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Page 1: Über das Grenzflächenpotential von Textilfasern in Wasser

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Uber das Grenzflaehenpotential von Textilfasern in Wasser von P. Karrer und P. Sehubert.

(23. XII. 27.)

Die unter dem Kamen ,,Elektroosmose" bekannte Erscheinung ist yon Wiedemannl), Quincke2), Tereschin3) und Perrin4) experimentell untcrsucht worden, ihre Theorie wurde von Quincke2) aufgestellt, uncl von HelmhoZtx5), Gouy6), X m o l u c h o ~ s k y ~ ) und Freundlichs) erweitert.

Wird in einer mit Wasser gefullten Kapillare aus einem festen, wasserunloslichen Stoff ein elektrisches Peld erzeugt, so verschiebt sich die Flussigkeit im Innern der Kapillare. Die Grosse der Verschie- bung ist proportional der Feldstarke und wechselt bei Umkehrung des Feldes ebenfalls ihre Richtung. Die Kapillare kann durch ein dicht gestopftes Diaphragma aus dern zu untersuchenden Stoff ersetzt werden, welches wie ein Bundel von Kapillaren wirkt. In Rohren aus Quarz, Glas, Ton, Asbest, Wolle, Seide und Baumwolle wandert Wasser zu dem ausseren negativen Pol, in Rohren aus Oxyden, Hydroxyden und Carbonaten zum positiven Pol.

Nach der Helrnholtx'schen ,,Hypothese der einerseits beweglichen Doppelschicht" wird angenommen, dass sich unter dem Einfluss der von der festen Wand ausgehenden Krafte die mit elektrischen La- dungen behafteten Molekeln zu einer elektrischen Doppelschicht an- ordnen, deren eine (aussere) Belegung an der festen Wand haftet, wahrend die andere (innere) Belegung in einer sehr dunnen Flache im Abstand eines Molekeldurchmessers ihr gegenuber steht und in der zur Wand parallelen Richtung beweglich ist (Fig. 1).

bewegliches (HpO) +

unbewegliches (H@-

Fig. 1.

l) Pogg. Ann. 87, 3-21 (1832); 99, 177 (1856). z, Pogg. Ann. 113, 513 (1861). 3, Wied. An.1. 32, 333 (1887). 4, J. chirn. phys. 2, 601 (1904); 3, 50 (1905). 5, Wied. Ann. 7, 337 (1879). 6 , J. phys. 9, 457 (1910). 7) Graetz, IIandb. d. Elektr. Ed. 11, 366 (1914). *) Freundlich, Kapillarchemie, 1909, S. 244ff.

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Wird in dieser Richtung ein elektrisches Feld uberlagert, so wandern die mit Ladungen behafteten Molekeln der beweglicheri Schicht dem ilirer Ladung entgegengesetzten ausqeren Pol zu iind nehmen durch Reibung die gesamte in den Kapillaren befindliche Flussigkeit mit. Im stationaren Zustand wird die ausserc elektrische Kraft lediglich zur Uberwindung der inneren Reibung der Flussigkeit verbrauclit ; die Gleichsetzung dieser beiden Grossen und die Betrachtung der Doppel- schicht als Icondensator vom Potential 5 in einem Medium von der Dielektrizitatskonstante D liefert fur das in der Zeiteinheit ausstromende Volumen VHSo die Gleichung

worin r den Radius der Kapillaren, E: das aussere Potential, a den Ah- stand der heiden ausseren Elektroden mid den Viscositatskoeffizienten der Flussigkeit bedeutet. Rei Verwendung cines Diaphragmas wird dessen Querschnitt q fur y 2 n eingesetzt. Es folgt aus dieser Gleichung, dass die ausfliessende Wassermcnge proportional dem elektrischen Feld i, proportional dem Querschnitt dcr Kapillaren und tinabhiingig von deren Lange ist, was die Experimente bestatigen.

