4 Entwicklung automatisierter Technologien und
Einrichtungen flir Demontage- und Sortiervorgange
beim Produktrecycling
4.1 Untersuchung der Automatisierbarkeit von
Demontage- und Sortiervorgangen
Bei der Entwicklung von Technologien und automatisierten
Einrichtungen fUr Demontage- und Sortiervorgange solI nach
folgend davon ausgegangen werden, daB eine Verfeinerung der
beim Produktrecycling durch Aufbereitung bereits angewandten
Verfahren der automatischen Demontage bzw. Zerkleinerung
(z.B. durch Shreddern) eirischlieBlich der darauffolgenden
Verfahren zur automatisierten Sortierung nach Nichtmetallen
und Metallen (z.B. durch Windsichten) bzw. nach Eisen- und
Nichteisenmetallen (z.B. durch Magnetscheiden), Leicht- und
Schwermetallen (z.B. durch Schwimm-/Sinkseparieren) fUr das
hier verfolgte Ziel nicht zum Erfolg fUhren kann.
SolchermaBen verfahrenstechnisch automatisierte Verfahren
losen die konstruktive Gestalt von Produkten und Bauteilen
auf, d.h. sie schaffen Trenn- bzw. Bruchstellen, die in al
ler Regel nicht mit den wahrend der Fertigung und Montage
des Produkts geschaffenen Verbindungsstellen der Bauteile
identisch sind.
Aufgabe solI es sein, fertigungstechnische Verfahren zur au
tomatischen Demontage und Sortierung zu entwickeln, bei de
nen die konstruktive Gestalt von Produkten bzw. Bauteilen
erhalten bleibt. Unter Demontage solI somit ein Trennen der
Bauteile an den in der Fertigung und Montage geschaffenen
Verbindungsstellen verstanden werden; unter Sortieren ein
Ordnen der Bauteile nach Arten, nicht nach Werkstoffen,
Zustands- bzw. Qualitatsmerkmalen oder anderen Gesichts
punkten.
Hierflir werden im folgenden die von den zu demontierenden
Produkten ausgehenden Einfllisse auf die Automatisierbarkeit
der erforderlichen Vorgange untersucht.
R. Steinhilper, Produktrecycling im Maschinenbau© Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1988
4.1.1
- 70 -
Umkehrbarkeit der Ab1aufe und Verfahren der
automatisierten Montage
Die Demontage eines Produkts und geordnete Abflihrung (Sor
tierung) seiner Bautei1e kann in gewissem Sinne a1s eine
10gische Umkehrung der Montage mit geordneter Zuflihrung der
Bautei1e angesehen werden. Hieraus 1ieBe sich sch1ieBen, daB
die Demontage eines Produkts bereits dann a1s automatisier-
bar beurtei1t werden kann, wenn beim Stand der Technik auch
seine Montage automatisierbar ist. Wlirde dies zutreffen, so
konnte es hier genUgen, auf die vergleichsweise umfangreiche
Literatur /42/ zur Automatisierung in der Montage zu verweisen.
Dieser RlickschluB von der Automatisierbarkeit der Montage
auch auf die Automatisierbarkeit der Demontage ist jedoch
nur zu einem Teil richtig.
Eine logische Umkehrung der Vorgange, d.h. die Nutzbarkeit
von Technologien und Einrichtungen zur automatisierten Mon
tage auch flir die Demontage gilt nur fUr die Ablaufe bei der
Bildung bzw. Auflosung der Baustruktur eines Produkts, d.h.
die Reihenfolge, in der Bauteile montiert bzw. demontiert
werden.
Sie gilt nicht fUr die Verfahren zum Fligen bzw. Losen der
Verbindungen zwischen Bauteilen:
Die DIN-Norm /43/ und die Konstruktionslehre /44/, /45/ teilen
die Fligeverfahren bzw. die Verbindungen grundsatzlich ein in
o nicht losbare Verbindungen
o losbare Verbindungen
mit zahlreichen weiteren Untergliederungen, auf die spater
noch einzugehen sein wird.
Bereits hier ist jedoch offensicht1ich, daB insbesondere
nicht losbare Verbindungen, z.B. SchweiBverbindungen, ohne
weiteres automatisiert gefUgt, nicht aber mit derselben
- 71 -
technischen Einrichtung auch wieder gelost werden konnen.
