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Sc h wef el-St ic kstoff- FI u o rverbi nd u ngen. I

Darstellung und Eigenschaften von S4N4F4, SN,F, und SNF

R GLEMSER, HANS SCHRODERl) und H A R K E H ESEbE,R2)

Mit 5 Abbildungen

Von OSK

Professor Hans von Wartenberg xum 75. Geburtsta,ge gewidmel

Inhaltsubersicht Bei der Reaktion von S,N4 mit AgF, in Tetrachlorkohlenstoff entstehen weiBe Xadcln

von S4N4Fc Fp.: 153" C (Zers.); Dichte d y = 2,326; Loslichkeit in CCI,: 3,44 g/Liirr bei 20' ; Dipolmoment = 0. S4N4F4 kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P42,c - Did mit a = 9,2 8, c = 4,3 8. Die Elementarzelle enthalt 2 Formeleinheiten; d, = 2,37. I n verdunnter, warmer Natronlauge hydrolysiert die Verbindung quantitatdv in NHf-, F-- und S02,--Ionen.

Kocht man S,N, mit AgF, in Tetrachlorkohlenstoff, dann bildet sich farblioaes SN,F, * Fp.: -108"; Kp.: -11"; d y = 1,57. Verdampfungsenthalpie (mittlere molare): 5434 cal: TRonToNsche Konstante 20,7. Die Hydrolyse mit verdiinnter Natronlauge gibt NHZ-, F-- und SOf-Ionen.

Mit SN,F, tritt haufig eine fliichtige Verbindung SNF auf, die noch nicht rem dar- gestellt werden konnte, deren Existenz und Formel aber sichergestellt sind. c1bpr pine weitere, feste Schwefel-Stickstoff-Fluorverbindung wird kurz berichtet.

Schwefel-Stickstoff-Chlor-, -Brom- und -Jodverbindungen 4nd seit einker Zeit bekannt. D E M A R ~ A Y 3), ANDREOCC14) sowie MUTH- MANN und sEITTER5) erhielten bei der Einwirkung von elementarem Chlor auf S4N4 ein gelbes Reaktionsprodukt, das sie als S,N,C14 formu- lierten. Viele Jahre spater gelang es dann METJWSEN~) durch Mole- kulargewichtsbestimmungen die richtige Formel S,N,Cl, aufzustelbn . Wie schon MEUWSEN~) erwahnte, ist es nicht wahrscheinlich. (la13

1) Dissertation Gottingen 1955. ,) Diplomarbeit Gottingen 1954. a) E. DEMAR~AY, C.R. hebd. SBances Acad. Sci. 91, 854, 1066 (1880). 4) A. ANDREOCCI, Z. anorg. Chem. 14, 246 (1897). 6) W. MUTHMANN u. E. SEITTER, Ber. dtsch. chem. Ges. 30, 627 (1897). 6, A. MEUWSEN, Ber. dtsch. chem. Ges. 64, 2311 (1931).

GLEMHER, SCHRODER u. HAEHELER, S4N4F4, SN,F, und SNF 29

CLEVER und MUTHMANN 7) die analoge Bromverbindung S4N4Br4 iso- lierten ; vielleicht liegt auch hier S3N3Br3 vor.

DEMARQAY 3, und MUTHMANN und SEITTER~) gewannen be1 der Ein- wirkung von S,Cl, auf eine Losung von S4N4 in Chloroform gelbes Thio- trithiazylchlorid S&c1; auf ahnliche Art werden das entsprechende gelbe S4N,Br und das rote S4N3J hergestellt. Weitere Chlorverbindungen wie S3N,C1, und S3N3C1 sind wie S4N3C1 von MEUWSEN~) naher unter- sucht worden.

Im folgenden berichten wir erstmalig uber Schwefel-Stickstoff- Fluorverbindungen, die bei der Reaktion von S4N4 mit AgF, in Tetra- chlorkohlenstoff en tstehen.

Elementares Fluor ist zur Fluorierung von S4N4 nicht geeignet, da sich unter Feuererscheinung Schwefelfluoride und Stickstoff bilden. Auch mit Stickstoff verdiinntes Fluor fuhrt nicht zum Ziel; die Umsetzung verlauft allerdings wesentlich ruhiger.

