Gipsfibel
Die Ruppiner Kliniken stehen für eine hochqualifizierte Medizinversorgung. Modernste Krankenhausausstattung und aktuelle Behandlungsmethoden treffen hier auf individuelle Betreuung und menschliche Zuwendung. Direkt vor Ort.
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Verbandskatalog Standardversorgung
Ruhigstellung im Weißgips
Text:Dr. Annika MüllerWolfgang Welz
Fotos:Andreas Kunow
Fachliche Beratung:Dr. Sven HandkeDr. Erik Weidmann
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, Famulanten und Hospitanten,
unsere Gipsfibel vermittelt Ihnen auf anschauliche Weise die Grundlagen des Gipsens. Dabei fin-den Sie sowohl die Polsterungstechnik als auch das Gipsen selbst Schritt für Schritt genauso aus-führlich in Bildern dargestellt wie auch die Winkelstellungen bei verschiedenen gelenknahen Frak-turen.
Zudem sind in einem speziellen Teil konkretisierte Anleitungen zu einzelnen Frakturen und den notwendigen Gipstechniken aufgeführt.
Wir freuen uns, dass nach einiger Vorbereitungszeit der Inhalt, der Text sowie das Bildmaterial ausschließlich aus den Ruppiner Kliniken zusammengestellt werden konnte.
Im Anhang unserer Gipsfibel finden Sie wesentliche Inhalte der S3-Leitlinie vom 15.10.2015 zur Prophylaxe der venösen Thromboembolie. Diese sind vor allem nach Herstellung gelenkübergrei-fender Immobilisationen unbedingt einzuhalten.
Wir hoffen, dass Sie einen schnellen und kompletten Überblick erhalten und wir in der Lehre und auch in der täglichen Anwendung die Qualität der Gipsversorung mit dieser Gipsfibel verbessern können.
Wir danken insbesondere Dr. Annika Müller, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, und Wolf-gang Welz, Zentrale Aufnahme, für die Umsetzung und Gestaltung und bei Andreas Kunow für die photographische Darstellung.
Für Anregungen und Fragen stehen wir jederzeit zur Verfügung.
Viel Spaß beim Gipsen.
Dr. med. Erik Weidmann Dr. med. Sven Handke Chefarzt Zentrale Aufnahme Chefarzt Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie & Orthopädie
Inhalt
Vorbemerkung ............................................................................................... 04Vor der Gipsanlage bitte immer die Weichteile beurteilen! „SPALT“gips Aufklärung Thromboseprophylaxe Röntgenkontrolle nach Gipsanlage Wiedervorstellung Gipskontrolle Organisatorisches
Gipsen Schritt für Schritt ............................................................................... Die 3 R .................................................................................................. Arbeitsmaterial ................................................................................... Polstertechnik ..................................................................................... Schutzschiene anlegen ...................................................................... Vlies wickeln ........................................................................................ Ecken einschneiden ........................................................................... Tauchtechnik ....................................................................................... Gips anlegen .......................................................................................
Winkelstellung der Gelenke im Gips ............................................................ Obere Extremität ................................................................................. Untere Extremität.................................................................................
Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung ............................................ Distale Radiusfraktur .......................................................................... Unterarmspaltgips: .................................................................. Verletzungen von Fingern und Hand ................................................ Intrinsic plus (Longuette erstellen) ........................................ Strecksehnenausriss oder Kapselverletzung ........................ Distorsion Handgelenk: Achterwicklung ............................... Distorsion Daumen .................................................................. Kahnbeinfraktur: Unterarmkahnbeingips ............................. Frakturen distaler Oberarm, proximaler Unterarm, Ellenbogen .. Schulterverletzungen: Anlage Gilchrist-Verband ............................. Klavikulafraktur: Rucksackverband.................................................... Frakturen von Unterschenkel und Knie: Oberschenkelspaltgips .. Frakturen des Sprunggelenkes und Fußes ...................................... Knieverletzungen: „Berliner Schiene“ ............................................... Achillessehnenruptur: Spitzfußstellung............................................ OSG Distorsion: Aircast ....................................................................... Frakturen von Mittelfuß und Zehen: Gipsschuh .............................
Fehlerquellen und Gefahren – Am Ende überprüfen! ...............................
Wichtige Hinweise ..........................................................................................
Länge der Ruhigstellung ................................................................................
Anhang .............................................................................................................
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Vorbemerkungen
Vor der Gipsanlage bitte immer die Weichteile beurteilen!Ausmaß der Schwellung und Vorliegen von Wunden muss zwingend notiert werden.
„SPALT“gips - Immer bis zur letzten Faser spalten - Dann aufbiegen - Mit elastischer Binde anwickeln
Aufklärung - Sofortige Wiedervorstellung wenn
o Schmerzen o Sensibilitätsstörung o Druckgefühl - Aufklärungsbogen unterschreiben lassen -> Diomed -> „Gips“ - Informationsblatt mitgeben
Thromboseprophylaxe - V. a. bei Ruhigstellung der unteren Extremität ist eine Thromboseprophylaxe zu veranlassen - Grundlagen: Dosierung nach Risikoprofil (s. Anhang) bis zur vollen Mobilisierung - Clexane:
o Pat. mit niedrigem oder mittlerem Risiko: 1xtägl. 0,2ml (=20mg) s.c. o Pat. mit hohem Risiko: 1xtägl. 0,4ml (=40mg) s.c.
Röntgenkontrolle nach Gipsanlage - Nach jeder Gipsanlage - Nach jedem Gipswechsel - Bei konservativem Vorgehen: Kontroll-Röntgen zur Frakturkonsolidierung nach erweitertem
Schema (4.-7.-11.-28. Tag)
Wiedervorstellung - Am Folgetag immer ärztliche WV
o Grundsätzlich WV beim ambulanten Chirurgen - Cave: Folgetag ist kein Werktag -> WV in NFA (Pat. Einbestellen!)
