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1154 H. Quast, J. Christ, E.-M. Peters, K. Peters und H. G. oon Schnering

Chem. Ber. 118, 1154-1175 (1985)

Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens

Helmut QuasPa, Josef Christa, Eiia-Maria Petersb, Karl Petersb und Hans Georg uon Schnering

Institut fur Organische Chemie der Universitat Wiirzburga, Am Hubland, D-8700 Wiirzburg, und Max-Planck-lnstitut fur Festkbrperforschungb, HeisenbergstraBe 1 , D-7000 Stuttgart 80

Eingegangen am 16. Marz 1984

Zinkiodid-katalysierte Addition von Trimethylsilylcyanid an das Bicyclo[3.3.0]octan-2,6-dion Y ergibt das sterisch einheitliche 0-silylierte Cyanhydrin 10, das mil Trichlorphosphanoxid in Pyri- din zum ungestittigten Dinitrill1 umgesetzt wird. Dessen Bromierung mit N-Bromsuccinimid lie- fert das exo,exo-Dibromdinitril 13. Debromierung von 13 mit ZinkIKupfer ergibt das Dicyan- semibullvalen 4a, wahrend die Dehydrobromierung von 13 mit Kalium-terf-butylat in tert- Butylalkohol zurn Bromdicyansemibullvalen 14 fiihrt. Alle Reaktionen verlaufen sehr glatt und ergeben hohe Ausbeuten. Unter Verwendung von 14, das als ein Valenztautomeres vorliegt, als Modell eines nicht-umlagernden Valenztautomeren von 4a wird aus der Signalverbreiterung im '3C-NMR-Spektrum die Aktivierungsbarriere der entarteten Cope-Unilagerung von 4a xu AGG5 = 13 kJ mol-' bestimmt. Bei 130°C isomerisiert 4a in [D6]Benzol mit k = 3.0 s - l

zum Cyclooctatetraen 16. Das Dicyansemibullvalen 4a kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P2 , /n (Nr. 14) mit vier Molekiilen in der Elementarzelle. Ausgewahlte geometrische Parameter von 4a werden mit denen cyansubstituierter Cyclopropanderivate und anderer Semibullvalene verglichen.

Synthesis, Structure, and Thermal Rearrangements of 2,6-Dicyano-1 ,S-dimethylsemibullvalene 1 )

The zinc iodide-catalyzed addition of trimethylsilyl cyanide to the bicyclo[3.3 .O]octane-2,6-dione 9 yields the sterically defined 0-silylated cyanohydrine 10. Trichlorophosphane oxide in pyridine converts the latter to the unsaturated dinitrile 11. Bromination of 11 using N-bromosuccinimide affords the exo,exo-dibromodinitrile 13. The latter is debrominated by zinc/copper to the di- cyanosemibullvalene 4a while the dehydrobromination with potassium tert-butoxide in tert-butyl alcohol yields the bromodicyanosemibullvalene 14. All reactions proceed smoothly giving high yields. Using 14, which exists as a single valence tautomer, as a model of a non-rearranging valence tautomer of 4a the barrier for the degenerate Cope rearrangement of 4a is estimated from the broadening of the 13C NMR signals to be A G & = 13 kJ mol-'. At 130°C in [D,]benzene, 4a isomerizes to the cyclooctatetraene 16 with a first order rate constant of k = 3.0 s-' . The semibullvalene 4a crystallizes monoclinically in the space group P 2 , / n (No. 14) with four molecules in the unit cell. Selected geometric parameters of 4a are compared to those of cyano- substituted cyclopropane derivatives and other semibullvalenes.

Die faszinierende Chemie des Semibullvalens (5 a)'- "), dessen entartete Cope-Umla- gerung zu den schnellsten pericyclischen Reaktionen zahlt und es zu einem Prototyp

0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1985 OOO9-2940/85/0303- 1154 $ 02.50/0

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fluktuierender Molekiile macht”, erhielt durch die theoretischen Untersuchungen von Hoffmann 6, und Dewar’) einen bemerkenswerten neuen Aspekt. Die Betrachtung von Substituenteneinflussen auf die Aktivierungsbarriere der Cope-Urnlagerung von 5a rnit Hilfe von Extended-Huckel-Rechnungen fuhrte zu der Vorhersage, dal3 der Grundzu- stand eines Sernibullvalens rnit x-Akzeptor-Substituenten an den ,,Ecken“ C-2,4,6,8 und n-Donor-Substituenten an den Bruckenkopfen C-I und C-5 nicht durch die klassi- sche Struktur 1, sondern durch die nicht-klassische, delokalisierte Struktur 1* repra- sentiert wird”‘. Diesen Effekt des Substitutionsmusters von 1 sollen nach MIND0/2- Rechnungen von Dewar bereits die vier Nitrilgruppen des Semibullvalens 2b oder vier andere Elektronenakzeptor-Substituenten wie Trifluormethyl- oder Carboxylgrup- pen7a) und sogar nur zwei Nitrilgruppen an C-2 und C-6 wie bei 2a7b) bewirken. Auch 2,6-Diaza- und 3,7-Diazasemibullvalen sollen einen delokalisierten, bishomoaromati- schen Grundzustand b e ~ i t z e n ~ ~ ) . Mit diesen Voraussagen wurde ein neuartiges Bauprin- zip fur neutrale hornoaromatische Verbindungens) formuliert, das in der symmetri- schen Homokonjugation von zwei n-Systemen mit ungerader Elektronenzahl, namlich von zwei Allylradikalen, besteht. Neueste MNDO-CI-Berechnungen der Cope- Aktivie- rungsenergie der cyansubstituierten Sernibullvalene von Miller, Grohmann und Dan- nenberg9) ergaben in Ubereinstimmung rnit D e ~ a r ~ ~ ) bei Anwesenheit von vier Cyan- gruppen eine groflere Stabilitat des delokalisierten, bishomoaromatischen Systems 2 b* gegenuber dem lokalisierten 2 b, wahrend bei Anwesenheit von nur lwei Cyangruppen irn Widerspruch zu D e ~ a r ~ ~ ) keine energetische Bevorzugung des einen (2a*) oder des anderen Zustands (2a) zu erkennen war.

1

A = H-AkZeDtOl

n = n-Donor

1. R AHf(21 - AHf(2*l LkJmol-’I

Erst in jiingster Zeit wurde die experimentelle Prufung und eventuelle Realisierung der Vorhersagen von Hoffmann 6, und Dewar7’ versuchtl0-I7). Wir berichten hier iiber die Synthese und (klassische) Struktur des zu 2a homologen 2,6-Dicyan-I ,5-dimethyl- semibullvalens (4a)18), dessen Methylgruppen durch den Syntheseweg bedingt sind. Dieses Semibullvalen ermoglicht einen experimentellen Vergleich mit den Ergebnissen der MIND0/2-7b’ und MNDO-CI-Berechnungeng) des entsprechenden Methylgrup- penfreien Semibullvalens 2a und beansprucht noch aus einern weiteren Grund beson- deres Interesse: Alle Semibullvalene rnit entarteter Cope-Urnlagerung lassen sich auf- grund der Symrnetrie von lokalisierter Struktur - bei allen bekannten Sernibullvalenen der Grundzustand - und delokalisierter, bishornoaromatischer Struktur, die bisher meist dem ubergangszustand der Cope-Umlagerung gleichgesetzt wurde (vgl. jedoch Lit.38a)), in drei Gruppen einteilen’” (Tab. 1).

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Tab. I . Symmetrie der lokalisierten und delokalisierten Struktur von Semibullvalenen

Punktgruppe Verb. lokalisierte Struktur delokalisierte Struktur

3 4 5

c, c2 c2 L'

R1,5 $ ,4 R3 R7 R2.6 R3.7

H H CH20He H

H H CH20H H 4b 17'26)

Me H Me H 4C 27a) Me H Ph H

fCH2Jp H OPO(OPh)2 H Me H Ph Me

Me H Ph 4-MeOC6H4

Me Br CN CN

CF3 H -(CH2)8-

H H H Me H H

-CCH21-, H H

CF3 H H

CN H H

H Me H Me H Me

Me H Ar Me H C 0 2 k Me H COW2 He H CN Me C02Me H

Me Me Me

Me COZMe OH

Me C02Me OAc

Weitaus die meisten ,,entartelen" Semibullvalene besitzen eine Spiegelebene, die C-1 und C-5 enthalt, und gehoren zum Typ 5. Die unsymmetrischen ,,entarteten" Semibull- valene 3 und 4 unterscheiden sich durch die Syrnmetrie der delokalisierten Struktur, C, bei 3 und C, bei 4. In beiden Gruppen weist die lokalisierte Struktur (Grundzustand) Lwei verschiedene Allyl-Teile (C2 - C3 - C 4 und C 6 - C 7 - C8) auf, die nur bei 4 in der delokalisierten Struktur gleich sind. Man kennt bereits etliche Semibullvalene der Gruppe 3 und auch einige 1,4,5,8-Tetramethylsemibullvalene vom Typ 4, die ihre Bin- dungen C2- C3 und C6-C7 mit anderen Ringen te i le r~~ '~) . Das hier beschriebene 4 a ist das erste einfache Beispiel der Gruppe 4, bei der die delokalisierte Struktur chiral ist. Isomerenpaare vom Typ 3/4, z. B. 3h'7924)/4b'7*26), sind ein weiterer Priifstein fur theo- retische Berechnungen, die fur 2a (Typ 4) eine Erniedrigung, fur das noch unbekannte, isomere 2,4-Dicyansemibullvalen (Typ 3) aber eine Erhohung der Cope-Aktivierungs- barriere vorau~sagen~'.

Synthese der 2,6-Dicyansemibullvalene 4 a und 14

Die meisten Semibullvalene mit entarteter Cope-Umlagerung (3, 4b , 5g - k , m - 0 )

tragen Substituenten an den zentralen Kohlenstoffatomen C-3 und C-7 des Allylsy-

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stems. Hauptsachlich riihrt das von dem besonders guten Zugang zu diesen Verbindun- gen her, namlich durch Askanis Semibullvalen-Synthese aus 1,5-Dimethylbicyclo- [3.3.0]0ctan-3,7-dion~~*~~) und Sauers elegante Eintopfsynthese.aus 1,2,4,5-Tetrazinen und 1, I '-Dimethylbi-2-cyclopropen- 1 -ylZza~ 30- 32). Fur die Synthese 2,ddisubstituierter Semibullvalene, insbesondere des 2,6-Dicyansemibullvalens 4a, bot sich ein Weg an, auf dem bereits aus Bicyclo[3.3.l]nonan-2,6-dion (6) sehr einfach und mit hoher Aus- beute 2,6-Dicyanbarbaralan (8a) erhalten worden wartta). Die Ausgangsbasis dieser Strategie fur 2,6-disubstituierte Semibullvalene, das 2,6-Diketon 9, ist aus technisch hergestellten Vorstufen, Methylmalonsaure-dimethylester und Acrylsaure-tert-butyl- ester in wenigen Schritten bequem zugAnglich13!34).

