Transcript
Page 1: Über die Textur von Stärketabletten

ArChiv der R e i c h und G s t i r n e r Pharmazie 830

B. Reich und F. Gst i rner

uber die Textur von Starketabletten*) Aus den1 Warmazeutischen Institut der Universitat Bonn

(Eingegangen am 15. Mlln 1968)

JIit Hilfe eines neu entnickelten Queck- ailber-Pomimeters wurden von Stiirke- tabletten Textur und andere Eigenschaften bei verschiedeneii Kompressionsdrucken und wechselndem Feuchtigkeitsgehalt ver- folgt. Sowohl mit steigendemKompressions- druck ah auch mit steigendem Feuchtig- keitagehalt verkleinern eich Porenvolumen und haufigster Porenrdius, ebenso der RollverschleiD, wahrend Bruchfestigkeit und Zerfallszeiten sich erhohen. Die Tablet- tenhohe steht ebenfalls in direkter Bezie- hung zur Textur, 80 daB danach Poren- volumen und hiiufigster Porenradius er- mittelt werden konnen und auch die Fest- stoffdichte sich annahernd bcstimmen liilt.

With the help of a newly developed mer- cury-porosimeter, the texture and other properties of starch tablets were studied at different compression pressurea and moi- sture content. By increasing the compression pressure and also the moisture content, the pore volume and the most frequent pore radius are decreased, while the resistance to fracture and disintegration time are m- creased. The height of the tablet is also direotly related to the texture, 80 that the pore volume and the most frequent pore radius can be obtained from it and even the solid density can be approximately w y e d .

Fur die Beschreibung des Mikro- und Makroaufbaues auch von Arzneiformen sollten Begriffe verwendet werden, die bereits in der Pulvermetallurgie, Gesteins- hiittenkunde und Keramik eingefiihrt sind und in neuerer Zeit besonders von L. hgerl) zusammengefaDt wurden. Nach diesen Begriffen sind die meisten Arznei- formen Mischkorper, die aus zwei oder mehreren Komponenten bzw. Phasen be- stehen, deren chemisches und physikalisches Verhalten unterschiedlich sind. Die Komponenten bilden miteinander weder eine chemische Verbindung noch eine Losung, so da13 sie durch eindeutige Grenzen voneinander getrennt sind. Gehoren die aufbauenden Komponenten ausschliefllich dem festen Aggregatzustand an, so spricht man von ,,kompakten Mischkorpern" mit einem Gefuge. Wird eine Kompo- nente durch Hohlriiume gebildet, so liegt ein ,,disperser Mischkorper" vor, z. B. bei Pudern, Tabletten u. a.

Da Tabletten feste Stoffe sind, mussen die Einzelbausteine der Komponenten einen fixierten Platz innerhalb eines geometrichen Raumes einnehmen, wodurch sie ebenfalls ,,kompakt disperse Mischkorper" darstellen. Sind dagegen die Einzel- bausteine im Raum frei beweglich und werden die Eigenschaften durch eine Sche-

*) Die Arbeit wurde mit Untersttitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgefiihrt. 1) Science of Ceramics, The Brith. Gram. SOC. Vol. I, 187 (1962).

Page 2: Über die Textur von Stärketabletten

301. Bd. l#ss/ll ober die T e h r von Sfiirketabletten 831

rung nicht veriindert, so liegt ein ,,diskret disperser Mischkorper" vor. Dies trifft fur alle kornigen Haufwerke, wie Pulver, Puder, Granulate u. a. zu.

Der partikuliire Aufbau von kompakt dispersen Mischkorpern wird als ,,Textur" bezeichnet. Nimmt der Verteilungsgrad der Komponenten dagegen molekulare Dimensionen an, so ist der Ausdruck ,,Struktur" angezeigt. Diese Bezeichnung ist bereits in der Pharmazie geliiufig und wird z. B. richtig angewendet in Mizellen- struktur, Gelstruktur, strukturviskosen Flussigkeiten, Molekiiletruktur usw. Da- gegen sind Bezeichnungen wie Mikro- und Makrostruktur bei der Charakterisierung von Arzneiformen irrefiihrend, wenn nicht der molekulare, sondern der partikulare Aufbau aus Kristallen oder dergleichen beschrieben wird.