Gipskontrolle - Binde abwickeln - Gips nochmal aufbiegen (nicht abnehmen) - pDMS? Haut intakt? Schmerzen? - Elastische Binde anwickeln - Hinweise auf eine nicht ordnungsgemäße Frakturheilung: Schwellung, Rötung, Überwärmung,
bleibender Ruhe- o. Belastungsschmerz
Organisatorisches - Gipsanlegen: 1 Arzt + 1 Pflegekraft - Vorbereitung: Pflegekraft - Nachbereitung: Pflegekraft - Besondere Gipse (z.B. Oberschenkelgips): dritte Person zwingend erforderlich
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Gipsen Schritt für Schritt
Die 3 RReposition, Retention, Rehabilitation
Æ Zurückbringen in ursprüngliche, physiologische Lage Æ Ruhigstellung (Erhaltung der Position) Æ Wiederherstellung der Funktion
Arbeitsmaterial - Gipsbinden bereitlegen (verschiedene Größen) - Gipslonguette (14 Lagen) -> Länge abmessen! - Schlauchverband (lang genug!) - Watte - Krepppapier/Vliesbinde - Schutzschiene zum Aufschneiden - Eimer mit kaltem Wasser (Tauchbad 15-20°) - Gipsschere - Verbandsschere - Elastische Binden + Pflaster zum Fixieren
Polstertechnik- So dünn wie möglich, so dick wie nötig -
Schlauchverbandfaltenfrei überziehen
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Gipsen Schritt für Schritt | Die 3 R | Arbeitsmaterial | Polstertechnik
Exponierte Stellen Æ Mögliche Druckstellen besonders PolsternOE: Processus styloideus radii Processus styloideus ulnae Epicondylus humeri radialis Olecranon Nervus ulnaris
UE: Patella Nervus fibularis (Fibulaköpfchen) Malleolus medialis Malleolus lateralis Achillessehne
Watte wickeln: Achtung! Richtige Gelenkstellung.(s. Fotos je Lokalität)
Gelenkübergreifend bitte Achtertouren wickeln
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Gipsen Schritt für Schritt | Polstertechnik
Gipsenden: Watte 2cm über Ende hinauswi-ckeln
Gipsende
Möglichkeit am Ende umzuschlagenÆ Polsterung Gipsende
Schutzschiene anlegen
Schützt den Patienten beim Spalten des Gipses.
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Gipsen Schritt für Schritt | Polstertechnik | Schutzschiene anlegen
Tipp: Mit dem Vlies die Schiene fest wickeln.
Damit das Umschlagen während der Wickelung des Gipses gut klappt, vorher die Enden des Schlau-ches neben der Schutzschiene einschneiden.
Vlies wickeln
Ecken einschneiden
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Gipsen Schritt für Schritt | Vlies wickeln | Ecken einschneiden
TauchtechnikNur ein ordnungsgemäßer (wenig Gips im Tauchwasser) Tauchgang garantiert optimale Endfestigkeit des Gipsverbandes
Binde: - Schräg ins Wasser tauchen (dabei Anfang festhalten) - Warten bis keine großen Luftblasen mehr aufsteigen - Herausnehmen - Überschüssiges Wasser ausdrücken
Longuette: - An beiden Enden fassen - Zügig durch das Wasser ziehen - Überschüssiges Wasser ausdrücken
Gips anlegen
Ecken nach erster Runde Gips einschlagen
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Gipsen Schritt für Schritt | Tauchtechnik | Gips anlegen
Dann wird die Longuet-te angelegt (anmodel-lieren).Die zweite Runde Gips wird gewickelt.
Gips aufschneiden
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Gipsen Schritt für Schritt | Gips anlegen
Auch die Watte muss aufgeschnitten wer-den!!!
Aufbiegen
Achtung! Hier sollte keine Kante
entstehen.
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Gipsen Schritt für Schritt | Gips anlegen
Elastische Binde wickeln und fixieren
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Gipsen Schritt für Schritt | Gips anlegen
Winkelstellung der Gelenke im Gips
Bei unphysiologischer Gelenkstellung besteht Kontraktur-Gefahr!!!Daher: Möglichst normale Funktionsstellung Æ schnelle Mobilisation
Obere Extremität
Neutralstellung der Hand
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Winkelstellung der Gelenke im Gips | Obere Extremität
Handgelenk: 20° Dorsalextension
Daumen: mittlere Oppositionsstellung (Sattelgelenk) Leichte Beugestellung (Grund- u. Endgelenk) Daumen u. Zeigefinger können sich trotz Gips berühren
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Winkelstellung der Gelenke im Gips | Obere Extremität
Fingergrundgelenk: 70-90° Palmarflexion
Intrinsic plus:Dorsalextension 20-25° (Handgelenk)
Beugestellung 80-90° (Fingergrundgelenk)
Mittel- u. Endgelenke gestreckt
Ellenbogengelenk:90-95° bei Mittelstellung des U-Arms
Achtung: Je nach Frak-tur Supination (li.) oder Pronation (re.)
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Winkelstellung der Gelenke im Gips | Obere Extremität
Achtung: Achillessehne Æ Spitzfußstellung
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Winkelstellung der Gelenke im Gips | Untere Extremität
Sprunggelenk: 90° bei Mittelstellung des Fußes
Kniegelenk:Je nach Verletzung 10-30°
Achtung! Quadrizps-sehne Æ Streckung
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Winkelstellung der Gelenke im Gips | Untere Extremität
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Distale Radiusfraktur Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung
Distale Radiusfraktur
Reposition - Vertikale Extension - Rückenlage - Oberarm 90° abspreizen - Ellenbogen rechtwinklig beugen - Hand ulnaabduzieren - An Finger in den vorgesehenen Schienen des Mädchenfängers fixieren - Ausreichendes Extensionsgewicht (3 – 6 KG) mit gepolsterter Manschette am distalen O-Arm
befestigen - Aushängen lassen - Gips wird noch im Mädchenfänger angeleg
Bitte immer ausreichend Analgesie!!!!!!!!!!!!!!
