Transcript

204 E. Keiteler.

V. Ueber Problerne, weEche d4e Neurnannjsche ReBxionstheorie nicht Z08e% x u k6wnert.l mheht .

Die Metall- und Totalreflexion der doppelt- brechenden Medien; von E. E e t t e I e r.

Sieht man ab von der Erklarung der Phosphorescenz und Fluorescenz, so diirfte sich die hochste und letzte Auf- gabe, die der theoretischen Optik gestellt werden kann, wohl folgendermassen aussprechen lassen. Man denke sich zwei Prismen, sei es aus irgend welchen trichroitischen und zu- g1eic.h mit Dispersion der Axen begabten Krystallen oder aus irgend welchen dichroitischen und durch Rotationspola- risation ausgezeichneten Krystallen beliebig hergestellt, und beide miteinander zu einer beliebig orientirten Combination verbunden. Es sollen alsdann silmmtliche, einem beliebigen Einfallswinkel entsprechende ilussere und innere Wellen con- struirt, die zugehorigen Refractions- und Extinctionscoeffi- cienten fur alle Farben bestimmt und endlich die Amplituden und Phasen aller dieser Wellen berechnet werden.

Der Verfasser dieses Aufsatzes, welchem das vorstehend gezeichnete Problem seit Jahren vorgeschwebt, und welcher nach vieljahrigen, nicht immer sofort von Erfolg gekronten Bemahungen nunmehr die Losung desselben endgtiltig ge- funden zu haben glaubt, wird Inhalt, Pruchtbarkeit und Trag- weite derselben nicht anschaulicher vorfiihren kijnnen , als wenn er ein direct der Theorie fast unzuglngliches Erschei- nungsgebiet, die Totalreflexion der anisotropen Medien, auf einem vielleicht sonderbar scheinenden Umwege, namlich unter Benutznng der undurcheichtigen krystallisirten Metalle, zur stieng mathematischen Darstellung bringt. Da der Neumann’schen Reflexionstheorie dieses indirecte Verfah- ren versagt ist, und da sie, soweit ich s.ehe, bei directem Angreifen mit weit grosseren Schwierigkeiten zu kiimpfen haben wiirde, als der von mir erweiterte Fresnel’sche Standpunkt, so dUrfte die Totalreflexion der Krystalle wie keine andere Erscheinung berufen sein, bei der neuerdings begonnenen Auseinandersetzung zwischen beiden Grundan- schauungen selbst denen gegeniiber , welche die Erklarung

E. Ketteler. 205

der Metallreflexion, resp. Absorption noch far verfrtiht hal- ten, ein entscheidendes Wort mitzusprechen.

E s ist iibrigens nicht das erste mal, dass ich Total- reflexion und Metallreflexion in Verbindung bringe. F u r isotrope Medien habe ich ihren Zusammenhang schon frither in zwei Arbeiten') aufgedeckt, die leider wohl aus secundg- ren Griinden nicht die ron mir gewiinschte Verbreitung ge- funden haben. Es sei mir daher zunachst gestattet, aus meinem dainaligen Auszuge folgenden, den Schwerpunkt der Arbeit entwickelnden Passus hier wortlich zu reproduciren :

, ,Fresne l hat die Gesetze der Totalreflexion mittelst eigenthtimlicher Deutung seiner fur totalreflectirende Inci- denzen complex werdenden Intensitatsformeln abgeleitet. Ihni erscheint so die Totalreflexion neben der gewohnlichen Re- flexion als ein und derselbe Vorgang, da beide durch die gleichen Ausdriicke umfasst werden und unmittelbar inein- ander verwandelbar sind. Diese Auffassung bleibt natiirlich bestehen , wenn man den gleichfalls complex werdenden Schwingungsausschlag des gebrochenen Lichtes auf Aus- drucke mit Exponentialfactoren zurlickfiihrt, in diesen aber die imaginaren Glieder beibehalt."

