Möglichkeiten und Grenzen eines ambulanten DBT-Netzwerkes
am 03.09.2005 in HeidelbergHans Gunia, Darmstadt
Borderline Persönlichkeitsstörung- Psychophysiologisches Defizit der Emotionsregulation -
1. Hohe Sensitivität
- prompte Reaktionen- niedrige Reizschwelle für emotionale Reaktionen
2. Hohe Reaktivität
- extreme Reaktionen- starke Erregungszustände beeinflussen kognitive Prozesse
3. Langsame Rückkehr zum Ausgangsniveau
- langanhaltende Reaktionen- hohe Sensitivität für den nachfolgenden emotionalen Stimulus
• Ambulante Einzel-Psychotherapie
• Ambulantes Skills-Training
• Telefonkontakte
• TherapeutInnen-Supervisionsgruppe
• Ergänzende Behandlungen ( z.B. Pharmakotherapie)
Dialektisch Behaviorale Therapie - Standardbausteine -
Akute Suizidalität ?
Erfolgskontrolle Probleme in der Lebensbewältigung
Therapiegefährdung ?
Ja Nein
Schwere Störung des emotionalen Erlebens?
Ja Nein
Dialektisch Behaviorale Therapie - Wahl des Behandlungsfokus -
Wahl der therapeu-tischen Methodik
Verhaltensanalyse Kettenanalyse
Ja Nein
Schwere Störungen der Verhaltenskontrolle ?
Ja Nein
im Moment sein der Zielhierarchie folgen
wohlwollendes Sor-gen für die Klientin Fordern
provokative, frecheKommunikation
warme, zugewand-te Kommunikation
miteinander eigene Grenzen beachten
VeränderungAkzeptanz
Validierung Veränderungsstrategien
Dialektisch Behaviorale Therapie - dialektische Behandlungsstrategien -
Fertigkeitentraining
„Das Fertigkeitentraining ist der Ton, aus dem die Einzeltherapeutin und die Patientin
eine Figur modellieren können“
1. Innere Achtsamkeit2. Umgang mit Gefühlen3. Stresstoleranz4. Zwischenmenschliche Fertigkeiten
Das Darmstädter DBT-Netzwerk
• Gegründet 1997
• Zusammenarbeit auf kollegialer Basis
• Beteiligt sind mehrere psychologische und ärztliche Praxen
Das Darmstädter DBT-Netzwerk
• Insgesamt 12 Therapeuten• 6 Verhaltenstherapeuten• 5 tiefenpsychologisch ausgebildete Kollegen• 1 assozierte Sozial-Pädagogin• 4 Männer• 8 Frauen• 5 Ärzte• 6 Psychologen• 1 Sozial-Pädagogin
Das Darmstädter DBT-Netzwerk
• 2 Therapeutinnen-Dropouts
• 2 Neuaufnahmen ins Therapeuten-Netzwerk
• Alter M= 52
• Therapieausbildungen M= 3,2
• Berufserfahrung M= 16,5 Jahre
• Davon in eigener Praxis M= 13 Jahre
Das Darmstädter DBT-Netzwerk
• Telefonische Erreichbarkeit M= 11,6 St.
• Subjektiv erlebter Stress M= 25 (0 bis 43 sehr anstrengend)
Patienten (Stand 2002)
• 61 Patienten haben ihre Therapie regulär beendet• 15 Abbrüche• Davon 5 ‚Early Dropouts‘• 12 Patientinnen waren bereits vor unserer Erhebung im
Programm• Alter: M= 35,2 (Range 20J. Bis 58J.)• Geschlecht; 81% Frauen, 19% Männer• GAF-Wert: M= 49,5 (Range 20 bis 58J.)• Stationäre Aufenthalte: M= 3,6 (16% der Patienten
ohne)
Patienten
• Durchschnittliche Verweildauer: M= 25,2 Wochen
• Ambulante psychotherapeutische Vorbehandlungen: 60% (davon mehr als die Hälfte mit 2-3 Therapieversuchen.
