Transcript
Page 1: Über anodische Oxydbildung und Passivität

Uber anodische Oxydbildung und Passivitat. Von

EEICH MULLEX und FRITZ SPITZEB.

Bei den von unsl vor noch nicht langer Zeit mitgeteilten Untersuchungen iiber die elektrolytische Oxydation des Ammoniaks in iitzalkalischer Losung wurde beobachtet, dak gleichzeitig mit der wesentlichen Anderung, welche cler Verlauf des Anodenvorganges an Platin- oder Eisenelektroden bei Zusatz gewisser Metallsalze erfuhr, in mehreren Fallen die Entstehung von Metalloxyden an der Anode Hand in Hand ging.

Der Wunsch, i:u ermitteln, ob und wie weit diese Oxydbildung mit der erwahnten Anderung im Anodenvorgang ursachlich zu- sammenhing, fiihrte dann zu einem eingehenden Studium des Ver- haltens von Platinanoden, die mit Metalloxyden iiberzogen waren, bei der in Rede stehenden elektrolytischen Oxydation des Ammo- niaks.

F u r die Herstellung derartiger Oxydanoden in einer fur unsere Zwecke geeigneten Form konnten teils die von verschiedenen Forschern angegebenen Vorscliriften benutzt werden, teils waren wir gezwungen, eigene Methoden austindig zu machen. Von den letzteren wird der erste Teili dieser Mitteilung handeln.

Ein Uberblick iiber die nunmehr bekannten Methoden der ano- dischen Oxydbildung lafst eine Klassifikation derselben zu, mit der sich der zweite Teil befarst und schliehlich werden im dritten Teil aus dem Verhalten gewisser Oxydanoden Schlusse auf die Ursache der Passivitat ihrer zugehorigen Metalle gezogen.

1 Zeitsehr. f. EIt!ktroe!~em. 11 (1905), 917 ff. Z. nnorg. Chem. Bd. XI. 23

Page 2: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 322 -

1. Eigene Methoden zur anodischen Erzeugung von Metalloxyden.

1. Kupferoxyd.

Bei der Elektrolyse stark alkalischer kupfersalzhaltiger Ammo- niaklosungen uberzieht sich eine Platin- oder Eisenanode mit einem schwarzen Uberzug. Wir waren ursprunglich geneigt, denselben fur ein Superoxyd des Kupfers zu halten. Die quantitative Unter- suchungl hat aber gezeigt, dafs es sich im wesentlichen um ein wasserhdtiges Oxyd des zweiwertigen Kupfers handelt, welches nur ganz geringe Mengen eines Superoxyds einschliefst, das aus Salx- saure Chlor in Freiheit zu setzen vermag.

Die genauere Analyse ergab fur das Oxyd folgende Zusammen- setzung :

95.52 CuO 4.24 o/o H,O 0.50 hoher gebundener Sauerstoff _- -~ - -

100.26 a/().

Wahrend bei fast skimilichen bekannten anodischen Oxyd- bildungen das abgeschiedene Oxyd einer htiheren Wertigkeitsstuf'e entspricht, als sie dem in Losung befindlichen Metallsalz zukommt, haben wir hier beim Kupfer also von vornherein zweiwertiges Metal1 in Losung ge'nabt und auch das Oxyd des zweiwertigen Kupfers auf der Bnode gefallt. Dessen Entstehung findet in folgender Weise eine Erkllirung:

In der ammoniakalischen Kupf'ersdzlosung besteht folgendes Gleichgewicht

a) Cu(NH,)", 2 f Cu'. + xNH,.

Die Konzentration der Kupriionen ist im Elektrolyten so klein. d, h. die Komplexitat des Kupfersmmoniakioris so grol's, dafs trotz der hohen O H - Konzentration (die Losungen waren 1.5-3 11. an freier Natronlnuge) das Loslichkeitsprodukt des Kupferhydroxyds nicht uberschritten wird, d. h. d a h keine Ausfallung dieses Hydrnts stattfindet.

Das Gleichgewioht a) wird sber zugunsten der Cue'-Konzentration verschoben, sobald eine Abnahme der NH, - Konzentration eintritt. Tlies ist nun der Fall in unmittelbarer Nzilie der Anode, da hier wahreud der Elektrolyse eine kraftige Oxydation des Ammoniaks

Siehe Zeitoitschr. f. CIL. ?I. Industrie der Kolloid~: 1 (1906), 44.

Page 3: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 323 - -

sich vollzieht (wesentlich zu NO',; nebenher zu NO', und N2). Hier wird also die Cu"-Konzentration ansteigen mussen, da die bei der Oxydation des NB, entatehenden Stoffe keine Komplexbildner sind, und bei geniigender OH-Konzentration und hinreichendem Umfang der NH,-Oxydation wird das Loslichkeitsprodukt des Kuprihydroxyds uberschritten.

Nach diesen Erwagungen ware zu erwarten gewesen, dafs an der Anode das blaue Kupferhydroxyd entstande, welches ja be- kanntlich aus Kuprisalzlosungen durch Slkalilauge bei gewijhn- licher Temperatur fallt. Tatsachlich sieht man nun aber ein wasserarmeres schwarzes Oxyd sich bilden, so dafs gleichzeitig mit der Ausfallung ein Austrocknungsprozefs stattgefunden haben mufs.

Es zeigte sich denn auch, dafs blaues, auf chemischem Wege durch einen Uberschufs von Natronlauge aus Kuprisalzlosungen her- gestelltes Kupferhydroxyd, wenn es in einer vom elektrischen Strom durchfiossenen Natronlauge suspendiert sich befindet, an der Anode in ein wasserarmeres schwarzes Oxyd umgewandelt wird, welches in seiner Zusammensetzung dem oben beschriebenen nahe kommt, clas man bei der Elektrolyse atzalkalischer , ammoniakalischer Kupfer- salzlosungen bekommt, wiihrend es in der gleichen Zeit ohne Strom keine Farbenanderuing erleidet.

Der Strom vermag also, jedenfalls durch elektrische Endosmose, bei gewohnlicher Temperatur dem blauen Hydroxyd an der Anode Wasser bis zu einem Betrage zu entziehen, dafs ein Oxyd entsteht, welches weit weniger Wasser enthalt, als dem normalen Hydroxyd zukonimen wurde. Es wird derselbe Effekt erreicht, wie beim Er- hitzen des blauen Hydroxyds oder wie beim Behandeln desselben mit Salzlosungen in der Kalte. Auch die Wirkung der letzteren wird j a von SPRINQ und LUCION~, und wohl mit Recht, auf osmo- tisclie Erscheinungen zuriickgefuhrt.

Es entsteht die Frage, ob es sich bei dieser Entwasserung nur urn eirie Entziehung von a d s o r b i e r t e m Wasser oder von c h e m i s c h g e b u n d e n e m handelt. VAN BEMNELEN, hat erwiesen, dals die aus Kuprisalzlosungen durch Hydroxylionen entstehende blaue Ver- bindung keine chemische , sondern eine Adsorptionsverbindung des Kupferoxyds mit Wasser darstellt; deshalb wird man auch bei den oben mitgeteilten Versuchen iiur von einer Entziehurig von Adsorp-

' SPRING und LUCION, 2. anory. &ern. 2 (1892), 209. v. BEYMELEN, Z. ~mory . Chem. 5 (18941, 466.

23 *

Page 4: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 324 -

tionswasser reden konnen. Nun liels sich allerdings durch weitere Versuclie feststellen, dais auch das sogenannte kristallinische blaue Kupferhydroxyd, das wir nach den Angaben von v. BEMMELEN her- stellten und welches dieser als eine cliemische Verbindung von Kupferoxyd mit Wasser anspricht (1. c. S. 481), in 2 n.-Natronlauge suspendiert, gleichfalls durch den Strom entwassert wird, (obgleich es beim Erhitzen mit Wasser sich nicht Bndert) - gegeniiber der Entwasserung des kolloidalen Hydrosyds bedarf es nur hier der drei- fachen Zeit -: ob man aber infolgedessen in diesem Palle von einer durch elektrische Endosmose bewirkten Entziehung c h e m i s c h g e b u n d e n e n Wassers reden darf, erscheint uns trotzdem zweifel- haft; denkbar ware es jedenfalls auch, dal's das chemische Hydrat mit der Zeit in eine Adsorptionsverbindung ubergeht, oder dafs primar ein unbestandiges Superoxyd entsteht, welches sich sekundar in das stabilere wasserarme Osyd umwandelt (s. weiter unten), was durch die im Oxyd nachgewiesenen kleinen Mengeii von Superoxyd riahegelegt wird.

Kine solche iiber dns Superoxyd erfolgende Oxydbildung ist naturlich auch bei der Elektrolyse des in Natronlauge suspendierten kolloidalen Kuprioxydhyclrats denkbar, denn Iiupfersuperoxyd, welches mir unter besonderen Verhaltnissen durch Elektrolyse erzeugen konnten, erweist sich als ein aukerordentlich unbestgndiger und reaktions€iihiger Stoff. Es ist nur in Beriihrung mit starker Alkali- lauge eiiiige Zeit bestandig und zerfallt beim Verdunnen der letzteren in Kupferoxyd und Sauerstofi.

Indessen miichten wir, sclion wegeri der grol'seren Geschwindig- keit, mit welcher die Eiitwiisserung des kolloidalen Hydroxyds er- folgt, der oben angegebenen Deutung fur die Entstehung des Oxyds den Vorzug geben , weil j a auch durch Salzlosungen das kolloidale Hydroxyd endosmotisch entwassert werden kmn.

Auf die Tatsache, ,,dafs cia, wo man an einer Elektrode primiir die elektrolytische Entstehung von Hydroxyclen erwartet, Oxyde sich bildenib ist schon von FOERSTER~ hingewieseii worden. Auch er ist der Ansicht, ,$ah elektroendosmotische Wirkungen stattfinden, iiber die wir noch sehr wenig uriterrichtet sind".

Kine durch elektrische Endosmose bewirkte Austrocknung von Hydruxydpasten an der Anode wurde schon von F. FISCHER~ beiin

Ammoniak oxydiert es zu Nitrit.

* Das Nahere hieriiber wird an anderer Stelle mitgeteilt werden. F. FOERSTCB, Zeitscl~r. f. EZektroelzena. 11 (1905), 949. F. FISCIIER, Zezteztschr. f. Elekfrrochem. 10 (1984), S77,

Page 5: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 325 -

Aluminiumhydroxgd und von BABAROVSKY 1 beim Magnesiumhydroxyd beobachtet, doch machen diese keine Angaben dariiber, ob die ent- stehenden Stoffe weniger Wasser enthalten, als den normalen Hydraten Al(OH), resp. Mg(OH), entspricht. Beim Kupfer scheint daher der erste Fall vorzuliegen, dafs durch elektrische Endosmose eine so weitgehende Entwssserung beobachtet wird.