DarUber hinaus ist auch innerhalb automatisch montierbarer
losbarer Verbindungen mit Einschrankungen bezUglich der
automatischen Demontierbarkeit zu rechnen.
Somit sind nachfolgend fUr eine Beurteilung der Automatisier
barkeit der Demontage eifles Produkts in erster Linie zwei
EinflUsse zu untersuchen:
- die fUr einen automatischen Ablauf der Demontage maBgeb
liche Komplexitat der Baustruktur
sowie
- die fUr automatisierbare Demontageverfahren maBgebliche
AusfUhrung der Verbindungen.
4.1. 2 EinflUsse der Komplexitat von Baustrukturen
Neben dem etwas pragmatischen Ansatz einer Umkehrbarkeit der
Montageablaufe laBt sich die Komplexitat von Baustrukturen
als EinfluBgroBe auf die Automatisierbarkeit des Demontage
ablaufs auch eigenstandig ermitteln und bewerten. Damit kann
dann die Automatisierbarkeit des Demontageablaufs ala umge
kehrt proportional zur ermittelten Komplexitat einer Bau
struktur eingestuft werden.
Unter der Baustruktur eines Produkts ist die Art und Anzahl
seiner Bauteile sowie deren gegenseitige Anordnung zu ver
stehen /45/. Hierbei unterscheidet die Konstruktionslehre
grundsatzlich zwischen Baustrukturen, die nach der Integral
bauweise einerseits oder Differentialbauweise andererseits
gestaltet sind /46/. Eine solche Einteilung liefert jedoch
noch· keine detaillierte Aussage zur Komplexitat der Bau
struktur im Hinblick auf automatisierbare Demontageablaufe.
Zur detaillierteren Ermittlung der Komplexitat einer Bau
struktur sind dagegen Hilfsmittel der Graphentheorie /47/
geeignet:
- 72 -
Stellt man aIle Bauteile einer Baustruktur in einem Teile
verbindungsgraphen dar, so erscheinen die Bauteile als Kno
ten, die Anzahl der mit einem Bauteil in Kontakt stehenden
weiteren Bauteile als Verbindungslinien, Bild 19. Es leuch
tet ein, daB eine Baustruktur umso komplexer ist, je st~rker
ihr Teileverbindungsgraph vermascht ist.
Diese Komplexit~t laBt sich nach /48/ auch berechnen:
Die Anzahl Verbindungslinien eines Knotens bzw. Bauteils
ergibt den sogenannten VerknUpfungsgrad oder ·Knotengrad"
des Bauteils. Bildet man einen Durchschnittswert der Kno
tengrade aller Bauteile, so erhalt man den sogenannten
"mittleren Knotengrad" und damit eine MaBzahl fUr die Kom
plexitat der gesamten Baustruktur. Das Vorgehen bei der Be
rechnung wird in /48/ ausfUhrlich beschrieben. Festzuhalten
EINFLUSS DER KOMPLEXITAT VON BAUSTRUKTUREN AUF DIE AUTOMATISIERBARKEIT DES DEMONTAGEABLAUFS
(BaUStrukl\J ( hierarchisch
_"~I I Bougruppe ~
Teile-.erbine!
graph
Einstutung Domonlcgo
abbJf
e gul 8 mrt101 oschl«hl ~~h6
Bild 19
3,5
~"~t 3 Uj~ 2,5
§ _ ', S ,
'OOeilhierarchisch J!)(nicht tjerorchisch ,
- 73 -
bleibt dahe~ hier nu~, daB sich ein umso niedrigerer mitt
lerer Knotengrad e~gibt, je starker die Baustr'uktur als
"Baumstruktur" aufgebaut ist, d.h. es existiert ein Zen
tralbauteil ("Stamm"), das alle anderen Bauteile (.!.!Aste")
tragt.
Reine Baumstrukturen, flir die stets ein mittlerer Knotengrad
6 zwei ermittelt wird, da jedes Bauteil hochstens zwei Ver
bindungslinien hat, lassen sich auch als hierarchische
Strukturen bezeichnen /12/. Dies ergibt einen sehr einfachen
Demontageablauf, da lediglich aIle Bauteile nacheinander vom
Zentralbauteil zu losen sind, ohne dieses Umspannen, Umgrei
fen oder Wechseln zu mlissen.