S A F 4 Bringt man S4N, in Tetrachlorkohlenstoff und laBt mit AgF, rea-

gieren, dann erhalt man eine rote Losung, aus der sich beim Einengen weif3e Nadeln von S,N4F4 abscheiden.

S4N4F4 beginnt bei 128" sich zu zersetzen, bei 153" ist alles geschmol- zen. Es ist in Tetrachlorkohlenstoff in der Kalte etwas (3,44 g/Liter h i 20"), in der Hitze gut loslich. Seine Dichte betragt di0 = 2,326. An feuchter Luft zersetzt es sich langsam. In warmer verdunnter Natronlauge hydrolysiert die Verbindung nach

S4N4F, + 12 H,O = 4 NH4F + 4 H,SO,.

Der Schwefel muB also mit der Oxydationszahl + 4 in der Verbindung S,N4F, vorliegen. Damit ist nur folgende Strukturformel zu vereinbaren

Fluor ist am Schwefel gebunden, das stimmt auch mit den Elektronegativitaten von PAULING uberein. Aus dielektrischen Mes- sungen leitet sich das Dipolmoment 0 ab: Die Ladungen sind symme- trisch iiber die Molekel verteilt.

7) A. CLEVER u. W. MUTHMANN, Ber. dtsch. chem. Ges. 29, 340 (1896). 8 ) A. MEUWSEN, Ber. dtsch. chern. Ges. 66, 1730 (1932).

30 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

Bei der rontgenographischen Untersuchungg) ergab sich aus Dreh- kristall- und WEIssENBERG-AufnahmenlO) mit Kupfer-K,-Strahlung die LAUE-Symmetrie 4/mmm-D4h. Die Gitterkonstanten der tetra- gonalen Zelle sind a = 9,2 8; c = 4,3i%. Aus dem Zellvolumen, der gemessenen Dichte dqo = 2,326 und der LoscHMIDTschen Zahl er- rechnet man 2 Formeleinheiten pro Zelle. Die rontgenographisch e ~ - mittelte Dichte ist d, = 2,37.

Auf Grund der Ausliischungsbedingungen

S + 0 fur (hkl) alle Ordnungen (hkO) alle Ordnungen (hhl) nur mit 1 = 2 II (hOO) nur mit h = 2 n

ergibt sich die Raumgruppe Pa2,c-Dtd mit folgender Punktlagenbesetzunjz:

8 S, 8 N, 8 F in 8(e): x, y, z; *Ia-x, Y z y, Va-z x, y, 2; 112 x, 1/2-Y, Y,-z Y, x. 2; v a Y, 112 x, I t 2

Y, x, 2; 1/2-Y, Va-x, ' l a 2.

SN',F, Fiihrt man die Fluorierung von S4N4 mit AgF, in Tetrachlorkohlen-

stoff in der Siedehitze aus, dann entweicht ein farbloses Gas, das nach der fraktionierten Destillzttion und Kondensation im Hochvakuum a,ls reines SN,F, mit dem Schmelzpunkt

Abb. 1. D a m p f d r u c k u r v e von SN2F,

-108" und dem Siedepunkt -11' vorliegt. In Abb. 1 sind die Dampfdrucke log p gegen 1/T aufgetragen. Daraus errechnet sich die mittlere molare Ver- dampfungsen thalpie zu 5434 ca 1, die TRouToNsche Konstante zu 20,7. Die Dichte bei -80" be- tragt 1,57 g/cm3.

Die Verbindung ist nicht bestandig; in warmer Natron- lauge zersetzt sie sich schnell und bildet NH]t-, F- und SO$J--Ionen.

9) Diese Untersuchungen sollen spater gesondert veroffentlicht werden. Es sind deshalb nur die Ergebnisse ohm Einzelheiten wiedergegeben.

l u ) Herrn Prof. Dr. J. ZEMANN danken wir fur seine Hilfe.

