Wenn Mauern reden
könnten“, mit diesen
Worten leitete Richard-
Wilhelm Bitter vom Staatlichen
Baumanagement Osnabrück-Ems-
land seine Rede zur feierlichen
Übergabe des neuen Hörsaalge-
bäudes an die Universität Osna-
brück ein. Wenn Mauern reden
könnten, so Bitter, dann würden sie
uns ihre Geschichte erzählen, von
ihrer Entstehungszeit, von histo-
rischen Ereignissen, Veränderungen,
Zerstörungen und neuen Nut-
zungen.
Bei der Auseinandersetzung mit
denkmalgeschützter Bausubstanz
liegen die Zielvorstellungen der im
demokratischen Planungsprozess
beteiligten Experten häufig weit
auseinander. Die Ver-
antwortung, bei der Pla-
nung neuer Nutzungen
in historischen Gebäu-
den auf die Geschichte
des Ortes Rücksicht zu
nehmen bzw. diese
weiter zu schreiben,
darf nicht auf Kosten der Wirtschaft-
lichkeit, der Funktion oder der
Gebäudebewirtschaftung gehen.
Häufig wird zunächst von der Nut-
zerseite der Abbruch alter Liegen-
Neustart mit ErinnerungVon der Möglichkeit, mit Architektur Geschichte zu erzählenVon Michael Walter und Matthias Fiedler
Metamorphose eines Reitstalls – aus Teilen einer Kaserne wurde ein moderner Hörsaal für die Universität Osnabrück.
schaften protegiert, weil nur dann
die optimale Umsetzung der Nut-
zerwünsche vorstellbar erscheint.
Dabei gilt es zu bedenken, dass der
Abbruch eines Gebäudes immer
nur einmal stattfinden kann und
dieser immer mit dem Verlust des
Ortes einhergeht. Es ist auch die
Verantwortung der Architekten,
Argumente dafür zu finden, warum
historische Orte erhalten bleiben
können, und dass sich diese mit
modernen Nutzeransprüchen über-
einstimmen lassen.
Zwei unlängst durch Architekten
im Planungsbüro Rohling realisierte
Hörsaalprojekte belegen, dass es
auch in Zeiten knapper Landeskas-
sen möglich ist, in denkmalge-
schützten Gebäuden durch Umbau-
und Sanierungsmaßnahmen eine
langfristige Nutzung durch öffent-
liche Träger einzurichten. In beiden
Beispielen wird moderne Technik in
alte Substanz integriert, der Nutz-
wert der Gebäude ist absolut ver-
gleichbar mit dem von Neubauten.
Was es als Geschenk dazu gibt, ist
der unverwechselbare Charakter
zweier einzigartiger Orte mit
Geschichte. Fortsetzung auf Seite 3
Instituts- und Hörsaalgebäude Universität Osnabrück
EditorialDie Bedeutung der Akquisition für das pbr Freizeitbad Heide/Holstein Impressum
Informationen der pbr AG Ausgabe 1 | Mai 2005
Neustart mit Erinnerung - Von der Möglichkeit, mit Architektur Geschichte zu erzählen
Neubau eines Produktionsgebäudes für die August Storck KG in Halle/WestfalenDer Schüler ist der Lehrplan – Sport- und Mehrzweckhalle Jena-Lobeda
Wärmeerzeugung aus BiomasseFM-GlossarAIV Osnabrück lädt zu Vorträgen einPreisfindung mit hoher Sicherheit
Risikoverteilung im Public Private Partnership
S. 2 Dialog S. 3 Projekte S. 4 Projekte S. 6 Wissen S. 8 Fokus
“
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
dem „Bauen im Bestand“ wird in der Immobilienwirtschaft eine
große Zukunftschance eingeräumt. Seitdem Neubauprojekte nicht
mehr so hoch im Kurs stehen, taucht der Begriff der Bestandsim-
mobilie immer häufiger im Vokabular von Investor, Bauherr, Nutzer
oder Architekt auf. „Bauen im Bestand“ ist nicht nur besonders Res-
sourcen sparend, sondern trägt auch zur positiven Entwicklung des
Stadtbildes bei und sorgt für spannende architektonische Kontraste.
Grundlage für die erfolgreiche Umnutzung oder Sanierung einer
Bestandsimmobilie bildet eine fundierte Gebäudeanalyse und ein
daraus abgeleiteter Maßnahmenkatalog mit einem nachhaltigen
Nutzungskonzept. Im Mittelpunkt unserer Titelstory stehen daher
zwei außergewöhnliche Bestandsimmobilien. Während der Anato-
mie-Hörsaal der Universität Leipzig aufwändig saniert wurde, bekam
die ehemalige Reithalle der Freiherr-vom-Stein-Kaserne in Osnabrück
mit der Hörsaalnutzung für universitäre Zwecke eine komplett neue
Aufgabe.
Die breite Palette herausfordernder pbr-Bauaufgaben spiegelt
sich auch in den weiteren Projektberichten dieser Ausgabe wider.
Neben dem Neubau eines Produktionsgebäudes für Storck in Halle
und der Erweiterung der Kastanienschule in Jena-Lobeda um eine
Sporthalle berichten wir über die laufenden Sanierungen an der Inte-
grierten Gesamtschule Mainspitze in Groß-Gerau, wo eine Holzhack-
schnitzelanlage realisiert wird. Die hier aus Biomasse erzeugte
Wärme wird den wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen
des Auftraggebers in besonderer Weise gerecht.
Mit einer fundierten Kostenkalkulation helfen wir unseren Part-
nern auf Bauunternehmerseite bei der erfolgreichen Angebotsge-
staltung. Wie wichtig die Kostenkalkulation als Entscheidungsgrund-
lage für den Bauherrn im Vorfeld einer Projektentwicklung ist und
welche unterschiedlichen Verfahren eingesetzt werden können,
beschreibt der Artikel „Preisfindung mit hoher Sicherheit“. Einen
ebenfalls allgemeinen Einblick in das Bau- und Planungswesen erhal-
ten Sie in der Fortsetzung unserer Reihen zu den Themen „Privat
Public Partnership“ und „FM Glossar“.