Bild 19 stuft solche hierarchische, teilhierarchische und
nicht hierarchische Baustrukturen in drei Komplexitatsklas
sen ein /49/ und Ieitet daraus eine Beurteilung der
Automatisierbarkeit des Demontageablaufs von Produkten un
terschiedlich komplexer Baustruktur abo
4.1. 3 EinfIlisse der Ausflihrung von Verbindungen
Folgt man der aus Sicht der Konstruktionstechnik "flir die
Praxis empfohlenen Einteilung der Verbindungen" /45/, in
o losbar
o nicht Iosbar
- Formschl uB :
- KraftschIuB:
- plastischer
FormschluB:
- StoffschluB:
Schrauben
direkt Fligen
(AufIegen/EinIegen/Ein
schieben)
Schrumpfen, Pressen, •••
Nieten, Bordeln, •••
SchweiBen, Loten, Kleben, •••
- 74 -
und fordert zur Automatisierbarkeit der Demontageverfahren
die Anwendbarkeit derselben Verfahren, die auch zur Montage
angewandt werden, so sind hinsichtlich der LOsbarkeit nur
losbar ausgefuhrte, durch FormschluB erzeugte Verbindungen
als geeignet anzusehen.
Die hierfUr als Beispiele in obiger Aufzahlung genannten
Verfahren lassen sich durch
o Schrauben o Schrauben
o Auflegen o Abnehmen
o Einlegen o Herausnehmen
o Einschieben o Auseinanderschieben
als direkte Umkehrung der automatisierbaren Montage zur De
montage nutzen.
DarUber hinaus konnen auch losbar ausgefUhrte, durch
KraftschluB erzeugte Verbindungen im Einzelfall fur eine
automatisierte Demontage geeignet sein.
Hinsichtlich der Zuganglichkeit von Verbindungen ist - zum
Losen der Verbindung in einer moglichst einachsigen Linear
oder Drehbewegung - darUber hinaus eine in Fuge- bzw. Lose
richtung liegende axiale Zuganglichkeit der Verbindung fur
ein Demontagewerkzeug zu fordern.
Bild 20 teilt die Verbindungen unterschied1icher Produkte
aus der Situationsanalyse mit Hilfe der formulierten Krite
rien "Losbarkeit" und "Zuganglichkeit" in automatisch 10s
bare und nicht automaisch losbare Verbindungen ein und lei
tet aus dem Anteil automatisch losbarer Verbindungen eine
Einstufung der Automatisierbarkeit der Demontageverfahren
fUr diese Produkte her.
StoffsehluR
- 75 -
EINFLUSS OER AUSFUHRUNG VON VER81NOUNGEN AUF DIE AUTOMATISIERBARKEIT OER DEMONTAGEVERFAHREN
Beurtellung de,.. Zugang llLhkeit nur bei lasbar-en Verbindungen
Etnstufung
Bild 20
4.1. 4 Weitere Einflusse und Randbedingungen
Neben der Komplexitat der Baustruktur und der Ausfuhrung von
Verbindungen hinsichtlich Losbarkeit und Zuganglichkeit sind
als wichtigste weitere Einflusse auf die Automatisierbarkeit
der Demontage eines Produkts zu beachten:
Demontagesttickzahl: Fur den wirtschaftlichen Betrieb einer
automatisierten Demontageeinrichtung sind groBere Stuckzah
len von Vorteil.
BaugroBe des Produkts: Die BaugroBe des Produkts sowie die
notwendigen Krafte zum Losen der Verbindungen mussen im Ar
beitsraum bzw. Lastbereich der beim Stand der Technik ver
fugbaren Automatisierungseinrichtungen, z.B. Industrierobo
tern, Schraubwerkzeugen usw. liegen.
- 76 -
Einsatzbedingungen des Produkts: Starke Verschrnutzung und/
oder Korrosion des Produkts und der Verbindungselernente wah
rend des Einsatzes stellen die technische Durchfuhrbarkeit
einer autornatisierten Dernontage in Frage.
Als zusatzliche Randbedingung wird festgelegt:
Mechanisierungsgrad der Demontage im Istzustand: Zur Sicher
stellung einer ausreichenden Praxisnahe und entsprechenden
Urnsetzungsrnoglichkeiten ist eine Begrenzung des Technologie
sprungs beirn Ubergang auf eine autornatisierteDemontage und
damit eine im Istzustand weitgehend rnechanisierte Demontage
wlinschenswert.
