänzen. Un-
ter anderem will Google Nutzerprofile bei Twitter oder bei
der Foto-Website Flickr vernetzen. Flickr wiederum ge-
hört zum Google-Wettbewerber Yahoo - also mit zu Mi-
crosoft.
Außerdem wird Youtube aufgerüstet, die Video-Plattform
von Google. Nutzer sollen zum Beispiel informiert wer-
den, wenn ein Clip von vielen ihrer Freunde angeschaut
wird. Youtube will zum Jahresende einen Online-Filmver-
leih in den USA starten, für fünf Dollar pro Hollywood-Blockbuster. Zudem drängt Google ins Fernsehgeschäft.
Google TV will weltweit im kommenden Jahr an des Start gehen, auch in Deutschland. Dazu benötigt man eine
Settop-Box namens Revue von Logitech. Die ersten Geräte kamen Ende Oktober zunächst in den USA auf den
Markt. Fernseh- und Internetinhalte können so über ein handelsübliches Gerät miteinander verbunden werden.
Allerdings boykottieren die großen US-Networks Google TV aus Angst, der Internet-Gigant könne ihnen die Ge-
schäftsgrundlage zerstören.
Auch bei Google weiß niemand, ob man den "Dritten Weltkrieg im Internet" gegen Facebook und den Mi-
croblogging-Dienst Twitter gewinnen wird. Deshalb setzt das Unternehmen auf Diversifizierung. Vor kurzem war
eine Übernahme des Reiseportals Opodo für 500 Millionen US-Dollar im Gespräch. Andere Pläne sind weiter
gediehen. So wird beispielsweise in Windkraftanlagen an der US-Ostküste investiert. Man experimentiert ferner
mit Roboterautos. Sechs Toyota Prius und ein Audi TT sind bereits in Kalifornien unterwegs, ausgestattet mit
Kameras, Radar-Sensoren und Laser-Messgerät, jedoch ohne Fahrer. Zudem ist an eigene Index-Datenbanken
gedacht, zum Beispiel an einen Google-Preis-Index auf Basis der Google-Anfragen zum Online-Handel. Google
experimentiert in alle Richtungen mit der Auswertung der eigenen Datenbestände. So konnte der Internet-Kon-
zern zwei Jahre in Folge die Sieger des European Song Contest voraussagen.
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MySpace: Der Absturz eines ChampionsLange Zeit war MySpace die Nummer Eins der Sozialen Netzwer-
ke. Doch dann blieb der letzte globale Rivale von Facebook bei
gut 100 Millionen Nutzern stecken. Denn Facebook hatte irgend-
wann die kritische Größe überschritten. Die Folge: Neue Nutzer
meldeten sich da an, wo sich bereits ihre Freunde online tummel-
ten. So musste MySpace die Notbremse ziehen. Am 26.10.2010
wurde der Neustart als Unterhaltungsplattform verkündet. Die
umgebaute Website ist jetzt vor allem auf Musik und Videos aus-
gerichtet. Konzernchef Mike Jones kündigte die Kapitulation mit
folgender Argumentation an: Man werde feststellen, dass man
sich mit Facebook und Twitter "wunderbar ergänzen" könne. Die
Mitteilungen von Usern werden auf Wunsch bei Facebook gespie-
gelt. Der Niedergang der Online-Tochter von Rupert Murdochs News Corp. ist beispielhaft für raschen Aufstieg
und tiefen Fall in einer kurzlebigen Branche. Aufsehen erregende 580 Millionen Dollar hatte Murdoch vor fünf
Jahren für MySpace gezahlt. 2009 begann das große Sparen. Die Zahl der Mitarbeiter wurde um ein Drittel auf
1.000 gekappt.
Twitter: Die Welt in 140 ZeichenWas kann man in maximal 140 Zeichen sagen? Zum Beispiel: "Freunde - ist das sowas wie bei facebook?" Im
März 2006 in San Francisco gestartet, wurde am 31. Juli 2010 die 20 Milliarden-Grenze an Meldungen über-
schritten. Mitte September hatte der Microblogging-Dienst Twitter 160 Millionen Nutzer. Pro Tag kommen
370.000 neue hinzu. 2008 waren es insgesamt erst drei Millionen User gewesen. Mit einem neuen Design soll
es jetzt einfacher werden, Bilder und Videos auszutauschen. Hintergrund ist, dass das Unternehmen seit lan-
gem an einem tragfähigen Geschäftsmodell arbeitet. Mehrere Dutzend Millionen US-Dollar an Investorengeldern
müssen irgendwann wieder eingespielt werden. Die Twitter-
Gründer experimentieren vor allem mit Internet-Werbung, wollen
dabei aber behutsam vorgehen, um die Nutzer nicht abzuschre-
cken. Nicht funktioniert hat der Versuch, interessierten Usern
Rabattangebote von Firmen zu unterbreiten. Jetzt setzt das Un-
ternehmen auf bezahlte Tweets. Twitter erhält von Firmen Geld
und bietet seinen Nutzern an, den Nachrichtenstream dieses
Unternehmens zu abonnieren. Bislang hatte Twitter laut seinem
Manager Dick Costolo nur 40 Werbekunden. Seiner Aussage nach ist Twitter jetzt an einem kritischen Punkt
angelangt. Ob Twitter bald an die Börse geht oder nicht, weiß offiziell niemand.
Während der jüngsten US-Wahlen versuchte Twitter erstmals, als eigenständiger Nachrichtenlieferant aufzutre-
ten, mit Ergebnis-Tweets im Sekundentakt. Washington Post und New York Times bedienten sich der neuen
Quelle, die viele traditionelle Medien noch ein paar Monate zuvor mit herablassender Skepsis betrachtet hatten.
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Die eifrigsten Twitter-Fans sitzen nach einer Untersuchung von comscore in Indonesien, Venezuela und Brasilien.
Auch Japan belegt beim Microblogging einen Spitzenplatz, was daran liegen dürfte, dass man im Japanischen
mit 140 Zeichen wesentlich mehr sagen kann als hierzulande. Für das Wort "Magazin" benötigt man beispiels-
weise nur zwei Zeichen. Twitter-Queen ist Lady Gaga. Sie hat rund sechs Millionen Follower und im Sommer
damit Britney Spears als Person mit den meisten Followern abgelöst. Äußerst populär sind auch Ashton Kut-
scher und Ellen DeGeneres. 56.000 Anhänger hatte "Twitter Queen Mum", 2010 die älteste Twitterin der Welt,
eine Britin, die in einem Pflegeheim in Bradford lebte. Sie starb Ende Juli mit 106 Jahren.