Dem regelmäßigen Leser der team@work wird vielleicht aufge-
fallen sein, dass unsere Kunden- und Mitarbeiterzeitung mit dieser
Ausgabe bereits zum zehnten Mal erscheint. Wir freuen uns über
dieses „kleine Jubiläum“, wünschen Ihnen weiterhin viel Freude
beim Lesen und hoffen auf ein kritisches Feedback und motivie-
rende Anregungen.
Die Redaktion
Impressum:
Herausgeber:
pbr Planungsbüro Rohling AG
Architekten und Ingenieure
Rheiner Landstraße 9 . 49078 Osnabrück
Telefon (05 41) 94 12 - 0 . Telefax (05 41) 94 12 - 3 45
E-Mail [email protected] . Internet www.pbr.de
Redaktion: Hubert Conrady, Jörg Frenzel, Detlef Jäkel, Claudia Klingbeil,Hermann Kuhl, Hartmut Lückemeyer, Martin Pöppelmann, Michael Walter . Kontakt zur Redaktion: [email protected] . An dieser Ausgabe haben mitgewirkt: Christoph Bierschenk, Michael Bracke, Matthias Fiedler, Reinhard Fiedler, Martin Glane, Dieter Greve, Detlef Jäkel, Claudia Klingbeil, Hartmut Lückemeyer, Bernd Nentwig, Martin Pöppelmann, Klaus Steinkamp, Silvia Ullrich, Nina Vinke, Michael Walter . Fotos:Bettina Meckel, Michael Miltzow, Klemens Ortmeyer, pbr AG . Konzeption, Grafik, Satz und Layout: Kuhl|Frenzel Agentur für Kommunikation, Osnabrück . Druck: -Günter Druck, Georgsmarien hütte . Auflage: 800 Exemplare
Liebe Leserinnen und Leser,
die Akquisition ist die Gewinnung neuer Kunden und
somit neuer Aufträge. Sie wird durchgeführt durch
geschulte Mitarbeiter, die den möglichen Kunden indi-
viduell beraten und ihm ein geeignetes Angebot unter-
breiten. Marketing umfasst alle Maßnahmen eines
Unternehmens, um den Vertrieb seiner Produkte und
Dienstleistungen zu verbessern. Die Werbung gilt als
Teil des Marketings. Über Werbung soll der Bekannt-
heitsgrad eines Produktes oder einer Dienstleistung
erhöht werden. Public Relations sind Bemühungen, die
Öffentlichkeit für die Aufgaben und Ziele des Unterneh-
mens zu interessieren, ein positives Image und Ver-
trauen zu schaffen. Die Auftragsbeschaffung für das pbr
erfolgt über Ausschreibungsverfahren der öffentlichen
Hand, Initiativbewerbungen, Teilnahme an Wettbewer-
ben und persönliche Kontakte. In jedem dieser Akqui-
sitionsumfelder benötigen wir ein funktionierendes
Zusammenspiel von Marketing, Werbung und PR.
Akquisition ist nur selten das Ergebnis vom Handeln
Einzelner, das Mannschaftsspiel ist hier besonders
gefragt.
Jede Akquisition einer Aufgabe erfordert eine Stra-
tegie. Das Kennen der Bedürfnisse des möglichen Kun-
den hat dabei höchste Priorität. Vertrauen in der Phase
der Akquisition gewinnt man nur durch fachliche Kom-
petenz und Seriosität. Ein Auftrag ist über das Ver-
trauen und nicht über den Preis zu akquirieren.
Damit die Produkte des pbr auf dem Markt wahrge-
nommen werden, müssen wir sie im Sinne des Mar-
ketings darstellen. Wir sehen unsere Stärken in der
Gesamtplanung von Projekten, die ein hohes Maß an
Integration der Technischen Ausrüstung erfordern und
an die überdurchschnittliche funktionale und gestalte-
rische Ansprüche gestellt werden. Hierzu zählen Pro-
dukte wie Schwimmbäder, Laborgebäude, Rechenzen-
tren, Logistikimmobilien und das Bauen für das
Gesundheitswesen. Durch nachhaltige Öffentlichkeits-
arbeit und gezieltes Ansprechen potenzieller Kunden
sind in diesen Marktsegmenten Aufträge zu erzielen.
Unser Büro befindet sich hier in einem ausgesuchten
Feld von Mitbewerbern, die ebenfalls über besonderes
Know-how verfügen.
Ein Schwerpunkt der Bewerbung um Planungsauf-
gaben ist die Teilnahme an den europaweiten VOF-Aus-
schreibungen, die wir mit großer Routine bearbeiten
und wo wir überproportional häufig zu Verhandlungs-
gesprächen eingeladen werden. Die Quote der sich
daraus ergebenden Aufträge ist noch verbesserungs-
würdig. Initiativbewerbungen führen eher zum Erfolg,
wenn wir über Dritte bei dem Ansprechpartner avisiert
sind. Allgemein gilt, dass eine Bewerbung ohne per-
sönliche Kontaktaufnahme zum potentiellen Kunden
kaum zum Erfolg führt. Die Teilnahme an Wettbewer-
ben dient neben der Direktakquisition dem Imagege-
winn und ist somit Teil unseres Marketingkonzeptes.
Leute kennen ist das halbe Geschäft – unter diesem
Motto ist Auftragsbeschaffung als Networking zu ver-
stehen. Dabei ist die Pflege dieses Netzwerks von
besonderer Bedeutung. Statistisch gesehen ist die
Gewinnung eines Neukunden zehnmal so aufwändig
wie die Pflege eines Stammkunden. Zu dem Netzwerk
gehören neben den Key Accounts auch unsere strate-
gischen Partner. Gemeinsame Bewerbungen mit Fach-
büros, auch in VOF-Verfahren, erhöhen für alle Partner
die Wettbewerbschancen, wenn dabei für den Auslo-
ber ein Qualitätsgewinn erkennbar ist.