Die Textur wird durch die Porositat und die PorengroSenverteilung charakteri- siert. Durch die Porositiit wird die mengenmiiSige Zusammensetzung von Hohl- raum- und Stoffkomponenten angegeben. Sie wird durch das Gesamtporenvolu- men in Prozent vom Volumen des Probekorpers ausgedriickt. Das Porenvolumen setzt sich wieder aus geschlossenen, also von aul3en unzuganglichen ,,Hohlporen" und aus offenen ,,Sack-" und ,,Kanal"-Poren zusammen. Wird der Prozentanteil des offenen Porenvolumens am Probekorper bestinimt, so erhiilt man die ,,offene" oder ,,scheinbare" Porositat. Die Porengrofienverteilung ermoglicht einen Einblick in den Feinbau des porosen Korpers zu gewinnen.

Uber die Porositiitabestimmung von Tabletten sind in der pharmazeutischen Literatur wenige Arbeiten emchienen') in denen die Poroaitiit mit Hilfe von Dichte- oder Volumen- beatimmung ermittelt d e . So bediente sich z. B. Higu&ia) des Heliumdemitometers. Zur htimmung dea Porendurchmessers hat Nogami') die Luftdurchliissigkeit einer Tablette gemeasen und schloI3 damit auf den mittleren offenen Kapillardurchmesser, den er in Beziehung zur Eindringrate eines Liisungsmittels beim Tablettenzerfall setzte. H i g w W ) berechnete den mittleren effektiven Porendurchmesser mit Hilfe des Poren- volumens und der spezifiachen Oberfliiche, die durch Stickatoffadsorption ermittelt wurde.

Zur Texturuntersuchung von pharmazeutischen Formlingen ist die Quecksilber- Porosimetrie besonders gut geeignet, da Quecksilber pharmazeutische Wirk- und Hilfsstoffe weitgehend unbeeinfldt laSt im Gegensatz zum ,,Luft-Wasser-Ver- driingungsverfahren". Die Quecksilber-Porosimetrie ermoglicht aul3erdem die Be- stimmung sowohl der scheinbaren Porositiit als auch der PorengroSenverteilung. Die Methode, die z. B. von R. L. Ritter und L. C. Drake6) ausfiihrlich diskutiert wird, beruht darauf, daS Quecksilber als nicht benetzende Fliissigkeit bei wech- selnden Driicken in die Poren entsprechender GroSe eines Probekorpers eintritt. Bei Atmosphiirendruck betriigt der Porenradius ungefahr 7,5 p, so da13 im Unter- druckbereich groDere, im Oberdruckbereich kleinere Hohlriiume gemessen werden

8 ) T. Higuchi und Mitarbiter, J. Amer. pharmac. Assoc. 8ci. Edit. 41,93 (1962); 42, 194 (1963);

8 ) T. Bbnd, T. 8iarvaa nnd L. Aradi. Pharmez. Zentralhslle Deutschlend 100,226 (1901). 4 ) H . Nogami, H . Fukwauw und Y. Nakai, Chem. Pharmsc. Bull. Japan 11,1389 (1963). 6 ) Ind. Eng. Chem. Anal. Ed. 17, 782, 787 (1945).

43,685, 718 (1954).

Page 3: Über die Textur von Stärketabletten

832 R e i c k und Q s t i r n e r Archiv der Pharmazie

konnen. Aus den eingetretenen Quecksilbervolumina, die genau meobar sind. lassen sich die PorengroDenverteilung und, bei hochstem Druck, auch die scheinbare Porositat berechnen.

