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Zeitschrif t für Recht, Steuern und Wirtschaf t
Verlag Recht und Wirtschaft
47.201065. Jahrgang // 15.11.2010 // Seiten 2833 – 2896
// D I E E R S T E S E I T EProf. Dr. Jobst-Hubertus BauerGesetzentwurf der Bundesregierung zur Verhinderungvon Missbrauch der Arbeitnehmer�berlassung:Dynamik auf dem Arbeitsmarkt durch Zeitarbeit I
// W I R T S C H A F T S R E C H TProf. Dr. Dr. J�rgen Ensthaler und Vanessa Kluge„FRIZ“ – Das Ende der Schuldverschreibung? 2835
Dr. Lars F. Freytag, LL.M., RADer Regierungsentwurf zur �nderung des Umwandlungs-rechts 2839
Dr. Kai Hasselbach, RAVerfahrensfragen des �bernahmerechtlichen Squeeze out 2842
BGH: Kfz-Kauf – Beschaffenheitsangabe „Vorf�hrwagen“ sichertkein bestimmtes Alter zuBB-Kommentar von Dr. Patrick Ayad, RA 2848
// S T E U E R R E C H TDr. Elmar Bindl, StB, und J�rg SchradeKapitalertragsteuer bei inl�ndischen offenenImmobilienfonds 2855
Dr. Friedrich Petry, RA/FAStRDie „Weimarer Bettensteuer“, Th�ringer Exportschlagerf�r leere Stadtkassen oder Irrweg? 2860
BFH: Vereinbarung der Verlust�bernahme bei k�rperschaft-steuerlicher OrganschaftBB-Kommentar von Dr. Marc Scheunemann, LL.M., RA/FAStR/StB 2866
// B I L A N Z R E C H T & B E T R I E B S W I R T S C H A F TDr. Norbert L�denbach, WP/StB, und Dr. Jens FreibergKonsolidierungskreis, Mehr-M�tter-Beziehungen undformale Stimmrechtsmehrheiten nach E-DRS 26 2874
Dieter Gahlen, WPKonsolidierung von Leasingobjektgesellschaften nachBilMoG und E-DRS 26: nun Mehrfach- statt Nicht-konsolidierung? 2877
BFH: Zahlung f�r die �bernahme einer Zufahrtsbaulast alsAnschaffungskosten des Grund und BodensBB-Kommentar von Dr. Florian Kleinmanns, RA 2881
// A R B E I T S R E C H TDr. Friedemann Berg, RA, und Dr. Ivo Natzel, RADie Last des Alters aus arbeitsrechtlicher Sicht 2885
Dr. Christopher Jordan, Dr. Alexander Bissels und Dr. Christine L�wIst der Betriebsrat zur Speicherung von Arbeitnehmer-daten berechtigt? 2889
EuGH: Kein Ausschluss der Entlassungsabfindung wegenAltersrenteBB-Kommentar von Dr. Christian Rolf, RA 2894
// B E R U F S P R A X I S : W E I T E R B I L D U N GIm Blickpunkt: Masterstudieng�nge VI
Wirtschaftsrecht
Prof. Dr. Dr. J�rgen Ensthaler und Vanessa Kluge
„FRIZ“ – Das Ende der Schuldverschreibung?
Knapp zwei Jahre lang erwartete die Fachwelt das Urteil des EuGH in
Sachen „FRIZ“ (C-215/08; BB 2010, 1301), um Kl�rung der vom BGH (II ZR
292/06; BB 2008, 1364) vorgelegten Fragen zum Thema „Schrottimmobi-
lien“ im Spannungsfeld von Verbraucherschutz und Gesellschaftsrecht zu
bekommen. Der Beitrag analysiert das Urteil kritisch und zeigt auf, welche
(falschen) Signale durch „FRIZ“ gesetzt werden. Denn was im Mikrokos-
mos des gegenst�ndlichen Falles auf den ersten Blick noch als sach- und
interessengerecht erscheinen mag, entpuppt sich bei Lichte besehen in
der Gesamtschau mit anderen Anlagemodellen, zu denen Verbraucher
ebenfalls „an der Haust�r“ �berredet werden, jedoch als verbesserungs-
w�rdig und sollte Gesetzgeber wie auch Rechtsprechung zu einem Nach-,
wenn nicht sogar Umdenken bewegen. Dies wird anhand der Parallelen
zu dem Erwerb von Schuldverschreibungen bei der AG einschließlich der
gravierenden Folgen f�r bzw. in der Praxis aufgezeigt.
I. Einleitung
1. Der Vorlagebeschluss des BGHDem Vorlagebeschluss1 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Anfang der 90er Jahre erkl�rte der sp�tere Gesellschafter den Beitritt
zu einem geschlossenen Immobilienfonds. Die Verhandlungen und
der Vertragsabschluss wurden in seiner Privatwohnung gef�hrt. Ge-
meinsamer Zweck der aus rund 50 Gesellschaftern bestehenden Publi-
kums-GbR war die Instandsetzung, Modernisierung und Verwaltung
eines Grundst�ckes.
Als die Gesch�ftsf�hrerin der GbR von dem beigetretenen Gesell-
schafter die vertraglich vereinbarte Zahlung von Nachsch�ssen ge-
richtlich einforderte, k�ndigte dieser einerseits seine Mitgliedschaft in
der GbR und widerrief andererseits seine Beitrittserkl�rung nach § 3
Haust�rwiderrufsgesetz (HWiG; Vorg�ngervorschrift zum heutigen
§ 312 BGB).