Die Tatsache, dafs das bei der Elektrolyse der komplexen nlknlischen Kupferammoniaklosung entstehende Oxyd fest auf der Anode haftet, schreiben wir dem Umstand zu, dals mit der Dehydra- tisierung gleichzeitig ein Anpressen Hand in Hand geht.

Bemerlrt sei noch, dafs die Struktur des Kupferoxyds an der Anode mit andauernder Elektrolyse eine Anderung derart erfahrt, dals das anfinglich sammetartige Gefiige in ein bliitteriges iibergeht.

Die geaurserte Vorstellung uber die Anpressung verlangt naturlich. dafs das Oxyd unter dem EinfluQ eines Potentialgefalles nach der Anode wandert. Das ist denn auch nach den Angaben von PER RIB^ in alkalischen LGsungen der Fall.

Ebenso wie aus alkalischen Kupferammoniaklosungen lafst sich auch aus alkalischen Kupfertartratlosungen (FEHLIBG scher Lasung) Kupferoxyd an Platinanoden abscheiden , was in entsprechender Weise auf die anodische Oxydation der komplexbildenden Weinsaure zuriickzufiihren ist.

In den beiden besprochenen Ftillen tritt, wie bereits erwahnt, keine Wertigkeitsanderung des Kupfers bei der Oxydbildung ein. Man kann aber auch mit Wertigkeitsanderung bei der Elektrolyse alkalischer Kuprokomplexsalzlosungen anodisch Kuprioxyd erhalten, wie es der eine3 ron uns bei der Elektrolyse alkalischer Kalium- kuprocyanidlosungen beobachtete. So konnten wir auch in alkalischen LGsungen des Kuprothiosulfats bei Stromflufs auf Platinanoden einen schwarzen Belag erhalten.

Es ist selbstverstandlich, dals fur die Herstellung des Oxyds bestimmte Bedingungen in bezug auf die Konzentration der Hydroxyl- ionen und des Komplexbildners einerseits, die Stromdichte anderer- seits eingehalten werden miissen.

Mit der naheren Feststellung dieser Verhaltnisse haben wir uns bislang nicht beschaftigt.

BABAROVSKY, Zei:eit,uchr. f. EEekfrochem. 11 (1905), 465. PERRIN, Compt. rtmzd. 136 (1903), 1441. F. SPIrzER, Zeitschr. f. Elektrochem. 11 (1905), 407.

Page 6: Über anodische Oxydbildung und Passivität

-- 326 -

2. Oxyde des Silbers, Nickels und Kobalts.

Von diesen Metallen lassen sich alinlich wie beim Kupfer die Oxyde aus den alkalischen Losungen ihrer stark komplexen Salze abscheiclen. Die Entstehung van Silberoxyd aus den alkalischen Losungen des Ammoniakkomplexes haben wir schon an anderem Ort beschrieben. Silberoxydbildung wurde ferner i n alkalischen Cyanid- und Thiosulfatlosungen beobachtet.

Nickel- und Kobaltoxyd erhielt schon WERNICKE~ aus den alka- lisclien Losungen der komplexen weinsauren Salze. H ~ T T N E R lronnte anf diesem Wege nur geringe Mengen von Kobaltoxyd, ZEDNER nur wenig Nickeloxyd erhalten, wahrscheinlich weil die Alkalitat ihrer Losungen nicht geniigend grols oder eiii Uberschufs an Weinsanre vorhaiiden war. Wir erhielten schone Uberziige aus folgenden Losungen :

Nickelsulfat.

Kobaltsiilfat.

1. IAsung: 2 molar an NaOH, 0.2 molar an Kaliumtartrat, 0.03 molar an

2. Liisung: 2 molar an NaOH. 0.1 molar an Kaliumtartrat, 0.05 molar an

Nickeloxyd fallt auch bei der Elektrolyse alkalisch ammoniaka- lischer Nickelsalzlosungen (durch den Alkaligehalt w i d allerdings schon ohne Strom der grolste Teil des Nickelsalzes als Hydroxydul ausgeschie- den, so d a k der Elektrolyt nur wenig Nickel ferner aus den alkalischen Losungen des Nickelcyankaliums (2. B. aus einer Losung : 2 molar an NaOH, 0.05 molar an NiSO,, l0/ , ig an KCN).

Ton Wichtigkeit war es, zu untersuchen. ob man auch aus Komplexsalzlosungen des dreiwertigen KobaQts das Oxyd des drei- wertigen Metalles - also ohne Wertigkeitsanderung - erhalten kann was uns auch gelungen ist.

Bei der Elektrolyse des Kobalticyankaliums erhiilt man bei ge- nugend holier Alkalikonzentration einen Anodenbeschlag, der aller- dings sehr dunn ausfdlt.

Losungen des Kobaltilraliumoxalats Find iieben vie1 Alkali

Zeitsolzr. f. Elrktrucham. 11 (1905), 924. WERNICEE, Pugg. A?m. 141 (187U), 120.

3 HUTTNER, Z. anurg. Ghenc. 27 (1901), 121. ZEDNER, Ze'eitschr. f. &'ldctroc?zem. 11, 810 ff. Vergl. Zeitschr. f . Elelclroclzena. 11 (19051, 924. COPBUX, Ann. chim. phys. [S] 6 (1905), 508. - DUILRANT, Proo. Chem.

Sac. 21 (19051, 357. - BENEDICT, Jozwn. A m Chem. SOC. 88 (1906), 171.

Page 7: Über anodische Oxydbildung und Passivität

-- 327 -

nicht bestandig, indem Oxyd ausfallt; es konnten aber auch bei mafsigem Alkalizusatz Anodenbeschlage bei der Elektrolyse erhalten werden.

Setzt man zu der griinen Kaliumkobaltioxalatlosung weinsaures Alkali, so erhalt man eine ebenfalls grune Losung, in der aber die Kobaltiionenkonzentration vie1 geringer ist, als in der urspriinglichen, so dafs man ohne weiteres grofse Alkalimengen zusetzen darf, ohne dafs eine Pkllung von Oxyd eintritt. Aus solchen alkalischen, jedenfalls Kaliumkobaltitartrat enthaltenden Losungen konnten bei der Elektrolyse sehr schone Oxydbeschliige auf der Anode erhalten werden.

3. Oxyde des Eisens und Aluminiums.

Sus stark alkalischen Ferritartratlosungen lassen sich auf der Anode dunne Uberzuge von rostroter Farbe erzeugen. Eine nahere Untersuchung dieses Oxyds verbot sich aus dem Grunde, weil die erhaltenen Mengen zu gering waren.

Bei der elektrolytischen Oxydation alkalischer Ammoniak- losungen an Platinanoden hatten wir seinerzeit die Ausbildung eines Tonerdeuberzuges, auf der Anode beobachtet. Die Tonerde stammte aus der Substanz des Diaphragmas. Besagter Uberzug bildete sich gewohiilich erst in einem Stadium der Elektrolyse, in dem die Anodenlos,ung durch Auswanderung von Alkali stark ver- armt war.

Bei der Elektrolyse von Aluminatlosungen kann man, wie ab- sichtlich angestellte Versuche gezeigt haben, die Anode mit einem ganz ahnlichen Tonerdeiiberzug belegen.

Die Oxydbildung ist daher in beiden Fallen dem Umstande zu- zuschreiben, dafs die Tonerde amphoteren Charakter hat (s. S. 339).

II. Klassifikation der anodischen Oxydbildung.

Auf Grund unseres eigenen sowie des umfangreichen alteren Beobachtungsmateriales, auf das gelegentlich verwiesen werden wird, lassen sich folgende allgemeine Gesichtspunkte fur die anodische Oxydbildung aufstellen.

Man kann sie stets darauf zuriickfuhren, dafs primar in un- _ _

Zeitschr. f. Elektrochem. 11 (1905), 919.

Page 8: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 328 -

mittelbarer Nahe der Anode die dem Oxyd in der Wertigkeit ent- sprechenden Metallionen in so hoher Iioiizentration auftreten, dafs fur das Hydroxyd das Loslichkeitsprodulit uberschritten ist, die Metallionen also mit den Hydroxylionen zu whwer loslichem liolloi- dalen Hydroxyd zusammentreten.

I n dieser Hinsicht schliefsen wir uns einer schon vor Iangerer Zeit ausgesprochenen Ansicht von F. FOERSTER~ an.

Zugleich tritt, falls das Hydroxyd nicht an und fur sich in Oxyd und Wasser zerfallt, elektroendosmotische Austrocknung in mehr oder minder starkem Make in Erscheinung.

Wir sind geneigt, der Elektroosmose bei der anodischen Qxyd- hildung eine grokere Bedeutung beizumessen, als dies gemeinhin geschieht. Mit der Entwasserung vermag sie unter Umstanden eine Anpressung der Oxyde herbeizufiihren, welche deren haufig zu beobachtendes Festhaften auf der Anode verstandlich er- scheinen lafst.

Da es sich nach dieser Annahme an der Anode um eine Reaktion zwischen Hydroxyl- und Metallionen handelt und dabei auch uiiter Um- standen andere Anionen gegenwartig sind, so ist es auch mijglich, d a k unter gewissen Verhaltnissen nicht die reinen,Qxyde, sondern basische Salze entstehen, genau so, wie dies der Fall sein kann, wenn inan Metallsalzlijsungen rein chemisch durch Atzlauge fallt.

Dcrartiges liegt z. B. bei der anodischen Bildung des sog. Silbersuper- oxyds vor, wie es aus Silbernitrat- oder -Chloratlb;sungen erhalten wird.

Nach der Art, wie die Metallionen an der Anode entstehen, kann man die anodische Oxydbildung in folgende Haupt- und Neben- gruppen einteilen :

A. Oxydbildung mit Wertigkeitsiinderung des Metalles.

a) D i e I o n e n e n t s t e h e n d u r c h Buflacluiig d e s A n o d e n - m e t a l l e s .

I n diesem Falle besteht also die Anode aus dem Metall, dessen Qxyd gebildet wird, die Losung selbst. ist metallfrei. Bei anodischer Polarisation geht mit dem positiven Strom Metallion in Losung und wird durch die anwesenden OH-Ionen ausgefallt ; das entstandene

F. FOERSTER, Zeitschr. f. Eleklroohem. 3 (1896/97), 529. Siehe COFFETTI, Atti R. J. Veneto [2] 63 (1904), 1257 und die dort an-

gefuhrte Literatur.

Page 9: Über anodische Oxydbildung und Passivität

-- 329 -

Hydroxyd wird als solches oder dehydratisiert an die Anode ge- prefst.