GLEMSER, SCHRODER u. HAESELER, S,N4F4, SN,F, und SNF 31

Die Stickstoffwerte der Analyse stimmen nicht mit den fur SN,F, be- rechneten Werten iiberein, da neben NH, noch andere Produkte ent- stehen. Der quantitative Verlauf dieser Reaktion wird zur Zeit unter- sucht.

Auch im SN,F, liegt der Schwefel mit der Oxydationszahl f 4 vor, so dalJ nur die Strukturformel

(+I fi F - N = S - N - F

~ ._ - aufzustellen ist.

SNF Bei der Reaktion von S,N, mit AgF, in Tetrachlorkohlenstoff tritt

ofters, besonders beim langsamen Anheizen, ein Gasgemisch auf, das durch fraktionierte Destilla- tion nicht zu trennen ist.

Molekulargewichtsbestim- mungen, die Analyse ver- schiedener Gemische und das chemische Verhalten lassen erkennen, dalJ in diesem Ge- misch neben SN,F, eine wei- tere Schwefel-Stickstoff- Fluorverbindung enthalten ist, die sich zwanglos als SNF deuten lafit. In Tabelle 1 sind die ermittelten Mole- kulargewichte der Gemische, die dazu gehorenden analy-

Abb. 2. F l u o r - u n d Schwefelwerte e i n e r Mischung v o n SN,F, und SNF. A Berechn. Wert fur SN,F,; die Gerade entspricht den berechneten Werten verschiedener Gemische ; o experimentell

gefundene Werte

tisch bestimmten Fluor- und Schwefelwerte den berechneten Fluor- und Schwefelwerten gegenii bergestellt, die man bei Annahme einer Mischung aus SN,F, und SNF erhalt. Beispielsweise entsprache dem experimentell gefundenen Molekulargewicht des Gemischs von 70,5 ein Verhaltnis SN,F,: SNF = 1 : 5. Die gute Ubereinstimmung der berech- neten und gefundenen Werte ist eine sichere Stiitze fur die Existenz des SNF. Die graphische Auswertung in Abb. 2 laat die Ubereinstimmung besonders deutlich werden.

Bei der Hydrolyse des Gasgemischs vom Molekulargewicht 70,5 wurden NHI-, F-, SO!-- und S2--Ionen festgestellt. Irn Gemisch mu13 Schwefel der Oxydationszahl +2 enthalten sein. Wir wollen aber eine Strukturformel fur SNF, etwa I S =N-F, nicht aufstellen, da hierfur die experimentellen Unterlagen nicht ausreichen.

_ _

32 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

Tabelle 1 Molekulargewichte , F l u o r - u n d Schwefe lgehal te e i n e r Mischung yon

SN,F, u n d SNF

Schwefel-

j gefunden gewicht i ! gehalt gef unden

Molekular- Fluorgehalt

i der Mischung I

. . . ~ -___-

- Fluorgehalt

berechnet als Mischung von SN,F, u. SNF

3 1 4 % 3 2 8 % 3299% 38,15y0

Schwefelgehalt berechnet als Mischung von SN,F,u. SNF

. -

4594% 4493% 4296% 3398%

LaBt man das Gasgemisch aus SN2F2 und SNF langere Zeit i n einem Rundkolben bei erniedrigtem Druck stehen, dann scheiden sich allmahlich an der GIaswand griingelbe Kristalle ab. Nach der bis jetzt vorliegenden qualitativen Analyse liegt eine weitere Schwefel-Stickstoff-Fluorverbindung vor, iiber die Untersuchungen im Gange sind.

Zur Bildung der Schwefel- Stickstoff-Fluorverbindungen Bei der Bildung von S4N4F4 nach S4N4 + 2 F, = S4N4F4 bleibt der

S4N4-Ring erhalten. Fluor wirkt oxydierend ; wahrend der Schwefel im S4N4 im Durchschnitt die Oxydationszahl + 3 besitzt, ist diese im S4N4F4 auf + 4 erhoht.

Viele Reaktionen des S4N4 lassen sich erklaren, wenn man als pri- mares Spaltprodukt Radikale wie S,N, oder SN annimmt ll). Vielleicht ist so iiber SN das Fluorid SNF entstanden. Es ist aber auch moglich, da13 primar S,N4F4 auftritt, das dann in der Hitze in Gegenwart von AgF, nach S4N4F4 = 4 SNF zerfallt. Fluor mul3te dann am Schwefel gebunden sein: F-S=N I .