Die Klage der Gesch�ftsf�hrerin wurde zun�chst mit der Begr�ndung
abgewiesen, dass nach wirksamer K�ndigung des Gesellschaftsbeitritts
zwischen den Parteien nur noch Anspr�che nach den Grunds�tzen der
fehlerhaften Gesellschaft best�nden. Somit sei die Nachschussforde-
rung nicht mehr selbst�ndig einklagbar, sondern als unselbst�ndiger
Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen.
In der Folge erstellte die Gesch�ftsf�hrerin die Auseinandersetzungs-
rechnung; Resultat dieser Rechnung war ein negatives Auseinanderset-
zungsguthaben des beigetretenen Gesellschafters von ca. 15000 Euro.
W�hrend das LG der anschließenden Klage der Gesch�ftsf�hrerin auf
Zahlung des ausstehenden Betrages stattgab, wurde sie auf Berufung
des beigetretenen Gesellschafters hingegen abgewiesen.
Dagegen richtete sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision
der Gesch�ftsf�hrerin.
2. Die „FRIZ“-Entscheidung des EuGHAuf Ersuchen des BGH hatte der EuGH2 – nach zust�ndigkeitsbe-
dingter Begrenzung der Vorlagefragen – noch dar�ber zu befinden,
ob die Richtlinie 85/577 EWG auf einen Vertrag anwendbar ist, der
den Beitritt eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilien-
fonds in Gestalt einer Personengesellschaft vorsieht, wenn der Zweck
eines solchen Beitritts nicht in erster Linie dem Erwerb der Mitglied-
schaft, sondern der Kapitalanlage dient. Mit der zweiten Vorlagefrage
sollte dar�ber hinaus gekl�rt werden, ob Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie
einer nationalen Regel entgegensteht, die besagt, dass im Falle eines
Widerrufs eines in einer Haust�rsituation erkl�rten Beitritts zu einem
geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft
der widerrufende Verbraucher gegen diese Gesellschaft einen An-
spruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben geltend machen kann,
der nach dem Wert seines Anteils im Zeitpunkt des Ausscheidens
berechnet wird, und dass er dementsprechend m�glicherweise weni-
ger als den Wert seiner Einlage zur�ckerh�lt oder sich sogar an den
Verlusten des Fonds beteiligen muss.
a) Anwendbarkeit der RL 85/577 EWG auf FondsbeitritteOhne tiefer gehende Auseinandersetzung3 bejaht der EuGH4 die An-
wendbarkeit der Richtlinie auf den Haust�r-Beitritt zu einem in der
Rechtsform der BGB-Gesellschaft konzipierten Fonds.
Auch wenn der EuGH den objektiven5 Anwendungsbereich ohne
n�here Erl�uterung f�r er�ffnet erachtet, bedarf es vorliegend zum
umfassenden Verst�ndnis der Folgeausf�hrungen einer gr�ndlicheren
Auseinandersetzung.
W�hrend § 312 BGB6 (die Nachfolgevorschrift zu § 1 Abs. 1 HWiG)
im nationalen Recht lediglich „Entgeltlichkeit“ einfordert, kennt die
Richtlinie diese Voraussetzung – zumindest im Wortlaut – nicht und
stellt ihrerseits auf eine Vereinbarung �ber Warenlieferung bzw.
Dienstleistung ab.
aa) Ware oder Dienstleistung?Ob sich der Beitritt zur Fonds-GbR als Ware oder Dienstleistung be-
greifen l�ßt, kann den Urteilsgr�nden des EuGH nicht eindeutig ent-
nommen werden. F�r beide Standpunkte lassen sich Argumente fin-
den. Generalanw�ltin Trstenjak spricht sich in den Schlussantr�gen7
f�r eine Vergleichbarkeit des Erwerbs einer Beteiligung an einem
Fonds mit einer Warenlieferung aus. Waren definiert man indes als
Erzeugnisse bzw. k�rperliche Sachen, die einen Geldwert haben und
Gegenstand von Handelsgesch�ften sein k�nnen8. Der Beitritt zu
einer Personengesellschaft – selbst wenn diese nur als Kapitalanlage
begriffen wird – ist mit dieser gegenst�ndlich umrissenen Begrifflich-
keit allerdings nicht in Einklang zu bringen. Die Mitgliedschaft kann
Betriebs-Berater // BB 47.2010 // 15.11.2010 2835
1 BGH, 5.5.2008 – II ZR 292/06, BB 2008, 1364.2 EuGH, 15.4.2010 – C-215/08, BB 2010, 1301.3 Diese „l�ckenhafte“ Begr�ndung wird z. B. auch von Mock, EwiR 2010, 281, 282 kritisiert.4 EuGH, 15.4.2010 – C-215/08, BB 2010, 1301 (Tenor).5 Zur Auseinandersetzung hinsichtlich des subjektiven Anwendungsbereichs, vgl. die Schlussantr�ge der
Generalanw�ltin Trstenjak (EuGH, Schlussantr�ge, 8.9.2009 – C-215/08, Rn. 53 ff.) sowie Habersack, ZIP2010, 775.
6 Zur richtlinienkonformen Auslegung des § 312 BGB vgl. auch Fischer/Miedl, EuZW 2009, 526.7 EuGH, Schlussantr�ge, 8.9.2009 – C-215/08, Rn. 58.8 EuGH, 10.12.1968 – C-7/68.