6 7 8

8b. 14 1 Br

NBS, CC14 J

12

Trimethylsilylcyanid addierte sich unter Zinki~did-Katalyse~~) glatt an das 2,6-Dike- ton 9 und ergab nahezu quantitativ das Bis(0-trimethylsi1yl)cyanhydrin 10 (Tab. 2), das laut 'H- und '3C-NMR-Spektrum stereochemisch einheitlich war. Da das I3C-NMR- Spektrum auch bei 100 MHz nur sieben Signale zeigte, muBte das Trimethylsilylcyanid- Addukt C,-Symmetrie besitzen. Im Kern-Overhauser-Differenz-Spektrum beobachtete man bei Sattigung der 0-Trimethylsilylgruppen eine signifikante Verstarkung des C-Methylgruppen-Signals. Daher schreiben wir dem Bis(0-trimethylsily1)cyanhydrin die Konfiguration 10 mit exo-standigen 0-Trimethylsilylgruppen zu. Die endo-Addi- tion ist bei cis-Bicyclo[3.3.0]octanen eine Ausnahme. Im vorliegenden Fall diirfte die endo-Addition des Cyanids zum Zuge kommen, da die Kornplexierung der Carbonyl- gruppe durch den Katalysator Zinkiodid die sonst iibliche exo-Addition sterisch behin- dert . Chem. Ber. 118 (1985)

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Nach Odu et al. 36) wurde rnit einem Uberschufi Trichlorphosphanoxid in siedendem Pyridin aus dem geschutzten Cyanhydrin 10 rnit guter Ausbeute das ungesattigte 2,6- Dinitril 11 erhalten (Tab. 2). Dessen Bromierung mil N-Bromsuccinimid in siedendem Tetrachlormethan verlief diastereoselektiv zu dem stereochemisch einheitlichen Dibro- mid 13 (Tab. 2), dessen 'H- und '3C-NMR-Spektrum (nur sechs 13C-Signale) die C2- Symmetrie bewies. Da auf dem gleichen Weg aus Bicyclo[3.3.l]nonan-2,6-dion (6) das analoge Dibromdinitril7 entstand, fur das die exo,exo-Konfiguration der Bromatome durch eine Rontgenstrukturbestimmung gesichert ist 'la), nehmen wir an, daB auch im Dinitril 13 beide Bromatome die exo-Stellung einnehmen.

Zink-Kupfer,') in siedendem Ether hatte sich bereits bestens fur Debromierungen be- wahrt, bei denen das ungesiittigte Dibromdinitril 7 zu 2,6-Dicyanbarbaralan (8a)'la) und entsprechende Tetrabrombicyclo[ 3.3 .O]octadien-3,7-dicarbonitrile zu den Dibrom- 3,7-dicyansemibullvalenen 3 hZ4) und 4b26) cyclisiert wurden. In Einklang damit debro- mierte dieses Reagenz das Dibromdinitril 13 nahezu quantitativ zum 2,6-Dicyansemi- bullvalen 4a (Tab. 2). Somit wurde 4a in vier einfachen Schritten rnit 62% Gesamtaus- beute aus dem 2,6-Diketon 9 erhalten.

Tab. 2. Ausbeuten, Schmelzpunkte, zur Kristallisation verwendete LCisungsmittel (in Klammern) und IR-Daten der Bicyc!o[3.3.O]octan-Derivate 10, 11 und 13 sowie der Semibullvalene 4a und

14. Literaturangaben stehen in eckigen Klammern

IR [cm- '1 C E N c=c Verb. Schmp. ["C] (krist. aus)

[O701

10 97 114 (CCI,) 2228.5 - (CHCI,)

11 80a) 173 (CCI,) 2218.5 1622.0 (CHCI,)

13 85 189- 190 (Zers., CCI,) 2223.3 1615.1 (CHC1,)

[SS 173'4)] 221 1 1619 (KBr, Abb. 1)

[96 19014)]

[64 152'4)] 2225 2213 1575 (KBr, Abb. 1) 4a 94b) 143- 144 (Zers., EtOAc) 2230.5 2218.0 1578.8 (C2Cl,, Abb. 1)

14 81 155-156 (Zers., EtOAc) 2235 2210 1580 (KBr)

a) Nach Sublimation bei 70-90°C Badtemperatur/10-2 Torr an einen 0°C kalten Finger. - b, Nach Sublimation bei 30-40°C Badtemperatur/10-2 Torr an einen -- 196°C kalten Finger.

Das 2,6-Dicyansemibullvalen 4a bildet sublimierbare, blafizitronengelbe Kristalle, die sich beim Abkuhlen auf 180 K reversibel vollig entfarben. Die gleiche reversible Thermochromie zeigt sich auch im Bereich von 180- 370 K in Losung und weist auf ein Gleichgewicht rnit einem im nahen UV absorbierenden, ca. 11 kJmol- instabileren Isomeren mit wahrscheinlich delokalisierter, homoaromatischer Struktur (4a*) hin3*).

Wahrend das Dibromdinitril 13 rnit Natriummethanolat in Methanol uberraschend das Tetracyclo[3.3.0.02~8.04~6]octan 12 bildete"), trat rnit Kalium-tert-butylat in tert- Butylalkohol glatt die erwartete cyclisierende Dehydrobromierung zum Bromdicyanse- mibullvalen 14 ein. Dieses Semibullvalen versprach, eine wichtige Modellverbindung zu sein. Wenn es namlich, wie das analoge Bromdicyanbarbaralan 8b'1a), ausschliefilich als ein Valenztautomeres, und zwar als 14, vorlage, konnte es zur Abschatzung der

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'3C-NMR-Verschiebungen eines nicht-umlagernden Valenztautomeren des 2,6-Dicyan- semibullvalens 4a dienen, dessen Cope-Umlagerung auch bei sehr tiefen Temperaturen nicht ,,eingefroren" werden kann ").

IR- und NMR-Spektren der 2,6-Dicyansemibullvalene 4a und 14

Die Strukturen der Bicyclo[3.3.0]octan-Derivate 10, 11, 13 sowie der Semibullvalene 4 a und 14 wurden durch IR- (Tab. 2), 'H-NMR- und 13C-NMR-Spektren (Tab. 3 - 5) bestatigt.

Da das 2,6-Dicyansemibullvalen 4a eine konjugierte und eine nichtkonjugierte Cyan- gruppe besitzt, die durch Cope-Umlagerung ausgetauscht werden, war sein IR-Spek- trum, das dem des 2,6-Dicyanbicycloocta-2,6-diens 11 gegeniibergestellt ist (Abb. l),

Abb. 1. IR-Spektren des 2,6-Dicyanbicyclo(3.3.0]octa-2,6-diens 11 (oben) und des 2,bDicyan- semibullvalens 4a in KBr (Mitte) sowie IR-Teilspektrum von 4a in Tetrachlorethen bei

10 cm-'/cm Skalendehnung (1 mm Schichtdicke, unten)

besonders interessant. Spektroskopisch kBnnen namlich zwei ihre Umgebung austau- schende Gruppen nur dann unterschieden werden, wenn ihre mittlere Verweildauer T in einer bestimmten Umgebung grdner ist als I/2nAv4"), wobei Av (in Hz) die Frequenz- differenz ihrer Absorptionsbanden angibt. Bei einer Differenz der Wellenzahlen einer

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konjugierten und einer nichtkonjugierten Cyangruppe von AV = 20 cm- ' erwartet man also zwei Nitrilbanden im IR-Spektrum nur dann, wenn die Cyangruppen langsa- mer ausgetauscht werden als mit k = 4 . 10l2 s-l und demgemai8 die Aktivierungsbar- riere A G & 1.3 k J mol-' iibersteigt"a). Das IR-Spektrum von 4a zeigt unmittelbar, daR das der Fall ist, 4 a also nichl eine homoaromatische, delokalisierte Struktur (4a*) besitzt, wie sie fur das entsprechende Semibullvalen ohne Methylgruppen (2a) vermutet ~ u r d e ' ~ ) bzw. aufgrund von MNDO-CI-Rechnungen moglich erscheint9).

Tab. 3. Chemische Verschiebungen [ppm] in den 90-MHz-IH-NMR- und ~OO-MHZ-~~C-NMR- Spektren der Bicyclo[3.3.0]octan-Derivate 10, 11, 13 und des 2,6-Dicyansemibullvalens 4a in

[D]Chloroform sowie Protonen-Kopplungskonstanten

IH-NMR I3C-NMR Verb. 3,7-H 4,8-H Me(s) Me C-1,5 C-2,6 C-3,7 C-4.8 CN

loa) 2.190(HA) 1.631 (HM) 1.305 21.2 54.6 81.7 37.5 29.9 121.4 2.157 (HB) 1.417 (H,)b)

2.820 (HB) c,

11 6.506(Hx) 2.485(H,) 1.25 19.9 58.2 115.2 144.2 43.0 123.4

13 6.63 (d) 5.03 (d) 1.55 19.4 61.0 113.6 143.9 56.7 123.0 ( J = 3.0 Hz)

4 a 5.67 (d) 4.61 (d) 1.28 13.6 65.6 85.4 127.6 100.7 118.Od) ( J = 3.9 Hz)

a) Trimethylsilylgruppen: SH = 0.22, 6, = 0.90. - b) Bei 400 MHz gemessen. (ABMX)2-Spek-

Die Zuordnung kann vertauscht sein. - c) JAB = - 19.11, JAT = 3.04, JBx = 3.69 Hz; nach L A O C O O N - I I I - A ~ ~ I ~ S ~ ~ ~ ) . - dl In [D2]Dichlormethan/Chlordifluormethan (1 : 4) bei 223 K.

Tab. 4. Chemische Verschiebungen [ppm] in den 400-MHz-lH- und ~OO-MHZ- '~C-NMR-S~~~- tren sowie 'H,'H- und einige 13C,'H-Kopplungskonstanten [Hzl des 4-Brom-2,6-dicyan-l,5-di- methylsemibullvalens (14) in [D2]Dichlormethan bei 294 K. Selektive H-Entkopplungsexperi-

mente wurden nur fur die "C-NMR-Signale mit 6 > 100 ppm durchgefiihrt

trum, JAB = - 1.67, JAM = 8.82, JAx = 14.99, JBM = 12.74, JBX = 7.46, J M , = - 12.28 Hz.