Keines der beiden genannten Radikale lal3t die Bildung von SN,F, verstehen. Man kann annehmen, da13 zuerst Spaltung nsch S4N4 = 2 SN, + 2 S erfolgt; das Radikal SN, wird dann fluoriert und der Schwefel setzt sich um nach 4 S + S4N4 = 2 S4N,. Irn Einklang damit steht die bei der Darstellung von S4N4F4 beobachtete geringe, bei SN,F, starke Rotfarbung des Tetrachlorkohlenstoffs. Wahrscheinlich liegt S4N, vor, da die rote Losung viele Eigenschaften dieser Verbindung zeigt.

Ob SN,F, und SNF als Fluoride der Imide H,N,S bzw. HNS anzu- sehen sind, deren Kaliumsalze kurzlich BERG und G O E H R I N G ~ ~ ) be-

_ .__~~ ~

11) M. GOEHRINQ u. A. DEBO, Z. anorg. allg. Chem. 273, 319 (1953). l2) W. BERG u. M. GOEHRINQ, Z. anorg. allg. Chem. 276, 273 (1954).

GLEYSER, SCHRODER u HAESELER. S&P,, SN,F, und SNF 33

schrieben, sei dahingestellt. Es sind aber neitere Untersuchungen im Gange, urn die angedeuteten Unklarheiten zii beheben.

Sesehroibung der Versuehe A. Darstellung und Untersuchung von S41V4P.,

Zur Darstellung von S,N,F, benotigt man als Ausgangsmateria,l AgF, und S4K,i. hgPt wird aus AgCl und trocknem, HF- freiem Fluor gewonnen13). Man bewahrt es

unter LuftabschluW im Dunkeln in Polyathylenflaschen auf and verwendet, es am bestcn sofort nach der Darstellung.

S4&: Abgeanderte Vorschrift riach Handbuch der prap. anorg. Chemie 14). S4N4F4: I n einen Rundkolben mit RiicltfluWkiihler und seitlichem Schliffansatz

(Abb. 3, ohne Kiihlfallen) gibt man zu 300 ml trocknem und frisch destilliertem CCl, unter Ruhren 2,5 g feinpulverisiertes, reinstes S4N4. AnschlieBend werden unter weiterem ~.

Riihren 2 g trocknes AgF, schnell durch den seitlichen Ansatz einge- tragen. Die vorher gelbe LBsung wird sofort griin. Nach etwa 15 Minuten erwarmt man auf dem Wasserbad bis fast zum Sieden, 1aRt abkiihlen und saugt die Suspension dureh eine Glas- fritte in eine Destillationsapparatur, wobei die Farbe der Losung nach rot umschlagt. i lus dem auf ein Sechstel des Volumens eingeengten Filtrat scheiden sich beim Abkiihlen weiBe Nadeln ab, die durch wieder- holtes Umkristallisieren aus Benzd gareinigt werden.

Analyse v o n S,N,F4: Beim Iiochen mit NaOH entsteht aus S4N& NH,, das nach KJELDAHL be- stimmt wird. Die als Riickstand hinterbleibende alkaliache Losung wird eingedampft,, die Trockensub- stanz n i t Soda-Salpeter geschniolzen, die Schmelze mit HCI aufgenommen und die Losung niehrmals mit konz. HCl zur Vertreibung der Salpeter-

hbb. 3. A p p a r a t u r zur Dars te l lung von SN,F, u n d SNF. A Reaktionskolbrn;

B,, B, Kuhlfallen; C CaCl,-Rohr

baure abgeraucht. Das entstandene Siilfat wird als BaSO, gefallt. Zur Fluorbcstiriimung wird S,N4F, mit NaOH hydrolysiert, in der Losung das F--Ton als PbClF gefallt uncl hierauf das Chlorid mit AgNO, titriert.

Einwaage: 0,5232; 0,5122; 0,4840. 80,3; 78,4; 74,2 ml n/10 HCl. 21,ti; 21,45; 21,5% N. 1,8698; 1,8497; 1,7480 g BaSO,. 49,l; 49,5; 49,6% S.

