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GPA-djp Seminar, 08.06.2010
Martin Bolkovac (GPA-djp, [email protected])Thomas Kreiml (GPA-djp, [email protected])
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Auf allen Ebenen! >>>>>
• Beschäftigung• Soziale Sicherheit• Bildung• Gesundheit• Geschlechter• Generationen• Steuern, Einkommen und Vermögen
Kriseund
Verschuldung
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• Debakel neoliberaler Deregulierung => Finanzkrise => Weltwirtschaftskrise
• Wirtschaftskrise => Verschuldung steigt stark an – Schulden derzeit rund 190 Mrd. Euro– Jährlicher Zinsaufwand 2009 7,9 Mrd. EUR – Zinszahlungen entsprechen bereits einem Volumen von
2,8% des BIP. – Die Staatsschulden auf 250 Mrd. 2013; etwa 80% des BIP– Zinsen und Tilgungen gemeinsam machten 2008 41% der
Netto und 27,7% der der Bruttosteuereinnahmen aus • Bankenpaket:
– Die Bundesschulden 2008 stiegen um 9,9% bzw. 14,6 Mrd. EUR. Aufnahme von 8 Mrd. für Rekapitalisierung der Banken.
Ausverkauf des Staates
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Exit Strategie
• Rückführung der Schulden notwendig• Geld für Bildung, Soziales Forschung
notwendig und nicht für Zinsen • Wer wird zahlen ? • Match • mehr Steuergerechtigkeit oder• Sozialabbau durch ausgabeseitige
Konsolidierung
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Einnahmen erhöhen oder Ausgaben senken
• Einnahmeseitige Konsolidierung – Gebühren, Mehrwertsteuer trifft Ärmere stärker
als Reiche – Vermögenssteuern treffen treffsicher
Wohlhabende
• Ausgabenseitige Einsparungen – Umverteilung in Österreich erfolgt durch
Sozialausgaben – Ausgabenseitige Einsparungen treffen sozial
Schwache viel stärker
Fortgesetzte Angriffe auf den
Sozialstaat
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IV: „NettoempfängerInnen“• Industriellenvereinigung:
52% der ÖsterreicherInnen werden „erhalten“, auch die Hälfte jener die einer Erwerbsarbeit nachgehen bekämen mehr Sozialleistungen als sie an Beiträgen einzahlen; somit würden ¾ „geschultert“90% der Arbeitslosenleistungen fließen in das unterste Einkommensdrittel
• Gegenargument: Familienförderung sinnvoll, Unterstützung jener, die trotz Erwerbsarbeit finanziell benachteiligt sind, wichtig; Risiko auf Arbeitsplatzverlust bei kleinen Einkommen viel höher
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IV: Umverteilung Ausbeutung der LeistungsträgerInnen
Die „armen“ Reichen müssen den Rest erhalten
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Jede/r braucht Soziale Absicherung
• Jede/r war NettoempfängerIn oder wird es werden– als Kind, in der Schule; – auch „Reiche“ werden alt, krank
• Jede/r wird vom/von der NettozahlerIn zum/zur NettoempfängerIn, wenn – er/sie eine Operation braucht– den Arbeitsplatz verliert– in Pension geht– Kinderbetreuungsgeld bezieht…
• Nicht die Reichen erhalten die Armen, sondern – die ArbeitnehmerInnen, die die Wertschöpfung erbringen
erhalten die SpitzenverdienerInnen– weil die Lohnquote sinkt sind höhere Kapitaleinkommen
möglich
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Sozialausgaben nach Zweck in Prozent des BIP 1990 versus 2008
0,00
5,00
10,00
15,00
20,00
25,00
30,00
Wohnen und SozialeAusgrenzung
0,39 0,43
Arbeitslosigkeit 1,19 1,38
Familie/Kinder 2,62 2,84
Hinterbliebene 2,62 1,94
Alter 9,37 11,55
Invalidität/Gebrechen 2,50 2,13
Gesundheitsversorgung 6,59 7,17
1990 2008
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Sozialausgaben: Verteilung
• Die größten Ausgaben verzeichnen wie schon vor 20 Jahren die Posten Alter und Gesundheit.
• Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe
nehmen nur geringen Anteil an den Sozial-ausgaben ein (trotzdem zielt die „Sozial-schmarotzerdebatte“ auf diese Gruppe ab).
• Betrachtet man Leistungen bei Invalidität/ Gebrechen und Gesundheit zusammen, sind die Ausgaben seit 20 Jahren völlig konstant.
Verteilung
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Bildung und Chancen – fair verteilt?
Österreichische Bildung = soziale Selektion!• Kein Kindergartenbesuch:
30% Kinder von Eltern ohne oder mit nur Pflichtschulabschluss,5% Kinder von Eltern mit Matura oder Hochschule.
• Besuch einer höheren Schule:Je weniger die Eltern verdienen, desto eher wechseln ihre Kinder nicht in die AHS, trotz AHS-Reife.
• Matura:58% aller 15-jährigen von Eltern, die niedrigqualifizierte Tätigkeiten ausführen, machen keine Matura.77% der 15-jährigen von Eltern in höheren Tätigkeiten, machen Matura.
Höher Qualifizierte haben bessere Chancen!• Arbeitslosigkeit nach Bildungsabschluss:
Pflichtschule/Lehre: 80 % aller ArbeitslosenAHS/BHS: 4% arbeitslosPflichtschule: 17% arbeitslos
• Einkommensvorteil AHS- versus Pflichtschulabschluss:Frauen 34%, Männer 37% (netto).
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Gesundheit darf kein Luxusgut werden!
Kanada USA Österreich Schweden
Anteil der Gesundheitsausgaben (in % des BIP)
10,1% 16% 10,1% 9,1%
Davon öffentl. Ausgaben
70% 45% 76% 82%
Deckungsgrad Krankenversicherung (gerundet)
100% 85,3%1 von 7 nicht (=45 Mio. Menschen)
98,7% 100%
Lebenserwartung, Länderranking der OECD
9. Stelle 24. Stelle 13. Stelle 8. Stelle
Säuglingssterblichkeit 53 von 10.000 69 von 10.000 42 von 10.000 24 von 10.000
Gesundheit (2007)
1616
Gesundheit: Personen ohne Versicherung• Vor Einführung der Mindestsicherung:
SozialhilfeempfängerInnen bekamen Leistungen meist im Einzelfall; Problem der Nicht-Inanspruchnahme
• Selbstversicherung wird nicht in Anspruch genommen (Informationsdefizit, Kosten, Wartefrist!!)
• Personen ohne jeglichen Leistungsanspruch aus der KV (größte Gruppen):- Arbeitslose ohne Anspruch aus der Arbeitslosenversicherung oder
Meldepflicht verabsäumt- AsylwerberInnen außerhalb der Grundversorgung- StudentInnen/ geringfügig Beschäftigte/ Geschiedene, die sich nicht
selbst versichern• Wartezeit: 6 Monate; außer: innerhalb der letzten 12 Monate 26
Wochen Versicherung oder sechs Wochen unmittelbar vor Antragstellung
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Arbeitszeit
• Industriellenvereinigung:„Die geleistete Jahresarbeitszeit ist zu gering.“Österreichs Erwerbstätige arbeiten nur durchschnittlich 28,5 Stunden pro Woche
• GPA-djp: Dies ist selbst bei Einberechnung der Teilzeitbeschäftigten nicht nachvollziehbar
• OECD: Von 25 untersuchten Industriestaaten weisen 13 leicht bis stark kürzere Arbeitszeiten als Österreich auf!