WirtschaftsrechtEnsthaler/Kluge · „FRIZ“ – Das Ende der Schuldverschreibung?
aber auch als Dienstleistung betrachtet werden, wenn der Verbraucher
einer Publikumsgesellschaft in Gestalt eines geschlossenen Immobili-
enfonds beitritt, um sein Kapital anzulegen und – bestenfalls – zu ver-
mehren. Indem nun die Anwendung der Richtlinie auf Kauf- und
Dienstvertr�ge beschr�nkt ist, wird damit auch die Entgeltlichkeit
bestimmt. Der Begriff „Dienstleistung“ nach europ�ischem Verst�nd-
nis sprengt somit die engen Ketten des auf nationaler Ebene existie-
renden Dienstvertragsrechts (§§ 611ff. BGB); dies belegt schon die
„Auffangfunktion“9, die Art. 57 AEUV (ehemals: Art. 50 EG) inner-
halb der Binnenmarktordnung hat; insofern w�re die Richtlinie auch
dahin auszulegen, dass entgeltliche Gesch�fte gemeint sind. Somit
w�re auch der situative Anwendungsbereich des § 312 Abs. 1 BGB er-
�ffnet.
bb) EntgeltlichkeitDer pauschale Hinweis des Einhergehens des weiter gefassten Anwen-
dungsbereichs des HWiG mit einer St�rkung des Verbraucherschutzes
entbindet aber nicht von einer detaillierten Pr�fung, ob ein Fondsbei-
tritt tats�chlich unter „Entgeltlichkeit“ zu subsumieren ist.
Hinsichtlich des Begriffes „Entgeltlichkeit“ stellen Literatur10 und
Rechtsprechung11 zum Teil fest, dass ein Vereins- bzw. Kooperations-
beitritt schon wegen der regelm�ßig zu entrichtenden Mitgliederbei-
tr�ge grunds�tzlich eine entgeltliche Vereinbarung i.S. d. § 312 Abs. 1
BGB ist. Nach anderer Auffassung12 ist der Anwendungsbereich erst
dann er�ffnet, wenn zwischen dem Verein bzw. der Kooperation und
seinen Mitgliedern Vertr�ge �ber Leistungen geschlossen werden, die
nicht schon aufgrund der Mitgliedschaft beansprucht werden k�n-
nen.
Mit anderen Worten: Ein Vertrag �ber eine entgeltliche Leistung soll
danach nicht vorliegen, wenn die entgeltlichen Vorteile nur mit den
�blichen Mitgliedervorteilen einhergehen13. Diese Auffassung ent-
spricht auch der bisherigen h�chstrichterlichen Rechtsprechung14,
die den § 312 Abs. 1 BGB auch dann anwendet, wenn die
vereinsrechtliche Gestaltung lediglich verdeckt, dass die Erbringung
entgeltlicher Leistungen vereinbart wird. Die Leistung muss dem-
nach f�r konkrete Ziele, die mit der Gesellschaft verfolgt werden, er-
bracht werden.
Bei einer Publikumsgesellschaft – in Auspr�gung eines geschlossenen
Immobilienfonds – werden regelm�ßig eine unbestimmte Zahl von
Gesellschaftern eingeworben, die dann auf rein kapitalistischer Basis
miteinander verbunden und zuf�llig zusammengef�hrt sind. Zwi-
schen den Kapitalanlegern untereinander sowie im Verh�ltnis zu den
Gr�nder-Gesellschaftern mangelt es typischerweise an pers�nlichen
oder sonstigen sozialen Beziehungen. Es gibt keinen Beitrag, den sie
f�r mehr oder minder (un)bestimmte gesellschaftliche Zwecke leisten.
Eine bestimmte Art und Weise der Gewinnerzielung ist einziger
Beweggrund f�r die Leistung der Gesellschaftsbeitr�ge. In dieser spe-
ziellen Konstellation, ist es gerechtfertigt, den Vertrag als Vertrag �ber
eine entgeltliche Leistung einzuordnen15. Inzwischen hat der BGH16
auch zutreffend klargestellt, dass sogar der mittelbare Beitritt in eine
Publikumsgesellschaft �ber einen Treuh�nder in den sachlichen
Anwendungsbereich des § 312 Abs. 1 BGB f�llt.
Der Einwand, dass der Beitritt zu einem geschlossenen Immobilien-
fonds in Gestalt einer GbR nicht ohne Einbeziehung der Fremdfinan-
zierung entschieden werden kann und auch deshalb „Entgeltlichkeit“
nicht gegeben sei17, vermag nicht zu �berzeugen und geht auch h�u-
fig am eigentlichen Problem vorbei, da es eine Vielzahl von F�llen
gibt, in denen der Verbraucher sein Anlagekapital – zumindest zum
Teil – selbst finanziert hat.
Die „Entgeltlichkeit“ wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass
die Anleger bei einem geschlossenen Immobilienfonds am Fonds und
nicht an der Immobilie beteiligt sind18. Sicher ist die Begr�ndung der
Mitgliedschaft ein organisationsrechtliches Gesch�ft und die Einlage
fließt in das Gesellschaftsverm�gen, welches letztlich allen Gesell-
schaftern gemeinsam zusteht19. Jede am Normzweck von § 312 Abs. 1
BGB orientierte Auslegung hat aber die wirtschaftliche Situation bei
der Fonds- bzw. Gesellschaftsbeteiligung zu beachten. Durch den Ge-
sellschaftsvertrag wird die Einlage zweckdienlich eingesetzt; sie dem
Verm�genserwerb. Die Gesellschaft dient als rechtstechnisches Instru-
ment des Verm�genserwerbs. W�rde in der gegebenen Situation
§ 312 BGB wegen der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten nicht
angewandt werden, so w�re der Umgehungstatbestand einschl�gig.