Ein Blick auf Deutschland: Mehr als nur VZ-Netzwerke und XingLaut Branchenverband Bitkom waren Ende März 2010 bereits über 30 Millionen Bundesbürger bei mindestens
einer Internetgemeinschaft angemeldet. Die Nummer eins ist - wie bereits erwähnt und abhängig von der Zähl-
methode - Facebook. Andere Anbieter mischen im Social Media-Markt kräftig mit.
Im Juli 2010 verzeichneten die drei sozialen Netzwerke studiVZ, meinVZ und schülerVZ, die gemeinsam unter
der Dachmarke VZ-Netzwerke firmieren, 17,3 Millionen Mitglieder. Zusammen genommen sind sie in Deutsch-
land erfolgreicher als Facebook. Pro Tag werden bei den VZ-Netzwerken zwei Millionen Fotos hochgeladen und
13 Millionen Nachrichten verschickt. Um attraktiv zu bleiben, setzt man auch hier auf Zusatzfunktionen. BravoTV
bietet seit Oktober sein Programm bei schülerVZ an. Die VZ-Netzwerke sind hierzulande zudem Markführer bei
den mobilen Apps mit über eine Million Mobile Usern (UMU). Vor fünf Jahren gegründet, gehört das Unterneh-
men heute zur Holtzbrinck-Gruppe und hat 300 Mitarbeiter. Datenschützer geben den VZ-Netzwerken Bestno-
ten für den Umgang mit sensiblen Informationen. studiVZ war sprachbildend. Beim Deutschen Patent- und Mar-
kenamt hat man den Begriff "gruscheln" als Wortmarke schützen lassen.
Ein weiteres großes Soziales Netzwerk in Deutschland ist Wer-kennt-wen, bei dem man sich nicht selber an-
melden kann, sondern von einem Mitglied eingeladen werden muss. Eine nicht unerhebliche Rolle spielen natür-
lich MySpace sowie regional stark verankerte Netzwerke wie Stayfriends und die Lokalisten. Etliche User haben
mehrere Profile, deshalb ist ein "Massensterben" der Sozialen Netzwerke bislang ausgeblieben, obwohl der
Trend eindeutig zur Größe geht - zu Facebook.
Xing ist in Deutschland das wichtigste soziale Netzwerk für die Stellensuche. Mitte September war die Marke
von zehn Millionen registrierten Mitgliedern erreicht, 4,2 Millionen (+ 20 %) davon im deutschsprachigen Hei-
matmarkt. In der Türkei hat Xing 980.000, in Spanien 1,5 Millionen Mitglieder. Xing wird in erster Linie für Kon-
takte zu Geschäftspartnern, Kollegen und Kommilitonen genutzt. Der Austausch erfolgt in 40.000 Fachgruppen.
Xing ist börsennotiert mit Hauptsitz Hamburg. Der
Burda-Konzern hält 30 Prozent der Aktien. Im ers-
ten Halbjahr 2010 betrug der Umsatz 25, 9 Millionen
Euro. 80 Prozent entfielen auf die Beiträge von zah-
lenden Mitgliedern. Einen solchen Premium-Account
haben etwa 7,5 Prozent aller Mitglieder. Der operati-
ve Gewinn betrug im zwei- ten Quartal 3,7 Millionen
Euro. Wichtigster Wettbe- werber ist LinkedIn aus den
USA mit weltweit 75 Millio- nen Mitgliedern, ein stark
expandierendes Unternehmen. Als Konsequenz aus diesem Konkurrenzdruck können jetzt alle Xing-Teilnehmer
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Dokumente austauschen und Suchfunktionen nutzen, die vorher zahlenden Kunden vorbehalten waren. In die-
sem Zusammenhang wurden auch die Xing-Apps für iPhone und Blackberry mit neuen Features versehen. Xing
bietet nach eigener Darstellung als einziges Netzwerk weltweit eine komplette SSL-Verschlüsselung.
Daneben gibt es zahllose Special-interest-Netzwerke in Deutschland, die vergleichsweise klein, zugleich aber
überaus effektiv sind. Ein Beispiel ist die cnc-Arena. In diesem Forum tauschen sich rund 60.000 registrierte
Ingenieure und Fertigungsmechaniker aus. Sie diskutieren Lösungsvorschläge für konkrete Aufgabenstellungen
und leiten Empfehlungen weiter.
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3. POTENTIALE UND STOLPERSTEINE
Wenn man Spielregeln missachtet Immer mehr Menschen und Unternehmen nutzen Soziale Netzwerke, ohne sich im Vorfeld mit den an sich sim-
plen Spielregeln vertraut gemacht zu haben. Mag so etwas im privaten Umfeld ohne größere Folgen bleiben, in
Unternehmen, egal in welcher Position, kann das fatale Folgen nach sich ziehen.
Die Bahn hatte es versäumt, den Twitter-Account @deutschebahn sichern zu lassen. So zwitscherten ein paar
Spaßvögel ungehindert folgenden Tipp des Tages: "Wenn der ICE mal wieder im Tunnel liegen bleibt, gibt es
nichts besseres als einen heißen Kaffee aus dem Bordbistro". Es war bereits die zweite Social-Media-Panne der
Bahn. Auf der neuen Facebook-Fanseite der Bahn konnte man zwar ein Ticket kaufen, Beschwerden hingegen
nicht los werden.
Zwölf ehemalige BND-Mitarbeiter suchten via Xing einen neuen Job. Dabei verwiesen sie mit detaillierten Anga-
ben auf ihre frühere Geheimdiensttätigkeit. Weil sie gegen das Gebot der Verschwiegenheit verstoßen hatten,
was als Preisgabe von Staatsgeheimnissen gewertet werden kann, stand ihnen massiver Ärger ins Haus.
WeTab-Geschäftsführer Helmut Hoffer von
Ankershoffen lobte das eigene Produkt im
Online-Shop von Amazon unter falschen
Namen. Auch seine Frau schrieb anonym
hymnische Bewertungen. Es waren die ein-
zigen positiven Rezensionen. Ein Münchner
Blogger deckte die Sache auf. Ankershoffen
nahm seinen Hut.
