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handelt wie die vorhergehenden mit Schnitt in der Mittellinie, Abspfilen der D~rme und Ausspfilen der Bauchh6hle mit Elmocid-Flavicid. Bei den beiden letzten F~llen wurde erst auf der rechten Seite die BauchhShle er6ftnet, zur Herausnahme des perforierten gangr~n6sen Appendix, und dann auf der linken Bauchseite eine Gegen6ffnung gemacht. Hier beschr~nkten wit uns darauL ant jeder Seite Drains einzulegen und yon der einen Seite aus die Bauchh6hle durehznspfilen, bis auf der ande- ren Seite die Flfissigkeit klar ablief. Auch diese F~lle kamen zur Heilung, jedoch t ra t bei beiden am 8. bzw. io. Tag Tem- peratursteigernng ein, es bildeten sich Douglasabscesse aus, die er6ffnet wurden. Danach t ra t Heilung ein. Bakterio- logisch wurden in einem der beiden letzten F~tlle Strepto- kokken nachgewiesen, in den drei anderen Colibakterien.

Das Auftreten yon Douglasabscessen lehrt uns, dab bei freier eitriger Bauchfellentzfindung eine Durchspfilung yon zwei seitlichen Bauehschnitten nicht ratsam erscheint, dab es sicherer ist, in jedem Fall yon einem Mittelsehnitt eine genaue Inspektion der Bauchh6hle mit Abspfilen der D~trme nnd Ausspfilen der Bauchh6hle vorzunehmen. Selbstverst~tnd- lich mug hierbei m6glichst schonend vorgegangen und die Operation so schnell wie m6glich durchgefiihrt werden.

Wit gehen weiterhin k'urz ant die 6rtlieh abgegrenzten eitrigen Bauchfellentzfindungen nach Gallenblasenempyemen era. 17 derartige F/~lle karnen zur Operation. Es wurde stets m6glichst schnell und rn6glichst schonend die Gallen- blase exstirpiert, danach eine Spfilung mit 2 3 1 Elmocid- Flavicid vorgenommen. Zwei FMle sind gestorben, bei denen eine Krebsbildung des Ductus choledochus und Duo- denums zur Vereiterung der Gallenblase und zur Perito- nitis geffihrt hal le . S~rntliche anderen F~lle sind geheilt worden, dabei bestand in einem Fall eine freie eitrige Bauchfellentzfindung des Oberbauches; aus dem Eiter warden Staphylokokken gezfichtet. Als bemerkenswert sel yon den anderen F~llen der einer 56j~hr. Frau angeftihrt, bei der ein Empyem der Gallenblase mit 6rtlich abgegrenz- ter eitriger Peritonitis bestand; aus dem Eiter wurden Streptokokken gezfichtet. Bei dieser Patientin war es be- sonders auff~llig, dab die Wundheflung ohne jede Reaktion und St6rung verlief und die Temperatur vorn 2. Tage an nor- mal wurde und blieb. Wenn wit auch beiden sehweren entzfind- lichen Erkrankungen der Gallenwege der Ansicht sind, dab ffir den Erfolg sehr viel yon der operativen Technfl~ abh~ngig ist, so glauben wir doch auf Grund unserer Erfahrungen sagen zu k6nnen, dab die erzielten gfinstigen Ergebnisse zu einem guten Teil der Desinfektionswirknng der Elmocid- 16sung zuzuschreiben sind.

Ferner haben wir 4 F~lle yon perforiertem Magengeschwfir in Behandlung bekommen, und zwar 2 F~lle im Verlauf der ersten I2 Stunden, 2 weitere F~lle nach 14 bzw. 18 Stunden. In den beiden letzteren war das Bauchfell bereits sehr stark ger6tet. Die Spfilung mit Elmocidwasser genfigte in allen 4 F~llen, um ein Fortschreiten der Bauchfellentzfindung zu verhfiten. Die Geschwfire wurden fibernAht und nach Aus- spfilung der Bauchh6hle etwa ~/~ [ in die Bauchh6hle einge- gossen. In alien F~llen erfolgte reakfionslose Heilung und Wiederherstellung.

Ant Grund unserer vorstehenden gfinstigen Erfahrungen bei ausgebrochenen Bauehfellentzfindungen lag es nahe, auch prophylakfisch die Elmocidspfilung im AnschluB an alle Magen- und Darmoperationen zu erproben. Seitdern haben wit keinen Fall an Bauchfellentzfindung verloren, obwohl es sich h~ufig um sehr ausgedehnte Operationen wegen ]auchender Carei- home handelte, rnit Heransnahme yon 4/~ des Magens, in 3 Fgllen sogar Entfernung des ganzen Magens, sowle um ausgedehnte Dickdarmresektionen (Colon ascendens und transversum), I'~-~ Nicht unerw~hnt bleibe die ]3eeinflussung der peritonealen Yerwachsungen. Bei ausgedehnten fl~chenhaften ser6sen Ver- klebungen der Darmschlingen warden dieselben gelSst und ~ 1 ElmocidlSsung in die Baueh6hle eingegossen. Schon nach einigen Minuten war eine leichte Quellung der ~ul3eren Schicht der gel6sten Daxmwandung zu beobachten, da die obertl~chliche Zellschicht durch die kolloidchemische Wirkung des Wassers eine Zus• ~nderung erf~hrt, und auI diese V~reise wahrscheinlich eine Vet-

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klebung und das Wiederauftreten yon Verwachsungen verhindert wird. Bei Kranken, die wiederholt wegen ihrer Verwachsungen yon anderer Seite operiert waxen, konnte auf diese Weise erreicht werden, dab sie beschwerdefrei blieben. In 2 F~tllen konnten wir durch vorgenommene Relapaxotomien das Fehlen jeglicher Verwachsungen feststellen.

Unsere Erfahrungen i~ber die Spfilbehandlung bei Pleuraempy- emen sind noch nicht groB genug, am uns ein Urteil zu erlauben. Wit beobachteten, dab bei der gallertigen Beschaffenheit des Eiters als Folge der Elmocidwirkung das eingelegte Drainrohr h~ufig verstopft wird, so dab wir eine Ausr~umung der Gerinset vor- nehmen mu~ten. Danach trat allerdings eine auffallend schnelle Ausheilung ein.

Auch bei eitrigen Wundinfektionen der Extremitgten erwies sich die Anwendung dieses Verfahrens als erfolgreich. Ein interessanter Fall yon eitriger Kniegelenkentzfindung sei hier angeffihrt.