3-H 7-H 8-H 1-Me 5-Mea) 5.69 6.30b) 3.45b) 1.36 6 IPPml

______

1-Me 5-Me c -2 c -8 c- 1 c-5 6-CN 2-CN c- 3 C-6 c-4 c -7

12.8 13.6 43.8 51.3 64.6 66.4

114.4 117.6 120.6 125.7 130.3 136.7

4.2 -

1.5 - 179.6 -

1.4 2.0 1.5

175.0 ~

-

3 -

177

4.0 0.9 5.3 2.9 1.8

- 129 129 -

a) Die Methylprotonen konnten nur gemeinsam entkoppelt werden. - b) Dublett, '1 = 2.96 Hz. Die Zuordnung der 13C-NMR-Signale des Bromdicyansemibullvalens 14 (Tab. 4) ge-

lang rnit Hilfe selektiver Entkopplung aller Protonen und des Vergleichs rnit 4-Brorn-

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerunyen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens 1161

2,6-dicyanbarbaralan (8b)’Ib). Die beiden Methylgruppen von 14 konnten nur gemein- sam entkoppelt werden. Die Entkopplungsexperimente wurden dadurch erleichtert, daR 14 bei hohem Feld, im Gegensatz zu 8b, ein ‘H-NMR-Spektrum erster Ordnung zeigte, dessen Signale einfach zuzuordnen waren. Mit Hilfe der Entkopplungsversuche gluckte die besonders wichtige Unterscheidung zwischen den quartaren Kohlenstoff- atomen C-4, C-6 und den Cyangruppen. Diese waren leicht zu erkennen, da sie nicht mit den Methylprotonen gekoppelt waren, sondern nur mit dem benachbarten Vinyl- proton. Dazu kam noch im Falle der 2-Cyangruppe eine Kopplung mit dem Cyclopro- panproton. Schwieriger war die Zuordnung der Signale von C-4 und C-6. Beide waren mit drei Methylprotonen und mit allen anderen Protonen (3-, 7-, 8-H; Signal bei 125.7 ppm, P C-6) bzw. nur mit 7- und 8-H gekoppelt (Signal bei 130.3 ppm, 4 C-4). Die ge- troffene Zuordnung stutzt sich in Einklang mit der Interpretation des 13C-NMR- Spektrums von 8b1Ib) auf die bekannten Verschiebungseffekte von Brom und Cyan- gruppen an C = C-D~ppelbindungen~’), die GroBe der Allylkopplung 3JC.h,B.H und die Ahnlichkeit der analogen weitreichenden Kopplungen 4Jc.4,7.H und 4Jc.6,3.H. Interessant ist der Befund, daR zwar diese weitreichenden Kopplungen beobachtet werden, aber nicht die geminale Kopplung 2JC.4,3.H, wahrend die analoge geminale Kopplung auf der anderen Seite des Molekuls, zJc.6,7.H, 2 Hz b e ~ a g t ~ ~ ) .

8b l l b ) 14 15

In dem vorangegangenen Abschnitt wurde stillschweigend angenommen, daB das Brom-2,6-dicyan-l,5-dimethylsemibullvalen ausschliefilich oder weit uberwiegend als Valenztautomeres 14 existiert. Die Untersuchung der Kohlenstoff-1 3-Verschiebungen in einem weiten Temperaturbereich (138 - 283 K) hat namlich gezeigt, dalj das tatsach- lich der Fall ist: Die chemischen Verschiebungen relativ zum Mittelwert der Methyl- gruppensignale, der bei den Valenztautomeren 14 und 15 praktisch gleich sein durfte, hangen nur wenig von der Temperatur ab (Tab. 5). Beim Erwarmen sollte das instabile- re Valenztautomere 15 zunehmen, was insbesondere eine Hochfeldverschiebung der Signale von C-4 und C-6 und eine Tieffeldverschiebung derjenigen von C-2 und C-8 (Numerierung von 14) zur Folge hatte. Alle vier Kohlenstoffsignale werden jedoch nach einer Temperaturerhohung von 138 auf 283 K urn 0.8- 1.7 ppm bei fieferem Feld beobachtet. Da somit, wie im Falle des Bromdicyanbarbaralans 8b11b), nur ein Valenz- tautomeres, namlich 14, nachzuweisen ist, kann dieses als Model1 fur ein nicht-fluktuie- rendes Valenztautomeres 4 a dienen: Da13 die Signalverschiebungen von C-2 und C-6 des Bromdicyansemibullvalens 14 auch wirklich fur die analogen Kohlenstoffatome des Semibullvalens 4a zutreffen, bestatigt die gute Ubereinstimmung zwischen der beob- achteten Verschiebung S(C2/C6) = 85.4 (Tab. 3) fur C-2/C-6 dieser Verbindung und dem Durchschnitt der beiden Verschiebungen 0.5[6(C2) + 6(C6)] = 84.8 ppm (Tab. 4) bei der Modellverbindung 14.

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Tab. 5. EinfluB der Temperatur auf die chemischen Verschiebungen im 13C-NMR-Spektrum des 4-Brom-2,6-dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens (14) in [D,]Dichlormethan/Chlordifluormethan (1 : 4). Die Verschiebungen sind relativ zum Durchschnitt der chemischen Verschiebungen der

Methylgruppen angegeben

138 K

c- 1 c -2 c- 3 c -4 c- 5 C-6 c-7 c -8 2-CN 6-CN 1-Me,5-Me

51.9 29.4

107.2 117.6 53.6

112.2 125.7 43.2

105.9 102.9

(0.0)a)

52.1 31.1

107.9 118.4 54.0

113.9 124.1 44.4

104.9 102.0

(0.0)b)

- 0.2 -1.7 - 0.7 - 0.8 - 0.4 - 1.7 + 1.6 - 1.2 + 1.0 + 0.9 (0.0)

4 S(l-CH,) = 13.06, S(S-CH,) = 13.82. - b) S(l-CH,) = 12.92, S(S-CH,) = 13.95 ppm.

Cope-Umlagerung des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens (4 a)

Die bei tiefer Temperatur gemessenen 100-MH~-'~C-NMR-Spektren des 2,GDicyan- semibullvalens 4a (Abb. 2) entsprechen den Durchschnittsspektren zweier fluktuieren- der Valenztautomerer und zeigen'unmittelbar, da8 die Cope-Umlagerung von 4a selbst bei 115 K noch rasch beziiglich der '3C-NMR-Zeitskala und damit wesentlich schneller als beim unsubstituierten Semibullvalen (5a) ablhuft. Bei diesem errechnet man n & m l i ~ h ' ~ ) aus den 13C-NMR- und Ge~chwindigkeits-Daten~~) fur die von uns benutzte NMR-Spektrometerfrequenz (100 MHz) Koaleszenztemperaturen von 129 K fur C-l/C-5 bzw. 147 K fur C-2,8/C-4,6, die beide weit uber dem Koaleszenzbereich der Kohlenstoffsignale des 2,6-Dicyansemibullvalens 4 a liegen.

Bei 115 K beobachtet man im 13C-NMR-Spektrum von 4a eine deutliche Verbreite- rung des Signals der Kohlenstoffatome C-2 und C-6 im Vergleich zum C-I/C-5-Signal. Diese Verbreiterung erscheint signifikant, da wegen des Fehlens direkt gebundener Pro- tonen in beiden Fallen die Linienbreite nicht wesentlich von der Effektivitat der Breitband-Protonenentkopplung beeinflufit wird. Ferner sollten gerade C-2 und C-6 neben C-4 und C-8 wegen der gro8en Frequenzdifferenz Av(C6 - C2) im nicht-umla- gernden Valenztautomeren 4a, die mit Hilfe der Modellverbindung 14 bestimmt wer- den kann (s. oben), beim Abkuhlen als erste Kohlenstoffatome Signalverbreiterung zei- gen. Aus der bei 115 K abgeschatzten Halbwertsbreite We,,,(C-2/C-6) = ca. 35 +- 10 Hz und Av(C6 - C2) = 8300 Hz (Tab. 5 ) lal3t sich nach der Gleichung fur sehr raschen Austausch zwischen zwei gleich besetzten, nicht gekoppelten Seiten, die fur k 9 2rrAv + W,

k = ~ ( A V ) ~ / ~ ( W ~ . . ~ ~ - W , ) ,

unter Vernachlassigung der effektiven Linienbreite ohne Austausch, W,, die ungefahre Geschwindigkeitskonstante der Cope-Umlagerung k,,, = (3 & 1) lo6 s-' und damit AGG5 = 13.0 k 0.5 kJmo1-l berechnen.

Chem. Ber. I18 (1985)

Page 10: Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-1,5-dimethylsemibullvalens

Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens 1163

CHCIF, 100 MHz 13C-NMR

-133OC -L---J

L

~~~ 2.6

I I I I I 120 I b O 80 60 LO 20 ppm

Abb. 2. l3C-NMR-Spektren des 2,6Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens (4a) in [D,]Dichlor- methan/Chlordifluormethan (1 : 4) bei verschiedenen Temperaturen

Dal3 die Methylgruppen von 4a die Geschwindigkeit der Cope-Umlagerung nicht we- sentlich beeinflussen, konnten wir qualitativ mit Hilfe des 1,5-Dimethylsemibullvalens (Sb) zeigen13): Sein C-2,4/C-6,8-Signal besan bereits bei 150 K eine Halbwertsbreite von 3 ppm [bei 100 MHz in [D2]Dichlormethan/Chlordifluormethan (1 : 4)], die etwa dem fur das unsubstituierte Semibullvalen (5 a) abgeschatzten Wert entsprach. Damit mu13 die Erniedrigung der Cope-Aktivierungsbarriere von 4a um ca. 10 kJmol-' gegen- uber der des unsubstituierten Semibullvalens (Sa, AG;5 = 22.7 kJmol-'; k,,, = 120 s- ' 5a)) den beiden Cyangruppen zugeschrieben werden, was die qualitativen theoreti- schen V~rhersagen~.') und den Trend der neuesten MNDO-CI-Bere~hnungen~) besta- tigt. Da bei Barbaralan zwei Cyangruppen an den entgegengesetzten Ecken (C-2 und C-6) die Cope-Aktivierungsbarriere um 8 k Jmol- ' herabsetzen 'Ib), darf auch die unge- Whre Crone dieses Effekts als experimentell gesichert gelten. Das ist fur den Vergleich mit den neuesten Berechnungen der Cyansemibullvalene Z9) wichtig. Wenn die deloka- lisierte, homoaromatische Struktur 2* stets den Cope-Ubergangszustand darstellt, dann bleibt bei Additivitat des Effekts von zwei Cyangruppen die klassische Struktur des hypothetischen 2,4,6,8-Tetracyansemibullvalens (2 b) der Grundzustand, im Wider- spruch zu den theoretischen Ergebnissen. Entspricht die delokalisierte, homoaromati- sche Struktur 2* jedoch einem flachen, lokalen Minimum zwischen den beiden lokali- sierten Valenztautomeren 2, wie die Temperaturabhangigkeit des UV-Spektrums von 4a nahelegt3*), so kann der Stabilitatsunterschied der Strukturen 2 und 2* nicht der Cope-Aktivierungsbarriere gleichgesetzt werden. In diesem Fall konnen nur noch ,,sehr schnelle" experimentelle Methoden das Gleichgewicht 2 + 2* erfassen.

Chem. Ber. 118(1985)

77.

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1 I64

Thermische Semibullvalen-Cyclooctatetraen-Isomerisierung des 2,6-Dicyansemibullvalens 4a

Vom unsubstituierten Semibullvalen (5a) existieren zwei feste Phasen. In einer davon beobachtet man rasche Cope-Umlagerung, in der anderen dagegen nicht5'). Das 2,6-Di- cyansernibullvalen 4a zeigt im Kristall bei Raumtemperatur keine Cope-Urnlugerung (siehe unten). Urn zu prufen, o b noch eine zweite feste Phase existiert, in der vielleicht Cope-Umlagerung eintritt, untersuchten wir 4a im Bereich von 188 - 433 K durch Dif- ferentialthermoanalyse. Es zeigte sich jedoch kein reversibler Phasenubergang, sondern nur eine irreversible exotherme Umwandlung (,,Zersetzung" 13)) bei 138 " C , also bereits vor dem Schmelzen, das im Widerspruch zu anderen Angaben (Schmp. 152°C"') be- reits bei 143 - 144°C eintrat.

Auch in Losung trat eine Umwandlung ein, die leicht H-NMR-spektroskopisch ver- folgt werden konnte. So bildete sich bei 130.0"C in [D,]Benzol in einer einheitlich ver- laufenden Reaktion enter Ordnung mit k = 3.0. s - ' , Halbwertszeit 6.5 h, ein Thermolyseprodukt, dessen 'H- und '3C-NMR-spektroskopische Daten fur die Cyclooctatetraen-Struktur 16 sprachen. Auch bei 400 MHz MeBfrequenz lag wegen weitreichender Kopplungen der Methylprotonen (4J, 5J) und der Olefinprotonen uber den Ring hinweg (5J, 6J) ein 'H-NMR-Spektrum hoherer Ordnung vor. Durch Entkop- peln der Methylprotonen vereinfachte sich das Teilspektrurn der Olefinprotonen zu ei- nem AA'BB'-Spektrum mit einer gronen AB-Kopplung und kleinen AA'-, AB'- und BB'-Kopplungen, dessen Analyse rnit dem Programm LAOCOON-11143) gelang. Ge- trennte Entkopplung der Olefinprotonen lieferte die Allyl- (4J = l .5 Hz) und Homo- allylkopplung ('J = 0.5 Hz) der Methylprotonen. Die Crone der Kopplung zwischen den benachbarten Olefinprotonen (3JAB = 11.24 Hz) zeigte, daB 16 und nicht das Va- lendsomere 17 vorlag. Das Massenspektrurn des Thermolyseprodukts 16 glich dern des 2,6-Dicyansemibullvalens 4a bis auf geringe Unterschiede in den Intensitaten einiger Peaks. Offenbar entsteht bei der ElektronenstoB-induzierten Ionisation aus 4a und 16 das gleiche Molekulion. Durch Blitzpyrolyse in der Gasphase bei ca. 400°C hat Puquet- te bereits aus dem unsubstituierten Sernibullvalen (5a) und einigen alkylsubstituierten Sernibullvalenen die entsprechenden Cyclooctatetraene erhalten"). Die hier beschriebe- ne Umlagerung 4a+ 16 ist die erste dieser Art, die in Losung und auch noch bemer- kenswert rasch und glatt ablauft. Ihre kinetischen Aspekte und praparative Bedeutung fur elektronegativ substituierte Cyclooctatetraene sollen an anderer Stelle mitgeteilt werden.

H. Quast, J . Chrisr, E.-M. Peiers, K . Peters und H . G. I'OII Schiiering

NC \ / Me

4a 16 17

Rontgenstrukturbestimmung des 2,6-Dicyan-1,5-dimethylsemibullvalens (4a)

Strukturbestimrnungen von Semibullvalenen sind fur die Beantwortung der Frage wichtig, ob uberhaupt und inwieweit sich Strukturparameter mit der Hohe der Cope- Aktivierungsbarriere korrelieren lassen "). Wahrend man von etlichen C,-symmetri-

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens 11 65

schen Semibullvalenen mit enfarterer Cope-Umlagerung (Typ 5) die Geometrie inzwi- schen kennt @a4'), Si, k32), 5112', 5nI5")), gilt das kaum fur unsymmetrische Semibull- valene mit C,-symmetrischer (Typ 3, 3hL4)) oder C,-symmetrischer delokalisierter Struktur (Typ 4, 4b17)) oder Semibullvalene ohne enfartete Cope-Umlagerung (Aus- nahrnen: 1845) und 1917)). Wir haben deshalb eine Rontgenstrukturbestimmung von 4a durchgefiihrt, deren Ergebnisse bereits kurz rnitgeteilt wurden 17).

2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalen (4a, C,,H,,N,) kristallisiert als Racemat mo- noklin in der Raumgruppe P 2 , / n (Nr. 14) mit vier Molekulen in der Elementarzelle, die zwei Enantiomerenpaare sind, und den Gitterkonstanten a = 1 3 3 8 . 3 (3), b = 939.5 (3), c = 796.8 (2) pm und !3 = 91.07 (2)". Die berechnete Dichte betragt 2.208 g cm-3. Die Ortsparameter sind in Tab. 6 zusammengestellt. Die Benennung der Atome sowie die wichtigsten Atomabstande und Bindungswinkel konnen Abb. 3 entnommen werden.

Tab. 6. Ortsparameter x lo4; Ui. x lo3 der anisotropen Temperaturfaktoren in A' (Standard- abweichungen) des 2,6Dicyan-1/,5-dirnethylsernibullvalens (4a). Die Uil sind definiert fur

e ~ p [ - 2 x ~ ( L I , , h ~ u * ~ + . . . + 2 U,,hka*b*)]

2 Y "11 '22 "33 "23 "13 "12 Atm x

3914(1) 501 4( 1 ) 5574(1) 4951(2) 3872( 1) 3855(2) 4081( 1) 4178(2) 3205(2) 5414(2) 5727(2) 3097 (2) 3633(2) 3416(2)

2270(2) 2394( 2) 2025(2)

1805(2) 2073( 2) 3617(2) 4531(2) 3785(2) 1498( 3) 2157(2) 1970(2) 1072(3) 4001(3) 4285(3)

8233(2) 8614(2) 7140(2) 5839( 2) 6284(2) 5686(2) 6934(2) 8 4 9 6 ( 2 ) 9361( 3) 281(3) 1603(2) 5546(3) 3980(3) 2638(2) __

51(1) 54(1) 50(1) -6(1) 6(1) 54(1) 80(1) 51(1) -2(1) 0(1) 50(1) 62(1) 61(1) -2(1) 6(1) 62(1) 70(1) 54(1) -12(1) lO(1) 52(1) 54(1) 52(1) -10(1) l(1) 69(1) 62(1) 54(1) -2(1) 1(1) 59(1) 50(1) 60(1) -4(1) 2(1) 74(1) 51(1) 56(1) -11(1) 5(1) 70(1) 75(1) 71(1) -3(1) 18(1) 67(1) 68(1) 58(1) -4(1) -2(1) 97(1) 85(1) 61(1) -2(1) -lO(l) 69(1) 72(1) 78(1) -19(1) -7(1) 71(1) 74(1) 57(1) -4(1) O(1) 103(2) 106(2) 61(1) O(1) -5(1)

Die Atomabstande und Bindungswinkel des 2,6-Dicyansemibullvalens 4a entspre- chen im wesentlichen denen der nichtfluktuierenden Semibullvalene W5) und 1917), die im Kristall nur als ein Valenztautomeres existieren. Das zeigt, dan im Krista/Z keine Cope-Umlagerung stattfindet, obwohl in Losung die Cope- Aktivierungsbarriere von 4a sehr klein ist. Die Cope-Umlagerung wurde namlich zu den gleichen durchschnittli- chen geometrischen Parametern wie bei einer statistischen Fehlordnung fiihren, die durch eine zweizahlige Drehung um die Achse senkrecht zur Ebene C2-C4-C6- C8 hervorgerufen wird. Wie in der stabileren festen Modifikation des unsubstituierten Se- mibullvalens (5a)5b*C) verhindert das Kristallgitter die Cope-Umlagerung.

Fur eine Interpretation der zum Teil ungewohnlichen Atomabstande von 4a ist der Einflul3 einer Cyangruppe auf die Geometrie des Cyclopropanrings bei Cyancyclo- p r ~ p a n ' ~ , ~ ' ) , ganz besonders aber bei Cyclopropanteilstrukturen polycyclischer Syste- me wichtig. Die geometrischen Parameter etlicher solcher Polycyclen (8b11a), 1239), 1845), 2048,49) sind inzwischen durch Rontgenstrukturanalyse bestimmt worden. Der Durchschnitt D und die nach Allen50) definierten Abweichungen 6, = 0, - [pm]