,,Sobald man aber im Interesse der physikalischen Er- kltirung sich ausschliesslich auf reelIe G lieder beschrankt, so wird damit das erwahnte Einheitsbnnd zerrissen, und Total- reflexion und gewohnliche Reflexion erscheinen unstatthafter- weiser a19 selbstandige Vorgange."2)

,,In der That freilich - und das war der Inhalt des da- maligen Aufsatzes - bilden die Fresnel'schen Gesetze der to talen wie der gewohnlichen Reflexion einen speciellen ein-

1) K e t t e l e r , Carl's Ecpert. 16. p. 261. 1880. - Beibl. 4. p. 574 1880. Ausz. d. Verf.

2) Dies war dcr Standpunkt Cauchy's und Beer's, fur den icli indess insofern (Wied. Ann. 3. p. 88. 1878) eine Lucke ausgefullt habe, als ich dort zeigte, dass die in Betracht kommenden, thcilwcise verwickcl- ten Schwingungsausdriicke aus den Differentialglcichungen der bezag- lichen Medicn ahznleiten sind. IIr. Glazebrook (und so eben thcilweise much Hr. Voigt) hat die bldglichkeit dimes Ytandpunktes auch fur die Vertreter der Neumann'schen Grundvorstellunmn nachgewiescn. Vgl. die Kachschrift.

. __ - __ __

206 E. Keiteler.

zelnen Grenzfall der Gesetze der Reflexion an absorbirenden Medien. Diese letzteren, die der Verfasser bereits friiher 1)

streng und erschSpfend behandelt zu haben glaubt , invol- viren bekanntlich einen vom Einfallswinkel abhllngigen Re- fractions- und Extinctionscoefficienten, wie ihn die Total- reflexion, von niemand mehr bezweifelt , wirklich vorfuhrt.2) Die absorbirenden Medien sind eben die allgemeineren und, vom Weltather abgesehen, die einzig thatsaohlichen, wkhrend dagegen das ideel durchsichtige Mittel Fr esnel's mit seinem doppelten Verhalten und seinem discontinuirlichen Sprung (fur die Incidenz des Grenzwinkels) lediglich als eine durch Abstraction zu gewinnende Mijglichkeit aufzufassen ist."

Meine Arbeit, die nur stetig verlaufende Fonmeln gibt, welche das ganae Erscheinungsgebiet zwischen normaler und streifender Incidenz umfassen, hat sonach das erwahnte Ein-

1) Ice t te le r , Wied. Ann. 1. p. 95 u. 284. 1578. 2) In einem eben erschienencn Refcratc der Brrl. Fortschritte 86,

p. 882. 1883 uber meine Arbeiten, betreffend den Zusammenhang von Metall- und Totalreflexion, wird aurallend stark betont, dass ich in dcn absorbirenden Medieii Refractions- und Extinctinctionscoefficient varirtbel nehme, was ebcn daher ruhrt, dass ich Extinctionsrichtung und Loth immer zusammcnfallen lase . Es macht das fast den Eindruck, als solle angedeutet werden, dass auch eine mderc Auffassungsweise moglich sei, also die meinige wenigstens bis zu ihrer niiheren Begriindung rtls willkurlich bczeiohnet werden miisse. Da diesen selben Vorwurf auch Hr. Lo m m e 1 einst gelegentlich ausgesprochcn hat, so bemerke icli da- ruber kurz Folgendes. Die einzige Auffassung, die der meinigen ent- gegengestellt werden kijnnte, ist doch wohl nur die Annahme, dass in den absorbirenden Medien (wenigs tens bci kleinerert 1ncidenzen)Ampli tudeo und Phasen gemeinsam langs der Fortpflanziirigsrichtung selber variiren. Ich mochte nun die Vertheidiger dieser Annahmtt, die ich selbst nur fiir innerlich gespiegeltes Licht, iiicht dagegen fur gcbrochenes Licht fur moglich hake, ersuchen, dereti Consequenzen fiir letzteres zu prfifen. Es genugen clam bei Benutzurtg nieiner Cebergsngsgleichnngen nnd unter Zuziehung des Incompressibilittitsprincips einige ausserordentlich einfache Rechnungen. Man findet dann z. B. fiir die SchwiichungscoEfficienten der Spiegelung sonderbar geformte Ausdrucke, melchc in der Niibe des Grenzwinkels zu auffallenden Erscheinungen fiihren , die, ihre Realittit vormsgesetzt , die Beobachtung langst hgtte entdecken miissen. - Was iibrigens bci einer solchen Behandlung fur kleinere Incidcnzen scheinbar an Einfachheit gewonnen ivird, geht dann fiir die totalreflectircnden erst recht vcrloren.