Zur Konzeption von Technologien und Einrichtungen zur Auto
matisierung von Demontage- und Sortiervorgangen sollten da
bei nur Produkte aus laufenden Austauscherzeugnisfertigungen
herangezogen werden.
4.1.5 Ermittlung autornatisiert dernontierbarer Erzeugnisse
Wendet man die in den vorangegangenen drei Abschnitten
erarbeiteten sechs EinfluBkriterien und Randbedingungen auf
die in den Situationsanalysen untersuchten Erzeugnisgruppen
in Austauscherzeugnisfertigungen an, komrnt man zu dem in
Bild 21 dargestellten Ergebnis.
Als geeignetes Demontageobjekt fur die Konzeption einer
flexibel automatisierten Dernontagezelle ergibt sich sornit
ein in laufenden Austauscherzeugnisfertigungen bereits in
Stuckzahlen bis 10.000 pro Woche aufgearbeiteter, weitge
hend in hierarchischer Baustruktur aufgebauter Kfz-Vergaser.
Diese Erzeugnisgruppe wird in der Neuproduktion rneist be
reits vollautornatisch rnontiert /50/ und in laufenden Aus
tauscherzeugnisfertigungen bereits in groBen Stuckzahlen an
rnechanisierten Arbeitsplatzen demontiert /51/.
- 77 -
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des Produkts. Lm At~tstourn \0"1 Aut(.YTl(lIlS'lefung!(' rvd'ttg -
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KorrOSIOfl
Demontage ~ • ~ ~ 0 ~ 0 0 well -I ' 1.11- I "lchl ~ Wf'ISt
im Istlustand m.chQ.nI~~ I
Eignung fur die automat lslerte Oemonlage und Sol"'tierung ; _gut G bedingt onicht
Bild 21
4.2 Konzeption einer flexibel automatisierten Demontage
zelle fur ausgewahlte Erzeugnisse
Die als notwendige technologische Verbesserung in Austausch
erzeugnisfertigungen geforderte Entwicklung automatisierter
Technologien und Einrichtungen fur Demontage- und Sortier
vorgange wurde durch Konzeption einer flexibel automatisie
rten Demontagezelle fur die vorliegende Arbeit verwirklicht
und in /52/ bereits ausfuhrlich vorgestellt.
Sie solI daher nachfolgend nur hinsichtlich der wesentlichen
Entwicklungsergebnisse dargestellt werden.
Als beispielhaftes Demontageobjekt zur technischen Auslegung
der Demontagezelle wurde aus der im vorangegangenen Abschnitt
ausgewahlten Erzeugnisgruppe "Kfz-Vergaser" ein einstufiger
Fallstromvergaser zugrundegelegt, de~ zur Zeit der Konzep
tion der Demontagezelle die hochsten Produktionsstuckzahlen
- 78 -
in der Neuproduktion und damit die hochsten potentiellen
Rticklaufraten erzielte.
4.2.1 Automatisierbare Demontageaufgab.en
Zur vollstandigen Demontage des zugrundegelegten Demontage
objekts sind 75 Demontagevorgange notwendig.
Die Baustruktur des Vergasers sowie die Ausftihrung der hier
bei zu losenden Verbindungen erftillen in der tiberwiegenden
Mehrzahl (65 Vorgange) die in den Abschnitten 4.1.2 und
4.1.3 erarbeiteten Anforderungen an eine automatische De
montierbarkeit, so daB sich ein ausreichender Arbeitsinhalt
ftir eine flexibel automatisierte Demontagezelle ergibt. Die
ser Arbeitsinhalt besteht im Demontieren von 65 automatisch
demontierbaren Bauteilen und Verbindungselementen von dem
als Zentralbauteil der weitgehend hierarchischen Baustruktur
des Vergasers anzusehenden Vergasergrundgehause bzw. yom
Vergaserdeckel, solange dieser noch mit dem Vergasergehause
verbunden ist, Bild 22. Die in Bild 22 angesprochenen 15
Demontageschritte werden im Abschnitt 4.2.4 noch erlautert.
Wie aus Bild 22 ebenfalls ersichtlich, ergibt sich aufgrund
einiger nicht automatisierbarer Demontageaufgaben jedoch
auch die Notwendigkeit einer manuellen Vor- und Nachdemontage:
Die manuelle Vordemontage, erforderlich aufgrund nicht auto
matisch losbar ausgeftihrter Verbindungen, umfaBt folgende
Bauteile:
Magnetabschaltventil: Die Sechskant-Schltisselflache des
Magnetabschaltventils liegt verdeckt hinter dem Spulenkorper
groBeren Durchmessers und ist daher nur radial zuganglich.