Allein die vertikale Extension des Daumens führt häufig zu einem guten Aufrichten der Fraktur.
Nach Reop ist immer ein U-Arm-Spaltgips anzulegen. Eine dorsale Schiene reicht nicht aus!
Das Aushängenlassen von dist. Radiusfrakturen im Mädchenfänger ist einfach und scho-nend. Bitte bei Unsicherheit Geräteeinweisung geben lassen!!! Bei geringer Dislokation ist auch die Reposition unter Zug, unter Mitwirkung dreier Personen (s. Fotostrecke) möglich.
Smith vs. ColleSmith-Fraktur: Flexionsfraktur – 20-25° Dorsalextension erreichen wg. volare RedislokationColles-Fraktur: Extensionsfraktur (80% d. Radiusfrakturen)
Unterarmspaltgips
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Distale Radiusfraktur | Unterarmspaltgips
Material
Schlauchverband Watte Schutzschiene und Vlies
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Distale Radiusfraktur | Unterarmspaltgips
Ecken einschneiden
Longuette ausmessen und 14 Lagen legen
Reposition
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Distale Radiusfraktur | Unterarmspaltgips
Erste Runde wickeln
Nach der ersten Runde Ecken umschlagen
Longuette an modellieren
Zweite Runde wickeln
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Distale Radiusfraktur | Unterarmspaltgips
Gips spalten
Gips aufbiegen
Mit elastischer Binde anwickeln
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Distale Radiusfraktur | Unterarmspaltgips
Fertig
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Verletzungen von Finger und Hand | Intrinsic plus
Verletzungen von Fingern und Hand
Intrinsic plus (Longuette erstellen)
Material
Longuette ausmessen 14 Lagen legen und in Schlauchverband stülpen
Eine Schicht Watte legen, darüber eine Schicht Kreppband
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Verletzungen von Finger und Hand | Intrinsic plus
Anmodellieren und Form (intrinsic plus) halten bis Gips aushär-tet.
Die Intrinsic plus-Schiene kann sowohl von dorsal, als auch von palmar angelegt werden. Hier ist auf Komfortabilität für den Patienten zu achten, als auch auf eventuelle Wunden und/oder Lokalisation der Fraktur. Die Schienen lassen sich auch für nur einzelne Finger (z.B. nur Finger V bis III) anlegen, hier empfiehlt es sich die Schiene um die Handkante umzuschlagen.
Bitte kontaktiert in diesen Sonderfällen eine(n) erfahrene(n) Kollegen/in oder Pflegekraft.
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Verletzungen von Finger und Hand | Strecksehnenausriss
Strecksehnenausriss oder Kapselverletzung/Fingerschiene
Fertige Schienen aller Größen liegen bereit.Bitte ggf. das Pflegepersonal um Herausgabe bitten.Auch hier auf mögliche Druck-/Scheuerstellen achten!
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Verletzungen von Finger und Hand | Distorsion Handgelenk/Daumen
Distorsion Handgelenk: Achterwicklung
Distorsion Daumen
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Verletzungen von Finger und Hand | Kahnbeinfraktur
Kahnbeinfraktur: Unterarmkahnbeingips (Daumeneinschluss)
Standardmäßiges Vorgehen: Schlauch-verband, Watte, Krepp, Gips, elastische Binde.
Wichtig ist, auf den Daumeneinschluss zu achten und den Daumen gut zu polstern.
Das Opponieren des Daumens muss gewährleistet bleiben.
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Frakturen distaler Oberarm, proximaler Unterarm, Ellenbogen
Frakturen distaler Oberarm, proximaler Unterarm, Ellenbogen, Oberarmspaltgips
Der Gips geht von den MCP-Köpfchen bis zum proximalen Drittel des Oberarms. Das Vorgehen folgt auch hier dem allge-meinen Standard:Schlauchverband, Watte, Krepp, 1. Runde Gips,Longuette, 2. Runde Gips,Spalten,elastische Binde.
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Schulterverletzungen | Anlage Gilchrist-Verband
Schulterverletzungen: Anlage Gilchrist-Verband
Der Arm muss locker abgelegt werden kön-nen (hängen).
Positionieren der Gurte am Unterarm – Von MCP-Köpfchen bis Ellenbogen.
Eine Schlinge wird um den Nacken gelegt und um den Unterarm geschlungen, eine weitere führt um den Rücken. 90° im Ellenbogen-Ge-lenk!
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Klavikulafraktur: Rucksackverband
Klavikulafraktur: Rucksackverband
Die beiden Gurtenden werden hinter dem Rü-cken straff gezogen. Der Rücken soll sich somit aufrichten.
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Frakturen von Unterschenkel und Knie | Oberschenkelspaltgips
Frakturen von Unterschenkel und Knie: Oberschenkelspaltgips
Es wird nach allgemeinem Standard vorgegangen und von den Zehen bis zum proximalen Drittel des Oberschenkel gegipst.
Vgl. auch Fotostrecke Unterschenkelspaltgips (folgendes Kapitel).
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Frakturen des Sprunggelenkes und Fußes | Unterschenkelspaltgips
Frakturen des Sprunggelenkes und Fußes: Unterschenkelspaltgips
Anlegen des Schlauchverbandes Watte wickeln
Beim Wickeln der Watte muss auf die ordentliche Polsterung der Ferse geachtet werden.
Es empfiehlt sich eine doppelte Lage.
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Frakturen des Sprunggelenkes und Fußes | Unterschenkelspaltgips
Während der Gipsanlage muss auf die Nullstellung im Sprunggelenk geachtet werden!!!
Während der Gipsanlage muss auf die Nullstellung im Sprunggelenk geachtet werden!!!
Die Zehen müssen freiliegen. Bitte auch auf ausreichend Polsterung achten. Es sollte eine zusätzliche Lage Gips zur Verstärkung unter die Zehen gelegt werden. Hier kann auch die Longuette umgeschlagen werden.