cc) ZwischenergebnisVon Begr�ndungsdefiziten abgesehen, ist dem EuGH daher der Sache
nach beizupflichten. Die Richtlinie 85/577 EWG ist auf den Beitritt
eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form
einer GbR anwendbar.
b) Grunds�tze der fehlerhaften Gesellschaft alsRechtsfolge beim Widerruf
Der EuGH20 gelangt zu dem Ergebnis, dass Art. 5 Abs. 2 der Richt-
linie einer R�ckabwicklung eines wirksam widerrufenen Gesell-
schaftsbeitritts nach den Grunds�tzen der im nationalen Recht21 an-
erkannten Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen
steht, selbst wenn dadurch der Verbraucher sich nur mit Ex-nunc-
Wirkung von der Gesellschaft l�sen kann und er m�glicherweise we-
niger als den Wert seiner Einlage zur�ckerh�lt, und dies sogar dazu
f�hren kann, dass er zum Verlustausgleich herangezogen wird.
aa) Rezeption in der LiteraturAls Reaktion ergibt sich derzeit ein konsistentes Bild der Zustim-
mung.
Die uneingeschr�nkte Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Ge-
sellschaft unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung22 wird po-
sitiv bewertet, der Gedanke eines „vern�nftigen Ausgleichs und einer
gerechten Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten“23,
begr�ßt24. Mehrheitlich wird die Klarheit25 der Entscheidung gelobt
und es wird Erleichterung26 dar�ber ge�ußert, dass der EuGH es un-
terlassen habe, den Verbraucherschutz generell am besonderen
Schutzbed�rfnis der Minderj�hrigen zu orientieren.
2836 Betriebs-Berater // BB 47.2010 // 15.11.2010
9 Armbr�ster, ZIP 2006, 406, 409.10 Fischer/Machunsky, HwiG, 2. Aufl. 1995, § 1, Rn. 48; Brox, Allgemeines Schuldrecht, 32. Aufl. 2007, § 19,
Rn. 6.11 OLG M�nchen, 18.5.1995 – 29 U 6014/94, BB 1995, 2550.12 Masuch, in: M�nchener Kommentar, 5. Aufl., § 312, Rn. 30; Voigt, Non Profit Law Yearbook, 2004, S. 223.13 OLG Karlsruhe, 27.6.1990 – 6 U 2/90, NJW 1991, 433.14 BGH, 20.1.1997 – II ZR 105/96, BB 1997, 596.15 OLG Rostock, 1.3 2001 – 1 U 122/99, BB 2001, 904.16 BGH, 2.7.2001 – II ZR 304/00, BB 2001, 1652.17 Sch�fer, ZIP 2008, 1018, 1023.18 Wagner, WM 2008, 1053.19 Schnauder, Zur R�ckabwicklung der finanzierten Beteiligung an einem Immobilienfonds, http://www.olg-
report.de/media/komm03_02.RTF (Stand: 24.8.2010).20 EuGH, 15.4.2010 – C-215/08, BB 2010, 1301 (Tenor).21 Art. 7 der RL verweist auf einzelstaatliches Recht zur Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs.22 Sch�fer, DStR 2010, 1138, 1139.23 EuGH, 15.4.2010 – C-215/08, Rn. 48, BB 2010, 1301.24 Habersack, ZIP 2010, 775.25 Langen/M�hle, BB 2010, 1304.26 Habersack, ZIP 2010, 775.
WirtschaftsrechtEnsthaler/Kluge · „FRIZ“ – Das Ende der Schuldverschreibung?
bb) KritikTrotz offensichtlicher Eintracht im Schrifttum wird hier kritisiert,
dass der EuGH bei der Begr�ndung zur Anwendung der Richtlinie
85/577 EWG die Besonderheiten des Gesellschaftsrechts ausblendet
und diese aber bei der sich aus der Anwendung der Richtlinie 85/577
EWG ergebenden Folgen – zumindest mittelbar durch den R�ck-
griff27 �ber die Auslegung des Art. 7 der Richtlinie – wieder mit ein-
bezieht.
Die Entscheidung des EuGH wird in der Literatur mehrheitlich
begr�ßt. Es wird darauf hingewiesen, dass ein gegenteiliges Ergebnis
angeblich den „Todesstoß“28 f�r die am Markt agierenden Fonds-Ge-
sellschaften zur Folge gehabt h�tte. Bei aller Zustimmung ist jedoch
anzumerken, dass es hier auch zum Austausch von „T�ter“ und „Op-
fer“ gekommen sein k�nnte. Ist es nicht vielmehr so, dass das
„FRIZ“-Urteil den Anlageberatern mit auf den Weg gibt, sich als
Personengesellschaft zu konstituieren, um im Falle des Haust�rwider-
rufs eines Verbrauchers dessen Einlagen nicht zur�ckgew�hren zu
m�ssen?
Hier soll nicht einem absoluten Verbraucherschutz das Wort geredet
und der Verbraucher zum unm�ndigen Wesen herabgestuft werden.
Die Argumente des EuGH weitergedacht, k�nnen diese durchaus zu
unbilligen Ergebnissen f�hren. Das soll im Folgenden aufgezeigt wer-
den.
II. Die Problemstellung
1. Anlagemodell: SchuldverschreibungStellvertretend f�r einen Katalog von Anlagemodellen – fernab vom
Fonds in Form der GbR – wird hier beispielhaft die Anlageform
Schuldverschreibung (= verbrieftes Forderungsrecht) n�her unter-
sucht.
