Transcript

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 1/180

 

Realitätscheck

für denKlimaschutz

 Herausgeber 

Steffen HentrichHolger Krahmer

Globale Klimapolitik zwischen Anspruch und Wirklichkeit 

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 2/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 3/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 4/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 5/180

 

Realitätscheck fürden Klimaschutz

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 6/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 7/180

 

Realitätscheck fürden Klimaschutz

 Herausgeber 

Steffen HentrichHolger Krahmer

Globale Klimapolitik zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die EU-Klimapolitik:Teuer und ineffektiv 

Manuel Frondel

Eine vernünftigeKlimapolitikin einer Welt vollerUnsicherheiten

Ross McKitrick

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 8/180

 

© 2011

Die Autoren und Herausgeber

Herausgeber

Steen Hentrich

Holger Krahmer

Autoren

Ross McKitrick

Manuel Frondel

Titelgestaltung, Layout, Satz

RAUM II

Agentur ür visuelle Kommunikation

Christoph Jahn | Frank Ekelmann

www.raum-zwei.com

Übersetzung aus dem Englischen

Tanja Felder

www.sprachelder.de

Lektorat

Ewald Oetzel

Druck

Förster & Borries GmbH & Co. KG

www.oebo.de

Papier

Inhalt: Probulk 1.3, 115 g/m²

Bezug: Prosilk, 140 g/m²

Steffen Hentrich

Friedrich-Naumann-Stitung ür die Freiheit

Liberales Institut

Reerent | Senior Research Fellow

Karl-Marx-Straße 2

14482 Potsdam

Teleon +49 331 7019129

[email protected]

www.reiheit.org

Holger Krahmer

Mitglied des Europäischen Parlaments

Abgeordnetenbüro ‘krahmerladen’

Nonnenmühlgasse 1

04109 Leipzig

Teleon +49 341 2535580

[email protected]

www.holger-krahmer.de

Erste Aufage

Alle Rechte vorbehalten.

Dieses Werk oder Teile des Werkes düren

nicht ohne die schritliche Genehmigung der

Herausgeber vervielältigt, in Datenbanken

gespeichert oder in irgendeiner Form

übertragen werden.

ISBN 978-3-00-036040-4 | Print

ISBN 978-3-00-03604 1- 1 | eBook

Printed in Germany

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 9/180

 

 Inhalt

Vorwort 7

Eine vernünftige globale Klimapolitik 13

in einer Welt voller Unsicherheiten

Ross McKitrick

1. Einleitung 15

2. Theoretische Grundlagen der Klimapolitik 29

3. Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens 47

4. Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse 79

bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5. Schlussolgerungen 91

Literatur 95

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineffektiv  103

Manuel Frondel

1. Einleitung 105

2. Der geringe Eekt der 109

Treibhausgasminderungspolitik der EU

3. Kontraproduktive internationale Rückwirkungen 119

4. Mangelnde Kostenezienz der 123

Treibhausgasminderungspolitik der EU

5. Schlechte Chancen ür ein globales 135

Klimaabkommen zur Treibhausgasminderung

6. Erolgsträchtigere Alternativen 141

7. Anpassung an die globale Erwärmung 149

8. Zusammenassung und Schlussolgerung 155

Literatur 159

Die Autoren und Herausgeber 167

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 10/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 11/180

 

Vorwort

 Vorwort

Steffen Hentrich | Holger Krahmer

Die derzeitige klimapolitische Diskussion geht von der Prämisse aus,

dass die wissenschatlichen Erkenntnisse über das globale Klima undden darau wirkenden Einfuss des Menschen hinreichend sind, um da-

raus schon heute klare Handlungsempehlungen ür eine langristige

Klimapolitik ableiten zu können. Ebenso vorherrschend ist der Glaube,

dass internationale Abkommen möglich und derzeit praktizierte und

geplante Klimaschutzmaßnahmen wirksam sind. Bei näherer Betrach-

tung wird jedoch die Realitätserne dieser Annahmen oensichtlich.

Tatsächlich gehen die Einschätzungen über die Validität der herrschen-den wissenschatlichen Lehre über die Ursachen und das Ausmaß des

Klimawandels unter den Experten der unterschiedlichsten wissen-

schatlichen Disziplinen weit auseinander. Um Klimamodelle und Kli-

madaten gibt es einen intensiven wissenschatlichen Disput.

Doch nicht nur die naturwissenschatliche Dimension des Klima-

wandels ist heiß umstritten, sondern auch die Frage nach einer ange-

messenen Reaktion au die globalen Klimaveränderungen und die ge-

eignete Implementierung klimapolitischer Maßnahmen. Obwohl sich

Klimawissenschatler ebenso wie Umweltpolitiker der herrschenden

Unsicherheiten bewusst sein sollten, werden die damit verbundenen

Herausorderungen ür die menschliche Handlungsähigkeit in der

internationalen Klimapolitikarena selten zugegeben. Hinter dieser

Kulisse der Sicherheit sind die unterschiedlichsten Interessengruppen

schon längst dabei, die Löcher der wissenschatlichen Erkenntnis mit

7

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 12/180

 

den notwendigen Zutaten ür die Durchsetzung ihrer eigenen Interes-

sen zu stopen. Kein Wunder, dass es dem Sammelsurium der derzei-

tig praktizierten Klimaschutzinstrumente an Eektivität und Ezienz

ehlt. Selbst in der heilen Welt des Klimakonsenses kommt man nicht

umhin, die Risse in der Fassade der wackligen Konstruktion internati-

onaler Vereinbarungen anzuerkennen. Wo politische Entscheidungslo-

gik, Lobbyismus und der Glaube an eine ökologisch motivierte Wirt-

schatslenkung geprägte Ideologie regiert, ist wenig Platz ür Rationali-

tät und wirtschatliche Freiheit.

Rationale Klimapolitik muss sich der Herausorderung der natur-

wissenschatlichen und sozioökonomischen Unsicherheiten stellen,nicht nur um den derzeitigen Stillstand der internationalen Klimaver-

handlungen zu beenden. Der Wohlstand der Menschen in der entwi-

ckelten Welt steht ebenso au dem Spiel wie die Entwicklungsoptio-

nen in den ärmsten Regionen unseres Planeten. Unter den gegebenen

technologischen Bedingungen ist die künstliche Verknappung von

reichlich vorhandenen und kostengünstig nutzbaren ossilen Energie-

trägern ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis ür Produktivitäts-ortschritte, die notwendig sind, Millionen Menschen au der Erde an-

gemessen zu ernähren sowie menschenwürdige Lebensbedingungen

und realistische Entwicklungschancen zu ermöglichen. Wir wissen bis

heute nicht, ob eine Konzentration au die Vermeidung von Treibhaus-

gasemissionen in der Klimapolitik ein wirksamer Weg zur Verhinde-

rung der beürchteten Folgen eines globalen Klimawandels ist. Unter

den Bedingungen ungenauer Kenntnis der Zusammenhänge zwischen

klimatischen Veränderungen und wirtschatlichen Aktivitäten und

den hohen Unsicherheiten über die Dynamik der wirtschatlichen Ent-

wicklung ist ein verantwortlicher Umgang mit knappen Ressourcen

unumgänglich, will eine Gesellschat Hemmnisse ür ihre zuküntigen

Entwicklung möglichst gering halten. Mehr Wohlstand und weniger

Umweltverschmutzung sind gemeinsam nur zu erreichen, wenn wir

mit den uns zur Verügung stehenden Mitteln so ezient wie möglich

8

Steen Hentrich | Holger Krahmer

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 13/180

 

Vorwort

umgehen. Wenn nicht, riskieren wir wertvolle Entwicklungsoptionen

ür die heute lebenden Menschen und zuküntige Generationen.

Doch nicht nur die sozioökonomischen Folgen des herrschenden

klimapolitischen Paradigmas geben Anlass zur Sorge, auch die im

Namen des Klimaschutzes immer stärker um sich greiende Erosion

bürgerlicher Freiheiten ist alarmierend. Grundlegende Menschen-

rechte stehen ebenso au dem Spiel wie Entwicklung und Fortschritt.

Auch aus diesem Grund ist eine fexiblere und eziente Klimapoli-

tik unumgänglich, eine Klimapolitik, die sich statt an starren Zielen

am sich wandelnden Wissen orientiert und sich au Maßnahmen be-

schränkt, die nachweislich die Belastungen ür die Bürger minimie-ren. Das bedeutet eine Kombination eines maßvollen Einsatzes e-

zienter Instrumente zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen

und von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, die mit

einem Minimum an Eingrien in Märkte und die individuellen Rech-

te der Bürger auskommen.

Dieses Buch versucht die Lücke zwischen dem Allmachtsanspruch

der Klimapolitik und dem nach menschlichem Ermessen sinnvollenBeitrag zur Vorsorge in einer Welt unsicherer zuküntiger Entwicklun-

gen zu schließen, oensichtliche Schwächen der Klimapolitik auzude-

cken und Alternativen zu beschreiben.

Ross McKitrick analysiert hierzu die wohlahrtsökonomischen Vo-

raussetzungen der Klimapolitik unter naturwissenschatlichen und

sozioökonomischen Unsicherheiten, zeigt diese anhand jüngster Er-

gebnisse der empirischen und modellorientierten Klimaorschung au 

und zieht daraus Schlussolgerungen ür die praktische Klimapolitik.

Kern seiner Empehlung ist eine Emissionsabgabe, deren Höhe entspre-

chend einer transparent nachvollziehbaren Entscheidungsregel fexibel

an beobachtbare Temperaturentwicklungen angepasst werden kann.

Ein derartiges Klimaschutzinstrument vermeidet die Geahr politischer

Überreaktionen oder systematischer Fehleinschätzungen des notwen-

digen Umangs von Vermeidungsmaßnahmen und veranlasst die be-

9

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 14/180

 

troenen Akteure eigene Prognosen klimatischer Veränderungen ohne

interessengeleitete Manipulation der Ergebnisse zur Verügung zu stel-

len. Eine derartige Abgabe zeichnet sich nicht nur durch ökonomische

Vorteile gegenüber der heutigen Mengensteuerung in der Klimapolitik

aus, sondern vermag auch der sich immer weiter verschärenden Politi-

sierung der Klimawissenschat entgegenzuwirken.

Manuel Frondel arbeitet sich durch die Dezite der Klimapolitik

der Europäischen Union und zeigt die Ursachen ür ihren Mangel an

Wirksamkeit und Ezienz au. Wirtschatswissenschatliche Überle-

gungen und praktische Beobachtungen zeigen dabei eindrucksvoll, wel-

che geährlichen Folgen der Glaube an eine europäische Vorreiterrollein der Klimapolitik haben kann. Klimapolitischer Pragmatismus würde

dahingegen viel stärker au sich evolutionär entwickelnde Strategien

setzen, die sich au regional wirksame Anpassungsmaßnahmen und die

Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich emissionsredu-

zierender Energieumwandlungstechnologien konzentrieren.

Rationale Klimapolitik kann ohne Oper an Wohlstand und Frei-

heit auskommen. Doch ür den dazu notwendigen Politikwandel isteine oene Debatte über Ursachen und Lösungsalternativen der Pro-

bleme des Klimawandels unumgänglich. Dieser Herausorderung will

sich dieses Buch stellen.

Steen Hentrich | Potsdam

Holger Krahmer | Leipzig

Juli 2011

10

Steen Hentrich | Holger Krahmer

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 15/180

 

 Mit besonderem Dank der  Herausgeber an die Friedrich-Naumann-Stitung ür die Freiheit

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 16/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 17/180

 

Eine vernüntige Klimapolitik

in einer Welt voller Unsicherheiten

Ross McKitrick

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 18/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 19/180

 

1.

 Einleitung

Zwanzig Jahre Misserfolg

„Wir müssen der unschönen Wahrheit ins Auge blicken und erkennen, dass

der klimapolitische Prozess am Ende ist. 2012 läuft das einzige Abkommenzur Begrenzung der Treibhausgasemissionen – das Kyoto-Protokoll – aus. Die

Hoffnung auf den Abschluss eines Nachfolgeabkommens vor diesem Zeitpunkt

ist nicht realistisch: Über das bestehende Abkommen wurde fünf lange Jahre

verhandelt; acht weitere gingen ins Land, bevor es schließlich in Kraft trat.

Hinsichtlich einer echten Hoffnung auf globales Handeln gegen den Klimawandel

liegen wir heute weit hinter dem Stand von 1997 oder sogar 1992 zurück. Und

dabei geht es nicht nur darum, dass wir 18 wertvolle Jahre verloren haben. In der

Zeit der guten Absichten und großen Worte haben wir letztlich sogar Rückschritte

gemacht. |...| Wie sollen wir mit der Tatsache umgehen, die wir zu verdrängen

suchten, nämlich dass in 18 Jahren vollmundiger Versprechungen und großer

Töne nichts geschehen ist?“

George Monbiot

Guardian Newspaper | 20. September 2010

 

In diesem Beitrag geht es um die Gestaltung einer Politik zur Bekämp-

ung der globalen Erwärmung durch eine Reduzierung von Treibhaus-

gasemissionen (THG), insbesondere Kohlendioxid (CO2). Mit dem Erd-

gipel der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Jahr 1992 erlangte

das Thema große politische Aumerksamkeit. Doch trotz zwanzig

Jahre intensiver Arbeit, die durch ein annähernd globales Einverneh-

men der politischen und gesellschatlichen Eliten darüber geprägt

war, dass es sich bei der globalen Erwärmung um eine Krise handelt,

die ein unverzügliches und weit reichendes Eingreien erordert, so-

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

15

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 20/180

 

wie wiederholter Äußerungen von Spitzenpolitikern, entschlossen

handeln zu wollen, wurden letztlich kaum kohärente politische Maß-

nahmen au den Weg gebracht. Im Gegenteil: Die Staaten scheiterten

mehrach in dem Versuch, sich au Abkommen oder andere Koordi-

nierungsmechanismen zu einigen, und auch darüber, was in abseh-

barer Zukunt getan werden könnte oder sollte, scheint nur wenig Ei-

nigkeit zu herrschen.

Dieser Umstand ist meiner Meinung nach im Wesentlichen darau 

zurückzuühren, dass es in der Vergangenheit nicht gelungen ist, die

Klimapolitik au eine ökonomisch vernüntige Grundlage zu stellen.

Ein Großteil der populärsten klimapolitischen Ideen ist aus ökonomi-scher Sicht nicht durchührbar und alle dahingehenden Bestrebungen

legen letztlich nur das Fundament ür ihr späteres Scheitern. Ein zu-

riedenstellender Fortschritt in der Klimapolitik ist daher nicht abseh-

bar, solange wir uns nicht eingestehen, dass die bestehenden globalen

Initiativen au tönernen Füßen stehen und eine grundlegend andere

Richtung eingeschlagen wird.

In diesem Beitrag möchte ich zunächst die meines Erachtensbestehenden vier grundlegenden Mängel der aktuellen Klimapolitik

darlegen: Erstens haben weder die Bürokratie noch die Politik erkannt,

dass es sich bei CO2 um einen Sonderall handelt, der nicht in eine Rei-

he mit den vorherrschenden Umweltthemen der 1970er und 1980er

Jahre wie Schweeldioxid-Emissionen (SO2) und Fluorchlorkohlenwas-

sersto-Emissionen (FCKW) gestellt werden kann, zu deren wirksamer

Bekämpung konventionelle Institutionen ausreichend waren. Die

Verhandlungsmechanismen und politischen Initiativen zur Lösung

dieser Probleme wurden einach au die CO2-Problematik übertragen,

ohne ür diese jedoch passende Lösungen bieten zu können.

Zweitens ist es der Politik nicht gelungen, mit dem Anstieg der in

der Ökonomie als Grenzvermeidungskostenkurve (GVK) bezeichneten

Kostenunktion der Klimapolitik angemessen umzugehen, d. h. zu ver-

stehen, in welchem Maße die Kosten ür die Optionen zur Vermeidung

16

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 21/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

von CO2 bei Ausweitung der Ziele zur Emissionsreduzierung steigen.

Das ührt dazu, dass politische Ziele verolgt werden, die höhere Kos-

ten verursachen, als die Öentlichkeit zu akzeptieren bereit ist. Einige

Verechter dieses politischen Vorgehens versuchten zu zeigen, dass die

Politik zur Reduzierung von Treibhausgasen ökonomische Vorteile mit

sich bringen kann. Tatsächlich ußt ein Großteil der Rhetorik der jüngs-

ten Vergangenheit in Bezug au eine „grüne Ökonomie“ au dieser irri-

gen Behauptung. In Wahrheit verhält es sich jedoch so, dass politische

Maßnahmen, die ausreichen würden, um die allgemein vorgebrachten

Ziele zur Emissionsreduzierung zu erreichen, mit den aktuell existie-

renden Technologien deutlich höhere Kosten verursachen würden, alsdie Öentlichkeit zu tragen bereit ist, und auch deutlich höhere Kos-

ten, als die Politiker, die diesen Weg verechten, sich vor Augen zu üh-

ren scheinen. Die Art der von der Politik regelmäßig vereinbarten Ziele

entbehrt olglich, angesichts des dabei ausbleibenden Erolgs, diese zu

erreichen, jeglicher demokratischen Legitimation.

Drittens zeigt eine ökonomische Analyse, dass die Politik zur Re-

duzierung der Treibhausgase Emissionspreise anstelle von Emissions-grenzen estsetzen sollte. Die Regulierungsbehörden haben die Wahl,

ob sie einen Preis ür Emissionen xieren und den Markt über die

Menge entscheiden lassen oder ob sie es bevorzugen, ein Emissionsziel

vorzuschreiben und den Markt den Preis bestimmen zu lassen – bei-

des zugleich geht nicht. Aus technischen Gründen wissenschatlicher

und ökonomischer Natur sind Preismechanismen geeigneter als eine

Strategie zur Regulierung von Treibhausgasen. Alle bis heute durchge-

ührten größeren globalen Initiativen, einschließlich des Kyoto-Proto-

kolls und ähnlicher Instrumente, legten ihren Schwerpunkt dennoch

au Mengenbegrenzungen. Eine Begrenzung der Emissionsmengen

oder, noch schlimmer, indirekte regulatorische Maßnahmen zur Ver-

änderung des Energieverbrauchsverhaltens sind kostenintensiv, intru-

siv und häug nutzlos. Eine große Herausorderung, beim Versuch, die

globale Klimapolitik au eine vernüntige Grundlage zu stellen, liegt

17

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 22/180

 

also darin, die Diskussion au die Wahl einer Preis- statt einer Mengen-

steuerung umzulenken. Richtet sich das Augenmerk hingegen weiter

au Mengenbegrenzungen, steht est, dass die kommenden zwanzig

Jahre ein ebenso kostenintensiver Misserolg sein werden wie die ver-

gangenen.

Schließlich ergibt sich ür die Politik aus den großen Unsicher-

heiten, den langen Planungshorizonten sowie der Erwartung, dass in

den kommenden Jahren einschlägige neue Inormationen über das

Ausmaß der Umweltschädigung durch Treibhausgasemissionen und

die Kosten zu deren Vermeidung vorliegen werden, die Notwendigkeit,

sich primär au zustandsabhängige (bzw. anpassungsähige) Preisrege-lungen anstatt au starre, langristige Verpfichtungen zur Emissions-

begrenzung zu konzentrieren.

Ziel dieses Beitrags ist es, die konventionelle Auassung von der

globalen Klimapolitik grundlegend in Frage zu stellen. Wer sich dem

aktuellen politischen Handlungsrahmen stark verbunden ühlt und

eine solch umassende Neubewertung ablehnt oder diese ür nachtei-

lig erachtet, sollte versuchen, seine Zweiel über Bord zu weren undsich oen au die Argumente einzulassen. Wer sich ernsthat eine ver-

nüntige und wirksame Klimapolitik wünscht, kann mit den letzten

zwei Jahrzehnten nicht zurieden sein. Die Zeit ist rei ür eine tiegrei-

ende Neugestaltung.

Emissionsvermeidungspolitik vs. ‘Klimapolitik’

Ich möchte diesen Beitrag ungeachtet des Titels damit beginnen,

zunächst Kritik an dem unpassenden Begri der „Klimapolitik“ an-

zubringen, die meines Erachtens besser als Treibhausgas-Emissions-

vermeidungspolitik bezeichnet würde. Diese Unterscheidung ist von

großer Bedeutung. Politiker können zwar langristig betrachtet den

Emissionsverlau der Wirtschat beeinfussen; das Klima zu verändern,

ist hingegen niemand in der Lage.

18

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 23/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Die diesbezügliche Verwirrung ührt bisweilen zu einer eigen-

artigen Rhetorik. In einer Rede vor dem Toronto Economic Club am

30. Mai 2007 rühmte sich der damalige kaliornische Gouverneur Ar-

nold Schwarzenegger der starken Begrenzung der Treibhausgasemis-

sionen, zu der sich sein Bundesstaat verpfichtet hatte (Erreichen der

Ziele von 1990 bis 2020); er sagte: „Ich bin überzeugt, dass wir das Kli-

ma dieses Planeten reparieren können.“ Dieser Ausspruch and sich

am 31. Mai 2007 au dem Titel der National Post wieder.

Die Aussage, staatliche Politik könne das Klima des Planeten „re-

parieren“, ist grotesk. Es ist vielleicht möglich, das Erscheinungsbild

eines Stuhls oder eines Paars Schuhe zu verändern, wobei auch indiesen Fällen versucht wird, ein ursprüngliches Erscheinungsbild neu

nachzubilden. Doch welches sind die ursprünglichen Bedingungen ür

das Erdklima, wenn es denn tatsächlich möglich sein sollte, diese zu

erreichen? Gemessen an einer geologischen Zeitskala wären als Ziel

tropische Bedingungen an den Polen oder eine globale Eiszeit vor-

stellbar – oder auch irgendetwas dazwischen. Und selbst wenn das Ziel

lautete, zu den klimatischen Bedingungen des vergangenen Jahrhun-derts zurückzugelangen, bleibt unklar, wonach genau wir streben. Eine

Entscheidung bspw. ür den Status quo der 1930er, 1950er oder 1970er

Jahre würde voraussetzen, man sitze dem Irrtum au, es gäbe einen op-

timalen Klimazustand und jegliches Abweichen von diesem, in welch

geringem Maße auch immer, käme einer Katastrophe gleich.

Was Gouverneur Schwarzenegger oenkundig meinte war, dass

die von ihm vorgeschlagenen Treibhausgasemissionsziele seiner An-

sicht nach erreichbar wären. Das mag richtig sein, ist jedoch mit ho-

hem Kostenauwand verbunden. In weiten Teilen seiner Rede lobte

Schwarzenegger die Marktchancen ür neue Technologien (wie Elekt-

roautos und Solarzellen), deren Einsatz in Kaliornien er ördern woll-

te. Doch zeigt seine eigene Politik, dass zu ihrer Umsetzung höhere

Subventionen und strenge gesetzliche Vorgaben vonnöten wären, und

zwar aus dem einachen Grund, dass sie nicht protabel bzw. ganz ein-

19

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 24/180

 

ach teuer sind. Das Erreichen dieser Ziele erordert mehr als einige

kleinere Verbesserungen bei der Energieezienz und optimistische

Rhetorik; um diese Ziele zu erreichen, müssen die Menschen bereit

sein, enorme Kosten zu tragen.

Ein weitaus gravierenderes Problem in der Denkweise von Arnold

Schwarzenegger (und vielen anderen Spitzenpolitikern au dieser Welt)

liegt darin, dass die tatsächliche Emissionsreduzierung im Rahmen ei-

nes jeden Ziels, das vernüntigerweise als bezahlbar erachtet werden

kann, so gering ausällt, dass die Folgen ür das Klimasystem nahezu

unbemerkt bleiben. In diesem Sinne gibt es so etwas wie „Klimapolitik“

nicht. Niemand kann das Klima direkt beeinfussen. Wenn diejenigenalso, die spezische Maßnahmen vorschlagen, von „Klimapolitik“ spre-

chen, erwecken sie den Eindruck, ihre Ideen hätten direkten, vorhersag-

baren und unmittelbaren Einfuss au das globale Klima. Im Ergebnis

werden die möglichen Kosten des globalen Klimawandels bisweilen mit

den Kosten der jeweiligen lokalen Politikmaßnahmen zur Emissions-

kontrolle verglichen und, wenn letztere gegenüber ersteren gering aus-

allen, von den Urhebern dieser Politik als Beleg daür herangezogen,dass diese umgesetzt werden sollte. Diese Argumentation lässt sich

jedoch nicht aurechterhalten, da die lokale Politik zur Emissionskon-

trolle im Allgemeinen geringen bzw. überhaupt keinen Einfuss au die

küntige Entwicklung des globalen Klimas hat. Selbst wenn multilate-

rale Abkommen wie das Kyoto-Protokoll umgesetzt würden, so wäre

der Nutzen ür das Klima äußerst gering. Belegt wird dies in komplexen

Modellsimulationen (z. B. Wigley et al. 1998), doch ist die dem zugrun-

deliegende Argumentation leicht nachvollziehbar.

 > Der Einfuss von Treibhausgasen au die Veränderung des Klimas ist

von der in der Atmosphäre vorhandenen Menge dieser Gase abhän-

gig, nicht von den jährlichen Emissionen.

> Aktuell benden sich etwa 750 Gigatonnen CO2 (in Kohlenstoäqui-

valent) in der Atmosphäre (Houghton 1997).

20

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 25/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 > Die weltweiten jährlichen Emissionen liegen bei 8,4 Gigatonnen, von

denen etwa 3 au natürliche Weise sequestriert werden (Marland et

al. 2010).

> Von den etwa 5,4 Gigatonnen Nettoemissionen stammt die Hälte

aus den Industriestaaten.

> Diese 2,7 Gigatonnen an Emissionen sollten laut Kyoto-Protokoll au 

etwa 5 % unter das Emissionsniveau von 1990 bzw. um etwa 0,7 Giga-

tonnen ausgehend vom heutigen Stand reduziert werden.

> Es wird erwartet, dass auch wenn die Teilnehmer des Kyoto-Protokolls

ihre Pfichten vollständig erüllen, ein Teil dieser Emissionen durch

das Phänomen der Carbon Leakage – das Entstehen höherer Emis-sionen andernorts durch die Verlagerung von Produktionsprozessen

in Länder ohne Emissionsbeschränkungen – augewogen wird. Ver-

öentlichte Schätzungen dieser Leckrate reichen je nach angenom-

menen Marktstrukturen und Merkmalen der Brennstobeschaung

von Null bis über 100 %. Wenn wir von einer Leckrate von 20 % aus-

gehen, entspräche dies einer Reduzierung des Emissionsvolumens

durch das Kyoto-Protokoll um etwa 0,6 Gigatonnen und damit einerReduzierung des in der Atmosphäre gespeicherten Kohlenstos um

etwa 0,08 %.

Selbst wenn also die Vorgaben des Kyoto-Protokolls eingehalten wür-

den, hätte dies nur geringe Emissionsreduzierungen mit minimalen

Auswirkungen au die globale Kohlendioxidkonzentration zur Folge.

Und ür die meisten Länder erwies sich die Umsetzung des Kyoto-Pro-

tokolls als zu kostspielig und schwierig. Ich wiederhole noch einmal:

  Ziele zur Emissionsreduzierung, die hinreichend weit angelegt sind,

um spürbare Auswirkungen zu zeitigen, sind in ihrer Umsetzung zu

teuer. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass nichts getan werden

sollte; doch es bedeutet sehr wohl, dass die gesetzten Ziele und Fristen

sich an der Realität orientieren müssen und nicht bloße Rhetorik oder

Wunschdenken sein sollten.

21

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 26/180

 

Es ist alsch, au die potenziellen Kosten des globalen Klimawan-

dels zu verweisen und diese mit den potenziellen Kosten lokaler poli-

tischer Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen zu vergleichen.

Richtig wäre es hingegen, die Kosten der lokalen politischen Maßnah-

men zur Emissionsreduzierung zu ermitteln und diese mit den Vortei-

len der anzunehmenden Veränderungen einer potenziellen küntigen

Entwicklung des globalen Klimas zu vergleichen. Erzielt eine Politik

zur Emissionsreduzierung solch geringe Auswirkungen au die globale

Atmosphäre, dass ein Land daraus in der Zukunt keinen Einfuss au 

das Klima erwarten kann, liegt der Nutzen einer solchen Politik in Be-

zug au die Verringerung klimabedingter Schäden bei null.

Die besonderen Herausforderungen der Kontrolle vonCO2-Emissionen

Es mag allzu pessimistisch erscheinen zu sagen, dass die nanzierbaren

Ziele zur Emissionsreduzierung nicht weit genug reichen, um spürbare

Auswirkungen au das Klima zu zeitigen. Doch spiegelt diese Aussagedie Wirklichkeit ür Kohlendioxid – im Gegensatz zu anderen Formen

der Lutverschmutzung – wider. So ist es in Nordamerika und Europa

beispielsweise gelungen, die Schweeldioxid-Problematik erolgreich in

den Gri zu bekommen. Politische Maßnahmen, die sowohl au loka-

ler als auch au nationaler Ebene umgesetzt wurden, ührten seit den

1970er Jahren zu einer umangreichen Reduzierung der SO2-Emissio-

nen und -Konzentrationen zu durchaus erschwinglichen Kosten. Vor

diesem Hintergrund könnte man der Versuchung erliegen zu glauben,

auch ür CO2 ließen sich zu geringen Kosten Programme zur Reduzie-

rung der Emissionen mit ähnlich überzeugenden Ergebnissen aufegen.

Doch dieses Argument hinkt, da es ür CO2 im Vergleich zu SO2 nur sehr

wenige Möglichkeiten gibt, die Emissionen zu reduzieren.

Tabelle 1 zeigt die wesentlichen Optionen zur Emissionsreduzierung

sowie deren Verügbarkeit in Bezug au CO2 und SO2.

22

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 27/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Die vier verügbaren Vermeidungsoptionen sind: Installation vonAblutwäschern au Schornsteinen, Umstieg au eine sauberere Ver-

sion desselben Brennstos (z. B. von stark schweelhaltiger Kohle au 

schwach schweelhaltige Kohle), Umstieg au einen anderen Brenn-

sto (z. B. von Kohle au Erdgas) und Einschränkung des Umangs der

produktiven Tätigkeit. Die beiden ersten sind die billigsten Optionen.

Im Falle der Erüllung der Clean Air Act Amendments von 1990 (US-

Lutreinhaltungsgesetze), in deren Rahmen die Schweelemissionen inden USA um etwa 40 % gesenkt wurden, nahmen die Installation von

Ablutwäschern sowie der Umstieg au andere Kohlearten 45 bzw. 55 %

der gesamten in Phase I erzielten Emissionssenkungen, insbesondere

des starken Emissionsrückgangs zwischen 1994 und 1996, ein (Schma-

lensee et al. 1998). Doch stehen alle genannten Optionen, au die da-

mals zur Senkung der SO2-Emissionen zurückgegrien wurde, ür die

CO2-Kontrolle nicht zur Verügung:

 > Schwach schweelhaltige Kohle existiert, schwach kohlenstohaltige

Kohle dagegen nicht.

 > Für CO2 gibt es keine Ablutwäscher.

Der zweite Punkt ist den Kratwerksbetreibern wohlbekannt. In einer

Studie über die Optionen zur Vermeidung lutverschmutzender Emis-

VERMEIDUNGSOPTIONEN UND -KOSTEN 

Vermeidungsoption   Verügbarkeit

Relative Kosten SO2 CO2

Schornsteine mit Ablutwäscher Niedrig Ja Nein

Umstieg au sauberere Version Niedrig Ja Neindesselben Brennstos

Umstieg au anderen Brennsto Hoch Ja Ja

Gesamtverbrauch senken Hoch Ja Ja

23

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 28/180

 

sionen kam die Ontario Power Authority (2007) zu dem Schluss, dass

simulierte CO2-Emissionsveränderungen vollständig durch geschätzte

Veränderungen der Ausstoßniveaus verursacht wurden:

„[Geplante] Reduzierungen der CO2-Emissionen zwischen 2010 und 2014

wurden viel mehr durch Reduzierungen der kohle[-befeuerten Elektrizitäts-]

Produktion erzielt als durch Emissionskontrollen. Es gibt derzeit keine realisierbare

Kontrolltechnologie zur Reduzierung der CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken.

Die CO2-Reduzierungen sind daher bei allen Alternativen identisch.“

OPA | 2007 | Seite 5

Ausgehend davon sind die einzigen Möglichkeiten, die CO2-Emissio-nen einzudämmen, die kostenintensiveren Optionen des Umstiegs

au andere Brennstoe und der Senkung des Verbrauchs. Kratwerke

können Kessel durch gasbeeuerte Anlagen ersetzen oder den Gesamt-

brennstoverbrauch senken, was im Allgemeinen eine Reduzierung

der gesamten Energieproduktion erordert.

Der Umstieg von Kohle au andere Brennstoe ist nicht nur au-

grund der Kapitalkosten teuer, sondern auch wegen des langristigenAnstiegs der Erdöl- und Gaspreise gegenüber Kohle. Abbildung 1 zeigt

die (infationsbereinigten) jeweils au den Wert 100 indexierten Real-

preise der drei zentralen ossilen Energiequellen au dem US-Markt

zwischen 1949 und 2009. Die Kohlepreise haben sich danach kaum

verändert, wohingegen der Gaspreis nach seinem jüngsten, um das

18-Fache höheren Spitzenwert achtmal höher liegt. Der Ölpreis hat sich

nach einem um das Fünache höher liegenden Spitzenwert gegenüber

Kohle verdoppelt. Bezogen au die relativen Kosten und die preisliche

Volatilität ist Kohle damit nach wie vor die beste Energiequelle.

24

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 29/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Quelle: US Energy Inormation Administration | http://www.eia.doe.gov/overview_hd.html(Daten ür 2009, vorläug [P])

Europa vs. USA: andere Rhetorik, gleiches Ergebnis

Die Europäische Union unterzeichnete und ratizierte das Kyoto-

Protokoll 2002 mit dem Versprechen, die Treibhausgasemissionen

bis 2008 gegenüber dem Stand von 1990 um 8 % zu senken. Die USA

haben dies nicht getan und sich au keine verbindlichen Ziele zur Sen-

kung der Emissionen eingelassen. Stattdessen kündigte der damalige

Präsident George W. Bush 2002 das unverbindliche Ziel an, die Emis-

sionsintensität (Treibhausgase je Dollar BIP) bis 2012 um 18 % gegen-

über dem Stand von 2002 zu senken – was allein durch Beibehaltung

des nach den 1980er Jahren eingeschlagenen Entwicklungstrends der

Emissionen erreicht werden konnte. Die beiden genannten großen

2.000

1.800

1.600

1.400

1.200

1.000

800

600

400

200

0

1949 1954 1959 1964 1969 1974 1979 1984 1989 1994 1999 2004 2009P

Kohle Erdgas Erdöl

Abbildung 1Reale Preise von Kohle, Erdgas und Erdöl 1949 – 2009,indexiert au 1949 = 100

25

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 30/180

 

Akteure haben somit nahezu das gesamte vergangene Jahrzehnt zwei

völlig unterschiedliche Ziele verolgt: Business as usual in den USA,

tiegreiende Emissionseinschnitte in der EU.

Ein Blick au die Daten zeigt jedoch, dass beide Regionen hinsicht-

lich der Emissionsintensität nicht allzu unterschiedlich abgeschnitten

haben. Zwischen 1995 und 2007 ging die Treibhausgasemissionsinten-

sität in der gesamten EU (einschließlich Deutschland) um etwa 32 %

zurück (Marland et al. 2010). In den USA sank die Emissionsintensität

innerhalb desselben Zeitraums um 23 %. Ohne es überhaupt zu ver-

suchen, ist es den USA gelungen, die Emissionsintensität ihrer Pro-

duktion annähernd so weit zu senken wie in Europa. Wie Abbildung 2zeigt, besteht der einzige Unterschied zwischen den USA und Europa

hinsichtlich der Emissionsintensität ausschließlich in der Geschwin-

digkeit, nicht in der Richtung.

Quelle: EU http://epp.eurostat.ec.europa.eu | USA http://www.gpoaccess.gov/eop/tables10.htmlund http://cdiac.ornl.gov/trends/emis/usa.html | Berechnungen des Verassers

120,0

100,0

80,0

60,0

40,0

20,0

0,0

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

USAEU

Abbildung 2Treibhausgasemissionsintensität in den

USA und Europa (EU-25)

100,0 100,0 96,5 86,5 81,1 78,5 73,4 70,590,6 83,4 81,2 76,9 71,9 67,898,4 92,9 89,1 85,9 82,4 77,396,8 89,8 86,4 83,7 80,5 76,7

26

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 31/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Wie oben erwähnt, setzt eine Senkung der CO2-Emissionen eine

Senkung des Energieverbrauchs voraus. Was bedeutet das ür das Wirt-

schatswachstum? Zentrale Frage hierbei ist, ob ein höherer Energie-

verbrauch einen Anstieg des BIP bedingt oder durch einen Anstieg

des BIP bedingt wird. Diese Unterscheidung ist von großer Bedeu-

tung. Ist ein höherer Energieverbrauch eine bloße Nebenerscheinung

von Wachstum, könnte er gedeckelt und ohne Beeinträchtigung des

Wirtschatswachstums gesenkt werden. Wirkt ein höherer Energiever-

brauch hingegen wachstumsördernd, ist eine Abkoppelung des einen

vom anderen nicht ohne weiteres möglich.

