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Seite 1148 · Nummer 46 · Holz-Zentralblatt Freitag, 14. November 2014Messen und Tagungen

Schönes und Nützliches zeigen»Designers’ Saturday« in Langenthal am 1. und 2. November

Heute ist von der Zahnbürste bis zumTurnschuh offenbar alles designt. De-sign wird so zu einem Wort, das manfast nicht mehr hören kann. Doch dem„Designers’ Saturday“ im schweizeri-schen Langenthal muss man zugutehalten, dass er mit einer sterilen Pro-dukteschau nichts, aber auch garnichts zu tun hat. An sechs Standortenzeigten am Wochenende vom 1. und 2.November rund 70 Firmen und Insti-tutionen Produkte und Ideen in zu-meist witzigen und optisch wirksamenInstallationen. 16 000 Besucher zähltediese 15. Ausgabe des im Zweijahres-rhythmus stattfindende Anlasses.

Langenthal ist einer der ganz wichtigenIndustriestandorte des Schweizer Mit-tellandes. Mit rund 16 000 Einwohnernein kleiner Ort, mit zahlreichen großenund auch kleineren Betrieben die zu-meist weit über die Region und Landes-grenzen hinaus tätig sind. Langenthalist tatsächlich ein Hotspot der indust-riellen Warenproduktion. 10 000 Ar-beitsplätze bietet der Ort und seit 1987findet dort der „Designers‘ Saturday“statt. Das Besondere daran: Nicht insauber herausgeputzten Schauräumensind die Produkte und Produktideen zusehen, sondern in den Werkhallen deram Anlass engagierten Betriebe. Undnicht wer sich früh anmeldet kommtzum Zug, sondern eine Fachjury unter-zieht die Eingaben einer Prüfung undlädt darauf basierend die Teilnehmerein. Dort wo Werktags gewoben, geho-belt und gewerkt wird sind dann für dreiTage die entsprechenden Ausstellungs-installationen zu sehen. Drei Tage des-halb, weil vor dem für das allgemein Pu-blikum vorgesehenen Wochenende derFreitag den Fachbesuchern vorbehaltenist.

Schweizer Ideenküche

City Center nennt sich selbstbewusstder Mühlehof in Langenthal, eine drei-geschossige Scheune. Hier und in ihrerUmgebung fanden sich Pressecenter,Design Preis Schweiz, Firmen und Insti-tutionen wie die USI (Accademia di ar-chitettura di Mendrisio) und die SwissDesign Association SDA. Besonders

aufgefallen ist dort der Stand der Kro-noswiss mit den Resultaten eines Wett-bewerbs unter Studierenden der Fach-hochschule Luzern (Design und Kunst,Objektdesign) und der Schreiner Be-rufsfachschule Langenthal. Nebst vie-len kleinen Modellen für Wohnmöbel,zusammengesteckt einzig aus dem Ma-terial „Swiss CDF“, waren auch die Ent-würfe der Gewinner zu sehen: das Bett„Schlafbringer“ von SchreinerlehrlingSamy Oberli und das Badzimmermöbel„Silou“ von Nina Leemann (FH Lu-zern). Kronospan überzeugte mit dieserPräsentation bis ins Detail.

Im City Center den Rundgang zu star-ten machte Sinn, denn die versammel-ten Ideenschmieden und das Informati-onszentrum gaben einen ersten Ge-schmack und Überblick auf die weite-ren fünf Standorte, die bequem und zu-verlässig mit im 10-Minuten-Takt ver-kehrenden Shuttlebussen erreichbarwaren. Diese fünf Industriestandorte,

nämlich das Textilunternehmen Créati-on Baumann, die Firma Glas Trösch,Teppichfabrik Ruckstuhl, GirsbergerSitzmöbel und die Holzbau-Manufak-tur Hector Egger, boten den Rahmen fürunterschiedlichste Hersteller und Pro-dukte. Nebst den Gastauftritten von Fir-men und Institutionen in den Produkti-onshallen präsentierten auch diese fünfFirmen als Gastgeber ihre eigenen Pro-dukte und Kompetenzen. Das geschahzuweilen sogar mit eindrücklichen undlautstark laufenden Maschinen, so etwamit riesigen Webstühlen oder compu-tergesteuerten Teppichknüpfanlagen.