E. Ketkler . 207

heitsband zwischen der gemohnlichen und totalen Reflexion der durchsichtigen Medien wieder hergestellt, und beide Er- scheinungen werden zugleich mit den Reflexionserscheinungen der undurchsichtigen Metalle durch identische AusdrUcke dargestellt. Kann die N e u man n'sche Reflexionstheorie von dem eben erst durch Qlazebrook und Voig t ftir sie ge- wonnenen, aber nicht gentigenden Standpunkte aus nicht bald den gleichen Schritt thun, so diirfte es fiir immer um ihre Anerkennung geschehen sein.

Nach diesen, meines Erachtens nothwendigen orienti- renden Vorbemerkungen wende ich mich zur vorgesteckten Aufgabe, die fur die isotropen Medien soeben skizzirten Resultate auch auf die anisotropen auszudehnen. Zuvor werde nur noch bemerkt, dam, was ich bisher an anderer Stellel) iiber die Totalreflexion der Krystalle mitgetheilt habe, sich ausschliesslich auf die Bedingung ihres Zustande- kommens bezog und sich etwa in die Worte zusammenfassen lasst: ,,Es muss stets der gebrochene Strahl, nicht dagegen auch die gebrochene Normalrichtung der Trennungsflache parallel sein." Der Einfachheit wegen sol1 sich die folgende Discussion auf absorbirende gewohnliche Krystalle, d. h. auf solche ohne Dispersion der Axen und ohne Rotationopolari- sation beechribken.

Denken n i r uns zunachst einen durchsichtigen Krystall von parallelen Strahlen durchlaufen, so erfahren dieselben fur verschiedene Richtungen eine verschieden geschwinde Fortpflanzung der Phasen. Auch ein einzelner Strahl, den wir etwa durch eine unendlich enge cylindrische Rohre von den iibrigen isoliren , wird ungeschwacht (unter Constant- erhsltung seiner Amplitude) durch dieselbe hindurchgehen und seine Energie auf immer weitere Punkte iibertragen. Wir nohmen dabei an, dass die Schwingungen, wenn extra- ordinar (wie F r e s n e l es will), im Hauptschnitt erfolgen, nber auf dem Strahle selbst (nicht auf der zugehorigen Nor- male) senkrecht stehen, wilhrend sie bekanntlich nach Neu - m a n n zugleich auf Hauptschnitt und Strahl senkrecht stehen

1) K e t t c l e r , W i d . Ann. 18. p. 653. 1883.

200 E. Ketteler.

sollen. Diese Annahme, fur die Anhanger der Fresne1’- schen Richtung die einzig correcte, stelle ich hier nicht will- ktirlich auf, sondern sie ist mir durch die miihsam gefundene Thatsache, dass jede andere Voraussetzung zu unmoglichen oder wenigstens unwahrscheinlichen Resultaten fuhrt, allmlh- lich aufgezwungen. I)

Dies angenommen , beschrsnken wir uns im Folgenden auf die Lichtverbreitung durch (ideelle) enge Rohren; es ist dies namlich diejenige Form, welche - abgesehen vom vor- ausgesetzten Huygens’schen Princip - in den Orenzglei- chungen der Reflexionstheorie ausschliesslich von Bedeutung ist. Die zu untersuchenden Medien sollen dabei absorbirende sein, d. h. Medien, in welchen gewisse innere Reibungskriifte die urspriinglich gegebene Amplitude fort und fort ver- kleinern.