Um die Textur von verschiedenen Arzneiformen zu bestimmen, ist weiterhin ein Porosimeter erforderlich, das sich durch einen sehr groBen Meobereich auszeichnet. Wiihrend das Messen von PorengroDen unterhalb von 7,5 p bereits auf mannigfaltige Art gelost worden ist, fehlt bisher ein Gerat zum Messen moglichst groDer Poren. Es wurde daher ein Porosimeter entwickelt und konstruiert, das eine kontinuier- liche Messung vom Unterdruck- bis zum uberdruckbereich ermoglicht und dabei ein Porenspektrum von 0,05 p bis 500 p Porenradius erfabt. Das Gerat und das MeDverfahren sind bereits von B. Reichs) beschrieben worden.

Zur oinfiihrenden Untersuchung der Tablettentextur in Abhangigkeit vom Kom- pressionsdruck sind Mehrstofftabletten wenig geeignet, da sich die einzelnen Sub- atanzen beim Pressen unterschiedlich verhalten konnen. Es muate daher eine Modellsubstanz gefunden werden, die sich allein ohne Hilfsstoffe in einem vieiten Druckbereich zu Tabletten verpressen laat. Dafiir erwies sich die Kartoffelstarke als geeignet, da sie eine gleichmaDige Korngestalt aufweist und leicht verformbar ist, wodurch keine Zerkleinerung der Korner wahrend der Kompression auftritt und damit sich das urspriingliche Zwischenkornvolumen in Abhangigkeit vom Druck verringert. Obwohl reiiie Stiirketabletten keine praktische Bedeutung haben, sind die Untersuchungen dennoch von Interesse, da die Starkc einer der haufigsten ver- wendeten Hilfsstoffe fiir die Tablettenfabrikation ist, so daB eine weitere Kenntnis ihrer Eigenschaften nicht nur fur die Erklarung mancher Tabletteneigenschaften dienen kann, sondern auch ihren zweckmaaigeren Einsatz als Spreng- oder Gleit- mittel gestattet. DS sich der PreBdruck empfindlich auf die Tablettentextur auswirkt, muBte so-

wohl fiir seine genaue Einstellung und Registrierung als auch fiir eine sorgfaltige Einwaage in die Matrize Sorge getragen werden. AuBerdem muDten der Zeitpunkt der Priifung nach der Pressung und der Feuchtigkeitsgehalt der Starke genau ein- gehalten werden, uni reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten.

Fur die Tablettenpressung stand eine Exzenter-Tablettenpresse zur Verfiigung, die von J . Hojer und F. astimer') beschrieben wurde. Die beiden Tablettenstempel sind jeiveils mit einem DehnungsmeBstreifenkranz ausgestattet, der nus 4 aktiven und 1 passiven DebnungsmeBstreifen beeteht, die untereinander zu einsr Halbbriicke geschaltet sind. Die Kartoffelstiirke, fur jede Tabletta 2,5 g, wurde in einem Schiffchen anf 5 mg genau ein- gewogen und von Hand aus quantitativ in die Matrize gebracht. Der absolute Feuchtig- keitsphalt der Stiirke betrug 12,2% (bestimmt durch 12 Std. Trocknen in dunner Schicht bei 110'). Da sich die Tabletten nach der Kompression infolge der elastischen Deformation noch geringftiqig ausdehnen, wurden die Porositiitsmessungen friihesteiis 24 Std. nach dem Pressen durehgefuhrt. - ER wurden bei 6 verschiedenen Drueketufen Tahletten von 22 mni Durchmesser gepreBt. Der mittlere 'l'ablettierdrwk P. der durch das nrithmetisrhe Yittel

g, Cheniie-Iugenieur-Technik 39. 1275 (1907). ?) Pharniaz. Industrie 26, 21, 162 (1964).