Um in Zeitreihendaten eine Kausalitätsrichtung (bzw. „Granger-Kausalität“, wie sie in der Ökonomie achsprachlich bezeichnet wird)

erkennen zu können, sind statistische Techniken wie die so genannte

Kointegrationsanalyse und die Vektorautoregression erorderlich. Mit-

hile dieser Techniken wurden Daten aus den USA (Stern 2000), Kana-

da (Ghali und El-Sakka 2004) und anderen Ländern ausgewertet. Die

Ergebnisse zeigen, dass der Energieverbrauch das Wirtschatswachs-

tum bedingt und die Kausalität in einzelnen Fällen in beide Richtun-gen verläut. Das Magazin Stern zieht daraus olgenden Schluss:

„Die multivariate Analyse zeigt, dass die Energie das BIP wie in dem ersten

der drei untersuchten Modelle entweder einseitig oder möglicherweise in einer

wechselseitig kausalen Beziehung im Sinne der Granger-Kausalität bedingt. |...|

Die in diesem Beitrag vorgestellten Ergebnisse stärken meinen früheren Schluss,

dass Energie ein das Wirtschaftswachstum begrenzender Faktor ist. Auf die

Energieversorgung einwirkende Schocks werden die Produktion daher eher

einschränken.“Stern | 2000 | Seite 281

Der Satz „Energie ist ein das Wirtschatswachstum begrenzender Fak-

tor“ ist dabei besonders wichtig. Der Energieverbrauch ist keine bloße

Nebenerscheinung, die vom BIP-Wachstum abgekoppelt werden kann.

Eine bewusste Senkung des Energieverbrauchs wird das Wirtschats-

27

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 32/180

 

wachstum voraussichtlich ausbremsen und dabei die negativen Fol-

gen ür Politiker steigern, die versuchen, entsprechende politische

Maßnahmen umzusetzen.

Ferner wirken die steigenden Elektrizitätspreise regressiv, sodass

die Kostenlast Haushalte mit geringerem Einkommen im Verhältnis

stärker trit als Haushalte mit höherem Einkommen. Einige Untersu-

chungen über Kohlenstosteuern (Jorgensen et al. 1992) haben sich

mit der Frage der Regressivität beasst und herausgeunden, dass die

Tatsache, ob eine Kohlenstosteuer regressiv wirkt oder nicht, davon

abhängt, wie sie umgesetzt (und wie Ungleichheit gemessen) wird.

Dinan und Rogers (2002) zeigten, dass die Einührung eines Cap-and-Trade-Systems mit gratis zu vergebenden Genehmigungen ür

die gesamte US-Wirtschat höchst regressiv wirken würde, wobei die

ärmsten Haushalte jährlich 500 USD verlieren, die reichsten dagegen

jährlich 1.000 USD gewinnen würden. Der nanzielle Vorteil ür die

Haushalte mit höherem Einkommen ergäbe sich dabei daraus, dass ih-

nen die Unternehmen, die die wertvollen Genehmigungen entgeltlos

erhielten, gehören.

28

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 33/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 2.

Theoretische Grundlagender Klimapolitik

Grenzschäden und Grenzvermeidungskosten

Um das Versagen der Klimapolitik in vollem Umang verstehen zu

können, muss man zunächst einige der Anreizmechanismen verste-

hen, welche die Volkswirtschaten mit der Umwelt verbinden. Treiben-

de Krat der wirtschatlichen Entwicklung ist in erster Linie die Inter-

aktion zwischen „Konsumentenpräerenzen und Technologie“, anders

gesagt, der beständige Fluss von Signalen zwischen den Präerenzen

der Verbraucher und den Kapazitäten der Produzenten. Verbraucherverlangen nach Waren und Dienstleistungen, die ihre Wünsche und

Bedürnisse erüllen. Unternehmen entweren Produktionspläne, um

ihren Gewinn zu maximieren. Diese Kräte von Angebot und Nachra-

ge bilden die Grundlage des preisbasierten Marktsystems.

Die ökonomische Umweltanalyse betrachtet Umweltverschmut-

zung als ein „Versagen des Marktes“. Unternehmen können ihre Ge-

winne durch eine stärkere Verursachung von Umweltverschmutzung

(anders ormuliert: dadurch, dass sie kein Geld ür die Vermeidung von

Verschmutzung ausgeben) steigern, während Verbraucher weniger Ver-

schmutzung bevorzugen. Da den Verbrauchern kein Mechanismus zur

Verügung steht, Unternehmen ür ihre Verschmutzung bezahlen zu

lassen, gibt es keine Preissignale und es kommt zu einer übermäßigen

Verschmutzung. Dieses Standardargument ür ein Eingreien des Staa-

tes bietet jedoch keine Begründung ür ein unbegrenztes Eingreien. Vor

29

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 34/180

 

allen Dingen rechtertigt die ökonomische Analyse von Umweltproble-

men keine Politiken, die mehr kosten als nutzen. Der Staat ist vielmehr

angehalten ein deutliches Preissignal zu setzen oder die Umweltver-

schmutzung au ein Niveau zu regulieren, das bei Vorliegen eines an-

gemessenen Marktpreissignals erreicht worden wäre. Um eine Aussage

über die optimale Form politischen Eingreiens treen zu können, müs-

sen wir verstehen, au welche Weise der Markt ein Preissignal ür Um-

weltschäden aussenden würde, wenn die Mechanismen von Angebot

und Nachrage tatsächlich greien würden.

Die Analyse von Angebot und Nachrage beruht au der Unter-

suchung schrittweiser Veränderungen, da es immer einen Ausgangs-punkt gibt, von dem aus der Weg in eine bestimmte Richtung ührt.

Hinsichtlich der Verschmutzung geht es ür die Regulierer ür gewöhn-

lich darum, ob die zulässigen Grenzwerte gegenüber dem aktuellen

Stand erhöht oder gesenkt werden sollten. Es wird daher unterschieden

zwischen Grenzschäden, d. h. den zusätzlichen Kosten einer geringügig

höheren Verschmutzung ür die Gesellschat, und Grenzvermeidungs-

kosten, also dem Kostenzuwachs (aus Sicht der Gesellschat), der einegeringügige Reduzierung der Verschmutzung mit sich bringt.

Beide Konzepte sind in Abbildung 3 grasch dargestellt, Emissio-

nen (e) au der horizontalen, der Wert in Dollar (bzw. Euro) je Emissi-

onseinheit au der vertikalen Achse. Die ansteigende Grenzschaden-

kurve (GS) gibt an, dass mit steigenden Emissionen die gesellschatli-

chen Kosten ür jede weitere höhere Verschmutzungseinheit ebenalls

zunehmen. Die Grenzvermeidungskostenkurve (GVK) ällt von links

nach rechts betrachtet ab. Von rechts nach links gesehen ist diese Kur-

ve ansteigend und gibt an, dass mit sinkenden Emissionen die Grenz-

kosten weiterer Emissionsreduzierungen ansteigen.

30

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 35/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Beide Kurven können in Abhängigkeit vom Emissionsniveau je-

weils als austeigend bzw. als aballend gelesen werden. Formal be-

trachtet entspricht die GS-Kurve nicht den Kosten ür die Beseitigungder Schäden der Verschmutzung, sondern einer au mikroökonomi-

schen Modellen öentlicher Güter beruhenden konzeptuellen Größe.

In austeigender Richtung betrachtet lautet die ökonomische Deniti-

on von Grenzschäden, dass diese der Höhe des zusätzlichen Einkom-

mens entsprechen, das die von der Verschmutzung betroenen Per-

sonen erhalten müssten, um mit den zusätzlichen Emissionen ebenso

gut dazustehen wie ohne sie. Mit anderen Worten handelt es sich hier-

bei um eine Kompensationsmaßnahme, und der Bereich unterhalb

der GS-Kurve innerhalb eines bestimmten Intervalls gibt an, welche

Kompensation angesichts des Umangs steigender Emissionen, wie

ihn das Intervall darstellt, erorderlich wäre.

Vergleichen wir beispielsweise den Anangspunkt der Kurve mit

dem Emissionsniveau e* , gibt das Feld a an, welche Kompensation

ür die dargestellte Gesellschat insgesamt erorderlich wäre, um mit

USD pro Tonne

GrenzvermeidungskostenGVK

GrenzschädenGS

e

a

 P* 

b

c

e*  Emissionen

Abbildung 3Grenzschaden, Grenzvermeidungskostenund optimales Emissionsniveau

31

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 36/180

 

Emissionen e* ebenso gut dazustehen wie ohne. Steigen die Emissio-

nen um eine Einheit, gibt die Höhe der Grenzschadenskurve an, wel-

che zusätzliche Kompensation, in diesem Falle P* , erorderlich ist. Stei-

gen die Emissionen au  e, müsste die zusätzliche Kompensation b+c 

betragen.

Liest man die GVK-Kurve von links nach rechts, gibt sie den Grenz-

nutzen an, der sich ür den Verursacher (üblicherweise ein Unterneh-

men oder Industriebetrieb) aus der Erlaubnis ergibt, seine Emissionen

um eine Einheit zu erhöhen. Für aktuelle Emissionen im Umang von

e*  ergeben sich ür das Unternehmen aus der Notwendigkeit, seine

Emissionen um eine Einheit zu senken, die Kosten  P* ; umgekehrt be-läut sich der Nutzen ür das Unternehmen durch die Erlaubnis, eine

Einheit mehr auszustoßen, au  P* . Nutzen bzw. Kosten bezeichnen

hierbei nicht nur die Auwendungen, die ür die Anschaung von Aus-

rüstungen zur Emissionsvermeidung anallen, sondern die Verände-

rung des Unternehmensgewinns insgesamt. Diese Veränderung ergibt

sich teilweise aus der Anschaung von Ausrüstungen zur Emissions-

vermeidung, umasst jedoch auch die Folgen der Anpassung des Inves-titions- bzw. Produktionsniveaus.

Die Veränderung des Unternehmensgewinns ist aus zwei Grün-

den ein Hinweis au die gesellschatlichen Kosten eines Wechsels in

der Umweltpolitik: Zum einen steigen die Gewinne eines Unterneh-

mens immer dann, wenn seine Produktion mehr einbringt, als es da-

ür an Produktionsaktoren auwenden muss. Der Markt sendet so das

Signal aus, dass das Unternehmen den Haushalten einen Nettonutzen

verschat. In diesem Sinne sind Gewinne kein Signal daür, dass Un-

ternehmen der Gesellschat Wohlstand entziehen – im Gegenteil: es

zeigt, dass die Unternehmen den von ihnen genutzten Produktions-

aktoren einen Mehrwert hinzuügen. Eine Drosselung der Tätigkeit,

die einen Mehrwert schat, kommt ür eine Gesellschat allgemein

einem Verlust gleich. Zum anderen werden Gewinne als Einkünte an

Anteilseigner, wie etwa Investoren oder Beziehern von Firmenrenten,

32

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 37/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

weitergegeben. Sinkende Gewinne sind demnach in Form geringerer

Einkünte ür Anteilseigner spürbar.

Angenommen, ein Verschmutzung verursachendes Unterneh-

men wird zunächst verpfichtet, seine Emissionen au das Niveau e* zu

beschränken, und anschließend werden alle Emissionsbeschränkun-

gen augehoben. Das Unternehmen wird beginnen, seine Emissionen

zu steigern, da der Grenznutzen einer solchen Maßnahme positiv ist,

nämlich P* . Die Emissionen werden darauhin so lange weiter steigen,

bis der Grenznutzen den Wert null erreicht, also bis zu dem Punkt, an

dem die GVK-Kurve die horizontale Achse bei e schneidet. Der Gesamt-

nutzen, der sich ür das Unternehmen aus der Erlaubnis ergibt, seineEmissionen von e*  au  e zu steigern, beläut sich au den zwischen

diesen beiden Punkten liegenden Bereich b unterhalb der GVK-Kurve.

Müsste das Unternehmen hingegen seine Emissionen von e au e* sen-

ken, lägen die Grenzvermeidungskosten insgesamt bei b.

Bei einem Emissionsniveau von e, also einem Emissionsniveau

ohne Regulierung, sind die Grenzschäden gegenüber den Grenzver-

meidungskosten vergleichsweise hoch. Folglich ist es gesellschatlicherstrebenswert, die Emissionen zu senken. Dies bleibt so bis zum Errei-

chen des Emissionswerts e* . An diesem Punkt belauen sich die Grenz-

vermeidungskosten der letzten Einheit der Emissionsreduzierung au 

 P* und entsprechen damit der Reduzierung des Grenzschadens. Wer-

den die Emissionen unter diesen Punkt reduziert, würden die daür

entstehenden Grenzvermeidungskosten den Nutzen (der Reduzierung

des Grenzschadens) übersteigen. Das gesellschatlich optimale Emissi-

onsreduzierungsziel in diesem Fall ist olglich e* .

Liegen die Emissionen hingegen anänglich bei null, ist es rat-

sam, eine Zunahme der Emissionen zu gestatten, da die Grenzvermei-

dungskosten über dem Grenzschaden liegen bzw., anders gesagt, der

Grenznutzen der Emissionen höher ist als der Grenzschaden. Eine sol-

che Emissionssteigerung ist bis zu e* ratsam, da an diesem Punkt der

Grenznutzen der Emissionen genau mit den Grenzkosten  P*  zusam-

33

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 38/180

 

menällt. Über diesem Punkt verursachen zusätzliche Emissionen ei-

nen Grenzschaden, der über dem entsprechenden Nutzen (GVK) liegt,

sodass eine weitere Zunahme nicht empehlenswert ist.

Nehmen wir e* als optimales Emissionsniveau an. Es handelt sich

dabei um das Niveau, bei dem die Nettogewinne der verschmutzen-

den Tätigkeit bzw. der Nettonutzen der Verschmutzungsreduzierung

ihren Höchststand erreichen.

Jedem Punkt au der GS- und der GVK-Kurve ist ein Preis zugeord-

net. Dies ist eine der wichtigsten prinzipiellen Unterscheidungen der

ökonomischen Analyse von Umweltverschmutzungen und der Um-

weltschutzanalyse in den Umwelt-, Rechts- oder Politikwissenschaten.Die ökonomische Analyse der Umweltverschmutzung geht bei der Wahl

eines bestimmten Emissionsniveaus e von einem entsprechenden Preis

entsprechend der Position au der GS- und der GVK-Kurve aus.

Die Antwort eines Emittenten au umweltpolitische Maßnahmen

wird durch die Kurve der Grenzvermeidungskosten (GVK) bestimmt.

Angesichts einer Emissionssteuer in Höhe von  P* würden Unterneh-

men bis zum Punkt e* , jedoch nicht darüber hinaus Emissionen aus-stoßen. Andernalls würde der Grenznutzen ür die Unternehmen

– abzulesen an der GVK-Kurve – unter den Betrag P* je Emissionsein-

heit allen, den sie an Steuern au die zusätzlichen Emissionen zahlen

müssten. Mit anderen Worten: Sie könnten Vermeidungsstrategien

anwenden, die weniger kosten als die Steuern, und einen nanziellen

Vorteil aus der Senkung der Emissionen ziehen. Statt eine Emissions-

steuer von bspw. 50 USD/Tonne zu bezahlen, werden Unternehmen es

vorziehen, Vermeidungsoptionen zu wählen, solange diese weniger als

50 USD/Tonne kosten.

Der Emissionssteuersatz gibt olglich den zusätzlichen Wert an, der

sich ür ein Unternehmen aus der Möglichkeit, seine Emissionen um

eine weitere Einheit erhöhen zu düren, ergibt. So gesehen entspricht

die GVK-Kurve im Grunde einer Nachragekurve ür Emissionen, wie

sie in jedem volkswirtschatlichen Einührungswerk zu nden ist.

34

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 39/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Das der GS-Kurve entsprechende Preisniveau gibt den Geldbetrag

an, der als Kompensation ür eine weitere Einheit Verschmutzung er-

orderlich wäre. In dieser Hinsicht entspricht die GS-Kurve einer kon-

ventionellen Angebotskurve, die den Betrag angibt, der bezahlt werden

müsste, damit die Menschen bereit wären, eine Erlaubnis ür eine wei-

tere Verschmutzungseinheit „anzubieten“.

Durch die Kombination aus Preis- und Mengenachse sieht Abbil-

dung 3 wie ein herkömmliches Angebots- und Nachragemodell aus

jedem Wirtschatslehrbuch aus. Wie bereits angedeutet, ist diese Ähn-

lichkeit nicht dem bloßen Zuall geschuldet. Die ansteigende GS-Kurve

gleicht einer Angebotskurve, die aballende GVK-Kurve einer Nach-ragekurve. Der Unterschied gegenüber gewöhnlichen Angebots- und

Nachragekurven besteht darin, dass in einem regulären Markt Pro-

duktions- und Verbrauchsentscheidungen durch das Preissignal hin zu

dem Punkt geührt werden, an dem sich die Kurven schneiden. Im Falle

von Schadstoemissionen hingegen wird kein Preissignal ausgesendet,

sodass eine Koordinierung der Emissionsniveaus nicht möglich ist.

Die Politik sollte daher nach Möglichkeit darau abzielen, das Ver-sagen des Marktes durch die Einührung eines Preismechanismus zu

korrigieren, der den Menschen ermöglicht ihre eigenen Reaktionen

au die Preissignale zu nden. Eine au Grundlage von marktwirt-

schatlichen Prinzipien gestaltete Politik wird sich im Ergebnis dem

optimalen Emissionsniveau e*  annähern. Etwas komplexer wird die

Angelegenheit, wenn, wie in Abschnitt 4 erläutert, darüber hinaus Un-

sicherheit, Dynamik und ähnliche Faktoren berücksichtigt werden. Als

Grundgedanke der ökonomischen Betrachtung umweltpolitischer Fra-

gen gilt, dass die Lösung ür das Verschmutzungsproblem entweder in

der Einrichtung geeigneter Preissignale oder in der Festlegung einer

Emissionsmenge liegt, die sich aus der Existenz eines Marktpreissig-

nals ergeben hätte.

35

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 40/180

 

Preisregulierung vs. Mengenregulierung

Ein Preissignal kann entweder durch die Festlegung eines Emissions-

preises (mit Hile einer Schadstosteuer bzw. -abgabe) oder durch die

Begrenzung der Emissionsmenge ausgesendet werden. Dies erolgt

über eine Emissionssteuer bzw. die Ausgabe einer xen Anzahl von Ge-

nehmigungen, ür die sich anschließend durch einen Handel au dem

Markt ein Preis herausbildet. Anders ausgedrückt: Der Regulierer kann

einen Preis bestimmen und den Markt die Menge estlegen lassen oder

umgekehrt eine Menge bestimmen und dem Markt die Preisndung

überlassen. Beides gleichzeitig ist nicht möglich.Wie bereits erwähnt, werden Unternehmen im Falle der Festset-

zung einer Emissionssteuer in Höhe  P* maximal eine Menge e* emit-

tieren. Werden demgegenüber Emissionsgenehmigungen bis zu einer

Menge e* ausgegeben, werden die Unternehmen ür diese bereit sein

au dem Markt den Gleichgewichtspreis P* zu bieten. Mehr als diesen

Preis werden sie nicht zu bezahlen bereit sein, da sie ihre Emissionen

auch unter Auwendung von Grenzkosten in Höhe von  P* selbst ver-meiden könnten, anstatt zu einem höheren Preis eine weitere Emissi-

onsgenehmigung zu erwerben. Andererseits wird au dem Markt auch

kein niedrigerer Preis Bestand haben, da die Unternehmen eher die

günstigere Genehmigung kauen würden, als Grenzvermeidungskos-

ten in Höhe von P* einzugehen. Liegt die Menge der Genehmigungen

bei e* , beträgt der sich daraus ergebende Marktpreis P* .

Da die vorliegende Argumentation genau derjenigen einer belie-

bigen anderen Nachragekurve entspricht, kann die GVK-Kurve als die

„Nachragekurve ür Emissionen“ bezeichnet werden.

Augrund der bestehenden Unsicherheiten ist es jedoch wichtig,

sich vor Augen zu ühren, über welche Inormationen ein Regulierer bei

der Wahl des geeigneten Umweltschutzinstruments realistischerweise

verügen kann. In den meisten Umweltragen kann der Regulierer sich

bestenalls einiger weniger wichtiger Details sicher sein. Es sind dies:

36

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 41/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

A die aktuelle Emissionsmenge,

B die ungeähre Steigung der Grenzvermeidungskostenkurve bei

sinkenden Emissionen,

C die annähernde Steigung der Grenzschadenskurve bei steigenden

Emissionen.

Der erste Punkt wird durch einache Beobachtung ermittelt. Der zwei-

te Punkt kann anhand technischer bzw. ökonomischer Analysen oder

au Grundlage von Inormationen von Unternehmen, die mit einer

möglichen Regulierung konrontiert sind, geschätzt werden. Biswei-

len, jedoch nicht in jedem Fall, können Unternehmen versucht sein,ihre Vermeidungskosten zu übertreiben.1 Der dritte Punkt kann durch

Analysen ermittelt werden, die ökologische Inormationen mit ökono-

mischen Daten kombinieren, z. B. durch die so genannte kontingente

Bewertungsmethode oder andere empirische Modellversuche.

Die Regulierer können typischerweise keine präzisen Inormati-

onen bezüglich der Werte au der vertikalen Achse der dargestellten

Diagramme erhalten. So ist zwar möglicherweise bekannt, dass die GS-Kurve im Rahmen des zu regulierenden Emissionsintervalls eher fach

verläut. Eine genauere Aussage über die Höhe des Wertes ist jedoch

nicht möglich, sodass sich lediglich eine Spannweite, die zwischen 10

und 30 USD/Tonne liegen dürte, angeben lässt.

Nichtsdestoweniger sind die unter a bis c genannten Parameter

ausreichend, um zu entscheiden, ob eine Regulierung des Emissions-

preises oder der Emissionsmenge vorzuziehen ist. Der Ökonom, der

dies zuerst ormulierte, war Martin Weitzman (1974), und seine Analy-

se wurde seither umassend rezipiert. Sein Ansatz ist olgender:

1 Dies ist von der Art der Politik abhängig, die Unternehmen erwarten. Siehe McKitrick (2010a),Kapitel 5.1.

37

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 42/180

 

Angenommen, die Situation stellt sich wie in Abbildung 4 dar, in

welcher die Steigung der GS-Kurve gegenüber dem Anstieg der GVK-

Kurve über dem ür den Regulierer relevanten Emissionsbereich als

verhältnismäßig fach angenommen wird. Das optimale Emissionsni-

veau liegt bei e* ; wo genau sich dieses Niveau bendet, ist jedoch un-

bekannt. Unternimmt man den Versuch, die richtige Emissionsmenge 

zu erraten, ühren geringügige Fehler im Umeld von e* (horizontaler

Peil) zu groben Fehlern in Bezug au den optimalen Preis (vertikaler

Peil), d. h. den entsprechenden Preisbereich au der GVK- bzw. Emis-

sionsnachragekurve. Das große Ausmaß dieser Fehler schlägt sich

in unerwartet hohen Risiken ür emittierende Unternehmen und dieWirtschat allgemein nieder. Der durch die Peile abgegrenzte Bereich

spiegelt den Bereich wider, in dem sich die Emissionspolitik als stö-

rend, kostspielig und chaotisch ür die Wirtschat erweist.

Im Gegensatz dazu ühren Fehler au der Preisachse jedoch bei

einem beliebig gewählten Preis lediglich zu relativ geringügigen Feh-

lern au der Mengenachse. Ist die Festlegung des optimalen Preises

ür Emissionen ehlerbehatet (Abweichung nach oben oder unten),kommt das Ergebnis dem optimalen Emissionsniveau gleichwohl recht

nah und die Geahr einer unerwartet hohen Volatilität ist relativ gering.

Es ist daher besser zu versuchen, den Preis möglichst genau zu schätzen

und den Markt die Menge bestimmen zu lassen, als umgekehrt.

Verläut die GVK-Kurve relativ fach, geht die Argumentation in

die andere Richtung, d. h., es wäre besser zu versuchen, die optimale

Emissionsmenge zu ermitteln und den Markt den Preis bestimmen zu

lassen, anstatt einen Preis estzulegen und möglicherweise starke und

teure Ausschläge au der Mengenachse in Kau zu nehmen.

38

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 43/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

In Abbildung 4 ist die Situation ür CO2 schematisch dargestellt.

> Die GS-Kurve verläut relativ fach, da es sich bei CO2 um ein globales

Gas handelt, d. h. das Klima wird nicht durch örtliche Emissionen in

Mitleidenschat gezogen, sondern durch den global vorhandenen Be-

stand. Hinsichtlich der Emissionen einer einzelnen Nation wird der

Grenzschaden der ersten Emissionseinheit derjenigen der letzten

Einheit entsprechen, da sich die global vorhandene Treibhausgas-

menge inolge der jährlichen Emissionen eines Landes, wenn über-

haupt, nur unwesentlich verändert.

> Die GVK-Kurve verläut sehr steil, da, wie oben erläutert, nur sehr

wenige Kontrollmöglichkeiten zur Verügung stehen. Kurzristig be-

steht ür Haushalte und Unternehmen der einzige Weg, ihre Emis-

sionen zu senken, darin, ihren Energieverbrauch zu senken. Län-

gerristig wird die Reduzierung der Emissionen angesichts teurerer

USD pro Tonne

GrenzvermeidungskostenGVK

GrenzschädenGS

e

 P* 

e*  Emissionen

Abbildung 4 Wahlmöglichkeiten der Politik angesichtsbestehender Unsicherheiten

39

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 44/180

 

Brennstoe oder alternativer Energien höhere Kapitalinvestitionen

erorderlich machen. Zwei Indikatoren legen eine steile GVK-Kurve

nahe. Erstens hat der europäische Emissionsmarkt angesichts einer

vergleichsweise geringen Mengenvolatilität eine recht hohe Preisvo-

latilität gezeigt (Ellerman und Joskow 2008), wobei dies jedoch teil-

weise darau zurückzuühren war, dass in der ersten Phase des eu-

ropäischen Programms keine Genehmigungen au spätere Handels-

perioden übertragen werden konnten. Und zweitens haben sich die

europäischen Emissionen trotz jahrelanger Bemühungen kaum ver-

ändert. Dieser Umstand wird durch den Zusammenbruch der DDR

und anderer Übergangswirtschaten sowie durch die Umstellung derEnergiewirtschat Großbritanniens von Kohle au Gas in den rühen

1990er Jahren verschleiert, wodurch die CO2-Emissionen eine ein-

malige Reduzierung eruhren. Diakoulaki und Madaraka (2007) ha-

ben die steigenden CO2-Emissionswerte aus 14 EU-Ländern im Zeit-

raum 1990 bis 2003 unter Berücksichtigung der von allen Ländern

außer Spanien umgesetzten politischen Maßnahmen untersucht.

In allen Ländern, außer Großbritannien und Deutschland, wo sichalle ertigungsbedingten Reduzierungen vor 1997 vollzogen und an-

schließend ein Anstieg zu verzeichnen war, wurden gleichbleibende

oder steigende Emissionen verzeichnet. Die Autoren kamen zu dem

Schluss, „dass keine systematischen Anzeichen daür vorliegen, das

sich das Verhalten der untersuchten Länder in der Zeit vor und nach

Kyoto unterscheidet“ (Seite 655).

Angesichts der Tatsache, dass Emissionspolitik unter unsicheren Be-

dingungen gemacht wird, wäre es olglich besser, statt einer Menge ei-

nen Preis estzulegen. Für eine Preissteuerung der Emissionen anstelle

einer Emissionsgrenze sprechen zudem zwei weitere Gründe.

Erstens gestaltet sich die Verwaltung eines Systems handelbarer

Genehmigungen deutlich schwieriger, da der Regulierer zunächst eine

40

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 45/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Erstzuweisung (mittels einer Auktion, einer Bestandsregelung oder einer

anderen Methode) vornehmen und die ür den Handel mit diesen Ge-

nehmigungen entstehenden Märkte einer Prüung unterziehen muss.

Zweitens haben Regierungen die Genehmigungen in der Praxis ür ge-

wöhnlich kostenlos ausgegeben, anstatt eine Auktion durchzuühren,

was sowohl im Falle des US-Marktes ür Schweeldioxidgenehmigun-

gen als auch im Falle des neuen EU-Marktes ür Kohlensto-Emissions-

zertikate so geschah. Die heute übliche Vorstellung einer „doppelten

Dividende“ beruht darau, dass die durch die Verschmutzungspolitik

erhöhten Einnahmen des Staates darau verwendet werden können,

die Steuerlast an anderer Stelle zu reduzieren. Ein System handelbarerGenehmigungen jedoch, in dem Genehmigungen kostenlos an die Ver-

ursacher von Verschmutzung ausgegeben werden, steht dem im Wege,

sodass keine steuerliche Verrechnung möglich ist. Empirische Arbeiten

in Bezug au die USA haben verdeutlicht, dass nicht au dem Wege einer

Auktion vergebene CO2-Emissionsquoten die gesellschatlichen Kosten

der Politik drastisch erhöhen (Parry 2003, 2004). Die Quoten schaen

ähnlich wie bei Marketing-Gesellschaten ür landwirtschatliche Er-zeugnisse und städtischen Vergabesystemen ür Taxilizenzen Kartell-

einkünte ür die Empänger und erhöhen im Grunde die nanzielle

Belastung der Haushalte durch die Förderung von Marktlagengewinnen

(sogenannte „Windall Prots“) ür Emittenten.

Fünf Grundsätze rationaler Klimapolitik

Die obige Analyse ührt uns zu ün wesentlichen ökonomischen

Grundsätzen einer rationalen Klimapolitik:

1   PREISGESTALTUNG: Eine Politik zur Senkung der Treibhausgasemis-

sionen ist weniger marktverzerrend und kostspielig, wenn sie au 

einem estgelegten Emissionspreis anstatt au einem estgelegten

Ziel zur Emissionsreduzierung beruht.

41

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 46/180

 

2   REALISMUS: Da die GVK-Kurve aktuell sehr steil verläut, liegt das

optimale Emissionsniveau derzeit nicht weit unter dem unregu-

lierten Emissionsniveau. Jedes Mal, wenn die Politik neue Pläne

oenlegt, die Emissionsgrenzen zu verschären, steigen die ökono-

mischen Kosten der Vermeidung rasant an und ühren zu hetigen

Reaktionen au jeden Versuch, über das optimale Ziel der Emissi-

onsreduzierung hinauszugehen. Es wäre demnach besser, den An-

stieg der GVK-Kurve durch die Beobachtung der Mengenanpassung

als Reaktion au ein bestimmtes Preissignal zu ermitteln, anstatt

tiegreiende Emissionseinschnitte vorzuschreiben und angesichts

einer irrational hohen Kostenexplosion sehenden Auges in eine un-vermeidbare Krise zu schlittern.

3   REDUNDANZVERMEIDUNG: Marktmechanismen sollten anstelle

von regulatorischen Mechanismen zum Einsatz kommen, nicht

ergänzend dazu. Nach der Festlegung eines Emissionspreises (bzw.

einer Emissionsmenge) durch die Politik, sollte von weiteren über-

füssigen technischen Regulierungen und Verhaltenskontrollenzur Überwachung der Einhaltung der bestehenden politischen

Maßnahmen Abstand genommen werden. Wird Kratwerken bei-

spielsweise der Erwerb von Emissionszertikaten vorgeschrieben,

so reicht diese Maßnahme aus, ihre Emissionen zu regulieren. Da-

rüber hinaus weitere Vorschriten zu erlassen, in denen Haushal-

ten vorgeschrieben wird, welche Glühbirnen oder Haushaltsgeräte

sie verwenden düren, oder Kratwerksbetreibern vorzuschreiben,

dass sie einen bestimmten Anteil ihrer Energie über den Ankau 

von Windenergie abdecken müssen, ist redundant. Das einzige, was

dadurch erreicht wird, sind höhere Kosten und eine verständliche

Ablehnung des gesamten Konzepts der Klimapolitik durch die Be-

völkerung.

42

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 47/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

4   KOSTENEFFIZIENZ: Um die mögliche Vermeidung mithile der be-

grenzten Ressourcen, die eine Gesellschat daür zu geben bereit ist,

zu maximieren, müssen die Vermeidungsoptionen ohne Wenn und

Aber dahingehend überprüt werden, ob die Grenzkosten die bes-

ten Schätzungen der Grenzschäden übersteigen. Bei Vorliegen eines

Preisgestaltungsinstruments erolgt dies automatisch in umassen-

der Weise. Angesichts der aktuellen technologischen Vermeidungs-

möglichkeiten ergibt sich daraus eine vermutlich eher geringe

Vermeidung; doch mit zunehmender technologischer Entwicklung

und Abfachung der GVK-Kurve wird auch das Emissionsniveau au-

tomatisch sinken.

5   ZIELAUSRICHTUNG: Politische Maßnahmen einschließlich von

Preisgestaltungsinstrumenten sollten an der jeweiligen Zielvariablen

ausgerichtet werden, in diesem Zusammenhang, an den CO2-Emissi-

onen. Allzu häug wenden Politiker Regeln au andere Variablen (z. B.

Kratstoverbrauchsregeln, Größe von Haushaltsgeräten, Art der zu

verwendenden Glühbirnen usw.) an, die nur indirekt mit dem eigent-lichen Umweltproblem verbunden sind. Die Emissionsreduzierung

wird dadurch nur unnötig verteuert und verliert an Ezienz.

Die Irrationalität der ‘grünen Ökonomie’

Dank obiger Analyse können wir nun das Problem der weit verbreiteten

Vorstellung einer „grünen Ökonomie“ verstehen. Der Begri der „grü-

nen Ökonomie“ bezeichnet Tendenzen zahlreicher Länder au der gan-

zen Welt – vor allem der Industrienationen –, sich spezieller Vorschriten

und Subventionen zu bedienen, um den Übergang von konventionellen

Energieträgern au alternative Quellen wie Wind- und Solarenergie zu

ördern und au kleinerer Ebene den Elektrizitäts- und Brennstover-

brauch der Haushalte durch detaillierte Beschränkungen der zulässigen

Geräte, Fahrzeuge und anderen Bedarsartikel vorzuschreiben.

43

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 48/180

 

Die Motivation ür diese Art von Politik ist nicht ganz klar. Manch-

mal wird behauptet, das Ziel sei die Schaung von Arbeitsplätzen. Die

Behauptung, dass durch Subventionen oder Vorschriten Arbeitsplät-

ze in einer bestimmten Branche geschaen werden könnten, ist alt

und stößt immer wieder au dieselben Schwierigkeiten. Arbeitet die

Industrie protabel, braucht sie keine Subventionen oder speziellen

Vorschriten, um zu wachsen. Ist sie nicht protabel, sollte sie vom

Staat nicht subventioniert oder begünstigt werden. Unter normalen

Umständen zeigt ein Unternehmen dadurch, dass es kontinuierlich

Geld verliert, dass seine Erzeugnisse weniger wert sind als die Mittel,

die es in seinen Produktionsprozess investiert hat. Zwingt die Politikdie Industrie nun, dennoch zu wachsen, muss dies zwangsläug zu ei-

ner Zerstörung von Wohlstand in der Wirtschat ühren. Berücksichtigt

man diesen Wohlstandsverlust sowie die Kosten, die den Steuerzahlern

augebürdet werden, das Subventionsprogramm zu nanzieren, zeigt

sich in der Regel, dass durch derlei Maßnahmen mehr Arbeitsplätze

verloren gehen, als neue geschaen werden. Wenn die subventions-

bzw. regulierungsgesteuerte Ausweitung einer Branche tatsächlich einverlässlicher Mechanismus zur Schaung von Arbeitsplätzen wäre,

dürte es angesichts der häugen Versuche vieler Regierungen schon

längst keine Arbeitslosigkeit mehr geben.

Bisweilen geben Politiker vor, die „grüne Ökonomie“ ziele darau 

ab, die Vorteile revolutionärer neuer Technologien zu nutzen, um

nicht Geahr zu lauen, im Wettbewerb um deren Einührung „ins

Hintertreen zu geraten“. Gelegentlich treten tatsächlich echte neue

Technologien au den Plan – wie beispielsweise das Internet oder der

Verbrennungsmotor oder tragbare Computer. Doch die Produktion

und Nutzung solcher Güter ndet allein augrund der Tatsache welt-

weite Verbreitung, dass die Menschen diese kauen wollen und Unter-

nehmer davon protieren, in Unternehmen zu investieren, die diese

anbieten können. Zu einer Verbreitung neuer Technologien kommt es

ür gewöhnlich nicht, weil der entsprechende Industriezweig von der

44

Theoretische Grundlagen der Klimapolitik

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 49/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Regierung geördert wird. Handelt es sich um echte brauchbare Inno-

vationen, regeln Angebot und Nachrage den Markt von selbst. Anders

gesagt: echte brauchbare Technologien nden den Weg zu den geeig-

neten Nutzern über den Markt. Gelingt es der Technologie nicht, sich

allein durchzusetzen, steht zu vermuten, dass es sich entweder tech-

nologisch oder wirtschatlich – oder aus beiderlei Hinsicht – nicht um

eine brauchbare Technologie handelt.

Schließlich wird die „grüne Ökonomie“ häug als eine Form der

Umweltpolitik angepriesen, deren Ziel in der Regel die Reduzierung

der Treibhausgasemissionen ist. In diesem Fall jedoch verdeutlicht die

Tatsache, dass sie den oben genannten ün Grundsätzen zuwiderläut,dass es sich um ein ür den gewünschten Zweck im Grunde äußerst un-

wirksames Instrument handelt. Die Subventionierungen industrieller

Windkratanlagen und riesiger Solarparks sind indirekte Maßnahmen

zur Umsetzung willkürlicher Mengenziele (wie bspw. die Forderung,

10 % der Elektrizität müssten aus Windenergie stammen), die unge-

achtet dessen verolgt werden, ob die Grenzkosten den Grenznutzen

übersteigen und sie angesichts anderer Maßnahmen zur direktenEmissionsbegrenzung redundant sind. Geht es der Politik tatsächlich

um Treibhausgasemissionen, sollte sie eine au Treibhausgasemissio-

nen ausgerichtete Preispolitik gestalten. Maßnahmen im Rahmen ei-

ner „grünen Ökonomie“ sind bestenalls überfüssig, schlimmstenalls

verschwenderisch und wirtschatsschädigend.

45

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 50/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 51/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 3.