Es handelte sich urn einen Patienten, der wegen Enie- gelenkseiterung in einer Berliner Klinik mit Trypaflavin- einspritzung behandelt worden war. Der Pat ient kam rnit 40,5 Fieber, starker Schwellung, R6tung und Schmerzhaftig- keit des Kniegelenks in unsere Behandlung. Die Punktion ergab gelblich gef~rbten Eiter, in dem sich Staphylokokken fanden. Es wurde eine Spfilung rnit Elrnocid-Flavicid I : Ioo ooo vorgenornrnen, bis die Spfilflfissigkeit Mar war, und io ccm in dem Gelenk belassen. Die Temperatur war am folgenden Tage bereits normal, nach 8 Tagen konnte der Pat ient geheilt entlassen werden. Ternperatursteigerungen waren in- zwischen nicht wieder autgezreten, und das Kniegelenk war frei beweglich geblieben.

Sehr wirksam erwiesen sich sehliel31ich die Spfilungen bei Blasenentzfindung. Hier wurden Spfilungen mit Elrnocid- Silberl6sung verwendet. Es genfigte bei leichteren F~llen eine einmalige Spfilung mit 2 1, um eine Keimfreiheit der Blase zu erzielen, bei schweren F~tllen waren 2 - - 3 Sp(ilungen er- forderlich. In jedem Fall waren die Schmerzen kurz nach der Spfilung behoben.

Die vorstehenden experimentellen und praktischen Ver- suehe lassen somit erkennen, dab die richtige Wahl des Opti- mums der Wasserstoffionenkonzentration yon gr6Bter Be- deutung flit das Auftreten, den Verlauf und die Behandlung 6rtlicher und allgemeiner Infektionen ist. Wir haben gesehen, dab ein in vitro hochwirksarnes Desinfektionsmittel unter physiologischen Bedingungen bei der praktischen Verwendung unwirksam sein muB, wenn es dem p~-Optimum nieht an- gepaBt ist, und dab andrerseits die Desinfektionsmittel bei der richtigen Wahl des pa -Op t imums eine enorme Wirkungssteigerung erfahren. Dieser erste Versueh und Hinweis auf die Bedeutung der p~-Konzentrafion fiir die Infektion und Desinfektion er6ffnet such ffir die Bek~rnpfung der Allgemeininfektionen des Organismus ganz neue Wege. Es liegt die Annahme nahe, dab die Baktericidie des normalen Blutserums wahrscheinlich zu einem wesentlichen Teil auf der e igenar t igen Verteilung der anorganischen Elektrolyte und der Serumkolloide bei einer im Grundorganismus stets regulierten geringen Wasserstoffionenkonzentration beruht.

Es scheint damit auch die yon uns frfiher autgestellte For- derung, dab die Desinfektionsmittel Bakterien t6ten mfissen, ohne Gewebe und Zellen zu sch~digen, ihre praktische Ver- wirklichung zu finden.

IJBER DIE VERBREITUNG EIDETISCHER PH~NO- MENE UND IHNEN ZUGRUNDE LIEGENDER PSYCHOPHYSISCHER KONSTITUTIONSTYPEN

(REAKTIONSTYPEN). Yon

Dr. med. VC'ALTHER JAENSCH. (Aus dem Psychologischen Institut Marburg a. Lahn.)

Individuen rnit ,,eidetischen F~higkeiten" (optischen An- schauungsbildern) wurden yon E. R. JAENSCH ,,Eidetiker" genannt (yon eidos = d a s Bild). Sie haben die F~higkeit, ein angeschautes Bild oder einen vorher betrachteten Gegenstand

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nach For tnahme einer solcken Vorlage im buchst(iblichen Sinne mit dem Oharalcter der Emp]indung z u reproduzieren, sie also wiederzusehen, entweder nut unmit te lbar nachher oder selbst nach l~ingerer Zwischenzeit; oft t reten auch spontane Bilder auf. Alle diese Erscheinungen sind eine normale, weitverbrei tete Jugendeigentfimlichkeit, die bei Erwachsenen nur vereinzelt bestehen bleibt, ohne selbst bier immer pathologisch sein zu mfissenl). Die eidetische Anlage ist an zwei Konst i tut ionskomplexe (biologische Wirkungszusammen- h~nge) geknfipft, die meist vereinigt vorkommen; in gewissem Umfange liegen beide psyckophysische Wirkungszusammen- h~nge in jedem Individuum parat . Abgekfirzt nannten wir diese beiden Konsti tut ionskomp]exe ,,T: und 13-Komplex"; die durch das jeweilige Vorherrschen des einen oder anderen Konst i tut ionskomplexes best immte Pers6nlichkeitsf~irbung (]ormale' Struktur) nannten wir ,,T- bzw. 13-Typus" und sprachen aueh gegebenenfalls yon , ,BT-Typen". Das nach- weisbare Hauptmerkmal des T-Typus is t eine gesteigerte Erregbarkei t der peripheren Nerven auf galvanische und mechanische Reize, d. h. es besteht beim T-Typus klinisch ein sog. , , tetanoider Zustand", der abet auch im ~ilteren Kindes- alter und bei gesunden Erwachsenen innerhalb gewisser Grenzen als physiologisch aufzufassen ist. In oft schon arts Pathologische grenzende9 ~'/illen dieses ,,Biotypus" zeigen die betreffenden Individuen sog. ,,Uffenheimersches Tetanie- gesicht" in al len Abstufungen. Oft ist nur ein gewisser Ernst der Gesichtszfige, eine Ar t Unbewegtheit oder eine nur nachdenkliche, aber an den depressiven Gesichtsausdruck muncher Neuras theniker leicht erinnernde Physiognomie das ~uBere Kennzeichen dieses 13iotypus; hierzu kommt die Ar t der Augen, die bei reinen F~llen des T-Typus einen/ihnlichen Ernst, eine abw~gende Nfichternheit gegentiber der Umgebung zur Schau tragen: sie sind mehr oder weniger ohne st~rkere affektive Komponente nur , , auf den Reiz eingestellt", den ihnen die objektiven Gegenst~nde und Inhal te der Umgebung ver- mitteln. Demgem~B ist ihre Pupil le meist nur wenig bewegt und auf die AuBenwelt eingestellt. I I ier in besteht ein scharfer Gegensatz zu den Merkmalen, die am Auge des ausgesprochenen t3-Typus (, ,basedowoider Habi tus") bemerkbar sind. Gegeniiber dem eher kleinen, ,,kiihlen", , ,nfiehtern" blickenden Augen des reinen T-Typus sind die Augen des B-Typus meist groB, gl~nzend, stets yon seelischen Schwingungen belebt, deren Auswirkungen auf dem Umwege fiber das vegetut iv-autonome System sich auch in dem lebhaften Spiel der meist weiten Pupille bemerkbar mackenS). Das Auge des 13-Typus is t nicht so sehr auf die AuBenwelt eingestellt, wie das Auge des T-Typus. Es ist weniger eifi Organ vorwiegend zur Aufnahme der Umweltreize, wie beim T-Typus; es trXgt vielmehr in die yon ihm erschaute Umgebung hinein vieles aus dem eigenen inneren, meist sehr beweglichen Vorstellungs- und Geffihls- leben. Das Auge des 13-Typus sieht die Welt ~hnlich, wie der Ktinstler sie erblickt, das Auge des T-Typus sieht die Welt mit der ktihlen Beobachtung. t t6here seelische 13egleiterschei- nungen schwingen beim T-Typus, - - obwohl solehe hierdurch nicht etwa in Abrede gestellt sind - - , in diesem Beobachtungs- vorgang jedenfalls im allgemeinen weniger m i t als beim 13-Typus. Ahnlich wie an dem lebhaften Spiel der Pupille des B-Typus verrXt sich die groBe psychische Lubili t~t und anders als beim T-Typus beschaffene affektivere, vielfach t rotzdem Ilfichtigere Antei lnahme des B-Typus an der Umwelt auch in anderen Erscheinungen. Im Gegensatz zum T-Typus is t der B-Typus kSrperlich charakter is ier t durch die , ,Stigma- tisierung im vegetat iven Nervensystem" im Sinne G. v. ]3ERG- ~AN~S. ES bedeutet dies einen erhShten Tonus nnd eine erhShte Labil i t~t im gesamten vegetat iv-antonomen System (Vagus und Sympathicus) und, wie wir heute hinzuffigen k6nnen, eine erh6hte Ansprechbarkei t alles dessen gerade wieder auf psychlsche Reize. Sind beim T-Typus vegetat ive St igmata ebenfalls vorhanden, so handel t es sick bei reinen Typen immer nut um solche des vagischen Anteiles des vege- ta t iv-autonomen Systems und weniger um psychische wie somatische A n s p r e c h b a r k e i t . . Bei der Untersuchung der eidetischen Ph/inomene (optischen Anschauungsbilder) und ihrer k6rperlichen Begleiterscheinnngen stiegen wir zuerst