Die Schuldverschreibung ist eine Wertpapierform, bei der der Inhaber
der Schuldverschreibung, also der Anleger, Anspruch auf R�ckzah-
lung eines bestimmten Geldbetrages hat29. In der Regel wird dieses
(festverzinsliche) Wertpapier – Inhaberpapier – seitens einer nicht
b�rsennotierten Aktiengesellschaft am Kapitalmarkt ausgegeben
(emittiert), um sich auf diese Weise Fremdkapital zu beschaffen30. Im
Allgemeinen wird dabei das Gesamtvolumen des Kredites in mehrere
Tranchen zerlegt, in Urkunden verbrieft und schlussendlich dem
Anleger verkauft. Der Kauf eines solchen Zertifikats �hnelt damit –
vereinfacht gesagt – einem Kredit, und kommt ganz ohne Beitritt des
K�ufers zur jeweiligen Gesellschaft aus.
�blicherweise unterteilt man Schuldverschreibungen in folgende
Gruppen:
a) IndustrieobligationenUnter Industrieobligationen31 subsumiert man gemeinhin die Inha-
ber- und Orderschuldverschreibungen im Sinne der §§ 793ff. BGB.
Zu ihrer Wirksamkeit bedarf es neben dem konstitutiven Akt der Er-
richtung einer Urkunde auch des Abschlusses eines sog. Begebungs-
vertrages32. Die Industrieobligationen bilden das Ger�st f�r die Va-
rianten des § 221 AktG.
b) GewinnschuldverschreibungNach § 221 Abs. 1 AktG sind Gewinnschuldverschreibungen Schuld-
verschreibungen, bei denen die Rechte der Gl�ubiger mit Gewinnan-
teilen von Aktion�ren in Verbindung gebracht werden. Meist ist die
Gewinnschuldverschreibung als Anleihe mit niedriger Festverzinsung
plus dividendenabh�ngige Zusatzverzinsung ausgestaltet33.
c) Wandelschuldverschreibungen§ 221 Abs. 1 AktG definiert Wandelschuldverschreibungen als Schuld-
verschreibungen, bei denen den Gl�ubigern ein Umtausch- oder Be-
zugsrecht auf Aktien einger�umt wird. Der deutsche Gesetzgeber
schielte bei deren Schaffung auf die sog. convertible bonds aus dem
anglo-amerikanischen Rechtskreis. Die Umtauschvariante bezeichnet
man auch als Wandelanleihe im engeren Sinne, die Bezugsrechtalter-
native hingegen als Wandel- bzw. Optionsanleihe im weiteren
Sinne34.
2. Vertrieb einer SchuldverschreibungDie Fremdkapitalbeschaffung mittels Schuldverschreibung verlangt
von AG zun�chst einen Hauptversammlungsbeschluss (§ 221 Abs. 1
AktG) sowie die Bereitstellung von Kapital. Letzteres wird durch die
Schaffung von bedingtem Kapital (§ 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG), geneh-
migtem Kapital (§§ 202ff. AktG) oder durch den Erwerb eigener
Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) vollzogen. Sind die beiden erstge-
nannten Voraussetzungen erf�llt, steht dem Rechtsgesch�ft zwischen
Gesellschaft und außenstehendem Dritten nichts mehr entgegen.
Beim Vertrieb dieser Schuldverschreibungen ist es nicht untypisch,
dass ein Anlagevermittler potenzielle Privatkunden im heimischen
Umfeld – ohne Vorank�ndigung – aufsucht, von einem lukrativen
Gesch�fts- und Steuersparmodell berichtet und den kapitalmarkt-
rechtlichen Laien zu dem Kauf einer Schuldverschreibung motiviert.
Da die Auswirkungen der Finanzkrise gerade auch an den Fremdkapi-
tal suchenden Aktiengesellschaften nicht spurlos vor�bergezogen
sind, kam und kommt es noch immer zu einer H�ufung von Insol-
venzen. Um das „sinkende Schiff“ rechtzeitig verlassen zu k�nnen,
nutzen viele Anleger dann auch das Hilfsmittel des Widerrufs nach
§ 312 BGB.
3. Zul�ssigkeit und Folgen des Widerrufs beierworbener Schuldverschreibung
Konnte (und musste) man bei dem Beitritt zu einer Fonds-GbR noch
trefflich dar�ber streiten, ob der sachliche Anwendungsbereich der
Haut�rwiderrufsrichtlinie er�ffnet ist, ob es sich also um eine Ware
oder eine Dienstleistung handelt, kann die Frage beim Abschluss eines
Kaufvertrages �ber eine Schuldverschreibung im Sinne eines Erst-
recht-Schlusses beantwortet werden. Wenn schon die Anlageform
Fonds gekleidet in das Korsett einer Personengesellschaft den Anfor-
derungen f�r die Er�ffnung des Anwendungsbereiches entspricht,
kann f�r den bloßen Erwerb eines Wertpapiers logischerweise nichts
anderes gelten. Es entf�llt mithin die diffizile Abgrenzungsfrage, die
sich f�r die Situation des Beitritts zu einer Fonds-GbR nicht von der
Hand weisen l�sst, wann im Einzelnen der Erwerb der Mitgliedschaft
Betriebs-Berater // BB 47.2010 // 15.11.2010 2837
27 Begreift man den Begriff „Recht“ in Art. 7 der RL als geschriebenes Recht (so z. B. Kliebisch, ZJS 2010, 10,14), w�rde man schon gar nicht zur Anwendung der Grunds�tze �ber die fehlerhafte Gesellschaft gelan-gen, da diese durch Richterrecht unter Einfluss der Literatur und nicht durch Kodifizierung ihre Gestalterhalten haben (umfassend hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 6 I 3).