Der Intendant des Mitteldeutschen Rund-
funks (MDR), Udo Reiter, setzte via Twitter
einen Witz in die Welt: "Einheitstag 2030:
Bundespräsident Mohammed Mustafa ruft
die Muslime auf, die Rechte der deutschen
Minderheit zu wahren". Angesichts von 600
empörten Responses blieb dem Frontmann
des Medienunternehmens nichts anderes
übrig, als sich öffentlich für den "ersten
Sh*tstorm" seines Lebens zu bedanken. Reiter twittert nicht mehr.
Trigema-Chef Wolfgang Grupp gab ein Interview, in dem er Twitter beiläufig als "oft nur belangloses Zeug" be-
zeichnete. "Ich zerreiße sofort mein Trigema-Shirt", hieß es in zahllosen Responses. Ein paar Tage entschuldigte
sich Grupp in einem offenen Brief. Man sei bei Facebook, Youtube und Twitter aktiv, "worauf man als Unterneh-
men in der heutigen Zeit auch nicht verzichten sollte". Es ist nicht bekannt, welchen wirtschaftlichen Schaden
seine Äußerung verursacht hat.
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Ein Lösungsweg, den nicht wenige Unternehmen bislang beschreiten, ist die Errichtung einer digitalen Mauer
um Facebook, eBay, Xing und private mail-Programme. Für die 13.000 Porsche-Mitarbeiter weltweit sind solche
Dienste während der Arbeitszeit tabu. Das gilt ebenfalls für viele Dax-Konzerne wie VW, Commerzbank, Heidel-
berg Zement. Begründung: Über soziale Netzwerke könnten interne Informationen nach außen dringen. Auslän-
dische Geheimdienste würden versuchen, Facebook systematisch auszuspähen. Bei Daimler ist der Zugang zu
einzelnen Diensten an einigen Standorten "aus Produktivitätsgründen" eingeschränkt. Offenbar sorgt sich das
Unternehmen, dass zu viel Zeit vertrödelt wird. Lösung Nummer zwei zielt in die genau entgegengesetzte Rich-
tung:
Man macht sich mit den Gesetzmäßigkeiten von Social Media vertraut, hält sich daran und nutzt deren Vorteile.
Dann haben Social Media für Einzelpersonen und Unternehmen ein enormes Potential.
Was ist den Firmen Social Media wert?Die Software-Initiative Deutschland hat ermittelt, dass
drei Viertel der Unternehmen die Auffassung vertreten,
Social Media hätten eine wesentliche Bedeutung für
ihr Geschäft. Es ist jedoch nicht unbedingt Chefsa-
che. In 45 Prozent der Firmen kümmern sich Presse-
stelle und PR-Abteilung darum. Bei 33 Prozent der
Unternehmen sind es Marketing und Vertrieb, IT nur
elf Prozent. Immerhin nutzen bereits ein knappes Drit-
tel der Firmen soziale Netzwerke für die betriebsinter-
ne Kommunikation. Als größte Hürden werden die
Datensicherheit (76 Prozent) genannt, sowie die
Furcht vor einem Verrat von Geschäftsgeheimnissen
(58 Prozent). Hauptziel ist die schnellere Kommunika-
tion durch Soziale Netzwerke, dann folgen zielgrup-
penorientiertes Marketing sowie Kundensupport.
Dass viele Unternehmen hohe Erwartungen an die Nut-
zung von Social Media knüpfen, hohe Investitionen hingegen scheuen, zeigt eine Studie der Wiener PR-Agentur
Temmel, Seywald & Partner in 86 deutschen, österreichischen und Schweizer Konzernen. Neun von zehn Un-
ternehmen wollen auf die neuen Kommunikationsmöglichkeiten nicht mehr verzichten, aber 38 Prozent geben
bislang nichts dafür aus. Lediglich sieben Prozent investieren mehr als 100.000 Euro im Jahr. Gefragt wurde
ferner, welche Bereiche in naher Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Hier setzten sich Apps für Smartpho-
nes, Social Networking, Multimedia-Plattformen und - in abgeschwächter Form - Business-Plattformen an die
Spitze. Zugleich vertreten noch immer viele Unternehmen (zehn Prozent) die Meinung, Social Media sei ein vo-
rübergehender Hype.
In einer weitergehenden Interpretation lassen sich aus allen vorliegenden Zahlen zwei Schlüsse ziehen: Erstens
wird das Potential von Social Media in der gesamten Bandbreite noch nicht wahrgenommen. Zweitens: Im Ver-
gleich zu anderen Tools zur Steuerung der Außenwirkung eines Unternehmens sind Social Media-Maßnahmen
k.A.11!% IT
11!%
Pressestelle & PR45!%
Marketing & Vertrieb33!%
Chefsache Social Media?
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erkennbar günstig, was die Implementierung betrifft. Zu Buche schlagen später die Folgekosten, die aus der
notwendigen Permanenz der Betreuung erwachsen.
Social Media und PersonalmanagementNach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln schreiben heutzutage 95 Prozent aller Firmen in
Deutschland ihre neuen Stellen online aus. Zwölf Prozent annoncieren direkt in Xing, Facebook, Twitter und Co.
Social Media sind enorm wichtig für Personalrecruiting, vor allem, wenn die richtigen Köpfe immer rarer werden
und man alle Kanäle nutzen muss, um geeignete Bewerber zu finden.
Umgekehrt gilt das genau so. Wenn geeignete Bewerber eine große Auswahl haben, prüfen sie ihrerseits dieje-
nigen Unternehmen genauer, mit denen sie ins Geschäft kommen wollen. Wenn Unternehmen es also nicht
schaffen, auf allen Kanälen einen gleichlautend positiven Groundswell herzustellen, zum Beispiel über einen ei-
genen Brand-Channel, kann sich das auf ihre Personalpolitik negativ auswirken. Die Firma Stihl, Weltmarktführer
für Motorsägen, ist in einer Region beheimatet, wo auch Daimler und Bosch um Fachkräfte buhlen. Deshalb
sucht Stihl dringend benötigte Fachkräfte über Twitter, Facebook und logischerweise Xing. Als besonders ge-
lungen gilt die Facebook-Seite von
Bertelsmann, mit der das Unter-
nehmen auf Talentefang geht. In
einem Spiegel-Online-Ranking kam
die Seite auf Platz Eins. Als eine der
e rs ten On l i ne-Jobbörsen in
Deutschland hat stellenanzeigen.de
Twitter für den Versand maßge-
schneiderter Jobangebote genutzt.
