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Hahn tc, Schleipen. Zerfallsgeschwindigkeit wnd Reduktionsvermiigen usw. 97

Untersuchungen iiber Zerfallsgeschwindigkeit und Reduktionsvermogen von Aluminiumamalgam. Von FRIEDRICH L. HAHN und RAYMUND SCHLEIPEN.

Mit 1 Figur und 8 Tafeln im Text.

Vor einiger Zeit haben F. HAHN und E. THIELER den Einflu6 verschiedener Aktivierungsarten und wechsslnder Verunreinigung auf die Zerfallsgeschwindigkeit von Aluminiumamalgam untersucht. l) Gemessen wurde der in bekannten Zeiten bei gleicbmafiiger An- ordnung der Versuche entwickelte Wasserstoff. Es gelang damals nicht, das ReduktionsvermBgen der verschiedenen Sorten von Aln- miniumamalgam zu vergleichen. Die vorliegende Arbeit bringt einige Beobachtungen hieriiber.

Zu diesem Zweck wurde ermittelt, welcher Bruchteil des von einer bekannten Menge Aluminiumamalgams zu erwartenden Wasser- stoffs sich an reduzierbare Verbindungen anlagert, und welcher Bruchteil als freier Wasserstoff auftritt. Als reduzierbare Ver- bindungen wurden Anthrachinonmonosulfosaure , Azobenzoldisulfo- saure und Zimtsaure in Form ihrer Natronsalze angewandt. Ea wurde entweder bei einem UberschuS an reduzierbarer Substanz die Ausnutziingsquote des Aluminiumamalgams oder bei einem Uber- schuB an Amalgam der reduzierte Anteil der hydrierbaren Substanz bestimmt.

Um fur die game Dauer der Versuche ein Aluminium von stets gleicher Zusammensetzung und gleicher Oberflachenbeschaffen- heit zur Verfugung zu haben, sollte nicht Aluminiumgries, sondern diinnes Blech verwandt werden.

Dabei zeigte sich nun, daB verschiedene Proben angeblich gleich reinen Aluminiumblechs sich bei der Aktivierung vollig verschieden verhielten. Die Proben wurden alle gleichma6ig durch Abbeizen mit Natronlauge und Behandeln mit Natriumquecksilbercyanid akti- viert. Einzelne Sorten Aluminiumblech zeigen nach dem Amal- gamieren eine matte Oberflachc mit helleren und dunkleren Stellen;

I) Ber. 67 (1924), 671. 2. aaorg. u. allg. Chem. Rd. 153. 7

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98 k L. Hahlz und R. Sohleipem.

durch wiederholtes Amalgamieren andert sich daran nichts. Das Blech entwickelt sofort auBerordentlich lebhaft grobperligen Wasser- stoff; die Gasentwicklung scheint an den dunkleren Stellen lokali- siert. Diese Blechstiicke zerfallen niemals restlos, oftmals sogar nur zu einem kleinen Bruchteil. - Andere Aluminiumsorten er- geben bei der gleichen Behandlung ein Amalgam, daB wie hoch- glanzpolierties Silber aussieht. Wenn die blanke Metallflache zu- nachst noch einzelne matte Streifen aufweist, so lassen sich diese durch nochmaliges Behandeln mit Natronlauge und nachfolgendes Amalgamieren vollig zum Verschwinden bringen. Das blanke Blech liegt mehrere Minuten lang unter Wasser, ohne irgendwie Wasser- stoff zu entwickeln. Nach 5-10 Minuten beginnt allmahlich eine Gasentwicklung, die nach etwa 20 Minuten aufierordentlich lebhaft geworden ist. Der Wasserstoff entwickelt sich gleichmaBig und a d e r s t feinperlig auf der ganzen Oberflache; das Blech zerfallt nahezu restlos. Wenn die Gasentwicklung unter Wasser zum Still- stand gekommen war, wurde Salzsaure zugefugt, und der dann noch freiwerdende Wasserstoff gemessen. Er betrug hier etwa 5 der Gesamtmenge.

Ein an sich gutes Aluminium kann dadurch verdorben werden, daB es beim Abbeizen zu lange rnit Natronlauge erwarmt wird. Als bestes Amalgamierungsverfahren wurde das folgende erprobt und stets eingehalten.

Das Aluminiumblech von 0,l mm Stirke war in Stucke von 5 mm Seitenlange zerschnitten. 1 g davon wird mit etwa. 15 cm3 n/5-Natronlauge ubergossen, bis zur lebhaften Wasserstoffentwicklung erwarmt, abgekuhlt, 10 cm3 0,5 O/,,ige Sublimatlosung und d a m ver- dunnte Kaliumcyanidlosung tropfenweise zugegeben, so daI3 das Quecksilberoxyd teilweise in LSsung geht. Der Rest 1ost sich in dem MaBe, wie Quecksilber auf dem Aluminium niedergeschlagen wird.

