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„Die Menschen sind das KIT.“
Zeitnah Interview und Text: Silke Bergerhoff
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Wenn Wissenschaftler vom MIT sprechen, bekommen sieschon mal glänzende Augen und geraten ins Schwärmen.Das MIT ist der internationale Tempel der Wissenschaftund Motor zahlreicher Innovationen. Lässt sich dasamerikanische Erfolgsmodell auf eine deutsche For-schungseinrichtung übertragen? Und wer liefert denSprit für den Innovationsmotor, sorgt dafür, dass er un-unterbrochen in Gang bleibt und wie geschmiert läuft?
WYYBRATION lud Dr. Thomas Windmann, LeiterPresse, Kommunikation und Marketing (PKM) desKarlsruher Instituts für Technologie, zu sich ein undwollte wissen, wie innovativ die Kommunikation fürdie innovative wissenschaftliche Einrichtung KIT dennwirklich ist.
Auf die Einstiegs-Frage, was das KIT eigentlich ist, hatDr. Windmann eine ganz einfache Antwort: „Die Menschen sind das KIT.“ Forscher, Mitarbeiter undStudenten sind der „Initialzünder für Innovationen.“Sie definieren tagtäglich das Bild dieses außergewöhn-lichen Karlsruher Instituts.
Wie sieht jemand aus, der seit acht Jahren daran arbeitetüber 9000 Mitarbeiter, die aus unterschiedlichstenRichtungen kommen, auf das neue KIT einzustimmen,dabei die Einrichtung einer breiten Öffentlichkeit nahe -zubringen und Forschung und Wirtschaft letztendlichAppetit auf mehr KIT zu machen? Dr. Windmann wirktfür diese sportliche Leistung erstaunlich gelassen.
Denn auch wenn der Berg sehr hoch aussah, so habener und sein Team einen wahren Kommunikations-Sprint hingelegt und dem KIT zu einem glänzendenStart verholfen.
ZWIEBEL-KOMMUNIKATION VON INNEN NACH AUSSEN
Dr. Windmann startete im innersten Kern, seiner eige-nen Abteilung. Er begann seine Mitarbeiter auf die Fu-sion und den neuen Forschungsriesen einzuschwören.Schon das war eine kleine Herausforderung, da seinTeam aus vier Vorgängerabteilungen, die für zwei unterschiedliche Einrichtungen arbeiteten, zusammen - geführt wurde und nun zu einer schlagkräftigen Einheit mit einer eigenen Abteilungskultur wachsensollte. Er stellte sich der Aufgabe, mit seinen damals30 Mitarbeitern diese Abteilungskultur zu entwickeln.Schritt für Schritt. „Niemand lässt sich gerne eine neue
Kultur von außen aufsetzen, daher haben wir auf demVorhandenen aufgebaut.“
Nachdem die Abteilung „Presse, Kommunikation undMarketing“ an einem Strang zog, hatte Dr. Windmannaus Mitarbeitern tatkräftige Mitstreiter gemacht, mitdenen er die nächste Stufe zünden konnte. Mit seinemTeam fokussierte er sich auf einen Kreis von rund 600 Mitarbeitern, die sich bereits längere Zeit mit der Fusion beschäftigten. Diese waren mit dem Detailkonzeptder Fusion befasst, sodass die Grundüberzeugung bereits vorhanden war. Mit Unterstützung dieser Meinungsbildner verstärkte Dr. Windmann die breit an gelegte Kommunikation nach innen und nach außen.
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FINDEN SIE „MASSACHUSETTS“ AUCH EINEN WAHREN ZUNGENBRECHER? SCHOLZ & FRIENDS LIESS IN EINEMWERBESPOT 2009 ZAHLREICHE PASSANTEN AN DER AUSSPRACHE DIESER STADT IN DEN USA SCHEITERN*– MIT DER SCHLUSSFOLGERUNG, DASS ES AUCH EINFACHER GEHT: KARLSRUHE. DENN AB SOFORT HIESSDIE DEVISE: „KIT“ STATT „MIT“. KARLSRUHER INSTI-TUT FÜR TECHNOLOGIE STATT MASSACHUSETTS INSTITUTE OF TECHNOLOGY.
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„KIT in 100 Sekunden“
Bisher wurden die Mitarbeiter und die regionale Öffent lichkeit regelmäßig über den Stand der Fusioninformiert und konnten jederzeit ihre Vorschläge in denProzess einbringen – doch jetzt wurden sie zu wichtigenZielgruppen, die aktiv gebunden und motiviert werdensollten.
