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Page 1: Roboter — Möglichkeiten und Grenzen

Nr. 1 | 33. Jahrgang 2002 | Physik in unserer Zeit | 3

| E D I TO R I A L

I ndustrieroboter, die monotone Arbeiten mit hoher Prä-zision unermüdlich ausführen, sind uns allen geläufig.

Filmaufnahmen aus der Automobilindustrie zeigen sie beimSchweißen, Lackieren oder bei derMontage.Allerdings ist bis heute nichtdie vor zwanzig Jahren vorhergesagtemenschenleere Fabrik realisiert, in derAutomaten alle Arbeiten ausführen.Ne-ben dem hohen Preis sind bisherige Ro-boter zu wenig flexibel einsetzbar, alsdass sie heute beispielsweise ein ganzes Auto zusammen-bauen könnten. Es wäre derzeit schlicht unwirtschaftlich,dies zu versuchen.Was heutigen Industrierobotern hierzunoch fehlt, ist zum Beispiel die überlegene Sensorik desMenschen,vor allem wenn es um die Handhabung von Ma-terialien wie Gummi,Stoff oder Folie geht,deren Form sichbei der Handhabung verändert.

Außerhalb des industriellen Einsatzes in der automati-sierten Fertigung mit ihren geschlossenen Anlagen ar-

beiten Roboter bisher nur vereinzelt. Ein mobiler Roboter,der in einem Krankenhaus Essen holt, war vor über zehnJahren ein erster Versuch,solche Helfer im Alltagsleben ein-zusetzen. Doch so richtig häufig begegnen uns Roboter imAlltag noch nicht. Sicher kennt jeder heute einige Spezial-roboter, wie Telemanipulatoren zur Bombenentschärfungoder zur Inspektion von Abwasserrohren, Serviceroboterzur Reinigung von Fußböden in Supermärkten, Roboter inder Chirurgie, die bei Hüftgelenksoperationen oder beimImplantieren neuer Zähne dem Arzt helfen, Unterhaltungs-roboter, die als Museumsführer eingesetzt werden oder so-gar fliegende Roboter, die autonom Erkundungsaufgabenübernehmen (siehe den Beitrag auf Seite 30). Aber wannwird jeder Haushalt seinen Roboter haben, der uns als uni-verselle Haushaltshilfe lästige Arbeiten wie Putzen, Bügelnoder sogar das Kochen abnimmt? Sind wir überhaupt aufdem Weg dorthin?

E rste Roboter zur Unterstützung im Haushalt sind imHandel erhältlich, wenn auch für viel Geld. Sie saugen

Staub oder mähen den Rasen.Aber es sind wieder Spezia-listen, die nur für eine Arbeit zu gebrauchen sind. Eine Stufe in der Wohnung oder auf der Wiese ist für sie ein unüberwindbares Hindernis.

E in ernsthaftes Problem ist die Sicherheit. Der Arbeits-raum von Industrierobotern wird aus guten Gründen

so abgesichert, dass Menschen nicht versehentlich in ihreReichweite kommen können. Roboter,die im Haushalt helfen oder gar chi-rurgische Eingriffe durchführen sollen,bewegen sich zwangsläufig in unmit-telbarer Nähe des Menschen. ZumSchutz des Menschen vor unbeabsich-tigten Aktionen von Robotern, die

durch Fehlbedienung, Ausfälle in der Hardware oder Soft-warefehler verursacht werden können, müssen erheblicheVorkehrungen getroffen werden, die den Systempreis dras-tisch erhöhen.

Der Roboter als universelle Hilfskraft,sei es im Haushaltoder in der Industrie, ist heute eine der Visionen, an

der in den Forschungslabors gearbeitet wird. Eine der He-rausforderungen ist, dass mit den heute üblichen Radan-trieben nur ein Bruchteil der Orte erreicht werden kann,an die der Mensch leicht zu Fuß gelangt. Laufmaschinenmit einem oder mehreren Beinen waren die Antwort derForscher hierauf.

E ine Arbeitshypothese vieler Forscher ist heute,dass uni-verselle Hilfsroboter menschenähnliche Gestalt haben

sollten. Dann kann der Mensch am ehesten das Verhaltenseines Helfers abschätzen. Zweibeinige Roboter der FirmaHonda sind auf dem Markt, die sich zumindest vom Ausse-hen her den uralten Sciencefiction-Vorstellungen annähern.Noch sind wir aber weit davon entfernt, dass diese laufen-den Automaten intelligentes menschliches Verhalten zeigen.Hierzu wird es nötig sein, dass die Roboter ein erheblichesWissen über ihre Umwelt besitzen und bestimmte Verhal-tensmuster erlernen. Diese Verhaltensmuster müssen danndurch Generalisierung an neue Situationen angepasst wer-den. Wie weit wir auf diesem Weg mit Hilfe von For-schungsergebnissen aus dem Bereich der Künstlichen In-telligenz kommen, wird die Zukunft zeigen.

Roboter – Möglichkeiten undGrenzen

Prof. Dr.-Ing.Günter Hommelist Leiter desFachgebiets Pro-zessdatenver-arbeitung undRobotik amInstitut für Tech-nische Informa-tik und Mikro-elektronik derTU Berlin

ROBOTER ALS UNIVERSELLE

HILFSKRAF T SIND VISION.

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