Unsicherheit bezüglichdes Grenzschadens

Wenden wir uns nun einer genaueren Diskussion der Grenzschadens-

kurve (GS-Kurve) zu. Angenommen, die optimale Politik besteht ineiner Emissionssteuer, so stehen wir dennoch vor der großen Heraus-

orderung, uns nicht nur darüber zu einigen, au welchem Niveau die-

se Steuer einsetzen, sondern auch wie sie sich mit der Zeit entwickeln

sollte. Um diese Fragen beantworten zu können, ist eine Betrachtung

der potenziellen Schäden erorderlich, die durch CO2-Emissionen ver-

ursacht werden können. Dieses Kapitel beasst sich mit der allgemei-

nen Frage, ob CO2-Emissionen als extreme Geahr, die ein drastischesEingreien erordert, als triviale Erscheinung, die ignoriert werden

kann, oder als irgendetwas dazwischen betrachtet werden sollten. Ich

argumentiere wie olgt:

1 Es gibt genügend Anlass, CO2-Emissionen als Besorgnis erregend zu

betrachten, auch wenn nicht eststeht, in welchem Maße.

2 Die Auswirkungen der CO2-Emissionen (und anderer Treibhaus-

gase) au die Umwelt sind von komplexen natürlichen Rückkopp-

lungen abhängig, deren Ausmaß nicht einach anhand bekannter

physikalischer Grundprinzipien ermittelt werden kann und damit

zwangsläug au Modellannahmen beruht.

 

47

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 52/180

 

3 Modellannahmen sind ür sich genommen kein Beweis ür das Aus-

maß der gesamten ökologischen Auswirkungen von CO2 und müs-

sen anhand konkreter Daten überprüt werden.

4 Die verügbaren Daten variieren in Bezug au Qualität und Zeit-

raum ihrer Verügbarkeit. Die längsten Datenreihen sind ür ge-

wöhnlich von geringerer Qualität und umgekehrt. Einige der hoch-

wertigsten Datenreihen sind inzwischen allerdings ausreichend

lang, um eine aussagekrätige Überprüung von Modellannahmen

zu ermöglichen.

5 Zwischen den Klimamodellprognosen und den Beobachtungen

bestehen signikante statistische (und klimatologische) Diskrepan-

zen, die darau hinweisen, dass die Rückkopplungen geringer aus-

allen als in den Klimamodellen angenommen.

6 Die derzeit existierenden Überwachungssysteme werden innerhalb

des nächsten Jahrzehnts ausreichend Daten hoher Qualität bieten,um die bestehenden Fragen bezüglich der Auswirkungen von CO2 

au das globale Klima zu beantworten.

In den olgenden Abschnitten werden die genannten Fragen genauer

erörtert.

CO2-bedingte Erwärmung und Rückkopplungen

Die Energie der Sonne erwärmt die Erd- und die Meeresoberfäche.

Um das energetische Gleichgewicht zu wahren, muss die Erde dieselbe

Menge Energie wieder abgeben, die sie von der Sonne erhält. Die Erd-

und Meeresoberfächen der Erde geben au zweierlei Arten Energie ab:

durch Radiation und durch Konvektion. Bei Radiation handelt es sich

um die Emission von Inrarotenergie in die Atmosphäre. Konvektion

48

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 53/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

entsteht durch den Austausch von Warmlut nahe der Erdoberfäche

und Kaltlut aus den oberen Schichten der Atmosphäre, wodurch Lut-

strömungsmuster, Windsysteme, Wolken und Stürme sowie andere

Wettererscheinungen entstehen (Held und Soden 2000, Houghton

1997, Essex 1991).

CO2-Emissionen und andere Treibhausgase lassen die Lut ür

Inrarotstrahlen undurchlässiger werden, wodurch die Ezienz der

Atmosphäre bei der Abgabe von Energie an den Weltraum gemindert

wird. Eine Aurechterhaltung der Emissionsintensität verursacht einen

Anstieg der atmosphärischen Temperatur und Veränderungen der kon-

vektiven Aktivität. Während die Temperaturveränderung ür gewöhn-lich als relativ vorhersagbar gilt, ergeben sich aus den Veränderungen

der konvektiven und zirkulativen Aktivität Turbulenzprobleme, die

anhand der bekannten Grundprinzipien der Atmosphärenphysik nicht

vorhergesagt werden können. Aus diesem Grund kommen numerische

Klimamodelle oder allgemeine Zirkulationsmodelle (General Circulati-

on Models, GCM) zum Einsatz. Das auch den Modellen des IPCC-Berichts

von 2007 zugrundeliegende aktuelle Schema geht davon aus, dass eineVerdoppelung der in der Atmosphäre vorhandenen CO2-Menge einen

relativ geringen Anstieg der Durchschnittstemperatur um etwa 1 °C

(siehe   Held und Soden 2000) nach sich ziehen würde. Das wiederum

ührt zu einer Erhöhung des Wasserdampgehalts der Atmosphäre und

nach Berücksichtigung der Rückkopplungsprozesse, insbesondere eben

dieser Ansammlung von Wasserdamp in der Atmosphäre, zu einer

mindestens doppelt so hohen Erwärmung von zwei bis vier Grad. Ein

Großteil der Sorgen in der Politik bezüglich der CO2-Emissionen ist au 

das Ausmaß der potenziellen Rückkopplungsprozesse zurückzuühren

und weniger au die Folgen von CO2 selbst.

Klimamodelle rechnen nicht einach au Grundlage der zugrun-

deliegenden physikalisch-theoretischen Formeln, da die Bewegungs-

gleichungen zwar au lokaler Ebene wie bspw. in Bezug au ideale Gase

oder isolierte Volumina Gültigkeit haben, nicht jedoch in bekannter

49

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 54/180

 

Form au globaler Ebene anwendbar sind. Die Modelle beruhen daher

immer au vereinachten Darstellungen, so genannten „Parametrisie-

rungen“, die einache Näherungswerte unter Verwendung von empi-

rischen oder au Grundlage von Näherungsprozessen hergeleiteten

Koezienten heranziehen (Knutti 2008).

Wolken beispielsweise entstehen durch Tröpchenbildung au 

molekularer Ebene. Da die Gleichungen, anhand derer die Tröp-

chenbildung beschrieben wird, nicht ür allgemeingültige Aussagen

bezüglich der durchschnittlichen Wolkendecke herangezogen werden

können, müssen empirische Näherungsmodelle entwickelt werden,

die von anderen in der Atmosphäre über einer bestimmten Regionherrschenden Bedingungen wie Temperatur, Windmuster, Atmosphä-

renchemie usw. ausgehen, um die durchschnittliche Wolkendecke

über großen Regionen und lange Zeiträume vorherzusagen. Schwan-

kungen in der modellhaten Darstellung des Wolkenverhaltens sind

die Ursache ür einige der größten Abweichungen von einem Modell

zum anderen (Kiehl 2007, CCSP 2008, Seite 41). Bereits geringügige

Schwankungen beim Ausmaß der Rückkopplungsprozesse können zugroßen Abweichungen bei der simulierten Klimasensitivität gegen-

über Treibhausgasen ühren.

Da viele der Prozesse, die ür das Ausmaß der Rückkopplung

grundlegend sind, au empirischen Näherungswerten beruhen, ist

eine Prüung der GCM-Ergebnisse in Bezug au Daten aus Beobach-

tungen ür die Bestätigung oder Ablehnung der den GCM in Form von

Parametrisierungen zugrundeliegenden Annahmen von wesentlicher

Bedeutung. Weder können Modellversuche als Prüung ür die Gültig-

keit von Modellen dienen, noch kann die Ähnlichkeit von Modellversu-

chen in verschiedenen Modellgruppen als Nachweis ür die Gültigkeit

von Modellen dienen, da allen dieselben Fehler zugrundeliegen kön-

nen. Modelle müssen daher immer in Bezug au aus Beobachtungen

gewonnenen Daten geprüt werden.

50

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 55/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Klimadaten

Um überhaupt eine Aussage über potenzielle Schäden treen zu kön-

nen, die au die globale Erwärmung zurückzuühren sind, ist eine Mes-

sung der Klimaveränderungen erorderlich. Nacholgend werden die

im Allgemeinen herangezogenen Datenquellen untersucht.2 

 Daten in Bezug au die Erdoberäche

Bezüglich der Erdoberfäche gibt es drei zentrale globale Temperatur-

datenreihen. Das Institut ür Klimaorschung der Universität von EastAnglia (Climate Research Unit, CRU) veröentlicht die CRUTEM-Daten,

die in Jones et al. (1999) beschrieben sind, sowie die aktualisierten Fas-

sungen CRUTEM2 (Jones und Moberg 2003) und CRUTEM3 (Brohan et

al. 2006). Die abweichungsbereinigte Fassung ist unter der Bezeich-

nung CRUTEM3v bekannt. Eine weitere Datenreihe stammt vom God-

dard Institute o Space Studies (GISS) der NASA, eine dritte von der US-

amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration(NOAA). Alle drei Datenreihen greien au das als GHCN – Global Histo-

rical Climatology Network – bekannte Wetterdatenarchiv zurück.3

2 Dieser Abschnitt greit au zuvor in McKitrick (2010d) veröentlichte Daten zurück.

3 Die Internetadresse des GHCN lautet http://www.ncdc.noaa.gov/oa/climate/ghcn-monthly/index.php. Eine Liste der Quellen ndet sich unter http://www.ncdc.noaa.gov/oa/climate/ghcn-monthly/source-table1.html.

51

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 56/180

 

 

Datenquelle: GHCN | Für detailierte Berechnungen vgl. McKitrick (2010d)

Abbildung 5GHCN-Zahlung der Wetterstationen

1910 1950 19901910 1950 1990 1910 1950 1990

6.000

4.500

3.000

1.500

0

6.000

4.500

3.000

1.500

0

6.000

4.500

3.000

1.500

0

Unbereinigte GHCN-Daten

Um ehlende Daten und Mehrachzählungen bereinigte GHCN-Daten

Global NördlicheHemisphäre

SüdlicheHemisphäre

52

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 57/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Das GHCN wurde in den rühen 1990er Jahren als Kooperations-

projekt des Carbon Dioxide Inormation and Analysis Center (CDIAC)

und des National Climatic Data Center (NCDC) ins Leben geruen. Ziel

war der Aubau eines gegenüber den damals über das CRU oder andere

Forschungsinstitute erhältlichen Daten umassenderen Temperatur-

datenarchivs. Die erste Version wurde im Jahr 1992 (Vose et al. 1992)

au Grundlage von Bestandsdaten ohne Korrektur von Inhomogeni-

täten veröentlicht4. Die zweite Version (GHCN v2) erschien im Jahr

1997 und ist in Peterson und Vose (1997) beschrieben. Erläuterungen

zu den Methoden der Qualitätssicherung nden sich in Peterson et al.

(1998). Während der Vorbereitung von GHCN v2 nahmen die Autoreneinige Korrekturen von Inhomogenitäten vor und ergänzten die Da-

ten der Messstationen im Hinblick au ein besseres Verständnis der

Quellenqualität durch die Nutzer um Metadaten wie die umliegende

Bevölkerung sowie um genaue Inormationen zu den Standorten der

einzelnen Messstationen.

Wie Abbildung 5 zeigt, stehen ür die nördliche Hemisphäre ün-

mal mehr Wetterauzeichnungen zur Verügung als ür die südlicheHemisphäre. Die Gesamtanzahl der Wetterauzeichnungen des GHCN

erreichte in den 1960er und 1970er Jahren einen Höhepunkt und

nahm seitdem in beiden Hemisphären deutlich ab. Dieser Trend setz-

te sich nach 1989 ort, bis schließlich im Jahr 2005 ein schwerer Ein-

bruch zu verzeichnen war. Der mittlere bzw. linke Teil der Abbildung

4 Der Begri „Inhomogenitäten“ ist in Bezug au Temperaturdaten eher untechnisch deniertund bezeichnet ursprünglich eine durch Veränderungen der Gerätschaten, Veränderungen derBeobachtungszeit, die Verlegung einer Wetterstation o. Ä. hervorgeruene Messdiskontinuität.Einige Autoren verwenden den Begri auch, um Messabweichungen augrund von Urbanisierung,Veränderungen der Landnutzung und anderen nichtklimatischen Einfüssen abzubilden, auchwenn hierür viele Autoren au eine unterschiedliche Begrifichkeit zurückgreien. Wenn alsoin Bezug au ein Archiv wie dem GHCN von einer „Korrektur von Inhomogenitäten“ die Rede ist,kann dies daher als „Korrektur von Messdiskontinuitäten“, nicht notwendigerweise jedoch als„Korrektur von durch lokale, nichtklimatische Einfüsse hervorgeruenen Messabweichungen“ausgelegt werden.

53

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 58/180

 

zeigt die nördliche bzw. südliche Hemisphäre und belegt, dass es sich

bei der sinkenden Anzahl von Wetterstationen um ein globales Phä-

nomen handelte. Der Messumang ist von seinem Höhepunkt Anang

der 1970er Jahre um etwa 75 % au den tiesten Wert seit dem Ende des

neunzehnten Jahrhunderts gesunken. Aktuell erasst das GHCN weni-

ger Temperaturdaten als zu Ende des Ersten Weltkrieges.

Während GHCN v2 zumindest über Daten aus nahezu allen Ge-

genden der Welt verügt, liegen ür das gesamte 20. Jahrhundert wei-

testgehend au die USA, Südkanada, Europa und einige wenige andere

Standorte beschränkte Daten vor. Die globale Abdeckung mit voll-

ständigen täglichen Auzeichnungen (einschließlich der Ablesung derHöchst- und Tiestwerte sowie von Durchschnittswerten) ist seit 1900

äußerst unvollständig. Abgesehen von den USA, Südkanada und den

australischen Küstenregionen liegen nur wenige entsprechende Au-

zeichnungen, ür das Landesinnere ganzer Teile von Südamerika, A-

rika, Europa und Asien überhaupt keine Beobachtungen vor (Peterson

und Vose 1997, Abbildungen 3 und 4).

Von den 31 ür das GHCN herangezogenen Datenquellen sind nurür drei regelmäßige monatliche Aktualisierungen erhältlich. Bei zwei-

en davon handelt es sich um US-Netzwerke, bei dem dritten um ein

aus 1.500 Stationen bestehendes Netzwerk, das über das so genannte

CLIMAT-Netzwerk automatisch Wetterdaten übermittelt.

Die Veränderung der verwendeten Datenquellen erolgte in Bezug

au die Art der Quellen nicht einheitlich. So haben sich die Messungen

beispielsweise hin zu Flughaenstandorten verlagert, die dem Problem

unterworen sind, dass sie sich häug an urbanen oder suburbanen

Standorten benden, die in den vergangenen Jahrzehnten errichtet

wurden. Zudem hat der zunehmende globale Lutverkehr zu einer

Erwärmung durch Faktoren wie Verkehr, Straßenwege, Gebäude und

Aball geührt, die ausnahmslos nur schwer aus den Temperaturau-

zeichnungen herausgenommen werden können. Wie Abbildung 6 zu

entnehmen ist, kam es inolge der oben gezeigten Stationsverluste

54

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 59/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

zu einer Zunahme der Beobachtungen von Flughaenstandorten. Die

meisten Regionen wiesen hier mit 40 % oder mehr im Jahr 1980 be-

reits zu Beginn hohe Werte au. Gegenüber knapp über 20 % in den

späten 1920er Jahren stammt heute mindestens die Hälte der regio-

nalen Messungen von Flughäen.

Die CRUTEM-Daten beruhen ast vollständig au dem GHCN. In-

olge eines 2007 gestellten Antrags gemäß dem Freedom o Inorma-

tion Act5 , der allen US-Bürgern reien Zugang zu den Akten, Unterla-

gen und Inormationen der Verwaltung gewährt, gab das CRU oziell

an, dass die von ihm verwendeten Stationsdaten aus zwei Quellen

stammten: dem GHCN und dem US-amerikanischen National Cen-ter or Atmospheric Research (NCAR) in Form der Datensätze ds540.0

und ds570.0. Au der NCAR-Website entspricht ds540.0 im Wesentli-

chen dem GHCN v2 (http://dss.ucar.edu/datasets/ds564.0/). Bei dem

Datensatz ds570.0 handelt es sich um die World Monthly Surace Sta-

tion Climatology (http://dss.ucar.edu/datasets/ds570.0/), die größte

Einzelkomponente des GHCN-v2-Archivs (Peterson und Vose (1997),

Tabelle 1). In einer weiteren Darstellung gab das CRU den Anteil der ausdiesen Quellen stammenden Daten mit etwa 98 % an.

5 Das Korrespondenzarchiv ndet sich im Internet unter http://climateaudit.les.wordpress.com/2008/05/cru.correspondence.pd.

55

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 60/180

 

 Quelle: GHCN | Für detaillierte Berechnungen siehe McKitrick (2010d)

Die globalen Temperaturdaten des Goddard Institute o Space Stu-

dies der NASA gehen au drei Ausgangsarchive zurück: GHCN v2 ür

die gesamte Welt mit Ausnahme der USA und der Antarktis, das US

Historical Climatology Network (USHCN, ebenalls ein NCDC-Produkt)

sowie ein Archiv der Antarktisstationen des Scientic Committee on

Antarctic Research6. Der größte Teil der von den USA in das GHCN ein-

gespeisten Daten stammt aus dem USHCN, das jedoch auch seine eige-

nen Anpassungen zur Qualitätssicherung vornimmt.

6 http://data.giss.nasa.gov/gistemp/sources/gistemp.html

Abbildung 6Anzahl GHCN-Stationen an Flughäen in Prozentim Zeitraum 1890 – 2009

1890 1930 1970 2010 1890 1930 1970 2010 1890 1930 1970 2010

80

60

40

20

0

80

60

40

20

0

80

60

40

20

0

Global NördlicheHemisphäre

SüdlicheHemisphäre

56

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 61/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Die NOAA veröentlicht monatlich eine Übersicht über globale

Temperaturanomalien (http://www.ncdc.noaa.gov/cmb-aq/anomali-

es.html). Au der NOAA-Website ndet sich der Hinweis, dass die Land-

auzeichnungen aus dem GHCN-Archiv stammen. Weitere Quellen

sind nicht augeührt. Die drei zentralen Rasterdatensätze in Bezug

au globale Temperaturanomalien beruhen daher ausschließlich bzw.

nahezu ausschließlich au Daten aus dem GHCN-Archiv. Die Proble-

me des GHCN wie Messdiskontinuitäten und Verunreinigungen durch

Urbanisierung und andere Formen veränderter Landnutzung wirken

sich daher auch au die Daten des CRU, des GISS und der NOAA aus.

Die mit der Zeit abnehmende Qualität der GHCN-Daten ührt damitzu einer ebenalls abnehmenden Qualität der Datensätze des CRU, des

GISS und der NOAA sowie zu einem stärkeren Einfuss durch Datenan-

passungen zum Ausgleich von Messabweichungen.

 Daten in Bezug au die Meeresoberäche

Alle historischen Daten bezüglich der Meeresoberfächentemperatur(Sea Surace Temperature, SST) sind dem International Comprehensi-

ve Ocean-Atmosphere Data Set (ICOADS, http://icoads.noaa.gov/) oder

einem seiner Vorgängerarchive entnommen. Das ICOADS kombiniert

etwa 125 Millionen SST-Datensätze aus Schisauzeichnungen sowie

weitere 60 Millionen Werte aus Bojen und anderen Quellen (Woodru 

et al. 2005). Das ICOADS stützt sich au eine große Sammlung von Ein-

gangsdaten, wobei jedoch darau hingewiesen werden sollte, dass sich

bspw. augrund von Veränderungen der räumlichen Abdeckung, der

Beobachtungsinstrumente und der Messzeiten sowie der Größe und

Geschwindigkeit des Schies gravierende Schwierigkeiten ergeben. Im

Grunde handelt es sich bei den ICOADS-Datensätzen um eine große

Ansammlung problematischer Daten.

57

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 62/180

 

Das britische Hadley Centre erstellt hinsichtlich der Meeresoberfä-

chentemperatur zwei gerasterte Datensatzsammlungen: HADSST2

und HADISST (Beschreibungen nden sich unter www.hadobs.org).

Die in der Sammlung HADSST2 verzeichneten Datensätze werden

mit den CRUTEM-Daten ür die Erdoberfäche zu dem so genannten

globalen HADCRU-Datensatz kombiniert. Die HADSST2 zugrundelie-

genden Methoden sind in Rayner et al. (2006) dargestellt. Bis 1997

verwendete HADSST2 die ICOADS-Daten, 1998 erolgte die Umstel-

lung au ein ICOADS-Teilsystem namens Near Real-Time (NRT) Mari-

ne Observations (http://icoads.noaa.gov/nrt.html). Das ICOADS weist

darau hin, dass beide nicht vollständig konsistent sind (siehe http://icoads.noaa.gov/products.html). Ende 2010 läut das NRT-System

aus, da das ICOADS-System nunmehr hinreichend automatisiert ist,

um kontinuierlich aktualisiert werden zu können; das Hadley Centre

wird in der Folge vermutlich wieder au die ICOADS-Daten als Quelle

zurückgreien.

Die HADSST2-Datensatzsammlung weist Lücken und spärliche

Daten in der Oberfächenabdeckung au. Die HADISST-Datensatz-sammlung bietet unter Verwendung von Interpolationsmethoden

eine „vollständige“ globale Abdeckung bzw. anders ausgedrückt Zah-

len ür jede Rasterzelle. Wichtigste Datenquelle ist die britische Met

Oce’s Marine Data Bank, die bis 1995 durch ICOADS-Daten augeüllt

wurde. Fehlende Rasterzellen werden durch eine au Hauptkomponen-

tenanalysen beruhende numerische Methode ergänzt. Nach 1982 fos-

sen Satellitendaten in den Interpolationsalgorithmus ein.

Die NOAA verwendet zur Ermittlung der so genannten Extended

Reconstruction Sea Surace Temperature (ERSST) ICOADS-Daten. Seit

1985 gri die NOAA zur Abdeckung in den Polargebieten au Satelliten-

beobachtungen des Advanced Very High Resolution Radiometer (AV-

HRR) zurück, stellte dabei jedoch einen leichten Rückgang des Trends

est und ührte diesen Eekt au systematisch zu niedrig gemessene

Temperaturen (Cold Bias) zurück, sodass die Satellitendaten in der

58

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 63/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Folge enternt wurden (siehe http://www.ncdc.noaa.gov/oa/climate/

research/sst/ersstv3.php).

Das GISS verwendet andere NOAA-Daten, nämlich die Optimal In-

terpolation Version 2 (OI.v2) Datenbank von Reynolds et al. (2008), die

bis 1998 au ICOADS-Daten beruhte. Anschließend erolgte wie beim

Hadley Centre eine Umstellung au ein kontinuierlich aktualisiertes

Teilsystem, wodurch mit einem Mal etwa 20 % der Messungen verloren

gingen. Das aktualisierte Teilsystem wird durch Bojendaten ergänzt, da

viele Schisauzeichnungen nur als Hardcopy vorgelegt werden. Die

OI.v2-Datenbank greit zudem au AVHRR-Satellitendaten zurück, um

die Interpolation ür Regionen, in denen keine Messungen stattnden,zu verbessern. Im Gegensatz zum ERSST-Datensatz nden die Satelli-

tendaten in den OI.v2-Datensatz nach wie vor Eingang.

Bis in die 1930er Jahre beschränkte sich die Meeresdatenerassung

au die Gebiete, in denen Schisverkehr herrschte. In den meisten Re-

gionen des Südpazik, in etwa in dem Bereich südlich einer Linie von

der Halbinsel Baja Caliornia bis zur Südspitze Arikas, wurden inner-

halb eines Jahrzehnts weniger als 99, in vielen Gebieten überhaupt kei-ne Messungen durchgeührt. In den 1970er Jahren war die Abdeckung

mit Ausnahme von Südaustralien, Südamerika und Arika nahezu

komplett. Heute ehlen au der Karte nur noch einige Polargebiete

(Woodru et al. 2008, Abbildung 5).

Die Daten ür die Zeit vor 1978 stammen nahezu vollständig aus

Schisauzeichnungen. Seit 1978 erolgt die Datenerassung haupt-

sächlich mittels Treib- und Mooringbojen (Woodru et al. 2008). Mes-

sungen au Schien und Bojen werden als In-Situ-Messungen bezeich-

net. Eine weitere Datenquelle, die in den vergangenen Jahrzehnten an

Bedeutung gewann, sind Satellitenbeobachtungen der Meeresoberfä-

che, die dazu dienen, die Abdeckung auch au Gebiete außerhalb der

In-Situ-Gebiete auszuweiten. Rayner et al. (2003) weisen jedoch dar-

au hin, dass auch Satellitensysteme mit Schwierigkeiten verbunden

sind. Satellitenmessungen der Meeresoberfächentemperatur weisen

59

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 64/180

 

Ungenauigkeiten au, sobald eine Wolkendecke vorhanden ist und es

zu Schwankungen hinsichtlich des Staubs und der Aerosole in der At-

mosphäre kommt. Inrarotdaten aus dem AVHRR-System können die

SST zwar exakt messen, müssen jedoch gegenüber den bestehenden

SST-Datensätzen kalibriert werden, um Messgeräteabweichungen zu

vermeiden. Bei tie hängenden Wolkendecken und hoher Aerosolbela-

stung sind die Messungen unzuverlässig. Neue Satellitenplattormen

wie die Tropical Rainall Measuring Mission (TRMM) und das Advan-

ced Microwave Scanning Radiometer (AMSR-E) haben in den vergan-

genen Jahren die Möglichkeiten der Datenerassung bei Vorliegen von

Wolken und Aerosolen deutlich verbessert.Schisdaten werden augrund der Vermischung von zwei unter-

schiedlichen Messtypen skeptisch beäugt. Früher wurde zur Messung

der SST ein Eimer Wasser von der Meeresoberfäche an Deck eines

Schies gezogen und die Temperatur des Wassers mit einem Ther-

mometer gemessen. Je nachdem, was ür ein Eimer daür verwendet

wurde – bspw. ein Holzeimer oder ein vom Wetteramt ausgegebener

Segeltucheimer –, wurden verschiedene Messergebnisse erzielt, die inBezug au die tatsächliche Temperatur häug nach unten abwichen

(Thompson et al. 2008). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erolgten die

Messungen angesichts der Ablösung von Segelschien durch Motor-

schie zunehmend über Sensoren, welche die Temperatur des in das

Motorkühlsystem eingesaugten Wassers überwachten. Diese Daten

weichen gegenüber der tatsächlichen SST ür gewöhnlich nach oben

ab (Thompson et al. 2008). Insgesamt wird davon ausgegangen, dass

US-amerikanische Schie recht schnell au diese motorgetriebenen

Ansaugsysteme umgestellt haben, wohingegen britische Schie ihre

Messungen deutlich länger mithile der Eimermethode durchührten.

In jüngerer Zeit wurden von einigen Schien über Rumpsensoren er-

mittelte Messdaten übermittelt, und durch veränderte Schisgrößen

anden zudem künstliche Trends Eingang in die ICOADS-Datensätze

(Kent et al. 2007).

60

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 65/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Bis vor kurzem ging man davon aus, dass der Übergang von un-

isolierten bzw. teilisolierten Eimern hin zu Ansaugsystemen plötzlich

im Dezember 1941 mit Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg er-

olgte (Folland und Parker 1995). Das Hadley Centre korrigierte dar-

auhin seine SST-Daten aus der Zeit vor 1941 augrund der Annahme,

die Eimermessung sei zu diesem Zeitpunkt eingestellt worden, nach

oben. Als Kent et al. (2007) jedoch kürzlich Schismetadaten zusam-

mentrugen, stießen sie darau, dass in den von Schien stammenden

ICOADS-Daten im Jahr 1980 nach wie vor etwa die Hälte aus solchen

Eimermessungen stammte.

Bei der Verwendung der Kent-Daten legten Thompson et al. (2008)ein weiteres Problem im Zusammenhang mit den SST-Daten in den

Jahren 1945 und 1946 oen: zwischen 1940 und 1945 war der Anteil

der von US-Schien stammenden Daten explosionsartig au mehr als

80 % der Proben angestiegen; mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges

hingegen stieg der Anteil der Daten aus Großbritannien innerhalb

eines Jahres von etwa 0 % au etwa 50 % der Gesamtdaten an, wohin-

gegen die USA weniger Daten lieerten als zuvor. Gleichzeitig el derICOADS-Durchschnitt um etwa 0,5 °C, was einer starken Verälschung

gleichkommt, die in den veröentlichten globalen Temperaturreihen

sichtbar wird. Thompson et al. weisen darau hin, dass die Auswirkun-

gen der Korrektur dieses Temperaturknicks in der Mitte des Jahrhun-

derts erheblich sein können. Wird diese Diskontinuität zur Anpas-

sung an die vor 1945 erassten Datenreihen durch Erhöhung der nach

1945 erhobenen Daten gelöst, fachen die Reihen ab und lassen ür

den Zeitraum von etwa 1940 bis in die späten 1990er Jahre keinerlei

Rückschlüsse au eine Erwärmung zu. Das im 20. Jahrhundert vorherr-

schende Verständnis der Erderwärmung wird dadurch drastisch verän-

dert. Wird die Diskontinuität hingegen gelöst, indem die nach 1945 er-

assten Datenreihen durch eine Verringerung der vor 1945 erhobenen

Daten harmonisiert werden, ührt dies zu einem deutlich längeren

und über das gesamte 20. Jahrhundert anhaltenden Erwärmungstrend

61

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 66/180

 

als angenommen. In beiden Fällen wird die wie auch immer geartete

Entscheidung über die Beseitigung dieser kürzlich entdeckten schwer

identizierbaren Diskontinuität in den SST-Datenreihen eine weit ge-

asste Überprüung des aktuellen Verständnisses der globalen Erwär-

mung zur Folge haben.

Eine weitere Schwierigkeit zeigt sich, ähnlich wie bei den Erdober-

fächendaten, in einem beständigen Rückgang der Anzahl von Schi-

en, die sich in den vergangenen Jahren bereit erklärt haben, Daten ür

das ICOADS zu lieern. Die neue weltweite ARGO-Flotte (www.argo.net)

deckt seit 2003 ür die gesamten Weltmeere bis in eine Tiee von 2.000

Metern die Messungen von Temperatur, Salzgehalt und Strömungenab. Einen vollständigen Ausgleich der immer weniger werdenden

Schisdaten kann diese Flotte jedoch nicht leisten, da sie keine direk-

ten Messungen der SST vornimmt. Stattdessen beginnt ihr Proling in

einer Tiee von 10 Metern unter dem Meeresspiegel, wohingegen ihre

Ansaugpumpen in einer Tiee von 8 Metern unter dem Meeresspiegel

automatisch abschalten.

Eine weitere Herausorderung stellt das Meereis dar. Die Schi-ahrt in eisbedeckten Regionen ist geährlich, sodass aus der Zeit vor

dem Einsatz von Satelliten (etwa ab 1978) nur spärliche Daten vor-

liegen. Für die Zeit zwischen 1901 und 1995 liegen zwar Diagramme

über die Meereiskonzentration in der nördlichen Hemisphäre vor,

doch können nur die Ränder beobachtet werden und die darüber hin-

ausgehende Abdeckung ist als einheitlich anzunehmen (Rayner et al.

2003). Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass ür die Herbst-

und Wintermonate (September bis März) überhaupt keine Daten

vorliegen, sodass die Meereiskonzentration in den Randgebieten au 

Grundlage der Daten aus den Sommermonaten geschätzt werden

muss. Daten über das in der Antarktis vorhandene Meereis wurden

erst ab 1973 mit Beginn der Satellitenbeobachtungen verügbar. Aus

rüheren Jahren liegen nur einige Beobachtungen von Forschungsex-

peditionen vor. Die HADISST-Datenreihe des Hadley Centre greit ür

62

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 67/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

die Jahre zwischen 1929 und 1939 au Daten aus Deutschland zurück

und rechnet au deren Grundlage zurück bis in das Jahr 1871. Für den

Zeitraum 1947 – 1962 dienen russische Forschungsdaten als Grundla-

ge, Daten ür andere Jahre wurden bis zu den ersten Satellitenmessun-

gen durch Interpolation gewonnen.

Für die Erstellung globaler Datensätze wird die SST in der Annah-

me mit den GHCN-Daten ür die Erdoberfäche kombiniert, beide zu-

sammen ergeben einen Durchschnittswert ür die oberfächennahe

Luttemperatur. Auzeichnungen der Meeresluttemperatur (Marine

Air Temperature [MAT] im Gegensatz zur SST) gibt es nur sehr weni-

ge, die zudem durch die im Verlaue des Jahrhunderts zunehmendeSchishöhe beeinträchtigt wurden und daher im Zeitverlau, außer in

den Fällen, in denen die Messung au gleicher Höhe erolgt ist, nicht

streng vergleichbar sind. Die Übereinstimmung zwischen SST- und

Luttemperaturtrends wurde in einigen wenigen Fällen untersucht.

Christy et. al. (2001) konzentrierten sich dabei au Standorte, an denen

sie die Lut- und die SST-Messungen an ein und demselben Ort direkt

miteinander vergleichen konnten. Die Untersuchung umasste vonSchien erasste Daten bezüglich der Meeresluttemperatur sowie Da-

ten von Wettersatelliten, Wetterballons und einer Reihe von Bojen im

tropischen Pazik. Die Daten aus dem Bojennetz sind dabei besonders

hilreich, da diese an ein und demselben Ort sowohl die Temperatur

einen Meter unter der Oberfäche als auch drei Meter über der Oberfä-

che messen. Bei allen Vergleichen der SST mit der Luttemperatur trat

zutage, dass das Meer sich gegenüber der Lut erwärmt hat, was darau 

hindeutet, dass die SST gegenüber den Luttemperaturtrends zu hoch

angegeben wurde. Darüber hinaus weisen drei der Luttemperatur-Da-

tensätze (Satellit, Ballon und Reanalyse) darau hin, dass sich die Mee-

resluttemperatur direkt über der Meeresoberfäche in den Tropen seit

1979 alle zehn Jahre um durchschnittlich 0,01 bis 0,06 °C abgekühlt

hat, während die SST-Daten au eine Erwärmung schließen ließen. Die

Autoren berechneten daher die globalen Durchschnittstemperaturen

63

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 68/180

 

ür den Zeitraum von 1979 bis 1999 ür Zeiträume, ür die Luttem-

peraturdaten anstelle von SST-Daten vorlagen, neu, woraus sich eine

Reduzierung des globalen Trends um 0,05 °C pro Jahrzehnt ergab.

 Messungen der Luttemperatur per Satellit

Eine Alternative zu Oberfächendaten erönete sich, als Spencer und

Christy (1990) neue Klimadatenreihen veröentlichten, die au einer

Auswertung von Daten der von der National Oceanographic and At-

mospheric Administration (NOAA) der USA 1979 ins All geschickten

Wettersatelliten Tiros-N gelieert worden waren. Diese Satelliten sindmit so genannten Microwave Sounding Units (MSU) ausgestattet, die

die von Sauerstomolekülen in verschiedenen Schichten der Atmo-

sphäre abgegebene Strahlung messen und so täglich eine nahezu voll-

ständige Übersicht über die gesamte Tropos- und Stratosphäre lieern.

Jede Messung kann dabei stellvertretend ür den Gesamtdurchschnitt

der Luttemperatur betrachtet werden.

Der Vorteil der MSU-Reihe besteht darin, dass Spencer und Chri-sty durch die Kalibrierung der MSU-Daten gegenüber Messungen der

Luttemperatur aus einem globalen Radiosondennetz7 in der Lage wa-

ren, die erste au einer konsistenten Probenmethode beruhende glo-

bale Durchschnittstemperaturreihe ür die gesamte Atmosphäre und

vor allem die besonders wichtige Troposphäre vorzulegen. Allerdings

zeigten sich unter anderem auch olgende Nachteile:

7 Bei Radiosonden handelt es sich um au Wetterballons montierte Thermometer, die ausunterschiedlicher Höhe Temperaturmessdaten an am Boden bendliche Monitore übermitteln.Ein Netzwerk meteorologischer Stationen wird so mit globalen Daten gespeist.

64

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 69/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 > Die Messdatenreihen reichen nur bis 1979 zurück. Auch wenn au 

diesem Wege also inzwischen Messdaten aus den 30 Jahren vorlie-

gen, in denen die Erdoberfäche sich am stärksten erwärmt hat, kön-

nen daraus keine Schlüsse bezüglich der Erwärmungsmuster in der

Mitte des 20. Jahrhunderts gezogen werden.

> An verschiedenen Punkten der Reihen wurden Satelliten ausge-

tauscht, sodass der Trend durch die Messpunktkalibrierung beein-

fusst worden sein kann.

Die Daten von Spencer und Christy werden üblicherweise nach den

Initialen der Universität von Alabama in Huntsville, an der die beidenForscher tätig sind, als UAH-Reihe bezeichnet. Ein unabhängiger Al-

gorithmus zur Auswertung der MSU-Daten wurde von dem kaliorni-

schen Forschungsunternehmen Remote Sensing Systems (RSS) entwi-

ckelt (Mears et al 2003). Beide existierenden Versionen ähneln sich au-

ßerhalb der Tropen stark, wohingegen die RSS-Reihen über den Tropen

einen deutlich höheren Trend auweisen, was mit einem stuenartigen

Anstieg um 1992 zusammenzuhängen scheint, der sich zeitgleich miteinem Satellitenaustausch ereignete (Christy et al. 2010). Aus den

RSS-Daten lässt sich ür die Zeit nach 1993 relativ zu Wetterballonda-

ten (Randall und Herman 2008) und Reanalysedaten8 (Bengtsson und

Hodges 2010) sowie im Vergleich zu einigen anderen regionalen Da-

tensätzen (Christy et al. 2010) eine Erwärmung ablesen.