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Jährliche Arbeitsstunden 2005
<1600 1600 bis 1800 >1800
SchwedenDänemarkFrankreichDeutschlandNiederlandeBelgien
KanadaÖsterreichItalienJapanSlowakeiSpanien
AustralienTschechienGriechenlandNeuseelandUngarnUSA
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Grundeinstellung zu Erwerbsarbeit
• Industriellenvereinigung:„nur mehr“ 48% der Bevölkerung sind davon überzeugt dass Wohlstand und Reichtum meist hart erarbeitet sind, während es 20 Jahre früher noch 57 Jahre gewesen wären
• Gegenargument: Reichtum oft vererbt, durch Spekulation vermehrt, durch akademische/unternehmerische Herkunft begünstigt
• Weniger Menschen als zuvor stimmen der Aussage „erst durch Arbeit bekommt das Leben einen Sinn“ zu; es herrsche eine „mangelnde Einstellung zu gesellschaftlicher Teilhabe“
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Soziale Absicherung: Arbeitslosigkeit
Nettoersatzrate - alleinstehend mit Durchschnittseinkommen - 2007
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Hungary
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Netherlands
Portugal
Luxembourg
Arbeitslosengeld in der OECD
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Soziale Absicherung: Arbeitslosigkeit
Nettoersatzrate - alleinstehende/r NiedrigverdienerIn - 67 Prozent des Durchschnittseinkommens - 2007
0
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40
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Arbeitslosengeld in der OECD
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Soziale Absicherung: Mindestsicherung
• Zielsetzung: Verbesserte Armutsbekämpfung, Absicherung, Wiedereingliederung.
• Reform: Die bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) fügt sich in das Sozialhilfesystem ein, ersetzt die Sozialhilfe aber nicht.
• Mindeststandard: Harmonisierung der Richtsatzbeträge auf EUR 744,-- (Einzelperson). Länderzuschüsse möglich!
• Kosten: 160 Mio. EUR Bund, 50 Mio. EUR Länder; Mehrkosten 0,07% des BIP (Vgl. Bankenpaket 2009: 1,7% des BIP)
• Probleme: unter der Armutsschwelle (912,- EUR Monatseinkommen), zwölf- statt 14-malige Auszahlung.
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Eckpunkte der neuen BMS
• Ab 1. September 2010 Bund: EUR 120-140 Mio., sowie Verbesserung der Notstandshilfe, Beteiligung an der Krankenversicherung, Aufstockung der AMS-Mittel (Budget/Personal)
• Länder: Anhebung der Sozialhilferichtsätze: EUR 50 Mio. (Sozialhilfe derzeit EUR 450 Mio.)
• Verbesserung für: 165.000 SozialhilfebezieherInnen,90.000 NotstandshilfebezieherInnen
UmverteilungSteuern
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IV: Die obersten EinkommensbezieherInnen tragen Hauptsteuerlast
• Industriellenvereinigung:Die obersten 10% der EinkommensbezieherInnen erwirtschaften 34% des Einkommens, müssen aber 58% der Steuerleistung tragen; die unteren 50% tragen dagegen nur 1,6% zur Steuerlast bei
• Gegenargument: Während die SV-Beiträge ab einer bestimmten Grenze nicht mehr weiter ansteigen, bekommen alle die Gleiche Leistung; prozentuell leisten Ärmere mehr Beiträge als Reiche
• Hauptsteuerlast wird von Lohnabhängigen getragen, während Vermögen de facto nicht besteuert wird
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Einkommensteuer: Entlastungen durch Reform 2009
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Höherer Spitzensteuersatz
• Die reichsten 1% der Bevölkerung (39.000 Menschen) verdienen 181.616,-- EUR im Jahr und würden nach GPA-djp-Modell 1.580,-- EUR zahlen
• (Entlastung durch Steuerreform 2009: 1.350,-- EUR)
• Mehraufkommen: 62 Mio. EUR
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WIFO: Steuerbelastung nach Dezilen
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R:\VWR\Salaba\Kovarik\
Einkommen und Steuer Zuwachs 2000 bis 2008 in
%.ppt
Einkommen und SteuerZuwachs 2000 bis 2008 in %
+ 47%
+ 30%
+ 44%
+ 60%
Lohnsteuer
Löhne