Mit Oxyd uberziehen sicli bei anodischer Polarisation in verdunnten Alkali-

Kadmium, Kupfer, Silber , Kobalt, l Eisen ,% Palladium ,% N i ~ k e l , ~ laugen:

Blei,' Wismut,6 Zinn,R in Schwefelsaure: Palladium,2 Blei, in verschiedenen LGsungen: Aluminium,6 Magnesium7.

Das Bildungspotential dieser Oxyde berechnet sich an Hand der NERNsTsChen Theorie uber die Entstehung galvanischer Strome wie folgt. Fur diese Berechnung sind hier wie im folgenden stets bc- zuglich der Wertigkeit der Ionen usw. vereinfachende Annahmen gemacht worden. Auch wird stillschweigend vorausgesetzt, dals zur Eiidosmose der event. primiir gebildeten Hydrate kein mefsbarer Spannungsbetrag benotigt wird, so d d s Bildungspotential des Hydr- oxyds und Oxyds als identisch angesehen wird. Das Vorzeichen bezieht sich stets auf die Ladung der Elektrode.

Es sei M ein Metall: welches die Ionen Me und das Hydr- oxyd MOH bildet, 14(M' - M) das elektrolytische Potential des Vor- ganges

M - F -i-f M und K(MO5f) = CW x COIT

das Loslichkeitsprodukt des Hydroxyds (c = Konzentration). Jedem Potential, welches das Metall bei anodischer Polari-

sation annimmt , entspricht eine bestimmte Konzentration von Ma. Der Zusammenhang zwischen beiden ist gegeben durch

Oxydbildung wird bei einem Potential P(M0H) eintreten, bei dem K(M0H)

a0H' C&I. = -- -~

l COEHN und OSAK~, 2. alzorg. Chem. 34 (1903), 86. B'. FOERSTER und A. PranET, Zeitschr. f i Elelctrochem. 10 (1904), 716. Eigene Beobachtung. ELBS und FORRSELL, Zeitsehr. f. Elektrochem. 8 (1902), 760. Pogg. Ann. 74 (1849), 587. F. FISCRER, Zeitschr. f . Elektrochem. 10 (1904), 877. BABAROVSKY, Zeitschr. f. Elektrochem. 11 (1905), 465.

* HEINRICH GOLDSCHMXDT u. ECEARDT, Zeitschr. phys. Chem. 56 (1906), 391.

Page 10: Über anodische Oxydbildung und Passivität

-- 330

ist, wo aoHJ die Konzentration der Losung an OH-Ionen bedeutet. Das Bildungapotential des Oxyds ist also

K(M0H) aorr,

P(M0H) = A(b1' - &I) + 0.058 log - Derartige Bildungspotentiale siiid von COEHN nnd OSAKA (1. c.) bestimmt

worden fiir die Oxyde des Kadmiums, Silbers, Bleis, Kupfers und Kobalts.

1st P(M0H) 2 A(M' - M), dann wird wesentlich der Vorgang X + F + M. an der Anode stattfinden; durch entsprechende Stei- gerung der OH-Konzentration lalst sich bei einem gegebenen Metall aber P(NOH) < A(M* - &I) machen und Oxydbildung herbeifiihren; dies ist bei verschiedenen Metallen urn so leichter, je kleiner T<(MOH).

So gehen z. B. Bleianoden in starker Schwefelsiiure als Plumbisulfat' in L6sung, wahrend sie sich in verdunnter Schwefelsaure (also bei hiiherer OH- Konzentration) mit Superoxyd iibereiehen.

Kupferanoden bilden in Schwefelsiiure maxiuialer Leitfiihigkeit primar Kuprosulfat,2 in verdiinnterer Schwefelsaure Iiuprisulfat; in starker Natroulauge Kupro- resp. Kuprioxyd.'

Sei P(0) das Potential, bei dem sich in der betreffenden Losung Sauerstoff entwickelt und A(M' - M) > P(O), dann werden Ionen ill* nur in verschwindender Konzentration wzeugt ; indessen kann durch entsprechende Erhohung der OH-Konzentration P(M0H) < P(0) gemacht und Oxydbildung herbeigefuhrt werden.

Nach Uberschreitung von P(M0H) wird die Oxydbildung ad'- horen , wenn das Oxyd das Grundmetall zusammenhangend iiher- zieht; dann ist das Potential nicht mehr durch den Vorgang 11 + El 2 + M', sondern durch

4OH'+ 4F + 0, + 2H,O

bestimmt (hier ist abgesehen von der Bildung eines hoheren Oxyds), d. h. die gesamte Stromarbeit wird auf die Sauerstoffentwickelung verwendet.

Solche F d l e sind aus der galvanotechnischen Praxis beliannt. Nickel- anoden, besonders solche aus ganz reinern Nickel, liiireu manchmal auf, in Liivurig zu gehen und es wird als Anodenvorgang fast nur noch Sauerstoff-

I<. ELBS und F. FISCHER, Zeitschr. f, E'lelctrochem. 7 (1901)), 343. F. FISCHER, Zeitschr. f. Elektroehem. 9 (1903), 507; Ze'eilschr. pliys. Chem.

Eigene Beobachtung. 48, 177.

Page 11: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 331 -

entwickelung beobachtet.' Darauf ist jedcnfalls auch die Unangreifbarkeit gewisser unedler Metalle bei anodischer Polarisation in Alkalilauge zuriick- zufiihren.

1st ein Ion K' in Losung, dessen Konzentration = ay' und dessen Loslichbeitsprodukt mit dem Ion M' des Anodenmetalles

cy c$p = K(MY)

ist, so ist das Bilclungspotential des festen Salzes MY K(R1Y)

a Y P(XY) = A(M - M) + 0.058 log -_

Bei anodischer Polarisation des Metalles M in einer Losung, in der coEI, = cy, ist, wird nicht Oxyd, sondern festes Salz gebildet, wenn K(M0H) > K(MY) ist und umgekehrt.3

Durch entsprechende Regulierung der O H - und Y-Konzentration kann man P(M0H) und P(MY) gegeneinander verschieben und unter Urnsfanden Oxyd oiler Salz je nachdem erzeugen; sind beide gleich, dann entsteht ein Gemisch.

1st ein KompLexbildner X in Losuag, der mit W komplexe Ionen, etwa M X bildet, und ist die Komplexitatskonstante

ciw. * GX

CMX.

und bei normaler Konzentration von M X

K(MX') = - - ~ ~

K(MX' n.) = C&f. * cx , d a m ist das Bildungspotential des Komplexions fur normale Kon- zentration

K ( X X xi.) ax - 1 P(MX* n.) = A(M' - &I) + 0.058 log _ _ ~ - -,

wenn ax die Konzentration von X ist; denn zur Erzeugung von 1 Mol MX' gehort 1 Mol X. 1st daher die Konzentration Yon X in der Losung ax, so ist sie nach Errreichung des Potentials an der Anode noch a s - 1.

1st P(M0H) > P(MXn.), was selbstverstandlich von der 0H'- Konzentration abhangt, so geht statt der Oxyd- die Komplexbildung vor sich und umgek.ehrt.

Trans. Am. Elelctrocheni. Soc. 4 (1903), 91 s. a. Zeeitschr. f. Eltlctrochem.

Siehe Anm. 8 S. 329. 10 (1905), 35.

a Vergl. die versehiedenen Patente von Lncsow und deren Besprechung durch BOBCHERS, Zeitselw. f. h'lektrochem. 3 (1897), 482.

Page 12: Über anodische Oxydbildung und Passivität

Silberanoden gehen bei nicht allzuhoher Stromdichte in Natronlauge, wenn diese vie1 Ammoniak enthalt, quantitativ in LBsung; ist wenig NH3 vor- handen, dann bildet sich Oxyd.’

Kann schliefslich das Metall komplexe Sauerstoff ionen bilden, ist das entstehende Hydroxyd also amphoter und dissoziiert nach

M + O H 2 -f IkI(0H) +-f MO’ +- €€* oder

so gilt M + 2HO’ * MO’ + H,O,

CM. ~ C201r - K ( M 0 ) ; CMO‘

wenn cM08 = 1 ist, dann sei

CM. . ~ 2 ~ ~ ’ = K(M0’ n.) .

Das Bildungspotential einer normalen MO-Losung ist dann

K(M0‘ n.) ( a O H # - 2)z’ Y(M0’n.) = A(bt - 31) + 0.058 log - - -

wenn aOH, die OH-Konzentration der Liisung ist, da auf 1 Mol. MO 2 Mol. O H verschwinden.

J e nachdem P(M0H) wesentlich kleiner ist als P(M0’ n.) oder nicht, wird Oxyd oder MO’ gebildet werden. Ob das eine oder andere der Fall ist, hangt bei gegebener OH-Konzentration von der Grtike der Konstanten, bei gegebenen Konstanten von der Grol‘se der O H - Konzentration ab. Durch Erhohung der letzteren wird P(M0‘ n.) schneller erniedrigt als P(M0H).

Aluminium und Kupfer nicht zu hoher Stromdichte zu komplexen Snuerstoffsalzen.

Lauge geht es in Liisungz

Rei anodischer Polarisation in schwacher Natronlauge z. B. bildet sich auf Oxyd, in stark alkalischen Laugen losen sie sich bei

Eisen uberzieht sich in nicht zu starker Lauge mit Oxyd ’, in sehr starker

Kann ein Metall noch ein haherwertiges Ion M * bilden, so ist dessen Bildungspotential entsprechend

0.058 K[M(OH),] . 2 - log --z ~~ ~ P[M(OH),] = A(M” - M) + a OH’

Eigene Beobachtuag. HARER, Zeitschr. f. Elektrochem. 7 (1900), 215.

Page 13: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 333 -

J e nachdem P(M0H) grofser oder kleiner P[M(OH),] ist, wird zuerst das hohere oder niedere Oxyd gebildet.

dul, bei steigender Spannung mit Oxyd und weiter rnit Superoxyd.1

Das haingt in erster Linie von den A-Werten ab.

K u p f e r als Anode in starkerer Nstronlauge belegt sich zuerst mit Oxy-

Es ist nicht notig, dak wie man a priori denken konnte A(M' - M) < A(M"-M) ist. Denn fur die VorgBnge2

Me*- 2F 2 5 M M* - F 2 ~ t M M"- F 2-t M

sind zwei Lagen ihrer elektrolytischen Potentiale moglich

a) A(M' - M); A(M" - M); A(M* - Ma); b) A(M" - M.); A(M.* - M); A(W - &I)

- --f steigendes Oxydationspotential.

Nur im Falle a) wird man mit dem Auftreten des niederen Oxyds zu rechnen haben; indessen ist nicht gesagt, dafs es beim Bestehen dieser Lage auftreten mufs. Denn trotzdem kann P[M(OH),] < P(M0H) sein, wenn namlich K[M(OH),] entsprechend kleiner als K(M0H) ist. Meist trifft es zu, dafs K[M(OH),] < K(M0H) ist.