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1166 H . Quast, J. Christ, E.-M. Peters, K . Peters und H . G. von Schnering

150.5 9 L

Abb. 3 . Stereographische Projektion des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens (4a) mit der Be- nennung der Atome und den wichtigsten Atomabstanden (oben) sowie den Bindungswinkeln des Semibullvalen-Geriists (unten). Die Standardabweichungen der Atomabstande betragen 0.3 pm,

die der Bindungswinkel 0.1 - 0.2"

Abb. 4. Projektionen des 2,6Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens (4a) mit anisotropen Schwin- gungsellipsoiden. In der rechten Projektion wurde das Kohlenstoffatom der Methylgruppe an C-5

weggelassen

der Bindungsabstande 0, in Cyclopropanringen sind in Tab. 7 zusammengestellt. In ubereinstimrnung mit der theoretischen I n t e r p r e t a t i ~ n ~ ' * ~ ~ ) ist in Cyancyclopropan die der Cyangruppe gegenliberliegende Bindung urn 2 prn verkiirzt, die beiden anderen sind um 1 pm gedehnt. Daran andert sich auch dann nichts Wesentliches, wenn der Cyclo- propanring ein Teil des stark gespannten Nortriasteran-Gerusts von 1239) ist. Die erheb-

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens 1 167

Abb. 5 . Stereopaar der Elementarzelle des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens (4a)

lich grBBere Bindungslangenunsymmetrie gegenuber dem Durchschnitt 50) beim Barba- ralan 8 b'la) ist das Ergebnis des gleichsinnigen Zusammenwirkens von Cyangruppe und den beiden Vinylgruppen, die ,,cisoid-bisected" fixiert sind: Solche oder ,,transoid- bisected"- fixierte Vinylgruppen verkiirzen die gegenuberliegende Cyclopropanringbin- dung um 1.8- 2.8 pm und dehnen die beiden anderen50). Die scheinbare Anomalie bei I-Cyan~emibullvalen~~' (18) riihrt wohl hauptsachlich von einem gegenldufigen Zusam- menspiel von Cyan- und Vinylgruppen her. In allen diesen Fallen liegt der Durchschnitt der Cyclopropanbindungsabstande bemerkenswert konstant bei ca. 152 - 153 pm (Tab. 7), also nahe dem Bindungsabstand des unsubstituierten Cyclopropans (1 51 pm50)). Das bedeutet, da8 die beobachteten Dehnungen und Verkurzungen sich gegenseitig kom- pensieren. Dagegen ist der Durchschnittswert erheblich groRer beim 2,dDicyansemi- bullvalen 4a und beim Tricyclo[4.4.1 .0'16]undecatetraen 20, das in LBsungs3) und wahr- scheinlich auch im K r i ~ t a l l ~ ~ , ~ ~ ) irn Gleichgewicht mit dem etwas instabileren 1 ,&Me- thane[ 101annulen 21 existiert, wobei die Aktivierungsbarriere der Isomerisierung 20 * 21 in Losung AGh3 unter 24 k J mol-' liegt"). Die signifikante Erhohung des Durch- schnittswerts D wird im wesentlichen durch die starke Dehnung der Bindung C2 - C8 bei 4a bzw. C1- C6 bei 20 bewirkt.

"b /' Mq& &eJ& CN 20 21

NC 18 ") 19 ' 7 )

Betrachtet man die in Tab. 8 zusammengestellten, durchschnittlichen Cyclopropan- bindungsabstdnde D und die Atomabstande C2- C8 sowie C 4 . . . C 6 einiger Semibull- valene und des Barbaralans 8b, so lassen sich zwei Gruppen (3h, 5i, 18, 19 und 4a,

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1168 H . Quast, J . Christ, E.-M. Peters, K. Peters und H . G . tion Schnering

Tab. 7. Abweichungen 6, = D, - D [pm] der Bindungsabstande 0, vom Durchschnitt D in Cy- clopropanringen rnit einer Cyangruppe. D, ist der Abstand der dem cyansubstituierten Kohlen- stoffatorn gegeniiberliegenden Bindung; D2 und D3 sind die Abstande der beiden anderen Ring- bindungen. Es gilt 6 , = 6, + tj3. 6, < 0 entspricht einer Kontraktion, s,, > 0 einer Dehnung

Cyancyclo- 46) 151.9 - 1.9 propan 47) 151.9 -1.9 1239) 151.7 C1-C8 -2.0 C1-C2 2.0

151.7 C4-C5 -2.2 C5-C6 2.0 8blla) 151.7 C 1 - C 8 - 5 . 3 C l - C 2 -1 .4 4 a 156.8 C I - C 8 -8.7 C1 -C2 -6.6 184,50) 152.5 C2-CS 4.5 C l - C 2 -2.1 20, a-Form, Molekul A481 162.3 C I - C 6 22.8 C I - C l l -11.5 Molekul B48) 160.2 18.1 - 9.4 B-Form, 298 K49) 158.9 12.3 - 6.0

173 K4'1 156.9 7.3 - 3.4

0.9 1 .o

C2-C8 C4- C6 C2-C8 C2 - C8 c 1 - C8

C 6 - C l l

0 0.1 6.8

15.4 - 2.4

- 11.2 - 8.8 - 6.4 - 3.6

51, k) unterscheiden. In der ersten liegt D bei 152- 153 pm, also irn Bereich der Durch- schnittswerte normaler Cyclopropane nahe dem Bindungsabstand des unsubstituierten Cyclopropans (151 pm)50) (vgl. auch Tab. 7). Bindungsdehnung und -verkurzung durch Substituenteneffekte heben sich nahezu auf. In dieser Gruppe betragt der Abstand C2 - C8 158 - 161 pm. Die geometrischen Parameter konnen in dieser ersten Kategorie im wesentlichen mit Hilfe des Effekts der beiden ,,cisoid-bisected"-fixierten Vinyl- g r ~ p p e n ~ ~ ) interpretiert werden, wobei noch Einflusse des tricyclischen Gerusts und des Kristallgitters mitspielen konnen. Im Einklang damit pabt das Barbaralan 8 b rnit seinen geometrischen Parametern gut zu dieser Gruppe der Semibullvalene.

Die zweite Gruppe der Semibullvalene (4a, 51, k) wird vor allem charakterisiert durch eine extrem lange C2- C8-Bindung (171 - 184 prn), die einen ungewohnlichen Durch- schnittsbindungsabstand im Cyclopropanteil ( D = 156- 160 pm) zur Folge hat, und durch besonders niedrige Cope-Aktivierungsbarrieren (< 25 kJ mol-', Tab. 8). Auch die Abstande C 4 . . . C6 am ,,offenen Ende" des Semibullvalengerusts fallen rnit 205-225 pm aus dern Bereich der in der ersten Gruppe ublichen Abstande von 228 - 235 pm. Auf eine rnogliche Beziehung zwischen den ungewohnlichen geornetri- schen Parametern und der geringen Hohe der Cope-Aktivierungsbarriere wurde bereits hingewiesen 1 7 ) . Fur eine Interpretation dieser Zusarnrnenhange erscheinen die Paralle- len zwischen der zweiten Gruppe und dem Tricyclo[4.4.1 .0'*6]undecatetraen - l ,&Me- thane[ 101annulen-System 20 - 2148*49*53) besonders niltzlich. Eine nicht-statistische Fehlordnung, bei der ein mehr oder weniger groRer Teil der Semibullvalen-Molekule um 180" um die Achse senkrecht zur Ebene C2- C4- C 6 - C8 verdreht ist, kann auf- grund der Temperaturfaktoren aller Atome (Tab. 6 , Abb. 4) und der Packung der Mo- lekiile zueinander (Abb. 5) ausgeschlossen werden. Somit bleiben wie bei 20 + 21 zwei Hypothesen: Es liegt nur eine Spezies rnit einem flachen Potenrialminimurn vor, oder es existieren zwei geornetrisch und energetisch uerschiedene Isomere, die durch eine niedrige Energiebarriere voneinander getrennt sind (Doppelrninimum-Potential- hyperflache). Dieser Fall scheint fur 20 e 21 z u z ~ t r e f f e n ~ ~ ~ ~ ~ ~ ' ~ ~ ~ ~ ) . Die reversible Ther-

Chem. Ber. 118 (1985)

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens 1169

mochromie im Kristall und in L b ~ u n g ~ ' ~ ) spricht stark dafur, daB das Gleiche auch fur 2,6-Dicyan-I ,5-dimethylsemibullvalen (4a) gilt, im Kristall also neben der lokalisierten Struktur 4a eine geringe Menge eines instabileren Isomeren mit wahrscheinlich deloka- lisierter, bishomoaromatischer Struktur 4a* existiert. Die gleichen Verhaltnisse durften bei den brilliant gelben Kristallen des Semibullvalen-tetracarbonesters 51'*) vorliegen, der wie 4a reversible Thermochromie ~ e i g t ~ ~ ~ ) .

Tab. 8. Atomabstande C2 - CR_und C4. . . C6 [pm] (Standardabweichungen), durchschnittliche Cyclopropanbindungsabstande D [pm] sowie Cope-Aktivierungsbarriere AG;, (kJ . rnol-') eini-

ger Semibullvalene und des Barbaralans 8 b

Verb. D C2-C8 AG;? [kJmol '1 C4. . . C6

Barbaralan 8blla) 151.7 158.5 (8) 237.0 (10)

Sernibullvalene ohne entartete Cope-Umlagerung 1845) 153.1 157.7 (3) 235.2 (3) 1917) 152.3 157.8 (5) 229.9 (6)

Semibullvalene rnit entarteter Cope-Urnlagerung

5 i W 152.5 159.6 (3) 227.7 5a3b) 160.0 226.1a) 23 5a) 5"15") 164.3 235.2 4a 156.8 172.2 (3) 224.9 (4) 13

3h") 153 .O 160.9 (11) 227.8 (14) 43

5 I 12) 159.8 178.2 (5) 221 5 k 3 9 160.3 183.5 (3) 204.8 2 4 2 ~

156.1 170.6 (7) 218.6b) 2 ac) 158 245 2 a * 4 252 252

a) Durch Elektronenbeugung bestimmte Werte. Zur Diskussion ihrer Zuverlassigkeit siehe Lit.45). - b) Bei 173 K bestimmt. - C) MNDO-optimierte Geometrie9). - d) Durch MNDO-Rechnung op- tirnierte Geometrie der delokalisierteu, hornokonjugierten Struktur 2 a* des 2,6-Dicyansemibull- valensg).