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bei Eidet ikern auf die beiden oben gekennzeichneten K0n- sti tutionstypenS). Diese optischen Anschauungsbilder (A_B) sind PMinomene, die in ihrem Verhalten zwiscken den ge- wShnlicken physiologischen Nachbildern (NB) und den Vor- stellungsbildern (VB) liegen, immer aber im buchstdibliche~ Sinne gesehen werden. In dem einen der beiden Grenzf~lle folgen sie ganz oder nahezu ganz den Gesetzm/~Bigkeiten der Nachbilder, im anderen Grenzfalle ganz oder nahezu ganz den Gesetzm~Bigkeiten der Vorstellungsbilder (abgesehen davon, daft sie immer im buchst~iblichen Sinne gesehen werden). Unter Erwachsenen kommen die eidetischen Ph~nomene nut bei Menschen yon bes t immt ausgepriigtem Konsti tut ions- typus vor. Bei Kindern nnd Jugendlicken dagegen l inden sie sich in welter Verbreitung und haben hier auch eine nach- weisbare Bedeutung ffir die Entwicklung, vor allem wirken sie entscheidend mit beim Aufbau der Wahrnehmungent) .

In dem eidetischen Ph~inomen des B-Typus kann nun Vorgestelltes buckst~blich sichtbar werden. Vorstellen und Sehen, ffir gewShnlich scharf getrennt, t re ten bier in eine enge Beziehung und Wechselwirkung. In der Ta t is t die wechselseitlge Durchdringung sonst getrennter ]Funktione~ das psychische Grundmerl~mal des B-Typus. Der psychischen Durckdringung entspricht die psychophysische, d. h. die st~rkere BeeinfluBbarkeit somatischer durck psychische Vor- g~nge. Besonders h~ufig ist der B-Typus unter Kiinstlern und Menschen yon ~sthetischer oder kfinstlerisch r BewuBt- seinseinstellung zu finden, in: bestem Einklang mi t der Tat- sache, dab eine Durchdringung der verschiedenen 'seelischen Funkt ionen zum Wesen der ~sthetischen nnd kfinstlerisehen BewuBtseinslage gehSrt [in der Kunst : Darstel lung des Ge- danMieken in sinnlicher Form, zugleich ffir die ]3edfirfnisse des Geffihls usw))]. Der ]3-Typus ist besonders oft, abet keineswegs immer zugleich ausgepr~tgt eidetisch. So h~ufig, j a fiber- wiegend nun dcr 13-Typus in kiinstlerisch eingestellten Kreisen (Kunstschulen, Spielscharen u. dgl,) angetroffen wird, ebenso selten ist er z. B. unter ausgesproehenen Sportsleuten, Turnern und f iberhaupt Individuen, die auf das praktische, unmit te lbar t~itige Leben eingestellt sind 6) oder bei denen -- auf einer noch h6heren Entwicklungsebene -- das seelische Leben nur um den Willen and den Bereich des ethischen Handelns zentriert is t (naeh Art der Weltanschauung FICHTES oder F. L. Jn~I?cs). Hier herrschen auch die physiognomischen Merkmale des T-Typus ebenso vor, wie unter Kfinstlern z. ]3. die physiognomischen lV~erkmale des ]3-Typus. Im tibrigen muB hier be tont werden, dab es sich bei diesen unseren Bio-(Reaktions-)typen um ]ormale, v611ig wertindi]]erente Strul~turtypen handelt , die, bei Eidetikern und 1gichteidetikern, unter den genannten koch- wertigen normalen Individuen ebenso wie unter Sckwuchsin- nigen und Idioten und andererseits ebenso unter kSrperlich oder seeliseh Kranken mi t flie/3enden rdbergiingen ihre Geltung besitzen (Beziehungen zur reinen Neuropatkie bzw. Psycho- pathie !).

j e nach dem Vorherrschen des I3- oder T-Typus sind nun (bei Eidetikern) aueh die eidetischen Ph~nomene verschieden:

Die Anschauungsbilder des reinen T-Typus (ABT) sind starrer und meist komplement~r zum Urbild gefArbt (nut i n sehr hochgradigen F~illen urbildm~Big) ; die des reinen B-Typus (ABB) sind im Gegensatz hierzu durch ~uBere n n d innere Einwirkungen, besonders auch durch Vorstelluhgen leickt zu beeinflussen und meist urbildm~Big gef~rbt. Der innere Zu- sammenhang yon somatisekem T-Komplex und den ent- sprechenden ABT verr~it sich, auBer durch die Parallel i t~t im Vorkommen der Erscheinungen, in ihrer spezifischen IReaktion z. t3. auf Calcium, die in einer Absckw~chung be- steht, w~ihrend Kal iumphosphat umgekehrt eine Verst~rkung hervorruft. Den Merkmalskomplex des B-Typus l~iBt die Kalkzufiihrung sowohl somatisch wie psychisch unbeeinfluBt, nicht jedoch (im Gegensatz zu den Stigmen des T-Typus) die psychische Einwirkung. Alle genannten Eigentfimlich- keiten kommen bei Jugendlichen wie auch bei erwachsenen Eidet ikern vor, die im klinischen Sinne durchaus normal sein kfnnen. Die an den Eidet ikern ermit tel ten Biotypen (Reak- t ionstypen) erwiesen sich jedoch als geltend auch i~ber den Kreis der Eidetiker hinaus; sie k6nnen dann mit feineren

