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RechtspanoramaMONTAG, 15. SEPTEMBER 2014 15

Kleinkinder:Kein „absoluterVorrang“ für FrauOGH verwirft Einwand einerMutter, die die Obsorge wollte.

Wien. In den Vorinstanzen hatteeine Mutter den Sorgerechtstreitverloren. Vor dem Obersten Ge-richtshof (OGH) argumentierte dieFrau nun aber damit, dass es einenabsoluten Vorrang von Mütterngebe, wenn es um Kleinkindergehe. Ein Einwand, der jedoch vomOGH verworfen wurde.

Ursprünglich hatten Vater undMutter das gemeinsame Sorge-recht inne. 2012 aber war die Fraueinfach mit den Kindern nach Kali-fornien gezogen. Der Vater leitetedaraufhin ein Verfahren nach demHaager Kindesentführungsüber-einkommen ein. Im Juli 2013 ver-einbarten die Eltern vor dem dafürzuständigen Gericht in Kalifornien,dass Mutter und Kinder wiedernach Österreich zurückkehren unddie Kinder beim Vater wohnen soll-ten. Doch nur kurz, nachdem allewieder in Österreich waren (unddie Kinder beim Vater einzogen),ging die Mutter überraschend wie-der nach Kalifornien.

Umzüge kosteten SorgerechtSie reiste nun nur mehr zu Ge-richtsterminen nach Österreich –und forderte dort die alleinige Ob-sorge. Das Bezirksgericht Badenund das Landesgericht WienerNeustadt sprachen das Sorgerechtdem Vater zu. Die Mutter, so mein-ten die Gerichte, würde ihre eige-nen Bedürfnisse über die der Kin-der stellen, wie sie durch die über-raschenden Umzüge nach Kalifor-nien gezeigt habe. Und man dürfenun die Kinder nicht noch einmalaus ihrem gewohnten Umfeld beimVater in Österreich reißen.

Auch der OGH (3 Ob 115/14d)entschied, dass der Vater die allei-nige Obsorge erhält. Zum Einwandder Mutter erklärten die Höchst-richter, dass das von ihr „behaupte-te Postulat des absoluten Vorrangsbezüglich der Pflege und Erziehungvon Kleinkindern jedenfalls nachneuerer höchstgerichtlicher Recht-sprechung nicht besteht“. Zudemkönne man bei den betroffenenKindern – sie sind fast sieben undfünf Jahre alt – auch nicht mehr vonKleinkindern sprechen. (aich)

Bleibt der Telekom-Regulator hinter seinen Aufgaben zurück?Reaktion. Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen und die Regulierung des Wettbewerbs könnten energischer angegangen werden.

VON PHILIPP LUST

Wien. Wolfgang Feiel, der Leiter derRechtsabteilung der Rundfunk undTelekom Regulierungs-GmbH, hatletzte Woche dargelegt, dass er da-ran festhält, dass TelefonanbieterVerträge einseitig abändern kön-nen. Diese Ansicht geht auf diefragwürdige Entscheidung desObersten Gerichtshofs 4 Ob 50/00gzum Vorgänger des aktuellen Tele-kommunikationsgesetzes zurückund ist offensichtlich weder durchdie Kritik des Wettbewerbssenatesim OGH noch durch jene in derFachliteratur zu erschüttern.

Ihr Schädigungspotenzial fürden Kunden entfaltet diese Ansichtinsbesondere dadurch, dass die Re-gulierungsbehörde ihren Aufgabenin zwei anderen Bereichen nichthinreichend nachkommt. Sie hatim Sinne des Kundenschutzes

sämtliche Geschäftsbedingungen(AGB, nicht jedoch die nominellenEntgelte) zu prüfen. Benachteili-genden AGB (§ 864a, § 879 ABGB)muss die Telekom Control Kom-mission (TCK) widersprechen.

Aktuell dürfte sie weder bei dereinseitigen Einführung von grund-gebührenerhöhenden Pauschalen,noch bei Verschlechterungen derAbrechnungstaktung, noch bei In-flationsanpassungen trotz regelmä-ßig sinkender Kosten, noch bei derZustellung von Mitteilungen perE-Mail statt Post eine Benachteili-gung der Kunden erkennen. An-dernfalls hätte sie derartige Klau-seln nämlich zu untersagen gehabt.

OGH greift korrigierend einMit schöner Regelmäßigkeit hatimmerhin der OGH – naturgemäßzeitlich versetzt – nach Musterver-fahren von Verbraucherschützern

rechtswidrige Vertragsbestandteileaufgehoben, die die TCK im Rah-men ihrer präventiven Klauselkon-trolle „übersehen“ hatte.