Interessant ist ein Vergleich der hier fur das 2,6-Dicyansemibullvalen 4a im Kristall ermittelten Atomabstande mit den Abstanden, die fur die lokalisierte (2a) und die delo- kalisierte, homokonjugierte Struktur (2a") des 2,6-Dicyansemibullvalens mit Hilfe von MNDO-Rechnungen erhalten wurden9). Die betrachtlichen Diskrepanzen, insbesonde- re der Abstande C2- C8 und C4. . . C6 (Tab. 8), durften kaum auf die Methylgruppen von 4a zuruckzufuhren sein, sondern wohl eher auf Effekte des Kristallgitters und den Naherungscharakter der MNDO-Methode. Es ist bemerkenswert, da8 die berechnete Geometrie der delokalisierten, bishomoaromatischen Struktur 2a* nicht dem Uber- gangszustand der Cope-Umlagerung des Semibullvalens 2a entspricht. Wie das mini- male Aktivierungsvolumen der Cope-Umlagerung des Bullvalens namlich zeigt, verlau- fen Bindungsbruch und -bildung bei raschen entarteten Cope-Umlagerungen weitge- hend synchr~n '~) .

Chem. Ber. 118(1985)

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1170 H. Quasi, J . Christ, E.-M. Peters, K. P e w s und H . G . von Schnering

Besonderen Dank schulden wir Professor H. Giinther, Universitat Siegen, fur die Messung der Tieftemperatur-13C-NMR-Spektren von 4 a und Professor L. M. Jackman, The Pennsylvania Sta- te University, fur wertvolle Diskussionen. Frau Dr. G. Lange danken wir fur die Massenspektren, Frau R . Schedl, Institut fur Anorganische Chemie der UniversitBt Wurzburg, fur die Differen- tialthermoanalyse von 4a, Frau E. Ruckdeschel und Herrn Dr. W. tion der Sad fur die Hochfeld- NMR-Spektren und Herrn Dr. D. Scheuizow fur die '3C-NMR-Spektren mit selektiver Protonen- entkopplung und Kern-Overhauser-Differenz-Spektren. Unser Dank gilt ferner der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dern Fonds der Chemischen Industrie fur finanzielle Unterstiitzung. J. C. dankt besonders dem Fonds der Chemischen Industrie fur ein Doktorandenstipendium.

Experimenteller Teil Allgemeine Vorbemerkungen: Lit. l l a ~ 3 ~ ) . - Die l3C-NMR-Spektren in [D,]Dichlormethan

bzw. [D2]Dichlormethan/Chlordifluormethan (1 : 4) wurden mit Hilfe des Solvenssignals bei 53.80 bzw. 117.50 ppm standardisiert. Die selektiv 'H-entkoppelten L3C-NMR-Spektren von 14 wurden im Bereich von 112 - 141 ppm mit einer Punktdichte von 0.244 Hz/Punkt gemesscn. - UV: Spektrometer 330 der Fa. Perkin-Elmer. - Differentialthermoanalyse von 4a: Thermal Analyzer 990 der Fa. DuPont Instruments; DSC-Zelle rnit 0.2 x lo-, cal s - ' inch-'. - Schmelzpunktc: Apparat der Fa. Biichi, abgeschmolzene Kapillaren, unkorrigiert. - Gaschro- matographie (GC): Gaschromatograph 1400 der Fa. Varian; 1.5-m-Glassaule mit 10% SE 30 auf Volaspher A,, 60- 80 mesh (Fa. Merck), 40 ml N,/min; Bedingungen A: Saulentemp. 130- 200"C, 4"C/min, Injektor- und Detektortemp. 240°C; Bedingungen B: Saulentemp. 150- 240"C, 6"C/min, Injektortemp. 190"C, Detektortemp. 240°C. - Kapillar-Gas- chromatographie (KGC): HRGC-Fractovap 4160 der Fa. Carlo Erba; 15-m-Fused-Silica- KapillarGiule 0.1 - 0.15 vm mit OV 1701; Detektortemp. 150°C; On-Column-Injection; Saulen- temp. 70"C, 1 min; 10"C/min auf 140'C; 14OoC, 20 min. Die Berechnung der Peakflachen er- folgte mit dem Integrator Chromatopac C-R1B der Fa. Shimadzu ohne Berucksichtigung der Brennwerte.

Fur die UV-Spektroskopie38) wurde Butyronitril mit 10% des Volumens konz. Salzsaure und 10% des Volumens gesattigter, wanriger Kaliumcarbonatldsung geschuttelt, mit Kaliumcarbonat getrocknet und unter Feuchtigkeitsausschlun sorgfaltig iiber eine 1.2-m-Kolonne rnit V4A-Ma- schendrahtringen frakt i0nier tS~~5~). Sdp. 117.3 - 117.4"C/756 Torr (Lit.S7) 117.94"C/760 Torr). Die Hauptfraktion wurde erneut uber eine I-m-Drehbandkolonne der Fa. 0. Fritz, Hofheim a.T., fraktioniert, bis die Extinktion bei 1 cm Schichtdicke und 210 nm 0.5-0.6 betrug (gegen Luft gemessen).

1,5-Dimethy1-2,6-bis(trirnethylsily[bicyclo[3.3.0]octan-2,6-dicarbonitril (10): Zu einer Lo- sung von 6.65 g (40 mmol) 934) und t .29 g (4.05 mmol) Zinkiodid in 30 ml Dichlormethan gab man unter kraftigem Ruhren und Kuhlen mit einem Wasserbad von 20°C bei 30-40°C 11.9 g (16 ml, 120 mmol) TrimethylsilylcyanidSR). Man riihrte die blaBgelbe Ldsung 2 h bei 20-25"C, bis die Umsetzung zu 10 vollstandig war (GC-Kontrolle, Bedingungen B) und hydrolysierte uber- schiissiges Trimethylsilylcyanid rnit 50 ml Wasser (Vorsicht! Cyanwasserstoffsaure). Nach Zu- gabe von 150 ml Dichlormethan wusch man die organische Phase dreimal mit je 200 ml Wasser, extrahierte dieses zweimal rnit Ether, trocknete mit Natriumsulfat, destillierte das Liisungsmittel (zuletzt i. Vak.) a b und erhielt 14.1 g(9770) fast farblose Nadeln rnit Schmp. 96- 102°C und einer Reinheit von > 98% (GC, Bedingungen B). Kristallisation aus Tetrachlormethan lieferte farblose, derbe Kristalle. Schmp. und IR: Tab. 2. - MS: m / e = 364(8%, M'), 349 ( 5 , M - CH,), 337 (9, M - HCN), 322 ( 5 , M - HCN, - CH,), 274 (17, M - Me,SiOH), 259 (6, M - Me3SiOH, - CH,), 248 (3 , M - HCN, - Me,SiO), 73 (100, Me3Si). - 'H- und ',C-NMR: Tab. 3.

C,8H32N20zSi2 (364.6) Ber. C 59.28 H 8.85 N 7.68 Gef. C 59.32 H 8.88 N 7.44

Chem. Ber. fIe(1985)

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalcns 1171

1,5-Dimethylbicyclo[3.3.O]octa-2,6-dien-2,6-dicarbonitril (11): Unter Stickstoff und Riihren gab man zu einer Losung von 12.0 g (33 mmol) 10 in 70 ml trockenem Pyridin 101 g (60 ml, 0.66 mol) frisch destilliertes Trichlorphosphanoxid und kochte 10 h unter RuckfluB (GC-Kontrolle, Bedingungen B). Nach dem Abkuhlen goB man die schwarzbraune LGsung vorsichtig auf 300 g Eis, saugte den schmutzig-weisen Feststoff a b und wusch ihn mit 1 N HCI und Wasser. Nach Trocknen i.Vak. erhielt man 5.35 g (SSOro), die bei der Sublimation bei 70- 90°C Badtemp./lO-' Torr 4.86 g (80%) farbloses Pulver mit Schmp. 166 - 167°C ergaben. Aus Tetrachlormethan kri- stallisierten farblose Rhomben. - Schmp. und 1R: Tab. 2, Abb. 1 . - UV (Butyronitril): h,,, (lg E ) = 204 nm (4.291). - MS: m/e = 184 (71%, M'), 183 (44, M - H), 169 (100, M - CH,),

CH,). - 'H- und l3C-NMR: Tab. 3. 158 ( 5 , M - CN), 157 (19, M - HCN), 142 (41, M - HCN, - CH,), 115 (23, M - 2 HCN, -

C,,H,,N, (184.2) Ber. C 78.23 H 6.57 N 15.28 Gef. C 78.47 H 6.61 N 14.91

4,8-Dibrotn-1,5-diniethylbicyclo[3.3.O]ocra-2.6-dien-2,6-dicarbonitril(13): 1.02 g (5.54 mmol) 11, 2.66 g (13.3 mmol) N-Bromsuccinimid und 100 ml Tetrachlormethan wurden in einem zu- geschmolzenen, 200 ml fassenden, dickwandigen Rohr, das 4 cm tief in ein 110°C heiRes Bad tauchte, 8 h erhitzt. Zu Beginn belichtete man 4 min mit einer 250-Watt-Tageslichtlampe (Osram HWL). Zur Reaktionslosung gab man 50 ml Dichlormethan, wusch sie mit 100 ml Wasser + 20 ml 2 N NaOH und 100 ml Wasser, trocknete mit Natriumsulfat und destillierte das Losungs- mittel bis zum Beginn der Kristallisation ab. Man erhielt 1.37 g (72%) farblose Kristalle mit Schmp. 189- 190°C (Zers.) und nach Einengen der Mutterlauge weitere 286 mg, die nach Kristal- lisation aus Tetrachlormethan 248 mg (13%) farblose Kristalle mit gleichem Schmp. ergaben. Schmp. und IR: Tab. 2. - MS: m / e = 344, 342, 340 (0.9%, M + ) , 263, 261 (87, M - Br), 182 (100, M - 2 Br), 181 (59, M - HBr, - Br), 155 (32, M - 2 Br, - HCN), 154 (42, M - HBr, - Br, - HCN). - 'H- und ',C-NMR: Tab. 3.

C12H10BrZN2 (342.0) Ber. C 42.14 H 2.95 Br 46.72 N 8.19 Gef. C42.31 H 2.82 Br 41.24 N 7.96

I,S-Dimethyltricyclo[3.3.0. dB8]octa-3, 6-dien-2,6-dicarbonitril (4a): 620 mg (1.81 mmol) 13 und 1.6 g Z i n k - K ~ p f e r ~ ~ ) wurden unter Riihren und unter Argon in 400 ml trockenem Ether 3 h unter RiickfluR gekocht (GC-Kontrolle, Bedingungen A). Man filtrierte die abgekiihlte Liisung unter Argon durch eine 8-cm-Schicht Kieselgur, wusch sie unter Argon dreimal mit je 200 ml ent- gastem Wasser, trocknete mit Natriumsulfat, destillierte den Ether ab und sublimierte den b l a b gelben Riickstand bei 3O-4O0C Badtemp./lO-' Torr an einen mit fliissigem Stickstoff gekuhl- tem Finger. Man erhielt 310 mg (94%) blaB zitronengelbes Pulver. Wiederholte Kristallisation un- ter Stickstoff aus Essigester, der sorgfaltig von Sauerstoff befreit und mit Stickstoff gesattigt war, bei - 35°C ergab hellgelbe Kristalle, die bei - 35°C aufbewahrt wurden. Im Kapillargaschroma- togramm waren keine Verunreinigungen > 0.1 070 nachweisbar; Retentionszeit 13.2 min. - Diffe- rentialthermoanalyse: Exotherme Umwandlung bei 138°C. Schmp. und IR: Tab. 2, Abb. 1. - UV: Lit.38). - MS: m / e = 182(78%, M'), 181 (44, M - H), 167 (53, M - CH,), 155 (36, M -

(35, M - MeCH=CCN). - 'H- und 'k -NMR: Tab. 3. HCN), 154(48, M - HCN, - H), 140(100, M - HCN, - CH,), 128(17, M - 2 HCN), 116

C,,H,,N, (182.2) Ber. C 79.10 H 5.53 N 15.37 Gef. C 79.47 H 5.21 N 14.77