Die Zehen müssen freiliegen. Bitte auch auf ausreichend Polsterung achten. Es sollte eine zusätzliche Lage Gips zur Verstärkung unter die Zehen gelegt werden. Hier kann auch die Longuette umgeschlagen werden.
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | Knieverletzungen |Achillessehnenruptur | Spitzfußstellung
Achillessehnenruptur: Spitzfußstellung
Ist eine Operation geplant, muss nicht zwin-gend ein Gipsverband angelegt werden. Zur Schmerzlinderung ist es empfohlen. Bei kon-servativem Vorgehen ist ein Gips zwingend.Eine dorsale Longuette sorgt hier für ausrei-chend Stabilität.
Die Longuette wird ausgemessen, und in einen Schlauchverband gestülpt. Die nasse Longuet-te wird von oben auf Watte (auf Haut) und Krepppapier (darüber) gelegt und mit einer elastischen Binde fixiert.
Die Enden müssen gut gepolstert werden.Auf die Spitzfußstellung ist zu achten.
Knieverletzungen: „Berliner Schiene“ (KIS = Knie-Immobilisierungsschiene)
Die „Berliner Schiene“ gibt es in verschiedenen Größen. Sie ist zusätzlich mit Klettverschlüssen zu verstellen. Bitte immer einen Schlauchverband unterziehen! Auf Druckstellen achten und jegliche Kratzspuren vermeiden. Die Haut muss für ggf. anstehende Operationen intakt sein!
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Spezielle Verletzungen in der Erstversorgung | OSG Distorsion | Frakturen von Mittelfuß und Zehen
OSG Distorsion: Aircast
Unter die Aircast-Schiene wird ein Voltaren-Verband gewickelt. Lokales Kühlen ist in der Schiene möglich. Zur Schmerztherapie empfehlen sich Unterarmgehstützen, falls notwendig.
Vorgehen: Standard
Schlauchverband, Watte, Krepp, Gips
Gipsspalten und mit elastischer Binde fixieren.
Frakturen von Mittelfuß und Zehen: Gipsschuh
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Fehlerquellen und Gefahren – Am Ende überprüfen
Fehlerquellen und Gefahren - Am Ende überprüfen
Æ Hält der Gips? o Druckstellen durch schlechten Halt (Verrutschen)
Æ Drückt der Gips? o Nervenläsionen durch schlechte Polsterung o Drucknekrosen durch schlechte Polsterung
Æ Engegefühl? o Kompartmentsyndrom
Æ Ist der Gips lang genug? o Handrückenödem bei zu kurzem oder zu engem Gips o Hebelwirkung durch zu kurzen Gips >> schlechte Immobilisierung
Æ Ist der Gips nicht zu lang? o Einschränkung benachbarter Gelenke
Æ Ist der Gips richtig gespalten? o Schwere Durchblutungsstörungen bei fehlerhafter Spaltung
Æ Wurde eine Röntgenkontrolle veranlasst? Und beurteilt?!
Æ Thromboseprophylaxe initiiert?
Æ Wurde der Patient aufgeklärt? Bogen gedruckt? Unterschrieben?
Æ Wurde eine Wiedervorstellung vereinbart?
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Wichtige Hinweise | Länge der Ruhigstellung
Wichtige Hinweise
Merke: der Patient im Gips hat immer Recht!!!
Es drückt? Es pikst? Es schmerzt? -> Abmachen, neu machen!
Keine Schmerzmittelgabe bei mechanischer Ursache von Beschwerden im Gips.
Schwellung, Rötung, Überwärmung, bleibender Ruhe- und Bewegungsschmerz sind Hinweise auf eine gestörte Frakturheilung.
Zu langes Tragen von Gipsverbänden nach Reposition in unphysiologischer Stellung führt zu Kon-trakturen
Die Dauer der Ruhigstellung hängt von Lokalisation und Dislokation der Fraktur sowie dem weite-ren Vorgehen (konservativ vs. operativ) ab.Es empfiehlt sich im Zweifel immer einen Gipsverband anzulegen und die Telefonnummer des Patienten zu notieren, um nach Rücksprache mit der radiologischen und/oder unfallchirurgi-schen Abteilung den Patienten über das weitere Vorgehen zu informieren.
Gefahren der langen Ruhigstellung:
Æ Atrophie der MuskelnÆ Schrumpfung der GelenkkapselnÆ Demineralisierung der KnochenÆ Verminderte Blutzirkulation
Länge der Ruhigstellung
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Anhang
S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)2. komplett überarbeitete Auflage, Stand: 15.10.2015
© 2015 Seite 28
Auch zum Thrombin-Antithrombin-Komplex gibt es einige klinische Studien, die je-doch in den verschiedenen Bereichen der operativen Medizin keine, bzw. eine nur unzureichende Vorhersagekraft für diesen Parameter belegen konnten [138; 143-145].
2.3.3 Einteilung in Risikogruppen
Zur Einschätzung des VTE-Risikos auf der Basis von expositionellen unddispositionellen Risikofaktoren sollte eine Einteilung in drei Risikogruppen (niedrig, mittel, hoch) erfolgen. ⇑
Art und Umfang der VTE-Prophylaxe sollen sich nach der Einteilung indiese Risikogruppen und nach Kontraindikationen richten. ⇑⇑
(Expertenkonsens)
In der klinischen Routine wird das individuelle Gesamt-Risiko für eine VTE in der Regel den Kategorien niedriges, mittleres oder hohes Risiko zugeordnet (Tabelle VIII). Diese dreistufige Einteilung folgt praktischen Erwägungen und kann naturge-mäß nicht direkt durch Studien belegt oder widerlegt werden. Sie hat sich aber di-daktisch und organisatorisch als äußerst wertvoll erwiesen [146]. Sie wird auch von der SFAR-Leitliniengruppe empfohlen [10]. Beispiele für die Risikogruppeneinschät-zung sind in Tabelle IX dargestellt.