Nicht zuletzt ist es die qualifizierte Arbeit, die uns
Zugang zu weiteren Aufträgen verschafft. Somit ist
jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter ein Teil unseres
Akquisitionsteams. Das Jahr 2005 hat bereits einige
gute Akquisitionserfolge gebracht. Die angespannte
Marktlage wird aber auch in Zukunft große Bemü-
hungen und Aufwendungen für die Akquisition erfor-
derlich machen.
Nicht zuletzt mit einer effektiven Bearbeitung
sichern wir auch zukünftig Auftragslage und Erfolg.
Die Bedeutung der Akquisition für das pbrvon Reinhard Fiedler,
Vorstand der pbr Planungsbüro Rohling AG
pbr Werkbericht erschienen
Die Sanierung und Erweiterung des
ehemaligen Schwimmzentrums in
Heide/Holstein zum Freizeitbad
D i t h m a r s ch e r Wa s s e r we l t
beschreibt der neueste pbr Werk-
bericht. Neben der Präsentation der
zahlreichen Attraktivierungsmaß-
nahmen wird der Erneuerung der
technischen Ausrüstung besonde-
rer Platz eingeräumt. Ausführliche
Berücksichtigung findet dabei die
Freizeitbad Heide/Holstein
für die von den Stadt-
werken Heide geför-
derte Sole notwendige
Aufbereitungsanlage.
Der pbr Werkbericht
kann wie alle ande-
ren Exemplare der
Reihe bei Stepha-
nie Pfabe (pfabe.
bestellt werden.
2 Dialog
Universität Osnabrück, Umbau
Gebäude 26 für Hörsäle
In dem lange Jahre durch die bri-
tische Rheinarmee als Panzerwerk-
statt genutzten Gebäude 26 der
ehemaligen Freiherr-vom-Stein-
Kaserne in Osnabrück wurden zwei
zusammenschaltbare Hörsäle für
den Fachbereich Biologie mit insge-
samt 500 Sitzplätzen und anstei-
gendem Gestühl errichtet. Beide
Hörsäle werden über die vorhan-
denen Korbbogenfenster natürlich
belichtet und sind mit der neuesten
Medientechnik ausgestattet. Um
Betriebskosten zu reduzieren und
um dem Umweltbewusstsein der
Universität Osnabrück als Nutzer zu
entsprechen, erhielten die Hörsäle
eine Innendämmung an den Außen-
wänden und eine Fotovoltaikanlage
auf der südlichen Dachhälfte.
Die Hörsäle wurden als massive
Haus-im-Haus-Konstruktion unter
die filigranen Fachwerkbinder der
denkmalgeschützten Satteldach-
konstruktion gestellt und graben
sich in Längsrichtung in den Bereich
der früheren Gründung hinein. Das
ansteigende Gestühl nimmt die
Topografie der angrenzenden
Böschungen auf und wird auf zwei
Ebenen erschlossen. Rollstuhl fah-
rende Hörer erreichen das breit
ausgelegte Mittelpodest schwellen-
frei. Bei Bedarf lassen sich die bei-
den Hörsäle durch eine manuell
verschiebbare Trennwandanlage in
Längsrichtung trennen bzw. zusam-
menschalten. Zur Aufnahme der
aus der Trennwandanlage resultie-
renden hängenden Last von 20 Ton-
nen erhielt das Gebäude eine neue
Tragstruktur aus Stahlfachwerkbin-
dern, die das Gebäude in Querrich-
tung stützenfrei über 22 m über-
spannen. Die Dachkonstruktion und
die sichtbar montierte Lüftungs-
technik auf der Hörsaaldecke sind
vom Foyer aus einsehbar und prä-
gen den Raumeindruck im Hörsaal-
foyer - die denkmalgeschützte
Gebäudehülle bleibt erlebbar. Hier
gehen neue und alte Bauteile einen
sichtbaren Dialog miteinander ein
und akzentuieren die neue Hörsaal-
nutzung in der alten Reithalle.
Universität Leipzig, Umbau und
Modernisierung Hörsaalkom-
plex und Institut der Anatomie
Die Aufgabenstellung für den Hör-
saal der Anatomie der Universität
Leipzig galt nicht der Umnutzung,
sondern der Sanierung und Moder-
nisierung eines bestehenden Hör-
saalgebäudes. Der Ursprungsbau
aus dem 19. Jahrhundert war im
Zweiten Weltkrieg zerstört worden
und wurde in den fünfziger Jahren
des letzten Jahrhunderts an glei-
cher Stelle, jedoch im klassizi-
stischen Stil wiedererrichtet. Für
die zeitgemäße Weiternutzung als
Forschungs- und Lehreinrichtung
der Anatomie wurden die Oberflä-
chen saniert, für zusätzliche Funkti-
onsflächen und Rettungswege
Anpassungen am Grundriss vorge-
nommen und technische Anlagen
und Sicherheitstechnik auf einen
zeitgemäßen Stand gebracht. Dabei
wurden die denkmalpflegerischen
Zusammenhänge nicht vergessen.
Freigelegte Grundmauern und
Gewölbe des Ursprungsbaus sind
heute ebenso erlebbar wie die
Gestaltungsmerkmale des Wieder-
aufbaus aus der Nachkriegszeit. Der
Hörsaal der Anatomie entspricht
durch seine in Hufeisenform ange-
ordneten Stuhlränge dem klas-
sischen Layout eines typischen
Demonstrationssaales. Die bis zu
500 Studentinnen und Studenten
sitzen auf zierlichen, denkmalge-
schützten Drehtellerstühlen in stei-
ler Anordnung und unmittelbarer
Nähe um den Präparationstisch
herum. Die historische Oberlichtla-
terne im Hörsaaldach wurde rekon-
struiert und spendet natürliches
Licht in die Mitte des Auditoriums.
Die Rückwand des Hufeisensaales
dient als Bildfläche zur begleiten-
den Visualisierung der Präparations-
kurse und Vorlesungen.
Der Charakter einer Einrichtung
für Forschung und Lehre ist im
gesamten Gebäude spürbar.