Durch das RSS-Team wurde als Problem erkannt, dass es augrund

eines Höhenverlustes durch veränderte Satellitenbahnen mit der Zeit zu

verälschten Abkühlungstrends kommen könnte. Sowohl die UAH- als

8 Reanalysedaten werden au Grundlage von Wetterprognosen ür die nächsten 6 und 12 Stundengewonnen. Die Wettermodelle werden au Grundlage von Beobachtungen deniert und lieernvollständige räumliche Daten ür unterschiedliche Atmosphäreschichten. Da kurzristigePrognosen die höchste Zuverlässigkeit auweisen, stellen diese eine gute Datenquelle zumVergleich mit direkten Beobachtungen dar.

65

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 70/180

 

auch die RSS-Forscher haben als Ausgleich ür diesen Eekt historische

Korrekturen entwickelt. Nach 2002 begann das UAH-Team mit der Inte-

gration von MSU-Daten aus dem so genannten AQUA-Satellitensystem,

das dank eines eigenen Antriebssystems au konstanter Höhe gehalten

werden kann. Von RSS werden keine AQUA-Daten verwendet.

 Abschließende Bemerkungen

Mein Eindruck der verschiedenen zur Messung des globalen Klima-

wandels zur Verügung stehenden Datensammlungen ist, dass die

längsten Datenreihen, d. h. die Datenreihen in Bezug au die Erd- unddie Meeresoberfäche, gravierende Probleme hinsichtlich ihrer Erhe-

bung, Kontinuität und Qualität auweisen, sodass eine langristige

Kontinuität der Daten illusorisch ist. Die Schwierigkeiten im Zusam-

menhang mit der Erhebung von Daten ür die Erdoberfäche haben

sich in den vergangenen Jahrzehnten ausgeweitet. Ferner kann der

Aussage, der Abgleich der drei globalen Datenreihen untereinander

komme einer Qualitätsprüung gleich, nicht zugestimmt werden, daalle au denselben Archiven basieren und damit eine nur unzurei-

chende Unabhängigkeit auweisen. Die MSU-Satellitendatenreihe ist

kürzer, verügt jedoch hinsichtlich von Konsistenz und Vollständigkeit

der Datenerassung, der Qualität der Geräteausstattung sowie der Va-

lidierung gegenüber unabhängigen Beobachtungsplattormen über

klare Vorteile. Für Zwecke der politischen Entscheidungsndung halte

ich die MSU-Daten ür das am meisten geeignete System.

Vergleich von Modelldaten

Parametrisierungen sind in Modellen unvermeidbar. Daher ist es

umso wichtiger, dass die verschiedenen Klimamodelle zur Beurtei-

lung der Qualität der empirischen Näherungswerte konkreten Daten

gegenübergestellt werden. Einache eindimensionale Vergleiche der

66

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 71/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

anhand von Modellen generierten globalen Durchschnittstempe-

ratur mit au Beobachtungen basierenden globalen Durchschnitts-

werten nden sich im 20. Jahrhundert vielach (z. B. Knutson et al.

2006, CCSP 2008). Der globale Durchschnitt wird jedoch von einem

langsamen und stetigen Auwärtstrend beherrscht; die Entwicklung

eines Modells, das einen einachen Auwärtstrend auweist, ist nicht

schwierig. Angesichts der großen Zahl widersprüchlicher Hypothe-

sen, die zu einer solchen Form ühren können, ist die Feststellung

einer Übereinstimmung zwischen Beobachtungen und Modellen des

globalen Durchschnitts allein als Beweis nicht ausreichend. Knutti

(2008), CCSP (2008, Seite 44), Knutti und Hegerl (2008), Kiehl (2007),Hegerl et al. (2007, Seite 678), Schwartz et al. (2007) und andere haben

darau verwiesen, dass der beobachtete globale Durchschnittstrend

gleichermaßen konsistent mit stärkeren und schwächeren Annah-

men bezüglich der Sensitivität gegenüber einer durch Treibhausga-

se verursachten Erwärmung sein kann, wenn er mit ausgleichenden

Annahmen bezüglich einer aerosolbedingten Abkühlung, einer Wär-

meaunahme durch die Weltmeere oder anderen Mechanismen inVerbindung gebracht wird. In der Praxis weisen Modelle, die von einer

stärkeren Sensitivität gegenüber Treibhausgasen ausgehen, in einem

Maße eine Tendenz zu einem stärken Ausgleich durch Abkühlungs-

mechanismen au, das nicht zuällig erscheint (Kiehl 2007).

Die GCM-Auswertung gemäß Kapitel 8 des vierten Berichts des

Zwischenstaatlichen Ausschusses ür Klimaänderungen (IPCC) (Ran-

dall et al. 2007) besteht vorrangig aus statischen Reproduktionstests,

die Aussagen über die Verteilung der Durchschnittstemperatur und

der Niederschlagshöhen ermöglichen, jedoch keine weltweiten Trends

reproduzieren, und a priori-Kontrollen, um estzustellen, ob bekann-

te meteorologische Prozesse in die Modelle Eingang geunden haben.

Der IPCC weist darau hin, dass relativ wenige Studien die Frage au-

geworen haben, ob die empirische Treue zwischen den Modellsimu-

lationen der Vergangenheit und den dazugehörigen Beobachtungsda-

67

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 72/180

 

ten die Genauigkeit von Klimatrendprognosen verbessern (Randall et

al. 2007, Seite 594). Daher sind Methoden zur Bewertung der Modelle

entsprechend ihrer Fähigkeit, verschiedene räumliche Trendmuster zu

erassen, erorderlich. Berk et al. (2001) verwiesen diesbezüglich darau,

dass nur wenige quantitative Vergleiche von Modellergebnissen und

mit aus Beobachtungen gewonnenen Daten vorlägen, die sich zudem

noch „extrem au subjektive Bewertungen stützen“ (Berk et al., Seite

126). Die Situation hat sich seit 2001 kaum verändert. Weder die Über-

prüung der GCM durch das US-amerikanische Climate Change Science

Program (CCSP 2008) noch der jüngste Bericht des IPCC lieern statis-

tische Untersuchungen darüber, wie gut Klimamodelle das räumlicheTemperaturtrendmuster der vergangenen Jahrzehnte reproduzieren.

Stattdessen verlassen sie sich au subjektive Bewertungen. In Kapitel 9

des IPCC-Berichts (Hegerl et al. 2007) nden sich die Diskussion eines

Diagramms (Abbildung 9.6, Seite 684 – 686) über die durchschnittli-

chen Ergebnisse aus 58 GCM-Simulationen und das besondere Tempe-

raturmuster von Trends an der Erdoberfäche zwischen 1979 und 2005,

wobei Modellsimulationen, die von der Annahme ausgehen, das Klimawürde durch Treibhausgase nicht erwärmt, Modellsimulationen gegen-

übergestellt werden, die au der Annahme beruhen, dass dies sehr wohl

der Fall sei. In diesem Zusammenhang wird behauptet, letztere An-

nahme passe besser zu den Beobachtungsdaten; ein quantitativer Be-

leg wird jedoch nicht erbracht. Der CCSP-Bericht (2008) enthält einen

visuellen Vergleich hinsichtlich der Übereinstimmung der zwischen

1979 und 2003 beobachteten und den von der GISS in ihrem Modell

ausgearbeiteten Trendmustern. Auch diese Diskussion ist rein quali-

tativ – dem Leser wird noch nicht einmal ein Korrelationskoezient,

geschweige denn eine Reihe von Signikanztests vorgelegt.

Einer der zentralen Tests ür die Qualität von GCM ist es, zu prüen,

ob sie geeignet sind, das Verhalten der riesigen tropischen Region kor-

rekt dazustellen. Die allgemeine atmosphärische Zirkulation entsteht

im Wesentlichen durch die unterschiedlich starke Erwärmung der Erde

68

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 73/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

am Äquator und an den Polen.9 Durch die starke Sonneneinstrahlung

und die damit verbundene Erwärmung am Äquator steigt heiße und

euchte Lut au, die sich in der Höhe abkühlt und um etwa 30 Breiten-

grade in Richtung der Pole strömt. Dort sinkt sie wieder ab und strömt

in Bodennähe zurück zum Äquator. Ein Teil der absteigenden Lut wird

abgelenkt und vermischt sich mit einer Lutströmung in Richtung der

Pole, die in verschiedenen, an den Polen endenden Zirkulationen ver-

läut. Globale Atmosphärenmodelle müssen diese Prozesse au einer

rotierenden Kugel unter Berücksichtigung geeigneter Verteilungen hin-

sichtlich von Feuchtigkeit, Impuls und Energie abbilden. Im Rahmen

von au diesen Modellen beruhenden Experimenten wurde regelmäßiggezeigt, dass die stärkste Erwärmung augrund der Konzentrationserhö-

hung von Treibhausgasen in der tropischen Troposphäre erolgt. Held

und Soden (2000, Seite 464) beschreiben, dass Modelle etwa 60 % der

globalen atmosphärischen Wasserdamprückkopplung der oberen Tro-

posphäre über den Tropen in einem Gebiet zwischen 30 Grad nördli-

cher Breite und 30 Grad südlicher Breite zuordnen, während nur 40 %

der Rückkopplung au die übrigen Breiten entallen.10

 Alle Klimamodelle sagen eine außergewöhnlich starke und

schnelle durch Treibhausgase verursachte Erwärmung der Tropo-

sphäre (d. h. in einer Höhe von 1 – 16 km) über den Tropen vorher.

Dieses Phänomen ist in Abbildung 10.7 des Berichts der IPCC-Ar-

beitsgruppe I, die im Internet unter http://www.ipcc.ch/graphics/

ar4-wg1/jpg/g-10-7.jpg erhältlich ist, dargestellt. Ursprünglich wur-

den vom IPCC zwöl Klimamodellprognosen ür den vierten IPCC-

9 Eine einache schematische Beschreibung der allgemeinen Zirkulation ndet sich bei Lockwood(1979), Kapitel 4.

10 Dieses Verhältnis bezieht sich au die „reie Atmosphäre“ bzw. Troposphäre oberhalb derGrenzschicht (d. h. der unteren 1 – 2 km). 10 % des globalen Eekts schlagen sich in dieserGrenzschicht nieder, sodass sich ür die Troposphäre ein Verhältnis von 55 % Tropen und 35 %Nicht-Tropen ergibt.

69

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 74/180

 

Sachstandsbericht archiviert, die entsprechende Internetseite wurde

zwischenzeitlich jedoch enternt.11 Diese Modellexperimente olgen

dem A1B-Emissionsszenario, das ür die Emissionsentwicklung bis

2100 einen mittleren Pad beschreitet. Die durchschnittliche globale

Oberfächenerwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts beträgt laut

GISS-Modell etwa 2,3 °C.12 Der troposphärische Durchschnitt liegt mit

5 °C in etwa doppelt so hoch, und das okale Muster in der tropischen

Troposphäre tritt zu Beginn des Prognosezeitraums au. Das Muster

war in allen ür den IPCC-Bericht von 2007 erstellten 12 Klimamodell-

simulationen klar zu erkennen.

Abbildung 9.113 des IPCC-Berichts von 2007 enthält erner einenModelltest (sogenannter „Hindcast“), in dem modellbasierte Klima-

muster ür den Zeitraum von 1890 bis 1999 mit Hile historischer

Klimadaten überprüt werden. Hierbei zeigt sich dasselbe Muster, das

von einem bereits in Gang bendlichen starken, gegenüber allen übri-

gen Antrieben vorherrschenden, Erwärmungstrend in der tropischen

Troposphäre ausgeht.

Ein identisches Muster ist auch in einem modellbasierten Modell-test dargestellt, der die klimatischen Veränderungen zwischen 1958

und 1999 unter der Annahme einer starken THG-Erwärmung simuliert

und ür den Bericht des US-amerikanischen Climate Change Science

Program (CCSP 2006) angeertigt wurde; siehe Seite 25, Abbildung 1.3 A

und F, im Internet abrubar unter http://www.climatescience.gov/Lib-

rary/sap/sap1-1/nalreport/deault.htm. Auch in dieser Darstellung ist

die helle Scheibe als Temperaturindikator der tropischen Troposphäre

besonders dominant.

11 Eine unvollständige Archivversion ndet sich unter http://web.archive.org/web/20070925231825/http://ipcc-wg1.ucar.edu/wg1/Report/suppl/Ch10/Ch10_indiv-maps.html.

12 Vierter IPCC-Sachstandsbericht (Arbeitsgruppe I), Kapitel 10, Abbildung 10.5

13 Online unter http://www.ipcc.ch/graphics/ar4-wg1/jpg/g-9-1.jpg

70

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 75/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 Quelle: McKitrick, McIntyre und Herman (2010)

Insgesamt betrachtet stimmen alle Modelle darin überein, dass

bereits heute ein Muster einer starken Erwärmung der tropischen Tro-

posphäre zu beobachten sein müsste, wenn die durch THG verursach-

te Erwärmung tatsächlich der vorherrschende, langristig au unser

Klima einwirkende Eekt wäre und auch die küntigen Klimaverände-

rungen dominiert. Einig sind sich die Modelle weiterhin darüber, dass

die Erwärmung der oberen Troposphäre in den Tropen stärker als in

der übrigen Troposphäre und in der Höhe stärker als an der Oberfäche

ausallen wird.

Dessen ungeachtet lässt sich das erwartete Muster ür die tropi-

sche Troposphäre in den Daten nicht beobachten. Dies ührt zu zwei-

erlei Diskrepanzen:

Abbildung 7Vergleich beobachteter und modellierter Temperaturtrendsvon 1979 – 2009 in der tropischen Troposphäre

0,30

0,20

0,10

0,00

-0,10

°C Untere Troposphäre Mittlere Troposphäre

  M  o  d  e   l   l  e

  M  o  d  e   l   l  e

  M  o  d  e   l   l  e

  B  e  o   b  a  c   h  t  u

  n  g   e  n   R  S

  S

  S  a  t  e   l   l   i  t  e

  n   U  A

   H

  R  a  d   i  o

  s  o  n  d  e  n

71

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 76/180

 

 > Au Ebene der unteren und der mittleren Troposphäre über den Tro-

pen sagen die Klimamodelle eine zwei- bis viermal so hohe Erwär-

mung voraus, als zwischen 1979 und 2009 beobachtet wurde (siehe

Abbildung 7). Während bis 1999 lauende rühere Untersuchungen

von Messungen davon ausgingen, dass zwar die Erwärmung in den

Modellen zu hoch prognostiziert würde, Modelle und Beobachtun-

gen jedoch augrund breiter Kondenzintervalle vereinbar seien, ge-

lang es McKitrick et al. (2010) anhand von bis Ende 2009 reichenden

Daten auzuzeigen, dass die Erwärmung in den Modellen deutlich

zu hoch prognostiziert wird. Zudem ließ sich unter Einsatz zuver-

lässiger parametrischer und nichtparametrischer Tests nachweisen,dass sich Modelle und Daten bei einem Signikanzniveau von 99 %

statistisch signikant voneinander unterscheiden. Grundlage daür

waren multivariate Vergleiche unter Einbeziehung aller verügbaren

Klimamodelle sowie der gesamten von Satelliten- und Wetterballons

ermittelten Datensätze.

 > In den Modellen wird weiterhin eine stärkere Erwärmung der oberen

Troposphäre als in Oberfächennähe prognostiziert, wobei das Ver-hältnis der Trends dabei mit etwa 1,4:1 angegeben wird. Christy et al.

(2010) ist jedoch anhand umassender Beobachtungsdatensätze der

Nachweis gelungen, dass die in den Tropen in der Höhe beobachtete

Erwärmung in Wirklichkeit  geringer  ausällt als an der Oberfäche,

wobei das beobachtete Verhältnis mit etwa 0,8 angegeben wird. Die-

ses Ergebnis lässt au eine deutliche Inkonsistenz zwischen Modellen

und Daten schließen.

Anders ausgedrückt: Für die Tropen prognostizieren alle Modelle in

der Höhe einheitlich eine stärkere Erwärmung und einen stärkeren

Vervielachungsaktor, als beobachtet wird.

Dieses Problem wurde im Jahr 2006 vom US Climate Change Sci-

ence Program (CCSP 2006) erkannt. Die Modelle sagen ür die tropi-

sche Troposphäre ein vertikales Muster vorher, das den Ergebnissen

72

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 77/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

aus 7 von 8 im Rahmen des CCSP14 untersuchten Vergleichen (der

achte Vergleich ließ keine Schlussolgerungen zu) widersprach. Ferner

ergab sich aus keiner der verügbaren troposphärischen Datenreihen

eine statistisch signikante Erwärmung der Troposphäre. Bezogen au 

die Äquatorregion zwischen dem 20. Grad nördlicher Breite und dem

20. Grad südlicher Breite, enthält der Bericht zusammenassend ol-

gende Aussage:

Auch wenn die Mehrheit der Beobachtungsdatensätze au eine an der

Oberfäche gegenüber der Troposphäre höhere Erwärmung schließen

lässt, zeigen einige Beobachtungsdatensätze ein gegenteiliges Verhal-ten. Nahezu alle Modellsimulationen weisen au eine stärkere Erwär-

mung in der Troposphäre als an der Oberfäche hin. Diese Diskrepanz

zwischen Modellen und Beobachtungen ist möglicherweise au Fehler

in allen Modellen, au Fehler in den Beobachtungsdatensätzen oder

au eine Kombination der beiden genannten Alternativen zurückzu-

ühren. Die zweite Erklärung erscheint plausibler, die Frage ist aller-

dings noch oen.

Zusammenassend lässt sich sagen, dass Klimamodelle, die den Treib-

hauseekt au die Annahme einer starken positiven Rückkopplung

stützen, unisono einen in der tropischen Troposphäre zu beobachten-

den starken Erwärmungstrend von mindestens 0,2 Grad/Jahrzehnt

prognostizieren. Die Temperaturen in diesem Bereich der Atmosphäre

werden von Wettersatelliten und Wetterballons überwacht. Nachweise

ür eine solche Prognose gibt es nicht. Der von der RSS-Satellitenreihe

gezeigte deutliche Erwärmungstrend ist möglicherweise au eine Ab-

weichung nach oben augrund von Schwierigkeiten bei der Satelli-

tenkalibrierung zurückzuühren. Die übrigen Datenreihen (UAH und

14 Siehe Bericht, Seite 111, Abbildung 5.4 G

73

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 78/180

 

Radiosonden) stimmen in ihren in den meisten Fällen unerheblichen

Trends von 0,1 °C/Jahrzehnt oder weniger überein. Das erwartete ver-

tikale Muster wird nicht beobachtet: die Erwärmung in der Höhe ist

gegenüber der Oberfächenerwärmung nicht erhöht. Insgesamt kön-

nen wir den aktuellen Daten daher entnehmen, dass die CO2-bedingte

Erderwärmung im unteren Bereich der getroenen Prognosen liegen

dürte. Daraus olgt, dass sich die au CO2 zurückzuührenden Umwelt-

schäden sehr wahrscheinlich im unteren Bereich der veröentlichten

Schätzungen bewegen werden.

Ökonomische Grenzschadenmodelle

Über die von Treibhausgasen verursachten Grenzschäden gibt es

zahlreiche Studien, die au Grundlage der Annahme berechnet wur-

den, dass die Ergebnisse der Klimamodellprognosen als realistische

Schätzungen akzeptiert werden können. Tol (2005) untersuchte

mehr als 100 dieser Berechnungen. Während hinsichtlich der Metho-

den und Annahmen große Vielalt herrschte, nahmen alle Studieneinheitlich Klimaprognosen als Grundlage und wiesen den globalen

Auswirkungen von Emissionen bestimmte Dollarwerte zu. Der ein-

zige Unterschied bestand in der Art und Weise der Bewertung dieser

Auswirkungen, die Ergebnisse insgesamt wiesen überraschende Ähn-

lichkeit au.

Eine starke Modalwertkonzentration zeigte sich zwischen 0 und

10 USD/Tonne Kohlensto.15 Der Modus lag bei 2 USD/Tonne Kohlen-

15 An dieser Stelle ist eine begrifiche Klärung erorderlich: Schäden augrund von Erwärmung sindau Kohlendioxid im Gegensatz zu „Kohlensto“ (einem Begri, der Rußpartikel und Aerosolebeinhalten kann) zurückzuühren. Emissionen und Kosten werden hingegen ür gewöhnlichin Tonnen Kohlensto, nicht in Tonnen Kohlendioxid angegeben. Das Verhältnis zwischenKohlensto und Kohlendioxid beträgt 11:3, d. h., eine Tonne Kohlensto entspricht 3,67 TonnenCO2. Eine Steuer in Höhe von 37 USD/Tonne Kohlensto entspräche olglich in etwa einer Steuerin Höhe von 10 USD/Tonne Kohlendioxid.

74

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 79/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

sto, der Median bei 14 USD/Tonne und das arithmetische Mittel bei 93

USD/Tonne (25 USD/Tonne CO2). Tol schloss in seine Untersuchungen

zunächst auch graue Literatur mit Schätzungen bis zu 800 USD/Ton-

ne ein. Bei ausschließlicher Berücksichtigung von Fachliteratur allen

der Mittelwert au 43 USD/Tonne und der Modus au 1,50 USD/Tonne,

wobei Tol die letzte Zahl ür eine verlässliche Angabe im Hinblick au 

viele Qualitätsgewichtungskongurationen hält. Werden Ausätze, die

ausschließlich eine Zeitpräerenzrate von unter 3 % anwenden, nicht

berücksichtigt, ällt der Median au etwa 6 USD/Tonne (Tol, 2005, Abbil-

dung 5). Die Hälte der in der Fachliteratur veröentlichten Studien, die

au eine konventionelle Diskontierung zurückgreien, setzt die Kostendamit au 6 USD/Tonne oder weniger est.

2007 legte Tol eine aktualisierte Untersuchung vor, in der mehr

als 200 Studien über die gesellschatlichen Kosten von CO2-Emissio-

nen (in Kohlenstoäquivalenten) berücksichtigt wurden. Die durch-

schnittliche Schätzung der Grenzschäden aller Studien aus Fachli-

teratur und grauer Literatur gleichermaßen lag bei 127 USD/Tonne

Kohlensto (35 USD/Tonne CO2). Bei den Fachstudien belieen sichdas Mittel bzw. der Modus au 71 bzw. 20 USD/Tonne. Die Studien, die

eine reine Zeitpräerenz von 3 % anwendeten, kamen zu einem Mittel

von 24 USD/Tonne und einem Modus von 14 USD/Tonne. Tol stellte

weiterhin est, dass der durchschnittlich geschätzte Schaden mit der

Zeit abgenommen hat und der Mittelwert der nach 2001 durchge-

ührten Studien weniger als die Hälte der vor 1996 veröentlichen

Studien beträgt.

Selbst wenn wir also die grundlegende Unsicherheit bezüglich der

Auswirkungen von CO2 au das Klima ignorieren, besteht nur wenig

Unsicherheit hinsichtlich der Grenzschäden von Kohlensto. Die ge-

sellschatlichen Kosten von Kohlensto au globaler Ebene liegen mit

an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unter 50 USD/Tonne

und vermutlich sogar unter 20 USD/Tonne. Ein Preis von circa 15 USD/

Tonne Kohlensto (rund 4 USD/Tonne CO2) wäre somit angesichts der

75

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 80/180

 

aktuellen Schadenschätzungen ein vernüntiger Ausgangspunkt ür

eine Kohlenstosteuer, soern CO2 tatsächlich ursächlich ür die glo-

bale Erwärmung verantwortlich ist.

Zusammenfassung der Herausforderungen

Nehmen wir die aktuellen Klimamodelle ür bare Münze, können wir

eine niedrige Kohlenstosteuer au der Grundlage rechtertigen, dass

die Emissionen dadurch nur unwesentlich gesenkt werden könnten

und die Steuer stattdessen einzig der Internalisierung externer Kos-

ten dienen würde. Angesichts dessen, dass die Emissionen kaum ge-senkt würden, könnte man berechtigterweise die Frage stellen, wozu

eine solche Steuer überhaupt erorderlich sein sollte. Es herrscht noch

immer die Angst, dass das Problem der globalen Erwärmung zu einer

Beschleunigung der Schäden in der Zukunt ühren oder unerwartet

gravierende Folgen haben könnte, die heute noch nicht vorhergesehen

werden können. Diese Möglichkeit ist der Grund ür die anhaltenden

Rue nach einer deutlichen Reduzierung der Emissionen. Da es sich je-doch um nicht mehr als eine Vermutung handelt, die noch dazu von

den aktuell vorliegenden Daten nicht gestützt wird, bildet diese Be-

gründung keine überzeugende Grundlage ür die hohen Kosten einer

groß angelegten Reduzierung der CO2-Emissionen.

All das bedeutet nicht, dass in den nächsten Jahren nicht mög-

licherweise neue Inormationen in Form besserer Klimadaten oder

neuer technologischer Innovationen vorliegen werden, die ür eine

Reduzierung der Emissionen sprechen. Aus diesem Grund ist ein po-

litischer Mechanismus erorderlich, der neue Inormationen automa-

tisch berücksichtigt, sobald diese verügbar sind, und die Klimapolitik

je nachdem verschärt oder lockert. Die aktuelle Politik ergeht sich in

wiederholten Ankündigungen von weit in der Zukunt liegenden es-

ten Emissionszielen. Abgesehen davon, dass solche Ziele selten einge-

halten werden, besteht das Problem dabei darin, dass die Ankündigung

76

Unsicherheit bezüglich des Grenzschadens

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 81/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

eines esten Ziels ür einen Zeitpunkt in zehn oder zwanzig Jahren da-

von ausgeht, dass wir in der Zwischenzeit keine neuen Erkenntnisse

gewinnen, die ür die Festlegung des optimalen politischen Weges rele-

vant wären. Das ist jedoch nicht zutreend. Denn einer Sache können

wir trotz aller klimatischer Unsicherheiten sicher sein: Es gibt viel zu

lernen und in den kommenden Monaten und Jahren werden mit Si-

cherheit relevante neue Inormationen verügbar sein.

Abschließend möchte ich mich nun noch mit der Frage beschäti-

gen, inwieern die Aussicht au neue Inormationen bei der Festlegung

der Klimapolitik berücksichtigt werden sollte. 77

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 82/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 83/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 4.

 Die Berücksichtigungneuer Erkenntnisse beider Gestaltung küntiger 

 EmissionspreiseIntegrierte Bewertungsmodelle und pseudooptimale Lösungen

Dem Problem der dynamischen Unsicherheit bei der Gestaltung der

Klimapolitik wurde mit vielerlei Lösungsansätzen beizukommen ver-

sucht.16 Der Ansatz eines integrierten Bewertungsmodelles (Integra-

ted Assessment Model, IAM) nach Nordhaus et al. (2007) geht von derKenntnis von zentralen Parametern in den Funktionen zur Beschrei-

bung von Wirtschat und Klima aus, au deren Grundlage eine sante

politische „Rampe“ in Form einer im Zeitverlau ansteigenden Besteu-

erung von CO2-Emissionen eingerichtet werden solle. Diese Lösung

kann nur unter der Annahme korrekter Modellparameter als optimal

gelten, die jedoch starken Unsicherheiten unterworen sind. Die sug-

gerierte politische Rampe ist daher dahingehend nur  pseudooptimal,

dass sie nur unter strengen Annahmen bezüglich zentraler unktiona-

ler Formen und Parameter gültig ist, die bei Einührung einer solchen

Politik keinen Prüungen unterzogen werden.

16 Dieser Abschnitt greit au in McKitrick (2010b) vorgestellte Materialien zurück.

79

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 84/180

 

Bayes’sche Lernmodelle

Kelly und Kolstad (1999) sowie Leach (2007) näherten sich dem Pro-

blem au andere Weise, indem sie die Möglichkeit der Beobachtung

der Reaktion des Klimas au politische Maßnahmen untersuchten

und die aus dieser Untersuchung gewonnenen Inormationen in eine

Bayes’sche Lernroutine einügten. Ziel des Analysemodells des poli-

tischen Systems ist es, genügend Inormationen zu sammeln, um

den politischen Entscheidungsträgern die Möglichkeit zu bieten, die

Hypothese, dass die richtige Politik verolgt wird, mit 95-prozentiger

statistischer Sicherheit zu überprüen. In Anwendung au den Klima-wandel anden sie heraus, dass bereits die Unsicherheit bezüglich ei-

nes oder zweier zentraler struktureller Parameter ausreicht, um die

Ermittlung eines als optimal erwarteten Politikpades um Hunderte

von Jahren zu verzögern. Leach (2007) legte ein demjenigen von Nord-

haus ähnliches Modell vor, in dem die politischen Entscheidungsträ-

ger alle neuen Inormationen hinsichtlich der Reaktionen des Klimas

au politisch motivierte Emissionsveränderungen nutzen. Die gestell-te Frage lautete, wie lange es (unter Annahme verschiedener Voraus-

setzungen) dauern würde, bis genügend Inormationen vorlägen, um

mit 95-prozentiger Signikanz eine alsche Nullhypothese über die

Bedeutung des zugrundeliegenden Problems zu widerlegen. Unterlie-

gen nur zwei Modellparameter Unsicherheiten, variiert die Lernzeit

je nach Emissionszunahme im Basisall von mehreren Hundert bis

mehreren Tausend Jahren.

Eine erweiterte Version des Modells, die eine einache Produk-

tionsunktion und eine zeitübergreiende Kapitalanlagestruktur

modelliert, ührt nicht nur zu einer in Jahrhunderten gemessenen

Lernzeit, selbst wenn die meisten Modellparameter als bekannt vor-

ausgesetzt werden und nur entsprechend den verschiedenen Klima-

datensätzen variieren, sondern sogar dazu, dass der eingeschlagene

politische Weg nie das richtige Ziel erreicht.

80

Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 85/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Dieses Ergebnis mag übermäßig pessimistisch erscheinen, da die

politischen Entscheidungsträger Jahrhunderte warten müssen, um he-

rauszunden, ob der eingeschlagene Weg der richtige war. Die Antwort

kommt zu spät, um relevant zu sein. Jedoch verhält es sich nicht so,

dass das IAM oder der pseudooptimale Ansatz besser wären. Der wahre

Unterschied besteht darin, dass der Bayes’sche Ansatz zumindest die

Möglichkeit bietet, irgendwann zu erkennen, ob der eingeschlagene

Weg alsch ist, was bei Verwendung des IAM nicht möglich ist.

Versicherung und Fat Tails

Martin L. Weitzman (2009) näherte sich dem Problem der Wahl ei-

ner Politik gegen die globale Erwärmung, indem er versuchte, einen

Preis ür einen Versicherungsvertrag estzulegen, wenn eine ernst zu

nehmende Wahrscheinlichkeit extremer Schäden besteht. Unter be-

stimmten Bedingungen ist es unmöglich, einen begrenzten Wert ür

einen Vollversicherungsvertrag estzulegen. Das Modell von Weitzman

beruht au einer Reihe spezischer Annahmen, von denen einige rechtkonventionell sind und andere nicht. Eine übliche Annahme lautet,

dass die Möglichkeit einer unendlichen (positiven oder negativen) Kli-

masensitivität besteht oder dass die Möglichkeit eines extremen Kli-

mawandels (zwanzig Grad oder mehr) zwar gering ist, jedoch, gleich

in welchem Umang, nicht vollständig ausgeschlossen werden kann.

Darüber hinaus beinhaltet die Theorie beispielsweise Annahmen da-

rüber, wie Veränderungen der Temperatur die Einkommen beeinfus-

sen. Beruhend au diesem Aubau ührt Weitzman eine Finanzanalyse

durch, um daraus die Kosten ür eine vollständige Absicherung gegen

das Risiko einer Klimakatastrophe abzuleiten. Das Ergebnis deckt sich

zuällig mit einer Gleichung aus der mathematischen Statistik, der so

genannten momenterzeugenden Funktion einer Verteilung t. Statisti-

sche Lehrbücher warnen, dass diese Gleichung zu keinem endlichen

Ergebnis ühre. Weitzman interpretiert dies so, als sei das Ergebnis un-

81

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 86/180

 

endlich, was bedeutet, dass die heutige Gesellschat bereit sein sollte,

ihr gesamtes aktuelles Einkommen darau zu verwenden, sich gegen

eine möglicherweise in der Zukunt eintretende Katastrophe zu ver-

sichern. Um diese unrealistische Konsequenz zu umgehen, muss die

Verteilung der möglichen Klimasensitivitätswerte im Rahmen dieses

Modells als begrenzt angenommen bzw. davon ausgegangen werden,

dass sie „Thin Tails“ auweist. Weitzman gibt jedoch zu bedenken, dass

das bedeute, dass die optimale Versicherungspolitik von Annahmen

bezüglich der Verteilung möglicher Klimaänderungen in Regionen

abhängig sei, ür die zu wenige Beobachtungen vorliegen, um siche-

re Aussagen treen zu können. So wie die Dinge derzeit liegen, ver-ordnet das „Dismal Theorem“ von Weitzman weniger eine unendlich

hohe Versicherungsprämie, sondern verweist vielmehr darau, dass

die Kosten-Nutzen-Analyse laut IAM nur pseudooptimal ist und sich

unter den annahmegemäß ausgeschlossenen Unsicherheiten auch

diejenigen benden, die ür eine Versicherungslösung gegen extreme

Ereignisse sprechen.

Der zustandsabhängige Ansatz

Angesichts des Scheiterns rüherer Methoden im Hinblick darau, eine

plausible Lösung ür das Problem der langristigen Preisestsetzung

ür THG-Emissionen zu nden, habe ich einen neuen Ansatz vorge-

schlagen, der anstelle einer statischen langristigen Emissionsbegren-

zung die Entwicklung einer dynamischen Preisgestaltung vorsieht.

Im Rahmen des üblichen ökonomischen Modells (gemäß Abschnitt 2

oben) werden aktuelle Schäden als direkte Folge aktueller Emissionen

betrachtet:

 

82

Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 87/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

In Bezug au THG gestaltet sich die Situation angesichts zweier

weiterer Komplexitäten jedoch anders: Emissionen können verzögerte

Auswirkungen haben und die Dauer der Verzögerung ist möglicher-

weise unbekannt. Wir müssen uns also nicht nur um die unmittelba-

ren Folgen aktueller Emissionen Gedanken machen, sondern auch umihre möglichen zuküntigen Folgen. Anders betrachtet erleben wir ak-

tuell nicht nur die Folgen der heutigen Emissionen, sondern auch von

Emissionen, die weit in der Vergangenheit entstanden sind.

Erschwerend kommt hinzu, dass Emissionen Schäden nicht direkt

verursachen, sondern Einfuss au bestimmte Umweltaspekte (wie die

durchschnittliche Luttemperatur) nehmen, die dann wiederum Schä-

den verursachen. CO2-Emissionen sind an und ür sich nicht schäd-lich. Mögliche Schäden entstehen aus der Veränderung des Klimazu-

stands. Mit anderen Worten: Emissionen beeinfussen eine messbare

Zustandsvariable und Veränderungen der Zustandsvariablen verur-

sachen Schäden. Oben stehende Darstellung muss demnach wie olgt

angepasst werden.

 Aktuelle Emissionen

 Aktuelleundvergangene Emissionen

 Zustands-variable

 AktuelleSchäden

 AktuelleSchäden

83

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 88/180

 

Der Einfuss aktueller und vergangener Emissionen au die Zu-

standsvariable ist komplex und von Unsicherheit geprägt. Dieser

Umstand erschwert nicht nur die Entscheidung darüber, wie aktuelle

Emissionen preislich zu behandeln sind, sondern ührt uns zudem vor

Augen, dass die Zustandsvariable Inormationen über die zeitlichen

Folgen von Emissionen beinhaltet, die zur Verringerung der Unsicher-

heit herangezogen werden können.

Angenommen, CO2-Emissionen werden in Höhe eines veränderli-

chen Betrages besteuert und dieser Betrag ist an Bewegungen einer be-

obachtbaren Zustandsvariablen, z. B. eine Messung der Luttemperatur,

gekoppelt. Wenn aktuelle und vergangene Emissionen nahezu keineAuswirkungen au die Zustandsvariable haben, bleibt der Emissions-

preis unverändert. Zeigen sich hingegen starke Auswirkungen und eine

steigende Temperatur, so steigt auch der Emissionspreis. In McKitrick

(2010b) habe ich augezeigt, dass es möglich ist, mithile einer eina-

chen Formel, die sich obige Beobachtungen hinsichtlich von Zustands-

variablen und Emissionsdaten zunutze macht, der au der zeitüber-

greienden Grenzschadenunktion beruhenden, nicht beobachtbarenoptimalen dynamischen Emissionssteuer sehr nahe zu kommen. Diese

Formel ür eine zustandsabhängige Steuer t lautet:

 

Dabei bezeichnen y eine Konstante, e die aktuellen Emissionen, e 

den gleitenden Durchschnitt aus aktuellen und vergangenen Emissio-

nen (wobei so weit in die Vergangenheit zurückgegangen werden kann,

wie eine Beeinfussung des aktuellen Zustands durch die Emissionen

angenommen wird) und s die aktuelle Beobachtung der Zustandsva-

riablen. In diesem Ansatz ist y rei wählbar, sodass der Steuersatz t bei

einem dem politischen Entscheidungsträger aktuell sinnvoll erschei-

t = y x  –  x see

84

Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 89/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

nenden Wert beginnt. Anschließend wird die Entwicklung der Steuer

vorrangig durch die Entwicklung von s gesteuert.