Das Magnetabschaltventil muB daher vorab manuell demontiert
werden, urn den Zugang zu den tibrigen Verbindungen ftir deren
automatische Demontage zu schaffen.
- 79 -
AUTOMATISIERBARE UNO NICHT AUTOMATISIERBARE DEMONTAGEAUFGABEN AN EINEM KFZ-VERGASER
Manuetle Noch
demontage
Automatisierbare Hauptdemontage
{15 Demontageschrittel
Bild 22
Starterklappe und Drosselklappe: Die Befestigungsschrau-
ben der beiden Vergaserklappen sind als Durchgangsschrauben
durch die Starter- bzw. Drosselklappenwelle an ihrem rtick
wartigen Ende durch Verstemmen (plastische Verformung) gegen
Herausdrehen gesichert und mtissen daher vorab durch Aus
bohren zerstorend entfernt werden, womit auch die beiden
Klappen bereits demontiert werden.
Die manuelle Nachdemontage, erforderlich durch die Bau
struktur des Vergasers, aufgrund derer bei einigen Demonta
gevorgangen ganze Baugruppen anfallen, die noch weitere De
montageaufgaben beinhalten, umfaBt folgende Bauteile:
- 80 -
- Demontieren des Heizelementes aus dem automatisch demon
tierbaren Startautomatikdeckel
- Demontieren des Schwimmernadelventils aus dem automatisch
demontierbaren Vergaserdeckel
- Demontieren des Hebelgestanges aus dem automatisch demon
tierbaren Beschleunigungspumpendeckel
Weitere Aufgaben der manuellen Nachdemontage, wie z.B. das
Losen der an demontierten Bauteilen moglicherweise anhaf
tenden oder verklebten Dichtungen usw., seien hier nur der
Vollstandigkeit halber erwahnt. In der industriellen Praxis
werden diese Aufgaben der Reinigung zugerechnet.
4.2.2 Teilfunktionen der Demontageaufgaben
Zur Erarbeitung von Automatisierungslosungen flir die Demon
tageaufgaben wurden diese in folgende flinf Teilfunktionen
zerlegt:
- Handhaben des Demontageobjekts: Der zu demontierende Kfz
Vergaser muB definiert eingespannt, gedreht und gewendet
werden konnen, urn ihn an seiner Oberseite sowie an drei
Seitenflachen frei zuganglich den entsprechenden Demonta
gewerkzeugen anbieten zu konnen. Der Wendevorgang dient
hierbei auch dazu, geloste Bauteile und Verbindungs
elemente freifallend in einen entsprechenden Auffangbe
halter abzuflihren.
- Handhaben der Demontagewerkzeuge: Die zum Losen der auto
matisch demontierbaren Verbindungen notwendigen Demonta
gewerkzeuge, im Falle des Kfz-Vergasers angetriebene
Schraubwerkzeuge, ein Ausdrlickdorn sowie ein Bauteilgrei
fer, mlissen an das Demontageobjekt bzw. an die zu losende
Verbindung herangeflihrt und nach erfolgtem Demontagevor
gang wieder abgeflihrt werden.
- 81 -
- LHsen unterschiedlicher Verbindungen: Zur Demontage des
Kfz-Vergasers sind unterschiedliche Schrauhverbindungen
mit Sechskantkopf- und Schlitzkopfschrauben unterschied
licher Abmessungen zu 16sen, sowie durch Auflegen, Ein
legen und Einschieben hergestellte Verbindungen zu 16sen.
- Sortieren der demontierten Bauteile und Verbindungselemente:
Die demontierten Bauteile und Verbindungselemente sind
m6g1ichst weitgehend nach unterschiedlichen Arten, zumin
dest jedoch nach Baugruppen sortiert in unterschiedliche
Behalter abzuflihren.
- Uberwachen der Demontagevorgange: Urn St6rungen im Demon
tageablauf zu erkennen, muB zumindest die ordnungsgemaBe
Ausflihrung der Schraubvorgange sowie das erfolgte LHsen
bestimmter Bauteile vom Vergasergrundk6rper in geeigneter
Weise liberwacht werden.