4-Brom- I,5-dimethyltricycl0[3.3.0.0'~~/0cta-3,6-dien-2, 6-dicarbonitril (14): Zu einer Losung von 493 mg (1.44 mmol) 13 in 10 ml trockenem Tetrahydrofuran unter Stickstoff tropfte man bei 20- 25°C unter Riihren 5 ml (1.44 mmol) einer 0.288 N Lijsung von Kalium-ferf-butylat in fert- Butylalkohol. Nach 5 min extrahierte man mit 50 ml gesattigter, wahiger Kaliumdihydrogen- phosphatlosung, die dreimal mit je 100 ml Ether gewaschen wurde. Die vereinigten organischen Phasen wusch man rnit je 100 ml gesattigter wafiriger Natriumchloridlosung und gesattigter wBR-

Chem. Ber. II8(1985)

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1172 H. Quast, J . Christ, E.-M. Peters, K . Peters und H. G. iion Schnering

riger Natriumchloridl~sung/Wasser (1 : l), trocknete mit Natriumsulfat, destillierte das Msungs- mittel i. Vak. ab, kristallisierte den Ruckstand aus Essigester und erhielt 304 mg (81%) farblose Kristalle. Schmp. und IR: Tab. 2. - UV (Butyronitril): h,,, (Ig E) = 215 (4.101), 250 (Sch.) (3.645), 275 nm (Sch.) (3.308). - MS: rn/e = 260, 262 (27%, M'), 181 (88, M - Br), 166 (24, M - Br, - CH,), 165(14, M - HBr, - CH,), 154(100, M - Br, - HCN), 153(12, M - HBr, - HCN), 139 (16, M - Br, - HCN, - CH,), 127 (43, M - Br, - 2 HCN). ~ 'H- und "C- NMR: Tab. 3.

C,,H,BrN, (261.1) Ber. C 55.20 H 3.47 N 10.73 Gef. C 55.49 H 3.35 N 10.34

Therinische Isomerisierung tion 1,5-Dimethyltricyclo[3.3.0. 02~8]octa-3,6-dien-2,6-dicarbonitril (48) zu 2,6-Dirnethyl-1,3,5,7-cyclooctatetraen-I,5-dicarbonitril(l6): 0.5 ml [D6]Benzol und 50 pl Tetrarnethylsilan wurden mit Lithiumaluminiumhydrid getrocknet und bei Torr sorgfaltig entgast. Unter Argon legte man 27 mg (0.148 mmol) 4 a in einem Mikrokolben mit Fritte und an- geschmolzenem NMR-Probenrohr vor, kondensierte das Ldsungsmittcl bei 10- ' Torr ein und schmolz die Apparatur bei diesem Druck zu. Man filtrierte die Losung von 4 a in das NMR- Probenrohr, kuhlte sie auf - 196°C ab und schmolz das NMR-Probenrohr zu. Die Temperatur des Silikonol-Thermostaten wurde mit einem geeichten Thermometer mit 0.1"-Einteilung auf 130.0"C eingestellt. Die anfangs nahezu farblose Losung farbte sich bei dieser Temperatur inten- siv gelb und begann nach 5 h, einen feinen Niederschlag abzuscheiden. Aus den wahrend der er- sten 5 h ' H-NMR-spektroskopisch bestimmten Intensitaten der Methylsignale von 4 a und 16 er- rechnete man die Geschwindigkeitskonstante der Isomerisierung mit der Methode der kleinsten Fehlerquadrate nach der (nichtlinearen) Gleichung [4a]/([4a] + 1161) = exp( - kt) zu k =

(2.96 rt 0.13). lo-' s - ' , entsprechend einer Halbwertszeit von 6.51 h. Nach insgesamt 40 h bei 130.0"C waren in der gelben Suspension laut KGC nur noch 2.7% 4 a (Retentionszeit 13.2 min) neben 95.1% 16 (18.1 min) und zwei nicht identifizierten Nebenprodukten (1.870, Retentionszeit 15.9 min; 0.470, 16.5 min) vorhanden. Nach Ersetzen des Losungsmittels durch [DIChloroform wurde das I3C-NMR-Spektrum aufgenommen. Abdestillieren des Losungsrnittels und Sublima- tion des Ruckstands bei 130-135°C Badtemp./O.Ol Torr ergab 12 mg farbloses Pulver mit Schmp. 150-151°C. - IR (KBr): 3010 ( = C H ) , 2215 (C=N), 1755, 1725, 1645, 1620 cm-' (C=C). - UV, I3C-NMR: Lit.38). - MS (70 eV, Tiegeltemp. 60°C): m / e = 182 (loo%, M'), 181 (54, M - H), 167 (48, M - CH,), 155 (41, M - HCN), 154 (56, M - HCN, - H), 140(92, M - HCN, - CH,), 128 (17, M - 2 HCN), 127 (20, M - 2 HCN, ~ H), 116 (30, M - CH,CH = CCN). - 'H-NMR (400 MHz, [D]Chloroform): S = 2.133 (dt, 4J3!1-H,2.Mr = 4J,.H,6.M, =

1.5, 'JJ.H,YM~ = ' J ~ . H , ~ . M ~ = 5 J 8 . ~ , 2 . ~ e = 5 J ~ . H , ~ . M ~ = 0.5 HZ, 2Me), 5.867 (m, 3J3 .~ ,4 . r4 = 'J~.H,~.H = 11.24, 5 J 3 . ~ , 8 . ~ - - 'J4.H.7.H = 0.92, 6 J 3 . ~ , 7 . ~ = 0.30 HZ, 3-H, 7-H), 6.027 (m,

6 J4-H,8.H = 0.31 Hz, 4-H, 8-H) nach LAOCOON-III-AnalyseJ3) des AA'BB'-Spektrums, das durch Entkoppeln der Methylprotonen erhalten wird (RMS-Error 0.005).

C12H,,N, (182.2)

Rdntgenstrukturanalyse *) Die Verbindung 4 a lag in Form eines hellgelben, transparenten Kristalls vor rnit den Abmessun-

gen 2.85 x 0.62 x 0.50 mm, dessen Zellparameter auf der Basis von 15 Reflexen auf einem Syntex-P3-Vierkreisdiffraktometer bestimmt wurden. 2389 Reflexintensitaten wurden nach dem o-Verfahren (Mo-K,, Graphitmonochromator) mit einem Scanbereich von 1" und einer Scange- schwindigkeit zwischen 0.5 und 24.0 grad min-' in Abhangigkeit von der Hohe der Reflexintensi- tat gemessen. Im Bereich von 3.5" < 2 0 < 55" wurden 2195 Reflexe hkl(F > 30(F)) beobach-

Ber. C 79.10 H 5.53 N 15.37 Gef. C 79.02 H 5.25 N 15.65

*) Weitere Einzelheiten zur Kristallstrukturuntersuchung konnen beim Fachinformationszentrurn Energie Physik Mathematik, D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen, unter Angabe der Hinterle- gungsnummer CSD 50632, der Autoren und des Zeitschriftenzitats angefordert werden.

Chem. Ber. IlS(1985)

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-1,5-dimethylsemibullvalens 1173

tet, die zur Strukturbestimmung verwendet wurden. Die Auswertung erfolgte mit dem Rechensy- stem SHELXTL auf der Rechenanlage Eclipse S/250. Die Struktur wurde mit Hilfe Direkter Me- thoden gelost. Die Phasenbeziehungen von 200 Strukturfaktoren fiihrten zur Aufklarung der Struktur. Die Verfeinerungen der Parameter wurden mif der Methode der kleinsten Fehlerqua- drate durchgefiihrt und fiihrten bei anisotroper Beschreibung zu einem R-Wert von 0.057. Die Positionen der Wasserstoffatome wurden geometrisch berechnet und mit isotroper Beschreibung bei den Verfeinerungen beriicksichtigt. _____ ') Die Ergebnisse sind zum groBten Teil der Dissertation von J . Christ, Universitat Wiirzburg 1984, entnommen.

2, H. E. Zimmerman und G. L. Grunewald, J. Am. Chem. SOC. 88, 183 (1966); H. E. Zim- inerman und H. Iwamura, ebenda 90, 4763 (1968); H . E. Zimmermnn, R. W. Binkley, R. S. Gitwns und M. A . Sherwin, ebenda 89, 3932 (1967); H. E. Ziminerman, R. W. Binkley, R. S. Girens, G. L. Grunewald und M. '4. Sherwin, ebenda 91, 3316 (1969); H. E. Zimmerman. J. D. Robbins und J . Schanrl, ebenda 91, 5878 (1969); H. E. Zimmerman, R. J . Boeircher, N. E. Buehler, G. E. Keck und M. G. Steinmetz, ebenda 98, 7680 (1976); N. J . Turro, J.-M. Liu, H. E. Zimmerman und R. E. Factor, J . Org. Chem. 45, 3511 (1980). - 2b) H. E. Zimrner- man und H. Iwumura, J. Am. Chem. SOC. 92,2015 (1970).

3, 3a) J. Meinwaldund D. Schmidt, J. Am. Chem. SOC. 91, 5877 (1969); J. Meinwuldund H. Tsu- ruta, ebenda91, 5877 (1969), 92, 2579 (1970); L. A. Paquette, ebenda92, 5765 (1970); R. As- kani, Tetrahedron Lett. 1970,3349; R. M. Moriarty, C.-L. Yeh und N. Ishibi, J. Am. Chem. Soc. 93, 3085 (1971); R. M. Moriarty, C.-L. Yeh und K. C. Ramey, ebenda 93, 6709 (1971); R. M. Moriarty, C.-L. Yeh, E. L. Yeh und K. C. Ramey, ebenda 94,9229 (1972); R. M. Mo- riarty und C.-L. Yeh, Tetrahedron Lett. 1972, 383; D. Ehntholt, A . Rosan und M. Rosen- blum, J . Organomet. Chem. 56, 315 (1973); R. Malherbe, Helv. Chim. Acta56, 2845 (1973); L. A. Paquette, G. H. Birnberg, J . Clardy und 8. Parkinson, J. Chem. SOC., Chem. Com- mun. 1973, 129; L. A. Paqiiefte, S. V. Ley, R. H. Meisinger, R. K. Russell und M. Oku, J. Am. Chem. SOC. 96, 5806 (1974); R. Aumann, J . Organomet. Chem. 66, C6 (1974); R. As- kani, I. Gurang und W. Schwertfeger, Tetrahedron Lett. 1975, 1315; M. Rull, F. Serrutosa und J . Vilarrasa, ebenda 1977, 4549; An. Quim., Ser. C 76, 226 (1980) [Chem. Abstr. 95, 61593d (1981)]; P. M. Kwantes, R. F. Schmitz, C. Boutkan und G. W. Klumpp, Tetrahedron Lett. 1978, 3237; D. Dudek, K. Glanzer und J. Troe, Ber. Bunsenges. Phys. Chem. 83, 776, 788 (1979); J . Stapersma, P. Kuipers und C. W. Klumpp, Rec. Trav. Chim. Pays-Bas 101, 213 (1982); J . Stapersma, I . D. C. Rood und G. W. Kluinpp, Tetrahedron 38, 2201 (1982); M. J . Goldstein, 7. T. Wenzel, G. Whittaker und S . F. Yares, J . Am. Chem. Soc. 104, 2669 (1982); D. Wilhelm, T. Clark, P. von Rag& Schleyer und A. G. Dailies, J . Chem. Soc., Chem. Com- mun. 1984, 558. - 3b) D. R. James, G. H. Birnbergund L. A. Paquette, J. Am. Chem. SOC. 96, 7465 (1974). - 3c) L. A. Paquette, R. K. Russell und R. E. Wingardjr., Tetrahedron Lett. 1973,1713; R. K. Russell, R. E. Wingardjr. und L. A . Paquette, J . Am. Chem. SOC. 96, 7483 (1974). Vgl. auch L. A. Paquette, Tetrahedron 31, 2855 (1975); Pure Appl. Chem. 54, 987 (1982). - 3d) Theoretische Untersuchungen: M. J . S. Dewar und W. W. Schoeller, J . Am. Chem. SOC. 93, 1481 (1971); M. J. Goldstein und R. Hoffmann, ebenda 93, 6193 (1971); H. Iwaniura, K . Morio, M. Oki und T. L. Kunii, Tetrahedron Lett. 1970, 4575; H . Iwamura, K. Morio und T. L. Kunii, J. Chem. SOC., Chem. Commun. 1971, 1408; Bull. Chem. SOC. Jpn. 45, 841 (1972); H. Iwamura und K. Morio, ebenda 45, 3599 (1972); H. Iwumura und H . Kihara, Chem. Lett. 1973, 71; S. Inagaki, T. Minato, H. Fujimolo und K. Fiikui, ebenda 1976, 89, und Lit.4a,6,7-9).