Nur dann wird die Bildung des hijheren Oxyds sicher aus- bleiben, wenn A(M" - 31) soweit uber P(0) gelegen ist, dals die hochstmogliche OH'-Konzentration P[M(OH),] nicht unter P(0) zu bringen vermag.

Im Falle b) kann das niedere Oxyd nicht auftreten, einmal wegen des meist beobachteten Verhaltnisses der Grofse der Los- lichkeitsprodukte dei- beiden verschiedenartigen Hydroxyde eines Metalles und weiter, weil selbst, wenn bei gesteigerter Polarisation P(M0H) erreicht wird, ein Potential herrscht, bei dem A(M.. - M ) uberschritten ist.

b) Die I o n e n e n t s t e h e n du rch Auf l adung ger ingerwer t iger . Das Metal1 ist also als Ion in Losung, die Anode unangreif-

bar. Die Metallioneiikor~zentrittion ist eine solche, dals sie sich mit den in der Losung befiridlichen OH-Ionen ohne Bildung eines

Eigene Beobachtung. a LUTEER, Zeitschr. phys. Chem. 34 (lSOO), 488; 36 (1901), 385.

Page 14: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 334 -

Hydratniederschlages vertragen. Beim Stromdurchgang entstehen aber hoherwertige Ionen, welche schon bei geringer Konzentration mit den vorhandenen OH-Ionen ausfallen.

These Art der Oxydbildung beruht im Grunde auf der geringereii Elektroaffinitat der hoherwertigen Ionen eines h1etalles im Ver- gleich zu seinen niedrigerwertigen, was in der im weiten Umfang zu beobachtenden grofseren Loslichkeit der niederen Hydroxyde zum Ausdruck kommt.

Von bekannten Beispielen sind hier zu erwghnen die in der Elektroanalyse so haufig verwendete Bildung der Superoxyde des Mangans und Rleis aus den Liisungen ihrer Sulfate, Nitrate und Acetate;? ferner die Bildung des Silbersuper- oxyda aus AgN0,- und AgClO,-Liisungen (COFFETTI 1. c.), von Nickel- und Kobalt- sesquioxyd aus den Sulfat- resp. Acetatliisungen, von Thalliumsesquioxyd * und Wismutoxyd.

Ilas Potential fur eine derartige Oxydbildung ergibt sich theo- retisch wie folgt. Es handle sich urn die Bildung von N(OH), aus einer Ma-haltigen Losung mit der Konzentration von O H = aOH und

Zur Entstehung des Hydrates mufs die Anode so hoch polari- V O ~ M* = b M . .

siert werden, dafs hier eine Konzentration von &Pa

K [ M (OH)] 2

a2011‘ CZI.. = ~

entsteht , wenn K[M(OH),] wieder das Idslichbeitsprodukt von M(OH), ist.

Geht man von einer X**-freien iX.-Losung aus, so wird jedem Potential an der Anode ein Verhiiltnis:

C A I . K[ &I( OH), entsprechen und wenn dieses = ~ - - -- -

ox. - cN- bhv * a a O l I - K ~ I ( O H L J

ist, fallt K(OH),. Danach ist das Bildungspotential von M(OH),

ABEQQ und RODLXNDER, Z nmr9. C//cm. 20 (1899), 453. Vcrgl. z, 13. SMITH, Electroanalysis, 3. Ed., Philadelphia 1902, 8. 44 ff.

WERNICKC, I’ngg. Ann. 141 (1870), 111-116. WERNICKE 1. c. - FINHER, f iashers Archzv 16 (1829). - C o E m und

SALOTON, %eitschr. f. Ele/ctrochertt. 4 (1897198)~ 501. - CoEHN und GIASBR, Z. trnoig. Chem. 53 (1903), 13. - HUTTNER, Z. anoi-g. Clzem. 27 (1901), 121. - LEDNER, Zeitsclrr. f. EZe6trochem. 11 (1905), 810; 12 (1906), 463.

’ HEIBERO, z. UlzOTg. C/Lf2.?>2. 35, 348; 37, Yo; 40, 251. BOSE, Z. nizorg. Ch~nz. 44 (19051, 258; s. dort wcitere Literatur.

Page 15: Über anodische Oxydbildung und Passivität

Derartige Bildungspotentiale sind von COEHN u. GLLSER (1. c.) fiir Nickel- und Kobaltoxyd, von M. BOSE (1. c.) fur die Oxyde des Thalliums, Wismuts und Silbers bestimmt worden. Wegen mangelnder Bexintnis der LBslichkeit dieser Oxyde kann ails deren Ergebnissen die obige Formel nicht gepriift werden. Wenn man rhre Giiltigkeit voraussetzt, bietet die Bestimmung dcr Bildungspotentiale dcr Hydroxyde die MBglichkeit , ihr Loslichkeitsprodukt zu ermitteln, wenn die A-Werte bekannt sind.

Es gibt nun hier zwei Moglichkeiten. Sei P(0) wieder das Potential der beginnenden Sauerstoffentwickelung, so kann sein

1. A < P(0); dann kann die Oxydbildung obne Sauerstoff- entwickelung erfolgen.

Bei einem gegebenen Metall, also gegebenem K[M(OH),] mufs man aber dann solche Werte fur uOH' und bbr wahlen, dals das Glied 0.058 log usw. negativ, also P[M(OH),] < A(N" - M*) wird. 1st dies nicht der Fall, dann wird an der Anode gelostes M in gelostes M . iibergefuhrt.

ThallosulfatlBsungen werden, wenn geniigende Mengen freier Schwefel- saure gegenwartig sind zu solchen von Thallisulfat oxydiert, wahrend in neu- tralen Losungen Thalliumsesquioxyd auf der Anode sich ausscheidet.'

2 . A > P(0); dann lalst sich eine Erzeugung von Me. in mek- barer Nenge gar nicht, oder nur unter Sauerstoffentwickelung er- reichen. Dagegen kann man dann das Oxyd von Me* erhalten, wenn sich durch entsprechende Erhijhung von aoaf und b3[. das Glied 0.058 log usw. derart negativ machen lafst, dak P[M(OH),] < P(0) wird.

Kobaltisulfat lLBt sich in stark saurer Lasung aus Kobaltosulfat unter Sauerstoffentwickelung erzengm, riiclit aber Niccelisulfat aus Niccelosulfat. Die dreiwertigen Oxyde beider Metalle bilden sich dagegen aus den neutralen Lasungen der zweiwertigen Salze bei einem Potential, welcher unterhalb des SauerstoffentwickelulIgjpotentials liegt.

Gegenwart eines Komplexbildners kann in diesem Faile die Oxydbildung verhindern und die Entstehung der boherwertigen Komplexionen bewirken, wenn er eine Konzentrntion von M** nicht aufkummen lalst, welche zur Uberschreitung von K[M(OH),] notig ist.

Kobaltooxalat gibt bei der Elektrolyse Kobaltioxalat, Bleichlorid bei Gegenwart von Salmiak (iVH,)2PbC1,.1

' F. FOERSTEI~, Zeifschr. f. Elclctrrucfzenr. 3 (1996/97), 529. F. FOERSTER, Elektrochemie wiisseriger Llisungcn, Leipzig 1905, S. 464. Comm und G L ~ E R , z. aizorg. (%w&. 33 (1902), 11.

Page 16: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 336 -

F u r Fall 1 sowohl als fiir Fall 2 ist zu berucksichtigen, dafs wenigstens theoretisch A durch die OH-Konzentration der Losung nicht geandert wird, wahrend P(0) mit dem Anwachsen derselben kleiner wird. Ferner ist P(0) bei gegebenem Gehalt an O H yon der Natur der Anode und von gewissen Zusatzen abhangig.

Zusatz von Flnfssaure ermbglicht nach SKIEROW die Bildung von Kobalt- sesquioxyd aucli aus stiirker sauien Iiobaltosalzliisungen; rn6glicherweise beruht dies darauf, dak Fluorion die anodische Sauerstoffcntwickelung verzogert.2

Sind noch hoherwertige Hydroxycle, z. B. IvI(OH)~, moglicb, so werden die Verhaltnisse entsprechend komplizierter. Die Bildungs- potentiale lassen sich aber in entsprechender Weise wie oben be- rechnen, werin die A-Werte bekannt sind. Welches von den drei Oxyden bei der Elektrolyse zuerst entsteht, hangt dann neben der Grolse ihrer Loslichkeitsprodukte von der relativen Lage dieser A- Werte ab.

B. Oxydbildung ohne Wertigkeitsanderung des Metalles.

a) D i e e infacher i I o i i e n e n t s t e h e n aus d e n k o m p l e x e n d u r c h O x y d a t i o n d e s l i o m p l e x b i l d n e r s .

Die h o d e ist unangreifbar und clas Metal1 befindet sich als Komplexsalz resp. -ion in der Liisung. Die im Gleichgewicht mit letzterem vorhandenen einfachen Ionen haben eine so geringe Kon- zentration, dafs sie durch die OH-Ionen der Losung nicht als Hydrat gefillt werden. Der liomplexbilclner ist an der Anode zu einem Nichtkornplexbildner oxydierbar. Uurch seine Oxydation an der Anode kann hier die Konzentration der einfachen Metallionen der- ar t vermehrt werden, dals es zur Fiilluiig deu Oxycles kommt.

Hierher gehoreri die im ersten Teil dieser Mitteilung erwiihnten Bildungs- vveiseri des Kupferoxyds aus den Amrnoniak- und Tartratkomplexen und des Kobaltsesyuioxyds aus Kobaltikaliumcyanid und Kobaltikaliurntartrat. Auch ails stark alkalischen Tartratlijsungen des vierwcrtigen Zinns fallt auf der Anode bei der Elektrolyse ein O ~ y d . ~

1 F. SKIRROW, 2. anorg. C h m . 33 (1902), 29.

3 Es handelt sich also um die oberfuhrung potentieller in aktuelle Ionen. E. MULLER, Zeitsehr. f. EkXtroehem. 10 (1904), 779.

Siehe OSTWALD, Grundlinien der anorg. Chemie, 8. 2 5 2 . Eigene Beobachtung.

Page 17: Über anodische Oxydbildung und Passivität

-- 337 --

Eirie Oxydbildung aiif diesern Wege k:mn ausbleiberi , werin das Oxyd ansgesproclien srnphoteren Cliaralrter besitzt und die Allialit3it der Losung be- tr8chtlich ist; denn dann lronrien selbst nacli Zerstorung des Komplexbildners die einfilchen Metallionen in geniigender Ko~izcntration iiicht auftreten, weil sic etwa nach M + 2OH' = MO' + H,O weggefaugen worden. So ist es z. B. riiclit wahrseheiiilich , daB aus stark alkalischen Zinkkomplexeri anodisch ein Oxyd erhalten wird.