Die 2004 von der ACCP-Leitliniengruppe vorübergehend eingeführte Einteilung in vier Gruppen stellt eine interessante Erweiterung dar [147], aus der sich aber keine therapeutischen Konsequenzen ergeben. Aus diesem Grunde und aufgrund ihrer guten Akzeptanz wurde die dreiteilige Risikoklassifikation in Deutschland beibehal-ten. Sie wird auch in der 2008 aktualisierten ACCP-Leitlinie wieder empfohlen [11].
Tabelle VIII: Risikogruppen und Häufigkeiten von VTEDistale Beinvenen-thrombose
Proximale Beinvenen-thrombose
Tödliche Lungenem-bolie
Niedriges VTE-Risiko <10% < 1% < 0,1%Mittleres VTE-Risiko 10-40% 1–10% 0,1–1%Hohes VTE-Risiko 40-80% 10-30% >1%
Die Einteilung in drei Risikokategorien kann sowohl für Patientengruppen als auch für individuelle Patienten vorgenommen werden. Da in etwa 70% bis 80% der Fälle mindestens ein Risikofaktor vorliegt [148; 149], sollte überprüft werden, ob sich im individuellen Fall aus der Kombination des expositionellen Risikos mit dispositionel-len Risikofaktoren eine höhere Risikokategorie ergibt.
Komplexere Modelle, bei denen für jeden Patienten ein Punkte-Score aus expositi-onellen und dispositionellen Risikofaktoren gebildet wird, sind bisher kaum prospek-tiv validiert und klinisch erprobt worden [127; 150-153]. Lediglich in einer großen Studie erwies sich eine computer-gestützte Risikostratifizierung als hilfreich [146].Auch wenn in der letzten Version der amerikanischen ACCP Leitlinie die Verwen-
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Anhang
S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)2. komplett überarbeitete Auflage, Stand: 15.10.2015
© 2015 Seite 30
Auffassung der Leitliniengruppe eine sinnvolle Risikoeinschätzung auf dieser Basis aus Studien nicht ableitbar ist.
Bei der Indikation zur VTE-Prophylaxe in der individuellen Situation müssen Nutzen und Risiko für den Patienten gegeneinander abgewogen werden.
2.3.4 Umfang der VTE-Prophylaxe nach Risikogruppen
Unter Maßnahmen zur VTE-Prophylaxe werden zusammengefasst:
• Basismaßnahmen (Frühmobilisation, Bewegungsübungen, Anleitung zuEigenübungen)
• Physikalische Maßnahmen (z.B. Medizinische Thrombose-Prophylaxe-Strümpfe (MTPS), intermittierende pneumatische Kompression (IPK))
• Medikamentöse Maßnahmen
(Expertenkonsens)
Für Patienten mit niedrigem VTE-Risiko sollten Basismaßnahmen regel-mäßig angewendet werden. ⇑
Sie können durch physikalische Maßnahmen ergänzt werden. ⇔
(Expertenkonsens)
Bei Patienten mit mittlerem und hohem VTE-Risiko soll eine medikamen-töse VTE-Prophylaxe durchgeführt werden. ⇑⇑
Auf der Grundlage der verfügbaren Daten und unter Abwägung von Nutzen und Ri-siken kann eine generelle medikamentöse VTE-Prophylaxe für Patienten mit niedri-gem Risiko nicht empfohlen werden [119; 155-159]. Auch beim Einsatz von physika-lischen Methoden müssen eventuelle Kontraindikationen, wie z.B. arterielle Durch-blutungsstörungen oder offene Wunden beachtet werden. Die Datenlage zum Ein-satz von MTPS ist unsicher. Zudem ist nach Einschätzung der Leitliniengruppe der Arbeitsdruck von MTPS zu gering, um beim mobilisierten Patienten eine adäquate venöse Blutflussbeschleunigung zu erreichen.
Bei Patienten mit mittlerem und hohem VTE-Risiko sollten neben einermedikamentösen Prophylaxe Basismaßnahmen eingesetzt werden. ⇑
Zusätzlich können physikalische Maßnahmen angewendet werden. ⇔
(Expertenkonsens)
In zahlreichen früheren randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass eine Gabe gerinnungshemmender Substanzen, insbesondere von Heparinen, das Risiko einer TVT um etwa die Hälfte reduziert [160-167]. Die Prophylaxe mit Heparinen
S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)2. komplett überarbeitete Auflage, Stand: 15.10.2015
© 2015 Seite 30
Auffassung der Leitliniengruppe eine sinnvolle Risikoeinschätzung auf dieser Basis aus Studien nicht ableitbar ist.
Bei der Indikation zur VTE-Prophylaxe in der individuellen Situation müssen Nutzen und Risiko für den Patienten gegeneinander abgewogen werden.
2.3.4 Umfang der VTE-Prophylaxe nach Risikogruppen
Unter Maßnahmen zur VTE-Prophylaxe werden zusammengefasst:
• Basismaßnahmen (Frühmobilisation, Bewegungsübungen, Anleitung zuEigenübungen)
• Physikalische Maßnahmen (z.B. Medizinische Thrombose-Prophylaxe-Strümpfe (MTPS), intermittierende pneumatische Kompression (IPK))
• Medikamentöse Maßnahmen
(Expertenkonsens)
Für Patienten mit niedrigem VTE-Risiko sollten Basismaßnahmen regel-mäßig angewendet werden. ⇑
Sie können durch physikalische Maßnahmen ergänzt werden. ⇔
(Expertenkonsens)
Bei Patienten mit mittlerem und hohem VTE-Risiko soll eine medikamen-töse VTE-Prophylaxe durchgeführt werden. ⇑⇑
Auf der Grundlage der verfügbaren Daten und unter Abwägung von Nutzen und Ri-siken kann eine generelle medikamentöse VTE-Prophylaxe für Patienten mit niedri-gem Risiko nicht empfohlen werden [119; 155-159]. Auch beim Einsatz von physika-lischen Methoden müssen eventuelle Kontraindikationen, wie z.B. arterielle Durch-blutungsstörungen oder offene Wunden beachtet werden. Die Datenlage zum Ein-satz von MTPS ist unsicher. Zudem ist nach Einschätzung der Leitliniengruppe der Arbeitsdruck von MTPS zu gering, um beim mobilisierten Patienten eine adäquate venöse Blutflussbeschleunigung zu erreichen.