Der Dienst nennt sich Job Alerts.
Es handelt sich dabei um per Di-
rektnachricht verschickte Links auf
Stellenanzeigen. stellenanzeigen.de
hat zudem eine eigene Fanpage
auf Facebook.
Online-Reputation gewinnt
an BedeutungDa Stimmungen, Meinungen und
Empfehlungen für Social Media prägend sind, kommt es für Unternehmen in erster Linie darauf an, Online-Re-
putation zu gewinnen. Wieder sind es US-Firmen, die als erste diesen Weg gehen. Bei Kodak steht seit März ein
Chief Listening Officer unter Vertrag, bei Dell ist es schon länger ein Global Chief Listener. Zuvor hatte Kodak
bereits als erste Firma überhaupt einen Chef-Blogger angeheuert. Der Chief Listening Officer soll wichtige
Tweets rasch an die richtige Stelle in der Firma weiterleiten sowie so genannte Influencers identifizieren und un-
terstützen - zum Wohle ihrer Firma. Insgesamt geht es um mehr als 300.000 Äußerungen pro Monat im Netz,
die Kodak betreffen. Beim US-Kabelnetzanbieter Comcast geht man noch einen Schritt weiter. Dort werden mit
Hilfe von Social Media Monitoring Tools alle Äußerungen im Netz aufgespürt, in denen sich das Wort Comcast
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findet. Das kann dazu führen, dass einem missgelaunten Kunden bereits einen Lösungsvorschlag für sein com-
cast-Problem unterbreitet wird, bevor er selbst mit dem Unternehmen gesprochen hat. Hier dient Social Media
als Mittel zur Verbesserung des Costumer Care. Als überaus innovationsfreudig in Sachen Social Media gilt der
US-Autohersteller Ford. Der neue Fiesta wurde testweise 100 Influencers zur Verfügung gestellt, die wie profes-
sionelle Autotester behandelt wurden und die ihre Erfahrungen über alle Kanäle nach außen tragen sollten. Im
Juli wurde das neue Ford-Explorer-Modell per Video exklusiv auf Facebook präsentiert. Fords Blick in die Zu-
kunft ist kühn. Schließlich sei das Auto das ultimative mobile Gerät, das sich perfekt mit Smartphone oder Lap-
top verbinden lasse, um standortbezogene Dienste in einem noch nicht da gewesenen Ausmaß nutzbar ma-
chen zu können. Hochgelobt wird die Social Media-Kampagne des US-Körperpflegemittelherstellers Old Spice.
Die Marke hatte unter einem angestaubten Image und einer überalterten Käuferschaft zu leiden. Freche Spots
mit interaktiven Elementen brachten die Wende. Plötzlich gewann Old Spice neue Aufmerksamkeit, die Verkäufe
schnellten innerhalb kürzester Zeit um 700 Prozent in die Höhe.
Diesseits wie jenseits des Atlantiks finden Social Media-Lösungen vor allem Anwendung im B2C-Bereich, nen-
nenswerte B2B-Ansätze wurden, abgesehen von Corporate Blogs, bislang kaum realisiert. Ein rares Bespiel ist
die Firma Indium aus dem US-Bundesstaat New York, das Metall-Legierungen und Lötmetalle produziert. Seit
die Mitarbeiter zu begeisterten Fach-Bloggern wurden, hat das Unternehmen international erhebliche Beachtung
gefunden.
Deutsche Unternehmen bislang zögerlichIn Deutschland waren bislang Banken und Versicherungen bei der Entwicklung von Social Media-Konzepten
zurückhaltend. Eine Ausnahme stellt die Ergo-Gruppe auf Facebook dar. Mit knapp 600 Anhängern liegt ihre
Seite derzeit noch vor der Konkurrenz. Bislang ist die Branche in der Findungsphase. Ihr geht es vorrangig da-
rum, die Potentiale von Online-Services auszuleuchten. Im Vordergrund steht die durchaus berechtige Frage der
Sicherheit. Banken investieren laut Branchenkompass Kreditinstitute 2010 in erster Linie in berufliche Netzwerke
wie Xing oder LinkedIn. Sie setzen zudem große Hoffnungen in Vertrieb und Kundenservice. Sehr erfolgreich
agiert die Lufthansa auf Facebook. Seit Dezember 2009 aktiv, hat man in weniger als einem Jahr 100.000 User
gewinnen können. Warum es so gut läuft, erklärt die Unternehmensführung so: Die Lufthansa-Fans wurden auf
Facebook als Erste über die Buchungsmöglichkeiten der Sonderflüge mit der A380 über die Alpen informiert.
Fotos zu den Dreharbeiten eines neuen Werbespots konnten die Lufthansa-Fans ebenfalls exklusiv erleben.
Lufthansa nutzt auch viele andere Kanäle wie Twitter und studiVZ. Tausende User verwenden außerdem eine mit
dem Airline Business Award ausgezeichnete Sky-Status-App, um Freunde und Angehörige über ihre nächsten
Flüge auf dem Laufenden halten zu können. Die Lufthansa verbindet so zwei Erfolg versprechende Ansätze: Sie
bietet Exklusiv-Angebote und sie vernetzt diese Angebote. In der Praxis hat sich gezeigt, dass ein ernstzuneh-
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mendes Potential für Social
Media im Tourismus liegt.
In Oberstaufen im Allgäu
wurde nicht nur Google
street view mit offenen Ar-
men begrüßt. Schon vor-
her machte das interaktive
Video: "Du bist Oberstau-
fen" im Netz Karriere. Mit
einem eingefügte Foto
kann jeder Teil der örtlichen
Tourismuskampagne wer-
den. Social Media werden
ungeachtet bestehender
Bedenken von immer mehr
Institutionen und Unternehmen als Teil ihres öffentlichen und medialen Auftritts begriffen. Die Bundeswehr macht
da keine Ausnahme. Seit August gibt es bei Youtube ein entsprechendes Bundeswehr-Angebot: "Erleben Sie,
was Ihre Armee leistet". Nutzer können die Videoclips bewerten und kommentieren. Allerdings werden die
Kommentare vor einer Veröffentlichung kontrolliert.