Der Absolutwert des Grenzflachenpo tentials ( (, ,elektroosmo t. Potential", ,,elektrokinet. Potential") liegt fur Glas-Wasser etwa in der Grdsse von 30 Wlivoltl). c h e r sein Vorzeichenist bekannt, dass die Wandschicht von Stoffen mchr sauren Charakters (Glas, Quarz, Wolle) sich negativ gegen reines Wasser ladt, mahrend sich die Wandschicht mehr basischer Stoffe (Al,O,,ZnO) positiv gegen die Flussigkeit verhiilt ; reines Wasser ist also in Glaskapillaren + geladen und bewegt sich zur Kathode, in Diaphragmen am Oxyden ist das bewegliehe Wasser mit - Ladungen behaftet und ku f t zur Anode.

Da dieses Grenzflachenpotential eine typische Oberflachenfunktion ist, und da wir gefunden hatten,), dass die Oberflache von Viscose- seiden verschiedener Ausfallung bestimmte Unterschiede aufweist, da weiterhin mit dieser hIethode der basische Charakter des von P. Karrer und W. WehrZi3) hergestellten Amingarns koiitrolliert uncl gc- messen werden konnte, iriteressierten uns Grosse und Vorzeichen des Grenzflachenpotentials verschiedener Textilfasern in Wasser.

Zur Messung bedienten wir uns, mit geringen Modifikationen, der von Perrin4) angegebenen Methode. Der Apparat (Fig. 2) besteht aus einem U-Rohr aus Jenaglas von ca. 0,7 em Durchmesser, dessen rechter Schenkel in drei, durch gute Schliffe verbundene Stucke zer- legt ist. I n das untere Stuck ist eine Platin-Elektrode eingeschmolzen,

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1) Quincke, Teroschin, loo. cit. 2, I-'. Korrer und I-'. Schubest, Helv. 10, 430 (1927). 9 Helv. 9, 591 (1926). 4, J. chim. phys. 2, 6@l (1904).

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das mittlere hat eine Lange von 6 ern und client zur Aufnahme des Fasermnterials, das obere tragt die andere Platin-Elektrode, eine ganz schvach nach oben gerichtete graduierte Kapillare, welche 0,01 mm3 abzulesen und 0,001 mm3 zu sclidtzen gestattet, und einen zur Pullung dienenden Hahn.

Fig. 2.

Nach sorgfaltiger Reinigung und Diehtung wird der Apparat bis zur Rohe der unteren Elektrode mit Leitfahigkeitswasser gefullt. Dann setzt man unter Vermeidung einer Luftblase das niit dem zu unter- suchenden Material dicht gestopfte Mittelstuck, sowie den oberen Teil auf, fullt den linken Schenkel bis etwa zur Hohe der Kapillare mit Fliissigkeit, neigt den ganzen Apparat nach links und gibt durch den geoffneten oberen Hahn soviel Wasser, dass die Kapillare etwa zur Halfte und der obere Teil des Apparates ganzlich damit, gefullt ist. Nach dem Schliessen des oberen Hahnes wird der Bpparat senkrecht gestellt und bleibt einige Zeit sich selbst uber- lassen. J e nach den hydrostatischen Verhaltnissen stellt sich der Menis- kus in der Kapillare in einer bestimmten Lage ein; die Einstellung kann durch Ablassen von Wasser durch den unteren Hahn oder durch Zu- fiigen einiger Tropfen in den linken Schenkel sehr beschleunigt werden. Betragt die Verschiebung des Meniskus weniger als 1 mm3 in der Minute, so wird der Strom eingeschaltet und der Stand des \Vassers in der Kapil- lare von Minute zu Minute abgelesen.

Da die von einer elektrolytischen Zersetzung des Wassers her- ruhrende Gasbildung ein starkes Steigen des illeniskus zur Folge haben wurde, wurde stets mit bestem Leitfahigkeitswasser gearbeitet. Die Gasentwicklung beschrankt sich dann auch bei langerem Stromschluss auf wenige an den Elektroden haftende Blaschen. Die alteren Autoren

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Tabelle I. Bestimmuny der Elektroosmose bei mercerisiertem 13nuwzzcollyuln.