Natürliche Materialienals Designstars

Die Materialien Stahl, Beton, Kera-mik, Glas und Kunststoff waren alle-samt mit überzeugenden Produkten je-der Art vertreten. Am meisten zu ver-blüffen und zu berühren vermochten je-doch Holz und Faserstoffe, die oft inungewohnter und gerne in die Sinne an-sprechenden Inszenierungen auftraten.Der Kurator des „Designers’ Saturday“Sergio Cavero brachte das wie folgt aufden Punkt: „Die Projekte zeigen unter-schiedliche Ansätze des Inszenierens.Die einen appellieren an die Gefühle,die anderen an den Intellekt, aber alleliegen auf hohem professionellem Ni-veau.“

Dieser Wille zur perfekten Präsentati-on schlug sich mit Awards in den Kate-gorien Gold, Silber und Bronze nieder,in diesem Jahr sogar mit vier statt wieüblich drei Gewinnern. Gleichzeitighatten die Besucher Gelegenheit, ihreLieblingsinszenierung zu wählen undzu küren. Die Jury zeichnete mit Golddie Präsentation der Firma SchättiLeuchten aus, die Jörg Boner schuf. Sil-ber ging an die Möbelfabrik Horgengla-rus (Studio Hannes Wettstein), die miteiner sowohl berührenden und auch in-formativen Schau ihre Holzmöbel mitveritablen Baumwurzeln verband. Sil-ber ging zudem an den Armaturenher-steller Axor-Hansgrohe (Anaïde Grego-ry Studio) und mit Bronze wurde die In-stallation durch das Atelier Ooï für dieMöbelbausysteme USM in den Hallenvon Hector Egger Holzbau bedacht.

Das Publikum votierte aber andersund entschied sich für die „lebende In-stallation“ des Teppichherstellers Ruck-stuhl. Dort wurde der Weg von der Ge-winnung der kolumbianischen Naturfa-ser Fique (Furcraea andina), einemAgavengewächs das in Mittelamerikaverbreitet ist bis zum fertigen Produkt,einem Teppich, gezeigt. Denn seit Kur-zem stricken in der kolumbianischenRegion Curiti (Departement Santander)fleißige Hände aus diesen Fasern, diefrüher zu Kaffeesäcken und Landwirt-schaftsgarnen verarbeitet wurden, dasRohmaterial für eine Teppichkollektionnamens „Maglia“. Es handelt sich umrund 40 cm breite und 2 m lange Bah-nen die anschließend zu großflächigenTeppichen von 2 × 3 m vernäht werden.Ruckstuhl hatte für den Anlass zweiStrickerinnen in die Schweiz geholt, die

mit großen Nadeln und noch größeremGeschick ihren Fleiß und ihr Könneneindrücklich unter Beweis stellten.

Holz im modernen Gewand

Sowohl bei Ideenschmieden wie beiHerstellern haben Holz und Holzwerk-stoffe beim 15. „Designers’ Saturday“ inLangenthal ihre Rolle glänzend ge-spielt. Besonders eindrücklich war beiHorgenglarus zu sehen, wie aus den ro-hen Buchenholzteilen mit Dampf, Hitzeund Maschinenkraft die gebogenenRohformen entstehen, aus denen letzt-lich hochpräzise Teile für qualitativhochstehende und formal überzeugen-de Stühle und Sessel entstehen. Aucheine große Installation aus Holzplattenvon Sergio Cavero in den Hallen vonHector Egger faszinierte durch ihre geo-metrische Struktur, einem Fraktal, des-sen regelmäßig wiederholte Tetraederimmer wieder neue Pyramidenstruktu-ren erzeugen (Sierpinski-Dreieck) – ei-ne 7,80 m hohe Struktur mit einer Sei-tenlänge von 9,60 m, vollständig imWerk produziert.

Es waren zahlreiche weitere Produkteund Entwürfe zu sehen, die mit Holzheutige funktionellen und ästhetischenAnsprüchen gerecht werden. So etwawartete die Designfirma Schindlersal-meron aus Zürich im Citycenter mitdem modernen Stabellenstuhl „S/02“auf, der dank dem Griffloch im Sitz stattam Rücken stapelbar ist. Und die tessi-ner Architekturschule USI fasziniertemit einer großen beweglichen Skulpturdie simpel einfach aber optisch sehrwirksam aus Dachlatten aufgebaut war.

Aufmerksames Publikum

Paul Schär, Präsident vom „Desig-ners’ Saturday“ und Inhaber vonHector Egger Holzbau, zeigte sichnach den drei Tagen zufrieden: „Manspürt als Gastgeberfirma Genugtuung.Uns ist es gelungen, das Schöne undNützliche an unseren Denk- undWerkplätzen zu zeigen.“ Und von denBesuchern habe man die entsprechen-de Aufmerksamkeit für Werte und Hal-tung bekommen.

Charles von Büren, Bern

Eine Riesen-Pyramide gestaltet von Sergio Cavero aus immer gleichen, aus Drei-schichtplatten (Fichte/Tanne) geschnittenen Tetraederstrukturen. Gefertigt undaufgebaut wurde sie in der Werkhalle von Hector Egger Holzbau. Auf einer Seitewurde die Oberfläche der Pyramide silbern lackiert, was mit Beleuchtung sehr ein-drucksvoll wirkte Foto: Willy Jost/Jürg Stauffer DS Langenthal

Der Auftritt des Schweizer Stuhlherstellers Horgenglarus, gestaltet durch das Stu-dio Hannes Wettstein, weckte Emotionen. Die Besucher bewegten sich im Wur-zelwerk von Bäumen, um danach aufzutauchen in einen Raum voller gekrümmterHolzstücke – Rohlinge für die Stuhlproduktion Foto: Horgenglarus