4.2.3 Komponentenauswahl flir die Teilfunktionen und Aufbau
der Demontagezelle
Eine in /52/ ebenfalls ausflihrlich beschriebene Zusammen
stellung und anschlieBende Auswahl geeigneter marktgangiger
Automatisierungseinrichtungen bzw. Komponenten der Demonta
gezelle zur Erflillung der erlauterten Teilfunktionen fUhrte
zu folgendem Aufbau der Demontagezelle, der in Bild 23 in
Gegenliberstellung zur mechanisierten Demontage im Istzustand
/51/ dargestellt ist:
- Handhaben des Demontageobjekts: Zur Automatisierung des
Drehens und Wendens bzw. Schwenkens des sinnvollerweise
auf dem Ansaugrohrflansch identisch dem Einbau im Kfz auf
gespannten Demontageobjekts wurde ein elektrisch angetrie
bener 2-achsiger Dreh-/Wendepositionierer mit einer Auf
spannflache von 200 x 200 mm ausgewahlt.
- 82 -
GEGENUSERSTELLUNG MECHANISIERTER UNO AUTOMATISIERTER TECHNOLOGIEN UNO EINRICHTUNGEN
Teilfunktionen und ihre ErfUllung
1 Dreh- ' Wende positioniercr
Schwenkarm' ind ustrieroooter
3 Einwechsel -bare Creifer, Werkzeuge, Werkzeugeinsatze
Freier Fall in umlaufende Auffang behlilter
FUR OEMONTAGE - UNO SORTIERVORGANGE
Handhaben des
Demon tageobjekts
Handhaben der
DemontageWerkzeuj:le
Istzusland /511)
Sortieren der de
mont ier ten Bauteile
5 Oberwachen
der Demontagevorgange
5 Schroobweg- ~~--~~~~~--------------------~~ tiber wachung I Licht schranke
Bild 23
- 83 -
Da im FaIle des hier zugrundegelegten Kfz-Vergasers aIle
zu lasenden Verbindungen orthogonal im Raum stehen, reicht
es hierbei aus, wenn die Dreh- und Wendeachse jeweils urn
4 x 90 0 positionierbar sind. Damit ist sowohl ein Anbieten
des Demontageobjekts flir entsprechende Demontagewerkzeuge
an allen Seiten mit zu lasenden Verbindungen als auch ein
Drehen liber Kopf zum Trennen gelaster Bauteile und Ver
bindungselemente durch Schwerkraft bzw. Ruttelbewegungen
des Positionierers m5g1ich.
- Handhaben der Demontagewerkzeuge: Zur automatisierten
Handhabung der fur die Demontage erforderlichen Werkzeuge
wurde ein Schwenkarm-Industrieroboter mit 10 kg Tragkraft,
einem minimalen Arbeitsraum von 400 x 400 x 250 mm, aus
gerustet mit einem Wechselflansch flir Schraubwerkzeuge,
Ausdrlickdorne und Greifer, ausgewahlt.
- Lasen unterschiedlicher Verbindungen: Zum automatisier
ten Lasen von Schraubverbindungen wurden pneumatisch
angetriebene, automatisch aus einem Werkzeugmagazin ein
wechselbare Schraubwerkzeuge gewahlt. 1m FaIle des hier
zugrundegelegten Kfz-Vergasers ist hierbei je ein druck
luftbetriebener Gerad- und ein Winkelschrauber, jeweils
mit einem Stillstandsmoment von 20 Nm, einer Leerlauf
drehzahl von 600 U/min und einer Abgabeleistung von 370 W
bei einem Betriebsdruck von 6 bar erforderlich. Zum Ein
wechseln der notwendigen Schraubwerkzeugeinsatze in die
Schrauber (im F~lle des zugrundegelegten Kfz-Vergasers
Sechskantsteckschlusseleinsatze mit Schlusselweiten SW 10;
11 und 12 mm sowie Schraubendreherklingen fur Schlitz
schrauben mit 5/0,6; 6,3/1,1 und 8,5/1,5 mm Schlitzlange/
Schlitzbreite) wurde ein separates Werkzeugeinsatzmagazin
und eine Vierkantrastaufnahme als Wechselvorrichtung am
Schraubwerkzeug vorgesehen.