Um den aktuellen Wert der Emissionssteuer zu berechnen, sind

einzig Daten bezüglich aktueller und vergangener Emissionen sowie

der aktuelle Wert der Zustandsvariablen erorderlich. Im Falle von THG

stehen Emissionsdaten au nationaler und globaler Ebene ertig zur

Verügung. Europäische Daten sind über Eurostat (http://epp.euro-

stat.ec.europa.eu), Daten ür alle übrigen Länder (mit einigen Jahren

Rückstand) über das US-amerikanische Oak Ridge National Lab (Mar-

land et al. 2010; im Internet abrubar unter http://cdiac.ornl.gov/

trends/emis/tre_regn.html) erhältlich.Bei der Wahl der Zustandsvariablen s sind das zugrunde liegende

wissenschatliche Vorgehen sowie die verschiedenen Qualitätsproble-

me klimatischer Daten zu berücksichtigen. Wie oben in Abschnitt 3

augezeigt wurde, weisen die Daten ür die Erd- und Meeresoberfäche

ernsthate Qualitätsprobleme au, sodass es nicht angeraten ist, sie ür

politische Zwecke heranzuziehen. Satellitensysteme, vor allem dieje-

nigen, die sich zur Beibehaltung einer konstanten Höhe des AMSU-Systems bedienen, bieten verlässlichere Messergebnisse bezüglich der

Luttemperaturen. Zur Ermittlung einer passenden Zustandsvariablen

lege ich die Verwendung der mittleren Temperatur in der unteren bzw.

mittleren tropischen Troposphäre nahe, da es sich bei dieser um einen

kontinuierlich überwachten Indikator handelt, der gegenüber Treib-

hausgasen eine besondere Sensitivität auzuweisen scheint.

Da zur Ermittlung der Steuer t keine Inormationen bezüglich der

Vermeidungskosten verwendet werden, mag es so erscheinen, als kön-

ne es sich nicht um ein umassendes politisches Modell handeln. Bei

den aus integrierten Bewertungsmodellen abgeleiteten steuerlichen

Entscheidungen handelt es sich um Lösungen ür ein zweiseitiges

Optimierungsproblem, bei denen zeitübergreiende Schäden gegen

zeitübergreiende Vermeidungskosten augerechnet werden. Dabei

dar jedoch nicht vergessen werden, dass die oben genannte Formel

85

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 90/180

 

keinen politischen Weg vorschreibt, sondern eine  Regel beinhaltet,

die Steuersatz und Umweltzustand aneinander bindet. Die tatsächli-

che Höhe der Steuer im Zeitlau wird durch die Entwicklung der Zu-

standsvariablen bestimmt. Die Höhe der Vermeidung wird darauhin

von den Emittenten estgelegt, die entsprechend ihren aktuellen und

küntigen Grenzvermeidungskosten au die aktuellen und erwarteten

küntigen Steuersätze reagieren. Verügen die Unternehmen über va-

riables Kapital, werden sie au Emissionssteuersätze ähnlich reagieren

wie au alle anderen veränderlichen Kosten. Ist das Kapital gebunden

und nimmt der Aubau neuen Kapitals viel Zeit in Anspruch, werden

Unternehmen Prognosen hinsichtlich der küntigen Höhe des Steuer-satzes erstellen müssen, die wiederum von den küntigen Werten der

Temperaturvariablen abhängig sind. Die Einührung der zustandsab-

hängigen Emissionssteuer schat damit einen Markt ür genaue Pro-

gnosen der Umweltzustandsvariablen. Ein derartiger Markt existiert

derzeit nicht, da verschiedene Parteien einen Nutzen darin zu sehen

scheinen, die Prognosen bezüglich der globalen Erwärmung je nach

der Politik, die sie beeinfussen wollen, bzw. je nach Aumerksamkeit,die sie ür ihre Arbeit erhalten möchten, über- bzw. unterzubewerten.

Unternehmen jedoch, die versuchen, den konkreten küntigen Steu-

ersatz zu prognostizieren, haben nichts davon, daür au unzutreen-

de Prognosen zurückzugreien, sondern sind ganz im Gegenteil be-

sonders daran interessiert, möglichst genaue Prognosen ür die kün-

tige Entwicklung von s zugrundezulegen. Dieser Markt wird schlechte

Klimamodelle au diese Weise aussondern und den Weg ür genauere

Klimamodelle rei machen.

86

Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 91/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 Quelle: McKitrick (2010d)

Ein interessantes Merkmal der zustandsabhängigen Steuer ist ihre

potenzielle Fähigkeit, bei einer breiten Interessengemeinschat au 

Zuspruch zu stoßen. Menschen mit widersprüchlichen Annahmen

hinsichtlich der küntigen Entwicklung der Zustandsvariablen werden

nichtsdestoweniger alle erwarten, dass der von ihnen bevorzugte po-

litische Weg verolgt wird. Diejenigen, die der Ansicht sind, dass Emis-

sionen keine Auswirkungen au das Klima haben, werden in Zukunt

überwiegend niedrige Emissionssteuern erwarten, diejenigen, die Kli-

maveränderungen in starkem Maße au Emissionen zurückühren,

werden eher von einer schnell steigenden Steuer ausgehen. Die Tatsa-

che, dass jeder mit dem von ihm bevorzugten Ergebnis rechnet, kann

die Zustimmung zur Einührung einer Steuer erleichtern. Eine der Her-

ausorderungen der Klimapolitik besteht darin, au globaler Ebene eine

Abbildung 8Wert der zustandsabhängigen Steuer auTreibhausgasemissionen seit 1979

40

20

0

–20

–40

1980 1990 2000 2010

   E   m   i   s   s   i   o   n   s   s   t   e

  u   e   r   U   S   D   p   r   o   T   o   n   n   e

Steuer Durchschnittlicher 3-Jahres-Steuersatz

87

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 92/180

 

Einigung zu erzielen. Verschiedene Regionen haben verschiedene An-

sichten über die Dringlichkeit des Problems sowie seiner Auswirkungen

au ihre jeweiligen volkswirtschatlichen Prioritäten, was eine Einigung

über die Emissionsziele ebenso wie die Einhaltung rüherer Vereinba-

rungen praktisch unmöglich macht. Einacher könnte es hingegen sein,

politische Entscheidungsträger au der ganzen Welt dazu zu bringen,

sich au eine zustandsabhängige Steuer zu einigen. Die Steuereinkün-

te würden in den einzelnen Ländern verbleiben und das Ungleichge-

wicht zwischen den verschiedenen Nationen verringern. Während der

Verhandlungen gäbe es ür Länder mit konträren Ansichten hinsicht-

lich der wahrscheinlichen küntigen Temperaturentwicklung, keinenGrund, auch bezüglich der Frage, ob die Steuer erstrebenswert ist oder

nicht, konträre Ansichten zu vertreten, da jede Partei im Endeekt das

erhielte, was sie ür das „richtige“ Ergebnis erachtet.

Wie hätte eine solche Steuer ausgesehen, wenn sie rüher einge-

ührt worden wäre? In McKitrick (2010b) habe ich zur Berechnung hy-

pothetischer Werte ür eine an die mittlere Temperatur der tropischen

Troposphäre gekoppelte Kohlenstosteuer sowohl au UAH- als auchau RSS-Daten sowie au globale CO2-Emissionsreihen zurückgegrien.

Das Ergebnis ür den Zeitraum zwischen 1979 und 2009 ist in Abbil-

dung 8 dargestellt. Der Wert ür y ist so gewählt, dass der Steuersatz ür

das Jahr 2002 – also etwa den Zeitpunkt der Ratizierung des Kyoto-

Protokolls – bei 15 USD/Tonne Kohlensto liegt. Die Entwicklung der

Steuer zeigt einen Auwärtstrend von etwa ün Dollar pro Jahrzehnt,

was knapp unter dem von Nordhaus ermittelten Wert von etwa acht

Dollar pro Jahrzehnt liegt. Der Unterschied gegenüber dem Ansatz von

Nordhaus, der eine Verpfichtung zu einer bestimmten Preisentwick-

lung ür viele Jahrzehnte enthält, besteht darin, dass der zustandsab-

hängige Ansatz einzig eine Verpfichtung dahingehend erordert, jähr-

lich oder, alls gewünscht, monatlich einen neuen Satz estzulegen.

Steigen die Temperaturen schneller als erwartet, steigt auch die Steuer;

steigt die Temperatur langsam, so gilt dies auch ür die Steuer.

88

Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 93/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Zwischen dem zustandsabhängigen Ansatz zur Emissionspreisge-

staltung und den in der Währungspolitik angewandten Mechanismen

besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Die Zentralbanken gehen keine lang-

ristigen Verpfichtungen zur Festlegung von Zinssätzen oder bezüg-

lich des Geldmengenwachstums ein. Stattdessen verpfichten sie sich

zur Einhaltung allgemeiner Regeln, die die aktuellen wirtschatlichen

Bedingungen in aktuelle Werte dieser politischen Ziele übertragen.

Mit einer Verpfichtung der Zentralbanken zu au zehn oder zwanzig

Jahre estgelegten Zinssätzen wäre niemand einverstanden, da in der

Zukunt neue Inormationen autauchen werden, die Einfuss au die

Wahl des jeweils geeigneten Zinssatzes nehmen. Ebenso ist es ür diePolitik unsinnig, langristige Verpfichtungen bezüglich der CO2-Emis-

sionspreise einzugehen, da auch hier in der Zukunt neue Inormatio-

nen über die Auswirkungen von Treibhausgasen und die Entwicklung

der Luttemperaturen zur Verügung stehen werden. Heute Pläne zu

machen, die davon ausgehen, dass wir in Zukunt nichts darüber er-

ahren werden, ob diese Pläne geeignet sind oder nicht, ist ganz ein-

ach unrealistisch.Die Anwendung eines zustandsabhängigen Preisgestaltungsin-

struments bedeutet nicht, dass Emissionen mit einem bestimmten

Preis belegt werden, nachdem der Schaden bereits erolgt ist. Unter-

nehmen sind zukuntsgerichtet. Ihre Investitionspläne werden im-

mer au möglichst genauen Prognosen bezüglich der Auswirkungen

von Emissionen au den küntigen Klimawandel beruhen. Mit der Zeit

werden diese Prognosen weiter verbessert und aktualisiert. Unterneh-

men, die die küntige Entwicklung einer Emissionssteuer unterschät-

zen, werden gegenüber Unternehmen, die ihre Planung au genauen

Prognosen augebaut haben, einen Wettbewerbsnachteil erahren. Die

Entwicklung der Emissionssteuer zu über- oder unterschätzen, wird

keinen Vorteil bringen. Die optimale Strategie ür Unternehmen wird

daher darin bestehen, korrekte Schätzungen anzustellen. Steht uns

eine Zeit der schnellen, treibhausgasbedingten Klimaerwärmung be-

89

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 94/180

 

vor und sind wir in der Lage, verlässlich vorherzusagen, dass uns eine

solche Zeit bevorsteht, wird die Industrie wissen, dass mit einem stark

steigenden Emissionspreis zu rechnen ist. Das wiederum wird zu ei-

ner Reduzierung der Emissionen und zu Investitionen in Technologien

ühren, durch die tieere Emissionseinschnitte verkratbar sind. Kann

der Nachweis daür, dass uns eine solche Klimaerwärmung bevorsteht,

hingegen nicht glaubhat erbracht werden, investieren Unternehmen

nur geringügig in Vermeidungsoptionen und warten ab, bis bessere

Inormationen vorliegen. Das sind die richtigen Antworten au die dy-

namischen Unsicherheiten, denen die Welt heute gegenübersteht.90

Die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Gestaltung küntiger Emissionspreise

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 95/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 5.

SchlussolgerungenEs gibt vermutlich keinen anderen politischen Bereich, in den über die

vergangenen zwanzig Jahre so viele Anstrengungen und so viele Res-

sourcen investiert wurden und der so konsequent gescheitert ist wie

die Klimapolitik. Ich bin der Ansicht, dass dies darau zurückzuührenist, dass die Klimapolitik seit langem au einer alschen ökonomischen

Grundlage steht. Schlecht durchdachte Politik ührt immer zum Schei-

tern. Um zuriedenstellende Fortschritte bei der Ausarbeitung einer

erolgreichen Klimapolitik erzielen zu können, ist daher ein grundle-

gendes Umdenken erorderlich.

Ich habe in diesem Beitrag zunächst die meines Erachtens beste-

henden vier grundlegenden Mängel der aktuellen Klimapolitik darge-legt. Zunächst erkannten weder die Bürokratie noch die Politik, dass es

sich beim Treibhausgas CO2 um einen Sonderall handelt, der insbeson-

dere nicht mit Schweeldioxid- (SO2) oder Fluorchlorkohlenwassersto-

Emissionen (FCKW) vergleichbar ist. In den beiden genannten Fällen ist

es den Parteien au dem Verhandlungswege gelungen, sich au Strate-

gien zu verständigen, da die Geahren oenkundiger und die Lösungen

wirtschatlich deutlich günstiger waren. Die Verhandlungsmechanis-

men und politischen Initiativen, die in diesen Fällen Wirksamkeit be-

wiesen, wurden einach au die CO2-Problematik übertragen, ür welche

sie jedoch ungeeignet und weitestgehend nutzlos sind.

Zweitens ist es der Politik nicht gelungen, mit dem Anstieg der

Grenzvermeidungskostenkurve (GVK) angemessen umzugehen, d. h.

zu verstehen, in welchem Maße die Kosten ür die Vermeidungsopti-

onen bei Ausweitung der Ziele zur Emissionsreduzierung steigen, was

91

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 96/180

 

in direktem Zusammenhang mit dem oben genannten ersten Punkt

steht. Das ührt dazu, dass politische Ziele verolgt werden, die ohne

höhere Kosten, als die Öentlichkeit zu akzeptieren bereit ist, nicht er-

reicht werden können. Nun verhält es sich aber so, dass politische Maß-

nahmen, die moderat genug sind, um nanzierbar zu sein, angesichts

der aktuell existierenden Technologien solch geringe Auswirkungen

au das Klima zeitigen, dass sie nutzlos sind. Politische Maßnahmen,

die streng genug wären, um die allgemein vorgebrachten Ziele zur Re-

duzierung der Emissionen zu erreichen, würden deutlich höhere Kos-

ten verursachen, als die Öentlichkeit zu tragen bereit ist, und auch

deutlich höhere Kosten, als die Politiker, die diesen Weg verechten,sich vor Augen zu ühren scheinen. Das starre Festhalten an der Illu-

sion, Subventionen und Vorschriten könnte eine erolgreiche „grüne

Ökonomie“ hervorbringen, hat einzig und allein dazu geührt, die Kos-

ten der Klimapolitik in die Höhe zu treiben – bedeutende Fortschritte

im Umweltschutz wurden dadurch nicht erzielt.

Drittens zeigt eine ökonomische Analyse, dass die Politik zur Re-

duzierung der Treibhausgase Emissionen mit Kosten belegen und kei-ne Emissionsgrenzen estsetzen sollte. Alle bisherigen größeren glo-

balen Initiativen, einschließlich des Kyoto-Protokolls und ähnlicher

Instrumente, legten ihren Fokus jedoch au Mengenbegrenzungen

oder, was noch schlimmer ist, au indirekte regulatorische Maßnah-

men dahingehend, das Energieverbrauchsverhalten zu verändern.

Eine solche Politik ist kostenintensiv, intrusiv und häug nutzlos. Die

einzig große Herausorderung dahingehend, die globale Klimapolitik

au eine vernüntige Grundlage zu stellen, liegt also darin, die Diskus-

sion in Richtung au Preismechanismen umzulenken. Diese Heraus-

orderung ist von grundlegender Bedeutung, wenn in den nächsten

zwanzig Jahren die teuren Fehler der vergangenen zwanzig Jahre ver-

mieden werden sollen.

Schließlich ergibt sich ür die Politik aus den großen Unsicher-

heiten, den langen Planungshorizonten sowie der Erwartung, dass in

92

Schlussolgerungen

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 97/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

den kommenden Jahren einschlägige neue Inormationen über das

Ausmaß der Umweltschädigung durch Treibhausgasemissionen und

die Kosten zu deren Vermeidung vorliegen werden, die Notwendigkeit,

sich primär au zustandsabhängige (bzw. anpassungsähige) Preisrege-

lungen anstatt au starre, langristige Verpfichtungen zur Emissions-

begrenzung zu konzentrieren.

93

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 98/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 99/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

 Literatur 

Bengtsson, Lennart und Kevin Hodges (2010): On the evaluation o temperature trends in the tropical troposphere | Climate Dynamics DOI

10.1007/s00382-009-0680-y

Berk, Richard A., Robert G. Fovell, Frederic Schoenberg und Robert E. Weiss(2001): The use o statistical tools or evaluating computer simulations |Climatic Change 51, S. 119 – 130

Brohan, P., Kennedy, J., Harris, I., Tett, S.F.B. und Jones, P.D. (2006): Uncertaintyestimates in regional and global observed temperature changes: a new datasetrom 1850 | J. Geophys | Res. 111, D12106, doi:10.1029/2005JD006548

CCSP (2008): Climate Models: An Assessment o Strengths and Limitations |

A Report by the U.S. Climate Change Science Program and the Subcommitteeon Global Change Research [Bader D.C., C. Covey, W.J. Gutowski Jr., I.M. Held,K.E. Kunkel, R.L. Miller, R.T. Tokmakian und M.H. Zhang (Ver.)] | Departmento Energy, Oce o Biological and Environmental Research, Washington, D.C.,

USA, S. 124  

Christy, J.R., Herman, B., Pielke, R., Sr., Klotzbach, P., McNider, R.T., Hnilo,J.J., Spencer, R.W., Chase, T. und Douglass, D. (2010): What Do Observational

Datasets Say about Modeled Tropospheric Temperature Trends since 1979?Remote Sens. 2010, 2, S. 2148 – 2169

Christy, John R., David E. Parker, Simon J. Brown, Ian Macadam, MartinStendel und William B. Norris (2001): Dierential Trends in Tropical SeaSurace and Atmospheric Temperatures since 1979 | Geophysical ResearchLetters 28(1), S. 183 – 186

D. Diakoulaki, M. Mandaraka (2007): Decomposition analysis or assessingthe progress in decoupling industrial growth rom CO2 emissions in the EUmanuacturing sector |Energy Economics 29 (2007), S. 636 – 664

Dinan, T.M. und D.L. Rogers (2002): Distributional eects o carbon allowance

trading: how government decisions determine winners and losers | NationalTax Journal LV (2002), S. 199 – 222

Ellerman, A. Danny und Paul L. Joskow (2008): The European Union’sEmission Trading System in Perspective | Arlington: Pew Center on Global

Climate Change, Mai 2008

95

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 100/180

 

Essex, Chris (1991): What Do Climate Models Teach Us about Global Warming?Pure and Applied Geophysics 135(1), S. 125 – 133

Folland, C.K. und D.E. Parker (1995): Correction o Instrumental Biases in

Historical Sea Surace Temperature Data | Quarterly Journal o the RoyalMeteorological Society (1995) 121, S. 319 – 367

Ghali, K.H. und M.I.T. El-Sakka (2004): Energy use and output growth inCanada: a multivariate cointegration analysis | Energy Economics 26, S. 225 – 238

Hegerl, G.C., F. W. Zwiers, P. Braconnot, N.P. Gillett, Y. Luo, J.A. Marengo Orsini,N. Nicholls, J.E. Penner und P.A. Stott, (2007): Understanding and AttributingClimate Change | In: Climate Change 2007: The Physical Science Basis |Contribution o Working Group I to the Fourth Assessment Report o the

Intergovernmental Panel on Climate Change [Solomon, S., D. Qin, M. Manning,Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M. Tignor und H.L. Miller (Hrsg.)] | CambridgeUniversity Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA

Held, I. und B. J. Soden (2000): Water Vapor Feedback and Global Warming |Annual Review o Energy and Environment 25, S. 441 – 75

Houghton, J. (1997): Global Warming: The Complete Brieng 2. AusgabeCambridge: CUP, S. 15

Jones, P.D. und A. Moberg (2003): Hemispheric and Large-Scale Surace Air

Temperature Variations: An Extensive Revision and an Update to 2001 |Journal o Climate 16, S. 203 – 223

Jones, P.D., M. New, D. E. Parker, S. Martin und I. G. Rigor (1999): Surace airtemperature and its changes over the past 150 years | Reviews o Geophysics37, S. 173 – 199

Jorgenson, D.W., D.T. Slesnick, P.J. Wilcoxen, P.L. Joskow, R. Kopp (1992): Carbon Taxes and Economic Welare. Brookings Papers on Economics Activity |Microeconomics. Vol. 1992, S. 393 – 454

Kelly, D. L. und C. D. Kolstad (1999): Bayesian learning, growth, and pollution |Journal o Economic Dynamics and Control 23, Nr. 4, S. 491 – 518

Kent, E.,C. S.D. Woodruff und D.I. Berry (2007): Metadata rom WMOPublication No. 47 and an Assessment o Voluntary Observing ShipObservations in ICAODS | Journal o Atmospheric and Ocean Technology 24

DOI: 10.1175/JTECH1949.1

96

Literatur

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 101/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Kiehl, J.T. (2007): Twentieth century climate model responseand climate sensitivity | Geophysical Research Letters 34 L22710,doi:10.1029/2007GL031383, 2007

Knutson, T. R.; Delworth, T. L.; Dixon, K. W.; Held, I. M.; Lu, J.; Ramaswamy,V.; Schwarzkopf, M. D.; Stenchikov, G.; Stouffer, R. J (2006): Assessment o Twentieth-Century Regional Surace Temperature Trends Using the GFDL CM2Coupled Models | Journal o Climate 19, S. 1624 – 1651

Knutti, R. (2008): Why are climate models reproducing the observedglobal surace warming so well? | Geophysical Research Letters 35, L18704,doi:10.1029/2008GL034932, 2008

Knutti, R. und G. Hegerl (2008): The equilibrium sensitivity o the Earth’s

temperature to radiation changes | Nature Geoscience doi: 10.1038/ngeo337,S. 735 – 743

Leach, A. J. (2007): The climate change learning curve | Journal o EconomicDynamics and Control 31, Nr. 5, S. 1728 – 1752

Lockwood, John G. (1979): Causes o Climate | New York: John Wiley

Marland, G., T.A. Boden, R. J. Andres, A. L. Brenkert und C. Johnston. (2010): Global, Regional, and National CO2 Emissions | In Trends: A Compendium o Data on Global Change | Carbon Dioxide Inormation Analysis Center, Oak

Ridge National Laboratory, U.S. Department o Energy, Oak Ridge, Tenn., USA |http://cdiac.esd.ornl.gov/trends/emis/em_cont.htm

McKitrick, Ross R. (2010a): Economic Analysis o Environmental Policy |Toronto: University o Toronto Press

McKitrick, Ross R. (2010b): A Simple State-Contingent Pricing Rule or

Complex Intertemporal Externalities Energy Economics doi:10.1016/j.eneco.2010.06.013

McKitrick, Ross R. (2010c): Atmospheric Oscillations do not Explain the

Temperature-Industrialization Correlation | Statistics, Politics and Policy, Band1, Juli 2010

McKitrick, Ross R. (2010d): A Critical Review o Global Surace TemperatureData Products; SSRN Working Paper 1653928, August 2010

McKitrick, Ross R. und Nicolas Nierenberg (2010): Socioeconomic Signals in

Climate Data | Journal o Economic and Social Measurement, angenommen

97

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 102/180

 

McKitrick, Ross R., Stephen McIntyre und Chad Herman (2010): Panel andMultivariate Methods or Tests o Trend Equivalence in Climate Data Sets |Atmospheric Science Letters DOI: 10.1002/asl.290

Nordhaus, William D. (2007): To Tax or Not to Tax: Alternative Approaches toSlowing Global Warming | Rev Environ Econ Policy 1, Nr. 1 (1. Januar): S. 26 – 44 |doi:10.1093/reep/rem008

Ontario Power Authority (2007): Ontario’s Integrated Power System Plan |

Addendum to Discussion Paper 7” Toronto: mimeo

Parry, I.W.H. (2003): Fiscal Interactions and the Case or Carbon Taxes overGrandathered Carbon Permits | Resources or the Future Discussion Paper,S. 3 – 46

Parry, I.W.H. (2004): Are Emission Permits Regressive? | Journal o Environmental Economics and Management 47 (2004), S. 364 – 387

Peterson T.C. und R.S. Vose (1997): An Overview o the Global HistoricalClimatology Network Temperature Database | Bulletin o the AmericanMeteorological Society 78, S. 2837 – 2849

Peterson, Thomas C., Russell Vose, Richard Schmoyer und VyachesvslavRazuavev (1998): Global Historical Climatology Network (GHCN) QualityControl o Monthly Temperature Data | International Journal o Climatology

18, S. 1169 – 1179Randall, D.A., R.A. Wood, S. Bony, R. Colman, T. Fichefet, J. Fyfe, V. Kattsov, A.Pitman, J. Shukla, J. Srinivasan, R.J. Stouffer, A. Sumi und K.E. Taylor (2007): Climate Models and Their Evaluation | In: Climate Change 2007: The PhysicalScience Basis | Contribution o Working Group I to the Fourth Assessment

Report o the Intergovernmental Panel on Climate Change [Solomon, S., D.Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M.Tignor und H.L. Miller(Hrsg.)] | Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and NewYork, NY, USA

Randall, Robb M. und Benjamin M. Herman (2008): Using limited time periodtrends as a means to determine attribution o discrepancies in microwavesounding unit-derived tropospheric temperature time series | Journal o Geophysical Research 113 (5. März): D05105. doi:10.1029/2007JD008864

98

Literatur

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 103/180

 

Eine vernüntige globale Klimapolitik in einer Welt voller Unsicherheiten

Rayner, N. A., D. E. Parker, E. B. Horton, C. K. Folland, L. V. Alexander, D.P. Rowell, E. C. Kent und A. Kaplan (2003): Global analyses o sea suracetemperature, sea ice, and night marine air temperature since the late

nineteenth century | Journal o Geophysical Research, 108(D14), S. 4407 |doi:10.1029/2002JD002670

Rayner, N.A., P. Brohan, D.E. Parker, C.K. Folland, J.J. Kennedy, M. Vanicek, T.J.Ansell und S.F.B. Tett (2006): Improved Analyses o Changes and Uncertainties

in Sea Surace Temperature Measured In Situ since the Mid-NineteenthCentury: The HadSST2 Dataset Journal o Climate 19, S. 446 – 469

Reynolds, Richard W., Thomas C. Peterson und Jay Lawrimore (2008): Improvements to NOAA’s Historical Merged Land-Ocean Surace Temperature

Analysis (1880 – 2006) | Journal o Climate DOI: 10.1175/2007JCLI2100.1

Schmalensee, Richard; Paul L. Joskow; A. Denny Ellerman; Juan PabloMontero; Elizabeth M. Bailey (1998): An Interim Evaluation o Sulur DioxideEmissions Trading | The Journal o Economic Perspectives, Bd. 12, Nr. 3

(Sommer 1998), S. 53 – 68

Schwartz, Stephen E., R.J. Charlson und H. Rodhe (2007): Quantiying climatechange – too rosy a picture? | Nature reports climate change 2, S. 23 – 24

Spencer, R.W. und J.C. Christy (1990): Precise Monitoring o GlobalTemperature Trends rom Satellites. Science 247, S. 1558 – 1562

Stern, D.I. (2000): A multivariate cointegration analysis o the role o energy inthe US macroeconomy | Energy Economics 22, S. 267 – 283

Thompson, David W. J., John J. Kennedy, John M. Wallace und Phil D. Jones(2008): A large discontinuity in the mid-twentieth century in observed

global-mean surace temperature Nature Bd. 453, 29. Mai 2008, doi:10.1038/nature06982

Tol, R.S.J. (2005): The marginal damage costs o carbon dioxide emissions: anassessment o the uncertainties | Energy Policy 33, Nr. 16, S. 2064 – 2074

Tol, R.S.J. (2007): The Social Costs o Carbon: Trends, Outliers andCatastrophes | Economics Discussion Paper 2007-44www.economics-ejournal.org, September 2007

Vose, R. S., R. L. Schmoyer, P. M. Steurer, T. C. Peterson, R. Heim, T. R. Karl undJ. Eischeid (1992): The Global Historical Climatology Network: Long-termmonthly temperature, precipitation, sea level pressure, and station pressuredata | ORNL/CDIAC-53, NDP-041, S. 325  

99

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 104/180

 

Weitzman, Martin L. (1974): Prices vs. Quantities | The Review o EconomicStudies 41(4), S. 477 – 491

Weitzman, Martin L. (2009): On Modeling and Interpreting the Economics o 

Catastrophic Climate Change Review o Economics and Statistics 91(1), S. 1 – 19

Wigley, T.M.L. (1998): The Kyoto Protocol: CO2, CH4 and climate implications |Geophysical Research Letters 25(13), S. 2285 – 2288

Woodruff, S.D., H.F. Diaz, S.J. Worley, R.W. Reynolds und S.J. Lubker, (2005):  Early ship observational data and ICOADS | Climatic Change, 73, S. 169 – 194

Woodruff, S.D., H.F. Diaz, E.C. Kent, R.W. Reynolds und S.J. Worley (2008): The evolving SST record rom ICOADS. In: Climate Variability and Extremesduring the Past 100 Years [S. Brönnimann, J. Luterbacher, T. Ewen, H.F. Diaz,

R.S. Stolarski und U. Neu (Hrsg.)] | Advances in Global Change Research, Bd. 33,Springer, S. 65 – 83 (DOI: 10.1007/978-1-4020-6766-2_4)

100

Literatur

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 105/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 106/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 107/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer  

und ineektiv

Manuel Frondel

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 108/180

 

 Für wissenschatliche Vorarbeiten bin ich Nolan Ritter und Ral Koßmann besonderen

 Dank schuldig.

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 109/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

1.

 Einleitung

Die sogenannte Klimaerwärmung ist seit geraumer Zeit eines der

weltweit meistdiskutierten Themen. Unter Klimaerwärmung wird

allgemein die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur ver-standen. In der Tat ist die Durchschnittstemperatur der Erde im Laue

der vergangenen hundert Jahre um etwa 0,8 Grad Celsius angestiegen

(IPCC 2008). Ein guter Teil dieses Anstiegs vollzog sich in den beiden

letzten Dekaden des vergangenen Jahrhunderts.

Für die Klimaerwärmung mit verantwortlich gemacht wird der

anthropogen bedingte Ausstoß von Treibhausgasen, allen voran von

Kohlendioxid (CO2). Dieses Treibhausgas entsteht größtenteils durchdie Verbrennung von ossilen Brennstoen. In welchem Ausmaß dies

zur Klimaerwärmung beiträgt, ist nach wie vor umstritten, ebenso

wie die Stärke der Bedrohung durch den damit einhergehenden soge-

nannten Klimawandel. So umasst das Spektrum der Positionen zum

Klimawandel sowohl Einschätzungen, nach denen der Beitrag des an-

thropogen generierten CO2 zur globalen Erwärmung vernachlässig-

bar klein und unbedeutend ist (Lüdecke 2008:163), als auch Aussagen,

dass die globale Erwärmung größere Schäden anrichtet als irgendein

Krieg dies vermag (Stiglitz 2006:1). Damit einhergehen könnten bei-

spielsweise ein substantieller Anstieg des Meeresspiegels, eine Zu-

nahme der Häugkeit und der Intensität von Stürmen oder auch die

Ausdehnung von Wüsten.

Ohne dass eine Einmischung in diese Diskussion erorderlich

wäre, beschätigt sich der vorliegende Beitrag mit der Eektivität und

105

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 110/180

 

der Kostenezienz der Klimaschutzpolitik der Europäischen Kommis-

sion, die sich weitgehend au die Verringerung des Treibhausgasaus-

stoßes konzentriert, bislang vor allem au die Verringerung von CO2,

während Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, wie etwa

die Verstärkung und Erhöhung von Deichen zum Schutz vor einem

Anstieg des Meeresspiegels, eher im Hintergrund stehen.

Der olgende Abschnitt 2 erläutert die treibende Rolle, welche die

Europäische Kommission beim Zustandekommen des unter dem Na-

men Kyoto-Protokoll weltbekannten internationalen Klimaschutzab-

kommens gespielt hat und die sie mit der Bekanntgabe eines unkondi-

tionierten und ambitionierten Treibhausgasminderungsziels ür dasJahr 2020 noch deutlich untermauert hat. Dabei ist das Ziel unabhän-

gig davon, ob andere bedeutende Emittentenländer wie China oder die

USA ebenalls Minderungsanstrengungen unternehmen. Die bishe-

rigen Treibhausgasreduktionsbemühungen der Europäischen Union

(EU) und ihrer Mitgliedstaaten werden daher in Abschnitt 2 mit denen

anderer ührender Industrie- und Schwellenländer verglichen.

Abschnitt 3 erläutert die kontraproduktiven internationalen Rück-wirkungen der ambitionierten, aber einseitigen Bemühungen der

Kommission zur Treibhausgasminderung. Der vierte Abschnitt stellt

die Frage nach der Kostenezienz der einseitigen EU-Politik, an der

sich aus vielältigen Gründen zweieln lässt. Abschnitt 5 erläutert die

Gründe daür, dass die Chancen ür das Zustandekommen eines glo-

balen Klimaabkommens zur Treibhausgasminderung schlecht stehen,

obwohl ein solches höchst wünschenswert wäre, da Teilkooperationen

oder gar Alleingänge eher nutzlos verpuen, wenn nicht gar kontra-

produktiv sind.

Abschnitt 6 diskutiert aussichtsreichere Politikalternativen zur

Auerlegung von Emissionsrestriktionen, bei denen die einzelnen

Länder in erster Linie selbst von den zu ergreienden Maßnahmen

protieren und daher ein hohes Eigeninteresse an deren Umsetzung

haben. So hätte ein weltweites Abkommen über eine sukzessive Er-

106

Einleitung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 111/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

höhung der Ausgaben ür die Forschung und Entwicklung (F&E) von

Energieumwandlungs- und -speichertechnologien, mit dem man zwar

nicht unmittelbar, aber doch innerhalb einiger Jahrzehnte Treibhaus-

gasminderungen erzielen könnte, eine realistische Chance au ein Zu-

standekommen.

Abschnitt 7 setzt sich mit den Vorteilen von Maßnahmen zur An-

passung an die globale Erwärmung auseinander, zu denen unter an-

derem die gezielte Preisgabe von Land gehören könnte sowie die Um-

siedelung der Bevölkerung in weniger geährdete Landstriche. Einer

Strategie zur Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen kommt ins-

besondere deshalb eine hohe Bedeutung zu, weil Anstrengungen zurglobalen Emissionsminderung letztendlich wenig Aussicht au Erolg

haben dürten. Der abschließende Abschnitt präsentiert ein Fazit zur

eingeschlagenen Klimapolitikstrategie der Kommission und schlägt

als Schlussolgerung einen gravierenden Strategiewechsel vor.

107

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 112/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 113/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

 2.

 Der geringe Eekt der Treibhausgasminderungs-

 politik der EU 

Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich die Europäische Kommission − im

Folgenden kurz (EU-)Kommission genannt − aktiv ür Maßnahmen zur

Minderung von Treibhausgasen au internationaler Ebene eingesetzt

(Abbildung 1). Bei der Ratizierung und Implementierung des Kyoto-

Protokolls übernahm die Kommission sogar eine ührende Rolle: Ohne

explizite und vergleichsweise hohe Minderungsziele seitens der EU

wäre das Kyoto-Protokoll wohl kaum 1997 verabschiedet worden undohne das strategische Geschick der Kommission wäre nach der US-ame-

rikanischen Ablehnung des Protokolls im Jahr 2001 der Kyoto-Prozess

vermutlich gescheitert (Böhringer 2010:60). Erst mit der Ratizierung

des Kyoto-Protokolls durch Russland, dem Land, dem als Zünglein an

der Waage die besondere diplomatische Aumerksamkeit sowie zahlrei-

che Zugeständnisse der Kommission zuteil wurden (Requate 2010:1),

konnte das Protokoll als völkerrechtlich bindender Vertrag 2005 in

Krat treten. Sanktionen bei Nichteinhaltung der im Protokoll verein-

barten Ziele sind damit allerdings nicht verbunden.

109

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 114/180

 

 

Mit der Ratizierung des Kyoto-Protokolls hat sich die EU ver-

pfichtet, daür Sorge zu tragen, dass der Treibhausgasausstoß der Jahre

2008 – 2012 im Schnitt um 8 % niedriger liegt als im Jahr 1990. Zur Er-

reichung dieses ür die gesamte EU geltenden Ziels wurde mit dem so-

genannten EU-Burden-Sharing-Agreement von 1998 estgelegt, welche

Lasten die einzelnen Mitgliedstaaten zu schultern haben. Mit dem Ziel,

die Treibhausgasemissionen um 21 % gegenüber 1990 zu verringern

(Abbildung 2), trägt Deutschland mit Abstand die höchste Minderungs-

last: Die Reduktionsverpfichtung Deutschlands macht rund drei Viertel

der im Kyoto-Protokoll estgelegten Minderungsleistung der EU aus.

Mit einer Verringerung der Treibhausgasemissionen um 6,5 % ge-

genüber 1990 waren die EU-15-Staaten im Jahr 2008 ihrem Kyoto-Ziel

einer Minderung um 8 % nahe, auch wenn sich bei einigen Ländern

Abbildung 1Wichtige Eckpunkte der Klimapolitik seit 1990

110

Der geringe Eekt der Treibhausgasminderungspolitik der EU

 

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

 Klimarahmenkonvention

der vereinten Nationen

beschlossen und von der 

USA ratifziert

 Berliner Mandat

 ordert

 Emissionsziele

 ür die

 Industriestaaten

 Die USA lehnen eine Umsetzung

des Kyoto-Protokolls ab

 Kyoto-Protokoll wird beschlossen

 Das Kyoto-Protokoll tritt in Krat

 Russland ratifziert das Kyoto-Protokoll

 Klimakonerenz

in Kopenhagen

 Aktionsplan von Bali: parallele

Verhandlungen, Kyoto-Protokoll

und Klimarahmenkonvention

 Klimakonerenz

in Cancún

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 115/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

wie Dänemark, Österreich, Luxemburg, Italien oder Spanien erhebli-

che Schwierigkeiten bei der Zielerreichung andeuten (Abbildung 2).

Andere Mitgliedsländer wie Frankreich, Schweden, das Vereinigte Kö-

nigreich oder Deutschland haben hingegen ihre Minderungsziele be-

reits erreicht.