Page 4: Über die Textur von Stärketabletten

901. Bd. l@ss/ll tfaer die Te'cztzlr von 8tarketadletten 833

aus Oberstempel- und Unterstempeldtuck gegeben iet, betrug 326, 506, 720. 925 nnd 1266 kp/cm*. Die Porengrtihnverteilung der Tabletten mude im VberdruckmeBhcreich dee Poroeimeters ermittelt. Infolge der guten Reproduzierbarkeit der MeBweite wurden nur 2 Messungen mit jeweils 2 Tahletten durchgefuhrt.

a) P r e l d r u c k und Poros i t a t Dem PreBdruck entaprechend stellt der in den Starketabletten vorhandene

Porenraum das zum Teil stark verkleinerte Interpartikularvolnmen der losen Stiirke dar. Daher liegt auch bei den unterschiedlichen Kompressionsdrucken ein ziemlich gleichmiiBig aufgebautes Porenaystem vor. Dennoch treten charakteristische Unter- schiede auf, die aus den absoluten und prozentualen Surrrmenkurven erkennt.lich sind (Abb. 1). Die absoluten Summenkurven (Abb. l a ) veranschaulichen deutlich den EinfluB des Preadruckes auf das gesamte Porenvolumen VH,, das das Queck- silber insgesamt einzunehmen vermag. Bei niedrigstem Druck (325 kp/cma) betriigt V,, 198,6 mm3/g (Kurve 1 in Abb. 1 a). Nimmt der Kompressionsdruck zu, so ver- ringert sich das Hohlraumvolumen in charakteristischer Weise, so daB die einzelnen Summenverteilungskurven bis zu Nr. 5 immer flacher auslaufen. Die Kurven sind untereinander sehr ahnlich, woraus sich ergibt, daB alle PorengroBen durch steigen- den Kompressionsdruck in gleicher Weise verkleinert werden. Demnach diirften die Stlirkekorner an ihren Beriihrungsflachen auch unter hoherem Druck kaum miteinander versintern. Eine Sinterung bzw. Frittung gibt sich dadurch zu erken- nen, daB die unter Druckeinwirkung entstehende Schmelze bestimmte PorengroBen schlieBeo kann.

Bei den prozentualen Summenkurven (Abb. 1 b), die durch zusatzliches Um- rechnen eine positive Steigung erhalten haben, fallt auf, daD die Kurve 1 die groBte Streuung des Porenvolumens uber einen weiten Porengrolenbereich aufweist. So lessen sich bei Porenradius r = 1 p etwa 2 % und bei r = 5 p etwa 95 % des Poren- volumens ablesen. Die grole Ausdehnung der Verteilung nimmt bei steigendem PreBdruck stark ab, so d a l die Tabletten der Kurve 5, die bei einem mittleren Druck von 1265 kp/cm2 gepreBt wurden, bei r = 0,3 p etwa 2 % und bei r = 1,s p etwa 95 % des Porenvolumens besitzen. Das Porenspektrum umfalt anfangs 4 p (= 5 p-1 p) und ist auf 1,50 p (= 1,8 p - 0,3 p) zmammengedrangt worden, wo- durch die Summonkurven immer steiler werden. Das hat zur Folge, daB bei hoheren Drucken immer mehr eine charakteristische PorengroBe in den Vordergrund tritt, am der schliedlich zum iiberwiegenden Teile das gesamte Porensystem des PreI3- lings aufgebaut wird. Der PreBdruck iibt also in gewisser M'eise einen ordnenden EinFluD auf die Textur der Stiirketabletten Bus, indem fast alle vorhandenen Poren auf eine dem PreBdruck entsprechende GroBe gebracht werden.

Die markante PorengroDe der einzelnen Verteilung entspricht dem haufigsten Yorenradim rm, der durch den Wendepunkt der Summenkurve gegeben ist. Der Bereich dcr Wendep& wurde in Abb. 1 b durch Kreise gekennzeichnet. Beispiels- weise la l t sich aus der Kurve 1 fiir r,,, ein Wert von etwa 4p, aus Kurve 6 von etwa 1,2 p entnehmen.