Bei Patienten mit mittlerem und hohem VTE-Risiko sollten neben einermedikamentösen Prophylaxe Basismaßnahmen eingesetzt werden. ⇑
Zusätzlich können physikalische Maßnahmen angewendet werden. ⇔
(Expertenkonsens)
In zahlreichen früheren randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass eine Gabe gerinnungshemmender Substanzen, insbesondere von Heparinen, das Risiko einer TVT um etwa die Hälfte reduziert [160-167]. Die Prophylaxe mit Heparinen
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Anhang
S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)2. komplett überarbeitete Auflage, Stand: 15.10.2015
© 2015 Seite 29
dung der Risikoscores von Rogers et al. [154] oder Caprini et al. [147] empfohlen wird, sieht die Leitliniengruppe keinen Anlass, die vorliegende AWMF S3-Leitlinie diesbezüglich zu ergänzen. Die mathematische Kalkulation des VTE Risikos führt zur Vorspiegelung einer Genauigkeit, die der individuellen klinischen Situation nicht immer gerecht wird und bisher nicht ausreichend prospektiv evaluiert worden ist. Die Verwendung derartiger Tools ist ein gutes Instrument für die klinische Ausbil-dung. Ihr Einsatz kann aber für die klinische Routine nicht generell gefordert wer-den.
Als Beispiel für die Risikostratifizierung in niedriges, mittleres und hohes VTE Risiko sind relevante Konstellationen expositioneller und dispositioneller Risikofaktoren in Tabelle IX aufgeführt.
Tabelle IX: Beispielhafte Risikokategorien (abgeleitet nach ACCP 2004 [8])Operative Medizin Nicht-operative Medizin*
Niedriges VTE-Risiko
• kleine operative Eingriffe• Verletzung ohne oder mit geringem
Weichteilschaden• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
• Infektion oder akut-entzündliche Erkran-kung ohne Bettlägerigkeit
• zentralvenöse Katheter/Portkatheter• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
Mittleres VTE-Risiko
• länger dauernde Operationen• gelenkübergreifende Immobilisation der
unteren Extremität im Hartverband• arthroskopisch assistierte Gelenk- chirur-
gie an der unteren Extremität• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
• akute Herzinsuffizienz (NYHA III/IV)• akut dekompensierte,schwere COPD ohne
Beatmung• Infektion oder akut-entzündliche Erkran-
kung mit strikter Bettlägerigkeit• stationär behandlungsbedürftige maligne
Erkrankung• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
HohesVTE-Risiko
• größere Eingriffe in der Bauch- und Be-ckenregion bei maligen Tumoren oder entzündlichen Erkrankungen
• Polytrauma, schwerere Verletzungen der Wirbelsäule, des Beckens und/oder der unteren Extremität
• größere Eingriffe an Wirbelsäule, Becken, Hüft- oder Kniegelenk
• größere operative Eingriffe in Körperhöh-len der Brust-, Bauch- und/oder Becken-region
• Schlaganfall mit Beinparese• akut dekompensierte, schwere COPD mit
Beatmung• Sepsis• schwer erkrankte Patienten mit intensiv-
medizinischer Behandlung
* Studiendaten liegen nur für den stationären Versorgungsbereich vor
Die Indikation zur Durchführung einer medikamentösen VTE-Prophylaxe soll bei je-dem Patienten in Abhängigkeit von Art und Umfang des operativen Ein-griffs/Traumas bzw. der Erkrankung und unter Berücksichtigung der dispositionellen Risikofaktoren gestellt werden. Auch bei operativen Eingriffen in der Schwanger-schaft und postnatalen Periode soll eine risikoadaptierte VTE-Prophylaxe erfolgen (siehe Kapitel 2.2).
Im Gegensatz zu anderen, älteren Leitlinien (ACCP 2004 [8] und SIGN 2002 [9])enthält Tabelle IX keine Angaben zur Dauer einer Operation in Minuten, da nach
S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)2. komplett überarbeitete Auflage, Stand: 15.10.2015
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dung der Risikoscores von Rogers et al. [154] oder Caprini et al. [147] empfohlen wird, sieht die Leitliniengruppe keinen Anlass, die vorliegende AWMF S3-Leitlinie diesbezüglich zu ergänzen. Die mathematische Kalkulation des VTE Risikos führt zur Vorspiegelung einer Genauigkeit, die der individuellen klinischen Situation nicht immer gerecht wird und bisher nicht ausreichend prospektiv evaluiert worden ist. Die Verwendung derartiger Tools ist ein gutes Instrument für die klinische Ausbil-dung. Ihr Einsatz kann aber für die klinische Routine nicht generell gefordert wer-den.
Als Beispiel für die Risikostratifizierung in niedriges, mittleres und hohes VTE Risiko sind relevante Konstellationen expositioneller und dispositioneller Risikofaktoren in Tabelle IX aufgeführt.