Woran es liegt, dafi trotz vollig gleichen Verfahrens beim Amalgamieren verschiedene Blechsorten sich so vollig verschieden verhalten, konnte nicht aufgeklart werden; es scheint, als ob dies Verhalten ein vie1 feineres Reagens auf kleine Unterschiede in Zu- sammensetzung oder Gefiigebeschaffenheit ist, als alle anderen Unter- suchungsmethoden. Jedenfalls reagiert ein gut aktiviertes Blech guten Aluminiums aufierst heftig mit Feuchtigkeit ; wenn man es aus dem Wasser nimmt und mit einem Tuch leicht abwischt, wird es binnen wenigen Sekunden so hei8, da6 man es nicht anfassen kann.

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In dieser Weise aktiviertes Aluminium wurde zu den messenden Versuchen angewandt.

Beabsichtigt war, wahrend der ganzen Dauer eines Versuches in regelmaBigen Abstanden den frei entwickelten und den ange- lagerten Wasserstoff zu messen. Dies gelang mit folgender Ver- suchsanordnung.

Als ReaktionsgefaB diente der Kolben A von etwa 11/2 Liter Inhalt. Durch seine mittlere weite Offnung ist mit der ublichen Quecksilberdichtung der Ruhrer 3 eingefiihrt. (Als auBerordentlich

Fig. 1.

vorteilhaft hat es sich erwiesen, in das innere Rohr der Queck- silberdichtung, durch das der Riihrer hindurchgeht, einen schmalen Streifen diinnes Aluminiumblech so einzuschieben, daB er sich glatt ringsum an die innere Rohrwandung anlegt. Der Ruhrer liluft vie1 leichter und ruhiger als wenn Glas an Glas reibt.) Auf den rechten Tubus D des ReaktionsgefaBes war durch einen iibergeschobenen Gummischlauch das gleich weite Ansatzstiick E aufgesetzt, seine obere Offnung Fl diente zum Einfuhren des amalgamierten Alu- miniums, die seitliche Offnung F2 trug einen Tropftrichter. Durch die vordere OEnung I fuhrte ein Rohr i bis nahezu auf den Boden des ReaktionsgefaBes. Das auBere Ende des Rohres i war durch einen iibergeschobenen Gtummischlaucb und ein auf diesen auf- geschobenes, mit seitlicher Offnung versehenen Glasrohr so her- gerichtet, daB man durch dasRohrL6sungzunbhst in ein untergestelltes

1"

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Gefa6 abllieBen lassen konnte, um dann, nachdem das Rolir durch- gespiilt war, in die Mundung des Gummischlauches eine Pipette einzuschieben, und so die Pipette mit der LSsung zu fiillen, ohno dab diese Losung mit der Luft in Beriihrung kam. Auf diese Weise gelang es, zwecks Bestimmung des reduzierten Anteils auch oxydable LSsungen unverandert abzumcssen. Die fiir das Ausspiilen des Rohres verwandte Losung wurde durch den Tropftrichter F2 wicder in den Kolben zuriickgegeben. Urn die Volumverminderung aus- zugleichen, die durch Entnahme der LSsung fur die Gehalts- bestimmung entstand, mar an die Offnung Fl die Gasvorratsflasche H angeschlossen; in diese lie6 man durch den Tropftrichter G, ein dem entnommenen gleiches Volumen Wasser einfiie8en.

Der entwickclte Wasserstoff wurde dadurch gemessen, daB er bei konstant bleibendom Ilruck eiii ihm gleiches Volumen Wasser zum AusflieBen aus der Apparatur brachte. Zu diesem Zwecke wurde cr in die Gassammelflasche P durch das Rohr Q bis nahezu auf den Boden eingefuhrt (nach Art einer MARIOTTE’SChen Flasche); das Abtropfrohr R fiir das abfliebende Wasser konnte in seiner Hiihe verschoben werden, und wurde so eingestellt, daD die Fliissig- keit im Druckmesser Y an der verengten Stelle stand (selbstverstand- lich war der Druckmesser soweit mit Fliissigkeit gefullt, da8 dieser Stand dem Atmospharendruck im Inneren der Apparatur entsprach); der Druckmesser 7n”r in dieser Weise ausgebildet, urn zugleich vorubergehende Druckschwankungen in der Apparatur aufnehmen zu konnen.

Es konnte also standig an dem ausflie6enden Wasser der frei entwickelte Wasserstoff beobachtet und von Zeit zu Zeit durch Ent- nahme von Flussjgkeitsproben das Fortschreiten der Reduktion ver- folgt werden.