Archlv 301. Band, Heft 11 53

Page 5: Über die Textur von Stärketabletten

R e i c h und G a t i r n e r 834 k c h i v der Pharmaeie

200 1

t - 150 = 2

- m

E E 7 100 - a 3 5 a 4

5 0 - 5 L

0 0

0 1 2 3 4 5 Abb. 1

EinfluS des Kompreclsiorw druckes auf die Porengrokn- verteilung von Stiirketabletten. a) Absolute Summenknrven, b) Prozentunle Summenkurven

I , * I

0 1 2 3 4 5 Porenradius [&I -

b) Steghohe u n d P o r o s i t a t Nach U. Bogs und H. Moldenhauers) wird die Tablettenhohe durch den YreW-

druck in ahnlicher Weisc wie die Porositat beeinflu&. Deshalb wurde auch bei den Stiirketabletten die Abhangigkeit zwischeu Steghohe und den Porositatsmerkmalen (VHg und r,,,) untersucht, um eventuell aua der Steghohe allein, ohne Porositats- bestimmung, etwas uber die Textur einer Tablette aussagen zu konnen. Die Steg- hohen der Tabletten wurden mit einem Mikrometertaster an 10 bis 15 Tabletten bestimmt und die Werte in Abhangigkeit vom Porenvolumen VHg und dern Poren- radius r,,, in Abb. 2 graphisch dargestellt. In beiden Fallen ergibt sich eine Grade, so daB es moglich ist, aus der Tablettenhohe auf das Porenvolumen und den haufig- sten Porenradius zu schliel3en. Z. B. entnimmt man aus den Abb. 2a und b fiir eine 2,5 g schwere und 5 mm hohe Starketablette ein Porenvolumen V,, von 43 mm3 und einen Porenradius von 1, l p.

Verlangert man die Geraden bis zur Abszisse, so erhalt man Schnittpunkte bei h = 4,58 mm. Porenvolumen V,, und Porenradius rm werden dadurch gleich Null. Obwohl dieser Wert durch Druckerhohung nicht erreichbar ist, gibt die c h a r a h r i - stische Tablettenhohe von 4,58 mm den Grenzfall an, in rlem das Tablettenvolumen

Pharmaz. 19, 708 (1964).

Page 6: Über die Textur von Stärketabletten

Ober die Teztur von St&ketubk#en 835 SOL Bd. lsss/ll

L L

f 1 3 - - L

m 0 a .-

E 2 - g c b .- 6 1 - a

a

- :m I

gleich dem Feststoffvolumen ist. Es kann demnach aus der Steghohe die Dichte des Feststoffes berechnet werden, die als ,,theoretiache Grenzwertdichte" einer Tablette bezeichnet werden soll. Das Volumen einer 2,5 g schweren Stiirketablette (0 22 mm) betragt in diesem Zustand 1,740 cm3. Die Dichte der Stiirke berechnet sich daraus

init = 1,44 g/cm3. Dieser Wert wurde durch eine Dichtebeatimmung mit einem Luftvergleichspyknometer uberprfift, womit eine Dichte von 1,48 g/cms ermittelt wurde. Dieser Wert liegt um 0,04 g/cm3 (= 2,7%) hoher. Die Geraden in Abb. 2 sollten demnach die h-Achse nicht bei 4,58, sondern bei 4,44 mm schneiden. Die Dichte der Stiirke wird also durch Porositiitamessungen etwas zu klein bestimmt.

2 5 1.74

/ i P P bl A

/' /

/ /

0 1 I I I I

c) Feucht igkei tsgehal t und Poros i ta t Der in der Stiirke vorhandene Feuchtigkeitagehalt bewirkt je nach GroSe bei

der Komprimierung eine mehr oder weniger feste Bindung der Stiirkekorner unter- einander. Dadurch ubt die Feuchtigkeit einen direkten Einfld auf die Textur der Tabletten aus. Diese Abhiingigkeit wurde bei konstantem und anschlieSend bei unterschiedlichem Tablettierdruck untersucht .