Gewinnsteuern
Gewinne
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Einkommensteuer der AN 2008
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Einkommensteuer-spitzensätze 2007 in %
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Einkommensteuereingangssätze 2009 in %
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Austria
Netherlands
Hungary
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Germany
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Abgabenquote für Durchschnittsverdienst(ohne Arbeitgeber) 2005
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Gewinnsteuereinnahmen in % aller Steuereinnahmen 2006
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Körperschaftssteuer
• 2005 durch Körperschaftssteuersenkung und Gruppenbesteuerung bereits massive Entlastungen
• Effektive weit von nominellen Steuersätzen entfernt
• Steuerbegünstigte Anschaffung von Wertpapieren in Zeiten einer Finanzkrise fragwürdig (Investitionsfreibetrag)
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IV: Umverteilungseffekt von Vermögensbesteuerung nicht nachvollziehbar
• IV: „Länder mit einer höheren Vermögensbesteuerung haben niedrigere Einkommenssteuern“
• IV: Besteuerung von Vermögen ist zusätzliche Gewinnsteuer und de facto-Erhöhung der Körperschaftssteuer
• IV: Länder mit starken Vermögenssteuern weisen größere Ungleichheiten auf
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VermögensbezogeneSteuern 2007 (als Anteil am Gesamtsteueraufkommen)
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Steuern abgeschafft
Sonderabgabe von Banken:Die Sonderabgabe von Banken wird seit 1.1.1994 nicht mehr eingehoben. Aufkommen 1993: 1,925 Mrd. Schilling = 140 Mio. €.
Abschaffung der Börsenumsatzsteuer ab 1.10.2000:Steuerausfall rund 1 Milliarde Schilling = 72 Mio. €.
Spekulationsertragsteuer: Wenn Wertpapier mehr als 1 Jahr gehalten wird, dann Steuerbefreiung1 Mrd. Schilling Steuerausfall = 72 Mio. €.
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Steuern abgeschafft
Vermögensteuer – abgeschafft Die Vermögensteuer wurde ab dem 1.1.1994 abgeschafft - das Aufkommen an dieser Steuer belief sich im Jahr 1993 auf 8,4 Mrd. Schilling = 610 Mio. €.
Erbschaftssteuer – juristische PersonenDas Erbschaftssteueräquivalent - als Abgabe juristischer Personen als Ausgleich für das Fehlen einer erbschaftssteuerlichen Belastung - wurde ab dem 1.1.1994 abgeschafft.Aufkommen 1993: 1,9 Mrd. Schilling = 138 Mio. €.
Erbschaftssteuer – natürliche Personen2008 ausgelaufenAufkommen 2007: 140 Mio. €
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Vermögensverteilung in Österreich
• Gesamtvermögen: 10% besitzen 68% des Vermögens
• Obersten 0,1% der Haushalte haben genauso viel Geldvermögen wie die gesamten unteren 50%
• Immobilien: Obersten 1% besitzen Vermögen von 7 Mio. Euro, Untersten 90% 230.000,-- Euro
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Vermögensteuer: GPA-djp-Modell
• GPA-djp fordert eine progressiv gestaffelte Vermögensbesteuerung – Freibetrag von 500.000,-- EUR – Eingangssteuersatz von 0,25 %, der sich
schrittweise auf 1,45 % bei über 2 Mio. EUR Vermögen erhöht
– Gesamtes Vermögen wird erfasst (Immobilien, Fahrzeuge, Wertpapiere, Sparbücher); Hausrat ist ausgenommen; Laufende Kredite werden abgezogen
– Vermögensbewertung: Nach dem Verkehrswert
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Bankenabgabe
• Schweden: Spezialfonds mit 0,036% Steuersatz (innerhalb von 15 Jahren 2,5% des BIP)
• USA: 0,15% bei Vermögenswerten über 50 Milliarden EURO; zeitlich befristet; gegen Bankenzentralisierung
• Österreich/Faymann: 0,07% Steuersatz, Eigenkapitalabzug
• Andere Möglichkeit: bei Krediten ansetzen, Spareinlagen
• Anteil der Kredite an in- und ausländische KundInnen an der Bilanzsumme ist von 1996 bis 2008 gesunken: von 51% auf 40% gesunken
Es gibt vieles,
für das es sich lohnt,
organisiert zu sein.