Patienten
Komordität
6747 43 37
18 11
01020304050607080
Aff
ektiv
eS
töru
ng
enE
ssst
öru
ng
Su
bst
anz-
mis
sbra
uc
An
gst
-st
öru
ng
en
Psy
cho
sen
Per
sön
lich
-ke
its-
Reihe1
Komordität
67
47 43 3718
11
0
20
40
60
80Af
fekt
ive
Stö
rung
en
Ess
stör
ung
Sub
stan
z-m
issb
rauc
h
Angs
t-st
örun
gen
Psy
chos
en
Per
sönl
ich-
keits
-
Reihe1
Patienten
Kritische Lebensereignisse
36
15
3337
24
05
10152025303540
Miß
brau
chin
der
Kin
dhei
tV
erge
wal
ti-gu
ng n
ach
Ein
tritt
der
Ver
nach
läs-
sigu
ng o
der
Gew
alt
Frü
heTr
ennu
ngen
oder
Tod
nahe
rA
ngeh
örig
er
% Reihe1
Patienten
Selbstverletzungen
22
6
34
31
7
Patienten ohneSelbstverletzungen
früher
ab und zu
häufig
phasenweise
Patienten
Anzahl der Patienten mit Suizidversuchen
58
10
10
22
keineSuizidversuche
1 Suizidversuch
2 Suizidversuche
3 und mehrSuizidversuche
Setting im November 2004
• 4 Skillsgruppen a ca 8 Patienten• 1 Männer-Skillsgruppe• 1 Skillsgruppe für Jugendliche• 1 fortgeschrittene Skillsgruppe• 1 mal im Monat Intervision a 90 Minuten• 1-2 mal im Jahr eintägige Supervisionsworkshops mit
einer Supervisorin aus Freiburg• 2 mal pro Jahr verlängerte Intervisionstreffen• Bei Bedarf Video-SV • Durchlauf an Patienten bisher etwa 115
Vernetzung in der Region
• 1999 bis 2001 Organisation von Fortbildungen für Kollegen von 2 in der Nachbarschaft liegenden PKH‘s und einer psychiatrischen Abteilung an einem Allgemeinkrankenhaus
• In einem PKH haben Kollegen ein Netzwerk aufgebaut• Kollegen der der psychiatrischen Abteilung arbeiten
teilweise nach DBT• Unser Netzwerk ist durch Fortbildungen und Vorträge
in der Region bekannt und wird gut angenommen.
Wie kommen Patienten in unser Projekt?
• Durch Überweisung von Kollegen, Kliniken, sozialpsychiatrischen Dienste.
• Über das Internet (Webseiten von Betroffenen, eigene Webseite).
• Durch Selbsthilfebücher.
• Eigene Patienten
Einstieg in unser Projekt
• Erstgespräch und Diagnoseerstellung bei einem Kollegen.
• Warteliste (Zur Stunde etwa ein halbes Jahr).
• Ein Kollege nimmt die Patientin auf.
Anfangsphase Therapie
• Commitmentarbeit
• Zielplanung
• Commitment zur Forschung
• Therapievertrag
• Anamneseerhebung
• Antrag an MDK
• Verteilen an eine Skillsgruppe
Mittlere Therapiephase
• Patientin hat gleichzeitig Einzel- und Gruppentherapie bei verschiedenen Therapeuten.
• Die Therapeuten tauschen sich in der monatlichen Supervision aus.
• Einzel- und Gruppentherapie werden aufeinander bezogen.
• Bei Bedarf Telefonanrufe der Patientin.
Therapieende
• Die Therapie endet regulär mindestens nach zwei Jahren ( wenn Skillstraining zweimal durchlaufen ist)
• Wenn Therapieziel erreicht sind.• Die Therapie endet irregulär wenn die
Patientin viermal hintereinander gefehlt hat.• Bei Bedarf Traumatherapie• Abschlussdokumentation für den MDK
Finanzierung
• Keine Regelfinanzierung• Finanzierung (Kostenerstattung) im Einzelfall• Spezieller Antrag, den die Kassen der Region an
den MDK weiter leiten.• Bei positiver Begutachtung durch den MDK
werden in der Regel 150 Einzel- sowie 100 Gruppensitzungen genehmigt.
• Probleme aktuell mit DAK und TK
Ausblick Finanzierung
• Im Moment bemühen wir uns um eine Finanzierung im Rahmen der Integrierten Versorgung.
• Alternative: Outsourcement der Skillsgruppen an Institutsambulanzen, Ausbildungsambulanzen oder sozialpsychiatrische Vereine
Evaluation
• Bisher etwa 115 Patienten im Programm.• Einjahresabbruchquote 12%.• Abnahme der Patientinnen mit Suizidversuchen von
36% der Patienten auf 6 % der Patienten.• Rückgang der Patienten, die sich selbst verletzten
von 79% auf 48%.• Rückgang der Patienten, sie sich mindestens einmal
wöchentlich verletzten von 17% auf 4%.• Rückgang der Dauer der stationärenAufenthalte von
2,57 auf 0,35 Wochen im Jahresmittel.
Reduktion der Selbstverletzungen
• Links die Selbstverletzungs-quote von 33 Patienten im Jahresmittel vor und während des ca. einjährigen Moduldurchlaufs.
Selbstverletzungen
DBT-JahrVorjahr
pro
Wo
che
3
2
1
0
3
2
1
0
Reduktion der stationären Aufenthalte
• Links die jährliche Dauer ihrer stationären Aufenthalte im Mittel der Vorjahre im Vergleich zu ihrem ersten Jahr DBT.
Stationäre Aufenthalte
DBT-JahrMittel Vorjahre
Wo
che
n
8
6
4
2
0
8
6
4
2
0
Veränderung der Depressionswerte
• BDI-Werte im Verlauf des ersten Therapiejahres
BDI
Zeitpunkt
3210
Sum
men
wer
t
55
45
35
25
15
5
Der nach innen gerichtete Ärger
• : Die gruppalen Verteilungen des ‘nach innen gerichteter Ärger‘ Summenwerts STAXI-AI im Verlauf des ersten Jahres der Therapie.