Mit Social Media Veränderungen rasch erkennenSoziale Netzwerke verraten das künftige Käuferverhalten. Um das herauszufinden, nutzt man neue Methoden,
die auf der statistischen Clusteranalyse beruhen. Diese verraten, wie sich verschiedene Wortkombinationen im
Netz ballen, zum Beispiel "BP" und "Ölpest" oder "Sarrazin" und "Ausländer". Die britische Suchmaschine Auto-
nomy oder das US-Startup Wisewindows
arbeiten zum Beispiel mit solchen Verfahren.
Wird die Methode auf die Kommunikation in
Sozialen Netzwerken angewendet, kann
man als Firma tatsächlich einen Blick in die
Zukunft werfen. Wisewindows hat bei-
spielsweise 25 Millionen Kommentare über
Musiktitel und Künstler untersucht. Das er-
staunliche Ergebnis: Zwei Wochen nach der
intensivsten Kommunikation über bestimmte
Titel und Interpreten stiegen die Albenver-
käufe sprungartig an. Cluster, die sich um
Beschwerden formen, können im Gegen-
satz dazu bisher unbekannte Produkt-
schwächen aufzeigen und als Verbesse-
rungsvorschläge interpretiert werden. Man
kann also Veränderungen wesentlich
schneller erkennen als die Konkurrenz. Was Platten- und Konzertwerbung betrifft, ist Facebook ohnehin ein Pa-
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radies. Werbeagenturen nutzen das gezielt. Mit "Promotions for Fan Pages" auf Facebook können Preisaus-
schreiben lanciert oder Coupons verteilt werden. Beliebt ist das vor allem bei US-Amateurbands. Daneben gibt
es Programme zur Weiterempfehlung von Bands. Der Nutzer erhält einen Song kostenlos zum Download, wenn
er sich an der Aktion beteiligt.
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4. DIE PRAKTISCHE UMSETZUNG
Wie man es richtig macht: Sieben GrundvoraussetzungenDass Handlungsbedarf besteht, steht außer Zweifel. Denn die Verbraucher sind nachweisbar unzufrieden damit,
wie Firmen Social Media bislang nutzen: 61 Prozent zeigten sich nach einer Erhebung des Brand Science Insti-
tut enttäuscht darüber, wie mit ihren Fragen und Beschwerden umgegangen wird. Nur 26 Prozent äußerten sich
positiv. Kundenbetreuung im Web ist gezielte Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, Glaubwürdigkeit und Vertrauen
herzustellen. Auch hier gilt der Begriff Nachhaltigkeit, denn die Zielgruppen haben ein gutes Gedächtnis.
Es kommt nicht darauf an, die gesamte Social Media-Klaviatur zu bespielen, sondern selektiv vorzugehen und
den eigenen Charakter der Netzwerke stets im Blick zu behalten. Ausgehend von herkömmlichen Begriffen be-
trieblicher Organisation wären Social Media wohl am ehesten als webbasierte Beschwerdeabteilung inclusive
crowd-controlling zu verstehen. Konkret heißt das, ein Unternehmen muss bereit sein, offene Kritik hinzuneh-
men. Es muss ferner bereit sein, auf diese Kritik zu reagieren. Es muss mit offenen Karten spielen - das heißt,
den Kunden ernst nehmen. Das verursacht Arbeit, gilt es doch, einen ständig sich ändernden Groundswell zu
entschlüsseln. Wer sich darauf einlässt, kann auf Kundenwünsche schneller reagieren, Produkte und Abläufe
optimieren. Das kann den entscheidenden Vorsprung gegenüber Konkurrenten bringen. Social Media sind eine
Art Frühwarnabteilung, mit der sich verhindern lässt, dass man - wenn es fast zu spät ist - sich teures externes
Beraterwissen ins Haus holen muss. Insofern dürfte es sinnvoll sein, rechtzeitig kleine Summen in Social Media-
Aktivitäten zu investieren.
• Von zentraler Bedeutung ist es, den Rückkanal in beide Richtungen zu nutzen. Wer in Netzwer-
ken Fragen beantwortet und interessante Diskussionen anstößt, verbessert sein Standing und
steigt im täglich sich neu sortierenden Ranking der Online-Reputation auf. Experten raten dazu,
nicht nur zu reagieren, sondern aktiv zu werden.
• Gute Inhalte anbieten - auch das ist ein entscheidender Punkt. Das heißt, Angebote müssen
nützliche Informationen für eine breite Öffentlichkeit, neugierige Interessenten oder für gut informier-
te Fachleute enthalten. Wenn das so ist, steigen Reichweite und Reputation eines Unternehmens
im Internet enorm. Das gilt für Blogs und Websites, genauso wie für Facebook-Seiten.
• Wer einen Firmenblog betreibt, steuert den Groundswell aktiv,
taucht öfter in den Suchmaschinen auf und hat es leichter, relevan-
te Online-Kontakte aufzubauen. Eine kontinuierliche Betreuung ist
unabdingbar. Es macht keinen Sinn, die Betreuung innerbetrieblich
ständig zu verlagern. Sinnvoll ist eine gewisse hierarchische Logik:
Ein Hospitant dürfte kaum in der Lage sein, fundierte fachspezifi-
sche Beiträge zu liefern. Auch die Führungsebene sollte Zurückhal-
tung üben. Jede private Äußerung wird sofort als grundsätzliche
Aussage interpretiert. Nicht umsonst wählen Apple, Microsoft und
Google den Firmenblog, um größere Änderungen anzukündigen. Die
Quelle ist in solchen Fällen meist ein zweitrangiger Mitarbeiter. Die Führung des Unternehmens ist
somit sozusagen aus der Schusslinie.
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• Notwendig ist die Einbindung der Mitarbeiter. Als Unternehmensführung sollte man möglichst
vielen Mitarbeitern fundierte Informationen zur Verfügung stellen. Wenn sie gut informiert sind, sind
sie bessere Repräsentanten für eine Firma und können als quasi inoffizielle Unternehmenssprecher
im Web agieren.
• Was unbedingt vermieden werden sollte, ist plumpes Eigenlob. Jedes Argument bedarf einer
stringenten Begründung und Nachvollziehbarkeit. Sonst droht eine Welle von Hohn und Spott, im
schlimmsten Fall ein so genannter Shitstorm. Unbedachte Äußerungen in Social Media können
sich bitter rächen. Die Sorgfaltspflicht gilt selbstverständlich auch für die sozialen Netzwerke.