13) Einzelheiten siehe H. SCHRODER, Dissertation Gottingen 1955. Vorschrift bei

l4) Herausgeb. v . G. BRAUER, S. 316, Stuttgart 1954. Handb. d. anorg. prip. Chem., herausgegeb. von G. BRAUER, S. 119, Stuttgart 1954.

Z . anorg. allg. Chemie. Bd. 270. 3

34 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

Iionzentration in mg S4N4F4/50 ml CCI,

154

Einwaage: 0,1506; 0,2020 g. 23,4; 30,8 ml ni l0 AgNO,. 29,5; 29,0% F. Theoretisch fur S,N,F,: 21,54y0 N ; 49,23% S; 29,23y0 F. Mole k u 1 a rge w i c h ts bes t i m m u n g : Gewicht der Losungsmittels : 42,8765 g ;

42,8610 g; 42,0620 g ; Gewieht der gelosten Substanz: 0,9990; 0,9531; 0,9200 g. AT: U,235"; 0,222'; 0,221'. Mol. Siedepunktserhohung fur Benzol 2,640. Molekulargewicht: 262; 264; 258. Ber. fur S4N4F, 260,6.

D i c h t e : Zur pyknometrischen Dichtebestimmuug wurde mit S,N,F, gesattigter CC1415) benutzt. Die gesattigte Losung mit Bodenkorper wurde 24 Stunden im Thermo- staten auf 20" gehalten, bevor bei der gleichen Temperatur die Bestimmung vorgenommen wurde. Aus 3 Bestimmnngen ergab sich der Mittelwert d: =: 2,326.

S c h m e l z - u n d Z e r s e t z u n g s p u n k t : I n einem Schmelzpunktsapparat nach KOFLER wurde folgendes beobachtet: + 128" C Beginn der Zersetzung unter Gelbfarbung; boi +153" alles geschmolzen.

L o s l i c h k e i t i n CCl,: Von einer bei 20" gesattigten Losung wurden 5 ml entnommen und das Losungsmittel verdampft. Der Ruckstand wurde gewogen. 0,0172 g/5 ml CCl, ent.spricht 0,344 g S,N,F, in 100 ml CCl,. In der Hitze nimmt die Loslichkeit zu.

H y d r o l y s c : In verdunnter. warmer NaOH bilden sich NHf-, F-- nnd SO:--Ionen. Lla nur SOZ--Ionen auftret,en, verlauft die Hydrolyse quantitativ nach

S4N4F4 + 12 H,O =: 4 NH,F + 4 H,SO,.

r h r Schwefel hat also in S,N4F4 die Oxydat,ionszahl + 4 . Diele k t r i zi t a t s k o n s t a n t e u n d D i pol mo men t : In einer geeichten, vergoldeten

MeUzelle wird die Dielektrizitatskonstante von Losungen verschiedener Konzentration gemessen. Temperatur +20° (HOPPLER-Thermostat). Die Dielektrizitatskonstante andert sich nicht mit der Konzentration (vgl. Tabelle 2); S,N,F, besitzt also kein Dipol- moment. Die Ladungen im Molekul sind symmetrisch verteilt.

Skalenteile Dielektrizitatsk.

15,090 2,257

Tabelle 2 Die 1 e k t r i zi t a t s k o n s t a n t e v o n S,N4F,

77 38,s

15,086 2,257 I 15,080 I 2,257

B. Darstellung und Untersuchung von SSBFB Die Ausgangsmaterialien zur Uarstellung von SN,F, sind die gleichen wie unter A

beschrieben. F l u o r i e r u n g v o n S,N4: In der in Abb. 3 wiedergegebenen Apparatur werden

2,5 g S4N, zu 250 ml CCl, gegeben und unter Ruhren 1,5 g frisch hergestelltes AgF, einge- tragen. Hierauf wird die Reaktionsmischung langsam bis zutu Sieden des Losungsmittels erhitzt und 2 Stunden am RuckfluB gekocht. Es entweicht dabei ein farbloses Gas, das in der auf den RuckfluBkuhler folgenden Falle durch ein Kaltebad (-SOo) zu einer farblosen Plussigkeit kondensiert wird. Die folgende, mit flussigern Sauerstoff gekuhlte Falle ent- halt kein Kondensat.

l5) Einzelheiten bei H. SCHRODER, Dissertation Gottingen 1955.