Bemerkenswerte Räume, die von
der Geschichte des Hauses als
medizinische Forschungsstätte
erzählen, sind die anatomische
Sammlung mit der über 200 Jahre
alten Schädelsammlung, die Präpa-
rationsräume und die Mikroskopier-
räume, aber auch die Umkleide-
und Waschräume, wo zahlreiche
Waschtische, Seifenspender, Hand-
tuchhalter und Kleiderhaken mit
weißen Kitteln dem Betrachter mit-
teilen, dass sich hier junge Stu-
denten seit Generationen auf die
Arbeit an den Leichen vorbereiten.
Das Institut der Anatomie und
die Hörsäle der Biologie sind
authentische Orte, die den Beweis
erbringen, dass es richtig ist, an
Orten mit Geschichte festzuhalten,
und dass es gleichzeitig möglich ist,
an diesen Orten Nutzungen mit
Zukunftsoption einzurichten.
Anatomie Hörsaal der Universität Leipzig
Anatomie-Hörsaal der Universität Leipzig
Instituts- und Hörsaalgebäude Universität Osnabrück
3Projekte
Für die August Storck KG reali-
sierte die pbr AG in Halle/
Westfalen den Neubau eines
hochtechnisierten Produktionsge-
bäudes. Die dortige Herstellung
und Verpackung von Süßwaren
stellt so konkrete Anforderungen
an die Raumlufttemperatur und
-feuchte, dass eine Vollklimati-
sierung der 91 x 144 m großen
Produktionshalle notwendig ist.
Jeder der insgesamt neun Sektoren
wird aus einer separaten, zweistu-
figen Vollklimaanlage versorgt. Die
Luftleistung beträgt insgesamt
545.000 m³/h. Da die raumlufttech-
nischen Anforderungen an verschie-
dene Zonen unterschiedlich sein
können, müssen die neun Anlagen
Raumluftzustände von 19 bis 26° C
+/- 1 K und 33 bis 50 % r. F. +/- 10 %
sicherstellen. Zu- und Abluftgeräte
wurden in wetterfester Ausführung
auf einer Stahlkonstruktion ober-
halb des Daches aufgestellt. Die
Zulufteinbringung erfolgt im Warm-
bereich durch hochinduktive, moto-
risch verstellbare Drallauslässe. Der
Kaltbereich wird mit textilen
Luftauslass-Systemen versorgt.
Der Nennvolumenstrom zur Ver-
sorgung mit Trinkwasser beträgt 15
m³/h für Normalwasser und
40 m³/h für teilenthärtetes Wasser.
Für Spitzenlasten steht ein Warm-
wasserspeicher mit 100 m³ Inhalt
zur Verfügung. Zur Produktionsanla-
genreinigung ohne Hilfsenergie,
z. B. bei Stromausfall, ist ein Druck-
luftwasserkessel mit 16 m³ Inhalt
und einem Anlagendruck von 5 bar
installiert. In den Wassererwär-
mungskreislauf ist eine Wärmerück-
gewinnung integriert, die aus dem
Ölkühlkreislauf der Kälteerzeugung
Wärme entzieht.
Die Versorgung der Heizungsan-
lagen erfolgt aus einem Hochdruck-
dampf-Netz mit einer Leistung von
maximal 20 t/h. Der Dampfdruck
wird zweistufig auf 10 bar und 2 bar
jeweils mit Split-Range-Regelungen
reduziert. Die Versorgung mit Pro-
duktionswärme erfolgt aus der
10 bar- und der 2 bar-Schiene. Für
die Gebäudeheizung wird über Plat-
tenwärmetauscher mit Anstaurege-
lung Pumpenwarmwasser mit einer
Temperatur von 80/60° C erzeugt.
Zur Vermeidung von Nachdampfver-
lusten sind Einrichtungen zur Kon-
densatauskühlung installiert.
Mit einer Gesamtleistung von
2.490 kW bei einer Ausbauoption
auf 4.460 kW sorgt die Splitkältean-
lage mit dem umweltfreundlichen
Kältemittel Ammoniak für Produk-
tions- und Klimakälte. Die Anlage ist
mit hoch liegenden NH3-Abschei-
dern, überfluteten Plattenverdamp-
fern, sieben drehzahlgeregelten
Schraubenverdichtern (je 640 kW)
und sieben Verdunstungskondensa-
toren (je 900 kW) ausgeführt. Zur
Redundanz auch bei unterschied-
lichen Verdampfungstemperaturen
sind die Abscheider für Produktions-
und Klimakälte über ein Regelventil
verbunden. Die Energieverteilung
erfolgt über zwei getrennte Kalt-
wasserkreisläufe mit Rohrleitungs-
nennweiten bis DN 300 und insge-
samt 8 Kaltwasserpumpen.
Die Versorgung mit elektrischer
Energie erfolgt aus einer SF-6 Mit-
telspannungsschaltanlage. Zwei
Transformatoren mit je 1600 kVA
speisen 4 Niederspannungsschalt-
anlagen mit insgesamt 60 NH-3
und 60 NH-1 Sicherungslasttrenn-
schaltern. Insgesamt 10 Unterver-
teilungen für die Gebäudeinstalla-
tion und 9 Lüftungs- und Kli-
maschaltschränke übernehmen an
Lastschwerpunkten die Versorgung
und Absicherung der elektrischen
Hoher Anspruch an die TechnikNeubau eines Produktionsgebäudes für die August Storck KG in Halle/Westfalenvon Martin Glane und Klaus Steinkamp
Anlagen. Die Anbindung und Lei-
tungsführung erfolgt in sonderan-
gefertigten, geschlossenen Weit-
spann- und Kabelrinnen mit einer
Gesamtlänge von ca. 3.100 m. Im
Produktionsbereich ist eine Beleuch-
tungsanlage mit über 1.200 EVG-
betriebenen Leuchten installiert.
Eine Brandmeldeanlage mit
punktförmigen Rauchmeldern über-
wacht Technikräume und Abluftan-
lagen der Produktionsbereiche
sowie nicht mit Sprinklern ausge-
stattete MS- und NS-Schaltanlagen-
räume. Neun Rauchansaugsysteme
sorgen für eine Brandfrühesterken-
nung von Schaltschränken mit
erhöhten Sicherheitsanforde-
rungen.