28 Westermann, DZWIR 2010, 265.29 http://www.kredit.de/kredit-ratgeber/schuldverschreibung/ (Stand: 24.8.2010).30 Die Schuldverschreibung ist somit neben der Aktie die zweitwichtigste Gruppe der Effekte, siehe hierzu
Roth, in: Assmann/Sch�tze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 11, Rn. 27.31 Vgl. zur Begrifflichkeit auch Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010, § 17 Rn. 9 ff.32 Sprau, in: Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 793, Rn. 8.33 Radlmayr, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2007, § 221, Rn. 5.34 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 255.
WirtschaftsrechtEnsthaler/Kluge · „FRIZ“ – Das Ende der Schuldverschreibung?
nur ein anderer Weg der Kapitalanlage ist und wann nicht. Bei der
Ver�ußerung von Schuldverschreibungen handelt es sich um reine
Austauschvertr�ge. Sie tangieren die Binnenstruktur einer Gesellschaft
nicht und gew�hren keine direkten Mitgliedschaftsrechte35.
Da es sich bei dem Kauf einer Schuldverschreibung unzweifelhaft um
einen synallagmatischen Vertrag mit Entgeltcharakter zwischen Ver-
braucher und Unternehmer handelt, ist die Richtlinie ohne Weiteres
anwendbar.
Die Folgen sind hierbei: �ber die §§ 312 Abs. 1, 355, 346ff. BGB wan-
delt sich der urspr�ngliche Kaufvertrag nunmehr in ein R�ckgew�hr-
schuldverh�ltnis, bei dem die jeweils empfangenen Leistungen Zug-
um-Zug ausgetauscht werden, d.h. der Verbraucher erh�lt den einge-
brachten Kaufpreis gegen R�ckgabe der Schuldverschreibung zur�ck.
Etwaige Nachschussverpflichtungen, wie sie sich im Zusammenhang
mit den Grunds�tzen �ber die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft
zutragen, kommen bei dieser Anlagevariante – mangels Gesellschaf-
terstellung – gar nicht erst in Betracht.36
4. ZwischenergebnisBei der Diskussion um die Frage der Anwendbarkeit wurde festge-
stellt, dass zwischen dem Beitritt zu einer Fondsgesellschaft und dem
Ankauf einer Kapitalbeteiligung in Form der Schuldverschreibung
aus Gr�nden des Verkehrsschutzes nicht zu differenzieren ist.
Es ist dann jedoch schwer erkl�rbar, eine Differenzierung37 auf der
Rechtsfolgenseite zu begr�nden. F�r den Verbraucher wird es rational
nicht nachvollziehbar sein, warum er unter dem gegebenen Sachver-
halt Erwerb von Verm�genswerten im Falle eines Gesellschaftsbeitritts
seine Einlage verlieren und im Falle des direkten Erwerbs ihm der An-
spruch auf vollst�ndige Erstattung des Kaufpreises zusteht.
Dies nachzuvollziehen, f�llt – wie bereits angedeutet – insbesondere
deshalb schwer, weil der EuGH in seiner Entscheidung f�r die Be-
gr�ndung der Anwendung der Richtlinie das Gesellschaftsverh�ltnis
ausklammert und seinen Blick auf den Ankauf des entsprechenden
Verm�genswertes richtet.
Somit besteht – durch die Brille des Anlegers gesehen ein signifikanter
Unterschied – rechtlicher, nicht tats�chlicher Natur – darin, ob er sich
im eigenen Wohnzimmer einer Fonds-GbR mit der m�glichen Folge
der Nachschussverpflichtung anschließt oder eine (Wandel- bzw.
Gewinn-)Schuldverschreibung einer AG erwirbt, f�r die er bei Schief-
lage der Gesellschaft durch Widerruf sein Geld zur�ckerh�lt ohne zu-
s�tzlichen Gefahren ausgesetzt zu sein.
Es gilt daher zu untersuchen, welche Impulse durch die „FRIZ“-Ent-
scheidung gesetzt werden und wie Anleger und (Fonds-)Gesellschaf-
ten darauf reagieren.
III. Ausblick
1. Zweckentfremdung der fehlerhaften GesellschaftMit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft l�st man Konstellatio-
nen, in denen der Gesellschaftsvertrag nach allgemeinen Regeln nich-
tig oder anfechtbar w�re. Aufgrund der R�ckabwicklungsschwierig-
keiten nach Bereicherungsrecht sieht man jedoch von dem �blichen
Procedere ab, so dass die Gesellschaft unter bestimmten Vorausset-
zungen als wirksam zu behandeln ist und nur noch mit Ex-nunc-Wir-
kung wieder aufgel�st und liquidiert werden kann. Neben der Ge-
samtnichtigkeit des Vertrages umfasst die Lehre von der fehlerhaften
Gesellschaft auch die einzelne Beitrittserkl�rung38. Genau diese
Beitritterkl�rung wird von Anlegern der Fonds-Gesellschaften bei
Unzufriedenheit mit der Entwicklung der Anlage widerrufen und
f�hrt – wie man seit „FRIZ“ weiß – eventuell zu Nachschussverpflich-
tungen. Dass dieses Instrument nun zum Handlanger unseri�ser
Anlagevermittler umfunktioniert oder geradezu instrumentalisiert
wird, ist schwer zu begreifen.