Dringt dann Licht von aussen her in einen absorbiren- den Krystall ein, so werden sofort zwei zusammengehorige Richtungen zu unterscheiden sein, namlich die Propagations- richtung (senkrecht zur Ebene gleicher Phasen, parallel also dem Strahle als der Rohrenaxe) und die Extinctionsnormale (senkrecht zur Ebene gleicher Amplituden, parallel also dem Einfallslothe). Fallen zunachst fur senkrechten Eintritt des Lichtes Extinctions- und Propagationsrichtung zusammen, so heisse a das einer bestimmten Krystallrichtung und Schwin- gungsdauer entsprechende Verhiiltniss der Propsgationsge- schwindigkeiten im freien Aether und im Krystall und b der zugehorige Extinctionscoiifficient, letzterer sls Maass fur die Geschwindigkeit der Abnlthme der Amplitude. Die beiden so definirten Grossen a und b betrachten wir als Functionen der Strahlenrichtung und Schwingungsdauer und nennen sie die Hauptindices der betreffenden Richtung.

Wird aber bei unveriinderter Schwingungsdauer und bei festgehaltener Strahl- und Krystallrichtung die Ein- trittsfliche continuirlich gegen dieselbe gedreht , godass sich also die Winkel, welche einfallender und gebrocliener Strahl lnit dem Einfallslothe machen, stetig andern, so andern

1) Vgl. dariiber Ketteler, Wied. Ann. 1P. p. 656. 1888.

E. Ketteler. 208

sich auch die beiden erwllhnten Geschwindigkeiten, und aua a und b miigen etwa fiir irgend einen Brechungswinkel r des Strahles die neuen Werthe u und q werden.

Es lassen sich dam, meinen friiheren Arbeiten zufolgel), fiir isotrope wie fur anisotrope Medien, dieselben als Aggre- gate von zusammenschwingenden Aether- und Kiirpertheil chen b e trnchtet , Bewegungsgleichungen aufstellen, welche zwischen den Attributen a , b und Y, q die Bedingungen2) verlangen : (Ia) v ~ - q 2 - 1 = (d- P- 1) @, vq COST = ab@.

Darin ist noch @ ein vom Einfallswinkel abhangiger Bruch, welcher fiir senkrechte Incidenz gleich Eins wird. Derselbe ist insbesondere fiir absorbirende isotrope , sowie fiir durchsichtige anisotrope Medien bei allen Incidenzen = 1, und kommt daher die Differenz (1 - @) n u r fiir Me- dien, die z u g l e i c h s t a r k a b s o r b i r e n und s t a r k doppe l t b rechen , als solche in Betracht. Far alle anderen dagegen schreibt sich einfacher :

v2 - pa = a2 - b2, v q cos r = ab. (1) Last man diese letzteren Gleichungen in Beziehung auf

v und q auf, sodass man erhillt: _I_

2v2 = + (2 - b2) + V(a2 + b2)2 + 4 a2 1 2 tg 5, 2q2 = - (az - b2) + l/(a2 + bz)2 + 4Gba t g2 r ,

YO sieht man, d a s s he ide m i t Z u n a h m e von r b i s z u r U n end1 i c h k e i t a n s t e i g e n.

Was endlich das den Lichttibergang vermittelnde Hu y - g e n s’sche Princip betrifft, so heisse E der Einfallswinkel im Weltiither (resp. Luft), r, der Brechungswinkel der sich dem Strahle zuordnenden Normale und u,, das entsprechende Brechungsverhiiltniss. Alsdann ist bekanntlich zu setzen :

1) Vgl. z. B. Kette ler , Wied. Ann. 18. p. 646. 1883. 2) Jch benutze diese Gelegenheit, urn einen bisher dunkel gebliebe-

nen Pnnkt (p. 651) durch directe Herannxiebung der Incompreesibilitilta- bedingung durch vorstehende genauere Fassung aufzuhellen.