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Kriterien nachgewiesen werden. T- und ]3-Typus haben all- gemeine Geltung, d. h. also such fiir Niehteidetiker, aber auch ftir alle Altersklassen, womit jedoch nicht gesagt sein soll, dab man die Menschheit mit diesen beidell Typen einfach. ill zwei Teile aufteilen kann. Vielmehr hat sich gezeigt, dab beide Typen auch-einer weitergehenden Au]spaltung zugefiihrt werdeI1 k6nnen, ohne dab darum die eidetisehen Typen, yon denen ursprtinglieh ausgegangen worden ist, ihre Bedeu- tung ftir das Verst~ndnis der menschlichen Reaktionstypen ~berhaupt verl6ren. Vielmehr gelten gerade die k6rperlichen Konstitufionsarten, die an den eidetisehen Typen zuerst er- mittelt wurden, auch ftir die nichteidetischen Reaktions- typen, soweit sie psychophysiseh die formal gleiche Struktur zeigen, die sich zuerst an den eidetischen T- und B-Typen erwelsen lieB.

Die oben kurz umnssenen Untersehiede in den Erschei- nungsweisen der eidetischen Ph~nomene beider genannter Typen treten scharf hervor, wofern es sieh um reine Typen handelt, und wenn hoehgradige Erscheinungen vorliegen, die in beiden FMlen dureh die fibliehe ,,ansebauende" 13e- trachtungsweise (,,Anschauungstest") erzeugt werden k6nnen. Das ABT erweist sich dann hierbei als ein Anschauungsbild mit fiberwiegender Nachbildkomponente (ABNB), das ABB als ein Anschauungsbild mit tiberwiegender Vorstellungs- komponente (ABvB), obwohl die eidetischen PhXnomene in beiden Fdillen wirklich gesehen werden. Das ~berwiegen der Nachbildkomponente beim ABT ergibt sich aus den inneren Gesetzm~Bigkeiten im Verhalten dieser AB, die den physio- logisehen Nachbildern nahe stehen, indem sie ~hnlichen Gesetzen wie diese folgen, wie diese durch Calcium abge- schw~eht, durch Kaliumphosphat, Uberlfiftung (Atmungs- zetanie usw.) verst~rkt werden. Entsprechendes l~Bt sich fiir die ABB und ihre besonders enge Verwandtschaft mit den VorsteIlungsbildern zeigen; beide gehorchen vor allem psychischen Einflfissen und sind z. B. gegen Calcium re- frakt~ir.

Ganz be.sonders stark aber t r i t t der Nachbildcharakter der ABT hervor, welln man sie mit einer fixierendell Betrach- tungsweise (unter Verwendung der gleichen Bildvorlagen wie beim ,,Anschauungstest") erzeugt. Trotzdem zeigen sich in hochgradigen F~llen such hier gewisse Merkmale ether Vorstellungskomponente, so dab auch in Fgllen, wo eidetische Ph~nomene dureh den Fixationstest erzeugt wurden, yon ,Anschauungsbildern" gesprochen werden dart. Ffir diese Erzeugungsart yon ABz (oder ABNB) fiihrten wir aber eine besondere Gradeinteilung ein, die yon unserer bet Verwendung des ,,Anschauungstest" tiblichen Gradeinteilung abweicht 7). Es gibt nun Individuen, bet denen sowohl mit dem Anschau- ungstest wie mit dem Fixationstest immer ABB (oder ABvB) entstehen, w~hrend andere Individuen iiberhaupt nur mit dem Fixationstest eidetische Erscheinnngen, bier abet mitunter gerade solche hohen Grades und Naehbildeharakters zeigen.

Dies t r i t t z. 13. hervor, wenn man Sportsleute (besonders im Trainingszustand) der eidetischen Prfifung mit dem ,,Fixatlonstest" ffir komplizierte Bildobjekte unterwirft und die so erzeugten Ph~nomene naeh den fiir diesen Test (a. a, O.) angegebenen Graden bestimmt. Mit der tiblicheren, nur ,,ansehauenden" Betrachtungsweise komplizierter Bildobjekte (,,Ansehauungstes(') ergab sich dagegen unter dieser Kategorie Erwachsener nur sehr wenig, meist gar nichts; mit dem vorher angeffihrten Fixat~onstest lmmplizierter Bildob]ekte ergaben sich dagegen gar nicht selten (und mit flieBenden ~berg~tngen) hochgradige, mitunter sogar urbildm~Bige eidetische Ph~nomene (ABNB bzw. ABT). Umgekehrt ver- h~lt es sich unter weniger praktisch oder k6rperlich t~tigen and mehr ~sthetisch oder ktinstleriseh eingestellten Mensehen, wie z. t3. Kiinstlern aller Art (einsehlieglich vielleicht auch Kunsthandwerkern). H'ier versagt entweder der Fixations- test, (komplizierter Bildobjekt,e) ganz, oder er f6rdert, ebenso wie der Anschauungstest, in hohem Prozentsatz ABB h6chsten Grades hervor, die immer den B-Typus ebenso cha.rakt,eri- s tiscb zeigen, wie jene oben erwXhnten eidetischen Ph~nomene (ABT) den T-Typus. Es sind diese eben erw~hn~en, !nehr

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ktinstlerisch-Ssthetisch eingestellten Individuen ineist auch als Erwaehsene in hohern Prozentsatz mani#ste Eidetiker schleehthin und zwar gerade solehe des bet Jugendlichen sehlechthin weitverbreiteten hochgradigen Eidetikertypus, der meist einen Mischtypus ( BT-Charakter ) zeigt. Sie stehen dem gew6hnlichen jugendtichen . . . . , ,Emheltstypus (BT-Typus s. a. u.) such k6rperlich meist sehr haze (,,vegetativ Stigmatisierte"), d. h. sie zeigen auch k6rperlieh meist Anzeichen sowohl des B- wie des T-Komplexes. Es gibt also Kategorien yon Menschen, vor allem unter Erwachsenen, seltener (aber trotzdem vorhanden} unter Jugendliehen, bei denen man entweder nut mit dem Fixationstest eidetische Erscheinungen erh~It oder nut mit dem Ansehauungstest*); nur bei den eben erw~hnten BT- Typen erh~lt man im Einzelfalle bei Jugendliehen and Er- wachsenen mit beiden Tests ein in beiden Fdllen vdllig gleich- artiges eidetisches l~h~nomen allerh6chstell Grades nnd zu- gleich ein sotches, welches bei efner Erzellgungsweise raft diesen beiden verschiedenen Tests bet glei~her Stiirke der Erscheinung den gleichen Typus zeigt: den B-Typus, der sich, wo iiberhaupt vorhanden, immer in den Vordergrund drAngt.