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27

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27

27

26

25

- Bemerkungen

Temperatur 17O

10.17 : Nullpunlrt bei 612

Strom eingeschaltet. Obere Elehtrode des

Apparats ist + Pol. Das Wasser fa l l t in

der Kapillare

10.24: Strom ausgeschaltet

10.25 : Strom eingeschaltet

Ohere Elektrode ist -Pol. Das Wasser s t e i g t in

der Kapillare

10.36: Strom ausges chalt e t

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Fortsetzung von Tabelle I.

itnnd des Meniskus ~ - - ~~~ - ~

733

-

704

675

Verschiebimg in mm3/Miii. Bemerkungen

2 : 10.37 Strom pin- geschaltet

29 i Obere Elelrtrode ist + Pol

29 i 27

27

27

. . usw .

inachen in dieser Hinsicht keinerlei Angaben, und es ist nicht ersichtlich, ob und bis zu welchem Grade sie diese Fehlerquelle ausgeschaltet haben. Das Fasermaterial wurde durch Kochen mit destilliertem Wasser, Kochen mit Leitfahigkeitswasser und Spiilen mit Leitfahigkeitswasser gereinigt und in feuchtrm Zustand durch kriiftiges Naehdrucken mit einem unten abgeplatteten Glasstab in immer moglichst gleicher Festig- keit eingestopft. Die Ablesungen erfolgten durch ofteres Umkehren des Stromes stets mehrfaeh nach beiden Richtungen, wodurch sowohl der aus der geringen Gasentwicklung herruhrende Fehler als auch eine bei nicht ganz genauer hydrostatischer Einstellung vorhandene Be- gunstigung einer Richtung aufgehoben wird.

Alle Versnche sind bei Zimrnertemperatur (16-1 g o ) ausgefuhrt. Das aussere Potential betrug 60 Volt bei einem Elektrodenabstand von 6,5 em. Ein Beispiel unserer Messungen ist in Tabelle I angefuhrt. Man ersieht aus der Bewegung des Meniskus zunachst die langsame Einstellung auf eine Hohe 612. Der erste Wert nach dem Einschalten ties Stromes ist meist ungenau. Wenn das Diaphragrna dicht genug gestopft ist, hewegt sich dann die Flussigkeit rnehrere Minuten mit konstanter Geschwindigkeit, bis die eintretende hydrostatische Druck- differenz der Versehiebung merklich entgegenwirkt. Wird dann aus- gesehaltet und der Apparat eine Minute ohng Strom gelassen, so kann die Grosse dieser hydrostatischen Kraft abgelesen und zum letzten Wert addiert oder vom ersten Wert in der umgekehrteri Messrichtung sukh-ahiert werden, wodiirch sich ebenfalls der zuerst gefundene Wert ergibt. Als zuverliissigste Grosse wurde die jeweils beirn Passieren tler anfangs ermittelten Nullstellung sich ergebende Geschwindigkeit

1.5

Page 6: Über das Grenzflächenpotential von Textilfasern in Wasser

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Page 7: Über das Grenzflächenpotential von Textilfasern in Wasser

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angenommen. In Tabelle 11 sind die auf diese Weise gefundenen Werte fur eine Anzahl von Faserstoffen zusammengestellt; die in Spalte 3 angegebenen Zahlen bedeuten das durch das niaphragma getretene Wasservolumen in mm3 pro Minute und sind Mittelwerte aus je etwa 4 Messungsreihen. Wenn zwei Zahlen angegeben sind, handelt es sich um getrennte Versuche mit neuer Fullung des Apparats. Tabelle I1 lasst folgendes erkennen:

fasern am meisten als elektrisch kompensierter Stoff.

als Watte (Nr. 4) und gewohnliches Baumwollgarn (Nr. 5) .