Als Folge der „FRIZ“-Entscheidung sollten bei den potenziellen Anle-
gern, die in ihrer Privatwohnung zu einem Verkaufsgespr�ch �berre-
det werden, die Alarmglocken l�uten. Dem Verbraucher ist durch die
EuGH-Entscheidung nunmehr die B�rde der Differenzierung zwi-
schen dem „normalen“ Erwerb einer Schuldverschreibung und dem
Beitritt zu einem geschlossenen Fonds – in Form einer GbR – aufge-
laden worden.
Es geht nicht darum, den Verbraucher komplett vor allen nur erdenk-
lichen Risiken zu sch�tzen, die gemeinhin aus Anlagen und (ver-
meintlichen) Steuersparmodellen erwachsen. Es mutet nur geradezu
ungerecht an, dass der juristische Laie im Rahmen der „Beratung“
durchdringen muss, welche enormen Unterschiede sich in den Folgen
der Entscheidung f�r die eine und gegen die andere Anlageform erge-
ben.
2. Folgen f�r EmittentenVersetzt man sich in die Rolle des Emittenten, ist evident wohin die
Reise geht. Sollte man bislang noch seine Schuldverschreibungen als
Mittel zur Kapitalbeschaffung nach der tradierten Methode ausgege-
ben haben, wird man zuk�nftig eine Tochter-GbR gr�nden, zu der
der Verbraucher zwingend beitreten muss, um die besagten Wertpa-
piere zu erhalten. Konsequenz davon ist, dass die die Schuldverschrei-
bungen ausgebende Mutter-AG nun bei Widerruf nach § 312 BGB
sich bei einem negativen Auseinandersetzungsguthaben auf die
Grunds�tze �ber die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft berufen,
Verlustausgleich einfordern und den f�r sie belastenderen Rechtsfol-
gen der §§ 312 Abs. 1, 355, 346ff. BGB entgehen kann.
IV. FazitDas Urteil in Sachen „FRIZ“ mag, wenn man nur den konkret zu ent-
scheidenden Sachverhalt beurteilt, vertretbar gewesen sein. Setzt man
es jedoch in einen globalen Kontext und hinterfragt die Folgen, die
sich – wenn auch vom EuGH nicht beabsichtigt – aus der Entschei-
dung ableiten lassen, so ergibt sich ein ganz anderes Bild.
Verbrauchern kann man deshalb nur dringend anraten, sich noch vor
Abschluss eines Vertrages �ber eine Anlage juristisch beraten zu las-
sen39, da die vom Gesetz einger�umte Widerrufsm�glichkeit – als
„stumpfes Schwert“ – nicht das avisierte Schutzniveau bietet, das
man sich erhofft40.
2838 Betriebs-Berater // BB 47.2010 // 15.11.2010
35 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010, § 17, Rn. 9.36 Auch die §§ 275 ff. AktG (als kapitalgesellschaftsrechtliches Vorbild der sp�ter entwickelten Lehre von
der fehlerhaften Gesellschaft) w�ren an dieser Stelle nicht einschl�gig.37 Obwohl es sich bei dem Eintritt zu einem Immobilienfonds in Form einer GbR und dem Erwerb einer
Schuldverschreibung mit bloß schuld-, sachen- und/oder wertpapierrechtlicher Natur um zwei grundle-gend verschiedene Anlagemodelle handelt, eint sie doch die Verbraucherwahrnehmung und -motiva-tion. Zum einen stellt sich das Verkaufsgespr�ch im Privatbereich aus Sicht des Verbrauchers vom Ablaufher nicht g�nzlich verschieden dar, zum anderen ist Beweggrund f�r den Vertragsschluss zumeist dieerhoffte Steuersparm�glichkeit. So z�hlen beispielsweise die Zinsen aus Schuldverschreibungen zu denErtr�gen aus sonstigen Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Birk, Steuerrecht, 12. Aufl. 2009,§ 6 D V 1, Rn. 693) und �ber den Beitritt zur Immobilienfonds-GbR k�nnen dem Anleger unter anderemVorteile aus der Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz a Nr. 2 EStG erwachsen.
38 Sch�fer, Gesellschaftsrecht, 2010, § 5, Rn. 24.39 Auch Armbr�ster, EuZW 2010, 614, 616, widmet sich der Problematik, dass Anlegerinteressenten oft kei-
ne hinreichende Klarheit �ber die mit der Einlage verbundenen Risiken haben.40 Es wird derzeit eine Vielzahl von Schadensersatzanspr�chen (z. B. aus Prospekthaftung, wegen Aufkl�-
rungsm�ngeln und fehlerhafter Widerrufsbelehrung) diskutiert (vgl. hierzu nur Sch�fer, DStR 2010, 1138,
WirtschaftsrechtFreytag · Der Regierungsentwurf zur �nderung des Umwandlungsrechts
Betriebs-Berater // BB 47.2010 // 15.11.2010 2839
Nun ist wohl der Gesetzgeber ist gefordert, eine ganzheitliche L�-
sung bei der Konfliktbew�ltigung zwischen den sich tangierenden
Rechtskreisen von Verbraucherschutz und Gesellschaftsrecht herzu-
stellen.
Ein m�gliches Konzept w�re das Bekenntnis zum Vorrang des Ver-
braucherschutzes mit der Ausformulierung einer Ausnahme (in den
§§ 312ff. BGB) zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in F�llen
wie jenem, der dem Vorlagebeschluss zugrunde lag. Insoweit w�rde
man auch die kritischen Stimmen41 zufrieden stellen, die bislang eine
un�berbr�ckbare Diskrepanz zwischen dem „FRIZ“-Urteil und der
„Schulte“-Entscheidung42 sahen.