• Kreative Online-Werbung erreicht den Kunden auch via Social Media am besten. Das belegt
eine Yahoo-Studie mit dem Titel: "Homepage-Events - Wissen, was wirkt". Werbung soll als er-
wünscht betrachtet werden und nicht als nervendes Beiwerk. In Ergänzung dazu steht die Er-
kenntnis, dass auf Youtube und anderen Videoplattformen vorwiegend Werbespots angeklickt
werden, die der Rubrik "funny" zuzuordnen sind. Nächster Punkt in diesem Zusammenhang ist die
Notwendigkeit zielgruppenspezifischer Arbeit, etwas mit mobiler Werbung: User erhalten Gutschei-
ne per App über das Mobiltelefon statt mit der Post - und können den Gutschein dann bei einem
Einzelhändler in der Umgebung einlösen. Fazit: Wem es gelingt, eine einfache Kampagne in eine
Multi-Channel-Story umzuformen, kann mit einer exponentiell gesteigerten Aufmerksamkeit für
Produkte, Dienstleistungen und sonstige Angebote rechnen.
Die Entwicklung einer Social Media-Matrix: Sechs zentrale SchritteSteht am Ende eine messbare Monetarisierung oder dient Social Media den oben skizzierten Zielen wie Markt-
analyse, Recruiting und interne Kommunikation? Das ist die wohl entscheidende Frage, die sich allen Firmen mit
einer Social Media-Strategie stellt. Die unmittelbare Umsetzung von Social Media-Aktionen in Umsatz und Ge-
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winn im Sinne eines Social Commerce steht erst am Anfang. Eine Studie der SYZYGY-Gruppe mit dem Titel
"Social Commerce: Die Monetarisierung von Social Media" listet einige der raren Beispiele auf. Dell etwa bietet
Dell Swarm, einen Gruppenkauf-Service. Je mehr Käufer sich finden, desto günstiger wird der Preis. Der US-
Spielzeughersteller Mattel hat auf seine E-Commerce-Seite mit einer Social-Shopping-Toolbar verzahnt, über die
man während des Surfens mit Freunden chatten und einkaufen kann. Als weitere Möglichkeiten werden Social
Media-Events genannt: Webinare, Pressekonferenzen, die via Facebook veranstaltet werden sowie Wettbewer-
be, wie zum Beispiel die Levi's Jeans-Schatzsuche. Im Gegensatz zu Social Commerce-Ansätzen sind Social
Media-Maßnahmen in eine langfristige Gesamtstrategie eingebunden, mit einer damit verbundenen ökonomi-
schen Perspektive, die in der Regel nicht mit kurzfristigen Erfolgen aufwarten kann.
Schritt Eins: Die Definition von Zielen, die erreicht werden sollen. Geht es um neue Kunden, neue
Vertriebswege (B2C/B2B) oder um die Anwerbung qualifizierter Mitarbeiter (HR)? Daraus leitet sich
die Frage der Zuständigkeit innerhalb eines Unternehmens ab. Zur Klärung wird es notwendig sein,
hausinternes Fachwissen wie die Marktforschung und das Marketing hinzuzuziehen.
Schritt Zwei: Unabhängig davon, wie das oben skizzierte Screening ausfällt, wird man um eine
gründliche Analyse des Kundenstamms nicht herumkommen. Wer sind die bisherigen Kunden?
Sind sie zufrieden oder nicht? Muss im Vorgriff auf sich ankündigende Veränderungen im Markt
Neugeschäft generiert werden? Wo sieht ein Unternehmen Potentiale? Neben diese notwendigen
Klärung tritt ein spezieller Social Media-Aspekt. Sind Image und Standing eines Unternehmens in
der Außenwahrnehmung ausgeprägt genug, um gegen künftige Verwerfungen gewappnet zu sein?
Schritt Drei: Es hat sich gezeigt, dass vor allem kleine und mittelständische Firmen mit Social
Media zufrieden sind und am schnellsten ihre Ziele erreichen, wenn sie zunächst nur das angehen,
wovon sie voll und ganz überzeugt sind. Für Social Media eignen sich im Grunde die bewährten
Parameter der LEAD-Strategie - leicht variiert: Zuhören, ausprobieren, lernen, nachjustieren.
Schritt Vier: Die Kosten-Nutzen-Analyse. Rechnet sich der Aufwand? Welche Tools sind über-
haupt sinnvoll? Eines oder mehrere? Wer rasch einen messbaren monetären Erfolg vorweisen will,
muss die ganze Bandbreite zum Einsatz bringen: Kundengenerierte Bewertungen und Rezensio-
nen (Bespiel Amazon) sowie Kunden-Testimonials, wie sie von einigen Software-Unternehmen an-
geboten werden, personalisierte Empfehlungen auf Facebook, Nutzung von Fachforen. Dazu tritt
das Seeding von Marketing-Botschaften auf den wichtigsten Social-Media-Plattformen plus Verlin-
kung mit der eCommerce-Site. Das steigert den Traffic auf einer Seite und verbessert die Platzie-
rung in den Suchmaschinen-Rankings. Bei der Kosten-Nutzen-Analyse sollte man einen Punkt nie
aus den Augen verlieren: Eine zu nachlässige Betreuung ist schlecht für das Image, der personelle
Aufwand nicht zu unterschätzen, Kontinuität ein Muss.
Schritt Fünf: Emotionalen Mehrwert schaffen. Wer Zeit bei sozialen Netzwerken verbringt, sucht
entweder eine unkomplizierte, rasche Problemlösung - etwa eine neue Stelle - oder im Vorder-
grund stehen die Faktoren Zerstreuung und Spaß. In beiden Fällen ist der User ein neugieriger Rei-
sender durch das Netz, dessen Interesse es zu binden und zu befriedigen gilt.
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Schritt Sechs: Die Markenbildung nicht aus dem Auge verlieren. In Social Media sollte man unter
keinen Umständen etwas unternehmen, was im diametralen Gegensatz zur bislang aufgebauten
Wertigkeit steht. Wer ungewollt den eigenen Anspruch konterkariert, verbiegt sich und wird abge-
straft - siehe Online-Reputation.