Zum Austreiben der Starter- und Drosselklappenwellen wurde
ein vom Industrieroboter ebenfaiis automatisch ein
wechselbarer Austreibdorn (im FaIle des zugrundegeIegten
- 84 -
Kfz-Vergasers mit 6 mm Durchmesser) mit federnder Abstreif
htilse vorgesehen.
Zum Abnehmen von aufgrund verklebter Dichtungen m6glicher
weise festsitzenden Bauteilen (insbesondere des Startauto
matikgehauses und des Vergaserdeckels) wurde ein eben
falls pneumatisch betatigter, automatisch einwechselbarer
Parallelgreifer mit 80 mm offnungsweite der Greifbacken
und 40 mm Backenhub vorgesehen.
- Sortieren der demontierten Bauteile: Ein vollstandig ar
tenreines Sortieren von Bauteilen und Verbindungselementen
erwies sich als technisch und wirtschaftlich nicht sinn-
voll automatisierbar. So wird beispielsweise bei der De
montage eines Deckels durch L6sen der Deckelschrauben beim
L6sen der letzten Schraube stets der Deckel und die
Schraube gemeinsam anfallen. Aus diesem Grunde wurde die
erzielbare Feinheit der Sortierung darauf beschrankt, je
weils die bei den im Abschnitt 4.2.4 noch zu beschreiben-
den 15 Demontageschritten gemeinsam anfallenden Bauteile
und Verbindungselemente in einem eigenen Auffangbehalter
zu erfassen. Die gel6sten Bauteile und Verbindungselemente
fallen hierbei nach dem schon erwahnten Schwenken des De
montageobjekts durch einen Auffangtrichter in den jeweiligen,
tiber ein Umlaufmagazin bereitgestellten Auffangbehalter.
- Uberwachen der Demontagevorgange: Zur Uberwachung der
ordnungsgemaBen Ausftihrung von Schraubvorgangen erscheint
eine in der Montage neuer Schrauben haufig angewandte
Drehmoment-/Drehwinkeltiberwachung an den Schraubwerkzeugen
zu unsicher, da hierbei eventuell auch abgewtirgte Schrau
ben oder durchrutschende Werkzeuge (bei deformiertem
Schraubenkopf) als gel6ste Schraubverbindungen erfaBt
wtirden. Aus diesem Grunde wurde ein vergleichsweise ein
fach aufgebauter, elektrischer Schraubwegaufnehmer kon
zipiert /53/, mit dessen Hilfe das erfolgte Herausdrehen
einer Schraube zuverlassig tiberwacht werden kann.
- 85 -
Zur Kontrolle der erfolgten Trennung eines Bauteils wurde
darUber hinaus eine Lichtschranke im Auffangtrichter fUr
die Bauteile vorgesehen, die durchfallende Bauteile re
gistriert.
4.2.4 Ablauf der automatisierten Demontage
FUr die automatisierte Demontage wird das Demontageobjekt
nach der manuellen Vordemontage in den WerkstUckpositionie
rer eingelegt und gespannt.
Die Einteilung der darauffolgenden automatisierbaren Haupt
demontage in technisch und wirtschaftlich sinnvolle automa
tisierte Demontageschritte hat als technische Vorbedingung
zunachst den Demontage-Vorranggraphen des Kfz-Vergasers zu
berUcksichtigen, aus dem hervorgeht, welche Demontageaufga
ben bzw. Demontageschritte unabhangig voneinander und damit
zu beliebigen Zeitpunkten im Demontageablauf ausgefUhrt
werden konnen (parallel liegende Demontaschritte im Vor
ranggraphen), und welche nur nacheinander ausgefUhrt werden
konnen (aufeinanderfolgende Schritte im Vorranggraphen) •
Als wirtschaftliche ZielgroBe ist darUber hinaus anzustre
ben, den Anteil der zwischen den einzelnen Demontageschritten
anfallenden Nebenzeiten fUr die Handhabung von Demontageob
jekt und Demontagewerkzeugen, insbesondere jedoch fUr Werk
zeugwechselvorgange, an der gesamten Demontagezeit moglichst
gering zu halten.
Geht man davon aus, daB Werkzeugwechselvorgange erheblich
mehr Zeit erfordern als Dreh- und Wendebewegungen des
WerkstUckpositionierers oder Bewegungen des Industrierobo
ters, so sind bei der automatisierten Demontage stets so
viele Verbindungen wie moglich mit dem gleichen Werkzeug,
d.h. soweit es der Demontagevorranggraph gestattet, unmit
telbar nacheinander zu demontieren. Bild 24 zeigt den fUr
den Demontagevorranggraphen des zugrundegelegten Kfz
Vergasers auf diese Weise ermittelten optimalen Demontage
ablauf in 15 Demontageschritten.