DER INTERNE WEG VON DER DRUCKERSCHWÄRZEZU DEN PIXELN
Wie spricht man Wissenschaftler mit chronischemZeitmangel, Verwaltungsmitarbeiter, teilweise ohnePC-Zugang, und Studenten an? Dr. Windmann entwi-ckelte unterschiedliche, zielgruppengerechte Magazineund Newsletter, mit denen er alle erreichen wollte.
Das Mitarbeitermagazin „KIT-Dialog“ erscheint vier-mal pro Jahr und steht ganz nah an den Mitarbeitern.Es soll über ihre Arbeit und spannende Projekte inForm von Interviews informieren. Ergänzt wird es umtagesaktuelle Nachrichten im Intranet, welche regel-mäßig im Newsletter „KIT-Intranews“ angeteasert
werden. Sämtliche Artikel, auch die des Printmagazins,werden zeitgleich und in voller Länge im Intranet ver-öffentlicht und sind dort stets bequem abrufbar. Onlinebesitzen die Artikel eine Kommentarfunktion, mit derdie Mitarbeiter ihre Meinung zu den Themen abgebenkönnen. Um einige Themen haben sich bereits regeDiskussionen entwickelt.
Dr. Windmann hat diesen Bereich im Intranet inzwischenweiter ausgebaut und nutzt die vielfältigen digitalenMöglichkeiten effizienter. Das Intranet ist wie ein in-ternes Nachrichtenportal gestaltet, mit tagesaktuellenMeldungen, um damit eine noch schnellere Informationund Integration der Mitarbeiter zu erreichen. Um aufdem Laufenden zu bleiben, können sich die Mitarbeiterbald eine Benachrichtigung per E-Mail abonnieren, dieauf Neuigkeiten im Intranet hinweist.
Auch andere, zielgruppenspezifischere interne Magazine,wie das Studierendenmagazin „clicKIT“, wurden inzwi-schen als interaktives Onlinemagazin konzipiert undebenfalls mit einem elektronischen Newsletter ergänzt.
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INTEGRATION SCHAFFT BINDUNG
Nur, wer selbst aktiv mit eingebunden ist, kann die Philosophie auch leben. An vielen Stellen setzt Dr. Windmann darum auf die Integration seiner Ziel -gruppen in die Prozesse. So sitzen beim Studierenden-magazin „clickIT“ auch Studenten mit in der Redaktion.Oder ein anderes Beispiel: Zweimal pro Jahr lädt das PKMzum Netwerk PR+. Gemeinsam mit KIT-Mitarbeiternanderer Organisationseinheiten wird hier über Visionenund die Gestaltung der KIT-Kommunikation gespro-chen. All dies sind kleine Bausteine in einem großenPuzzlespiel, das zu guter Letzt ein großes Gesamtbildergibt.
SEHEN + HÖREN + LESEN = FÜHLEN
Soweit die Pflicht. Die Kür kann heute nur interaktiverfolgen, davon ist Dr. Windmann überzeugt. Er wirddiesen Weg stetig weiter ausbauen. So wünscht sich derrührige Kommunikationsmanager in Zukunft, sämtlicheMeldungen trimedial, in Wort, Bild und Ton umsetzen
zu können. Das KIT soll mit allen Sinnen erlebbar werden.
Mit ersten eigenen Podcasts ist er bereits 2010 gestartet.„KIT Wissen“ richtet sich nicht nur an die Mitarbeiterdes KIT, sondern auch an die interessierte Öffentlich-keit. Bei „KIT Campus“ dreht sich alles um das studen-tische Leben in und außerhalb des Hörsaals. DiesePodcasts werden im Radio gesendet und können alsmp3-Files online angehört werden.
Eine mit Kurzbeiträgen gefüllte Mediathek macht unterwww.kit.edu Forschung und Projekte erlebbar. Auchein eigener you-tube-Kanal ist bereits realisiert. „UnsereFülle an Informationen kurz, knackig und spannend zutransportieren, das ist das Ziel.“, so Dr. Windmann.„KIT in 100 Sekunden“ soll die Technikbe geisterungwecken und das KIT spielerisch näher bringen.