GLEMSER, SCHR~DER u. HAESELER, S,N,F,, SN2F, und SNF 35

Die Reinigung der Substanz durch fraktionierte Destillation und Kondensation im Hochvakuum machte anfanglich Schwierigkeiten. Es wurde sowohl Reaktion mit dem Halinfett als auch rnit dem Quecksilber der Manometer beobachtet. SToCKsche Queck-

Abb. 4. A p p a r a t u r zur U n t e r s u c h u n g aggres iver , f l i icht iger Stoffe. A Hochvakuumteil zur Destillation und Kondensation; B Quarzspiralmanometer ; C Puffer 4 1; D, E Manometer, F Rezipient; G Waschflasche mit konz. H,SO,; H Trocken- rohre mit CaC1,; I Trockenrohr mit NaOH; K Kupferturm: L Trockenrohr mit Blaugel;

M Trockenrohr mit P,O,; N Quecksilberfalle

silberventile waren also nicht zu gebrauchen. Wir entwickelten daher eine Apparatur, in der wir bereits zahlreiche Fluoride mit Erfolg untersucht haben (siehe Abb. 4).

Die Apparatur enthalt 4 normale KondensationsgefaBe und ein graduiertes Rohr, wie es schon STOCK vorgeschlagen hat. Ein Ansatz dient zum Anbringen von Fallen, Kolben (Molekulargewichtsbe- stimmung) und dergleichen. Eine Leitung fiihrt zu einem Quarz- spiralmanometer nach BODEN- STEIN, so daB Dampfdrucke in einer Vergleichsapparatur ge- messen werden konnen und Quecksilber aus der Apparatur ferngehalten wird. Man kann in jeder Falle den Dampfdruck messen, auch ist jede Falle iiber einen Hahn mit jedem anderen Teil der Apparatur zu verbinden.

Um die Substanzen mit moglichst wenig Fett (Silikonfett)

Abb. 5. A n o r d n u n g der H a h n e m i t S t a h l f e d e r n

in Beriihrung zu bringen, wurde folgender Kunstgriff angewandt. Alle Hahnkiiken werden mit Stahlfedern in den Schliffmantel gedriickt, wie es Abb. 5 zeigt. Die Hahne sind gut zu bewegen und vollkommen hochvakuumdicht. Man braucht fur alle sieben Hahne weniger Fett, als bei normalem Fetten fur einen Hahn notig ware.

Schmelzpunkt : -108" C ; bestimmt mit geeichtem Tieftemperaturthermometer. 3*

3kj Zeitschrift fiir unorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

Molckulargew. Fluorgehalt Schwefelgehalt der Mischung in o/o in 46

70,5 31,G 45,5 72,O 32,O 4 4 3 75,O 33,l 43,O 95,O 38,O 33,G

Darnpfdruck e: Die Temperaturen der Kiihlbader wurden mit Dampfdruckther-

Die Werte liegen auf einer Geraden, wie aus Abb. 1 hervorgeht. S i e d e p u n k t , Verdarnpfnngsentha lp ie u n d TRouToNsche K o n s t a n t e : Aus

(Icr Dampfdruckkurve wird der Siedepunkt zu -1 1 O C extrapoliert. Die Verdampfungs-

lllonieterrl nach STOCK^^) bestimmt. Folgende Ergebnisse wurdeu erhalten (Tab. 3).

gemisch unter einem Druck 250 T~~~ in einen 4-l-Rund-

kolben, der mit der Hoch- vakuumapparatur verbunden war. Naoh einiger Zeit setzten sich an den Glaswanden der Apparatur und des Kolbens griingelhe Kristalle ab. Der

Tabelle 3 Dampfdruckwer te von SN,F,

?emp."K

259 254 249 244 239 233 226 191

0,00386 0,00394 0,00401 0,00410 0,00418 0,00429 0,00443 0.00523

P

668,9 547,s 445,4 351,9 281,9 207,9 141,6

16,O

2,8254 2,7384 2,6488 2,5464 2,4501 2,3179 2,1511 1,2041

enthalpie betragt 5434 cal; die TROUTON- sche Konstante 20,7.