Unbedingt beachten: Datenschutz und SicherheitsstandardsDie Hoheit über persönliche Daten im Internet lässt sich kaum zurückerobern, ist sie erst einmal verloren gegan-
gen. Eine eindeutige Schuldzuweisung verbietet sich, sind doch User, Programm-Anbieter und Unternehmen
dafür verantwortlich - sowie Internet-Betrüger, die Sicherheitslücken gezielt aufspüren und geschickt ausnutzen.
Internet-User: Ein Fünftel der User verfügen laut Bitkom immer noch über keinen Virenschutz. Nutzer scheuen
einen hohen Aufwand für Datensicherheit. Nur 37 Prozent der User in Deutschland wählen schwer zu knacken-
de Passwörter. Die Datenschutzrichtlinien von Anbietern lesen lediglich 41 Prozent, berichtet Unisys Deutsch-
land. Vor allem Jugendliche ignorieren Bedenken bezüglich der der Veröffentlichung persönlicher Daten im Netz.
Das Motiv für die Freizügigkeit in sozialen Netzen ist der Wunsch nach sozialer Einbettung und Zugehörigkeit.
Das schreibt die Bayerische Landeszentrale für Medien (BLM).
Schadprogramme: Wegen der Beliebtheit sozialer Netzwerke hat auch die Zahl neuer Schadprogramme zu-
genommen. G Data Security Labs rechnet für 2010 mit zwei Millionen neuen Schadprogrammen, ein Rekordni-
veau. Bereits im ersten Halbjahr betrug die Zunahme 50 Prozent. In den USA beklagten 74 Prozent der Unter-
nehmen, durch die missbräuchliche Nutzung sozialer Netzwerke sei es zu Datenverlusten gekommen, meldet
ergänzend Panda Security. Anfang Oktober kam es zu einer Welle gefälschter Kontaktanfragen über die Platt-
form LinkedIn. Über vermeintlich seriöse mails wurden ahnungslose Nutzer in die Falle gelockt und deren PCs
mit einem Schadprogramm infiziert, um persönliche Informationen auszuspähen. Dieses Spionage-Programm
ZeuS dient unter anderem dazu, Daten für das Online-Banking zu phishen. Jede dritte Spam-Mail wird laut Ra-
tarus eindeutig unter dem Deckmantel sozialer Netzwerke versendet. Die Zunahme von Cloud-Computing-Lö-
sungen verschärft das Problem. Die Verlagerung von Daten aus geschlossenen Firmennetzen auf Server im In-
ternet erhöht das Risiko externer Angriffe. Deshalb ist es unabdingbar, sich mit den Sicherheitsvorkehrungen
externer Provider vertraut zu machen. Nur jeder zweite entsprechende Anbieter hat seine Server in Deutschland.
Der Weg in und aus der Cloud ist am gefährdetsten, so das Ergebnis einer Studie der Wirtschaftsprüfungsge-
sellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC).
Im Grundsatz geht es immer um das Gegensatzpaar größtmögliche Freiheit im Netz versus Datenschutz und
Sicherheit. Sinnvolle Sicherheitsmaßnahmen müssen auf mehreren Ebenen ansetzen, zunächst auf Seiten der
Social Media-Anbieter. Welche internen Sicherheitsstandards Unternehmen wählen, variiert in einer großen
Bandbreite. Für den täglichen Umgang mit Social Media im Betrieb haben sich so genannte Guidelines bewährt,
weil sie allgemeinen rechtlichen Bestimmungen, den Ansprüchen einer Firma und den Gewohnheiten des ein-
zelnen Users Rechnung tragen. Im Klartext: Jeder weiß, woran er ist.
Social Media Guidelines: Verbindlichkeit schafft SicherheitDer Branchenverband Bitkom hat die wesentlichen Anforderungen für Guidelines beispielhaft definiert. Daraus
geht eindeutig hervor, dass die einzelnen Positionen in einem Betrieb generell verbindlich sein müssen. Sie ha-
ben sowohl dem Arbeitsrecht als auch dem Datenschutz Rechnung zu tragen. Ein kurzer Überblick:
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• Zieldefinition und Strategie: Im Idealfall baut die Social-Media-Strategie auf vorhandenen Unter-
nehmensziele auf. Entscheidet man sich ausdrücklich gegen eine Social-Media-Strategie, muss
das ebenfalls kommuniziert werden, verbunden mit einer Begründung. Darüber hinaus empfiehlt
der Branchenverband gesonderte Playbooks mit tiefergehenden Regeln und Tipps für einzelne
Plattformen, die einer ständigen Aktualisierung bedürfen.
• Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Nutzung: Was darf ein Arbeitnehmer in wel-
chem Umfang während der Arbeitszeit tun - und was muss er lassen? Das Bundesarbeitsgericht
hat entschieden: Bei einer fehlenden ausdrücklichen Duldung oder Gestattung des Arbeitgebers ist
eine private Nutzung des Internets nicht erlaubt. Eine Firma muss entscheiden, ob sie eine private
Nutzung verbietet, begrenzt oder generell erlaubt. Wer sich nicht daran hält, kann schlimmstenfalls
abgemahnt oder gekündigt werden.
• Eigenverantwortung gilt auch im Umgang mit Social Media. Jeder Mitarbeiter ist für seine Äuße-
rungen im Web 2.0 verantwortlich, ob privat oder beruflich. Man sollte also alle Mitarbeiter darauf
hinweisen, dass sie entsprechende Tools nicht unbedacht nutzen. Die Regeln von Anstand und
Respekt gelten auch im Web 2.0. Beleidigungen verbieten sich.
• Transparenz: Wer sich als Mitarbeiter eines Unternehmens in sozialen Netzwerken bewegt, sollte
sich stets mit richtigem Namen zu Wort melden und sich als Beschäftigter der jeweiligen Firma zu
erkennen geben. Beteiligt sich ein Mitarbeiter an einer Diskussion, sollte er in der ersten Person
kommunizieren und einen entsprechenden Hinweis an geeigneter Stelle hinterlegen. Das könnte
beispielsweise folgender Satz sein: "Dies ist mein privater Blog". Fehler sollte man offen eingeste-
hen, veröffentlichte Beiträge offen nachvollziehbar korrigieren. Authentizität und Transparenz sind
wichtig. Das muss sich in den Guidelines widerspiegeln.
• Einhaltung gesetzlicher Vorgaben: Urheberrecht, Markenrecht, Wahrung von Geschäftsge-
heimnissen, Verschwiegenheitspflicht - auch darauf ist zu achten. Der Betriebsrat hat ein Mitbe-
stimmungsrecht bei der Einführung von Guidelines. Eine gesonderte Betriebsvereinbarung ist sinn-
voll.