Gerade im intensiver regulier-ten Festnetz wurden viele Tarifenur mit „Sicherheitsaufschlägen“erlaubt, um Wettbewerber durchhohe Preise zu Lasten der Kundenzu schützen. Selbst irreführendeAngebote wurden ausdrücklich ge-nehmigt, um Mehrerträge zu er-möglichen.

Es besteht daher zweifellosnoch gewisser Lernbedarf bei derbehördlichen AGB-Prüfung, umdie gebotenen Interessen der Kun-den tatsächlich zu schützen.

Nicht anders sieht es in dersektorspezifischen Wettbewerbsre-gulierung aus. Hier hat die TCK be-reits Maßnahmen zu verfügen,wenn ein Anbieter allein oder ge-meinsam mit anderen „eine wirt-

schaftlich so starke Stellung ein-nimmt, die es ihm gestattet, sich inbeträchtlichem Umfang unabhän-gig von [. . .] Kunden [. . .] zu ver-halten“ (§ 35 TKG). Gleiches gilt,wenn der Markt „Anreize für eineVerhaltenskoordinierung auf-weist“. Die Regeln greifen – andersals das Kartellrecht – bereits auf-grund der Missbrauchsneigung,ohne dass noch ein Missbrauch er-folgen müsste. Die Erfüllung dieserVoraussetzungen ist auf dem aktu-ellen Mobilfunkmarkt kaum mehrvon der Hand zu weisen.

Tarifobergrenzen möglichTrotz ihrer Verpflichtung, regulie-rend einzugreifen, hat die TCK wei-terhin keine Maßnahmen nachdem TKG gesetzt. Eine Maßnahmewäre die Neutralisierung des Miss-brauchspotenzials durch Tarifober-grenzen für Endkunden. Das War-

ten auf potenzielle neue Wettbe-werber ist gerade im Mobilfunk, woes nur eingeschränkte Frequenzengibt, keine Alternative.

Interessant ist auch, dass dieRegulierungsbehörde die Prüfungdes Mobilfunksektors eher denKartellbehörden überlassen möch-te, obwohl sie selbst über intensiveMarktkenntnis verfügt und weitumfangreichere Eingriffskompe-tenzen hat. Mit jedem Tag passiverBeobachtung freut sich das Oligo-pol der drei Mobilfunkanbieterüber zusätzliches Geld der Kunden.

Bei der Regulierungsbehördebesteht offensichtliches Optimie-rungspotenzial hinsichtlich der ob-jektiven und unabhängigen Wahr-nehmung ihrer gesetzlichen Aufga-ben. Ein Wandel der Regulierungs-praxis weg vom Schutz der Anbie-ter und hin zum Schutz der Kun-den ist längst geboten.

Mutter darf Urteile nicht „aushebeln“Besuchsrecht. Trotz Beugestrafe verhinderte eine Mutter, dass die Oma den Enkel sieht. Die Unter-instanz fand sich damit ab, das Höchstgericht schritt ein: Rechtsbruch dürfe nicht belohnt werden.

VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Wie weit soll man gehen, umdas Recht durchzusetzen? DieseFrage galt es jüngst für die Gerichtezu klären. Es ging um das Rechteiner Oma, den Enkel zu besuchen,bzw. um ihr Kontaktrecht, wie esnun juristisch heißt. Doch was tun,wenn die Mutter den Kontakt zwi-schen Oma und Enkel stetig unter-bindet und selbst den Gang ins Ge-fängnis dafür in Kauf nehmen will?

Das Verhältnis zwischen derKindesmutter und deren Mutter(also der Großmutter des Kindes)war schon seit Längerem äußerstgespannt. Doch die Oma wollte essich nicht nehmen lassen, ihr En-kelkind im Volksschulalter zu se-hen. Schließlich bestanden ja einstregelmäßige Kontakte zwischenGroßmutter und Kind. Die Oma er-kämpfte vor Gericht, dass sie allevier Wochen das Kind sehen darf.Und zwar in einem Besuchscafe. Indiesen speziellen Einrichtungen istimmer eine geschulte Person dabei,die den Besuch begleitet und daraufachtet, dass nichts passiert.