Das Rildungspotential deritrtig entstehender Oxyde ergibt sich

Es liege ein komplexes Ion MX' vor, welches nach wie folgt.

M X ,I? M + X dissoziiert; d a m gilt

* Cx K( MX') = CMX

X werde an der Anode oxydiert nach

x + yJ3 = x,.

Das elektrolytische Potential dieses Vorgrtnges (also das Poten- t,ial, welches eine biisung zeigt, in der ex = cxo ist) sei A(X, - X). llamit das Oxyd M.OH an der Anode auftreten kann, mufs hier eine Konzentration von M' herrschen:

wenn aotr wieder die OH'-Konzentration der Liisung, K(M0H) das Loslichkeitsprodukt von MOH ist.

Geht man von einer X,-freien Liisung von MX aus mit den Konzentrationen M X = bMx. und X = dx, so wird bei Polarisation

jedem Potential ein bestimmtes Verhkltnis - -exo-- an der Anode dx - cxg

entsprechen.

a d s es eine Konzentration von Me =

Oxyd wird dann fallen, wenn dx - cx0 so klein w i d ,

zuiiirst. K(M0H) aow

Aus

Z. anorg. Cham. Bd. 50. 24

Page 18: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 338 -

Setzt man den gefuliclenen Wert fiir ex,) liier ein, s o findet mail

Fiir bxrs. ist liier strenggenommen die Konzentration von MX dicht an der Anode zii setze~i; diese ist jedoch riur urn den kleirien

Kpl OH) Retrag - von derjenigen der Losung unterschieden. “ 0 1 1 ~

Wenn m l n von einer klnren Liisung von MX. ausgeht, so

Besteht Gleichheit, d a m wird das Glied hinter den1 Loga- rithmus Null und

P(JTOH) = .4(X,, - X ) - 30.

d. h. es geniigt bei Reversibilitat des Vorganges X + yF = X, die lrleinste E.M.K. zur Erzeugung des Oxyds, weil eben dann sofort

CN. > K(MoH) wird. aoH

Eine solche Reversibilitat ist indes sclten

gegehen. -

Bei steigendem Verhiiltnis - K(MoH).dx ~~ wird die Oxyd- K(MX’) - b~&. *

bildung mehr und mehr erschwert; in welcher Weise das von den maIsgeblichen Konstanten und den Konzentrationsverhaltnissen der Lijsung abhiingt, ist aus der Gleichung fiir das Bildungspotential ersichtlich.

Letzteres wird natiirlich vor allen Dingen durcli A(X, - X) bestirnmt. 1st dieser Wert sehr grofs, d. h. ist der Kolnplexbilducr X schwer oxydabel, dnnn wird uriter Umstiinden, noch ehe P(M0H) bei anodischer Polarisstion erreicht ist, Sauerstoffentwickelung eiu- setzen. J e grofser andererseits P(M0H) gegenuber A(X, - X) ist, eine urn SO betriichtlichere Oxydatioii von X ist zur Oxydbildung notig; ja, es kann der Fal l eintreten, dafs die Oxydatiori sich voll- zieht, ohne d d s Oxydbildung beobaclitet wird.

Zu bemerkeii ist noch, dais der Phnfachheit hnllier angenommen

Page 19: Über anodische Oxydbildung und Passivität

-- 339

wurde, dais dcr Vurg:ing X + y F s:+ X, ohne Erzeugumg VOII

Wasserstoff ionen verliiuft. I n den meisten Fiillen trifft dies nicht zu, (z. B. 2NH, j- 3H,O + l O E ' 5 -g2NO,' + 14H'). Die Beriick- sichtigung dieses Punktes korilpliziert die Oleichung fur das Bilclurigs- potential sehr.

Noch verwiclrelter werden die Verhaltnisse, wenn das Metall noch ein hoherwertiges kornplexes Ion, z. R. MX**, bilden kann ; dann ist fur das Bildungspotential des Oxyds M(OH)2 sowohl das elektrolytische Potential des Vorganges X + y P +-? X,, als auch des Vorganges MX. + F F? MX** bestimmend. Insofern dann in diesem Fallle bei der Oxydbildung von M(OH), eine Wertigkeits- Briderung des Metalles auftritt, gehort er auch in die Abteilung A., b.

Die im ersten l'ril diesrr Mitteilung erwiilinten Bildungsweisen der Oxyde des zweiwertigen Kapfbrs und Silbem, des dreiwertigcn Nickels unti Kobalts aus den alkalischen Komplcxsalzldsungen, des einwertiger, Kupfers und Silbers und des zweiwertigen Nickels urid Kohalts gehiiren hierher, cbenso die Bildung von Wismutperoxydhydrctt aus alkalischcn Wismuttartmt- ' und -Citratlijsungen,2 von Bleisupei oxyd aus alkalischeu Bleitartratl~surigen.8

b) D i e einfr tchen I o n e n e n t s t e h e n a u s i h r e n k o m p l e x e n S a u e r s t o f f a n i o n e n d u r c h E r h o h u n g d e r Wa s s e r s t o f f i o n e n -

k o n z e n t r a t i o n a n d e r Anode.

Das Metall ist, in diesem Falle befahigt, ein amphoteres Hydroxyd zu bilden, welches im einfachsteii Falle nach

dissoziiert. 1st das Metall als M O in der Losung, so muk nach dem

Massenwirkungsgesetz durch geniigende Erhohung der Ha-Konzen- tration MOH erzeugt werden und dieses schliefslich ausfallen. An der unangreifharen Anode dieser stromdurchtlossenen Losung tritt nun, wenn OH-Ionen zu gasfijrmigem Sauerstoff entladen werden, eine solche Erhohung der H-Konzentration auf, wodurch die Mog- lichkeit fur die Fallung von MOH hier gegeben ist.

lischen Bleioxydiosungen Bleioxyd.

&I* + O H y ? M O H z MO'+ H

Aus Aluminatlosungen fillt auf der Anode Tonerde s. 6. 327, aus alka-

- -

WERNICKE, Pogg. A m . 141 (1870), 118. SXITH. Electroanalysis, 3. Ed., Philadelphia (1902), S. 78.

ELBS u. FORSELL, Zeitschr. f. Xiektroohem. 8 (1902), 760. 3 WERNICKE 1. c. S. 109.

24*

Page 20: Über anodische Oxydbildung und Passivität

I 340 -

Das Bildungspotential cler auf diesem Wege entstelierideri Oxyrle

Ks sei hei Qegenwart V ~ I I festeiii NOH ergibt sich wie folgt.

K(J10’) = /;>lo *

ferner ist KjH,O) = c ~ I . Goti .

In einer Losung, in der sich MOH vollstiindig zu MO’ lost,

mul‘s sein cII - < K(Mo’), -~~ MOH fallt andererseits ails solcher Liisung,

weiiii tlas urngekehrte cler Fall ist. Fiir eine klare M0’-Losuiig gilt also die Hezeichiiuiig

GhlO ‘

1st P(D) das elektrolytische Poteirtial des Sauerstoff’s von einem Druck, mit dem er sich an der Anode entwickelt (also bei normalcr Konzentration der OH-Ionen), ohne Stromfluh, so ist sein Poteiitial bei einer andcreri OH-Konzentrittion aoH, ohne Stromflul’s

P(0) P(D) - 0.058 log a o ~ , .

Kei Stromthls Bndert sich mit steigendem Potential die O H - Konzentration durch deren Ziitladung an der Anode, die Losung wird hier saurer. Der Zusammenhang zwischen dieser OH-Konzen- tration hor3. und dem jeweiligen Anodenpotential 7t ist durch den Ansdruck gegeberi :

dH. ?G = P(D) - 0.058 log liorr, = P(D) + 0.058 log -- -,

K(H,O) wenii dIl. die H’-Konzentration dicht an der Anode vorstellt.

K(M0) Hat bei Polarisation dfi. einen Wert = ~- erreicht (nzblo, fl2510’

= &TO‘-Konzentration der Losung), dann fallt das Hydrat. Der hierzu gehorige Wert von 7t ist also dessen Bildungspotential.

K(M0‘) P(M0H) = P(U) + 0.058 log - K(H,O) * ~ I Z M O ’

davon P(0) sbgezogen

P(0) = P(D) - 0.058 log OH, ~

K(M0‘)- a , * qnhfo,

gibt P(MOH) = P(0) + 0.058 log K(H,dj - - ~ .

Page 21: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 341 -

Fur die Konzentration von MO’ ist in dieser Gleichung streng genominen diejenige dicht an der Anode einzusetzen; diese ist in- dessen in alkalischen Losungen, urn die es sich ja hier meist handelt, von der der Losung nicht sehr verschieden, da eine prozentual grofse Erhohung der H’-Konzentration nur eine prozentual ver- schwindende Verminderung von cMW bewirlrt (wenn die Konzen- tration des letzteren nicht zu klein genommen wird).

Da wie oben bemerkt,

K(M0’) - aOw > K(H,O). mMO,

ist, so folgt, dafs das W e d 0.055 log usw. positiv ist, d. h. das Bildungspotential der so entstehenden Oxyde ist stets anodischer als P(0) , sie konnen nur unter gleichzeitiger Sauerstoffentwickelung sich bilden.

Ein besonderer Fall, der dann auch zur Gruppe A., b) gerechnet werden kann, ist der, dafs aus der Losung von MO’ noch ein hoher- wertiges Hydrat (oder Oxyd), etwa M(OH), entstehen kann.

Ein derartiger Frill liegt vor bei der Elektrolyse alktllischer Bleioxyd- liisungen, wo neben Eileioxyd auch Superoxyd an der Anode gebildet wird. Auch aus stark alkalischen Liisungen von Kupferoxyd kann an der Anode Kupferoxyd und -Superoxyd erhalten werden.

1st in einer solchen Losung die Konzentration von OH’ = a o H , ,

die von 810‘ = mMOd und die der einfachen M-Ionen = b w , so ist das Bildungspotential von M(OH),

oder wenn b?!L -a?H = K(M0‘) die Gleichgewichtskonstante des UzhlO

Vorgangs : M + 2 O H ’ s M O + H,O

und infolgedessen bnl- a201r = K ( M 0 ’ ) m ~ o ~ gesetzt wird :

K(M0‘) . mhfo’ [-- K [ & l m - P[M(OH),] = A(M” - M.) - 0.058 log

Setzt man hierunter das Bildungspotential fur MOH

Page 22: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 342

so sieht mail zunachst, dak ~ i u r P(M0H) von der Hydroxylioneii- konzentration der Losung hestininit w i d

1st I'(M0H) > P[iV(OH),] utid P[M(OH),] < P(O), daiin wird sich vor eiiitretciider Sauerstoffentwickelung das hohere Oxyd bildetl. Wird nun das Anorlenpotential iiber PI M(OH),] gesteigert, so wird rnit der unter OX'-Verbrauch sic21 :cbspielenden Bildung von M(OH), auch die Konzentration von OH' an der Anode sinken und es ist denkbar, dal's in diesem Falle die Bildung von MOH auch ohnc Sauerstoffentwickelung einsetzt, werin die H.-I(on~eiitr:~tiori der Liisung

nur um ein geriiiges kleirier war als

Jedenfalls werden, sei es nun mit oder d ine Sauerstoff'entwiclte- lung, nach Uberschreitung von P[M(OH),] und von P(M0H) beide Oxyde fallen. Hs ist dann zu erwarteii, d a b mit steigender Strom- dichte das Verhaltnis der entstehenden Oxyde sich zugunsten des niedereii Oxyds verschiebt, indem dessen Bildungsumfang mit der durch die vermehrte Entstehung des holieren Oxyds sich steigernden H*-Konzentration wachsen mul's. Wahrend das hohere Oxyd unter OH'-Verbral;ch nach

lqnlo') "LhlO'

&I.. + 2 0 H = M(OH),

entsteh t, bildet sicli das niedere unter OH'-Erzeugung resp. H - Vernichtung nach

MO' + H* = MOH.