JReine T-Typen unter Erwachsenen zeigen meist nur 1nit dem Fixationstes~ naehweisbare eidetisehe Erscheinungen, hier aber mitunter auch hoehgradige AB: sie zeigen den T-Typus. IReine T-Typen unter Jugendlichen, deren Vorkom- men als v611ig erwiesen gelten kann, zeigen dagegen eidetische Erscheinungen allerh6chsten Grades oft such bet dem An- schauungstest. Trotzdem (vgl. ob.) zeigen diese Erseheinungen dann die spezifischen Charakterzfige des T-Typus, obwohl sie sogar, wenn auch nur schwerer und subjektiv mit dem Geftihl der Anstrengung verbunden, his zu gewissem Grade willkfirlich erzeugt und ver~ndert werden k6nnen. Reine B-Typen bzw. B T - T y p e n unter Jugendlichen und Erwaehsenen zeigen da- gegen, sowohl mit dem Fixations- wie mit dem Anschauungs- test oder auch bet willkfirlicher Erzeugung ohne Vorlage Anschauungsbilder h6chsten Grades, die immer die spezi- fischen Charakterziige des B-Typus tragen. Die reinen T-Typen verschwinden daher far eine nut oberflXchliche und weniger eingehende eidetische Untersuchung, ganz be- sonders leicht unter Erwachsenen, aber such ullter Jugendlichen ill der Sehar der yon solchen Untersuel~ern oft einfach als Nichteidetiker bezeichneten Individnen. So ging z. B. P. KAR- GnR vor, wie er selbst sagt. Das gleiehe gilt also such meist fi'tr die ]ugendllchen Eidetiker des T-Typus; denn selbst In- dividuen mit hochgradigen Anschauungsbildern yore T-Typus k6nnen sich erfahrungsgem~13 auch unter Jugendlichen einer oberfl~chlichen Untersuchung entziehen, selbst wenn sich sp~ter herausstellt, dab sie Anschauungsbilder besiizzen, die sogar bis zu gewissem Grade, wenn such schwerer, willki~rlich erzeugt werden k6nnen und nicht nut mi t dem Fixationstest entstehen, sondern sogar mit dem Anschauungstest ans Licht gezogen werden k6nnen. - - Es hat sich ferner erwiesen, dab dfeses Verhalten der Individnen auch landschaftlich ver- sehieden ist. Hiertiber wird noct~ in anderen Arbeiten n~her berichtet werden.. Deshalb verwenden wir ]etzt bet genaueren Massenuntersuehungen auf eidetische Anlage immer beide Tests : Es kommt der Fixationstest der Eigenart des T-Typus (der T-Komponente), der Anschauungstest der Eigenart des t3-Typus (der B-Komponente) entgegen, und beide Tests zusammen gestatten somit unm/ittelbar die in einer Persdnlichkeit vorhandene Legierung beider Komponenten in den zentralen Funktionen der optischen Sph~ire herauszustellen. Da es s ich hier um sehr beherrschende Funktionen handelt, kann man diese Doppelmethode direl~t als einen ,, PersSnlichkeitstest" bezeichnen. Verwendet man nur den Anschauungstest und besehrfinkt sich hierbei wie P. KARGER (und noch dazu unter verh~ltnismXl3ig weniger eingehender Untersuehung) allein auf die Ausw~hlung starlc eidetischer Individuen -- auck unter Jugendlichen --, so ist damit die Vorbedingung gegeben, dab man auf diese \Veise fast stets a.ussehliefllich Individuen mit ,,basedowoiden Ansehauungsbildern" (ABB) aussondert, allenfalls noch jugend-

*) Als Vorlag~ in beiden FMlen kompIizierte Szenenbilder yon Postkartengr6Be, am besten bilderreicheSilhouettpostkarten; Fixatiouszeit ~5 Sek. bet mittlerer Tages- helligkeit, Anschauungszeit beliebig (bis 2 Min,),

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lich e T-Typen in ihrer Einhei tsphase *). No mufite P. Karger in der Czernyschen Klinilc bei Verwendung dieses Vorgehens zu den yon ihm in der Kiln. Wochenschr. 1925, 2Vr. 47. n i t - geteilten Ergebnis komme n, dab er eigentlich nur Eidetiker n i t P~"nomenen ]and, die mehr oder weniger a~lein, mehr oder ~zeniger rein den B-Typus bzw. den ]ugendlichen Einheitstypus zeigten. Denn selbst, wenn es sich bei ihm in einzelnen eide- t ischen F~lien um nnseren T-Typus gehandelt haben smite, so konnte P. KAROE~ n i t der Art seines Vorgehens h6chstens Einheitsf~lle des T-Typus auffinden (und auch solche selten in re iner Form), da beim T-Typus auch in Einheitsf/~llen (d. h. zngleich bei n0ch sehr hochgradigen Eidet ikern d[eses Typns) die eidetischen Ph~nomene nut sehr vim schwerer, im all- gemeinen erst bei l~ngerer ]3etrachtung der Vorlage und ein- gebender Untersuchung, und fiberhaupt nicht selten nur bei rege!rechter F ixa t ion der Vorlage auftanchen. Ferner neigt der tetanoide Jugendliche gar nicht SO s@hr wie der B-Typus zu jener Hingegebenheit an die eidetischen Erscheinungen, d ie die Auffindung derselben und ihren Nachweis beim B-Typus und seinen Mischf~llen (BT-Typus) so erleichtert. Denn die rein tetanoiden Jugendlichen suchen die ihnen meist als etwas Wesensfremdes erscheinenden eidetischen Erschei- nungen eher zu verdr~ngen und, well diese eidetischen Ph~no- mene ihre Tr~ger oft bel~stigen, werden sic nicht selten, fiber- h a u p t fremderen nnd nicht sehr ver t rauten Untersuchern gegeniiber, wie dies z. ]3. bei den 2~rzten einer groBst~idtischen Poliklinik 0ft d e r Fal l sein wird, lieber verschwiegen. Der ]3- bzw. 13T-.Typus bekennt sich dagegen schon auf ober- fl~chliches ]3efragen anch Fremderen gegeniiber gem und often zu seinen ]3ildern; sind sie ihm ja doch meist mehr eine Quelle der Freude, und sie scheinen ihm auch als etwas seiner Natur durchaus Entsprechendes und vStlig Zu seinem Ich Geh6rendes zu sein. Es sind letzteres dann jene Eidetiker, yon denen P. I~ARG~ feststell t : , , I n allgemeinen waren die Eidet iker mi t wenigen Ausnahmen ein erfreulicher, frlscher, normaler, gutbegabter Kinder typ ." Es erscheint uns also nach P. KARGERS Angaben und nach unseren mehr als zehn- j~lirigen Erfahrungen in den eidetischen Untersuchungen fiberhaupt mehr als begreiflich, dab P. KARGE~ eigentliche T-Typen nnter seinen Eidet ikern nicht land. Seine Bemer- kung, dab auch andere Autoren den reinen T-Typus niemals gesehen haben, mfissen wit zuriickweisen. Am nAchsten noch k6nnten, soweit man dies ohne Kenntnis des FaNes vermuten darf, die eidetischen Erscheinungen eines seiner !6"~11e d e n T-Typus oder d e n Einheitsfalle des T-Typus ge- s tanden haben, der nach P. KAnG~S Angabe verhXltnis- m/~Big sehr ,,starre" A B gehabt haben soll, wodurch die yon genanntem Autor geschilderten erstannlich genauen Ged~chtnisleistungen zustande kamen, w~hrend die Wirk- l ichkeitstrene ,~on AB des 13-Typus l~ngere Zeit nach der ersten Erzeugung wegen ihrer Ver~nderungsfahigkeit durch die u gerade oft zu wfinschen fibrig lfiBt. ,,Es handelte sich (zit. nach P. KARGER) um ein neunj~hriges M~d- chert n i t sehr m~Bigen Schulleistungen." Gerade auck letz- teres entspricht oft den bei s tark ausgepr~gten reinen T-Typen J ugendlicher nachweisbaren Verhaltnissen. P. KA~GE~ unters tel l t uns ferner die 13ehauptung, dab sich die eidetische Anlage scklechthin' dutch Calcium oder Thyreoidin zum Ver- schwinden bringen lieBe, und er stellt gleich zu Anfang lest, dab er and seine Mituntersucher ,,in keinem einzigen J?'alle �9 die subjektiv optisehen Anschauungsbilder dutch Kalk oder Thyreoldin ausldsehen konnten". P. KAnGER stel l t ferner lest, dab ,,alle Eidetiker, die (sie) im Zau/e tier Zeit sahen, die SOB. basedowoide 2'orm des Anschauungsbildes zeigten". Wi t be- ~rachten diese 2"eststeUungen daher als eine wertvol~e Bestgtigung der yon uns von Anjang an n i t aller ScMir]e betonten Tatsache, daft basedowoide Formen der A B sich durch Calcium (auch selbst bei hohen Dosen) nicht ausl6schen lassen. P. KARGn~ ~ntersfell t uns ferner die Behauptung , d a B d i e eidetische Anlage schlechthin mit schlechte r Schulbegabung einhergehe,