STAXI-AI
Zeitpunkt
3210
Sum
men
wer
t
30
25
20
15
10
Der nach aussen gerichtete Ärger
• Der ‘nach außen gerichtete Ärger‘ STAXI-AO im Verlauf des 1. Jahres der Therapie.
STAXI-AO
Zeitpunkt
3210
Sum
men
wer
t
30
25
20
15
10
5
Einsparungen Krankenhaus
• Einsparungen 15,5 Tage stationäre Behandlung
• Das ergibt überschlagen auf die 33 Patienten der Stichprobe eine Summe von:
• 33 X 15,5 Tage X Tagesatz 351 € =
• 179536,5 €
Kosten DBT im ersten Jahr
33 X 56,24€ X 42 Wochen = 77948,64€33 X 36,00€ X 42 Wochen = 49896,00€ 127844,64€
Einsparungen
• Ersparnis 179536,5€ - 127844,64€ = 51691,86€ pro Patient und Jahr 1566,42€
• Nicht enthalten sind Kosten, die durch Selbstverletzungen und Therapieabbrüche verursacht wurden.
Evaluation
• Datenbasis sind alle N=1052 Wochenrückblicke von 10/99 bis 1/00
EvaluationIn 75% der Wochenrückblicke wurden Stimmungsschwankungen berichtet; in
44 % der WR wurden Fertigkeiten angewendet.
30
59
11
haben geholfen
etwas geholfen
nicht geholfen
Fertigkeiten, die bei Stimmungsschwankungen tatsächlich
geholfen haben:
• Ablenken 66• Achtsamkeit 31• Radikales Akzeptieren 30• Beziehungseffektivität 23• Positive Erfahrungen schaffen 21• Dem Gefühl entgegengesetzt handeln 20• Nicht bewertend 19• Atemübungen 18
Fertigkeiten, die bei Stimmungsschwankungen tatsächlich
geholfen haben:
• Stresstoleranz 13• Wahrnehmen 13• Den Augenblick verändern 12• Selbstachtungseffektivität 12• Verwundbarkeit verringern 12• Zieleffektivität 10• Sport 24• Musik hören/Lesen/Fernsehen 11
Evaluation
In 57% der Wochenrückblicke wurden schwer lösbare Konflikte berichtet; In
35% der WR wurden Fertigkeiten angewendet
29
50
21haben geholfen
etwas geholfen
nicht geholfen
Fertigkeiten, die bei schwer lösbaren Konflikten geholfen haben:
• Beziehungseffektivität 27• Ablenken 24• Selbstachtungseffektivität 23• Zieleffektivität 19• Radikales Akzeptieren 15• Achtsamkeit 13• Wahrnehmen 13• Positive Erfahrungen schaffen 12
Fertigkeiten, die bei schwer lösbaren Konflikten geholfen haben:
• Dem Gefühl entgegengesetzt handeln 11
• Beschreiben 10
Evaluation
In 71 % der Wochenrückblicke wurde von quälenden Spannungszuständen berichtet.in 40% der Fälle wurden
Fertigkeiten angewendet.
27
61
12haben geholfen
etwas geholfen
nicht geholfen
Fertigkeiten, die bei Spannungszuständen geholfen haben:
• Ablenken 62• Sich beruhigen 35• Dem Gefühl entgegengesetzt handeln 32• Achtsamkeit 29• Teilnehmen 28• Konzentriert 27• Den Augenblick verändern 24• Radikales Akzeptieren 22
Fertigkeiten, die bei Spannungszuständen geholfen haben:
• Atemübungen 19• Wahrnehmen 15• Positive Erfahrungen schaffen 15• Nicht bewertend 15• Zieleffektivität 15• Beziehungseffektivität 12• Stresstoleranz 11• Selbstdisziplin 10• Sport 29• Baden/Duschen 11
Evaluation
In 45% der Wochenrückblicke wurde von 'Sich- nicht-spüren-können' berichtet;in
24% der Fälle wurden Fertigkeiten angewendet.
19
62
19haben geholfen
etwas geholfen
nicht geholfen
Fertigkeiten, die bei ‚sich nicht spüren können‘ tatsächlich geholfen haben:
• Wahrnehmen 15
• Stresstoleranz 8
• Körperpflege/Baden/Cremen 10
Fertigkeiten, deren Anwendung trotz Versuch häufig nicht gelungen ist
• Radikales Akzeptieren 31• Achtsamkeit 21• Nicht Bewerten 19• Atemübungen 18• Bewusster Umgang mit Gefühlen 14• Leichtes Lächeln 12• Konzentration auf den Augenblick 11• Wahrnehmen 10
Grenzen oder was fehlt?
• Regelfinanzierung• Behandlungsangebote für Borderline und
Substanzabusus• Behandlungsangebote für Borderline und geistige
Behinderung• Behandlungsangebote für Angehörige und
Familien von BPS• Ideen für die Behandlung von Borderline PS
komorbid mit Narzistischen PS
Was fehlt?
• Flächendeckende Versorgung mit ambulanten Netzwerken!