Ann. d. Phg8. u. Chem. N. F. XXII. 14

210 6 Ketteler.

wenn 6 den Winkel bedeutet zwischen Btrahl und Normale. Versteht man noch unter y den Flilchenwinkel zwischcn der Ebene von Strahl und Loth und der Einfallsebene, so ist der Zusammenhang zwischen r,, und r durch die Glei- chung ausgedriickt: (11) cos 6 = COR r COB r , + sin r sin r , cos .I+,

Eine fiir die Anwendung bequemere Form der Gisheri- gen Ausdrbcke erhOlt man durch Einfiihrung eines dem Ein- fallswinkel E verwandten Winkels J und einer Hlilfsgrosse p , die beide definirt seien durch die Beziehungen:

(1) Dz1 wir im Folgenden specie11 die Totltlreflexion an

einem anisotropen Medium untersuchen, so muss dasselbe entweder optisch dunner sein, a18 die Luft, oder man muss diese wie beim K o h l r a u s ch'schen Totalreflectometer durch ein dichteres (isotropes) Medium ersetzen. Betrnchten wir dasselbe als geniigend durchsichtig, urn seinen Extinctions- coefficienten b, = 0 setzen zu kiinnen, so wird der absolute Refractionscoi5fficient desselben (I, = n, constant. Die Ein- fallswinkel E und J des Weltathers hangen dann aber m i t d e n thatsiichlichen Einfallswinkel e und einem virtuellen i im Innern dieses Mediums zusammen durch die Cjleichungen :

Wir wollen jetzt diese neuen Winkel in die Ausdrucke (I) und (11) einfiihren und erhalten durch einfache Rech- nungen :

2p*= +(G- 62- n12 sin2i) + )/(d-- b2- ill* sinZi)x+ 4 u*b2.

(2) 2p'=-(u2--~-,11asin2i)+1/(ua-b2- n,"in2i)?+ 4u262, I 2v2= +(a2- P + n , t Sinai) + v(u2- 1/2 - nlz sin 2;.)FTr42/,2,

Werthe, in welchen die Wurzelgrosse stets mit pusiti\ ern Vorzeichen zu nehmen ist.

(3) \\.'as jetzt weiter die Grenz- oder Ueberg~~ngsLedi i lgt t i .~~n

betritl't, so denken wir uns die ebene Trennungsf,iiche tticlc-r

v cos I * = l / i F - T J = p , sin J = Y sin r .

sin .I? = nI sin e , sin J = n, sin i.

. _____

___ - - __ - -. - -. . -

Ferner : __ -. -. - - . -.

n,asin i sine c o s v = u2 - I/ V r , , z - n,2 sin 2 e .

B. Kettcler. 21 1

Medien 81s die XY-Ebene eines Coordinatensystemes, dessen 2-Axe sonach init der Richtung des Lothes zusammenfilllt. Alsdann sind diese Bedingungen die folgenden vier:

Darin bedeuten g, 7 , 5 die Schwingungscomponenten im Coordinatenanfangspunkt als Einfallspunkt, die angehllngten Indices 1 und 2 beziehen sich auf das erste und zweite Mittel und die Summenzeichen auf die Zahl der vorhande- nen Strahlen. Lassen wir fortan iiblicher Weise die Y-Axe auf der Einfallsebene senkrecht stehen, bezeichnen mit e p ,

p, resp. Q$, p i die Ausschlagscomponenten des einfallenden und reflectirten Lichtes parallel und senkrccht zur Einfallsebene und mit fD, ?lo, CD die axialen Componenten der gebroche- nen Strahlen, so werden dieselben dargestelIt durch:

t n, ( z cos e + r sine) y r = @ p c o s 2 n ( T + - - - 1. - - .),

I

2 > I t Y (ux f r y + w z ) -l I

l !D= my c?T qrCOS 2 n -,-- + - XYJ > r L 1

wo noch u, v , w die Richtungscosinus der gebrochenen Strah- len sind.

Dazu treten far beide gebrochene Strahlen die Incorn- pressibilitiitsbedingungen :

14*

2 $2 E. Kebteler;

Die Geaamlntheit dieser Formeln umfmst die Probleme der sogenannten metallisclien Spiegelung und Bcechung , so- weit dieselben fon einem durchsichtigen Medium LUS er- f olgen.