Voii dieseni Gesichtspunkt aus lassen sich vermatlich die Ergebnisse von ELBS und FOR SELL^ uber die IXldung von Bleioxyd und ltleisuperoxyd BUS

alkaliwhen Bleioxydlosungen deuten. Fur die an diesen Oxyden zu erreichende Strornausbeute l%kt sich folgen-

des voraussagen. Wie an der Katliode einer strorndurchflossenen Alkalisalz- losung gleichLeitig ein Aiyuivalent Rasserstoff und ein Aquivalent Alkali fur ein l'avad entsteht, so kann hier an der Anode itn extremen Falle fur 1 Aquivalent Sauerstoff, sei es , d a b dieser als Gas oder als J3leisuperoxyd gebunden aaf- tritt, gleichzeitig 1 Aquivalent Blcioxyd gebildet werden.

Die Stromausbeute an oxydierten Stoffen daif sich also nur auf das Superoxyd und den gasforrnigcn Sauerstoff beziehen. Bezieht man sie auch auf das Bleioxyd, dann wird man natiirlich Ausbeuten von iiber 100 O i 0 er- halten, da letzteres niclit durcli Oxydation entstandeii, sonderri ein sckundgres Produkt ist.

ELBS und FORSELL, Zeitseh. f. Elekkochem. 8 (1902), 760.

Page 23: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 343 -

111. Uber die Passivitat von Kobalt, Nickel und Eisen bei anodischer

Bekanntlich nehmen manche unedlen Netalle unter gewissen Bedingungen das Verhalten edler an. Ober die Ursache dieser als PassivitLt bezeichneten Erscheinung sind die Meinungen geteilt. 1st man sich wohl allgemein daruber einig, dafs unter den passivierenden Einfiiissen das Metidl Veranderungen erfAh1.t. welche sich nur s u f die Oberflache erstrecken, so ist doch die Frage nach der Natur dieser ,,Deckscliicht" cine strittige.

Die einen nehmen an, dais die Deckschicht aus einer edleren Modifikation des Metalls besteht oder dafs die Passivitiit durch Oklrlusion von Gas resp. durch Gashaute hervorgerufen wird, andere wieder wollen die Deckschicht als durch ein Oxyd des betr. Metalles gebildet ansehen.

Die Pnssivitiit tritt einerseits bei einer griifseren Zahl von Metallen auf, als man friiher glaubte, andererseits sind die passi- vierenden Einfiusse sehr mannigfach. Wir wolleii uns bier nur mit der Passivitat der drei Metalle Kobalt, Nickel iind Eisen beschaf- tigen, welche sie bei anodischer Polarisation in Alkalilauge zeigen, indem hierbei schoa geringe Strome an ihueri wie am Platin eine Saueratoffentwicklung hervorrufen.

Es sollen einige Beobaclitungen und Betrachtungen mitgeteilt werden, welche es wahrscheinlich mxchen, dafs diese Passivitatser- scheinung mit einer Oxydbildung im engsten Zusammenhaiige steht. Es mufs zunachst clarauf hingewiesen werden, dais unter den er- wahnten Umstanden die genannten Metalle samtlich nicht vollig unangreifbar sind. Man kann bei l a n g e r andauernder ltnodischer Polarisation bis zur Sauerstoffentwickelung bei k o n s t a n t e r Strom- dichte (resp. nahezu konstantem Anodenpotential) leicht beobachten, d a b sie sich d e u t l i c h s i c h t b a r mit ihren Oxyden iiberziehen, wie das zum Teil schon bekannt ist.l

Das Bildungspotential der Oxyde ist mithin von allem Anfang an uberschritten und da man nicht annehmen kann, dals unter den vollstandig gleich bleibenden Bedingungen plotzlich durch irgend einen Umstand Oxyd in sichtbarer Menge gebildet wird, so ist man zu dem Schlusse gezwungen, dak clas Oxyd schon bei einer auch

Polarisation in alkalischen Losungen.

I?. FOERSTER und PIOUET, Zeitschr. f. Elektrochem. 10 (1904), 716-717 und eigene Beobachtung.

Page 24: Über anodische Oxydbildung und Passivität

.- 344 -

nocli so kurzen Polarisation sich bildet und bei andanernder E!ek- trolyse von unsichtbaren zu siclitbaren Mengen nnwachst.

Beiin Kobalt fiiidet diese Aiiiiahme noch ihre besondere Stutze dariii, dafs in der anodischen Stromsp;innungskurve der Natronlauge, wenn sie an dieseni Metall als Anode aufgenommen wird, unter- halb des Swuerstoffeiitwiclrelungspotentials eine Uiistetigkeit auftritt, die wohl keinem anderii Vorgang, als der Osyclbildung zugeschrieben werdeii kann.l Uiesen, wie uns scheint, zur Aniiahme einer Oxyd- bildung zwingenden Schliissen stehen auf den ersten Hlicli die An- gaben entgegen, dals auch mit den feinsten optischen, Hilfsmittelrr ein Unterschied zwischen alitivem uncl passivem );isen nicht zu be- obaditen sei. W. J. MULLER und KONIGSBERGER haben eine optische Methode ausgearbeitet, die ihnen nach ihren neuesteii Angaben erlaubt, Schichten von weriiger als molekularer Dicke infolge der Anderung des Reflexionsvermiigens zii erkennen. Da sie nun bei der Untersuchung von Eisen vor und nach anodischer Polarisation in NaOH keinen Unterschied walirnehmen konnten 4, schlielsen sie, dais eine Oxydhaut uberhaupt nicht vorhanden seiii k a n a 6 L)a sic aber uber everitueile Unterschiede im elektromotorischen Verlialten des Eisens Tor und nsch der anodischeii Polarisation, die fur den Unterschied des aktiven und passiven Zustandes charakteristisch gewesen waren, keine Angaben machen, ist, worauf sclion HAREEL* hindeutete , durchaus nicht bewiesen , dais das nicht polarisierte Eisen nicht ebenfalls schon passiv war; ja es ist dies sognr wahr- scheinlich, denn das Ref-lcxionsvermiigen wurde durch liathodische Polarisation verbessert. Voii W. J. MULLEIL wird dies allerdings auf die Bildnng einer Eisenriatriumlegierung zuruckgefuhrt ; aber selbst wenn dies zutreffen s o h , ist doch der Beweis, d a h der Unterschied zwischeri aktiven und passiven Nisen nicht durch eine Oxydhaut bedingt sei, nicht als erbracht anzusehen. Es ist ja nicht undenkbar, dafs Eisen iiber eine ruekbare Zeit iiberhaupt nur d a m oxydfrei, also aktiv bleiben kann, wenn es durch ein noch uiiedleres Metall, wie z. B. das Natrium vor Oxydation geschiitzt wird.I -~ . . .

C O ~ H N und OSAKA, Z. anorg. C'hem. 34, 90. Phys. Zeitschr. 6 (1904), 413 11. 797. Phys. Zeitschr. 6 (1905), 847.

* Phys. Zeztsehr. 6 (1904), 414. Zeitschr. f : lTlek2roclzerra. 11 (1905), 824.

ri Zeitscl,,r. f. Elektrocherr~. 12 (19061, 64. ' Zeitschr. f. &/kroeherri. 11 (1905), 950 spricht w. J. M u m m selbst

clavon, d;il's rlas durch kathodische Polarisation erhalte Eisen bzw. Eiserinatriurn du rd i diu Eiuwirkung von Losung + 0, im Oxydhydrat iiberfiihrt werde.

Page 25: Über anodische Oxydbildung und Passivität

345 - -

Lafst sich also kein bindender Beweis gegen die Bildung vori Oxyd bei der anodischen Polarisation unserer Metalle in Natron- lauge vorbringen, so ist es doch noch eine andere Frage, ob ein solches Oxyd, wie es beim Blei allgemein angenornmen wird, die Ursache der Passivitat ist. Es lafst sich denken, dals die Oxyd- bildung nur ein nebensachlicher Vorgang ist und dafs irgerid eirie andere Veranderung des Grundmetalls seine Passivitiit bedinge.

Ein solcher Einwand lalst sich nicht a priori abweisen, weil man eben in diesem Falle stets bei der anodischen Polarisation Oxyd und Metall nebeneinander hat.

Dieser Schwierigkeit entgeht man aber, wenn man ein edles unangreifbares Metal1 z. B. Platin mit den Oxyden der in Rede stehenden unedlen, passivierbnren Metalle uberzieht. Erhalt das Platin durch solchen Oxydbelag ganzlich andere Eigenschaften und zwar solche, welche jene unedlen Metalle im passiven Zustand irn Gegensatz zum reinen Platin zeigen, so muls man schlielsen, dals auch die passivierbaxen Metalle diese Eigenschaften durch einen Oxyduberzug erhalten. Denn bei dem mit den Oxyden uberzogenen Platin kann fur diese VerandertenEigenschaften unter keinen Umstanden etwas anderes verantwortlich gemacht werden, als das Oxyd, insonder- heit nicht das Metall des Oxyds, da dieses gar nicht gegenwartig ist.

Yon dieser Uberlegung ausgehend, wurden die in den ersten Teilen dieser Mitteilung beschriebenen Methoden zur Herstellung von Oxydiiberzugen auf Platin benutzt und diese ,,Oxydanoden" einer Untersuchung in oben angedeutetem Sinne unterzogen.

Als Eigenschaft, in welcher sich die passivierbaren Metalle wesentlich vom Platin unterscheiden, zogen wir die verschiedene Leichtigkeit, rnit welcher bei anodischer Polarisation in Natronlauge die Sauerstoffentwickelung stattfindet, heran. Diese erfolgt nach den Untersuchungen von COEHN und OSAKA an Elektroden aus ver- schiedenem Material bei sehr verschiedcnen Potentialen.