K o n s t a n t e r Tab 1 e t t i e r d r u c k. Die Handelsstarke mit 12,2 % Feuchtigkeit wurde zu 2,5 g in Schiffchen eingewogen und verschiedenen Luftfeuchtigkeiten am- gesetzt. Nach wenigstens 3 Tagen konnte durch Ruckwagen die Feuchtigkeitsauf- bzw. -abnahme ermittelt werden. Der Wassergehalt der einzelnen Serien betrug 8 %, 12,2% und 15,2% a. F. Bei geringerem Feuchtigkeitsgehalt liel3en sich mit dem konstant gehaltenen Druck von 950 kp/cm2 keine Tablatten mit ausreichender Festigkeit pressen. Da es oft schwierig ist, genau die gewiinschten mittleren PreD- drucke (Po + Pu)/2 an einer Tablettenmaschine einzustellen, wurde die Pressung bei einem konstanten Oberstempeldruck V O ~ 950 kp/cm2 ausgeftihrt.

Tablettenhihe h (mm)

Abb. 2. Abhiingigkeit zwiachen PorenvolumenVHB (a) und hiiufigetem Porenrsdius rm ib) von der Tablettenhohe h

53*

Page 7: Über die Textur von Stärketabletten

836 R e i c h zlnd B s t i r n e r A r c N V der Phamazie

Porenradius [&I-'

Abb. 3. Summenverteilung der Porengr6Den bei Stiirketabletten mite unbmchiedlichem Feuchtig-

keitagehalt

Die Summenverteilungen der erhaltenen PorengroSen sind in Abb. 3 graphisch dargestellt. Da- nach werden die Kurven bei stei- gendem Feuchtigkeitagehalt flacher undverlagern sich mit ihremHaupt- porenanteil in den Bereich kleinerer PorengroBen. Der groBer werdende Feuchtigkeitsgehalt wirkt sich also in gleicher Weise auf die Tabletten- textur aus wie der steigende PreS- druck bei gleichbleibendem Waseer - gehalt (Abb. 1 a). Die Tabletten aus trockener Starke (8% a. F.) be- sitzen somit das grol3t.e Porenvolu- men von 104," mm3/g und den haufimten Porenradius von 1,95 D . - . ,

Bei 15,2 a. F. betragen die Werte nur noch 62,4mm3/g bzw. 1,3 p.Vergleicht man damit andere Tabletteneigenachaften (Tab. l), so ist die Festigkeit der Tabletten aus trockener Starke (8% a. F.) am geringsten (RollverschleiB: 13,8 yo und Bruch- festigkeit : 2,9 kp). Bei ansteigendem Feuchtigkeitagehalt (z. B. 16,2 yo a. F.) nimmt sie jedoch stark zu (RV: 0,8% und BF: > 15 kp). Demgegeniiber verandern sich die Zerfallszeiten nur unwesentlich und sind bei Tabletten aus trockener Starke am kleinsten (2,5 Sek.).

Die Stllrke wird also offenaichtlich durch die absorbierte Feuchtigkeit leichter komprimierbar, so daB bereits bei relativ niedrigen Drucken ziemlich dichte und feste Tabletten entstehen.

Tabelle 1

Eigenschaften von Stiirketabletbn mit untcmchiedlichem Feuchtigkeitagehalt bei konstentem Oberstampeldruck (Po = 950 kp/cm*)

Porenvolumen VH, (mma/g)

Hiiufigabr Porenradina rm (p)

Rollverschleii (yo) Rruchfestigkeit (kp)

-___ ~

~ _ _ ~

__

Zerfalkiit (Sek.)