�9 ) ]{in;~eitsphase yon Vors~el!tmg mad Wahrnehmtmg (vgl. hier~u E. R . JAENSCH a. a. O.), d. h. die enge funktioneile Koppelung zwischen jenen Funkfionem, die in der Zeit des herrsehenden eidefische n Sehens au'~h bei m r e inen T-Typus in g@/vissem Urn- flange noch besteht (etwa bis zum Pubertfitseintritt). . . . . . . �9

und dab n i t ihrer angeblichen ,,Ausl6schung durch Thyreoi- d in" die Schulleistung und die Intelligenz sich hebe. Es is t unverst~ndlich, wie bei genauerer Kenntnis der Arbeiten des Marburger psychologischen Ins t i tu ts dieser Satz aufgestell t werden konnte. Eine Haupt tendenz jener Arbei ten geht ja gerade dahin, in l )bere ins t immung mi t Grundgedanken der modernen PXdagogi k den meist Vernachliissigten ]3ewuBtseins- schichten des Jugendlichen zu ihrem Recht zu verhelfen, und gerade auch in diesem Zusammenhange sind die Eigentfim- lichkeiten der eidetischen Entwicklungsphase hier sei t J ah ren untersueht worden. Es wurde festgestellt, dab gerade in Schulen, in denen das Prinzip des , ,modergen Arbei tsunter- richtes" herrscht, und in denen die Kinder eine be~ondere Regsamkelt zeigen, der Prozen~satz der Eidetlker f iberhaupt ein besonders hoher ist [H. FREILINGS)], nnd es wurde mehr- fach da rau f hingewiesen, dab die den eidetischen Erschei- nungen vom B-Typns zugrundeliegende BewuBtseinslag e eine besondere Beziehung zum kfinstlerischen und genialen Schaffen hatg), und dab sie die Wesensart Ifihrender Pers6nlichkeiten des geibtigen Lebens entscheidend bes t immt hat10). Gerade gegenfiber den Schlfissen, die aus d e n allerdings unzwei-felhaft rich~dgen Befund einer groBen H~ufigkeit yon Eidet ikern unter schwachbef~higten Hilfsschfilern (ZILLm, Wfirzburg; KIREI~, G6ttingen) gelegentlich gezogen worden sind, ist das in den VerSffentlichungen des Marburger PsychoI0gischen Inst i tu ts immer wieder betont worden. Wir haben nun in unserer ersten vorlAufigen Mitteilung yon 192o beilgiufig be- merkt (W. JAENSCg), dab in einzelnen FMlen n i t anfangs mangelnder Kalkwirkung auf st6rende T-Fh~nomene durch gleichzeitige Gaben you Thyreoidin sich auch subjekt iv eine Besserung des Gesamtbefindens einstellte. Wir kSnnen heute diese Feststel lung ifir bes t immte F~lle anfrecht erhalten, be- merken aber, dab jene Angabe einer der ,,Ansl6schung der AB durch Thyreoidin parallelgehenden Intelllgenzsteigerung" dutch diese Ar t der ]3ehandlung ganz anderen yon uns - - zundchst abseits ~eder Feststdlung i~ber den eidetischen Tatsachen- kreis -- gemaehten Untersuchungen entstammen diirJte und scheinbar eider Vermengung unserer Mitteilungen entnommen ist einerseits 4ber die eidetiscken Typen und andererseits igoer die Tatsache der M6glichkeit einer Intelligenzsteigerung dutch Thyreoidingaben bei ,,capillargehemmten " (s. u.) schwachsinnigen Kindern. Diese letzteren Ur/tersuchungen liet3en die eidetische Anlage zun~chst ganz auBer Betracht . Trotzdem wird auch fiber die Zusammenh~nge yon Capillarbildung und eidefischer Anlage in der Arbei t -con W. JAENSCH und W. WI~TNEB]~N schon einiges berichtet, die in der yon P. KARGE~ angeffihrten Li tera tur nicht miterw~hnt wurde und daher wohl auch unberficksichtigt geblieben i s tn ) . Auch wird erst in der im Erscheinen begriffenen Monographie (W. JAENSCH) die M6glich- keit der Ausl6schung eidetiseher Ph~nomene des T-Typus durch Jodgaben (oder Thyreoidin), wiederum n i t ausdrfick- licher Ausnehmung des ]3-Typus, fiir Fdlle n i t ,,Capillar- hemmung"*) ausffihrlicher beschrieben. Was die Kalkwirkung bei den eidetischen T-Ph~nomenen anlangt, so haben wir auch frfiher schon betont, dab sie besonders bei Einheits]gillen des T-Typus ausbleiben k6nne, und auBerdem haben wir stets nichts anderes im Auge gehabt Und beschrieben, als dab schon geringe Mengen yon Calcium lacticum ausreiehen, um unter bestimmten experimentellen Kriterien beobaehtete ABT zu einer Abschwgichung bzw. Ausl6schung zu bringen. Wir k6nnen heute hinzuffigen, dab dieser Satz besonders gil t fiir die mit - tels des Fixat ionstestes hervorgerufenen eidetischen Erschei- nungen, vor allen Dingen Erwachsener, und bier fast ohne Einschr~nkung**). Umgekehrt gilt das gleiche flit die ex- perimentelle Hervorrufung soIcher Ph~nomene z. B. dutch Bialiumphosphat oder Atmungstetanie. Niemals aber konnte P. I~ARGtgR nach nnseren, wenn aueh nur vorlgufigen An- gaben vermuten, dab Ph{~n0mene, d e r e n B - T y p u s er aus- driicklich Jeststellen konnte, eine Kalkwirkung wiirden erkennen lassen. Es is t dies eine Vermutung, die die yon uns auf- gedeckten Tatsachen auf den Kopf stellt . Wie in dieser Vet-