- 86 -
Zwischen jedem der angegebenen Demontageschritte ist hierbei
ein Werkzeug- bzw. Werkzeugeinsatzwechsel und/oder eine
Dreh- oder Wendebewegung des Demontageobjekts erforderlich.
Aus Bild 24 laBt sich jedoch erkennen, daB bei der gefundenen
Einteilung der Demontageschritte mehrmals dasselbe Werkzeug
tiber 3 oder 4 Schritte hinweg beibehalten werden kann.
Bei storungsfreiem Ablauf der Demontage fallen dabei pro
Demontageschritt die in Bild 24 ebenfalls gezeigten Bauteile
und Verbindungselemente an. Weist man jedem Demontageschritt
einen eigenen, tiber das Umlaufmagazin bereitgestellten Auf
fangbehalter ftir Bauteile und Verbindungen zu, ergibt sich
eine automatische Sortierung nach demontierten Funktionsbau
gruppen des Vergasers, die die in der mechanisierten Demontage
nach Bild 23 erzielte Feinheit der Sortierung (nach Art der
gelosten Schraubverbindungen) noch tibertrifft.
Treten Storungen im Demontageablauf auf und werden diese
durch die Uberwachungseinrichtungen erkannt, so sind hiervon
der gerade ausgeftihrte Demontageschritt sowie die im Demon
tagevorranggraphen auf den gestorten Demontageschritt fol
genden Demontageschritte betroffen. Als Reaktion auf er
kannte Storungen kann somit das Uberspringen dieser betrof
fenen Demontageschritte und ein Ausweichen auf die noch
verbliebenen, in der vorgesehenen Reihenfolge weiterhin au
tomatisiert durchftihrbaren Demontageschritte bei der Pro
grammierung des Demontageablaufs vorgesehen werden. Diese
laut Bild 24 bei Storungen zu liberspringenden Demontage
schritte sind dann bei der ohnehin notwendigen manuellen
Nachdemontage des Kfz-Vergasers mit auszuftihren bzw. nach
zuholen.
- 87 -
ABLAUF DER AUTQMATISIERTEN DEMONTAGE EINES KFZ-VERGASERS
( Automahsierte liITlOI1togeschrMe bei J ( Demontage- J _ Minimierung der Anzahl VW!fkzeugwechsel _ .... ___ V<-,---()I'Ta')_-=gg~ra~p_h_--"
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4.2.5 Einsatzbereich und Anwendungsproblematik
Das Leistungsprofil der konzipierten flexibel automatisier
ten Demontagezelle laBt ihre prinzipielle technische Ein
setzbarkeit fUr Demontageaufgaben an zahlreichen heute in
Austauscherzeugnisfertigungen noch weitgehend manuell demon
tierten Produkten erwarten. Als solche Produkte kommen neben
dem behandelten Kfz-Vergaser weitere Kfz-Baugruppen wie Ein
spritzpumpen, Anlasser, Generatoren, aber auch andere Erzeug
nisgruppen wie z.B. Elektrowerkzeuge in Betracht.
DarUber hinaus kann die Demontagezelle auch beim Produktre
cycling durch Aufbereitung zum sortenreinen Trennen der Bau
teile unterschiedlicher Werkstoffe, das durch Shreddern und
nachfolgende Verfahren nicht befriedigend gelingt, ein
gesetzt werden.
Ein wirtschaftlicher Anwendungsbereich der entwickelten De
montage zelle wird aufgrund von vergleichbaren Aufgaben aus
dem Montagebereich, die mit Hilfe von Industrierobotern und
ahnlicher zugehoriger Peripherie automatisiert werden konnen
/42/, sicherlich nur an der Obergrenze des betriebswirt
schaftlich vertretbaren ermittelt werden kOnnen. Dieser
setzt zumindest eine gute Auslastung (hohe DemontagestUck
zahlen) und einen storungsfreien Betrieb der Demontagezelle
voraus.
Zur Klarung der hier anstehenden Fragen wird die experimen
telle Erprobung der Demontagezelle in einer weiterfUhrenden
Arbeit beitragen.