Page 8: Über die Textur von Stärketabletten

301. Bd. l0salll tfber did T&w (10)) Stiirketabetten 837

Steigender Tablettendruck. Der EinfluS des Kompressionedmckes auf die Tablettentextur wurde an 4 Vereuchsserien mit unterschiedlichem Feuchtigkeita- gehalt bei 5 verschiedenen Druckstufen untersucht. Die Stiirke, aus der bei jeder Druckstufe zwischen 300-1300 kp/cm2 20 Tabletten gepreI3t wurden, enthielt ur- sprtinglich 16% a. F. Sie wurde unter verschiedenen Verhiiltnissen im “rocken- schrank bei 35’ und bei Raumtemperatur mehrere Tage getrocknet, so daI3 sich ein Feuchtigkeitagehalt von 8% a. F. und von 12,2% a. F. einstellte. Ein weiterer Stiirkeanteil ist 12 SM. bei 110’ getrocknet und anschlieBend so lange bei Raum- temperatur (etwa 40% relative Luftfeuchtigkeit) gelagert worden, bis diese etwa 8 % Wasser aufgenommen hatte. Der genaue Feuchtigkeitagehalt betrug 8,2 %. Mit dieser Starke sollte nachgepriift werden, ob die Stiirkeeigenschahn durch die Trocknung sich verandern. Die Ergebnisse der Texturuntersuchung sind graphiech in Abb. 4 und mit anderen Tabletteneigenschaften zusammen in Tab. 2 dargeatellt. Aus der Abb. 4 ist zu er- kennen, daI3 die Geraden der einzelnen Serien an- niihernd parallel zueinan- der verschoben sind und die Abstufungen an den Feuchtigkeitagehalt ge- bunden sind. Die Serie IV init 16% a. F. zeigt die kleinsten Werte im Poren- volumen (von 48,7 bis 161,5 mm3/g) bm. im Porenradiua (von 1,3 bis 3,8 p). Der hohere Feuch- tigkeitagehalt bewirkt demnach von sich aus schon eine dichtere Pak- kung der Tablette. Beim hochsten Druck von 1338 kp/cm2 ist ein plotz- liches Abknicken der Oe- raden festzustellen. Dies kann entweder auf das Kleben der Tabletten an den PreDwerkzeugen zu- riickgefuhrt werden, wo- durch eine geringfiigige Texturiinderung bedingt sein kann, oder wird da-

1 ’ 1 I

300 500 1000 2000 MtNerer PreOdruck P Ikplcm’l-

Abb. 4. Porenvolumen (a) und Mufigster Porenrdim (b) in Abhiingigkeit vom mittleren PreBdruck bei unterschied-

lichem Feuchtigkeitagehalt der Stiirketablettan

Page 9: Über die Textur von Stärketabletten

Archiv der 838 R e i c h und a e t i r n e r Pharmazte

durch hervorgerufen, da l in diesem Druckbereich die Packungsdichte einen Qrenz- zustand erreicht.

Obwohl der Wassergehalt der Scrie I (8,2y0) und I1 (8,0Yo) gleich grol ist, liegen die Porositiitswerte der stark getrockneten Stiirke htiher als bei jener, die von 16 auf 8% a. F. getrocknet m d e . Die Stiirke eflahrt demnach vermutlich durch die atarke Trocknung Veranderungen, die durch Feuchtigkeitsaufnahme nicht mehr rtiokgiingig gemacht werden konnen, obwohl in der Tablettenfestigkeit und in der Zerfallbarkeit keine deutlichen Unterschiede zu erkennen sind (Tab. 2).

Tabelle 2 Porosititamerkmale und Eigenschaften von Stiirketabletten in Abhiingigkeit

vom Feuchtigkeitagehalt unrl vom PreMruck

I

I1

~

IT1

IV

338 ' 258,4 8,2 ' 524 1 200,3

(vonOauf- 745 ' 132,2 genommene I 1010 99,l Feuchtigk.) I 1323 80.8

307

8,0 1 705 '