Die Einhaltung der eigenen Kyoto-Verpfichtungen stellt selbstre-

dend eine Grundvoraussetzung ür die Glaubwürdigkeit der einseiti-

gen und ambitionierten Minderungsziele dar, die sich die Kommission

ür das Jahr 2020 gesetzt hat. So wurde im Energie- und Klimapaket

der Kommission Anang 2009 estgelegt, die EU-weiten Treibhausgas-

emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 20 % gegenüber demNiveau von 1990 zu senken − bei vergleichbaren Anstrengungen be-

deutender anderer Industrienationen ist sogar ein Minderungsziel

von 30 % vorgesehen. Damit hat die Europäische Union endgültig die

Vorreiterrolle bei der Bekämpung des Treibhausgasausstoßes über-

nommen. Andere Staaten haben sich keine derartig anspruchsvollen

Ziele ür die Zeit nach der Kyoto-Erüllungsperiode von 2008 – 2012

gesetzt, ür die es bislang kein dem Kyoto-Protokoll vergleichbares in-ternationales Klimaschutzabkommen gibt.

Zur besseren Einschätzung des Klimaschutzehrgeizes der Kom-

mission sollte bedacht werden, dass die bisherigen Minderungserol-

ge weniger einer stringenten Politik, sondern zu erheblichen Teilen

einmaligen historischen Ereignissen zu verdanken sind. Dazu zählen

der wirtschatliche Zusammenbruch der ehemaligen Ostblockstaa-

ten inolge politischer Umwälzungen, die ökonomische Erneuerung

der ostdeutschen Länder nach der deutschen Wiedervereinigung so-

wie die tiegreiende Rezession nach der Banken- und Finanzmarkt-

krise am Ende der ersten Dekade dieses Jahrtausends. Laut einer

2009 vom Europäischen Parlament in Autrag gegebenen Studie ist

lediglich etwa die Hälte der Emissionsminderungen in der EU seit

1990 au einschlägige umweltpolitische Maßnahmen zurückzuüh-

ren (Böhringer 2010:63).

111

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 116/180

 

 

Abbildung 2EU-Burdensharing und Veränderung desTreibhausgasausstoßes von 1990 – 2008

EU-Burdensharing

Veränderung des Treibhausgasausstoßes

Spanien

Portugal

Irland

Griechenland

Österreich

Italien

Finnland

Niederlande

Luxembourg

Frankreich

EU (EU-15)

Belgien

Dänemark

Schweden

Großbritannien

Deutschland

–30% –20% –10% 0% 10% 20% 30% 40% 50%

27 %

32,3 %

– 6,5 %4,7 %

4 %– 11,7 %

– 6,1 %0 %

25 %

22,8 %

– 6 %

– 2,4 %

– 21 %

– 22,2 %

– 7,5 %

– 7,1 %

13 %

23 %

– 0,3 %

0 %

– 12,5 %

– 18,5 %

– 8 %

– 6,5 %

15 %

42,3 %

– 13 %10,8 %

– 21 %

– 7,3 %

– 28 %

– 4,8 %

112

Der geringe Eekt der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 117/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Darüber hinaus dar die Kommission nicht darüber hinwegsehen,

dass neben einigen europäischen Ländern zahlreiche andere Industrie-

länder, die das Kyoto-Protokoll unterzeichnet und gar ratiziert haben,

von ihren Kyoto-Zielen sehr weit enternt sind (Abbildung 3). So ist

Australien mit einer Emissionssteigerung um 38 % zwischen 1990 und

2008 unerreichbar weit von seinem Kyoto-Ziel enternt. In den USA,

Kanada und Japan sind die Emissionen ebenalls angestiegen, wohin-

gegen die Kyoto-Verpfichtungen dieser Länder Emissionssenkungen

vorsehen, die kaum mehr erreichbar scheinen, vor allem ür Kanada.

Bereits eine Umkehr der bislang steigenden Emissionstrends wäre ür

diese Länder als ein Erolg anzusehen, an eine Einhaltung der Kyoto-Ziele ist hingegen kaum zu denken.

Quelle Abbildung 2: UNFCCC (2010) | GHG Total Emissions including LULUCF(land-use, land-use change and orestry) | United Nations Framework Convention on Climate ChangeQuelle Abbildungen 3/4: Cerina (2010) | Weltweite CO2-Emissionen: Länderranking 2009

Abbildung 3Veränderung des CO2-Ausstoßes bedeutenderEmittenten von 1990 – 2009

Kyoto-Ziele

Veränderungen der aktuellen Emissionen (2009) zum Basisjahr (1990)

China

Indien

Australien

Alle Länder

Kanada

USA

 Japan

EU (EU-15)

Deutschland

–50% 0% 50% 100% 150% 200% 250%

0 %202,9 %

0 %144,2 %

8 %38 %

– 5,2 %27,1 %

– 6 %24,9 %

– 7 %9 %

– 6 %3,9 %

– 8 %– 3,2 %

– 21 %– 22,5 %

113

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 118/180

 

Dies dürte zusammen mit den substantiellen Kosten, die ür

den Klimaschutz auzubringen sind, wesentlicher Grund daür gewe-

sen sein, dass selbst Staaten wie Kanada, die durch das Kyoto-Proto-

koll vertraglich gebunden sind, davon Abstand nehmen (Böhringer,

Rutherord 2010). Dies ist wohl auch au das Fehlen von wirksamen

Sanktionen zurückzuühren (Böhringer 2010:60). Insgesamt sind die

weltweiten CO2-Emissionen trotz der erolgreichen Minderungsan-

strengungen der Europäischen Union zwischen 1990 und 2008 um

rund 37 % gestiegen (Abbildung 3), anstatt um 5,2 % zu sinken, wie im

Kyoto-Protokoll vorgesehen ist.

Allem Eier der Kommission sind aber nicht zuletzt auch da-durch Grenzen gesetzt, dass der Anteil der EU-15 an den weltweiten

CO2-Emissionen relativ gering ist und im Jahr 2008 knapp 12 % be-

trug (Abbildung 4). Ohne ein Mitwirken Chinas und der USA, der bei-

den bedeutendsten Emittentenländer, deren Anteile an den globalen

CO2-Emissionen 2008 bei 21,4 % und 19,1 % lagen, können die globalen

Emissionen in keinem Fall gesenkt werden, wie die Vergangenheit klar

gezeigt hat.

114

Der geringe Eekt der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 119/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Abbildung 4 CO2-Emissionen der bedeutendsten Emittentenländerim Jahr 2009

Alle Länder

China

USA

EU (EU-15)

Russland

Indien

 Japan

Deutschland

Südkorea

Kanada

Saudi Arabien

Iran

Großbritannien

Südafrika

Mexiko

Italien

Brasilien

Frankreich

Indonesien

Australien

Spanien

Ukraine

0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000

7.426

1.529

606

463

403

3.381

797

544

438

385

5.951

1.225

544

441

390

1.534

664

531

415

342

279

31.098

115

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 120/180

 

Tatsächlich lautet die unbequeme Wahrheit, dass der Treibhausgas-

minderung in der Europäischen Union im globalen Kontext lediglich

eine sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Böhringer 2010:56).

So haben sich die CO2-Emissionen in China zwischen 1990 und 2009

mehr als verdreiacht (Abbildung 3) und stiegen von 2,45 au 7,43 Mrd.

Tonnen, wohingegen die CO2-Emissionen der EU-15-Staaten um 3,2 %

gesunken sind (Abbildung 3), von 3,49 au 3,38 Mrd. Tonnen (Cerina

2010). Der Minderung der EU-15-Staaten um 0,11 Mrd. Tonnen stand so-

mit ein Zuwachs an Emissionen in China von knapp 5 Mrd. Tonnen ge-

genüber. Auch im Vergleich zu den zu erwartenden Emissionsanstiegen

in Entwicklungs- und Schwellenländern wie China, Russland oder Indi-en wird die Emissionsentwicklung in der EU oder anderen Industrie-

ländern weiterhin eine untergeordnete Rolle spielen, wie die olgende

Abbildung 5 zeigt.

Würde der CO2-Ausstoß in den OECD-Ländern bis 2050 tatsäch-

lich um 83 % gesenkt werden, wie es der nach den US-Kongressab-

geordneten Waxman und Markey benannte Plan vorsieht, könnte

der küntige Anstieg der globalen Emissionen allenalls moderatgedämpt werden, wie Abbildung 5 zeigt. Der Emissionspad ohne

Minderungen der OECD-Länder, wie sie der Waxman-Markey-Plan

vorsieht, entspricht dabei dem wirtschatsorientierten A1-Szenario

des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC 2010), das

eine zunehmende Globalisierung unterstellt. Gemäß dem A1-Szena-

rio dreht sich der Trend zu höheren weltweiten Emissionen erst im

Jahr 2070 um. Hauptursache daür ist der unterstellte Rückgang der

Weltbevölkerung.

Kurzum: Selbst wenn die EU zusammen mit allen anderen OECD-

Ländern ihre CO2-Emissionen im Laue der nächsten Jahrzehnte au 

Null zurückühren würde, hätte dies au den globalen CO2-Ausstoß le-

diglich eine sehr beschränkte Wirkung. Im Klartext: Ohne drastische

Einschränkungen der küntigen Pro-Kop-Emissionen in den prospe-

rierenden Schwellenländern, welche bislang noch relativ niedrig aus-

116

Der geringe Eekt der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 121/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

allen, ist der Anstieg der weltweiten Emissionen in Zukunt kaum zu

dämpen, geschweige denn, dass der globale Treibhausgasausstoß ge-

genüber dem heutigen Niveau gesenkt werden kann.

Quelle: Authors Calculations and IPCC (2001) | Special Report on Emissions Scenarios,Intergovernmental Panel on Climate Change.

Abbildung 5Küntiger CO2-Ausstoß im A1-Szenario des IPCC (2010)und bei Umsetzung des Waxman-Markey-Plans

80

70

60

50

40

30

20

10

0

1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090

   M   r    d .

   T   o   n   n   e   n   C   O   2    (   G   t   C   O   2    )

Globale Emissionen A1 IPCC Globale Emissionsreduktionen Waxman-Markey

OECD-1990 Emissionen A1 IPCC OECD-1990 Emissionsreduktionen Waxman-Markey

117

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 122/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 123/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

 3.

 Kontraproduktiveinternationale

 Rückwirkungen

Die einseitigen Bemühungen der Kommission zur Treibhausgasminde-

rung können nicht zuletzt auch deshalb wenig zur Dämpung des welt-

weiten Emissionsanstiegs beitragen, weil sie kontraproduktive interna-

tionale Rückwirkungen haben können (Böhringer 2010:58). So könnten

Länder ihre Minderungsanstrengungen nach den Erkenntnissen der

umweltökonomischen Literatur zurücknehmen, wenn sich eine Nation

oder eine Staatengemeinschat wie die Europäische Union weithin er-kennbar und mit hoher Glaubwürdigkeit au verstärkte Anstrengungen

zur Emissionsvermeidung estlegt (Beirat BMF 2010:14).

Denn: Je stärker eine Staatengemeinschat wie die EU zur Dämp-

ung des Anstiegs oder gar Senkung der weltweiten Emissionen bei-

trägt, desto kleiner werden die Vorteile eines anderen Staates aus

dessen eigenen Minderungsanstrengungen (Beirat BMF 2010:16). In

anderen Worten: Der Grenznutzen der Vermeidungsmaßnahmen der

übrigen Staaten nimmt mit den zunehmenden EU-Bemühungen ab.

Bei sinkendem Grenznutzen ist es olglich ür die Nicht-EU-Staaten

reizvoll, ihre eigenen Anstrengungen inolge der EU-Ambitionen ein-

zuschränken.

Andere Länder protieren daher in doppelter Hinsicht von den

Anstrengungen der EU. Zum einen steigt deren Wohlahrt in unmit-

telbarer Weise durch die verstärkten Emissionsminderungen der EU-

119

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 124/180

 

Länder, alls diese überhaupt einen positiven Eekt au das Weltklima

haben. Zum anderen sinken inolge der verstärkten Vermeidungsan-

strengungen der EU die Klimaschutzkosten der übrigen Staaten, wenn

diese ihre Emissionsminderungsmaßnahmen entsprechend zurück-

schrauben.

Kurzum: Die Änderung in ihrem Kosten-Nutzen-Kalkül ührt

dazu, dass die Nicht-EU-Länder ihre Treibhausgasminderungspolitik

tendenziell weniger restriktiv bzw. ambitioniert ausgestalten könn-

ten als ohne die EU-Anstrengungen, sodass die Nicht-EU-Länder ihre

Treibhausgasvermeidungskosten reduzieren könnten (Hoel 1991,

Warr 1993). Die Wirkung der Selbstverpfichtung, die sich die Kom-mission durch die Verkündung des 20-%-Ziels auerlegt hat, besteht

somit in einer als Crowding-Out bezeichneten Verdrängung der Ver-

meidungsanstrengungen anderer Länder. Unter sehr plausiblen An-

nahmen kann dies zu einem teilweisen oder gar nahezu gänzlichen

Ausgleich der durch die EU bewirkten Emissionsreduktionen ühren

(Beirat BMF 2010:14).

Wenn olglich die Kommission eine einseitige Selbstverpfich-tung zu hohen Emissionsminderungen eingeht, mag sie darau ho-

en, damit ein positives Beispiel zu setzen, dem andere Länder olgen.

In einer realen Welt, in der die Emissionen aller Länder durch deren

individuelles Kosten-Nutzen-Kalkül bestimmt sind, ist dies jedoch

eine romme Honung (Beirat BMF 2010:14). Es besteht vielmehr die

große Geahr, dass andere Länder durch die starke Vorreiterrolle der

EU nicht mehr, sondern weniger Anstrengungen zur Verringerung der

globalen Emissionen unternehmen werden. Die kurzristigen Wohl-

ahrtswirkungen einer solchen Vorreiterpolitik sind eindeutig: Die

Wohlahrt in der sich selbst verpfichtenden EU sinkt, während sich

die Wohlahrt aller anderen Länder – zumindest au kurze Sicht – er-

höht (Beirat BMF 2010:14).

Bei einer unilateralen Minderungspolitik der EU kommt es insbe-

sondere zu Verlagerungen der Emissionen in Länder ohne Emissions-

120

Kontraproduktive internationale Rückwirkungen

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 125/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

beschränkungen (Hoel 1991, Felder, Rutherord 1993), ein Eekt, der

unter dem Begri  Emissions oder Carbon Leakage bekannt ist. Darun-

ter versteht man das Phänomen, dass die einseitige Belastung der ener-

gieintensiven europäischen Industrie zu Erhöhungen der Emissionen

in Länder außerhalb der EU ühren, in denen keine vergleichbaren Kli-

maschutzkosten anallen. Dadurch stehen den Emissionssenkungen in

Europa erhöhte Emissionen im Nicht-EU-Ausland gegenüber (Oliveira-

Martins et al. 1992).

Daür gibt es drei Gründe: Erstens kann es zu Standortverlagerun-

gen umwelt- und energieintensiver Industrien ins Nicht-EU-Ausland

kommen. Kritiker halten dem entgegen, dass Umweltregulierung nureiner von vielen Standortaktoren wäre, räumen die Möglichkeit der

Standortverlagerung jedoch ein (Hentrich, Matschoss 2006:51). Zwei-

tens können Importe umweltintensiver Güter die Produktion in Euro-

pa verdrängen. Dies dürte nach den Ergebnissen einer empirischen

Studie von Demailly und Quirion (2006) beispielsweise bei Zement

in nicht unerheblichem Maße der Fall sein. Drittens könnte ein sub-

stantieller Nachragerückgang in Ländern mit starken Emissionsmin-derungen zu weltweit geringeren Energiepreisen ühren, sodass post-

wendend die Nachrage nach ossilen Energierohstoen in den übri-

gen Ländern steigt (Böhringer 2010:58).

Um diese kontraproduktiven Rückwirkungen abzuschwächen,

kann es sinnvoll sein, energie- und handelsintensive Industrien

weniger stark zu belasten, konstatieren Böhringer und Schwager

(2003:213), so wie dies etwa im Zusammenhang mit der Erhebung der

Stromsteuer in Deutschland bislang geschieht. Auch die Kommission

hat die Relevanz des Leakage-Eekts erkannt und wird die Unterneh-

men der handels- und zugleich energieintensiven Industriesektoren

von der Verpfichtung der Ersteigerung der von ihnen benötigten

Zertikate ab dem Jahr 2013 teilweise ausnehmen. Unter die Ausnah-

menregelungen allen diejenigen Sektoren, bei denen die durch den

Emissionshandel verursachten zusätzlichen Energiekosten mindes-

121

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 126/180

 

tens 5 % der Bruttowertschöpung betragen und deren Handelsinten-

sität17 zugleich über 10 % liegt. Als vom Carbon Leakage besonders

betroen − und deshalb ebenalls ausgenommen − gelten sodann

diejenigen Sektoren, ür die bereits eines dieser beiden Kriterien bei

über 30 % liegt.

Bei diesen Ausnahmeregelungen ist allerdings zu beachten, dass

sie die so identizierten Unternehmen nicht vollständig von den

CO2-Kosten entlasten. Vielmehr erhalten die energieintensiven Unter-

nehmen, die sich erwiesenermaßen im internationalen Wettbewerb

behaupten müssen, in der kommenden Handelsperiode (2013 – 2020)

eine Gratiszuteilung der Zertikate lediglich in einer Höhe, die sichnach einem sektorspezischen Benchmark bemisst (BMU 2008). Zur

Festlegung der EU-einheitlichen Benchmarks werden jeweils die e-

zientesten 10 % der Anlagen einer Branche in der EU betrachtet. Jene

Unternehmen aber, die bei weitem nicht zu den 10 % der ezientes-

ten ihrer Branche gehören, könnten trotz Gratiszuteilung in Höhe des

Benchmarks mit erheblichen Kosten inolge des Erwerbs der darüber

hinaus benötigten Zertikate konrontiert sein.Eine allzu ambitionierte unilaterale Klimapolitik, die in Zukunt

immer strengere Klimaschutzziele verolgt, kann schließlich auch

dazu ühren, dass ossile Energieressourcen schneller geördert wer-

den, weil die Rohstoanbieter beürchten könnten, dass inolge kün-

tig verstärkter Klimaschutzbemühungen die Nachrage und damit die

Preise nach Energierohstoen allen. Nach dem „grünen Paradoxon“

von Sinn (2008:140) könnte so der weltweite Ausstoß an Treibhaus-

gasen paradoxerweise sogar höher ausallen als ohne Klimaschutzbe-

mühungen.

17 Die Handelsintensität ist die Summe aus Importen und Exporten dividiert durch die Summe ausdem in der EU erzielten Umsatz und den Importen (BMU 2008).

122

Kontraproduktive internationale Rückwirkungen

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 127/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

 4.

 Mangelnde Kostenefzienz der Treibhausgasminderungs-

 politik der EU Auch wenn die Klimapolitik der Kommission nach den vorangehen-

den Erläuterungen im weltweiten Maßstab wenig oder gar Kontra-

produktives bewirkt, stellt sich die Frage nach der Kostenezienz

der einseitigen EU-Politik. An der Kostenezienz lässt sich aber vor

allem aus olgenden Gründen zweieln (Böhringer 2010:63): Erstens

sind Mehrkosten dadurch vorprogrammiert, dass neben dem im Jahr2005 eigens zum Zwecke der Treibhausgasminderung etablierten Kli-

maschutzinstrument des Handels von CO2-Emissionszertikaten eine

Vielzahl von sich überlagernden Regulierungsinstrumenten in der EU

zum Einsatz kommen, obwohl laut umweltökonomischer Literatur die

Minderung von Treibhausgasen mit dem Emissionshandel au kurze

Sicht zu den geringsten gesamtwirtschatlichen Kosten erreicht wer-

den kann: Durch dieses Klimaschutzinstrument können Emissions-

minderungsziele nicht nur ökologisch tresicher , sondern – zumin-

dest in statischer bzw. kurzristiger Betrachtungsweise – auch ökono-

misch efzient realisiert werden (Bonus 1998:7).

Zweitens entstehen auch dadurch erhebliche Mehrkosten, dass

der Emissionshandel bislang au die Europäische Union begrenzt ist

(Nordhaus 2009:50). Eine Ausweitung des EU-Emissionshandelssys-

tems au weitere Regionen, welche insbesondere die größten Emitten-

123

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 128/180

 

ten wie die USA und China einschließen, würde die Vermeidung ein

und derselben Emissionsmenge zu günstigeren Kosten erlauben, da

mit Hile dieses Instrumentes die Emissionen dort gemindert werden,

wo es am kostengünstigsten ist (Böhringer 2010:64). Mit einer inter-

nationalen Ausweitung des Emissionshandels sollte sich die Anzahl

an zur Verügung stehenden kostengünstigen Vermeidungsoptionen

vergrößern. Im Ergebnis ührt dies zu einer Senkung der Kosten ür die

Erreichung einer bestimmten Emissionsminderung.

Zu einer Ausweitung des EU-Emissionshandelssystem au einen

weltweiten Handel besteht aber wenig Honung, da dies ein weltum-

spannendes klimapolitisches Abkommen voraussetzt. Die Aussichtenau den Abschluss eines wirkungsvollen internationalen Klimaabkom-

mens mit völkerrechtlich bindenden Minderungszielen der bedeu-

tendsten Emittenten sind allerdings sehr schlecht (Beirat BMF 2010:7),

wie im nächsten Abschnitt erläutert wird. Ein Hauptgrund daür ist,

dass es keine Weltregierung gibt und es wenig wahrscheinlich ist, dass

es eine solche jemals geben wird.

Drittens ist die Europäische Union trotz der als positiv hervor-zuhebenden Etablierung und Weiterentwicklung des Emissionshan-

dels noch weit von einer kohärenten Klimapolitik enternt (Böhrin-

ger 2010:66). Dies ist vorwiegend dem Umstand geschuldet, dass in

den Emissionshandel bislang nur der Stromerzeugungssektor und

die energieintensiven Produktionsbetriebe einbezogen sind, welche

zusammen ür etwa 40 % der EU-weiten CO2-Emissionen verantwort-

lich sind. Andere Bereiche wie der Verkehrssektor oder die Sektoren

der privaten Haushalte oder der Gewerbe-, Handels- und Dienstleis-

tungsunternehmen sind hingegen nicht in den Emissionshandel

integriert. Anstatt den Emissionshandel au andere Bereiche auszu-

weiten, besteht in der Europäischen Union die Tendenz, jeden Sek-

tor spezisch zu regulieren, um so das EU-weite Minderungsziel zu

erreichen. Dies hat erhebliche Ezienzverluste zur Folge (Böhringer

et al. 2005).

124

Mangelnde Kostenefzienz der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 129/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

So ist im Bereich des privaten Pkw-Verkehrs küntig ein spezi-

scher Emissionsstandard das von der Kommission präerierte Regu-

lierungsinstrument (Frondel, Schmidt 2008:330). Mit der EU-Verord-

nung 443/2009 ist ab 2012 ür Neuwagen ein zulässiges Höchstmaß an

spezischen CO2-Emissionen je Kilometer vorgeschrieben, das mit der

Masse des Fahrzeugs ansteigen dar (Frondel, Schmidt 2009:179). Mit

dieser Art der Regulierung sind CO2-Vermeidungskosten verbunden,

die zwischen 475 und 950 Euro je Tonne CO2 liegen können (Frondel,

Schmidt, Vance 2010), während der CO2-Zertikat-Preis im Rahmen

des Emissionshandels bislang noch nicht über 30 Euro je Tonne hin-

ausging. Die hohen Vermeidungskosten, die mit dieser Regulierungverbunden sein können, gehen bei einer zwar weitgehend unbekann-

ten, aber denitiv endlichen Zahlungsbereitschat der Bevölkerung

ür Klima- bzw. Umweltschutz unmittelbar zu Lasten anderer, kosten-

günstigerer Treibhausgasvermeidungsmaßnahmen.

Der Existenz des Emissionshandels zum Trotz gibt es zusätzlich

dazu eine Vielzahl von Maßnahmen und Politikinstrumente, zu de-

ren Rechtertigung die Kommission die Verringerung des Treibhaus-gasausstoßes zumindest als eines von mehreren Motiven angibt. An

erster Stelle sind dabei Richtlinien zur Steigerung der Energieezienz

sowie zum Ausbau des Einsatzes von erneuerbaren Energietechnolo-

gien zu nennen. Damit sollen die im Energie- und Klimaschutzpaket

genannten 20-20-20-Ziele erreicht werden. Dabei stellt die Minde-

rung der Treibhausgasemissionen um 20 % gegenüber 1990 eines der

Ziele ür das Jahr 2020 dar, während die Ausweitung des Beitrags der

erneuerbaren Energietechnologien zur Deckung des Primärenergie-

verbrauchs in der EU au 20 % bis 2020 sowie die Steigerung der Ener-

gieezienz um 20 % gegenüber dem Weiter-wie-Bisher die übrigen

Zielmarken sind.

Zu dem Bündel an Regulierungen zur Erreichung dieser Ziele zählt

nicht zuletzt auch das am 1. September 2009 erlassene sukzessive Ver-

bot des Verkaus herkömmlicher Glühbirnen, das bis spätestens 31. Au-

125

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 130/180

 

gust 2012 den Verkau sämtlicher Arten von Glühbirnen in der EU ver-

bietet (EU-Verordnung 244/2009) und daher unter dem Begri „Glüh-

birnenverbot“ rmiert. Dieses Verbot wird von der Kommission vor

allem mit zwei Argumenten gerechtertigt (Frondel, Lohmann 2010).

Erstens würden energieeziente Energiesparlampen den privaten

Haushalten und übrigen Stromverbrauchern helen, Strom und damit

Kosten zu sparen, sodass deren Stromrechnungen signikant sinken.

Frondel, Lohmann (2010) halten dem entgegen, dass die Verwendung

von Energiesparlampen zwar bei häuger Nutzung große Kostenvor-

teile auweist. Bei sehr geringen Nutzungszeiten, wie dies etwa bei der

Keller- und Dachbodenbeleuchtung der Fall ist, erleiden die Verbrau-cher durch dieses Verbot aber wirtschatlichen Schaden. Allein aus

diesem Grund ist das generelle Glühbirnenverbot der EU-Kommission

unangebracht und sollte wieder zurückgenommen werden.

Mit den Einsparungen an Strom inolge des Glühbirnenverbots

kann nach Auassung der Kommission zweitens der Ausstoß an Treib-

hausgasen verringert werden, der mit der konventionellen Erzeugung

von Strom au Basis ossiler Brennstoe wie Kohle oder Gas verbun-den ist. Tatsächlich aber ist der Nettoeekt dieses Verbotes bei einer

Koexistenz mit dem 2005 etablierten Emissionshandel gleich Null,

ebenso wie bei allen anderen Maßnahmen, die au eine Absenkung

des Stromverbrauchs und des damit verbundenen CO2-Ausstoßes

abzielen: Da der Emissionshandel eine bindende Obergrenze ür die

CO2-Emissionen vorgibt, können mit Maßnahmen wie etwa dem Er-

neuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zur Förderung alternativer Stromer-

zeugungstechnologien in Deutschland keinerlei weitere Einsparungen

erzielt werden (Frondel, Ritter, Schmidt 2008:4201).

Die via EEG geörderte Stromerzeugung sorgt zwar ür geringere

Emissionen im deutschen Stromsektor, weshalb die Zertikatpreise

niedriger ausallen als ohne EEG. Dadurch werden jedoch Vermei-

dungsmaßnahmen in anderen am Emissionshandel beteiligten Sekto-

ren nicht ergrien, weil es kostengünstiger ist, stattdessen Zertikate

126

Mangelnde Kostenefzienz der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 131/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

zu kauen. Andere Stromerzeugungssektoren in der EU sowie die In-

dustriesektoren, die in den Emissionshandel eingebunden sind, wei-

sen olglich höhere Emissionen au und gleichen so die Emissionsein-

sparungen, die im deutschen Stromerzeugungssektor durch das EEG

ausgelöst werden, gänzlich aus.

Im Ergebnis ergibt sich lediglich eine Emissionsverlagerung,

der durch das EEG bewirkte CO2-Einspareekt ist aber de acto Null

(BMWA 2004:8, Morthorst 2003). So kann es sich bei einem starken

Ausbau der erneuerbaren Energien in der EU und den damit verbun-

denen signikanten den CO2-Preis senkenden Wirkungen gerade ür

die Betreiber alter Kohlekratwerke eher lohnen, ihre wenig ezienten,emissionsintensiven Anlagen weiterzubetreiben, als den Anteil der Er-

neuerbaren weiter zu steigern. Durch die Regulierungsüberlagerung

kommt es somit sogar zu paradoxen Folgen (Böhringer 2010:69).

Letztlich werden vergleichsweise kostengünstige Maßnahmen

nicht ergrien, die in der kontraaktischen Situation ohne ein deut-

sches EEG und mit den in den übrigen EU-Staaten existierenden In-

strumenten zur Förderung erneuerbarer Energietechnologien um-gesetzt worden wären. Stattdessen wird gerade mit der Solarstrom-

produktion die teuerste aller derzeit in der Diskussion bendlichen

Technologien zur Vermeidung von CO2-Emissionen umgesetzt (Ab-

bildung 6). So taxieren Frondel, Ritter, Schmidt, Vance (2010a:119) die

mit der Förderung der Photovoltaik in Deutschland einhergehenden

Vermeidungskosten au mehr als 600 Euro je Tonne CO2. Die Interna-

tionale Energieagentur geht sogar von einem höheren Wert von rund

1.000 Euro je Tonne aus (IEA 2007:74).

127

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 132/180

 

 Quelle: Fahl (2006)

Als Folge davon summieren sich die realen Nettokosten ür alle

zwischen 2000 und 2009 in Deutschland installierten Photovolta-

ikmodule au rund 52,3 Mrd. Euro (Frondel, Ritter, Schmidt, Vance

2010b:4051). Dies konterkariert das Prinzip des Emissionshandels, den

Treibhausgasausstoß dort zu verringern, wo es am kostengünstigsten

ist, bzw. die Treibhausgase mit den kostenezientesten Technologien

zu reduzieren.

Diese theoretische Argumentation wird durch die numerische

Analyse von Traber und Kemert (2009) ür Deutschland untermau-

ert. Danach ändert sich der CO2-Ausstoß au europäischer Ebene

Abbildung 6Emissionsvermeidungskosten verschiedenertechnologischer Maßnahmen

700

600

500

400

300

200

100

0

–100

–200

   E  u   r   o

   p   r   o   T   o   n   n   e   C   O   2

   K  e  r  n  e

  n  e  r  g    i

  e   (    E  P

  R   )

   E  r  d  g 

  a  s -  G  u

  D -   K  r  a

    t  w  e  r   k

  S  o   l  a  r

  t   h  e  r  m   i  e

   W   i  n  d   k  r  a

    t  w  e  r   k

   E    f  z   i  e

  n  t  e   D   i  e  s  e   l -

  P   k  w

   W  ä  r  m

  e  d  ä  m

  m  u  n  g 

    E   F   H

   E    f  z

   i  e  n  t  e 

  B  e  n  z   i  n -

  P   k  w

  G  e  o  t   h

  e  r  m   i  e

  B   i  o   k  r  a

    t  s  t  o  

    e

  P   h  o  t  o

  v  o   l  t  a

   i   k

734

29

75 91

37

254

326

415

540

585611

420

215190

102

52

–5 –21

–113

128

Mangelnde Kostenefzienz der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 133/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

kaum, obwohl die Emissionen im deutschen Stromerzeugungssektor

durch das EEG um 11 % reduziert werden. Der Grund daür ist, dass die

Stromerzeugung au Basis erneuerbarer Technologien in Deutschland

die Dringlichkeit der Emissionsreduktion in den übrigen EU-Ländern

verringert, indem die EU-weit geltenden Preise ür CO2-Zertikate ge-

genüber einer Situation ohne ein deutsches EEG um 15 % niedriger aus-

allen (Traber, Kemert 2009:169).

Nun wird häug argumentiert, man könne die ökologische Un-

wirksamkeit des EEG bzw. des EU-weiten Ausbaus der Erneuerbaren

dadurch beheben, dass das Emissionsbudget beim Emissionshandel

um die zu erwartenden CO2-Minderungsbeiträge inolge des Ausbausder regenerativen Stromerzeugung reduziert wird (Diekmann, Kem-

ert 2005; Kemert, Diekmann 2009). So sei in der EU-weit geltenden

Emissionsobergrenze ür 2020 der CO2-senkende Einfuss des Zubaus

regenerativer Stromerzeugungstechnologien berücksichtigt worden

(COM 2008) und der Ausbau erneuerbarer Energien hätte daher sehr

wohl eine CO2-senkende Wirkung. Diese Argumentation ist unzutre-

end, da es allein das Instrument des Emissionshandels ist, das die Ein-haltung der Emissionsobergrenze (Cap) garantiert. Diese Obergrenze

würde auch dann eingehalten, wenn au den weiteren Ausbau der er-

neuerbaren Energien in sämtlichen EU-Ländern verzichtet würde − zu-

gegeben eine wenig wahrscheinliche Entwicklung.

Dennoch verdeutlicht diese Überlegung, dass es allein das Inst-

rument des Emissionshandels ist, das eine Senkung der Treibhaus-

gasemissionen bewirkt (Häder 2010:14). Dieser kaum bestreitbaren

Tatsache wird häug entgegengehalten, dass es gerade die Förderung

der erneuerbaren Energien ist, die weit niedrigere zuküntige Ober-

grenzen im EU-Emissionshandel erlauben würde als andernalls.

Dieses Argument ist wenig stichhaltig, da die EU-Länder sich mit

weitaus weniger Subventionen, als die Förderung der erneuerbaren

Energien verschlingt, in die Lage versetzen könnten, niedrige künti-

ge Emissionsobergrenzen einzuhalten.

129

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 134/180

 

Der Weiterbetrieb der Kernkratwerke in Deutschland, die nach

geltendem Gesetz bereits nach 32 Jahren Lauzeit abgeschaltet werden

sollen, obwohl die technische Lebensdauer bei 60 Jahren und mehr

liegt, wäre nur eines von vielen Beispielen, wie man au kostengüns-

tige Weise strengere Emissionsgrenzen anstreben könnte. In diesem

Beispiel wären die volkswirtschatlichen Kosten sogar negativ: Die

Wohlahrt in der EU und vor allem in Deutschland würde zweiellos

gesteigert (Energieprognose 2009). Konträr dazu erweisen sich zusätz-

liche Politiken zur Förderung erneuerbarer Energien als besonders teu-

er: Böhringer et al. (2009a) wiesen darau hin, dass sich die Kosten ür

die Treibhausgasminderung in der Europäischen Union durch solchePolitikmaßnahmen sogar verdoppeln können.

Ein weiteres Beispiel ür ein ebenalls den Emissionshandel be-

rührendes Instrument sind Stromsteuern. Eine solche wurde in

Deutschland unter dem Begri Ökosteuer im Jahr 1999 eingeührt.

Unternehmen, die sowohl Stromsteuern bezahlen als auch dem

Emissionshandel unterliegen, vermeiden inezient viel (Böhringer

2010:68). Dadurch subventionieren sie indirekt die Unternehmen sol-cher EU-Länder, die ebenalls in den Emissionshandel eingebunden

sind, aber nicht einer Stromsteuer unterworen sind. Auch hier gilt:

Da die Gesamtemissionen im EU-Emissionshandel gedeckelt sind,

haben zusätzliche Strom- oder CO2-Steuern keinen CO2-senkenden

Eekt (Böhringer 2010:68).18 

Dies gilt ebenso ür alle weiteren Instrumente, die au eine Sen-

kung des Stromverbrauchs in den EU-Ländern abzielen. Dazu gehören

in Deutschland etwa das Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz,

das den Kau energieezienter Stromgeräte stärkt, die Förderung der

18 Dementsprechend sind die Vermeidungskosten je eingesparter Tonne CO2 im Prinzip unendlichhoch, da ungeachtet der Höhe der Kosten, die durch die einzelnen Maßnahmen den Verbrauchernauerlegt wird, der CO2-Einspareekt Null ist und bei der Berechnung der spezischenVermeidungskosten je Tonne CO2 durch Null dividiert werden müsste.

130

Mangelnde Kostenefzienz der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 135/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Krat-Wärme-Kopplung (KWK) via KWK-Gesetz oder das Energiebetrie-

bene-Produkte-Gesetz, das ineziente Geräte vom Markt ausschließt.

Inolge der gleichzeitigen Existenz des Emissionshandels sind diese

Gesetze ebenso nutzlos im Hinblick au Treibhausgaseinsparungen

(Häder 2010:17) wie der in Italien und Großbritannien etablierte Han-

del mit sogenannten weißen Zertikaten, mit dem Stromeinsparun-

gen erreicht werden sollen.

Aber selbst wenn es keinen CO2-Emissionshandel gäbe, wären Wei-

ße-Zertikate-Systeme nicht das Instrument 1. Wahl: Jede Politik, die

pauschal an der Nachrage nach Energie ansetzt, um Umweltexternali-

täten zu verringern, ohne dabei den mit dem jeweiligen Energieträgerverbundenen spezischen Umwelteekten Rechnung zu tragen, ist

inezient (Mennel, Sturm 2009:27).

Tatsächlich sind solche au den Emissionshandel augesattelten In-

strumente wie auch technologie-spezische Förderungen, allen voran

die Subventionierung der Erneuerbaren, nicht nur ineektiv bzw. öko-

logisch überfüssig. Sie sind aus ökonomischer Sicht sogar kontrapro-

duktiv, da Klimaschutz damit unnötig teuer wird (Häder 2010:15). DieFörderung alternativer Technologien zur Produktion „grünen“ Stroms,

welche in Europa mit vielen Milliarden Euro im Jahr unterstützt wird −

allein in Deutschland betrugen die Einspeisevergütungen ür „grünen“

Strom im Jahr 2009 rund 10 Mrd. Euro (Schier 2010:83) –, muss sich

daher aus anderen Gründen rechtertigen.