Tabelle IX: Beispielhafte Risikokategorien (abgeleitet nach ACCP 2004 [8])Operative Medizin Nicht-operative Medizin*
Niedriges VTE-Risiko
• kleine operative Eingriffe• Verletzung ohne oder mit geringem
Weichteilschaden• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
• Infektion oder akut-entzündliche Erkran-kung ohne Bettlägerigkeit
• zentralvenöse Katheter/Portkatheter• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
Mittleres VTE-Risiko
• länger dauernde Operationen• gelenkübergreifende Immobilisation der
unteren Extremität im Hartverband• arthroskopisch assistierte Gelenk- chirur-
gie an der unteren Extremität• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
• akute Herzinsuffizienz (NYHA III/IV)• akut dekompensierte,schwere COPD ohne
Beatmung• Infektion oder akut-entzündliche Erkran-
kung mit strikter Bettlägerigkeit• stationär behandlungsbedürftige maligne
Erkrankung• kein zusätzliches bzw. nur geringes dispo-
sitionelles Risiko, sonst Einstufung in hö-here Risikokategorie
HohesVTE-Risiko
• größere Eingriffe in der Bauch- und Be-ckenregion bei maligen Tumoren oder entzündlichen Erkrankungen
• Polytrauma, schwerere Verletzungen der Wirbelsäule, des Beckens und/oder der unteren Extremität
• größere Eingriffe an Wirbelsäule, Becken, Hüft- oder Kniegelenk
• größere operative Eingriffe in Körperhöh-len der Brust-, Bauch- und/oder Becken-region
• Schlaganfall mit Beinparese• akut dekompensierte, schwere COPD mit
Beatmung• Sepsis• schwer erkrankte Patienten mit intensiv-
medizinischer Behandlung
* Studiendaten liegen nur für den stationären Versorgungsbereich vor
Die Indikation zur Durchführung einer medikamentösen VTE-Prophylaxe soll bei je-dem Patienten in Abhängigkeit von Art und Umfang des operativen Ein-griffs/Traumas bzw. der Erkrankung und unter Berücksichtigung der dispositionellen Risikofaktoren gestellt werden. Auch bei operativen Eingriffen in der Schwanger-schaft und postnatalen Periode soll eine risikoadaptierte VTE-Prophylaxe erfolgen (siehe Kapitel 2.2).
Im Gegensatz zu anderen, älteren Leitlinien (ACCP 2004 [8] und SIGN 2002 [9])enthält Tabelle IX keine Angaben zur Dauer einer Operation in Minuten, da nach
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Anhang
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Tabelle VII: Dispositionelle Risikofaktoren, geordnet nach relativer Bedeutung
Risikofaktor Relative Bedeutung
Studien an kon-servativen Pa-tienten
Studien an chi-rurgischen Pa-tienten
Studien an Allgemein-bevölkerung
Frühere TVT/LE hoch [19; 57-59] [60-62] [63; 64]Thrombophile Hämo-stasedefekte**
artspezifisch gering bis hoch
[65-67] [64; 68-70] [64; 67; 71-77]
Maligne Erkrankung*** mittel bis hoch* [58; 65; 78-82] [61; 83; 84] [63; 79; 85; 86]Höheres Lebensalter (über 60 J., Risikozu-nahme mit dem Alter)
mittel* [57-59; 80] [69; 84; 87-91] [63; 85; 86]
VTE bei Verwandten1. Grades
mittel Kann als Hinweis auf thrombophile Hämostasedefekte anamnestisch hilfreich sein [92-96].
Chronische Herzinsuffi-zienz, Z.n. Herzin-farkt***
mittel* [58; 59; 79; 80] [62; 84; 97] [62; 79; 85; 86; 98; 99]
Übergewicht (BMI >30 kg/m2)
mittel* [67; 100; 101] [60; 69; 89; 101-104]
[64; 100; 105-109]
Akute Infektionen/ ent-zündliche Erkrankun-gen mit Immobilisati-on***
mittel* [57] [97] -
Therapie mit oder Blo-ckade von Sexualhor-monen (zur Kontrazep-tion, in der Post-menopause, zur Tu-morbehandlung)
substanzspezi-fisch gering bis hoch
[67; 100] [110] [64; 67; 100; 108-113]
Schwangerschaft und Postpartalperiode
gering [81] - [99; 114]
Nephrotisches Syndrom
gering [115] [116; 117] [115] -
Stark ausgeprägte Varikosis
gering [59; 81; 118] [62; 84; 119; 120] [63; 86]
Für die mit * gekennzeichneten Assoziationen ließen sich stetige Risikowirkungsbeziehungen ermitteln.** z.B. Antiphospholipidsyndrom, Antithrombin-, Protein-C oder -S Mangel, APC-Resistenz / Faktor-V-Leiden-Mutation, thrombophiler Prothrombinpolymorphismus, u.a.*** Diese dispositionellen Risikofaktoren können auch als expositionelle Risikofaktoren auftreten bzw. angesehen werden.
Die verschiedenen thrombophilen Hämostasedefekte bedingen eine große Spann-weite verschiedener Risikoerhöhungen. Antithrombin-, Protein-C- oder -S-Mangel und APC-Resistenz erhöhen das Risiko für VTE-Komplikationen jeweils etwa um das 8- bis 15-fache [121; 122]. Etwas weniger stark erhöhte Risiken ließen sich für den thrombophilen Prothrombinpolymorphismus (speziell G20210A) und die hetero-zygote Faktor-V-Leiden-Mutation nachweisen [123], die aber in der Bevölkerung häufiger vorhanden sind. Eine aktuelle und sehr detaillierte Meta-Analyse zur Be-deutung der einzelnen thrombophilen Hämostasedefekte findet sich bei Wu et al., 2006 [124]. Dort wird auch begründet, warum ein routinemäßiges Screening aller
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Anhang
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gesamt beträgt das VTE-Risiko jedoch nur etwa 0,2% [114; 426]. Das Risiko einer tödlichen LE liegt bei ca. 0,002% [427; 428]. Dementsprechend besitzen die unterTabelle VII dargestellten dispositionellen Risikofaktoren eine sehr große Bedeutung [118; 134]. Auf Grund des jüngeren Alters der Schwangeren wird das Risiko bei nicht vorhandenen dispositionellen Risikofaktoren als gering eingestuft. Die indivi-duelle Risikokonstellation für die Schwangere kann sich bei mehreren (> 2) Nied-rigrisikofaktoren (Tabelle VII, Tabelle VIII, Tabelle IX Kap. 2) [19] von einem niedri-gen in einen mittleren oder höheren Bereich verschieben. Eine Entbindung per Kai-serschnitt erhöht das Risiko eines VTE-Ereignisses um den Faktor 5 im Vergleich zur vaginalen Entbindung [130; 135].