Urn nicht zu aasfiihrlich zu werden, wollen wir uns auf die Vorgange im Hauptschnitt beschrhken, wollen etwa den Hauptschnitt mit der Einfallsebene zueammenfallen lassen, sodass nur ein gebrochener Strahl - der extraordinare - zu Stande kommt. Dann durfen wir insbesondere in den drei letzten der Ausdrucke (4) setzen: ( 5 ) I I V = 0 , vu = n, sini , vw = p , und ausserdem Q = ?in = qD = 0 nehmen.

Fuhrt man unter diesen Bedihgungen die Ausdriicke (4) in die Gleichungen (111), (IV) ein und eliminirt in bekannter Weise die laufendc Zeit, so erhlilt man ohne Schwierigkeit for Amplitude und PhasenLnderung des gespiegelten Lichtes die folgenden Werthe:

('8)

[ p n, - (v* - q2) COB elx + q2 (nl - 2 p COB e)* 'pz = [p?tI + ( " 9 - y2) cos el2 + 92 ( w , + 2 p Cos;~ '

oder ktirzer :

und dam: 2 q n, cos e [ti, sin a i - @" - g')] ---. tg xp = --___ (7) ( p 2 + q2t n,? - cos2e [ (~ ,2 - q2)2 + 4pag2J

Aehdiehe Ausdriicke ergeben sich fiir den gebrochenen Strahl, doch gehe ich hier nicht naher auf dieselben ein.l)

Wie aus Vorstehendem hervorgeht , verlaufen in aniso- tropen absorbirenden Medien die einer gegebenen Riclitung

1) Die Founeln des Textcs werden bekaniitlich fiir isotrope Medicn mit den von CaucPy gegebenen idcntisch, sobald inan scW:

11 = r 3 COS(6 + 1 0 ,

a = Q C O S E ,

q = c 4 s i n ( s + u) b = $ s i n & .

Dasselbc gilt von den beziiglichen Ausdriicken der Schwingungen senk- rccht. zur Einfallsebene.

E. Xetteler. 213

sich zuordnenden p , q, v und darum weiter auch die '93, x a19 stetige Functionen des Einfallswinkels e , resp. der Winkel e und i ohne alle Discontinuittt. Eine totale Reflexion ist daher im allgemeinen, d. h. bei gegebener Charakteristik ( a , b) nur moglich filr e = 90°, also bei streifender Incidenz.

I m besonderen ist das Zustandeknmmen derselben ge- kniipft an die Bedingung: (V) p = 0.

Von den drei Specialfiillen, fur welche dieselbe erfullbar ist (b = 0, a = 0 , b = a = 0), miige hier der erste ale der wichtigste geniigen. Wir wollen in der That in allen vor- stelienden Formeln b = 0 setzen und dabei den Incidenz- winkel e von 0 bis 90° ansteigen lassen.

Zunachst geben die Ausdrucke (2) fur das Iiiterxall zwischen den Grenzen n, sin i = 0 und n, sin i = a:

v = a , I = 0.

Dagegen zwischen den Qrenzen 12, sin i = r( und ?tl sin i E 7i, :

(9)

p = 2120 = 0. v<z=-m, v = n, s i n i , x = x p 7

Diirfen wir daher ftir das e r s t e Intervall auch: p = a cosr

schreiben und in Riicksicht auf Gleichung (3) noch die un- bestimmte Form: (10) e $ i hinzuftigen, so wird fur dxs zwei te Interval1 nach Substi- tuirung der Ausdrucke (9) in die ntimliche Gleichung:

7i12 sin i sin e cos ip = v 2 = n12 sin 'i, woraus folgt:

ain i sine = -. cos v,

214 E. Ketleler . Was jetzt weiter die Schwingungsausdrltcke (4) flir den

gebrochenen Strahl betrifft, so reduciren sich dieselben ftir das e r s t e Interval1 auf die eine Form:

oder auch bei Einfrihrung der neuen, in der Ebene ron Strahl und Loth gelegenen Coordinate F:

Dagegen liefert das zwei t e Intervall die Strahlcom- ponenten:

I v , ~ - o F $ - - - a. [ (i n eine cosy l D = s b Z e cos 2n - + g L 7 - - -

sodass folglich der Totalreflexion stets ein gebrochener, s t r e i f e n d e r Strahl entspricht mit va r i ab lem E x t i n c - t i on s - und v a r i a bl em R e f r a c t i o n sc o e ffici en t e n.