Sämtliche technischen Anlagen
werden durch ein Gebäudeauto-
mationssystem gesteuert, geregelt
und überwacht. Auf insgesamt
10 Informationsschwerpunkte, die
durch Lichtwellenleiter verbunden
sind, werden ca 1.750 Datenpunkte
physikalisch aufgeschaltet.
Baubeginn Februar 2003
Fertigstellung März 2004
Leistungen pbr Gesamtplanung
Kernteam im pbr
Martin Glane, Monika Harms, Sabine
Hehmann, Peter Igelmann, Nicole Stef-
fen, Klaus Steinkamp, Gerhard Striebeck,
Michael Wuttge
Projektinformationen
4 Projekte
Der Schüler ist der Lehrplan
Sport- und Mehrzweckhalle für die Kastanienschule Jena-Lobeda
von Michael Bracke
Die Staatliche Förderschule
für Geistigbehinderte Jena-
Lobeda ist die für Jena und
Umgebung zentrale Einrichtung zur
Erziehung, Bildung und Integration
behinderter Kinder und Jugendli-
cher. In den letzten Jahren wurden
an der Schule umfangreiche Sanie-
rungs- und Umbaumaßnahmen
durchgeführt, die die Lernbedin-
gungen der Schüler und Lehrer
wesentlich verbessert haben. Es
fehlten lediglich noch Räumlich-
keiten für den Schulsport, da
gerade geistig und körperlich
be hinderte Kinder eine intensive
bewegungstherapeutische Betreu-
ung und Förderung benötigen.
Mit dem Neubau einer Sport-
und Mehrzweckhalle wurden auch
diese Anforderungen erfüllt. Als
weiteres Argument für den Neubau
waren die sich dadurch eröffnenden
Möglichkeiten einer Nutzung für
Elternversammlungen, Schulfeste
etc. und die damit verbundene inte-
grative Wirkung von großer Bedeu-
tung.
Der Neubau gliedert sich in drei for-
mal unterschiedliche Baukörper, die
ihre verschiedenen Funktionen
widerspiegeln. Die Sporthalle
demonstriert mit ihrer hochwer-
tigen Bauhülle aus einer offenen
Lärchenholzverschalung und ihrer
Höhe die Dominanz der Funktion
dieses Gebäudeteils. Die kubische
Darstellung des Baukörpers ist an
die vorhandene Schule angelehnt.
Die im rechten Winkel zueinander
stehenden und durch das Foyer ver-
bundenen Sanitär- und Lagerbe-
reiche wurden als eingeschossige
Baukörper mit Attika und Flachdach
ausgebildet und erhielten als Kon-
trast zur Sporthalle eine etwas
weniger auffällige Fassade aus Putz
mit kräftiger Tönung. Der Lauben-
gang verbindet diese beiden Bau-
körper und umschließt einen Platz,
der als zentraler Kommunikations-
punkt für die Schule dient.
Die Anlage des Neubaus orien-
tiert sich um einen Hof mit Lauben-
gang, der an der Westseite durch
eine Verglasung eingehaust ist und
in den übrigen Bereichen als offener
Gang realisiert wurde. Dadurch
wurden die Außenraumflächen auf-
gewertet und zusätzlich differen-
zierte Flächen für eine individuelle
Nutzung geschaffen.
Projektinformationen
Baubeginn Mai 2003
Fertigstellung Juni 2004
Leistungen pbr Architektur
Tragwerksplanung
Freianlagen
Kernteam im pbr
Michael Bracke
Matthias Fiedler
Projektinformationen
5Projekte
Fortsetzung der Serie: Facility Management „Glossar von A-Z“In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen einige Fachbegriffe aus dem Bereich „Facility Management“ der Buchstaben C-D vor.
C
CAFM-System
Computer Aided Facilities Manage-
ment-System. Ein computerge-
stütztes Gebäudeinformationssy-
stem zur strategischen und opera-
tiven Unterstützung aller Dienstlei-
stungen des Gebäudemanage-
ments rund um den Mieter (Kunde).
Der Kern eines CAFM-Systems
sind gebäudebezogene und prozes-
sorientierte Auftrags- und Rech-
nungsstellungen auf Grundlage
einer oder mehrerer Datenbanken
und eines integrierten CAD-
Systems.
Catering
Aufgabe des Gebäudemanage-
ments zur Zwischen- und Hauptver-
sorgung und Bewirtung der Mitar-
beiter eines Unternehmens
Change Management
Stärkung der Selbsthilfefähigkeit
der Organisation bei Veränderungs-
prozessen durch Integration der
Mitarbeiter
Controlling
Regelkreisprozess im Manage-
ment, um ein Ergebnis zu errei-
chen. Ursprung im Finanzbereich.
SOLL-IST-Abweichungen werden
identifiziert und sind Ausgangs-
punkt für Maßnahmen, um SOLL
zu erreichen.
CREM
Corporate Real Estate Manage-
ment. Betrachtung des Immobilien-
vermögens eines Unternehmens
unter Berücksichtigung finanzwirt-
schaftlicher Fragestellungen
D
DIX
Deutscher Immobilienindex:
Ein nach dem Vorbild des DAX
(Deutscher Aktienindex) konstruier-
ter Indikator für die Wertentwick-
lung von Immobilien
Dokumentation
Die Bereitstellung von Informati-
onen in geeigneter Aufbereitung
und Form ist die Grundlage jegli-
chen Betreiberkonzeptes. An dieser
Stelle werden die notwendigen
alphanumerischen und grafischen
Daten definiert. Insbesondere
erfolgt hier die Vorgabe der Struktu-
rierung für das Erfassen und Able-
gen der Daten mit den dazu gehö-
rigen Organisationsgrundlagen für
die Pflege und den Zugriff auf die
Informationen. Ergebnisse dieses
Bereiches sind: eine eindeutige
Identifikationssystematik für alle
FM-Objekte, ein transparentes
Anlagenkennzeichnungssystem
(AKS), sichere Strukturen für
Ablage und Wiederauffinden aller
FM-relevanten Daten, Effektivität
bei Informationsbeschaffung und
die Aufbereitung und eindeutige
Basis für einzusetzende CAFM-
Systeme.