• Verbreitung unternehmensschädlicher Äußerungen: Der Übergang zur zulässigen Kritik ist
fließend. Allerdings darf sich ein Mitarbeiter nicht während der Arbeitszeit kritisch über seine Firma
äußern. Denn in diesem Zeitraum ist er verpflichtet, seine Arbeitskraft in den Dienst des Arbeitge-
bers zu stellen.
• Kontinuität und Kapazität: Eine regelmäßige Pflege der Kanäle ist wichtig. Das heißt: Hat der mit
dieser Aufgabe betraute Mitarbeiter genügend Zeit, um Beiträge anderer Foren zu lesen und quali-
fizierte Beiträge zu leisten? Die Frage, welchen Anteil seiner Arbeitszeit er für Social Media-Maß-
nahmen aufwendet, sollte in den Guidelines festgehalten werden.
• Monitoring und Expertise: Notwendig ist ein Passus, dass zumindest die Kommunikationsabtei-
lung eingeschaltet wird, wenn besonders positive oder negative Beiträge im Web über das eigene
Unternehmen auftauchen. Bei Unsicherheiten sollte man die Kommunikations-Abteilung generell
als sachkundigen Ansprechpartner angeben.
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Ausblick: Was geht noch ohne Social Media?
Die Harrisburg University of Science
and Technology hat Mitte September
eine einwöchige Sperre aller Social
Media-Aktivitäten für Studenten ver-
hängt. Nur mails blieben gestattet.
Der Rektor wollte nach eigener Aus-
sage erreichen, dass sich die Studen-
ten ausführliche Gedanken über den
Gebrauch von digitaler Kommunikati-
on machten. Er hatte nämlich festge-
stellt, dass diese Art der Kommuni-
kation nicht mehr aus dem täglichen
Leben wegzudenken ist, gleichzeitig
aber unglaublich viel Zeit verschlingt.
Ähnlich geht es mittlerweile allen: Fir-
men, Einzelpersonen, Institutionen. Soziale Netzwerke haben ein so ungeheures Potential, dass sie uns zu über-
rollen drohen, wenn man allzu gedankenlos damit umgeht. Deshalb: Eine reine Potential-Analyse ist zumeist
nicht ausreichend. Es ist notwendig, die schier unerschöpflichen Möglichkeiten von Social Media verstehen zu
lernen - und dann auszuprobieren, was Sinn macht oder nicht.
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MICHAEL WOLF MANAGEMENT | INTERIM MARKETING & CONSULTING
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Umbau oder Aufbau von Marketing-Organisationen? Überbrückung einer Nachfolgeproblematik? Oder: Ihre
Führungskraft fällt längere Zeit aus? Ihr neuer Mitarbeiter beginnt erst in einigen Monaten? Sie planen ein größe-
res Projekt – neben dem Tagesgeschäft?
Dann übernehme ich – zeitlich begrenzt, inhaltlich eindeutig definiert. Egal ob strategisch/konzeptionell oder
durch Übernahme der operativen Führungsverantwortung. Sie bestimmen die Vorgehensweise. Gemeinsam
definieren wir die einzelnen Schritte und Milestones – und welche zeitliche und örtliche Arbeitsweise notwendig
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Qualität. Erfahrung. Vertrauen. Über 15 Jahre Marketing- und Kommunikationserfahrung in mehr als 400 Projekten unterschiedlichster Ausprä-
gung. Über zwölf Jahre Managementerfahrung - auf Unternehmens- wie auf Agentur-Seite. In allen Feldern mo-
derner Marketing-Kommunikation. Mit dieser Expertise übernehme ich, zeitlich und inhaltlich mit den beauftra-
genden Unternehmen exakt abgestimmt, die Management-Aufgabe und sorge verantwortlich für die reibungslo-
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kation. Oder bleiben Sie mit meinem Twitter-Thread „Mikes_Evernotes“ zu aktuellen Meldungen aus der Welt
des Marketings auf dem Laufenden.
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5. QUELLEN
Amazon www.amazon.de
Autonomy www.autonomy.com
Bayerische Landeszentrale für Medien www.blm.de
Bertelsmann www.bertelsmann.de
Bing www.bing.de
Bitkom www.bitkom.de
Brand Science Institut www.bsi.ag
Bundeswehr www.bundeswehr.de
Cnc-Arena www.cnc-Arena.com
Comcast www.comcast.com
Comscore www.comscore.com
ContactLab www.de.contactlab.com
Dell Computer www.dell.com
Deutsche Bahn www.bahn.de
Ergo Versicherungsgruppe www.ergo.com
Facebook www.facebook.com
Fraunhofer www.fraunhofer.de
Gartner www.gartner.com
G Data Security Labs www.gdata.de
Google www.google.de
Harrisburg University of Science and Technology www.harrisburgu.net
Indium www.indium.com
ITU Internationale Fernmeldeunion www.itu.int
IW Institut der Deutschen Wirtschaft www.iwkoeln.de
Kodak www.kodak.com
Levi's www.levi.com
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LinkedIn www.linkedin.com
Lufthansa www.lufthansa.de
Mattel www.mattel.com
Microsoft www.microsoft.com
MySpace www.myspace.com
Nielsen www.nielsen-media.de
Oberstaufen Tourismus www.dubistoberstaufen.de
Old Spice www.oldspice.com
Panda Security www.pandasecurity.com
Playdom www.playdom.com
PricewaterhouseCoopers www.pwc.de
Retarus www.retarus.com
Sevenonemedia Research www.sevenonemedia.de
Software-Initiative Deutschland www.softwareinitiative.de
Stellenanzeigen www.Stellenanzeigen.de
Steria Mummert Consulting www.steria-mummert.de
Strategy analytics www.strategyanalytics.com
Syzygy www.syzygy.net
Temmel, Seywald & Partner PR-Agentur www.tsp.at
TNS infratest www.tns-Infratest.com
TNSinfratest: Studie Discover Digital Life www.DiscoverDigitalLife.com
Twitter www.twitter.com
Unisys Deutschland www.unisys.de
VZ-Netzwerke www.vz-netzwerke.net
Wisewindows www.wisewindows.com
Yahoo www.yahoo.de
Zynga www.zynga.com
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6. CREDITS
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