In Ergänzung zu Tabelle IX der vorliegenden Leitlinie werden in Tabelle XI die be-sonderen Kriterien für eine Risikoklassifikation (niedriges, mittleres und hohes VTE-Risiko) in der Schwangerschaft dargestellt.
Tabelle XI: Beispielhafte Risikogruppen (abgeleitet nach ACCP 2004 [8])Risikokonstellation in der Schwangerschaft
Niedriges VTE-Risiko
• Schwangere mit familiärer Thromboseanamnese*• Schwangere mit thrombophilen Faktoren ohne eigene oder familiäre
Thromboseanamnese *Mittleres VTE-Risiko
• Schwangere mit Thrombose in der Eigenanamnese ohne hereditäres thrombophiles Risiko *
• Schwangere mit wiederholten Spontanaborten oder schwerer Präe-klampsie/ HELLP-Syndrom und Thrombophilie (angeboren, erworben) ohne Thrombose in der Eigenanamnese *
• Schwangere mit homozygoter Faktor V Leiden-Mutation in der Eigenanam-nese*
• Schwangere mit niedrigem Risiko und zusätzlichen Risikofaktoren (Adiposi-tas, Präeklampsie, Infektion, Bettlägerigkeit)
HohesVTE-Risiko
• Schwangere mit wiederholter Thrombose in der Eigenanamnese *• Schwangere mit homozygoter Faktor V Leiden-Mutation oder kombinierten
thrombophilen Faktoren und einer Thrombose in der Eigenanamnese *
*Risikokategorien für Thrombophilien bei Schwangeren [429]
Welchen Einfluss einzelne oder die Summation von Risikofaktoren auf das Gesam-trisiko einer VTE haben, kann aktuell anhand der Datenlage nicht geklärt werden. Nachfolgende Tabelle XII zeigt Faktoren, die über die in der Tabelle VII und Tabelle XI aufgeführten Faktoren das spezifische Risiko thromboembolischer Ereignisse in der Schwangerschaft und dem Wochenbett zusätzlich erhöhen:
Tabelle XII: Risikofaktoren für VTE in Schwangerschaft und Wochenbett*Präexistente Risikofaktoren Neu auftretende oder transiente Risikofaktoren**Alter > 35 Jahre HyperemesisMultiparität (>4 Geburten) DehydratationParaplegie Ovarielles Überstimulations-SyndromSichelzellanämie Immobilität (> 4 Tage) vor/nach der Geburt**,***Chronisch-entzündliche Erkrankungen Präeklampsie
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gesamt beträgt das VTE-Risiko jedoch nur etwa 0,2% [114; 426]. Das Risiko einer tödlichen LE liegt bei ca. 0,002% [427; 428]. Dementsprechend besitzen die unterTabelle VII dargestellten dispositionellen Risikofaktoren eine sehr große Bedeutung [118; 134]. Auf Grund des jüngeren Alters der Schwangeren wird das Risiko bei nicht vorhandenen dispositionellen Risikofaktoren als gering eingestuft. Die indivi-duelle Risikokonstellation für die Schwangere kann sich bei mehreren (> 2) Nied-rigrisikofaktoren (Tabelle VII, Tabelle VIII, Tabelle IX Kap. 2) [19] von einem niedri-gen in einen mittleren oder höheren Bereich verschieben. Eine Entbindung per Kai-serschnitt erhöht das Risiko eines VTE-Ereignisses um den Faktor 5 im Vergleich zur vaginalen Entbindung [130; 135].
In Ergänzung zu Tabelle IX der vorliegenden Leitlinie werden in Tabelle XI die be-sonderen Kriterien für eine Risikoklassifikation (niedriges, mittleres und hohes VTE-Risiko) in der Schwangerschaft dargestellt.
Tabelle XI: Beispielhafte Risikogruppen (abgeleitet nach ACCP 2004 [8])Risikokonstellation in der Schwangerschaft
Niedriges VTE-Risiko
• Schwangere mit familiärer Thromboseanamnese*• Schwangere mit thrombophilen Faktoren ohne eigene oder familiäre
Thromboseanamnese *Mittleres VTE-Risiko
• Schwangere mit Thrombose in der Eigenanamnese ohne hereditäres thrombophiles Risiko *
• Schwangere mit wiederholten Spontanaborten oder schwerer Präe-klampsie/ HELLP-Syndrom und Thrombophilie (angeboren, erworben) ohne Thrombose in der Eigenanamnese *
• Schwangere mit homozygoter Faktor V Leiden-Mutation in der Eigenanam-nese*
• Schwangere mit niedrigem Risiko und zusätzlichen Risikofaktoren (Adiposi-tas, Präeklampsie, Infektion, Bettlägerigkeit)
HohesVTE-Risiko
• Schwangere mit wiederholter Thrombose in der Eigenanamnese *• Schwangere mit homozygoter Faktor V Leiden-Mutation oder kombinierten
thrombophilen Faktoren und einer Thrombose in der Eigenanamnese *
*Risikokategorien für Thrombophilien bei Schwangeren [429]
Welchen Einfluss einzelne oder die Summation von Risikofaktoren auf das Gesam-trisiko einer VTE haben, kann aktuell anhand der Datenlage nicht geklärt werden. Nachfolgende Tabelle XII zeigt Faktoren, die über die in der Tabelle VII und Tabelle XI aufgeführten Faktoren das spezifische Risiko thromboembolischer Ereignisse in der Schwangerschaft und dem Wochenbett zusätzlich erhöhen:
Tabelle XII: Risikofaktoren für VTE in Schwangerschaft und Wochenbett*Präexistente Risikofaktoren Neu auftretende oder transiente Risikofaktoren**Alter > 35 Jahre HyperemesisMultiparität (>4 Geburten) DehydratationParaplegie Ovarielles Überstimulations-SyndromSichelzellanämie Immobilität (> 4 Tage) vor/nach der Geburt**,***Chronisch-entzündliche Erkrankungen Präeklampsie
Für weitere Indikationen beachten Sie bitte die aktuellen Empfeh-lungen der Fachgesellschaften.
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