4, 4a) R. Askani, R. Gleiter, E. Heilbronner, V. Hornung und H. Musso, Tetrahedron Lett. 1971, 4461. - 4b) Y. C. Wang und S. H. Bauer, J. Am. Chem. SOC. 94, 5651 (1972).

5, 5a) A. K. Cheng, F. A. L. Anet, J. Mioduski und J. Meinwald, J . Am. Chem. SOC. 96, 2887 (1974). - 5b) R. D. Miller und C. S. Yannoni, ebenda 102, 7396 (1980); J . R. Lyerla, C. S. Yannoni und C. A. Fyfe, ACC. Chem. Res. 15, 208 (1982); - sc) V. Macho, R. D. Miller und C. S. Yannoni, J. Am. Chem. SOC. 105, 3735 (1983).

6, R. Hoffmann und W. D. Stohrer, J. Am. Chem. SOC. 93, 6941 (1971). 7, 'a) M. J. S. Dewar und D. H. Lo, J. Am. Chem. SOC. 93,7201 (1971). - 7b) M. J. S. Dewar,

Z. Ndhlooska und B. D. Nahloosky, J. Chem. Soc., Chem. Commun. 1971, 1377. 8, Zusammenfassungen iiber homoaromatische Systeme: S. Winstein, Chem. SOC. Spec. Publ.

No. 21, 5 (1967); Q. Rev. Chem. SOC. 23, 141 (1969); P. M. Warner in Topics in Nonbenze- noid Aromatic Chemistry (Edit. T. Nozoe, R. Breslow, K. Hafner, S. Ro und I . Murata),

Chem. Ber. lle(1985)

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1174 H. Quast, J. Christ, E.-M. Peters, K. Peters und H. G. iron Schnering

1. Aufl., Bd. 2, S. 283, Hirokawa, Tokyo 1977; L. A . Paquette, Angew. Chem. 90, 114 (1978); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 17, 106 (1978).

9) L. S. Miller, K. Grohtnann und J. J. Dannenberg, J. Am. Chem. Soc. 105, 6862 (1983). 10) H. Quast und J. Stawitz, Angew. Chem. 89,668 (1977); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 16,643

(1977). 11) I l a ) H . Quast, Y. Gorlach und J. Stawitz, Angew. Chem. 93, 96 (1981); Angew. Chem., Int.

Ed. Engl. 20, 93 (1981); H. Quast, Y. Gorlach, J . Sfawitz, E.-M. Peters, K . Peters und H. G. tion Schnering, Chem. Ber. 117, 2745 (1984). - Ilb) L. M. Jackman, G. Ibar, A . J . Freyer, Y. Gorlach und H. Quast, ebenda 117, 1671 (1984).

12) L. S. Miller, K. Grohrnann, J . J. Dannenberg und L. Todaro, J . Am. Chem. SOC. 103, 6249 (1981).

13) H. Quast, J. Christ, Y . Gorlach und W. iron der Saal, Tetrahedron Lett. 23, 3653 (1982). 14) R. Askani und M . Litfrnann, Tetrahedron Lett. 23, 3651 (1982).

lSa) R. Gompper und M.-L. Schwarzensfeiner. Angew. Chem. 94,447 (1982); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 21,438 (1982). - 15h) R. Gompper und M.-L. Schwarzensteiner, Angew. Chem. 95, 553 (1983); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 22, 543 (1983).

l6) C. Schnieders, H.-J. Altenbach und K. Miillen, Angew. Chem. 94, 638 (1982); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 21, 637 (1982).

17) H. Quast, Y . Gorlach, J. Christ, E.-M. Peters, K. Peters, H. G. iion Schnering, L . M. Jack- man, G. Ibar und A . J. Freyer, Tetrahedron Lett. 24, 5595 (1983). Vorlaufige Mitteilungen: Lit. 13.17) Vgl. dazu die gruppentheoretische Betrachtung von Ubergangszustanden entarteter Umlage- rungen: R. E. Stanton und J. W. McIuerjr., J. Am. Chem. SOC. 97, 3632 (1975); J. G. N o w se, ebenda 102, 4883 (1980); J. Brocas und R. Wiffem, ebenda 105, 2217 (1983).

20) R. Askani, Tetrahedron Lett. 1971, 447. 21) R. Askani, R. Kirsten und B. Duqall, Tetrahedron Lett. 1976, 3891; Tetrahedron 37, 4437

22) 22a) H. Schuster und J. Sauer, Tetrahedron Lett. 24, 4087 (1983). -- 22b) C. Schnieders,

23) P. A . Wender und G. B. Dreyer, J . Am. Chem. Soc. 104, 5805 (1982). 24) H. Quast, Y. Gorlach, G. Meichsner, K. Peters, E.-M. Peters und H. G. tion Schnering, Tetra-

25) K. L. Noble, H. Hopf und L . Ernst, Chem. Ber. 117, 455 (1984). 26) H. Quast und Y. Gorlach, Tetrahedron Lett. 24, 5591 (1983). 77) 27a) K. Grohinann, noch unveroffentlicht. Wir danken Professor Grohmann fur die Mitteilung

dieser Ergebnisse (8. Nov. 1982). - 27h) W. T. Borden und A . Gold, J. Am. Chem. SOC. 93, 3830 (1971); A . Gold und W. T. Borden, ebenda 94, 7179 (1972).

(1981).

K. Miillen, C. Braig, H. Schuster und J. Sauer, Tetrahedron Lett. 25, 749 (1984).

hedron Lett. 23,4677 (1982).

18) K. Saito und T. Mukai, Bull. Chem. SOC. Jpn. 48, 2334 (1975). 19) R. S. H. Liu, J . Am. Chem. SOC. 90, 215 (1968); R. S. H. Liu und C. G. Krespan, J . Org.

30) D. Paske, R. Ringshandl, I . Sellner, H. Sichert und J. Sauer, Angew. Chem. 92, 464 (1980); Chem. 34, 1271 (1969).

Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 19, 456(1980). H. Schuster, H. Sichert und J. Sauer, Tetrahedron Lett. 24, 1485 (1983).

32) I. Sellner, H . Schuster, H. Sichert, J . Sauer und H. Noth, Chem. Ber. 116, 3751 (1983). 33) R. Criegee und H. Korber, Liebigs Ann. Chem. 756,95 (1972); R. Criegee und R. Askani, An-

gew. Chem. 80, 531 (1968); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 7, 537 (1968); J . M. BoNinger und G. A . Ofah. J . Am. Chem. SOC. 91, 3380 (1969); F. A . L. Anet und G. E. Schenck, Tetrahe- dron Lett. 1970,4237: Y. C. Toong, W. T. Borden und A . Gold, ebenda 1975, 1549; R. Aska- ni und M. Wieduwill, Chem. Ber. 109, 1887 (1976).

3J) H. Quasr und J . Christ, Liebigs Ann. Chem. 1984, 1180. 35) Zusammenfassung: W. C. Groutas und D. Felker, Synthesis 1980, 861. 36) M. Oda, A. Yarnamura und T. Watabe, Chem. Lett. 1979, 1427. 37) T. F. Corbin, R . C. Hahn und H. Shechter, Org. Synth., Coll. Vol. 5, 328 (1973). 3 8 3W H. Quast und J . Christ, Angew. Chem. 96, 606 (1984); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 23,

631 (1984). - 3 8 V Anmerkung bei der Korrektur (20. Noo. 1984): Professor Dannenberg hat uns mitgeteilt (30. Okt. 1984), da8 der Semibullvalen-tetracarbonsaureester 51 - in Einklang mit dem Verhalten von 4a - im Kristall und in Losung die von uns erwarteteW reversible Thermochromie zeigt.

39) H. Quast, J . Christ, E.-M. Peters, K. Peters und H. G. i'on Schneriny, Chem. Ber. 118, 1176 (1985), nachstehend.

40) Das folgt unmittelbar aus der Heisenbergschen Unscharferelation A E . T = h . Av . T > h / 2 ~ .

Chem. Ber. lIS(1985)

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Synthese, Struktur und thermische Umlagerungen des 2,6-Dicyan-l,5-dimethylsemibullvalens 1175

41) H.-0. Kalinowski, S. Berger und S. Braun, 'jC-NMR-Spektroskopie, 1. Aufl., S. 262, Thie- me, Stuttgart 1984.

42) Geminale '3C,'H-Kopplungen bei Olefinen sind oft sehr klein (2Jc < 0.5 Hz), siehe J. L . Marshall, Carbon-Carbon and Carbon-Proton N M R Couplings -' Applications to Organic Stereochemistry and Conformational Analysis, 1. Aufl., S. 38, Verlag Chemie, Weinheim 1983.

43) A . A. Bothner-By und S. Castellano in D. F. DeTar, Computer Programs for Chemistry, Bd. 1, 1. Aufl., A. Benjamin, New York 1968.

44) A. Allerhund, H. S. Gutowsky, J . Jonas und R. A . Meinzer, J. Am. Chem. SOC. 88, 3185 (1966); F. A. L. Anet und A. J . R. Bourn, ebenda 89,760 (1967).

45) G. G. Christoph und M. A . Beno, J. Am. Chem. SOC. 100,3156 (1978). 46) R. Peurson, A. Choplin und V. W. Laurie, J. Chem. Phys. 62, 4859 (1975). 47) M. D. Harmony, R. N. Nandi, J . V. Tietz, J . 4 Choe, S. J . Getty und S. W. Staley, J. Am.

48) R. Bianchi, T. Pilati und M. Simonefta, Acta Crystallogr., Sect. B 34, 2157 (1978). 49) R. Bianchi, T. Pilati und M. Simonetta, J. Am. Chem: SOC. 103, 6426 (1981). 50) F. H. ANen, Acta Crystallogr., Sect. B 36, 81 (1980). 5 1 ) R . Hoffmann, Tetrahedron Lett. 1970, 2907; H . Glinther, ebenda 1970, 5173. 52) T. Clark. G. W. SDitznaael. R. Klose und P. uon Raau6 Schlever. J. Am. Chem. SOC. 106.

Chem. SOC. 105, 3947 (1983).

I ,

4412 (1984), und dbrt zitferte Literatur. 53) H. Ciinther, H. Schmickler, W. Bremser, F. A . Straube und E. Voael, Angew. Chem. 85,585

(1973); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 12, 570 (1973); H. Gunthe; und g. Schmickler, Pure Appl. Chem. 44, 807 (1975).

54) Vgl. dazu die theoretischen Untersuchungen zur Tricyclo[4.4.1 .0's6]undecatetraen - 1,6-Me- thano[lO]annulen-Valenztautomerie: D. Cremer und B. Dick, Angew. Chem. 94, 877 (1982); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 21, 865 (1982).

s5) E. M. Scliulman, A. E. Merbach, M. Turin, R. Wedinger und W. J . le Noble, J. Am. Chem. SOC. 105, 3988 (1983).

56) Vgl. E. Lippert, W. Luder und F. Moll, Spectrochirn. Acta 10, 858 (1959). 57) J . A . Riddick und W. B. Bunger, Organic Solvents, Techniques of Chemistry (Edit. A. Weiss-

5 8 ) U, Hertenstein, S. Hunig, H. Reichelt und R. Schaller, Chem. Ber. 115, 261 (1982). berger), 3. Aufl., Bd. 2, S. 404, 806, Wiley-Interscience, New York 1970.

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Chem. Ber. ll8(1985)


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