*) , ,Capillarhemmu~g" = ih~antil gebliebene HautcapilIaren. .**) Es gelten im allgemeinen r~ur die Einschrfihkungen, die ffir die:Beeinflussung tetanoider P h ~ o m e n e durch Calcium i u d e r Klinik bekannt sind.

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6ffent l ichung be ton t wird, reagieren aber selbst T-Ph~nomene besonders des E inhe i t s typus nicht immer auf Calcium, nnd nu t solche T-E ide t ike r konnte P. IKARGER, wenn f iberhaupt T -Typen unter seiuem iVfaterial waren, was 6rt l ieh durchaus m6glich is t (vgt. oben), bei seinem Vorgehen herausfinden. Wir haben vorn gesagt, dab sich die ABNB- oder ABT reiner T-Typen i iberhaupt schwerer und nur bei e ingehender eide- f ischer U n t e r s u c h u n g (selbst in Einheitsf~tlen) ans L i c h t ziehen lassen, Das yon P. KARGER angewandte Vorgehen, lediglich die teicht und schnelg sich als E ide t iker erweisenden Jugendl ichen als eidetisch und alle anderen als n ichte idet isch anzusehen, t ra f daher elektiv nu t den B- bzw. den BT-Typus . Der reine T-Typus wiirde sich daher ve rmut l i ch bei einer genaueren Unte r suchung auch seiner sog. lVichteidetilcer dem E x p e r i m e n t erschlossen habem Das s teh t n icht im Wider- spruch mi t der Angabe P. KARGERS, er habe sich genau nach der v o m Verfasser i h m selbst vor einigen Jah ren in einer Berl iner Schule demons t r ie r ten Methode gerichtet . Verfasser ha t t e damals technische Schwierigkeiten, die Er laubnis zum Be t re t en und zur Unte r suchung jener Schulklasse zu erha l tem Es gelang ihm erst kurz vor dem Ein t re i fen yon Her rn Ge- he imra t CZERNu und seiner Herren, selbst in diese Schulklasse zu gelangen, und es b l ieben ibm damals nur 2o 5l inuten, n m aus einer Klasse yon e twa 3 ~ ibm v611ig nnbekann ten Kindern einige Eide t iker hoben Grades zu der gewfinschten Demon- s t ra t ion herauszusuchen, Es m a g hinzugeft igt werden, da{~ dies t iberhaupt die erste eidet ische Unte r suchung war, die in ]3erliner Schulen s ta t t fand . Verfasser a rbe i te te daher auf noch vSllig u n b e k a n n t e m Terrain. So blieb ihm damals nichts anderes fibrig, als sich der jenigen Methode zu bedienen, die gesta t te te , so schnell u n d leicht wie mSglieh einige s tark eidet ische F~lle herauszusuchen, w a s auch gelang. Soweit sieh Verfasser hieran noch erinnert , waren es einige s tark eidetische Fal le n icht ansgepr~gten und re inen Typus, desse~ relative Seltenheit wir ~mmer betont haben ; es waren mehr oder weniger solche des sehr we i tve rbre i t e ten gew6hnlichen Ein- hei ts typus, der aber mehr oder weniger s tets f iberwiegend die Merkmale des B-Typus zeigt. Was die exper imente l le Er- zeugung yon Anschauungsb i lde rn oder e idet ischen Erschei- nungen i iberhaupt anlangt , so is t noch nachzutragen, dab wir mi t gew6hnl ichem Alkal i bisher noch nicht gearbei te t haben, aus verschiedenen Griinden aber annehmen z u miissen glauben, dab Alkali n icht in jeder F o r m nnd Darre ichung d i e gleiche Wirkung haben dfirfte wie die z. ]3. bei Ka l ium- phospha t bzw. Anha lon ium Lewinii yon uns festgestell te. (Lit. s. u. ad 3.)

~r i r begrfiBen viele yon P. KARGERS Fests te! lungen als eine wei tere yon kl iniseher; insbesondere p~diatr ischer Seite un t e rnommene Wfirdigung der eidetischen Tatbestiinde iiber- haup t als einer normalen Jugendanlage. Was ihren wei teren Inha l t in bezug auf die eidet ischen bzw. psychophysischen Kons t i t u t ions typen anlangt , so gel ten gegeniiber P. KARGERS Auslassungen die gleichen Einw~inde und die gleichen Erwide- rungen, wie wir sie in einigen Bemerkungen fiber die 1924 in der Zei tschrif t fiir die gesamte Neurologie und Psychia t r ie erschienene Arbe i t yon FISCHER und HIRSCHBERG iiber die eidet ische Anlage und ihre Beziehungen zu k6rper l ichen Merk- malen (am gleichen Orte 1925) niedergelegt haben.

Auch P. Karger gegeni~ber bedauer~ wi t im Interesse der Sache, daft eine so schar/e und voreilige Ablehnung ,~on Tat-

bestdnden, die in der angelzi~r~digten Monographie erst zum ersten- real aus/i~hrlic~ vorgelegt werde~ werden, au] Grund lediglich kurzer und unvollstgindiger ,,Vorliiu/iger Mittei!ungen" aus- ge6prochen werde~ Iconnte~).

L i t e r a t u r: ~) Vgl. hierzu die Arbeiten des Marburger Psycho.log. -Institutes : yon Bd. 82 an in der Zeitschr. f. Psychol. ; O. KROI~, Uber subjektive optische Ansehauungsbilder. G6ttingen: Vandenhoeck u. Rupprecht 1922; E. R. JAENSCH, Uber den Aufbau der Wahrneh- mungswelt. Leipzig: Joh. Ambr. ]3arth 1923 ; Derselbe, Die Eidetik.