Hierin ist Aln, sine c o s y der in der Richtung des Strahles gemessene Abstand zweier Punkte der Trennungs- flache, die vermiSge der einfallenden und reflectirten Wellen- bewegung in jedem Augenblick in gleichen Schwingungs- zustinden sind. Liegt insbesondere der gebrochene Strrthl im Hauptschnitte selber, so ist noch yj = 0 , cosvj = 1 zu setzen.

Die dieser speciellen Voraussetzung entsprechenden Aus- drticke (6) und (7) endlich geben fur das c r s t e Intervall:

n, - a2 cos e ncose -n , C O S P

p - & II I ! T n, * sin 2i + a' cos e 'P = T a - i i n , ; 'm - -~ - -

tgxp = 0. Dieselben sind, abgesehen von dem um 90° differirenden

Schwingungsazimuth identisch mit den bezilglichen Aus- drucken der Theorie Neumann's .

Andererseits erhiilt man fur dns zwei te Intervall:

und diese wiederum werden bei Einfuhrung des relativen Index n = (n , /a) identisch mit den frir isotrope Medien gel- tenden Ausdriicken Fresnel ' s und Cauchy's.

6 Kettder. 216

Da fiir den etwa gleichzeitig mit entstehenden ordinaren Strahl unbeschadet seines verschiedenen Index ( a o s a,) die- selben Ausdriicke anzuwenden sind, die F r e s n e 1 und Cauchy fiir senkrecht zur Einfallsebene schwingendes Licht und fur isotrope Medien aufgestellt, und die ich bereits friihor I) in iihnlicher Weise abgeleitet habe, so iibersieht man auch die durch das Zusammenwirkon beider Schwingungs- antheile entstehende gemischte Erscheinung, die meines Wis- sens bisher noch von niemand experimentell behandelt ist.

Vorstehende Untersuchung hat sonach gelehrt, dass die Totalreflexion auch in nnisotropen Medien ein specieller Fall der Metallreflexion ist, und dass gegenwgrtjg weder die eine noch dib andere der friiheren, physikalisch unbefriedigenden imnginaren Kunstgriffe mehr bedarf. Andererseits ist ftir den Uebergang der gewijhnlichen Reflexion in die totale und umgekehrt die durch Cauchy’s Erkltungsversuche stark getrtlbte Continuitat der Erscheinung in ihrer vollen Urspriinglichkeit, und zwnr vom streng mechanischen Stand- punkte aus, wieder hergestellt.

Bonn , Herbst 1883.

N a c h s c h r i f t . In einem eben veroffentlichten Auf- satze: ,,Theorie der Q u i n c k e’schen Beobachtungen ilber totale Reflexion“ z, hat Hr. V o i g t einen dankenswerthen Beitrag zur Theorie der Totalreflexion geliefert. Da indess die Arbeiten der unmittelbaren Vorganger nicht citirt sind, so mochte ich mir hier die Bemerkung gestatten, dass ich die Theorie der Totalreflexion an isotropen Nedien ziierst von allen ihr noch anklebenden Unsicherheiten und Unklarheiten befreit und sie sogar als einen speciellen Fall der allge- meineren Metallreflexion dieser habe subsumiren k6nnen. ErAteres ist insbesondere bereits von einem Anhanger des N eumann’schen Systemes, Hrn. Glazebrook3) , in bestimm-

1) IEetteler, Carl’s Repert. 16. p.201. 1880. Heibl. 4. p.879. 1880. 2) Voigt, Gottingel Nachr. Febr. 1884. p. 50. 3) Glazebrook , Proc. Cambridge Phil. SOC. 3. p. 330. 1880 und

4. p. 155. 1881.

216 E. Ketteler.

ter Form anerkannt, und hat derselbe zuerst von seinem Standpunkte aus. die F r e sn e I’schen Ausdracke ohm Beno- thigung oomplexer Grossen abgeleitet.