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DAS KIT IST TEIL DER ALLGEMEINEN ÖFFENTLICHKEIT
Mit der digitalen Kommunikation der vielfältigen undunglaublich spannenden Themen, die das KIT zu bietenhat, wird die Tür für die breite Öffentlichkeit weit auf-gemacht. Jeder kann sich zu jeder Zeit informieren undhat auch die Möglichkeit, online Kommentare zu denMeldungen zu hinterlassen. So wird aus einseitigerKommunikation ein echter Dialog.
Erste vorsichtige Schritte ging das KIT erst 2011 miteinem eigenen Facebook-Profil. Hier wollte man sichnicht einem unüberlegten Hype hingeben und hat dieEntwicklung dieses Portals zuerst einmal kritisch beobachtet. Als öffentliche Einrichtungen standen dochzu viele Fragen dahinter: Wie soll mit dem Feedbackumgegangen werden? Wer darf antworten? Der Forscher,der über sein Projekt berichtet, ein Verwaltungsmit -arbeiter oder der PR-Experte? In Facebook folgen heuteviele Fans den aktuellen Informationen des KarlsruherInstituts für Technologie und zeigen ihre Zustimmungmit über 12.000 Likes.
Neben der Kommunikation nach innen und von innennach außen wurden auch ganz gezielt die Medien alsMultiplikator mit einbezogen.Mit dem Ergebnis, dasssich seit der Fusiondie Medienreso-
nanz verdoppelt hat. Auf zahlreichen Veranstaltungenund Messen öffnet sich das KIT den interessierten Besuchern. Forschung wird damit transparenter undnimmt Impulse von Bürgern und Wirtschaft bewusstauf.
FIT FÜR DIE GLOBALE ZUKUNFT
Dr. Windmann möchte in der Kommunikation der Verantwortung des KIT gerecht werden: Wissenschaftund Forschung spielen eine zentrale Rolle innerhalbder Gesellschaft. Aus ihr müssen zum Beispiel Impulsefür die Energie- und Mobilitätsproblematik kommen.Antworten muss eine Institution dieser Größe jedochauch auf Fragen wissen, was die Technik aus demMenschen macht. Wie agieren Mensch und Maschinemiteinander und wo sind die Grenzen der Akzeptanz?Eine Stimme erhält das KIT jedoch nur im Dialog. Im Dialog mit den Menschen, der Politik und der Wirtschaft.
Um diesen Dialog zu gewährleisten, sieht Dr. Wind-mann die Arbeit seiner Abteilung in einem fortwähren-den Prozess. CD, Kommunikationsformen, -plattformenund Inhalte müssen regelmäßig neu überdacht und aufihrer Relevanz überprüft werden. Im Dialog mit Wissenschaft und Verwaltung entwickeln er und sein
Team diese Themen kontinuierlich weiter.
So bleibt zum Beispiel auch das akustischeKIT-Logo vor Dr. Windmanns Überdenken
nicht verschont: Passt das klassisch- getragene Sound-Logo tatsächlich
zur jungen, innovativen Identitätoder ist die Heavy-Metal Versionder Fakultät für Informatik einebessere Alternative? Welche Mar -ken attribute besitzt das KIT? Vielekleine Fragen führen zu einer großen, der sich Dr. Windmann
nun, nachdem die Mitarbeiter des
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KIT enger zusammengewachsen sind,besonders annehmen möchte: derFrage nach dem Leitbild des KIT. Dieneue KIT-Kultur spiegelt sich in deraktuellen Markenstrategie wider.
Innovative Kommunikation bedeutetfür das KIT nicht, jedem Modetrendnachzujagen und möglichst der Erste zu sein. Es bedeutet vielmehr, die modernen Kommunikationswegemöglichst zielgerichtet für sich zunutzen. Wenn man sieht, was diese Institution in wenigen Jahren bewegt hat, dann muss mansagen, dass sich daran so manches Unternehmen der freien Wirtschaft ein Beispiel nehmenkann. Dem KIT ist es in dieser kurzen Zeit gelungen, zusammenzuwachsen und dabei seineninnovativen Charakter nach außen darzustellen. Noch ist es ein langer Weg, um das KIT in denKöpfen der Zielgruppen zum MIT Deutschlands zu machen. Aber Dr. Thomas Windmann, Leiter Presse, Kommunikation und Marketing des Karlsruher Instituts für Technologie, blickt zuversichtlich in die Zukunft. Die nächsten Schritte sind geplant und seinem Team geht der Atmen noch lange nicht aus.
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