*) Vgl. hierzu neuerdings H. HENNING, Psychologie der Gegenwart, Mauritinsverlag, Berlin I925, eine Wtirdigung der oben mitgeteilten Tatbestande yore Standpnnkte

d e r neueren Psychologie. - -Die oben erw~hnte Monographie (W. JAENSCH, s. Lit. ad 3) erscheint voraussiehtlich Anfang Mai 1926.

R I F T . 3. J A H R G A N G . Nr lO 5. M ] i R Z I 9 2 6

Leipzig: Quelle & Meyer 1925; Derselbe, Die Vorstellungswelt der Jugendlichen und derAufbau des intellektuellen Lebens. Leipzig: J oh. Ambr. ]3arth 1926. -- P. KARGER, Klin. "A%chenschr. 1925, Nr. 47. -- FISCHER und ttlRSCI~BERG, Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie 1924; H. Z~EMAI~'N, Zeitschr. f. Psychol. 1924; M. ZILLIG, Fortschr. d, Psycho1. 1923. -- e) Vgl, E. R, JAENSCH und CARL I~6HLER, Das Verhalten des Pupillenreflexes und die ,,psychophysische Inte- gration" des Jugendlichen und des ,,integrierten Menschentypus". In den Abhandlungen zur medizinischen Psychologie u. Psycho- therapie, hrsg. v. A. MOLL. Stuttgart: Enke 1926. -- 3) VgI. hierzu W. JAENSeH, Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie 192o und 1925; Mflnch. reed. Wochensehr. 1921 und 1922; Monatsschr. I. t(inderheilk. 1921; Sitzungsber. d. Ges. z. ]3ef6rd. d. ges. Natur- wissenschaften zu Marburg 1921; Sitzungsber. d. 33. Kongresses f. inn. Med. Im Erscheinen : \V. JAENSCH, Zur Klinik und Physiologie der psychophysischen Pers6nlichkeit. ]3erlin : Julius Springer 1926. 4 ) Vgl. hierzu E. R.JAENSCI~ a. a. O. -- 3) Vgl. hierzu E. R.JAENSClL Psychologie und Asthetik, 19. ]3d. der Zeitschr. f. Asthetik u. allg. Kunstwissensehait, hrsg. yon M. DzssolR. -- 6) Vgl. hierzu E. R. JAzNscI~, \V. JAZNSCH, K. I(NIPPING U. a., Sitzungsber. d. Ges. z. ]3ef6rd. d. ges, Naturwissenschaften zu Marburg 1925, erscheint aus- fflhrlich mit anderen Arbeiten zur Physiologie und Psychologie des sportlichen Training bei G. Fischer, Jena, 1926. Dazu neuere Arbei- ten des Marburger Psychologischen Institutes yon E. !R. JAENSCH nnd HANS M6CKnL~aANN. -- V) Vgl. hierzu E.R.JAzNSCI~, W.JAENSCH und K. KNII~PING, Sitzungsber. d. Ges. z. Bef6rd. d. ges. Natur- wissenschaften, Marburg a. L. vom II . II . 1925. -- s) Vglo hierzu I-I.FRZlLII;G, Monographie (inVorbereitung) und auch E.R.JAENSCH, Die Eidetik. Leipzig: Quelle & Meyer 1925, -- ~) Vgl. hierzu E. R.JAEI;SCH, Psychologie und Asthetik a. a. O. ; O. K~oH, Zeitschr. f. Psych. ]3d. 85. -- 10) Vgl. hierzu E. R. JAXNSCH, Zum Ged~chtnis yon ALOlS RIEHL, Kantstudien ]3d. 3 o. 1924. -- 11) Vgl. hierzu SV. JAENSCH und W.WlTTNZB~N , Archicapillaren, endokrines System und Schwachsinn. Sitzungsber. des 2. dtsch. Kongresses f. Heil- p~dagogik, Julius Springer 1925; ferner E. R. JAENSCH, W. JAENSCI~, K. SCHOLL und TH. HOPFNER, Dtsch. Zeitschr. f. Nervenheilk. 88, Sitz,-Ber. des 15. Neurol. T'g. Cassel. 1925, sowie unsere vorl~ufige Mitteilung: Mflneh. med. \Vochenschr. I92~ Nr. 35.

WASSERSTOFFWECHSEL UND LEBERVENEN- SPERRE.

Von

P r i v a t d o z e n t Dr . L. LENAZ, Primararzt in Flume.

LAMSON und ROCA haben festgesteHt, da/3, w~hrend beiln normalen Tiere nach intraven6ser Zufuhr yon physiol. Salz- 16sung die Blutverdfinnung h~Jehstens 4 ~ Minuten anh~it, wobei die Leber anschwillt, bei Ausschaltung der Leber mittels Eekscher Fistel die Hydr~mie noch nach 2 Stunden beobachtet wird; auf Grund dieser Versuche nahmen sie eine Sperrvorrichtung an, die dureh die Kontraktion der V. hepa- tica den ]31utwasserspiegel reguliert. Ausgehend yon diesen Versuehen fanden dann LANDAU und PAP, daf3 bei manehen Leberkl-ankheiten (besonders Ic terus cat. und Cirrhose) die in t raven6se Infusion yon iooo ccm Salzl6sung eine 2 bis 3 S tunden anhal tende Hydr~mie verursacht , wobei jedoch die Diurese nicht, wie nach Ausschal tung der Leber bei Tieren, zunimmt , sondern eher verz6ger t wird. Da nach ADLER auch die orale Zufuhr yon Flfissigkeit bei diesen Krankhe i t en Hydr~mie und VerzSgerung der Diurese zur Folge hat , so er- schien es natiirl ich, die letzterw~Lhnte Ersche inung (die sog. Opsiurie hdpatale) auf eine StSrung der sog. Lebervenensperre zurtickzufiihren.

Die Hypothese , dab die so pri~zise E ins te l lung des Wasser- spiegels des Blutes auf dem so groben Mechanismus einer Venenkon t rak t ion beruhe, scheint mir wenig wahrscheinl ich. W e n n man bedenkt , dab selbst nach oraler E in fuhr von iooo ccm Wasser, und t ro tz der enorm gesteigerten Diurese, die Zahl der Blu tk6rperchen keine Schwankung erleidet, so sieht man, dab eine solche Regula t ion viel pr/tzisere Einr ich- tungen erfordert . In einer Arbeit , die in dieser Wochenschr i f t erscheinen wird, habe ieh zu zeigen versucht , dM3 diese Regula t ion eine Funk t ion des Gleicbgewichtes zwischen d e m Quel lungsdruck des Plasmas und dem capi l laren B lu td ruck


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