Dokumentenmanagement
Aufgabe des Gebäudemanage-
ments zur Verwaltung von Doku-
menten sowie der grafischen und
alphanumerischen Gebäudedaten.
Im Rahmen eines Gesamtsanie-
rungskonzeptes lässt der Kreis
Groß-Gerau sämtliche Schul-
bauten schrittweise modernisieren.
Zu den aktuellen Sanierungsob-
jekten gehören die Martin-Buber-
Schule in Groß-Gerau und die Inte-
grierte Gesamtschule Mainspitze in
Ginsheim-Gustavsburg. Beide
Schulen wurden 1971/72 zeit- und
baugleich mit je zwei 3-Fach-Sport-
hallen realisiert. Die pbr AG ist für
die Planung der Technischen Ausrü-
stung beider Gebäude verantwort-
lich.
Bei den Sanierungsvorhaben
wird besonderer Wert auf die
Berücksichtigung wirtschaftlicher
und ökologischer Belange gelegt.
Neben einer umfassenden Fassa-
densanierung inkl. Wärmedäm-
mung sollen die unwirtschaftlichen
Elektroheizungssysteme durch
andere Heizsysteme ersetzt wer-
den. Zur Erneuerung der Wärme-
versorgung in der IGS Mainspitze in
Ginsheim-Gustavsburg wurden im
Rahmen der Vorplanung Wirtschaft-
lichkeitsbetrachtungen durchge-
führt und während der Entwurfs-
planung unter Einbeziehung aller
Rahmenparameter und der mög-
lichen Fördergelder vertieft. Die
untersucht. Da der komplette Schul-
komplex im Hochwassergebiet des
Rheins liegt, wurde eine ebener-
dige Lösung mit der lediglich min-
destnotwendigen Absenkung von
ca. 0,80 m für die Späneförderung
vorgesehen. Zum Einsatz kommen
Holzhackschnitzel mit 100 % Wald-
restholz . Bei der sog. Vorschubfeu-
erung erfolgt die Brennstoffzufuhr
auf einem bewegten Rost. In der
oberen Rostzone wird der Brenn-
stoff getrocknet und vorgewärmt,
in der mittleren Zone findet die
Entgasung statt und im unteren
Rostbereich die Verbrennung der
Holzkohle.
Die pbr AG hat den Landkreis
Groß-Gerau außerdem hinsichtlich
der unterschiedlichen Energiecon-
tractingformen beraten. Gewählt
wurde das klassische Energieliefer-
contracting, bei dem der Contractor
die Investition, Finanzierung und
den Betrieb der Anlage, wie hier für
eine vertraglich vereinbarte Zeit von
15 Jahren, übernimmt. Da der
Schwellenwert von 200.000 € netto
(in 4 Jahren) überschritten wird,
haben wir diese Leistung EU-weit
nach VOL/A für Dienstleistungauf-
träge ausgeschrieben. Mit dem
Rechtsamt des Landkreises wurde
ein Wärmeliefervertrag als Muster-
vertrag für die Ausschreibung erar-
beitet. Der Auftrag wurde im
Februar 2005 termingerecht an den
Contractor ausgesprochen. Die
Fertigstellung und Inbetriebnahme
wird rechtzeitig zur nächsten
Heizperiode im September 2005
erfolgen.
Wärmeerzeugung aus BiomasseHolzhackschnitzelanlage und Energieliefercontracting für den Landkreis Groß-Gerauvon Dieter Greve
Entscheidung
fiel auf eine Wär-
meerzeugung
aus Biomasse
mit einem Holz-
hackschnitzel -
feuerungskessel
(450 kW) und
einem Spitzlast-
kessel (800 kW). Mit dem Holz-
hackschnitzelfeuerungskessel wer-
den ca. 70 % der Jahreswärme-
energie von ca. 1.400 MWh/a abge-
deckt.
Die Anlagen werden unter der
Beachtung von kurzen Nachwärme-
leitungen zur Schule bzw. Sport-
halle in einem neu zu errichtenden
Gebäude mit 120 m³ Spänelager
aufgestellt. Im Zuge der Planung
wurden unterschiedliche Aufstel-
lungsvarianten und Spänesilos
Instituts- und Hörsaalgebäude Universität Osnabrück
Der Osnabrücker Architekten- und
Ingenieurverein bildet seit über
50 Jahren eine Klammer zwischen den
unterschiedlichen Bauberufen in der
Hasestadt. Alljährlich wird ein umfang-
reiches Vortrags- und Veranstaltungspro-
gramm angeboten, das sich nicht nur an
die AIV-Mitglieder, sondern auch an
andere Interessierte wendet. Folgende
Veranstaltungen finden im kommenden
Halbjahr statt:
20. Mai 2005
Besuchsfahrt AIV Münster
12. Juni 2005
Frühschoppen, Haseschachtgebäude
Museum Industriekultur Osnabrück
17. Juni 2005, 14:00 Uhr
Besuchsfahrt nach Enschede
21. August 2005, 8:00 Uhr
Fahrradtour
17. September 2005, 14:00 Uhr
Besuchsfahrt AIV Hannover
7. Oktober 2005, 18:00 Uhr
Vortrag „Entwicklung im Baugeschehen,
Rechtsfragen“
7. November 2005, 18:00 Uhr
Stammtisch
5. Dezember 2005; 18:00Uhr
Stammtisch
17. Dezember 2005, 18:00 Uhr
Festlicher Winterabend
Informationen zu den Veranstaltungen
und zur Mitgliedschaft im AIV erteilt
Christoph Bierschenk, pbr Osnabrück,
unter Telefon (0541) 9412-150.