Seide (Nr. 1) verhalt sich nach dieser Methode von allen Textil-

Mercerisiertes Baumwollgarn (Nr. 2) ist deutlich weniger sauer

Wolle (Nr. 6) nimmt in Wasser stark negativen Charakter an.

Von den Kunstseiden laden sich Kupfer-, Chardonnet-, und Viscoseseide nur schwach negativ niit etwa gleicher Intensitat (u =

4-14); Acetatseide dagegen ist stark negativ (v = 54).

Verschiedene mit gleichem Material doppelt ausgefuhrte Versuche zeigen, dass die Werte gut reproduzierbar sind.

Eine Vorreinigung der Kunstseide ist notig (Nr. 12 und 13). Die abweichenden Daten bei den ungereinigten Kunstseiden 12 und 13 durften im Fettgehalt der Oberflache begrundet sein, denn nach Ent- fettung (Nr. 14) ergibt sich der fur das betreffende Material charakte- ristische Wert.

Den Unterschieden zwischen gut anfarbbaren und schlecht anfarb- baren, zwischen enzymatisch gut abbaubaren und schlecht abbaubaren und zwischen aus sauren und aus salzhaltigen Pallbadern gesponnenen Viscoseseiden entsprechen keine eindeutigen Anderungen des Grenz- flachenpotentials (Nr. 10-25).

Alle amidierten Garne nehmen, im Gegensatz zu den andern Fasern, gegen Wasser positive Ladung an. Die Basizitat der amidierten Watte (Nr. 29) entspricht etwa derjenigen des Zinkoxyds (Nr. 28). Sehr be- merkenswert scheint uns das Ergebnis zu sein, dass das negative Grenz- flachenpotential von nativer Baumwolle zu mercerisierter und von dieser zu umgefallter Cellulose (Kunstseide) stark abfallt. Es scheint also umso geringer zu sein, je mehr die natiirliche Struktur der Cellulose zerstort ist. Ob dies mit chemischen oder micellaren Veranderungen zusammenhangt, lassen wir dahingestellt.

Berechnung des Absolutwertes des Grenxf lachenpotentials.

Auf Grund der Seite 222 angegebenen Formel ist der Absolutwert ties Grenzflachenpotentials ([) nach Messung folgender Griissen zu berechnen :

Page 8: Über das Grenzflächenpotential von Textilfasern in Wasser

- 228 - V = Volunien des Diaphrag.merixglintlers = 6,6 ,ma )n 1 Masse der Faserstoffe = 8,6 g ahsolut trocken Q = Uichte der Faserstoffe = 3,s fiir Kunstseiden

1,5 ,, Baumwolle 1,S6 ,, Naturseide 1,3 ,, Wolle 1,s ,, Acetatseide

pylinometriscli in Renzol bestimnr t 1 = Iiinge des Diaphragmen&ylinders

VHZ0 = Volumen des durchgestriimten Wassers E = iiusseres Potential I) = I>ielelrtrizitliltskonstante der Fliissiglieit 7 = Viscositiitskoeffizient der Fliissigkeit ( I = Ahstand der Islektroden

= 5,R em wrg.1. Tabelle 2 = 60 Volt =- 81 = 0,Ol Dyn. Sek./cni2 = 6,s cm.

Fur mercerisiertes Baumwollgarn gestaltet sich die Rechnung z. B. folgendermassen : Aus dem durch Auswagen bestimmten Volumen des Diaphragmengefasses (6,6 em3) und dem aus Masse und Dichte berechnet'eii Volumen der trockenen Baumwolle (2,4 em3) berechnet, sich das voii Wasser ausgefullte Volumen zu 4,2 em3; dies ist das Volumen eines Kapillarenbundels voii der Lange 5,5 em, dessen Querschnitt q sich somit zu 0,76 em2 ergibt, wenn die - willkurliche - Annahme gemacht wird, dass idle diese Kapillaren in der Richtung des ausseren elektrischen Feldes stehen. Diese Grosse q kann in die Gleichung