Bedauerlicherweise dar man wegen der massiven nanziellen

Belastungen durch die Erneuerbaren-Politik der Kommission keine

positive Auswirkungen au Beschätigung erwarten (Frondel, Ritter,

Schmidt, Vance 2010b:4055). So gehen mit den höheren Stromprei-

sen inolge der Förderung der erneuerbaren Energien, etwa durch das

deutsche Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG), Kaukratverluste von

privaten Haushalten einher. Zusammen mit dem Entzug von Inves-

titionskapital bei den industriellen Stromverbrauchern bewirkt dies

negative Arbeitsplatzeekte in anderen Sektoren. Indem die Budgets

131

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 136/180

 

der industriellen Verbraucher durch höhere Strompreise geschmälert

werden, stehen vor allem weniger Mittel ür alternative und protable-

re Investitionen zur Verügung. Daher ist zu bezweieln, ob die Arbeits-

platzeekte des deutschen EEG im Saldo tatsächlich positiv ausallen

können (Frondel, Ritter, Schmidt, Vance 2010a:123).

Demnach ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich in der Ver-

gangenheit zahlreiche Studien skeptisch in Bezug au positive Nettobe-

schätigungseekte der Förderung erneuerbarer Energien in Deutsch-

land äußerten. So konstatiert das Institut ür Wirtschatsorschung in

Halle, dass bei Berücksichtigung der Investitionskosten bzw. der Ver-

drängung der privaten Verwendung der Investitionsmittel „praktischkeine Beschätigungseekte mehr estgestellt werden könnten“ (IWH

2004:72). Ähnlich äußerten sich Fahl, Küster und Ellersdorer (2005),

Paenberger (2006) und das RWI (2004) bzw. Hillebrand et al. (2006).

In jedem Falle sind die durch die Förderung erneuerbarer Energi-

en geschaenen Bruttoarbeitsplätze teuer erkaut. So erorderte die

Schaung von 50.000 „grünen Jobs“ in Spanien Ausgaben von 28,7

Mrd. Euro (Álvarez et al. 2009:24). Pro Arbeitsplatz sind das 574.000Euro. Ähnlich hohe Subventionen werden in Deutschland ür jeden Ar-

beitsplatz in der Photovoltaikbranche bezahlt. Au Basis der Nettokos-

ten von rund 17,4 Mrd. Euro ür alle im Jahr 2009 installierten Anlagen

(Frondel, Ritter, Schmidt, Vance 2010b:4051) lägen die Subventionen

pro Kop bei rund 290.000 Euro, wenn man von 60.000 Beschätigten

im deutschen Photovoltaiksektor ausgeht (BSW 2009).

Diese Ergebnisse sind nicht weiter überraschend, schließlich ist

der komparative Vorteil der Politik nicht unbedingt in der unmit-

telbaren Schaung von Arbeitsplätzen zu vermuten. So würde man

eher dem Markt, welcher die wettbewerbsähigen konventionellen

Stromerzeugungstechnologien begünstigen würde, als der Politik,

die sich als Förderer inezienter „grüner“ Technologien betätigt, zu-

trauen, ür insgesamt mehr Beschätigung und somit eine größere

Wohlahrt zu sorgen.

132

Mangelnde Kostenefzienz der Treibhausgasminderungspolitik der EU

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 137/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Tatsächlich sollte der Handlungsschwerpunkt der Politik nicht in

der Schaung von Arbeitsplätzen liegen, sondern in der Gestaltung

günstiger Rahmenbedingungen, welche die möglichst kostengünstige

Produktion von Gütern und Dienstleistungen erlauben. Zu diesen Rah-

menbedingungen gehört die allgemeine Förderung der Erorschung

und Entwicklung neuer Produktionsmethoden, bei denen weniger

Ressourcen an Energie, Umwelt, Kapital oder auch an Arbeit eingesetzt

werden, um denselben Output zu erzeugen wie mit den bestehenden

Technologien. Indem die rei werdenden Ressourcen ür andere Zwe-

cke verwendet werden können, kann so der Lebensstandard der Bevöl-

kerung gesteigert werden. Die von der Kommission mit der Steigerungdes Anteils der Erneuerbaren am Energiemix beabsichtigte Technolo-

gieörderung ist in dieser Hinsicht allerdings wenig erolgreich, wie in

Abschnitt 7 dargestellt wird.

133

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 138/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 139/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

 5.

Schlechte Chancen ür ein globales Klimaabkommen zur 

TreibhausgasminderungNationale Klimapolitiken zur Senkung von Treibhausgasen sehen sich

einem undamentalen Dilemma ausgesetzt19: Die Bürger eines einzel-

nen Landes, welche von dessen Regierung die vollen Kosten einer ein-

seitigen Minderungspolitik augebürdet bekommen, protieren nur

zu einem geringen Teil von dieser Klimapolitik, alls denn diese Min-

derung der Treibhausgase überhaupt die globale Erwärmung signi-kant beeinfussen kann. Der weit überwiegende Nutzen einer solchen

Politik ällt im Ausland an (Beirat BMF 2010:8).

Aus diesem Grund haben einzelne Länder in der Regel nur geringe

Anreize20, erhebliche Kosten ür Treibhausgasminderungen auzuwen-

den, da diese wegen der weltweiten Auswirkungen des Ausstoßes von

Treibhausgasen allen zu Gute kommen, aber im weltweiten Maßstab

19 Das Dilemma wurde von Hardin (1968) als Tragedy o Commons bezeichnet. Damit gemeint istdie Tragik der Allmende- bzw. öentlichen Güter, die allen zur Verügung stehen, dadurch keinenPreis haben und daher unter Übernutzung leiden.

20 Nur wenige Länder beteiligen sich reiwillig an der Vermeidung von Emissionen (Beirat BMF2010:11). Dass ein Land zu dieser Gruppe gehört, ist umso wahrscheinlicher, je größer undbevölkerungsreicher das Land ist, je wohlhabender das Land ist, je niedriger die Kosten derEmissionsvermeidung ür dieses Land sind, je dramatischer die Veränderung des Klimasür das Land negativ zu Buche schlägt und je bedeutender und politisch einfussreicher dieÖkologiebewegung in einem Land ist.

135

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 140/180

 

wenig bewirken (Abschnitt 2). Im Gegenteil: Ein einzelnes Land hat

vielmehr den Anreiz, sich als Trittbrettahrer zu verhalten (Weimann

1994:73) und nichts zu tun, um ohne eigenen Kostenauwand von den

Anstrengungen der anderen Länder zu protieren.

Die zentrale Herausorderung ist daher, einen Weg zu nden, mit

dem es gelingen kann, Staaten vom Trittbrettahrerverhalten abzubrin-

gen und die Chancen ür das Zustandekommen eines Klimaabkom-

mens au globaler Ebene, mit dem sich nahezu alle Staaten oder zumin-

dest sämtliche bedeutenden Emittenten, Treibhausgasrestriktionen

auerlegen, zu erhöhen. Augrund des Fehlens einer Weltregierung, die

ein Trittbrettahrerverhalten wirksam sanktionieren könnte (Weimann1994:73), welche es aber mit Sicherheit niemals geben wird, besteht in-

ternationale Klimapolitik allerdings allein aus reiwilligem Engagement.

Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle Kooperationen einzelner Länder

spielen können, um die Teilnahmebereitschat der übrigen Länder an

einem globalen Klimaabkommen zu beeinfussen.

Kooperationen einer Teilgruppe von Ländern, etwa der 27 EU-Mit-

gliedstaaten, können ür die einzelnen Teilnehmerstaaten durchausattraktiv und ökonomisch rational sein, wie an dem olgenden Beispiel

erläutert werden soll. Nehmen wir vereinachend an, dass sich die 27 EU-

Staaten dazu verpfichten, jeweils dieselbe Emissionsmenge zu vermei-

den. Diese Verpfichtung lohnt sich ür ein einzelnes EU-Mitglied genau

dann, wenn seine Emissionsminderungskosten geringer sind als der Nut-

zen, den die 27-mal so hohe Emissionsminderung, zu der sich die Part-

nerländer via Vertrag verpfichtet haben, stitet.21 Man würde meinen,

dass die Teilnahme eines Landes an einem solchen Kooperationsvertrag

21 Die vereinachende Annahme, dass alle Länder sich zur selben Minderungsmenge verpfichten,ist irrelevant. Tatsächlich spielt es ür das Kosten-Nutzen-Kalkül eines Landes, das sich zu einerbestimmten Emissionsminderung verpfichtet, oenkundig keine Rolle, wie die Verteilungder Minderungsverpfichtungen au die übrigen Länder ausällt, solange die gesamteMinderungsmenge dieselbe bleibt.

136

Schlechte Chancen ür ein globales Klimaabkommen zur Treibhausgasminderung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 141/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

umso attraktiver ist, je mehr Kooperationspartner sich zu Minderungsan-

strengungen verpfichten, da die eigenen Anstrengungen mit dem ent-

sprechenden Vielachen an Emissionsminderung belohnt werden.

Au den ersten Blick würde man olglich erwarten, dass eine solche

Kooperation einer Teilgruppe von Ländern die Chancen ür das Zustan-

dekommen eines globalen Abkommens erhöht, da man sich von dieser

Kooperation eine örderliche Signalwirkung erhoen könnte und die mit

der Kooperation übernommene Vorreiterrolle sich positiv au die Erwei-

terung des Teilabkommens zu einem globalen Abkommen auswirkt.

Die Antwort der umweltökonomischen Literatur au die Frage nach

der Bedeutung von Teilkooperationen ür die Chancen eines weltwei-ten Klimaabkommens ist jedoch höchst ernüchternd: Aus genau den-

selben Gründen, die in Abschnitt 3 dargestellt wurden und die dazu

ühren, dass das übermäßige Engagement eines einzelnen Landes oder

einer Staatengruppe wie der Europäischen Union die Bereitschat der

übrigen Länder zur Emissionsminderung verringert, kann die Koope-

rationsbereitschat der übrigen Länder durch eine Kooperation einer

Teilgruppe von Staaten reduziert und so das Zustandekommen einesweltweiten Klimaabkommens sogar erschwert werden (Beirat BMF

2010:16), anstatt die Chancen au ein solches zu verbessern.

Denn: Je mehr ein Land oder eine Staatengruppe bereit ist zu tun

und dies in einem Kooperationsvertrag zu maniestieren, desto attrak-

tiver wird es ür die übrigen Länder, selbst weniger zu vermeiden und

einem zu erheblichen Anstrengungen verpfichtenden Abkommen

ernzubleiben, da der Grenznutzen der eigenen Anstrengungen mit

den Bemühungen der Vorreiterländer sinkt22.

22 In der ökonomischen Literatur überwiegt das rationale Kosten-Nutzen-Kalkül als Basis ürindividuelle Entscheidungen. In anderen Sozialwissenschaten wie auch in Teilbereichen derÖkonomik werden dagegen häug Entscheidungen mit unvollständiger Inormation oderbeschränkter Rationalität betrachtet. >>

|Fortsetzung der Fußnote am nächsten Seitenende|

137

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 142/180

 

Das Abkommen einer Teilgruppe von Staaten, wie etwa die Selbst-

verpfichtung der EU-Staaten au eine 20-%-Reduktion der Treibhaus-

gase gegenüber 1990, kann somit die Dynamik zuküntiger Verhand-

lungen über ein weltweites Klimaabkommen negativ beeinfussen

(Beirat BMF 2010:17): „Das Vorwegmaschieren einer Teilgruppe von

Ländern und die Einigung au hohe Emissionsminderungsziele mar-

kieren in der Politik vielleicht einen herausragenden moralischen

Sieg. Wenn es darum geht, das Weltklima im Rahmen eines globalen

Umweltabkommens zu retten, ist diese Form des moralischen Han-

delns jedoch eher verehlt. Sie kann eine eziente Lösung, die ohne

ein Vorwegmarschieren im Bereich des Möglichen gewesen wäre, so-gar verhindern.“

Die Zusammenarbeit einer Teilgruppe von Ländern ist jedoch

nicht nur wenig hilreich ür das Zustandekommen eines globalen Kli-

maabkommens. Nach der umweltökonomischen Literatur birgt dies

sogar das Risiko einer erheblichen Umverteilung der Kosten zulasten

der Länder, die sich zur Kooperation bereit erklärt haben (Buchholz,

Haslbeck, Sandler 1998, Konrad 2003). Die Kommission sollte daherdiese Zusammenhänge und Wirkungsmechanismen bedenken, wenn

es um die Frage geht, ob die Klimapolitik in den Händen der einzel-

nen EU-Länder bleiben oder zentral von Brüssel aus koordiniert wer-

den sollte. Während selbst eine koordinierte EU-Klimapolitik nur einen

kleinen Beitrag zur globalen Emissionsminderung leisten kann (Ab-

schnitt 2), werden die Chancen ür eine weltweit koordinierte Klimapo-

litik verringert, aber die Lasten ür die Emissionsminderung eher den

Abweichungen in dieser Richtung per se lassen allerdings die Inezienz noch nicht verschwinden.Wenn beispielsweise die Länder ihre Vermeidungsanstrengungen in einem evolutionärenProzess – statt über vollständig rationale Wohlahrtsmaximierung – bestimmen, bleibenVorleistungen einzelner Länder ebenalls wirkungslos. Länder imitieren in einem evolutionärenProzess erolgreiche Strategien anderer Länder; und erolgreicher sind auch hier die Länder, dienur geringe Vermeidungsanstrengungen leisten. Auch im evolutionären Prozess setzt sich dieinezient niedrige Vermeidung durch (Beirat BMF 2010:10).

>>

138

Schlechte Chancen ür ein globales Klimaabkommen zur Treibhausgasminderung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 143/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Mitgliedsstaaten augebürdet, wohingegen die übrigen OECD-Staaten

tendenziell eher entlastet werden (Beirat BMF 2010:14).

Abgesehen davon, dass die Klimapolitik der Kommission eher kon-

traproduktiv wirkt, stehen die Chancen ür ein globales Klimaabkom-

men, das zu einer nennenswerten Verringerung der globalen Emissio-

nen ührt oder zumindest zu einer weitgehenden Stagnation, ohnehin

denkbar schlecht, alls dieses Abkommen au die Beschränkung des

Treibhausgasausstoßes der Staaten mit dem umangreichsten Treib-

hausgasausstoß abzielt. So wird sich der weltweit größte Treibhaus-

gasemittent China mit Sicherheit keinerlei Emissionsbeschränkung

unterweren wollen, wenn diese zulasten der wachsenden Prosperitätdieses Landes gehen würde.

Zu Recht würde China stattdessen zuerst von denjenigen Ländern

ihren substantiellen Tribut verlangen, die in der Vergangenheit vor-

wiegend ür den Anstieg der Treibhausgaskonzentration maßgeblich

verantwortlich waren. Mit dem ebenso berechtigten Hinweis au die

geringe Eektivität verweigert der zweitgrößte Emittent, die USA, be-

reits heute einschneidende Vermeidungsmaßnahmen, alls Schwel-lenländer wie China oder Indien sich nicht ebenalls zu Minderungsan-

strengungen verpfichten, die den küntigen Anstieg ihrer Emissionen

deutlich dämpen. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma, der

nicht unmittelbar bei der Vermeidung von Emissionen ansetzt, prä-

sentiert der olgende Abschnitt.

139

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 144/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 145/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

6.

 Erolgsträchtigere Alternativen

Aussichtsreichere Alternativen zur Auerlegung von Emissionsrestrik-

tionen bestehen in solchen Strategien und Politiken, bei denen dieeinzelnen Länder in erster Linie selbst von den zu ergreienden Maß-

nahmen protieren und daher ein hohes Eigeninteresse an deren Um-

setzung haben. Dazu gehören Anpassungsmaßnahmen an den Klima-

wandel, die wie der Bau von Deichen zum Schutz vor einem Anstieg

des Meeresspiegels darau abzielen, die Folgekosten der globalen Erwär-

mung zu reduzieren, und damit unmittelbar der Bevölkerung desjeni-

gen Landes zugute kommen, das diese Maßnahmen durchührt.Zusätzlich zu einer solchen Politik, deren Umsetzungsgrad vor al-

lem im Ermessen des einzelnen Landes liegt, könnten sich Länder in

einem weltweiten Abkommen zu einer sukzessiven Erhöhung ihrer

Ausgaben ür die Forschung und Entwicklung (F&E) von Energieum-

wandlungs- und -speichertechnologien verpfichten.23 Mit derartigen

F&E-Maßnahmen werden zwar nicht unmittelbar Treibhausgasmin-

derungen erzielt. Über Zeiträume von einigen Jahrzehnten hinweg

23 Weil davon auszugehen ist, dass von den Früchten der F&E-Investitionen zum großenoder gar überwiegenden Teil die investierenden Länder selbst protieren, sollte dasTrittbrettahrerverhalten in Form von nicht investierenden Ländern geringer sein als beiAktivitäten zur Treibhausgasvermeidung. Allerdings ist zu konzedieren, dass einzelne Länderdeshalb zu wenig in F&E investieren könnten, weil Kosten und Nutzen dieser Investitionen zeitlichweit auseinander allen können und der eigene Nutzen der F&E-Investitionen nicht korrekt bzw.zu niedrig eingeschätzt wird.

141

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 146/180

 

können F&E-Investitionen in revolutionäre Technologien nichtsdesto-

trotz zu sehr hohen Treibhausgasminderungserolgen ühren.

Ein Beispiel ür eine solche Technologie ist die Kernusion. Diese

stellt eine CO2-reie Technologie zur Stromerzeugung dar, der ein gro-

ßes Potential attestiert wird, langristig in großem Umang zu einer

sauberen, versorgungssicheren und geahrlosen Stromversorgung

beizutragen (DPG 2010:122). Im Gegensatz zu Kernkratwerken würde

der Betrieb von Fusionskratwerken keine radioaktiven Abälle hin-

terlassen. Im Erolgsall des praktischen Einsatzes, den die Deutsche

Physikalische Gesellschat bei der derzeitigen vergleichsweise gerin-

gen Forschungsörderung ür die Mitte dieses Jahrhunderts erwartet(DPG 2010:122), könnte die europäische Stromerzeugung bis 2100 al-

lein au Basis dieser Technologie wohl gänzlich emissionsrei erolgen.

In Kombination mit den erneuerbaren Energietechnologien sowie mit

der Kernkrat könnte so bereits ab der Mitte dieses Jahrhunderts eine

weitgehende Dekarbonisierung des Stromerzeugungssektors Realität

werden, so wie dies von Deutschland heute bereits angepeilt wird, al-

lerdings allein au Basis von erneuerbaren Energietechnologien.Das Beispiel des experimentellen Reaktors ITER, dessen Bau in Süd-

rankreich in weltweiter Zusammenarbeit begonnen wurde, zeigt, dass

ein globales Abkommen über Verpfichtungen der Länder zu wachsen-

den F&E-Anteilen am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt im Bereich des

Möglichen liegt. Mit einem derartigen Abkommen über Quoten zu F&E-

Förderausgaben ür Energieumwandlungs- und -speichertechnologien

können au lange Sicht negative externe Umwelteekte verringert, aber

auch die typischen positiven Spill-Over-Eekte von F&E-Aktivitäten er-

zielt werden (Jae, Newell, Stavins 2002). Somit haben F&E-Ausgaben

eine doppelte Dividende, eine Umwelt- und eine Technologiedividende,

die zwar allen Ländern, aber in hohem Maße auch demjenigen Land zu-

gutekommen, das diese Ausgaben nanziert. Im Erolgsall einer weit-

reichenden Diusion einer Technologie protieren davon insbesonde-

re diejenigen Unternehmen, die diese Technologien vertreiben.

142

Erolgsträchtigere Alternativen

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 147/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Darüber hinaus kann ein Land mit einer sukzessiven Steigerung

seiner F&E-Ausgabenanteile ein chronisches Manko beseitigen. So ällt

die von privaten Marktakteuren nanzierte Forschungsleistung ten-

denziell zu gering aus (Nelson 1959). Dabei liegt aus volkswirtschat-

licher Sicht ein Zuwenig an Forschung vor, wenn die Ausgaben gerin-

ger ausallen als die daraus zu erwartenden Erträge. Vor allem an der

Finanzierung von Grundlagenorschung dürten private Akteure ein

sehr geringes Interesse zeigen, da bei dieser die Wahrscheinlichkeit ür

die unmittelbare marktwirtschatliche Nutzung von Forschungserol-

gen relativ klein ist und die Erolge in der Regel allen zugutekommen.

In diesem Falle von Marktversagen ist es Augabe des Staates, die For-schungs- und Technologieörderung voranzutreiben.

Die staatliche Forschungs- und Technologieörderung sollte aller-

dings ungezielt betrieben werden, da die Politik die zuküntig erolg-

reichen Technologien nicht Jahrzehnte im Voraus identizieren kann

(Karl, Wink 2006:275-276). Von Hayek (1978) ührt dies vor allem au 

das Inormationsdezit des Staates zurück, der in der Regel nicht über

die notwendigen Inormationen verügt. Demnach sollte der Staat vie-le verschiedene Technologien gleichermaßen ördern, nicht zuletzt

auch deshalb, weil eine Bevorzugung einer Technologie, etwa aus in-

dustriepolitischen Motiven, zugleich immer auch eine Diskriminie-

rung anderer technologischer Entwicklungen bedeutet (Kronberger

Kreis 2009:34).

Mit der höchst privilegierten EEG-Förderung der Photovoltaik, die in

Deutschland mit Abermilliarden Euro in exorbitantem Ausmaße geör-

dert wird, geschieht indessen das Gegenteil: Der Staat maßt sich mit der

drastischen Überörderung der Photovoltaik nicht vorhandenes Wissen

an. Die Photovoltaik erhält im Vergleich zum damit erzielten Stromout-

put mit Abstand die meisten Subventionen (Frondel, Ritter, Schmidt,

Vance 2010a:116): Für alle zwischen 2000 und 2010 in Deutschland in-

stallierten Photovoltaikmodule belauen sich die Nettokosten real au 

rund 81,5 Mrd. Euro (Frondel, Ritter, aus dem Moore, Schmidt 2011)).

143

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 148/180

 

Mit ihrer Erneuerbaren-Politik verstößt auch die Kommission ge-

gen das Prinzip der Technologieoenheit einer guten F&E-Förderung

in eklatanter Weise. Mittels symbolischer Ziele, deren Zielwerte nicht

das Resultat rationaler Optimierungsüberlegungen sind, sondern o-

enkundig mit dem Zieljahr zusammenhängen, wie dies etwa beim

20-%-Anteil der Erneuerbaren ür das Jahr 2020 der Fall ist, soll der

Ausbau der erneuerbaren Energietechnologien vorangetrieben wer-

den, obwohl diese Privilegierung der Erneuerbaren bei einer Koexis-

tenz mit dem Emissionshandel nicht durch die Beseitigung negativer

externer Klimaschutzeekte gerechtertigt werden kann.

Wenn die Kommission mit ihrem Erneuerbaren-Ziel ür 2020eine Technologieörderung im Sinn hat, so sollte außerdem die

Wahl des Förderinstruments nicht den Mitgliedsländern überlassen

bleiben. Besonders ineektiv ist diesbezüglich das in Deutschland

verwendete Einspeisevergütungssystem, bei dem die Forschung

und Entwicklung (F&E) lediglich au indirekte Art geördert wird. In

Deutschland hat dies in der Praxis nicht zu hohen Forschungsau-

wendungen der durch das EEG begünstigten Unternehmen geührt:Obwohl sich die EEG-Vergütungen zwischen 2000 und 2009 mehr

als verzehnacht haben und von etwa 0,9 au rund 10 Mrd. Euro ge-

stiegen sind (BDEW 2001, 2009), waren die Ausgaben der Privatwirt-

schat ür die Energieorschung in Deutschland allgemein rückläug.

Investierte die Wirtschat im Jahr 1991 noch etwa 503 Mio. Euro in

die Energieorschung, so waren es im Jahr 2007 nur noch 139 Mio.

Euro (BMWi 2010). Im Vergleich zu den Vergütungen ür erneuerbare

Energien von 7,6 Mrd. Euro im Jahr 2007 sind 139 Mio. Euro ein gerin-

ger Betrag, welcher nicht einmal der Erorschung regenerativer Tech-

nologien allein diente, sondern der Forschungsörderung sämtlicher

Energietechnologien.

Dass die Ausgaben ür Forschung und Entwicklung im Bereich

erneuerbare Energien sowohl in absoluter Höhe wie auch in Relation

zu den erzielten Umsätzen gering ausallen, wird durch Zahlen zu den

144

Erolgsträchtigere Alternativen

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 149/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Forschungsausgaben von Photovoltaikunternehmen bestätigt. Die

beiden größten deutschen Solarunternehmen, Q-Cells und Solarworld,

gaben im Jahr 2009 mit 26,5 Mio. Euro bzw. 12,0 Mio. Euro lediglich

rund 1,2% bzw. 3,3% ihres Umsatzes ür Forschung aus (Breyer 2010).

Damit liegen diese noch vergleichsweise jungen Unternehmen weit

hinter den F&E-Ausgaben traditioneller Firmen zurück. Siemens etwa

investierte im Jahr 2008 mit 3,8 Mrd. Euro etwa 4,9% des Umsatzes in

Forschung und Entwicklung, während Unternehmen aus dem Gesund-

heitsbereich üblicherweise sehr hohe Forschungsausgaben tätigen. So

investierte Roche 5,6 Mrd. Euro bzw. bis zu 19,4% ihres Umsatzes des

Jahres 2008 in F&E (Booz & Company 2009).Auch die Deutsche Physikalische Gesellschat kritisiert in ihrer

Studie vom Juni 2010, dass trotz des massiv über das EEG unterstütz-

ten Marktes die F&E-Intensität der Photovoltaikindustrie in den ver-

gangenen Jahren von 2 % au unter 1,5 % des Umsatzes gesunken ist,

wohingegen orschungsintensive Unternehmen wie große Pharmaun-

ternehmen eine Forschungsintensität von 15 – 20 % auweisen; Firmen

der Computerbranche wie Intel oder Microsot haben entsprechendeF&E-Quoten von 15,2 % bzw. 13,8%. Zudem konzentrierten sich die ge-

ringen F&E-Aktivitäten der Solarbranche vorwiegend au ertigungs-

nahe Aspekte (DPG 2010:102).

Anstatt zur Technologieörderung, zu der die Finanzierung von

Prototypen genügt (Kronberger Kreis 2009:34), wurden die Förder-

gelder ür Erneuerbare olglich in weit überwiegendem Maße zur fä-

chendeckenden Verbreitung von Anlagen benutzt. Von der so geör-

derten Verbreitung von Anlagen protieren neben den heimischen

auch ausländische Unternehmen. So stieg das 2001 gegründete chi-

nesische Unternehmen Suntech Power vor allem augrund der deut-

schen Einspeisevergütungen in die Weltspitze der Photovoltaikmo-

dulhersteller au, während es in China bislang keine nennenswerte

Förderung gab. Einspeisevergütungssysteme wie das EEG verschaen

der Konkurrenz oenkundig genau dieselben Chancen au technolo-

145

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 150/180

 

gische Entwicklung und Export wie den heimischen Unternehmen.

Wenngleich dies unter Wohlahrtsgesichtspunkten nicht negativ be-

wertet werden muss, entspricht dies nicht unbedingt der Zielsetzung

der Förderung.

Um die Wettbewerbsähigkeit seiner Unternehmen zu verbessern,

wäre olglich jeder Staat gut beraten, wenn er direkt au F&E-Förde-

rung setzen würde, anstatt au die gießkannenartige und indirekte

Förderung mittels Einspeisevergütungen, von der ausländische Unter-

nehmen ebenso protieren können und die nicht notwendigerweise

zu hohen Forschungsauwendungen privater Unternehmen ühren.

Entscheidend ür die Erlangung tatsächlicher Wettbewerbsvorteile ist,dass gezielte Anreize geboten werden, die zur Entwicklung besserer

Technologien ühren. In dieser Hinsicht versagt ein Einspeisevergü-

tungssystem nahezu au ganzer Linie, da es die Anreize ür Innovatio-

nen weitgehend dadurch erstickt, dass jede Technologie Subventionen

entsprechend ihres Wettbewerbsdezits erhält.24 

Die Internationale Energieagentur (IEA 2007:74,77) schlägt daher

in ihrem Länderbericht zur Energiepolitik Deutschlands vor, andere

24 Auch mit dem immer wieder angeührten Argument des First-Mover-Vorteils von Ländern,die im weltweiten Markt rühzeitig Fuß assen und sich so vermeintlich langristige Vorteileverschaen könnten, ist es nicht weit her. Dass dieses Argument wenig haltbar ist, zeigtaktuell das Beispiel Deutschlands, das die Photovoltaiktechnologie nun seit einer Dekademittels Einspeisevergütungen ördert − seit 2005 in extrem steigendem Maße − und dennochzunehmend mit der Dominanz der asiatischen Hersteller − vor allem aus China − au demWeltmarkt zu kämpen hat. Obwohl die chinesischen Firmen sich keiner so exorbitantennationalen Förderung erreuen durten wie die deutschen Hersteller, konnten sich diese

keinen entscheidenden Vorteil gegenüber den asiatischen Herstellern sichern. Im Gegenteil:Es ist wahrscheinlich, dass die hohen EEG-Vergütungen ür Solarstrom eine Mitschuld anden Ezienznachteilen deutscher Unternehmen tragen, da die Anreize zu entsprechendenEzienzanstrengungen geehlt haben. Bei dem Argument des First-Mover-Vorteils sollte zudembedacht werden, dass die Förderung der erneuerbaren Energietechnologien immer auch zu Lastenanderer Sektoren geht, die diese Vorreiterrolle mit zu nanzieren haben. Im Saldo betrachtetsind negative makroökonomische Eekte sehr wahrscheinlich, da produktive, wettbewerbsähigeSektoren zugunsten der ansonsten nicht wettbewerbsähigen Erneuerbaren-Branchegeschwächt werden. Um ein Bild zu verwenden: Es ist wenig wahrscheinlich, dass Deutschlandim ökonomischen Wettlau um die höchsten Wachstumsraten unter den besten Ländern seinwird, wenn es seine schnellsten Läuer dazu verpfichtet, ihr Tempo zugunsten seiner wenigerkonkurrenzähigen Läuer zu drosseln, um diesen als Wasserträger zu dienen.

146

Erolgsträchtigere Alternativen

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 151/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Instrumente als Einspeisevergütungen zur Förderung der Photovol-

taik zu benutzen, welche vorwiegend die Forschung und Entwicklung

dieser Technologie ördern und nicht deren fächendeckende Verbrei-

tung. Diesem Ratschlag sollte die Kommission olgen und zu einer

F&E-Förderung sämtlicher Energieumwandlungs- und -speichertech-

nologien übergehen, anstatt durch die Vorgabe symbolischer Ziele ür

den Anteil der Erneuerbaren am Energiemix allein die Verbreitung

von erneuerbaren Energietechnologienanlagen zu orcieren. Dies

verhilt diesen Technologien nicht zu den entscheidenden internati-

onalen Wettbewerbsvorteilen, wie das Negativbeispiel der deutschen

Photovoltaikörderung zeigt.Erolgversprechender sollte ein Weg sein, bei dem die Kommissi-

on den Mitgliedsländern zur Energietechnologieörderung F&E-Aus-

gaben-Quoten in Bezug au das Bruttoinlandsprodukt (BIP) vorgibt.

Damit kann eine sehr viel stärkere Forschungsörderung erolgen als

mit der Vorgabe von Erneuerbaren-Energien-Anteilen. Der Weg der

sukzessiven Steigerung der F&E-Ausgabenanteile ür Energietechno-

logien dürte wegen der damit verbundenen Spill-Over-Eekte gleich-zeitig auch umso eektiver ür die langristige Senkung der globalen

Treibhausgasemissionen sein, je mehr Nachahmung das Beispiel welt-

weit ndet. Der Weg zu einem globalen Abkommen mit Energieor-

schungsörderungszielen dürte dann nicht mehr weit sein.

147

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 152/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 153/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

7.

 Anpassung an die globale Erwärmung

Zusätzlich zur Vermeidung von Emissionen gibt es die Möglichkeit,

den Folgen der Klimaerwärmung durch Anpassung zu begegnen. Be-stehen die Folgen etwa in einer Zunahme der Häugkeit und Intensität

von Stürmen, woür es bislang allerdings keinen wissenschatlichen

Beweis gibt (Bouwer 2010), kann eine Anpassungsreaktion seitens des

Staates in baurechtlichen, städtebaulichen und land- oder orstwirt-

schatliche Maßnahmen bestehen.

Zu den Anpassungsprozessen können viele andere Maßnahmen

gehören, wie die Gewinnung neuer Anbaufächen und Siedlungsge-biete in derzeit noch zu kalten Regionen, alls diese durch die globale

Erwärmung weniger unwirtlich werden, Änderungen in der landwirt-

schatlichen Produktion, die Umsiedelung der Bevölkerung von Inseln,

die durch einen Meeresspiegelanstieg bedroht sind, oder eine Verbes-

serung der Malariaprävention.

Emissionsvermeidung und Anpassung sind selbstverständlich

keine Substitute hinsichtlich der Senkung von Emissionen.25 Wohl aber

25 Zwischen der Vermeidungs- und Anpassungsstrategie gibt es einen Zusammenhang, der bisher inder politischen Debatte wie auch in der ökonomischen Literatur wenig Beachtung geunden hat(Tol 2005): Setzt ein Land verstärkt au Anpassungsmaßnahmen und reduziert demzuolge seineMinderungsanstrengungen, könnte dies in Umkehrung der Argumentation von Abschnitt 3 dazuühren, dass die übrigen Länder höhere Vermeidungsbemühungen unternehmen und so höhereKosten übernehmen. >>

|Fortsetzung der Fußnote am nächsten Seitenende|

149

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 154/180

 

sind beide Strategien substitutiv, wenn es darum geht, die Folgekosten

der globalen Erwärmung zu minimieren. Denn man kann die Folge-

kosten entweder dadurch verringern, dass man weniger CO2 emittiert

oder dass man sich au die mit dem CO2-Ausstoß verbundenen Folgen

besser einstellt (Beirat BMF 2010:26).

Die Anpassungsstrategie wurde bereits zu Beginn der Klimadebat-

te von Autoren wie William Nordhaus (1994) sehr ernsthat diskutiert.

Wenngleich diese Strategie in der aktuellen Klimadebatte etwas im

Hintergrund steht, hat Deutschland erste wichtige Schritte in Rich-

tung einer umassenderen Anpassungsstrategie übernommen (Beirat

BMF 2010:25). So wurden in der im Dezember 2008 beschlossenen„Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ zahlreiche Be-

reiche wie die Landwirtschat oder das Gebiet der Gesundheit identi-

ziert, ür die Bund und Länder bis 2011 einen detaillierten Aktionsplan

vorlegen sollen.

Der Grund ist, dass je nach Anpassungsmaßnahme diese ver-

nüntigerweise au einer von vielen unterschiedlichen Ebenen ange-

siedelt sein sollte, entweder au internationaler, nationaler, Länder-,kommunaler oder gar individueller Ebene. So könnte es allein Sache

der Hauseigentümer sein, ihr Wohneigentum durch bauliche Maß-

nahmen individuell gegen Sturmschäden zu wappnen. Alternativ

oder ergänzend könnten entsprechende Versicherungen abgeschlos-

sen werden. Dieses Beispiel zeigt: Bei vielen Anpassungsmaßnahmen

kann davon ausgegangen werden, dass die individuellen Anpassungs-

entscheidungen auch sozial optimal sind und ein Staatseingri nicht

Eine solche Strategie kann in Umkehrung der Argumentation von Abschnitt 5 erner dazuühren, dass sich die Chancen ür das Zustandekommen eines weltweiten Klimaabkommensverbessern: „Sollte es au der Seite der weniger entwickelten und armen Länder unrealistischhohe oder übertriebene Erwartungen hinsichtlich der tatsächlichen Operbereitschat derIndustrieländer geben, kann eine sichtbare und konsequent verolgte Anpassungsstrategieseitens der entwickelten Industrienationen diese Erwartungen korrigieren helen und so zu einerinternationalen Konsensndung beitragen“ (Beirat BMF 2010:27).

>>

150

Anpassung an die globale Erwärmung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 155/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

notwendig ist, da individuelle und kollektive Kosten-Nutzen-Kalküle

übereinstimmen.

„Wer sein Haus gegen vermehrt drohende Sturmschäden absi-

chert, berücksichtigt im Wesentlichen alle relevanten Vor- und Nach-

teile einer solchen Anpassungsmaßnahme. Hier muss und soll der

Staat in die individuellen Anpassungsmaßnahmen nicht eingreien.

Lediglich wenn das individuelle vom kollektiven Kosten-Nutzen-Kal-

kül abweicht, ist der Staat in der Pficht“ (Beirat BMF 2010:28). Dies ist

etwa bei der Erhöhung von Deichen zum Schutz aller Einwohner einer

Region vor den Folgen von Stürmen der Fall.

Im Vergleich zu Anstrengungen zur Emissionsminderung habenAnpassungsmaßnahmen einige Vorteile. Erstens: Derjenige, der die

Kosten der Anpassungsmaßnahme zu tragen hat, wie etwa ein Haus-

besitzer, der die Dachbedeckung sturmtauglicher macht, hat den allei-

nigen oder zumindest den überwiegenden Nutzen davon. Im Gegen-

satz dazu trägt derjenige, der Minderungsmaßnahmen durchührt, die

vollen Kosten daür, protiert aber, wenn überhaupt, nur geringügig

davon, während der Hauptnutzen au alle diejenigen entällt, die un-ter der globalen Erwärmung etwas weniger zu leiden haben, alls diese

Maßnahme sich als eektiv erweist.