1 908 1 1215

324 503

12,2 721 925 1265

233,9 159,3 109,o 8495 71.0

1 198,6 131,O 85,7

47,2

322 161,5 I 497 108,3 68,l 59.2 48,7

6,68 I 86.0 190 6,16 33,O 196 5964 (3,2) 2.9 5,44 (1,s) 3,5 5,26 i (183) , 3,6

5,78 11,o 133 5,38 (1,8) 23 5,17 (1,9) 3 8 585 I (1,9) 3,5

6,38 42,O 1,7

5,18 I (l,6) 3,O 5,07 I (0.7) 3,7

Die RollverschleiDwerte innerhalb der einzelnen Serien (Tab. 2, Spalte 6) scheinen durch den PreBdruck in gleicher Weise beeinfldt zu werden wie die Poroeitiits- merkmale. Bei Serie I11 fallt er z. B. von 42% auf 1,9% ab. Der Feuchtigkeits- gehalt wirkt sich ebenfalls entsprechend a d den Rollverschleil aus : bei den Serien mit8,2bzw.8,0%a.F.ist derVerschleil3 mit89% bzw. 85% am groBten und nimmt bei 16 % a. 5'. den Wert 5,8 yo bei niedrigater Druokstufe an. Bei hoheren Drucken sind die Werte nicht vergleiahbar und deahalb in Klammern gesetzt. Der Grund dafiir lie@ in der RollverschleiSprtifung mit der Weis-Fogh-Trommel. Da die unter

Page 10: Über die Textur von Stärketabletten

301. Bd. 1968/11 h e r aaymmetrkhe Phoqhoraauree&er-Hydrol yae durch Enzyme a 9 - __

geringem Druck gepreoten Tabletten eine sehr geringe Festigkeit aufwiesen, wurde die Weis-Fogh-Trommel urn etwa 30" geneigt, so daD ein Zerspringen der PreBlinge durch hartes Aufschlagen vermieden wurde. Die harteren Tabletten sind wiihrend einer Laufzeit von 15 Min. zu schwach beansprucht, so daD sich keine charakteristi- schen Unterschiede ergeben.

Die Zerfallszeiten in Spalte 7 zeigen innerhalb einer Serie die bekannte Druck- abhangigkeit, indem bei steigendem Tablettierdruck sich auch die Zerfahzeit er- hoht. Die Differenzen zwischen den einzelnen Serien sind jedoch zu gering, urn Unterschiede sichern zu konnen.

Auf die Abhangigkeit zwischen Porenvolumen VHg und Porenradius rm sowie den Zusammenhang zwischen diesen Porositatamerkmalen und der Steghohe iibt der Feuchtigkeitsgehalt keinen EinfluB Bus.

Anachrlft: Prof. Dr. F. Qstirner, 53 Bonn. Kreuzbergweg 26. [Ph 5701

E. B a m a n n und P. Schwarze

Die Konfigurationsspezitat der Phosphatasen aus Aspergillus- Arten bei der Spaltung von racemischer Phosphomandelsaure

III. MittJ) iiber osymmetrkhe Phasphor&ureester-Eydrolyaa durch En.yme

Aus dem Institut fiir Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universittit Miinchen

(Eingegangen am 23. Mlirz 1968)

Die ,,alkalischen" Phosphatesen aus A sper g i 11 us - A r t e n bevonugen daa L( +)- Isomer bei der Spaltung von racem. Phos- phomandelsiiure; sie stimmen in ihrer Stereoeelektivitiit qualitativ mit dem opti- schen Verhalten der bisher untersuchtan ,,alkalischen" Phosphatesen iiberein.

Keine Ubereinstimmung besteht im opti- schen Auswiihlen der ,,~auren' ' Phospha- tasen aus Aspergillus-Arten einerseita und den bisher zur Untersuchung gelangten Enzymen tierischer und pflanzlicher Her- kunft anderemeits. Von den ,,sawen'' Aspergd~us-Phosphatesen wird bei der Racematapaltung nicht - wie erwartet - das D(-)-IRomer, sondern daa L( +)-Isomer bevonugt gespalten.

In the cleavage of racemic phosphoman- delic acid, the ,,alkaline" phosphataees from Aspergillus species prefer the ~(+)-ieomer; their stereoselectivity con- forms qualitatively with that of the ,,alka- line" phosphataees which have been inves- tigated previously.

On the other hand, the optical rotation of the ,,acidic" phosphateseb from Asper- gillus species exhibits no conformity with that of enzymes of animal or plant origb so far inveatigated. In the cleavage of race- mic phosphomandelic acid, the ,,acidic" pho~phateses from Aspergillus species pre- fer the L(+)-isomer and not, as expected, the D(-)-isomer.

1) 11. Mitt.: E . Bamann und P. Schunarze, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 349, 671 (1968).


Recommended