F u r die hier interessierenden Metalle geben sie folgende Werte fur den Beginn der sichtbaren Sauerstoffentwicklung

Platin, blank 1.67 Volt Kobalt 1.36 ,, Nickel, blank 1.35 ,,

,, schwammig 1.28 ,, Eisen 1.47 ,,

Wasserstoff von Atrnosplilrendruck in derselben Lauge].

-- - COEHK und OSAKA, Z. nnorg. Chem. 34 (1903), 86 [gemessen gegen

Page 26: Über anodische Oxydbildung und Passivität

._ 346

Es ist also, wie man sicli :Lusdruckt, an den drei Metallen Kobalt, Xicltel und Eisen die anodisclie Uberspannung wesentlicli geringer, als :tm Platin. F u r uns galt es nun zu erweisen, dars (lie Uberspannnng des Platins durch Uberzieheri mit clen Oxyden der drei Metalle herabgedruckt wircl.

Wir bestimmten dam riiclit an den clrei Metallen einerseits, an den init den entsprechenden Oxyden iiberzogenen Platinelektro- dcn andererseits das Potential. loei tlem rnit stejgender anodischer Polarisation die Sauerstoffentwickelung eben sichtbar wird, sondern die Potentiale, welche bei einer in alleri Fallen gleiclien irnd wah- rend eines jeden Versuches konstant gelialtenen anodischen Strom- dichte herrschen. Wie FOERSTKR uncl P1~ue.r (1. c.) feststellten und wie iinsere iinten folgeriden Versuche bestiitigen, tritt dabei der Unterschied in der oberspnnnung der verschiedenen Metalle noch deutlicher in Erscheinuiig.

U d s die Sauerstoflfentwicklung a m Kobaltoxyd leicliter erfolgt, wurde schon fruher von FOEESTER und E. MULLEK~ in eiriem arideren Zusammenhang beobachtet und etwa zur gleichen Zeit haben COEHN und GL wm2 dasselbe bei Kobalt- und Nickeloxyd festgestellt. Fur diese Oxyde handelte es sich daher nur darum, den Grad der durch sie bewirkten Herabminderung der Uberspannung des Platins fest- zustellen. F u r das Eisenoxyd lagen dagegen bisher keinerlei Mes- sungen in dieser Richtung vor.

Zu unseren Versuchen beriutzten wir einen parallelepipedischen Glastrog, der mit 100 ccm reiner 2 n.-Natronlauge gefiillt war. In diese wurde eine Tonzelle, mit derselben Lauge gefullt, gesetzt, in welcher die Platinkathode hing. Die Anode, ein Platinblech voii 3.3 qcm Oberflache, war an einer Schmalseite des Troges an- gelegt. Sie wurde j e nachdem rnit den betreffenden Metallen oder Oxyden elektrolytiscli uberzogen und auf der, der Kathode abge- wandten Seite mit Zaponlack isoliert. Nur in dem Falle, wo das Verhalten des metallischen Eisens untersucht werden sollte, gelangte eine aus Eisenblech gefertigte Elektrode derselben Grorse zur Ver- wendung; sie war durch sorgfaltiges Abschleifen von jeder sicht- baren Oxydschicht befreit worden.

Durch die Zelle wurde ein s t e t s k o n s t a n t g e h a l t e n e r Strom von 0.10 Amp. gesandt, so dak die Strorndichte 0.03 Amp./qcm

Zeitschr. f. Elektroehem. 9 (1903), 206. COEHN und GLHSER, 8 nnory. Chem. 33 (1903), 11.

Page 27: Über anodische Oxydbildung und Passivität

~ 347 --

betrug. Auf die Vorderseite der Anode druckte, wie in iinseren friiheren Versuchen, der horizontale, zu einer Kapillare ausgezogene Teil eines knieformig gebogenen weiten Glasrohrs, in dessen verti- kalen Teil ein mit gesattigter Kaliumsulfatlijsung gefiillter elektro- lytischer Heber tauchte, der die Verbinduiig zur Dezinormalelektrode herstellte. Beide Heberrohrenden Karen, um Diffusion auszuschliefsen, sorgfaltig mit Filtrierpapier verstopft. Stets wurde der Elektrolyt durch einen Ruhrer vor Konzentrationsanderungen bewahrt.

Wahrend der IGlektrolyse, die bei Zimmertemperatur durch- gefuhrt wurde, wurden in bestimmten Zeitintervallen die Potential- differenzen der arbeitenden Anode gegen die Normalelelrtrode nach der PoGGEmomschen Kornpensationsmethode mit dem Kapillar- elektrometer als Nullinstrument gemessen.

I n den nachstehenden Tabellen bezeichnet t die Zeit nach Einschalten des Stromes in Minuten, 7c die Potentialdifferenz : Anode- Dezinor~nalelektrode (Hg/HgCl, n. KCl). n hat wieder das Vor- zeichen der Elektrode.

Versuch 1. P l a t i n . -41s Elektrode diente ein oberflachlich rauh gemachtes Platin-

blech, wie es spater zum Uberziehen mit den Oxyden zweclrs besseren Haftens derselben verwendet wurde.

t 1 3 4 5 G 8

10 15 20

52

0.924 1.020 1.057 1.082 1.130 1.1GG 1.209 1.252 1.287

t 25 30 40 50 60 70 80 90

240

n

1.308 1.324 1.343 1.355 1.368 1 .3 i5 1.380 1.385 1.416

Versuch 2. K o b a l t . Das Platin wurde in einer Kobalto- Ammoniumsulfatlosung elektro-

lytisch mit metallischem Kobalt glatt uberzogen, dann als gnode in 2 n. NaOH benutzt.

t 7z

10 0.550 20 0.556

stromlos 0 -0.990 1 + 0.519 2 0.525 40 0.566 3 0.528 G O 0.570 5 0.538 ~ 180 0.580

I I t 7z

Page 28: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 348 -

t n

2 0.448 3 0.448

t n

30 0.446 40 0.448

SKIRROW, Z. an0r.y. Chom. 33 (1902), 29.

stromlos 0 - 1.04 4 + 0.449 5 0.459

10 0.465 20 0.466 30 0.469

50 0.475 70 0.476

100 0.476 120 0.476 140 0.476 250 0.476

Es zeigt sicli, wie aus den schon erwkhnten Beobachtungen anderer zu erwarten war, dars das Potential der sauerstoffent- wickelnden Kobalt- uiid Kobaltoxydanode weit weniger anodisch ist, als das am Platin; doch sieht man, dnk die Uberspannung des Platins durch Kobaltoxyd u x ein betrachtliches unter die des rnetallischen Kobalts hcrnbgedriickt wird.

Wjir vermuteten, dals dies in der Verschiedenheit der Ober- flache des Kobnlts und der Kobaltoxydanode begriindet sei, und haben dalier die mit glattem Kobalt iiberzogene Platinelektrode zur Erzeugung eiiies sehr fein verteilten, schwammigeri Kobaltuberzuges weiterhin bei sehr hoher Stromdichte in saurer Kobaltosulfatlosung kathodisch polarisiert. Dabei resultierte ein feinpulveriger, grauer Uberzug. Bei der anodischen Polarisation der so hergestellten Elektrode in 2 n. NaOH erhielten wir die nachstehend angefiihrten Werte.

Versuch 3. K o b a l t o x y d . D~LS Platin wurde mit Kobaltoxyd nach SKIRR OW^ durch ano-

dische Polarisation in mit Fluksaure versetzter Kohaltsulfatlosung iiberzogen, dann nach gutem Auswaschen in 2 n. NaOH anodisch polarisiert.

Page 29: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 349 -

Das Potential der SauerstoE entwickelnden Anode ist also genltu dasselbe am fein verteilten Kobalt und am Kobaltoxyd. Man ltann dither nicht anders schlieken, als dafs das anodische Ver- halten des metallisahen Kobalts durcli eine Oxydscliicht bestimmt wird. Dies wird noch zur Gewifsheit, wenn man sieht, dafs die graue Farbe des Metnlles nach und nach in die schwarze des Oxyds iibergeht.

Versuch 5. Nickel. Das Platin wurde in Nickelammoniumsulfatlosung elektroly-

siert mit glattem Nickel uberzogen und dann anodisch in 2 n. NaOH polarisiert.

t strorrilos 0

1 2 3 5 7

10

n: - 0.40 + 0.793

0.829 0.845 0.859 0.870 0.876

Elektrode ueuerdings vernickelt t n:

stromlos 0 -0.540 1 f0.809 2 0.831 3 0.849 5 0.861

10 0.875 20 0.886 30 0.894 40 0.896 50 0.900 GO 0.900

Versuch 6. Nicke loxyd. Das Platin wurde in ammoniakisch atzalkalisclier Niccelosalz-

losung’ mit Nickeloxyd uberzogen und nsch guter Spiilung in 2 n. NaOH anodisch polarisiert.

t 7E

1 0.501 2 0.505 3 0.510 5 0.5 15

10 0.522 20 0.524

t n:

30 0.526 40 0.527 50 0.530 60 0.534 19 Stdn. 0.540

Auch liier driickt der oberzug mit Nickeloxyd die Uberspan- nung des Platiris ganz betrachtlich herab, und zwar wie aus einem

S. Zeitsohr. f. Elektrochenl. 11, 924, Vers. 30.

Page 30: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 350 -

Vergleicli rnit Versucli 5 zu erselien ist, noch weit uiiter die Werte, welche am glittten Nickel beobiichtet werden. Die Verniutung, d d s Ltuch liier, wie beini Kobalt, dcr Unterschied im Verhalten vom Metall und seineni O\yd auf die Verschiedenheit in der ObcrHiiche zuriickzufuhren sei, fiihrte tlazu, die Oberfkche des Nickels durch kathodische Polarisation niit sehr holier Stromdichte in Nickel- ammoniumsulftttliisui~g pulvrig zu gestalten ; wir err.eicliten aber nur eine grobkornige Ausscheidung, die den1 schwamniigen Kobalt- riiederschlag an Feinheit weit nachstand. Es ist dahcr erkliirlicli, dals cias Potential bei anodischer Polarisation in 2 n. NaOH nach an diesem Material immer nocli etwas hijher lag, als an der mit Nickeloxyd iiberzogenen Platinelektrode.

Versuch 7. Scliwanini iges Nicke l .

strorrilo8 t rc

0 - 0.700 1 +0.605 2 0.627 3 0.643 5 0.663

1 0 0.688

t 7c

20 0.714 30 0.732 5 0 0.748 GO 0.748

120 0.760 17 Stdn. 0.780

Durcli mehrfach wiederholte elektrolytische Oxydation und Re- duktion hatte vielleicht eiri feiner verteiltes Nickel erzeugt werden Iionnen. Da aber ein Oxydgehalt des so bereiteten Nickels nicht ganz sicher ausgeschlossen gewesen ware, begnugten wir uns mit iier Peststellung, dak das Potential Sauerstoff entwickelnder Nickel- itnoden um so weniger anoclisch ist, je feiner verteilt deren Ober- flache ist, was ja auch bereits aus den Bestimmungen von COEEN und OSAKA hervorgeht.