Doch der Bub kam zu keinemder Termine ins Besuchscafe. DieMutter verhinderte dies. Dreimalwurden – rechtskräftig – Beugestra-fen (100, 200 und 400 Euro) gegendie Mutter verhängt. Sie blieb aberbei ihrem Standpunkt, dass sieKontakte der Oma zum Kind nurdann zulasse, wenn ein „psychiatri-sches Attest“ beweist, dass die Omanicht suizidgefährdet sei und dasKind nicht in den Tod mitnehmenwürde. Auch den Besuchsbegleiterwollte sich die Mutter aussuchen.Weitere Beugestrafen wolle undkönne sie nicht mehr bezahlen, sag-te die Mutter. Es bestehe also dieGefahr, dass sie künftig Ersatzfrei-heitsstrafen antreten müsse. Dann,so der Plan, sollte ihre Schwestersich um das Kind kümmern.

Rechtsdurchsetzung schädlich?Die Großmutter beantragte eineweitere Beugestrafe gegen ihreTochter. Doch nun entschied dasBezirksgericht Wien Leopoldstadt,das Besuchsrecht auszusetzen. Be-gründung: Man müsse davon aus-

gehen, dass die Mutter auch nachweiteren Beugestrafen nicht zulas-sen werde, dass die Großmutterden Buben sieht. Dieser werde abermassiv beeinträchtigt, wenn dieMutter durch weitere Geldstrafenwirtschaftlich belastet werde odergar ins Gefängnis müsse. Eine wei-tere Eskalation läge nicht im Inter-esse des Kindes. Auch wenn Groß-eltern grundsätzlich Besuchsrechtehätten, sei es daher hier richtig, dasRecht bis auf Weiteres auszusetzen.

Eine Entscheidung, die vomWiener Landesgericht für Zivil-rechtssachen bestätigt wurde –wenn auch mit Bauchweh. Denn eskönnte „als Signal missverstandenwerden“, wenn die Mutter sich „auseigenem Gutdünken über eine ge-richtliche Anordnung hinwegset-zen“ kann. Schließlich habe dasVerhalten der Mutter sogar darin ge-gipfelt, die Oma als „liebeskrankeStalkerin und Mörderin“ zu bezeich-nen. „Unsachliche, teilweise objek-tiv offenkundig falsche Argumenteund Behauptungen“ sollten nicht zudem „von der Mutter offenbar ange-strebten Ergebnis“ führen, meinte

die zweite Instanz. Doch man müssedie Sache aus Sicht des Kindes se-hen: Es würde bei einer weiteren Es-kalation des Streits „ohne jedenZweifel einer massiven Belastungausgesetzt sein“. Und wenn dieMutter eine Ersatzfreiheitsstrafe an-treten müsste, bekäme der nichteinmal neunjährige Bub das Gefühl,dass die Mutter „seinetwegen insGefängnis“ muss. Daher sei es rich-tig, die Besuchskontakte der Groß-mutter zu dem Kind auszusetzen.

OGH: Falsches Signal an MutterDer Oberste Gerichtshof (OGH)hob die Entscheidung der Vorin-stanzen auf. Denn, wenn die Exeku-tion von Strafen gegen die Mutterdas Kindeswohl tatsächlich verlet-ze, dürfe das Erstgericht ja von derDurchsetzung dieser Maßnahmenabsehen. Aber das Besuchsrechtgleich auszusetzen – noch dazu,ohne der Mutter Auflagen zu geben,sei der falsche Weg. Zumal die Frauschon länger Gerichtsentscheidun-gen missachte. Und eine Ausset-zung des Kontaktrechts könnte „inder Mutter durchaus das Gefühl be-

stärken, sie könne ihr nicht geneh-me Gerichtsentscheidungen ein-fach durch Obstruktionsmaßnah-men aushebeln“, betonte der OGH.

Der Erstinstanz trug der OGH(1 Ob 7/14g) auf zu prüfen, wie mandie Mutter veranlassen kann, ko-operativ zu sein. Insbesondere solleerwogen werden, die Familienge-richtshilfe einzuschalten. Manmüsse der Mutter „die Unhaltbar-keit ihres Verhaltens, das zudemdem Kindeswohl widerspricht“, vorAugen führen, erklärten die Höchst-richter. Die Unterinstanz solle zu-dem mit der „gebotenen Eile“ han-deln, damit nicht eine Entfremdungzwischen Enkel und Oma eintritt.Schließlich, „ist es der Mutter dochoffenbar gelungen, seit mehr alszwei Jahren regelmäßige Kontaktezwischen Großmutter und Kind zuverhindern“, konstatierte der OGH.

Auch den Antrag der Oma, derMutter das Sorgerecht über dasKind in Schulfragen zu entziehen,müsse die Unterinstanz prüfen,sagten die Höchstrichter. DiesenAntrag hatten die Unterinstanzennoch für unzulässig gehalten.

Auch Großeltern haben grundsätzlich das Recht, ihre Enkelkinder zu sehen. [ Corbis/Klaus Tiedge ]

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