Es gibt daher ein Übergewicht an potentiellen Nutznießern von

Minderungsmaßnahmen, während nur einige wenige die Kosten da-

ür zu tragen haben. Der Anreiz zu Minderungsanstrengungen dürte

demnach ungleich geringer sein als zur Durchührung von Anpas-

sungsmaßnahmen. Das undamentale Dilemma des Trittbrettahrer-

verhaltens, das die Chancen au eine eektive Verringerung der globa-

len Treibhausgase gegen Null gehen lässt, tritt olglich bei einer Strate-

gie, die au Anpassungsmaßnahmen setzt, nicht au.

Zweitens: Bei Minderungsanstrengungen gibt es eine große zeit-

liche Divergenz von Kosten und potentiellem Nutzen: Während der

Nutzen dieser Maßnahmen sich erst sehr viel später zeigen wird, mög-

licherweise erst in Jahrzehnten, allen die Kosten daür unmittelbar

151

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 156/180

 

an, wenn sie heute ergrien werden. Es ist eine höchst strittige gesell-

schatliche Frage der Diskontierung, wie ein erst Jahrzehnte später an-

allender Nutzen im Vergleich zu dem bereits heute anallenden Kos-

tenauwand zu bewerten ist (Nordhaus 2007, Weitzman 2007, Stern

2007). Ökonomisch zweielsrei ist lediglich, dass Auwendungen von

einer Milliarde Euro ür Treibhausgasreduktionen heute höhere Kos-

ten darstellen als eine Milliarde Euro ür Anpassungsmaßnahmen in

20 Jahren.

Bei Anpassungsnahmen ist die zeitliche Diskrepanz zwischen Kos-

ten und Nutzen in der Regel weit geringer. So wird man Maßnahmen

zur Erhöhung von Deichen erst dann treen, wenn absehbar ist, dassbei einem weiteren Meeresspiegelanstieg die bestehende Deichhöhe

eventuell nicht mehr ausreicht. Ein wichtiger Vorteil der Anpassungs-

strategie ist olglich, dass kein jahrzehntelanger Vorlau benötigt wird,

wie bei der Vermeidungspolitik (Beirat BMF 2010:30). Vielmehr kön-

nen Anpassungsmaßnahmen relativ zeitnah und als Reaktion au sich

in ihrem Umang vergleichsweise klar abzeichnende Umweltverände-

rungen ergrien werden.Drittens: Der Umang der mit der globalen Erwärmung einher-

gehenden Schäden ist gegenwärtig noch mit einer sehr hohen Unsi-

cherheit behatet. Wegen der potentiell irreversiblen Folgen des CO2-

Ausstoßes müsste die Politik im Prinzip möglichst rüh reagieren und

Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen ergreien. Denn: Lässt

man ein zu hohes Emissionsniveau zu, wobei derzeit höchst unklar ist,

was zu hoch bedeutet, könnten eventuelle gravierende Folgeschäden

nicht mehr vermieden werden. Daher könnte die Politik geneigt sein,

rühzeitig relativ hohe Vermeidungsanstrengungen zu unternehmen.

Dies könnte sich als Fehler herausstellen, wenn die Folgeschä-

den weitaus kleiner als erwartet auselen. Zu warten, bis sich die Un-

sicherheit über die Folgeschäden reduziert hat, wäre in diesem Fall

kostensparend gewesen. Aus Sicht der Politik könnte es sich olglich

lohnen, klimapolitische Maßnahmen in die Zukunt zu verschieben,

152

Anpassung an die globale Erwärmung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 157/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

alls die Unsicherheit über die Folgeschäden durch weitere Forschung

nach und nach verringert werden könnte. Diese Strategie des Abwar-

tens könnte die Gesellschat aber im schlimmsten Fall teuer zu stehen

kommen.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma stellt die Anpassungsstrategie

dar, die es zumindest teilweise gestattet, die Kosten sparende Option

zu ergreien, mit Gegenmaßnahmen zu warten, da man durch Anpas-

sungsmaßnahmen schwerwiegende Folgen auch noch in Zukunt ver-

ringern kann (Beirat BMF 2010:29). Diese Option spart deshalb Kosten,

weil sie der Politik erlaubt, heute au teure Vermeidungsmaßnahmen

zu verzichten, um im Eventualall hohe küntige Folgeschäden durchentsprechend umangreiche Anpassungsmaßnahmen zu bekämpen.

Viertens: Es besteht in der Wissenschat Einigkeit darüber, dass

die globale Erwärmung Verlierer, aber auch Gewinner hervorbringt

(Tol 2010). Anpassungsmaßnahmen werden indessen nur diejenigen

ergreien, die von der globalen Erwärmung negativ betroen sind.

Denjenigen Regionen, die von der globalen Erwärmung protieren,

bleiben bei einer Anpassungsstrategie die Vorteile erhalten. Im Ge-gensatz dazu werden durch Minderungsanstrengungen eventuell die

negativen, aber auch die positiven Auswirkungen einer globalen Er-

wärmung verringert.

Während es nichtsdestoweniger unklar ist, ob es am Ende nicht we-

sentlich teurer kommt, allein au Anpassungsmaßnahmen zu setzen,

als im Falle, dass ausschließlich Anstrengungen zur Emissionsminde-

rung ergrien werden, würde sich die reine Anpassungsstrategie letzt-

lich in zwei Fällen als überlegen erweisen: Falls es sich herausstellen

sollte, dass Treibhausgase und die anthropogene Beeinfussung ihrer

Konzentration in der Atmosphäre entgegen den jetzigen, nicht gesi-

cherten Erkenntnissen nur einen geringügigen Einfuss au die globa-

le Erwärmung haben und diese weitgehend durch nicht-anthropogene

Ursachen gesteuert wird, könnte es zum einen sein, dass es zu weit

geringeren Auswirkungen au das Klima kommt, als die heutigen Kli-

153

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 158/180

 

mamodelle vorhersagen. In diesem Falle würden kaum oder gar keine

Anpassungsmaßnahmen erorderlich sein und die Kosten daür ent-

sprechend gering sein oder gar nicht anallen. Zum anderen könnten

die nicht-anthropogenen Ursachen zu ähnlichen oder gar noch gravie-

renderen Auswirkungen ühren als von den heutigen Klimamodellen

vorhergesagt wird. Dann sind Anpassungsmaßnahmen die adäquatere

Antwort, wohingegen Minderungsmaßnahmen in diesem Fall weitge-

hend nutzlos und im ersten Fall sogar überfüssig wären.

154

Anpassung an die globale Erwärmung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 159/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

8.

 Zusammenassung undSchlussolgerung

Klimapolitik ist eindeutig eine ökonomische Angelegenheit: Böhrin-

ger et al. (2010) schätzen, dass die Klimapolitik der Kommission dieEU-Staaten im Jahr 2020 zwischen 1 und 4 % an Wohlahrt kosten

könnte. Eine gute Klimapolitik orientiert sich grundsätzlich am Prin-

zip des rationalen Mitteleinsatzes. Demnach sollte ein Ziel wie die

Vermeidung der negativen Folgen der globalen Erwärmung mit mög-

lichst geringen volkswirtschatlichen Kosten umgesetzt werden. In der

Regel wird diesem Prinzip am ehesten ein Mix an kostenezienten

Maßnahmen gerecht, der sich sowohl aus Anstrengungen zur Treib-hausgasminderung zusammensetzt, die bis zu einem gewissen Maße

durchgeührt werden, als auch aus Maßnahmen zur Anpassung an die

globale Erwärmung.

Übermäßige Anstrengungen zur Vermeidung von Treibhausga-

sen sollten sich hingegen als inezient erweisen, vor allem, wenn nur

ein Teil der bedeutendsten Staaten sich dazu verpfichtet (Nordhaus

2009:51): Kosten-Nutzen-Analysen von Maßnahmen zur Treibhaus-

gassenkung zeigen in der Tat, dass diese lediglich in einem begrenz-

ten Umang umgesetzt werden sollten (Tol 2010). So argumentiert

etwa Nordhaus (1993), dass die optimale Emissionsreduktionsrate

gegenüber einem Szenario ohne eine jegliche globale Klimapolitik

bei 10 – 15 % liegt. Demnach wäre die Klimapolitik der EU-Kommission

nicht optimal, da sie den Staaten der Europäischen Union bis zum Jahr

2020 eine Emissionsreduktion um 20 % gegenüber 1990 als Ziel ge-

155

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 160/180

 

setzt hat. Falls andere bedeutende Industrieländer sich zu ähnlichen

substantiellen Anstrengungen verpfichten, würde die Kommission

das Reduktionsziel ür das Jahr 2020 sogar au 30 % erhöhen.

Eine solche Vorreiterrolle der Kommission bei Treibhausgasmin-

derungsmaßnahmen wäre indessen nicht nur inezient, sie wäre so-

gar kontraproduktiv: Erstens werden West- bzw. Osteuropa von zahl-

reichen Studien als die Gewinnerregionen der globalen Erwärmung

angesehen (Tol 2010:16). So schätzt Maddison (2003), dass sich als Fol-

ge das BIP Westeuropas um 2,5 % erhöhen könnte.

Zweitens können die hohen selbst gesetzten Emissionsminde-

rungsziele dazu ühren, dass andere Länder in ihren klimapolitischenAnstrengungen nachlassen, statt diese zu erhöhen. Denn: Je mehr die

Europäische Union bereit ist zu tun, desto attraktiver wird es ür die

übrigen Länder, selbst weniger zu vermeiden, da der Grenznutzen der

eigenen Anstrengungen mit den Bemühungen der EU sinkt. Eine kli-

mapolitische Vorreiterrolle der EU ührt deshalb tendenziell zu hohen

Kosten, ohne dass eine entscheidende Reduzierung des globalen Emis-

sionsniveaus sichergestellt werden kann.Drittens können die besonderen Anstrengungen der EU die

Chancen ür das Zustandekommen eines globalen Abkommens ver-

schlechtern, da die Verringerung des verbleibenden Vorteils aus ei-

nem globalen Klimaabkommen dessen Zustandekommen unwahr-

scheinlicher machen. Klimaabkommen müssen aber darau gerich-

tet sein, möglichst alle Länder mit einzuschließen. Teilabkommen

zwischen Ländern wie den EU-Mitgliedsstaaten ühren hingegen aus

denselben Gründen wie besondere Anstrengungen einer Staaten-

gruppe wie der EU zu einem Nachlassen der Anstrengungen der üb-

rigen Länder. Wenn wichtige Länder sich nicht beteiligen, kann es da-

her sinnvoll sein, au ein Abkommen zu verzichten, selbst wenn eine

Teilgruppe von Ländern sich einig sein sollte (Beirat BMF 2010:16), so

wie dies bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union weitgehend

der Fall ist.

156

Zusammenassung und Schlussolgerung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 161/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

All diese Argumente sprechen gegen einen Alleingang der Europä-

ischen Union, aber keinesalls gegen Verhandlungen über ein eektives

weltweites Abkommen. Für ein globales Abkommen über Treibhaus-

gasrestriktionen stehen die Chancen allerdings denkbar schlecht. So

wird sich der weltweit größte Treibhausgasemittent China mit Sicher-

heit keinerlei Emissionsbeschränkung unterweren wollen, wenn diese

zulasten der wachsenden Prosperität dieses Landes gehen würde.

Zu Recht würde China stattdessen zuerst von denjenigen Ländern

ihren substantiellen Tribut verlangen, die in der Vergangenheit vor-

wiegend ür den Anstieg der Treibhausgaskonzentration maßgeblich

verantwortlich waren. Mit dem ebenso berechtigten Hinweis au diegeringe Eektivität verweigert der zweitgrößte Emittent, die USA, be-

reits heute einschneidende Vermeidungsmaßnahmen, alls Schwel-

lenländer wie China oder Indien sich nicht ebenalls zu Minderungsan-

strengungen verpfichten, die den küntigen Anstieg ihrer Emissionen

deutlich dämpen.

Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma besteht in Politik-

alternativen zur Auerlegung von Emissionsrestriktionen (The Hart-well Paper 2010), bei denen die einzelnen Länder in erster Linie selbst

von den zu ergreienden Maßnahmen protieren und daher ein hohes

Eigeninteresse an deren Umsetzung haben. So dürte ein weltweites

Abkommen über eine sukzessive Erhöhung der Ausgaben ür die For-

schung und Entwicklung (F&E) von Energieumwandlungs- und -spei-

chertechnologien eine realistische Chance au ein Zustandekommen

haben. Damit könnte man zwar nicht unmittelbar, so doch innerhalb

einiger Jahrzehnte Treibhausgasminderungen erzielen − möglicherwei-

se in massiver Weise, wie das Beispiel der Fusionstechnologie zeigt.

Auch bei Anpassungsmaßnahmen an die globale Erwärmung, wie

dem Bau oder der Erhöhung von Deichen, protieren im Idealall in

erster Linie diejenigen davon, welche die Kosten daür zu tragen ha-

ben. Einer Strategie zur Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen

kommt eine besonders hohe Bedeutung zu, weil zum einen Anstren-

157

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 162/180

 

gungen zur Emissionsminderung letztendlich wenig Aussicht au 

Erolg haben dürten und diese Strategie zum anderen zumindest

teilweise gestattet, die Kosten sparende Option zu ergreien, mit Ver-

meidungsmaßnahmen zu warten und stattdessen au die F&E-Förder-

strategie zu setzen. Denn: Durch Anpassungsmaßnahmen kann man

die schwerwiegendsten Folgen auch noch in Zukunt verringern. Diese

Option spart deshalb Kosten, weil sie der Politik erlaubt, heute au teu-

re Vermeidungsmaßnahmen zu verzichten, um im Eventualall hohe

küntige Folgeschäden durch Anpassungsmaßnahmen zu bekämpen,

deren Umang sich vergleichsweise genau an den sich abzeichnenden

Folgen orientieren kann.In dasselbe Horn stößt Goklany (2009:35), der zeigt, dass eine o-

kussierte Anpassungsstrategie, bei der etwa Malaria direkt bekämpt

wird, anstatt mit Vermeidungsmaßnahmen den Klimawandel und so-

mit indirekt die damit verbundene Verbreitung von Malaria mildern

zu wollen, bei weitem einen größeren Nutzen haben würde als gar die

intensivste Vermeidungsstrategie − und dies zu weitaus geringeren

Kosten von lediglich einem Füntel der Belastungen, die durch die Um-setzung des ineektiven Kyoto--Protokolls zustande kommen (Goklany

2009:30). Während der Nutzen von Vermeidungsmaßnahmen wegen

der Unsicherheit der Wirkungen, die mit dem Klimawandel verbunden

sind, ebenalls höchst ungewiss ist und sich erst nach Jahrzehnten he-

rausstellen wird, gibt es keinen Zweiel, dass okussierte Anpassungs-

maßnahmen zur Bekämpung sehr drängender aktueller und schwer-

wiegender Probleme wie Malaria, Hungersnöte und Überschwemmun-

gen ganzer Küstenregionen in kürzester Zeit und mit großer Sicherheit

einen weitaus größeren Nutzen stiten (Goklany 2009:25), da diese

Geißeln der Menschheit derzeit ungleich höhere Schäden verursa-

chen als der häug in unzutreender Weise als höchst gravierend dar-

gestellte Klimawandel.

158

Zusammenassung und Schlussolgerung

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 163/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

 Literatur Álvarez, G.C., Jara, R.M., Julián, J.R.R., Bielsa, J.I.G. (2009): Study o the Eects

on Employment o Public Aid to Renewable Energy Sources | Universidad REYJuan Carlos

www.juandemariana.org/pd/090327-employment-public-aid-renewable.pd 

BDEW (2001 bis 2009): EEG Jahresabrechnungen, Bundesverband der Energie-und Wasserwirtschat | Berlin

Beirat BMF (2010): Klimapolitik zwischen Emissionsvermeidung

und Anpassung | Gutachten des Wissenschatlichen Beirats beimBundesministerium der Finanzen | Berlin, Januar 2010

BMU (2006): Erneuerbare Energien: Arbeitsplatzeekte, Wirkungen desAusbaus erneuerbarer Energien au den deutschen Arbeitsmarkt | Kurz-

und Langassung | Bundesministerium ür Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit | Berlin

BMU (2008): Kernelemente der neuen EU-Richtlinie zum Emissionshandel |Bundesministerium ür Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit | Berlin

www.bmu.de/les/pds/allgemein/application/pd/hintergrund_ets_richtilinie.pd 

BMWA (2004): Zur Förderung erneuerbarer Energien | Gutachten desWissenschatlichen Beirats beim Bundesministerium ür Wirtschat und

Arbeit | Berlin | Dokumentation Nr. 534

BMWi (2010): Energiestatistiken | Bundesministerium ür Wirtschat undTechnologie | Berlinwww.bmwi.de/energie

Böhringer, C. (2010): 1990 bis 2010: Eine Bestandsaunahme von zwei

Jahrzehnten europäischer Klimapolitik | Perspektiven der Wirtschatspolitik11(s1), S. 56 – 74

Böhringer, C., Rutherford, T. F. (2010): Canada’s Policy Options under theKyoto Protocol | The World Economy 33, S. 177 – 211

Böhringer, C., Rutherford, T. F. Tol, R.S.J., (2010): The EU 20/20/20 Targets: AnOverview o the EMF 22 Assessment | Energy Economics, orthcoming

Böhringer, C., Tol, R.S.J., Rutherford, T. F. (2009a): The EU 20/20/20 Targets: AnOverview o the EMF 22 Assessment | Energy Economics 31, S. 268 – 273

159

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 164/180

 

Böhringer, C., Löschel, A., Moslener, U., Rutherford, T. F. (2009b): EU ClimatePolicy Up to 2020: An Economic Impact Assessment | Energy Economics 31,S. 295 – 305

Böhringer, C., Hoffmann, T., Lange, A., Löschel, A., Moslener, U. (2005): Assessing Emission Reduction in Europe | An Interactive Simulation Approach |The Energy Journal 26, S. 1 – 22

Böhringer, C., Schwager, R. (2003): Die Ökologische Steuerreorm in

Deutschland – ein umweltpolitisches Feigenblatt | Perspektiven derWirtschatspolitik 4 (2), S. 211 – 222

Bonus, H. (1998): Umweltzertikate | Der steinige Weg zur Marktwirtschat |Herausgeber des Sonderhetes 9. Zeitschrit ür Angewandte Umweltorschung

Booz & Company (2009): Prots Down, Spending Steady: The GlobalInnovation 1000, strategy+business, issue 57, Winter 2009 | Booz & Company

Bouwer, L. M. (2010): Have Disaster Losses Increased due to AnthropogenicClimate Change | Bulletin o the American Meteorological Society,orthcoming

Breyer, Christian (2010): Global Photovoltaic Diusion, Regions, MarketSegments and Cost, 8. Workshop Student Chapters – GEE, 7. Mai 2010 |Mannheim

BSW (2009): Statistics or the German solar power industry (photovoltaics),Mai 2009 | Bundesverband Solarwirtschatwww.bsw-solar.de

COM (2008): Annex to the Impact Assessment | Document accompanying thepackage o implementation measures or EU’s objectives on climate change

and renewable energy or 2020 | Commission Sta Working Document,SEC(2008) 85, Vol. II Brüssel, 27.2.2008

Cerina (2010): Weltweite CO2-Emissionen: Länderranking 2009

www.cerina.org/?page_id=366&lang=de

Demailly, D., Quirion, P. (2006): CO2-Abatement, Competitiveness, andLeakage in the European Cement Industry under the EU ETS: Grandatheringversus Output-based Allocation | Climate Policy (6), S. 93 – 113

Diekmann, J., Kemfert, C. (2005): Erneuerbare Energien: Weitere Förderung

aus Klimaschutzgründen unverzichtbar | Wochenbericht DIW 29, S. 439 – 451

160

Literatur

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 165/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Energieprognose (2009): Die Entwicklung der Energiemärkte bis 2030 |Gutachten ür das Bundesministerium ür Wirtschat und Technologie(BMWi) | bearbeitet von IER, Stuttgart, RWI, Essen, und ZEW, Mannheim

Fahl, U. (2006): Optimierter Klimaschutz – CO2-Vermeidungskostenvon Maßnahmen im Vergleich, in: N. Metz und U. Brill (Hrsg.) |Abgas-und Verbrauchsverringerungen – Auswirkungen au Lutqualität undTreibhauseekt | Haus der Technik Fachbuch Bd. 72, expert Verlag | Renningen

2006, S. 73 – 94

Fahl, U., Küster, R., Ellersdorfer, I. (2005): Jobmotor Ökostrom?Beschätigungseekte der Förderung von erneuerbaren Energien inDeutschland | Energiewirtschatliche Tagesragen 55 (7), S. 476 – 481

Felder, S., Rutherford, T., F. (1993): Unilateral CO2-Reductions and CarbonLeakage – The Consequences o International Trade o International Tradein Oil and Basic Materials | Journal o Environmental Economics andManagement 25, S. 162 – 176

Frondel, M., Lohmann, S. (2010): Das Glühbirnendekret der EU – ein unnötiges

Verbot | Zeitschrit ür Energiewirtschat, Ausgabe 4/2010, S. 247 – 253

Frondel, M., Ritter, N. (2010): Deutschlands Art der Förderung erneuerbarerEnergien: Nicht zur Nachahmung zu empehlen | Zeitschrit ür Umweltpolitik& Umweltrecht, S. 261 – 283

Frondel, M., Ritter, N., aus dem Moore, N. Schmidt, C.M., (2011): Die Kosten desKlimaschutzes am Beispiel der Strompreise ür private Haushalte | Zeitschritür Energiewirtschat 35(3), erscheint

Frondel, M., Ritter, N., Schmidt, C.M., Vance, C. (2010a): Die ökonomischen

Wirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien: Erahrungen ausDeutschland | Zeitschrit ür Wirtschatspolitik, 59 (2), S. 107 – 133

Frondel, M., Ritter, N., Schmidt, C. M., Vance, C. (2010b): Economic Impactsrom the Promotion o Renewable Energy Technologies: The German

Experience | Energy Policy 38, S. 4048 – 4056

Frondel, M., Ritter, N., Schmidt, C. M. (2008): Photovoltaik: Wo viel Licht ist, istauch viel Schatten | List Forum ür Wirtschats- und Finanzpolitik, 34 (1), S. 28 – 44

Frondel, M., Schmidt, C.M. (2008): Benötigt die EU Nachhile in

Regressionsrechnung? Eine statistische Analyse des Vorschlags der EU-Kommission zur Begrenzung der CO2-Emissionen von Pkw | AStA Wirtschats-und Sozialstatistisches Archiv 2 (4), S. 329 – 341

161

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 166/180

 

Frondel, M., Schmidt, C.M. (2009): Die Begrenzung der CO2-Emissionenvon Pkw: Ein wohlkonzipierter Beschluss der EU-Kommission? Jahrbuch ürWirtschatswissenschaten 59, S. 177 – 191

Frondel, M., Schmidt, C.M., Vance, C. (2010): A Regression on ClimatePolicy: The European Commission’s Legislation to Reduce CO2 Emissionsrom Automobiles | Transportation Research Part A: Policy and Practice,orthcoming

Gagelmann, F., Frondel, M. (2005): The Impact o Emissions Trading onInnovation – Science Fiction or Reality? | European Environment, 15, S. 203 – 211

Graichen, P., Requate, T. (2005): Der steinige Weg von der Theorie in die Praxisdes Emissionshandels: Die EU-Richtlinie zum CO2-Emissionshandel und ihre

nationale Umsetzung | Perspektiven der Wirtschatspolitik 6 (1), S. 41 – 56Goklany, I. M. (2009): Addressing Climate Change in the Context o OtherProblems: A Plea or Realism over Ideology | Occasional Paper 78 | LiberalInstitute, Friedrich-Naumann-Sttung ür die Freiheit | This paper is based on‘Discounting the Future’ | Regulation, Spring 2009, S. 36 – 40, and Goklany,

I. M. (2009) ‘Is Climate Change the Dening Challenge o Our Age?’ | Energy &Environment 20 (3), S. 279 – 302

Häder, M. (2010): Klimaschutzpolitik in Deutschland − eine ökonomischeKonsistenzanalyse der Rahmenbedingungen ür den Strommarkt | Zeitschrit

ür Energiewirtschat 43 (1), S. 11 – 19

Hardin, G. (1968): The Tragedy o Commons | Science 162, S. 1243 – 1248

The Hartwell Paper (2010): A new direction or climate policy ater the crasho 2009 | Institute or Science, Innovation, and Society, University o Oxord,

and London School o Economics (LSE)http://eprints.lse.ac.uk/27939

Hayek, F.A. von (1978): The errors o constructivism, in F.A.v. Hayek (Ed.) | NewStudies in Philosophy, Politics, Economics and the History o Ideas | London

Hentrich, S., Matschoss, P. (2006): Emissionshandel in Deutschland –Klimaschutz im Schatten von Lobbyismus und Industriepolitik |Energiewirtschatliche Tagesragen, 56. Jahrgang, Het 10, S. 50 – 53

Hillebrand, B., H.-G. Buttermann, M. Bleuel und J.- M. Behringer (2006): The Expansion o Renewable Energies and Employment Eects in Germany |Energy Policy 34 (18), S. 3484 – 3494

162

Literatur

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 167/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Hoel, M. (1991): Global Environmental Problems: The Eect o UnilateralActions Taken by One Country | Journal o Environmental Economics andManagement 20, S. 55 – 70

IEA (2007): Energy Policies o IEA Countries: Germany, 2007 Review |Internationale Energie Agentur, OECD | Paris

IPCC (2008): Climate Change 2007: Synthesis Report | IntergovernmentalPanel o Climate Change | Geneva

IPCC (2010): Special Report on Emissions Scenarios | Intergovernmental Panel

on Climate Change | Genevawww.grida.no/publications/other/ipcc_sr/?src=/climate/ipcc/emission

IWH (2004): Beschätigungseekte durch den Ausbau erneuerbarer Energien |

Steen Hentrich, Jürgen Wiemers, Joachim Ragnitz | Sonderhet 1/2004 |Institut ür Wirtschatsorschung Halle | Halle

Jaffe, A. B., Newell, R. G., Stavins, R. N. (2002): Environmental Policy andTechnological Change | Environmental and Resource Economics 22, S. 41 – 69

Karl, H., Wink, R. (2006): Innovation Policy and Federalism: the German

experience, International Journal o Foresight and Innovation Policy, 2 (3/4),S. 265 – 284.

Kemfert, C., Diekmann, J. (2009): Förderung erneuerbarer Energien und

Emissionshandel − wir brauchen beides | Wochenbericht DIW 11, S. 169 – 174

Kronberger Kreis (2009): Für einen wirksamen Klimaschutz | Band 49 derSchritenreihe der Stitung Marktwirtschat | Der Kronberger Kreis ist derWissenschatliche Beirat der Stitung Marktwirtschat. Ihm gehören JuergenB. Donges, Johann Eekho, Lars P. Feld, Werner Möschel und Manred J. M.

Neumann an.

Lüdecke, H.-J. (2008): CO2 und Klimaschutz – Fakten, Irrtümer, Politik |2. Aufage | Bouvier

Maddison, D.J. (2003): The Amenity Value o the Climate: The Household

Production Function Approach | Resource and Energy Economics 25, S. 155 – 175

Mennel, T., Sturm, B. (2009): Energieezienz – eine neue Augabe staatlicherRegulierung? | Zeitschrit ür Wirtschatspolitik 58 (1), S. 3 – 35

Michaels, R., Murphy, R. P. (2009): Green Jobs: Fact or Fiction? | Institute or

Energy Research, January 2009 | Washington DC

163

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 168/180

 

Morris, A. P., Bogart, W. T., Dorchak, A., Meiners, R. E. (2009): 7 Myths aboutGreen Jobs | PERC POLICY SERIES, No. 44 | Montana

Morthorst, P. (2003): National environmental targets and international

emission reduction instruments | Energy Policy 31 (1), S. 73 – 83

Nelson, R. R. (1959): The Simple Economics o Basic Scientic Research | TheJournal o Political Economy 67 (3), S. 297 – 306

Nordhaus, W. D. (2009): The Impact o Treaty Nonparticipation on the Costs o Slowing Global Warming | Special Edition 2009: Climate Change Policies ater

2012 | The Energy Journal 30 (Special Issue 2), S. 39 – 51

Nordhaus, W. D. (2007): A Review o the Stern Review on the Economics o Climate Change | Journal o Economic Perspectives XLV, S. 686–702

Nordhaus, W. D. (1994): Managing the Global Commons: The Economics o 

Climate Change | MIT-Press, Cambridge, MA

Nordhaus, W. D. (1993): Rolling the ‘DICE’: An Optimal Transition Path orControlling Greenhouse Gases | Resource and Energy Economics 15, S. 27 – 50

Oliveira-Martins, J., Burniaux, H.M., Martin, J.P. (1992): Trade and the

Eectiveness o Unilateral CO2-Abatement Policies: Evidence rom GREEN,OECD Economic Studies 19 | Paris

Pfaffenberger, W. (2006): Wertschöpung und Beschätigung durch grüneEnergieproduktion? | Energiewirtschatliche Tagesragen 56 (9), S. 22 – 26

Requate, T. (2010): Klimaschutz: Stand und Perspektiven | Vorwort desGastherausgebers | Perspektiven der Wirtschatspolitik 11(s1), S. 1 – 3

RWI (2004): Gesamtwirtschatliche, sektorale und ökologische Auswirkungendes Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) | Energiewirtschatlichen Institut

(EWI) der Universität Köln | Institut ür Energetik und Umwelt, Leipzig |Rheinisch-Westälisches Institut ür Wirtschatsorschung (RWI), Essen |Gutachten im Autrag des Bundesministeriums ür Wirtschat und Arbeit(BMWA)

Schiffer, H.-W. (2010): Deutscher Energiemarkt 2009 | EnergiewirtschatlicheTagesragen, 60. Jahrgang, Het 3, S. 76 – 88

Sinn, H.-W. (2008): Das grüne Paradoxon: Warum man das Angebot bei derKlimapolitik nicht vergessen dar | Perspektiven der Wirtschatspolitik 9

(Sonderhet), S. 109 – 142

164

Literatur

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 169/180

 

Die EU-Klimapolitik: Teuer und ineektiv

Stern, Nicholas (2007): The Economics o Climate Change: The Stern Review |Cambridge University Press | Cambridge and New York

Stiglitz, J.E. (2006): A New Agenda or Global Warming | Economists Voice | The

Berkely Electronic Presswww.bepress.com/ev

Traber, T., Kemfert, C. (2009): Impacts o the German Support or RenewableEnergy on Electricity Prices, Emissions, and Firms | The Energy Journal, 30(3),

S. 155 – 178

Tol, R.S.J. (2010): The Economic Impact o Climate Change | Perspektiven derWirtschatspolitik 11(s1), S. 13 – 37

Tol, R.S.J. (2005): Adaptation and Mitigation: Trade-os in Substance and

Methods | Environmental Science & Policy 8, S. 572 – 578

Weimann, J. (2008): Die Klimapolitik-Katastrophe – Deutschland im Dunkelder Energiesparlampe | Metropolis | Marburg

Weimann, J. (1994): Umweltökonomik, eine theorieorientierte Einührung,3. Aufage | Springer

Weitzman, M. L. (2007): A Review o The Stern Review on the Economics o Climate Change | Journal o Economic Perspectives XLV, S. 703 – 724

165

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 170/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 171/180

 

Ross McKitrickManuel Frondel

Steffen HentrichHolger Krahmer

Die Autoren

Die Herausgeber 

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 172/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 173/180

 

Die Autoren und Herausgeber

 Ross McKitrick

Ross McKitrick ist Proessor der Wirtschatswissenschaten (Umwelt-

ökonomie) an der University o Guelph in Ontario. Außerdem ist

er Senior Fellow des Fraser Institute in Vancouver, ein Mitglied des

Academic Advisory Boards des John Deutsch Institute in Kingston,

Ontario und der Global Warming Policy Foundation in London, Groß-

britannien.Seine Forschungsinteressen erstrecken sich au das Modellieren

des Verhältnisses zwischen wirtschatlichem Wachstum und Schad-

stoemissionen, das Design von Regulierungsmechanismen sowie

au verschiedene Aspekte der Wissenschat und der Politik der glo-

balen Erwärmung. Seine Forschungsergebnisse wurden in ühren-

den wissenschatlichen Zeitschriten veröentlicht, wie dem Journal

o Environmental Economics and Management, Energy Economics,Economic Modeling, dem Canadian Journal o Economics, Empirical

Economics, dem Energy Journal sowie Environmental and Resource

Economics. Seine physikalischen Forschungsergebnisse erschienen in

Zeitschriten wie dem Journal o Geophysical Research, den Geophysi-

cal Research Letters, den Atmospheric Science Letters, dem Journal o 

Non-Equilibrium Thermodynamics and den Proceedings o the Natio-

nal Academy o Sciences.

Er ist Autor des Lehrbuchs „Economic Analysis o Environmental

Policy” (University o Toronto Press 2010) und veröentlichte 2002 zu-

sammen mit Christopher Essex von der University o Western Ontario

das Buch „Taken by Storm: The Troubled Science, Policy and Politics o 

Global Warming” (2. überarbeitete Aufage 2008), ausgezeichnet mit

dem Donner Prize or the Best Book on Canadian Public Policy.

169

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 174/180

 

 Manuel Frondel

Pro. Dr. Manuel Frondel ist Diplom-Physiker und Diplom-Wirtschats-

ingenieur und ührt seit 2003 die Forschungsabteilung ür Umwelt

und Ressourcen des Rheinisch-Westälischen Instituts ür Wirtschats-

orschung (RWI). Seit 2009 ist er Proessor ür Energieökonomik und

angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum. Von 2001

bis 2003 war er wissenschatlicher Mitarbeiter am Zentrum ür Euro-päische Wirtschatsorschung (ZEW) in Mannheim und Proessor in

Teilzeit an der Hochschule Heilbronn. Er hat an der wirtschatswissen-

schatlichen Fakultät der Universität Heidelberg promoviert.

Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Umwelt-, Res-

sourcen- und Energieökonomik. Pro. Frondel hat in ührenden Zeit-

schriten, wie der Review o Economics and Statistics und den Econo-

mic Letters, Beiträge veröentlicht.

170

Die Autoren und Herausgeber

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 175/180

 

Die Autoren und Herausgeber

Steen Hentrich

Steen Hentrich ist Reerent am Liberalen Institut der Friedrich-

Naumann-Stitung ür die Freiheit in Potsdam. Nach seinem Studium

der Wirtschatswissenschaten an der Technischen Universität Berlin

war er Mitarbeiter am Institut ür Wirtschatsorschung in Halle und

arbeitete ür mehrere Jahre als wissenschatlicher Mitarbeiter beim

Sachverständigenrat ür Umweltragen. Er hat sich au Umwelt- undRessourcenragen spezialisiert.

171

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 176/180

 

 Holger Krahmer 

Holger Krahmer wurde 1970 in Leipzig geboren. Nach der Schulzeit

und einer Berusausbildung zum Instandhaltungsmechaniker be-

gann er 1990 seine berufiche Laubahn als Bankkaumann bei der

Commerzbank AG. Seit 1993 ist er Mitglied der FDP und seit 2004 Vor-

stand der GANOS Kaee-Kontor & Rösterei AG in Leipzig.

Im Juni 2004 wurde er erstmals in das Europäische Parlament ge-wählt. Er ist Mitglied des Parlamentsausschusses ür Umwelt, Volksge-

sundheit und Lebensmittelsicherheit und stellvertretendes Mitglied

im Ausschuss ür Industrie, Forschung und Energie. Als Berichterstat-

ter des Parlaments bzw. der liberal-demokratischen Fraktion ALDE war

er ederührend an EU-Gesetzgebungen unter anderem zur Lutrein-

haltung, zur Minderung von CO2-Emissionen und der Arzneimittel-

zulassung beteiligt. So arbeitete er an den EU-Richtlinien ür Lutqua-lität, Industrieemissionen, an Lutschadstonormen ür Pkw, leichte

Nutzahrzeuge sowie schwere Lkw und Busse. Auch an der Richtlinie

zur Einbeziehung des Lutverkehrs in den CO2-Emissionshandel und

der Verordnung zur Vermeidung von Arzneimittelälschungen war er

ederührend beteiligt.

Im Jahr 2010 veröentlichte er die viel diskutierte Schrit „Unbe-

queme Wahrheiten über die Klimapolitik und ihre wissenschatlichen

Grundlagen“.

172

Die Autoren und Herausgeber

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 177/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 178/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 179/180

5/11/2018 Realitätscheck für den Klimaschutz - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/realitaetscheck-fuer-den-klimaschutz 180/180

 

ISBN 978-3-00-036040-4 | Print

ISBN 978-3-00-036041-1 | eBook

Wissenschaftler, Medien und Politiker scheinen sich einig: Der

Klimawandel ist Realität und der Mensch ist schuld daran. Es

muss etwas geschehen – koste es, was es wolle. Doch der Scheintrügt: Noch steckt die Klimaforschung in den Kinderschuhen,

kämpft mit ungenauen Daten und einer Natur, die sich auch mit

den komplexesten Modellen nicht zufriedenstellend beschrei-

ben lässt. Zukunftsprognosen bleiben Kaffeesatzleserei.

Angesichts dieser Unsicherheiten zerbrechen sich die Experten

den Kopf, wie dem Problem Herr zu werden ist. Für die einen

steht das Klima und damit die Zukunft von Natur und Mensch-

heit auf dem Spiel, die anderen sehen in klimapolitischem Ak-

tionismus eine Gefahr für Wohlstand und Entwicklung. Folglich

wird auf dem Basar der internationalen Klimapolitik von der Be-

schleunigung des grünen Wachstumsmotors bis zum kräftigen

Tritt auf die Klimaschutzbremse alles feilgeboten. Kein Wunder,dass die Verhandlungen feststecken.

Nur ein Realitätscheck kann die Situation noch retten. Die Wirt-

schaftswissenschaftler Ross McKitrick und Manuel Frondel 

decken unangenehme Wahrheiten auf und weisen einen Weg

aus der Sackgasse der Klimapolitik.


Recommended