Der Schweizer Möbelhersteller Schind-lersalmeron überraschte mit der Neuer-findung eines Sitzmöbels aus dem 16.Jahrhundert – der Stabelle. Beine undRücklehne sind hier wie beim Urmodelleingestemmt, doch sind die Hinterbeinevon der Sitzfläche abgerückt und dastraditionelle Griffloch liegt in der Sitzflä-che. So lässt sich der Stuhl rutschfeststapeln Foto: Schindlersalmeron

Sowohl ein Badezimmermöbel von Nina Leemann (nicht im Bild) als auch das Bett„Schlafbringer“ von Samy Oberli bestehen aus zusammengesteckten Kompakt-platten „Swiss CDF“ ohne weitere Verbindungsmittel. Kronospan präsentierte sosein Plattenprodukt überzeugend und mit Witz Foto: Kronospan Schweiz AG

Anfang September fand in diesem Jahrdie Jahreskonferenz des EuropäischenVerbandes der Hersteller von Schlös-sern und Baubeschlägen Arge in Aba-no Terme in der Nähe von Padua statt.Organisiert wurde sie diesmal mit Un-terstützung der Silca S.p.A. aus Vitto-rio Veneto, einem Unternehmen derSchweizer Kaba-Gruppe.

Jahreskonferenz der European Federation of Associations of Locks & Builders Hardware Manufacturers Arge

Branchen-EPDs für Schlösser und Baubeschläge

Die Zahl der Teilnehmer lag mit etwa 50Delegierten etwas unter der aus denVorjahren, die aktive Beteiligung anden einzelnen Workshops, der fachli-chen Diskussion und der Mitgliederver-sammlung war aber erfreulich lebhaft,sodass die Konferenz von den Teilneh-mern als Erfolg angesehen wurde.

Das Generalthema der Veranstaltungwar die erweiterte Präsenz der Arge ge-genüber den CEN-Gremien und derKommission sowie das „Branchen-EPD-Projekt“, bei dem europaweit gül-tige Umwelt-Produktdeklarationen fürSchlösser und Beschläge erarbeitet wer-den sollen. Zum Thema trug zunächstder Präsident der Europäischen Eco-Plattform für Produktdeklarationen,Sven-Olof Ryding aus Schweden vor. Erfasste zusammen, dass das Konzept derArge, mittels ausgewählter Herstellereuropaweite Datenerhebungen vorzu-nehmen und so zu repräsentativenBranchen-EPDs für möglichst vieleSchloss- und Beschlagprodukte zukommen, zukunftsweisend sein kann.

Im Anschluss erläuterte Lionel Mele-ton, Eco-Design-Manager bei CetimFrance und Projektleiter für das Arge-EPD-Projekt die Vorgehensweise undden Sachstand. Derzeit läuft eineMarktstudie, um die für einzelne Pro-duktgruppen relevanten europäischenHersteller zu identifizieren. Gleichzeitigwird bereits an den Produkt-Kategorie-regeln gearbeitet, in denen auch die zuberücksichtigenden Produkt-Linien de-finiert werden. Erfreulich ist, dass mitAssoferma nach zweijähriger Pause nunauch der italienische Verband wiederMitglied der Arge geworden ist, erläu-terte Meleton. Die Italiener beteiligensich ebenfalls am EPD-Projekt.

Der Vortragsteil der Veranstaltung

wurde durch eine lebhafte Präsentationüber Entwicklung und Design von Be-schlägen und Griffen ergänzt, die dieGeschäftsführerin von Valé & Valé,Gloria Sormani, einem führenden italie-nischen Hersteller von dekorativen Be-schlägen, gab.

Auf der Mitgliederversammlung wur-de beschlossen, dass noch im Herbstüber die Auswahl des EPD-Programm-halters entschieden werden soll. Biszum Ende des Jahres werden dann auchdie Machbarkeitsstudie mit der Definiti-on der Produktgruppen fertiggestelltund die Auswahl geeigneter Unterneh-men für die Erhebung der Produktions-daten vorliegen. Die Erarbeitung dereinzelnen EPDs soll dann planmäßig ab

dem zweiten Quartal des nächsten Jah-res erfolgen. „In diesem Jahr konnteman eine Aufbruchsstimmung bei denTeilnehmern der Konferenz spüren. Er-freulich viele Mitglieder sind bereit, anden gemeinsamen Themen der Arge ak-tiv mitzuarbeiten“, so der VorsitzendeHans Weissenböck bei seiner Zusam-menfassung der Ergebnisse. Am zwei-ten Tag der Veranstaltung stand eineWerksbesichtigung bei Silca in VittorioVeneto an. Die Teilnehmer zeigten sichvon der Kapazität der größten und dertechnischen Vielseitigkeit einer der mo-dernsten Produktionsstätten für Schlüs-sel und Schlüssel-Fräsautomaten inEuropa sehr beeindruckt.ÅÅ [email protected]

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