eingesetzt werden, in der dann ausser 5 alle Grossen bekannt sind. Es muss noch beriicksichtigt werden, dass die Massung des austretcnden W:zsservolumens in mm3 pro Minute erfolgte und durch Division mit 60.103 auf cm3/sek. umzurechnen ist. Ferner ist das Bussere Potent>ial (60 Volt) durch Multiplikation mit & in elektrostat. CGS-Einheiten z u verwandeln. Das Grenzflachenpotential ergibt sich dann in elektro- stat,. CGS-Einheiten und kann durcli Multiplikation mit 300 in Volt umgerechnet werden.

Zur Kontrolle wurde der Absolutwert noch nach der von Smolu- chowskyl) angegebenen Formel berechnet, welche den VortJeil hat. dass in ihr der etwas unbestimmte Querschnitt des Kapillarenbiindela nicht cnthalten ist. Sie lautet in gleicher Bezeichnung wie oben:

l) Graetz, Handbuch d. Elelrtr. Bd. 11, 366 (1914).

Page 9: Über das Grenzflächenpotential von Textilfasern in Wasser

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I ist die elektrische Stromstarke, u der spezifische Widerstand der Flussigkeit. In unserm Versuch fur merccrisierte Baumwolle betrug :

I = 1,2. CI = 1/3 lo5 Ohm = I/$ 105. $. 10-11 elektrostat. CGS-Einheiten

Amp. = 1,2. 10-4' 3 . 109 elektrostat. CGS-Einlieiten

In Tabelle I1 wurden die Werte von [ nach beideii Methodcn berechnet. Die erhaltenen Zahlen sind von gleicher Grossenordnung ; dass die Werte nach Formel I sich kleiner ergeben als nach Formel 11, stimmt damit uberein, dass die in Formel I enthaltene Voraussetzung, alle Kapillaren seien in Richtung des ausseren Feldes angeordnet, sicher nicht vollstandig zutrifft. Da q und 5 umgekehrt proportional sind, so ergibt das Einsetzen eines Maximalwertes von Q einen Mini- rnalwert von 5.

Herrn Prof. E. Meyer (Ziirich) danken a i r fiir verschiedme Ratscldage verhintl- hcl.1st.

Zurich, Chemisches Laboratorium der Cniversitat.

Polysaccharide XXXVII '). Uber das Verhalten verschiedener Cellulosen gegen Schnecken-

cellulase von P. Karrer und P. Schubert.

(23. XII. 27.)

Bekanntlich zeigen Viscoseseiden, je nach der Art h e r Herstellung, z. T. sehr grosse Differenzen in ihrer Enzymfestigkeitl). Auch zwischen Watte, Filtrierpapier und anderen Celluloseformen haben Rich in dieser IIinsicht schon Unterschiede feststellen lassen2). Es war daher erwunscht, zu untersuchen, ob die grossere oder geringere enzymatisclie Abbau- fahigkeit verschiedener Holzzellstoffe parallel anderen Eigenschaften, z. B. den Viscositaten, Kupferzahlen etc. dieser Substrate geht.

Wie die folgende Tabelle zeigt, haben sich solche Regelmassig- keiten, wenigstens in vorgeschritteneren Stadien des Abbaus nicht auf- finden lassen. Es ist moglich, dass bei beginnender Hydrolyse die Zahleri vergleichsweise etwas andere sind. TIochstens Zellstoff Nr. 7 bietet viel- leicht etwas Bemerkenswertes, indem hier der hohe Abbau parallel desn kleinsten Gehalt an a-Cellulose geht . Die Zellstoffmuster Trerdanken

l) XXXVI. Mitteilnng, Helv. 10, 430 (1927). ') Vgl. z. B. P. Karrer imd P . Schubert, Helv. 9, 894 (1926).


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