AIV Osnabrück, Termine
6 Wissen
Preisfindung mit hoher Sicher-heitKostenkalkulationen für Bauleistungenvon Hartmut Lückemeyer
Die Kalkulation der Herstel-
lungskosten von Gebäuden
und ihren technischen Aus-
rüstungen ist im Vorfeld der Projekt-
entwicklung eine wichtige Entschei-
dungshilfe für den Bauherrn. So
werden in der Vor- und Entwurfspla-
nung Kostenschätzungen erstellt,
die entsprechend der jeweiligen
Planungstiefe einen Ausblick auf
die zu erwartenden Herstellungsko-
sten geben. Im Geschäftsfeld 40
der pbr AG ist die Kalkulation von
Leistungsbeschreibungen als
Grundlage für die Abgabe eines ver-
bindlichen Angebotes ein wesent-
licher Bestandteil des hier anfal-
lenden Arbeitsumfanges. Im
Gegensatz zu den prognostizierten
Kalkulationskosten im Rahmen der
Bauplanung sind die Angebotskal-
kulationen für unsere Auftraggeber
– in der Regel sind dies Bauunter-
nehmen – absolut verbindlich. Eine
Fehlkalkulation ist gleichbedeutend
mit einem Misserfolg im Preisran-
king der Submissionsergebnisse.
Angebote mit zu vielen Risikozu-
schlägen oder zu hohen Preisansät-
zen führen zu einem hinteren Platz
in der Bieterliste ohne Aussicht auf
eine Beauftragung. Umgekehrt stel-
len zu niedrige Kalkulationsansätze
im Auftragsfall ein hohes wirtschaft-
liches Risiko für den Bauunterneh-
mer dar, da sich die geforderten
Leistungen nicht zu den kalkulierten
Kosten am Markt einkaufen lassen
bzw. nicht kostendeckend durch
eigene Mitarbeiter zu erstellen
sind.
Kunden- und Vertragsprofil
Unsere Kunden sind Bauunterneh-
men, die Angebote für nationale
und internationale Projekte abge-
ben. Neben den klassischen Verträ-
gen mit Abrechnungen zum Nach-
weis bzw. pauschalen Abrech-
nungen als schlüsselfertige Lei-
stung kommen vermehrt auch Bau-
vorhaben mit Planungswettbewer-
ben und mit dem Vertragsmodell
des Public-Private-Partnership zur
Kalkulation. In diesen Ausschrei-
bungen sind die zu erbringenden
Bauleistungen in der Regel nur sehr
grob beschrieben und bedürfen
einer planerischen Bearbeitung, um
das Leistungsbild soweit zu konkre-
tisieren, dass das Kalkulationsrisiko
für das Bauunternehmen akzep-
tabel wird und der Bauvertrag mit
für die Vertragspartner nachvollzieh-
baren Inhalten erstellt werden
kann.
Grundlagen der Kalkulationen
Die Verbindlichkeit der Ausschrei-
bungen und damit der Kalkulations-
grundlagen ist sehr unterschiedlich.
Von der Mengen- und Einheitspreis-
ausschreibung mit Ausführungs-
zeichnungen bis zur Funktionalen
Leistungsbeschreibung nur mit
Grundrisszeichnungen im Maßstab
1:200 finden sich alle Zwischenvari-
anten am Markt wieder. In diesem
Umfeld sind geeignete Kalkulati-
onsverfahren gefragt, die eine opti-
mal am Bedarf ausgerichtete Preis-
findung mit hoher Sicherheit bie-
ten.
Kalkulationsverfahren
Um den genannten Marktanforde-
rungen gerecht zu werden, haben
sich im pbr verschiedene Verfahren
zur Absicherung der Kalkulationser-
gebnisse entwickelt:
1. Kostenprognose
Nach erster Sichtung der Aus-
schreibungsunterlagen und Ein-
stufung des Gebäudetyps wird
von den Kalkulatoren eine
Kostenschätzung allein unter
Bezug auf die Brutto-Geschoss-
fläche abgegeben. Damit soll
die „richtige Einschätzung“
trainiert und eine
Referenz für das
Ergebnis der
d e t a i l -
l i e r t e n
Kostener-
m i t t l u n g
gegeben wer-
den.
2. Kostenkataloge
Die Bearbeitungszeit und die
Bearbeitungskosten gebieten es,
Verfahren zu entwickeln, die bei
aller Individualität der Gebäude-
typen, der Standorte und der
Wettbewerbssituationen stan-
dardisierte Preiskataloge anwen-
den, die eine ständige Anfrage
der Leistungen bei Fachfirmen
und Herstellern weitestgehend
unnötig machen. Bisher wurden
die gemachten Erfahrungen
bezüglich der Interpretation der
Funktionalität und Qualitätsan-
forderungen bei den jeweiligen
Kalkulatoren individuell gesam-
melt; ebenso wie die Einheits-
preise aus den Submissionser-
gebnissen bzw. den Auftragsver-
gaben an Nachunternehmer. Zur
Verbesserung der Nachvollzieh-
barkeit der Kalkulationsergeb-
nisse und damit auch der
Vertrauensbildung
wird zur Zeit
ein Pro-
g r a m m
getestet, das die Ein-
heitspreise verwaltet und ein-
fache Aktualisierungsmöglich-
keiten bietet. Nach Beendigung
der Testphase sollen diese Werte
allen Mitarbeitern zur Verfügung
gestellt werden. Über eine Admi-
nistratorenzuordnung der jewei-
ligen Kostengruppen wird sicher-
gestellt, dass nur Befugte eine
Korrektur der Datenbank vorneh-
men können. Innerhalb der Pro-
jektkalkulationen lassen sich die
Preisvorgaben mit Zu- bzw.
Abschlägen an die jeweilige
Angebotssituation anpassen.
Die projektbezogenen Anpas-
sungen sind in enger Abstim-
mung mit dem Bauunterneh-
men festzulegen, in Kenntnis der
Marktsituation und einer
Risikobewertung.
3. N e b e n a n g e -
bote
Die Abgabe von
Nebenangeboten ermöglicht
es, Preisvorteile darzustellen,
die das wirtschaftliche Ergebnis
in keinster Weise verringern. Zu
diesem Zweck gibt es bei den
Kalkulatoren Formblätter, in die,
auf Kostengruppen bezogen,
Vorschläge für alternative Aus-
führungslösungen oder Fabri-
kate einzutragen sind. Damit ist
in jedem Fall ein Verhandlungs-
spielraum eröffnet, auch wenn
sich das Gesamtangebot nicht
an erster Stelle in der Bieterliste
wiederfindet.