Jn eineni Kolben (vgl. Abb. 5), dessen Volumen durch Auswagen mil, Wasser bekannt ist, wird unter bekanntem Druck und be- kannter Teniperatur eine Gasmenge zur Wagung gebracht.

Einwaagc: 1,1775; 1,0135; 0,8640 g. Druck in Torr: 467,O; 404,2; 342,O. Temp. OK: 294,O; 294,9; 295. Volumen des Kolbens 471,Z cm3. Molekulargew. gef. : 98,l; 98,2; 98,5. Berechnet fur SN,F, 98,26.

Mole k u I a r g e w i c h t :

Anal yse: Die bei der Molekulargewichtsbestimmung in den Kolben eingewogene Substanz wird mit verdunnter Natronlauge hydrolysiert. Die Bestinimung des Schwefels, Fluors und Stickstoffs erfolgte unter den bereits bei S,N,F, beschriebenen Bedingungen.

Einwaage: 0,2355; 0,2355; 0,1722 g. 47,9; 47,8; 35,O ml n110 AgNO,. 38,7; 38,7; 38,6% F. Einwaage: 0,2355; 0,1722; 0,1722 g. 0,5520; 0,4022; 0,4016 g BaSO,. 32,2; 32,O; 31,9qb S. Berechnet fur SN,F,: 38,77% F ; 32,65O{, S.

Die bei der Stickstoffbestimmung erhaltenen schwankenden Werte sind anf die Art der Hjdrolysc bei SN,F, zuruckzufuhren, die nicht nur NH, liefert.

Tlichte: Die Dichte wiirde bpi -80" bestiinmt. Sie betrug 1,57 g/nil. H j d r o l y s e : In verdunnter warnier NaOH bilden sieh NHZ-, F-- und SO:--Ionen.

I)w Schwefel besitzt im SN,F, die Oxydationszahl +4.

16) A. STOCK, Ber. dtsch. chem. Ges. 54, 1119 (1941).

GLEMSER, SCHRODER u. HAESELER, S4N4F4, SN,F, und SNF 37

Druck nahm da.bei langsani in dem Verhaltnis ab, in den1 farblose fliichtige Substanz zur Bildung der griingelben Kristalle verbraucht wurde. Wihrend einer Woche w urde einige Male das gasformige Produkt ausgefroren, urn Molekulargewichtshestimmungen nnd Analysen zu machen.

M o l e k u l a r g e w i c h t s b e s t i m m u n g e n : Diese wurden, wie es bei SN,F, be- schrieben ist, vorgenommen. Nacheinander ergaben sich folgende Wertelj) : 95; 75; 72; 70,5.

Analysen: Von den bei den Molekulargewichtsbestimmungen abgewogenen und an- schlieaend hydrolysierten Produkten wurden quantitative Fluor- und Schwefelbcstinr- inungen ausgefuhrt, deren Werte in Tabelle 4 eingetragen sind. (Mittelwerte aus 3 Br- stimmungen.)

Hydrolyse des Gasgemisches: Die Hydrolyseprodukte eines Gasgemisches vorii Molekulargewicht 70,5 sind: NHt-, F--, SO:-- und S*--Ionen.

Q u a l i t a t i v e Analyse d e r grungelben K r i s t s l l e : Die an den Glaswanden abge- schiedenen, grungelben Kristalle ergaben im Hydrolysat NHt-, F-- und nach Oxydatioii SO:--Ionen. Andere Bestandteile konnten nicht nachgewiesen werden.

Der Deutscheii Forschungsgemeinschaft, dem Fonds der Chemie irnd den Farb- werken Hocchst AG. sind wir fur Untcrstutzung sehr zu Dank verbunden.

Gottingen, Anorganisch-chemisches Institut der Uniwrsitiit.

Bei der Redaktion eingegangen am 3. Januar 1955.


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