// AutorenhProfessor Dr. jur. Dr. rer. pol. J�rgen Ensthaler istProfessor f�r Wirtschafts-, Unternehmens- und Technik-recht an der Technischen Universit�t Berlin und Richteram Bundespatentgericht. Der Autor ist Herausgeber desGemeinschaftskommentars zum HGB sowie St�ndigerMitarbeiter des „Betriebs-Berater“.
Ass. iur. Vanessa Kluge ist als Wissenschaftliche Mitar-beiterin am Lehrstuhl des Erstautors t�tig. Sie doziertim Gesellschaftsrecht und promoviert auf dem Gebietdes Aktienkonzernrechts.
Dr. Lars F. Freytag, LL.M. (Cantab.), RA
Der Regierungsentwurf zur �nderungdes Umwandlungsrechts�nderungen im Recht der Konzernverschmelzung und des Squeeze out
Auf Basis des im M�rz 2010 vorgestellten Referentenentwurfs („RefE“)
hat das Bundeskabinett am 7.7.2010 den Regierungsentwurf des Dritten
Gesetzes zur �nderung des Umwandlungsgesetzes („RegE“) verabschie-
det. Der Bundesrat hat am 24.9.2010 beschlossen, gegen den Entwurf
keine Einwendungen zu erheben. Im Zentrum auch des RegE stehen
Erleichterungen bei „Upstream“-Verschmelzungen von Kapitalgesell-
schaften auf eine aufnehmende AG sowie die Absenkungen der f�r
einen Ausschluss von Minderheitsaktion�ren („Squeeze out“) erforderli-
chen Mindestbeteiligungsquote auf 90 %. Nach einem einleitenden
�berblick �ber den RegE stellt der nachfolgende Beitrag die �nderun-
gen des RegE gegen�ber dem RefE vor, der im Heft 27, S. 1611 ff., n�her
analysiert wurde.
I. Der RegE im �berblick
Ziel des Dritten Gesetzes zur �nderung des Umwandlungsgesetzes ist
es unter anderem, k�nftig Konzernverschmelzungen von Tochter-Ka-
pitalgesellschaften auf ihre Mutter-AG weiter zu erleichtern. Nach gel-
tendem Umwandlungsrecht bedarf eine Verschmelzung grunds�tzlich
der zustimmenden Beschl�sse der Gesellschafterversammlungen aller
beteiligter Rechtstr�ger (§ 13 Abs. 1 UmwG). Eine Ausnahme bildet
§ 62 UmwG: Ein Verschmelzungsbeschluss ist (nur) bei einer aufneh-
menden AG entbehrlich, wenn sie mindestens 90% des Stamm- oder
Grundkapitals der �bertragenden Kapitalgesellschaft h�lt. Die Aktio-
n�re der �bernehmenden AG sind nach Maßgabe von § 62 Abs. 3
UmwG �ber die geplante Verschmelzung zu informieren und k�nnen
nach § 62 Abs. 2 UmwG gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Ver-
schmelzungsbeschlusses herbeif�hren. Basierend auf Art. 25 der Ver-
schmelzungsrichtlinie1 soll in Zukunft nun auch auf Ebene der �ber-
tragenden Kapitalgesellschaft kein Verschmelzungsbeschluss mehr
erforderlich sein, wenn es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft
der �bernehmenden AG handelt (§ 62 Abs. 4 UmwG in der Fassung
des RegE („UmwG-RegE“)). �ber § 125 S. 1 UmwG entf�llt das Be-
schlusserfordernis damit auch bei Spaltung einer Kapitalgesellschaft
zur Aufnahme, wenn die �bernehmende AG alle Anteile an der �ber-
tragenden Gesellschaft h�lt.2 Bei dieser Gelegenheit sollte zugleich in
§ 125 S. 1 UmwG klargestellt werden, dass in solchen F�llen der dem
Wortlaut nach bisher ausgeschlossene § 9 Abs. 2 UmwG anwendbar
ist, es hier also keiner Spaltungspr�fung bedarf.
F�r die Praxis interessant wird vor allem die beabsichtigte Absenkung
der f�r einen Squeeze out außen stehender Aktion�re erforderlichen
Mindestbeteiligungsquote der Hauptaktion�rin sein. Nach geltendem
Recht steht ein Squeeze out nur ab einer Beteiligung von mindestens
95% offen (§ 327a AktG, § 39a Wp�G). Mit Blick auf Art. 28 der
Verschmelzungsrichtlinie3 soll die erforderliche Mindestquote nun
1140, sowie Podewils, EWiR 2010, 561, 562). Diese Anspr�che sind der gegenst�ndlichen Frage allerdingsnachgelagert und kommen erst zum Zuge, „wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, wennalso der Verbraucher bereits zur Nachzahlung verpflichtet wurde.
41 So wohl Habersack, ZIP 2010, 775.42 EuGH, 25.10.2005 – C-350/03, BB 2005, 2706.
1 Richtlinie 78/855/EWG („Verschmelzungsrichtlinie“) in der Fassung der Richtlinie 2009/109/EG des Euro-p�ischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 �ber die �nderung der Richtlinien 77/91/EWG, 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rates sowie der Richtlinie 2005/56/EG hinsichtlich der Berichts- und Do-kumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen („�nderungsrichtlinie“).
2 RegBegr., S. 14.3 Zum (fehlenden) Umsetzungsbedarf s. Freytag, BB 2010, 1611, 1615 f.