Übertragbarkeit der
Kalkulationsergebnisse
Die Übertragbarkeit von Kalkulati-
onsergebnissen ist nur nach einge-
hender Bewertung aller Ausschrei-
bungsinhalte möglich. Die jeweils
geforderten Leistungsdetails bein-
halten häufig ganz spezifische
Anforderungen z. B. im Schallschutz
oder im Wärmeschutz, die die tech-
nische Ausrüstung der Gebäude
sehr stark variieren und damit für
sehr unterschiedliche Kalkulations-
ansätze sorgen. Auch die Einheits-
preise für konkrete Ausführungslei-
stungen können hersteller spezifisch
sehr unterschiedlich ausfallen.
Die Kenntnis der Auswirkungen
dieser ganz speziellen Kalkulations-
inhalte und die Anwendung der
beschriebenen Kalkulationspro-
zesse ermöglichen eine sichere und
wirtschaftliche Preisfindung im
Umfeld der variierenden Angebots-
modelle.Realschule Castrop-Rauxel – Beispiel für eine Entwurfsplanung im Rahmen einer PPP-Kalkulation
7Wissen
Die Charakteristik von PPP-
Modellen sieht das partner-
schaftliche Zusammenwir-
ken von öffentlicher Hand und Pri-
vatwirtschaft mit dem Ziel einer
besseren wirtschaftlichen Erfüllung
öffentlicher Aufgaben als bisher vor.
Die Art und Weise, wie PPP-Modelle
umgesetzt werden, hängt wesent-
lich von der Art der Aufgabenerfül-
lung und den damit verbundenen
Randbedingungen ab.
Die Risiken bei haushaltsfinan-
zierten Projekten verteilen sich auf
die Projektpartner:
• Der öffentliche Auftraggeber
trägt das Risiko des Betriebes
und der Investition der Bauauf-
gabe.
• Die privaten Akteure, wie Planer
und ausführende Unternehmen,
tragen die Planungsrisiken und
die Baurisiken auf der Grundlage
bestehender Rechtssprechung.
Bei PPP-Modellen sieht die Koope-
ration lange Laufzeiten vor, die
andere vertragliche und rechtliche
Rahmenbedingungen vorsehen. Es
erfolgt ein Risikotransfer auf die pri-
vaten Partner, abhängig von der Art
des gewählten Kooperationsmo-
dells. Im Folgenden werden die
unterschiedlichen PPP-Modelle mit
Risikoverteilung kurz beschrieben.
Beim Erwerbsmodell werden
Gebäude auf dem Grundstück des
privaten Auftragnehmers errichtet
und dem öffentlichen Auftraggeber
zur Nutzung überlassen.
Die Aufga-
ben des Auf-
tragnehmers
beziehen sich
auf die Pla-
nung, den Bau,
den Betr ieb
und die Finan-
z ierung des
Gebäudes, als
Entgelt erhält
er Kaufraten.
Planung, Bau
und Finanzie-
r u n g s i n d
Risiken, die
der Auftrag-
nehmer übernimmt. Die Über-
nahme des Betriebsrisikos hängt
von der konkreten Nutzung und den
vertraglichen Randbedingungen ab.
Da der Auftraggeber zur Über-
nahme des Objektes verpflichtet
ist, entfällt das Verwertungsrisiko
auf ihn.
Im Gegensatz zum Erwerbs-
modell sieht das PPP-FM-Leasing-
modell keine feste Verpflichtung zur
Übernahme des Gebäudes, statt
dessen aber eine Erwerbsoption
vor. Auf den Auftraggeber entfällt
daher nur das Risiko einer Ver-
wertung bei Ausübung einer Kauf-
option.
Bei einem PPP-Inhabermodell
wird das Gebäude auf dem Grund-
stück des öffentlichen Auftragge-
bers saniert bzw. neu errichtet und
anschließend vom privaten Auftrag-
nehmer betrieben. Dieses Modell
ist besonders geeignet für den
Betrieb von Schulen und Kindergär-
ten und sieht keine Eigentumsüber-
tragung vor. Das Betriebsrisiko liegt
hier beim Auftraggeber und ist von
den rechtlichen und gesellschaft-
lichen Rahmenbedingungen abhän-
gig. Am Beispiel der Schulen ist im
Bereich der Sicherheit erkennbar,
wie schwierig Randbedingungen
vertraglich für Vertragslaufzeiten
von 20 Jahren fassbar sind.
Das PPP-Konzessionsmodell
sieht die Verpflichtung des Auftrag-
nehmers vor, im Rahmen eines
Konzessionsvertrages eine Lei-
stung in Form des Gebäudes (Bau-
konzession) oder in Form einer
Dienstleistungskonzession an
Stelle des Auftraggebers zu erbrin-
gen. Die Risikoverteilung entspricht
in den ersten Phasen der Verteilung
der anderen Modelle, das Betriebs-
und Verwertungsrisiko wird ver-
tragsabhängig geteilt.
Die Grafik zeigt die Verlagerung
der Risiken auf die Auftragnehmer-
seite. Vertragliche Verein barungen
sind vor diesem Hintergrund prä-
zise zu prüfen und Plausibilitätskon-
trollen zu unterwerfen. Bei Fragen
des Energieverbrauches ist es zum
Beispiel nahezu unmöglich, die
Energiepreise am Ende einer 20-
jährigen Vertragslaufzeit zu bestim-
men. Auch der Energieverbrauch ist
stark nutzungsabhängig und vertrag-
lich daher schwer zu fassen. Risiken
sollten im Bewerbungsverfahren
transparent dargestellt und ggf.
einer Analyse unterzogen werden.
Risikoverteilung im Public Private Partnership PPP-Modelle im Überblick
von Prof. Dr.-Ing. Bernd Nentwig
PPP-Projekte – fruchtbare Kooperation zwi-schen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft
Prof. Dr.-Ing. Bernd Nentwig,
Architekt,
Jahrgang 1957,
ist Geschäftsführer der N+ Objektma-nagement GmbH mit Sitz in Weimar.
Er ist Professor an der Bauhaus-Univer-sität Weimar, Lehrstuhl Baumanage-ment/Bauwirtschaft.
Kurzvorstellung
8 Fokus