Was also HT. V o i g t auf den vier ersten Seiten seiner Abhandlung gibt, ist daher nicht neu, ja nicht einmal voll- stlindig, sofern die Vertrtiglichkeit eines Bchwingungsaus- druckes von der Form:

mit den Differentialgleichungen der bezuglichen Medien von ihm stillschweigend ale selbstverstandlich vorausgesetzt wird. Auch die Art und Weise, wie gerade der Absorptionsvor- gang die Erhaltung der Energie ermoglicht, kommt nirgendwo zur Sprache.

Was sodann die Quincke’schen Versuche betrifft, so habe ich eine exacte Theorie derselben der UmstLndlichkeit der Rechnungen wegen - sie erfordcrn drei hintereinander liegende Medien - bisher noch verschoben, habe aber ande- rerseits eine in gemissem Sinne noch schwierigere Aufgabe, die Berechnung des Durchganges des Lichtes durch eine planparallele Metallplatte, schon vor mehreren Jahren durch- geftihrt.1) Hatte ich hierbei nicht, wie das begreiflicher- weise meistens zulassig ist, den Einfluss des an der Hinter- Atiche gespiegelten Lichtes auf das an der Vorderflkhe reflectirte vernachl’issigt , so wiirden meine Formeln die des Hrn. V o i g t vollstilndig umfassen, und wiirden letztere durch Nullsetzung des AbsorptionscoBfficienten ohne weiteres daraus abzuleiten sein.

Die in Rede stehende Arbeit hat jedenfalls ihre Aufgahe mit Erfolg geltist. Da Hrn. V o i g t’s Ausdrllcke nur durch gering- Agige Aendernngen in die des F r e s n el’schen Systemes iiber- gehen, so nehme ich natiirlich das gesammte Resultat, das ja ohnehin fiir seinen Autor in Bezug auf Dispersion nur nlihe- rungsweise gultig ist, fiir jenes von mir vertretene System als streng richtig in Anspruch.

1) Kctte l cr , Wied. Ann. 3. p. p. 95 u. 284. 1878.

~5. Ketleler. 217

Nunmehr durfte wohl auch die Entwickelung der Total- reflexion der anisotropen Medien fiir die Anhanger der Neu- m ann'schen Grundvorstellung ein erhohtes Interesse gewin- nen; dieselbe wird eben fur die Leistungsfiihigkeit des ,,voll- standigen K i r c h h o ff'schen Princips" die schlirfste Probe ab- geben.

Bonn, im April 1884.

VI. Dupl4k gegen Hrw. W. Voigt; von E. K e t t e l e r ,

Hr. V o ig t hat meiner Erwiderung l) eine Duplik2) folgen lassen, die ich im Folgenden in moglichster Kurze besprechen werde, ohne freilich zu erwarten, dass Hr. V o i g t selbst sich dadurch ,,zur Aufgabe irgend eines seiner Bedenken ver- anlasst sehen werde."

Indem ich zunachst bemerke, dass die folgenden Zeilen fur die Beurtheilung der Reflexionstheorien F r esnel ' s und N e um a n n's einige neue Gesichtspunkte enthalten, folge ich einzeln den von ihm aufgefiilirten Punkten; es sind ihrer sieben.

1) Wenn Hr. V o i g t bezuglich der Constitution der Materie die Anschauungcn der Hrn. v. He lmho l t z , Lom- me1 sowie die meinige derart zurechtlegt, dass dieselben z. B. auf die Gase der kinetischen Theorie nicht mehr zu passen scheinen , so ist das scheinbar, und durfte insbesondere ein Einblick in die astronomische Undulationatheorie vor derartigen Tauschungen schiitzen. Ich nenne die Moleciile der Chemie durchweg schwingungsfahige Atomgebilde und unterscheide an ihnen folglich Punkte, die in rolstiver Ruhe, und solche, die in relativer Bewegung sind.

1) Kette l er , W e d . Ann. 21. p. 178. 1884. 2) Voigt , W i d . Ann. 21. p. 534. 1884.


Recommended