Versuch 8. Ei s en. Ein gut gereinigtes Eisenblech von den Dimensionen des bei

den friiheren Versuchen verwendeten Platinbleches zeigte bei ano- discher Polarisation in 2 n. NaOH folgendes Verhalten:

t 72

l i 12 0.538 2 0.542 3 0.548 4 0.550

10 0.554

t ‘IT

15 0.564 30 0.574 60 0.577

120 0.58’1 360 0.593

Page 31: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 351 -

Wiederliolung mit anderen Nisenblechen ergab im weseiitlicheri dasselbe Resul tat.

Versuch 9. E isenoxyd. Wie schon oben niitgeteilt, gelingt es, Platin durch anodische

I’olarisat ion in stark alltalischer E’erritartratlosung mit eineh Eisen- oxyduberzug zu versehen; dieser Uberzug ist aber nu1 dann einiger- mafsen sichtbar, wenn das Platin sehr lange polarisiert wird. Die folgenden Versuche zeigen aber, d a k trotzdem eine Platinelektrode bereits durch kurze anodische Polarisation in Ferritartratlosungen ihre Uberspannung auf einen Wert erniedrigt, der nahe demjenigen liegt, welchen das passive Eisen aufweist, ohne dal’s mit unbe- wafynetem Auge auch die mindeste lTeranderung wahrzunehmen ware. Aus den nachsten Daten folgt znniichst, dak eine in alka- lischer Natriumtartmtlosung polarisierte Platinanode durch Zusatz eines Ferrisalzes zum Elektrolyten einen sehr betrachtlichen Poten- tialsturz erfahrt, ganz analog, wie man dies auch beim Zusatz yon Nickel- und Kobaltsalzen beobachten kann, und wie wir es bei der anodischen Entstehung von Kupfer- bez. Nickeloxyd aus alka- lisch ammoniakalischer Kupfer- bez. Nickelsalzlosung beschrieben haben.

Ein Platinbleoh von der stets verwandten Grofse (3.3 qcm) wurde mit Seesand aufgerauht und zuerst in reiner 2 n.NaOH mit der auch friiher benutzten konstanten Stromdichte 0.03 Amp./qcm anodisch polarisiert.

t 7c

3 0.734 5 0.740

15 0.763

t It

30 0.822 40 0.888 50 1.008

Es wurde nun, ohne den Strorn zu unterbrechen und ohne dab dadurch der Alkalititer geandert wurde, ein Zusatz von weinsaurem Natrium gemacht, so dafs der Elektrolyt 0.1 molar an diesem war. Der in reiner Natronlauge erfolgende langsame Potentialanstieg des Platins wird dadurch nicht gestort.

t Tc

I 1 A50 2 1.070 3 1.090

1 71

8 1.124 16 1.130 20 1.160

Zeitsehr. f. Xlektrochem. 11 (1905), 923

Page 32: Über anodische Oxydbildung und Passivität

352 - -

N U I ~ wurden 30 ccm einer Losung zugesetzt (wieder ohne den Strom auszuschalten), die durch Misclien von 20 ccm 4 n. NROH und 20 ccm m / l O Ferritartratlosung erhalten wurde. Die Strom- stiirke wurde peinlichst koristant gehalteii.

i n

' 1 2 1.04 1 1.01 2 0.972 4 0.900 7 0.740

10 0.678

1 n

1 5 0.600 20 0.565 40 0.520

120 0.493 180 0.473 200 0.470

Wir sehen also, wie auf Zusatz von Ferritartrat clas Potential sofort ganz betrgchtlich fiillt, wahrend Weiiisiiureion allein keine Uepolarisation hervorruft.

Nunmehr wurde die Platinanode, ohne den Ytrom zit unter- brechen, heiausgenommen uiid schriell uncl reichlich init Wasser abgespiilt. An der feuchten Elektrode war Jisolut keine Veriinde- rung wahrxuiiehmen. Als sie IIUII, bei vorher gesclilosseiiem Strom- lireis, itls Anode in reine 2 n. NaOH eingetaucht und mit der Stromdichte 0.03 Amp./qcm polxrisiert wurde, wurderl folgende hnodenpotentiale gemessen:

I I t n t 7c

'I2 0.520 1 0.530 2 0.538 4 0.570 5 0.673 7 0.593

1 0 0.598 15 0.619 20 0.640 3.5 0.720 410 0.770

125 1.210

Wenn man hiermit die Zahlen vergleicht, welche das reine Platin zeigt e, so ist wohl dessen verschiederiartiges Verhalten nach der anoclisclien Polarisation in Ferritartratlosung in die Augen springend. Man sieht ohne weiteres, da1s die Anode in ihrem Ver- halten sich dem passiven Eisen auffallig nahert.

Der Ansicht, daB das in Ferritartrat polarisierte Platin sein ver- andertes Verhdten einer Eisenoxydschicht verdankt, konnte man bei dem eben beschriebenen Versuch entgegenhalten, dafs die Schicht nicht zu sehen war. Wir haben deshalb das Platinb'iech durch Polarisation in einer sehr stark (7 n.) alkalischen, sehr konzentrierten (8 O/J Ferritar- tratlosung, die einen minimalen (0.1 n.) Zusatz von Weinsaure erhielt,

Page 33: Über anodische Oxydbildung und Passivität

- 353 -

mit einer diinnen Schicht von Eisenoxyd iiberzogen, die als ein rost- roter Hauch deutlich zu sehen war. Auch diese Elekt.rode zeigte, nachdern sie gut mit Wasser abgespiilt worden war und noch eine Stunde in einem GefaSs mit destilliertem Wasser geb.angen hatte, bei der anodischen Polarisation in reiner 2 n. NaOH ein von reinem Platin total verschiedenes Verhalten , wie die folgenden Zahlen zeigen:

Versuch 10.

t m

1 0.553 3 0.573 6 0.575

10 0.575 15 0.580 20 0.587 30 0.589 40 0.591.

t m

50 0.595 60 0.600 70 0.602 80 0.604

110 0.614 145 0.636 16 Stdn. 1.31

Diese Qersuche haben wir in grosser Zahl wiederholt. Immer, wenn das Platin in einer Eisensalzlosung anodisch polarisiert wurde unter Bedingungen, bei denen eine Oxydbildung bei geniigend langer Dauer beobachtet werden konnte, zeigte es bei darauffolgender ano- discher Polarisation in reiner Natronlauge ein ganz verandertes, dem des Eisens nahekommendes Verhalten, ganz gleichgi i l t ig , ob m a n e ine Verande rung d e r P l a t i n o b e r f l a c h e beobach ten koi inte ode r n i c h t ; nur zeigte sich in den einzelnen Fallen eine Verschiedenheit in der Dauer, iiber welche das Platin seinen ver- anderten Zustand beibehielt.

Gerade diese Tatsache stiitzt die Ansicht aulserordentlich, daSs das in NaOH anodisch polarisierte Eisen mit einer Oxydschicht iiberzogen ist. Denn auch das Eisen zeigt zu Beginn keinerlei sichtbare Veranderung , wahrend nach langerer Zeit deutlich Oxyd beobachtet werden kann , obgleich sein Verhalten beziiglich der Sauerstoffentwickelung dabei durchaus dasselbe bleibt. Man kann jedenfalls, das lehren unsere Versuche, aus der Nichtsichtbarkeit des Oxyds nicht auf sein Nichtvorhandensein schliefsen.

Unsere Resultate lassen sich kurz dahin zusammenfassen, dals es moglich ist, Platin durch Uberziehen mit den Oxyden des Kobalts, Nickels und Eisens derart zu verandern, dafs es bei der anodischen Polarisation in Natronlauge ein analoges Verhalten zeigt, wie die

Z. anorg. Chem. Bd. 50. 25

Page 34: Über anodische Oxydbildung und Passivität

354

Metalle Kobalt, Nickel und Eisen unter den gleichen Bedingungen. Darin glauben wir eine Stutze fur die Bnsicht, dafs die Passivitat der drei Metalle, wenigstens fur den Fall ihrer anodischen Polari- sation in Laugen , auf einer Oxydschicht beruht , beigebracht zu haben. Diese Ansicht scheint uns auch sonst die nachstliegende zu sein. Legen wir uns einmal die E'rage vor, was wir bezuglich des Verhaltens der in Rede stehenden Metalle bei anodischer Pola- risation in Alkalilauge zu erwarten haben, wenn dieselben ihren Charakter als unedle Metalle beibehnlten. Ilann wird der Strom Metallionen in die Losung treiben, die sofort OH-Ionen vorfinden und mit diesen Hyclroxyd bilden. Wenn dieses von der Anode her- abfiele und immer neu gebildet wurde, so wiirde man sich dariiber vielleicht nicht wundern, und doch ware gerade ein solches Qer- halten nicht zu verstehen. Denn wir sehen in anderen Fallen, wo wir aus der Lbsung heraus dicht an der Anode Metallionen bei Gegenwart reichlicher OH-Ionen erzeugen - z. B. bei der Elek- trolyse von slkalischen Komplexsalzlosungen - dafs das gebildete Hydroxyd oder Oxyd derart dicht auf einer Platinanode lagert, dais es die spezifischen Eigenschaften des Grundmetalles vollstandig verdeckt. Also muls auch in jenem Falle, wo die Ionen fiir das Oxyd aus dem Metall der Anode geliefert werden, das Oxyd das Grund- metall festhaltend iiberziehen, seine Eigenschaften verdecken , urn so mehr, als hier die Oxydbildung in allernachster Nahe der Anode erfolgt.

Das Verhalten unserer Metalle bei anodischer Polarisation in Natronlauge ist also durchaus so, wie wir es zu erwarten haben. Denn wenn das Bildungspotential der betreffenden Oxyde, das bei der Schwerloslichlieit der letzteren sehr friih liegt, uberschritten ist, hat man es nicht mehr mit einer Metall-, sondern mit einer Oxyd- anode zu tun, an der nichts anderes als Sauerstoffentwickelung statt- finden kann.

Beziiglich des Zustandekommens von festhaftenden, das Grund- metall iiberziehenden Oxydschichten mochten wir hier nochmals auf unsere schon eingangs geauf'serte Ansicht verweisen , d d s jedenfalls die Elektroendosmose hierbei eine wichtige Rolle spielt.

Brccunscliweig, Elektroehem. Luborutoriurn der Heerxogl. techn. Hochsehiile, 14. Juli 1906.

Hei der Redaktion eingegangen am 15. Juli 1906


Recommended