Zur Gleichhaltung der Temperatur befanden sich die gasgefullten Teile A ? H , P und X im Inneren ekes grol3en mit Wasser ge- fullten Termostaten, in dem die Temperatur auf etwa lo konstant gehalten werden konnte. Eine Reduktion der entwickelten Gas- volumina auf Normalbedingungen wurde a19 im Hinblick auf die unvermeidlichen Fehlerquellen unzulassig, und fur den Zweck der vorliegenden Untersuchungen unnotig unterlassen; es wurde vielmehr stets ein Millimol H, gleich 25 om3 angenommen.

Um die Apparatur auf ihre Verwendbarkeit zu prufen, wurden zunachst einige Proben Aluminiumamalgam ohnc reduzierbare Sub- stanz in ihr zersetzt.

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Zerfalls~eschwindi~k~it u. Redzcktionsverm~gigei1. von rlliinailtiumanzalgam. 101

In allen Piillen wurde am entwickelten Wasserstoff bzw. dem austlie6enden Wasser ein gleichmlBiger Verlauf der Zersetzung be- obachtet, und in den Grenzen der zu erwartenden und fiir die Durchfuhrung der Versuche erforderlichen Genauigkeit die berechnete Wasserstoffmenge erhalten, das heiBt, 1 g Aluminium entwickelten 1350 cm3 Wasserstoff & 5O/, , . Urn standig neben dem frei ent- wickelten auch den angelagerten Wasserstoff messen zu konnen, wurde eine Substanz gesucht, die in waBriger Losung von Aluminium- amalgam mit mittlerer Geschwindigkeit hydriert werden sollte; ferner war zu fordern, daB entweder die Substanz selbst oder ihr Reduktions- produkt leicht und rasch bestimmt werden kcnne, und zwar auch im Gemisch mi t der anderen Komponente. Die ersten Reduktions- versuche wurden mit dem Natriumsalz der Anthrachinonmonosulfo- saure (Silbersalz) angestellt, weil dieses als technisches Produkt leicht zuganglich ist und die Hoffnung bestand, da6 selbst, wenn sich ver- schiedene Reduktionsprodukte bilden sollten, diese doch alie durch genaue Messungen von Oxydationsmitteln wieder in die Ausgangs- stoffe zuruckfiihrbar sein wurden.

Rednktionsversnche mit Anthrachinon-monosulfosaurem Natrium (Silberealz).

In Tafel 1, Kurve W a ist der Verlauf einer Zersetzung von 1 g aktivierten Aluminiums in 1 Liter Wasser zeitlich dargestellt; nachdem sich langere Zeit kein Wasserstoff mehr entwickelt hatte, wurde Salzsaure zugegeben, die dann noch entwickelte Wasserstoff- menge ist durch den senkrechten Pfeil angedeutet. Kurve W n gibt den Verlauf der Zersetzung fur eine gleich groBe Probe des gleichen Aluminiums an, das durch AbgieBen der Natronlauge und nach- folgendes Behandeln mit Sublimatlosung, also nach der alten Vor- schrift von WISLICENUS aktiviert wurde. Man sieht deutlich, daB die Reaktion im Anfang lebhafter einsetzt, aber sehr rasch hinter der anderen zuruckbleibt. BuBerdem erhielt man eine wesentlich groBere Menge ,,totes", das heifit nicht mit Wasser, sondern nur mit Salzsaure reagierendes Aluminium. Da6 bei diesem Versuch aus der gleichen Menge Aluminium insgesamt etwas mehr Wasser- stoff erhalten wurde, als bei alkalischer Aktivierung, liegt vermut- lich daran, da6 dort schon wahrend des Aktivierungsvorganges etwas mehr Aluminium in Losung ging.

Kurven Sa und f in zeigen den beim Zerfall entsprechender Amalgamproben in Gegenwart von 10 g Silbersalz entwickelten

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Wasserstoff. Der reduzierte Anteil an Silbersalz wurde hierbei zu- nachst nicht bestimmt; da es durchaus unsicher ist, ob der Zerfall des Amalgams unter der Silbersalzlijsung ebenso schnell erfolgte, wie unter reinem Wasser, kann man die Anlagerungsquote fur den Verlauf der Reaktion auch nicht aus der gegeniiber dem Leerversuch weniger entwickelten Wasserstoffmenge berechnen, dagegen ist dies fur den Endzustand moglich. Die folgende Tabelle gibt diese Ver-

l? L. Hahn und R. Schleipm.

Hz in O l 0 der Gesamtmenge

gleichung :

ohne mit Silbersalz alkalisch I neutral alkalisch 1 neutral aktiviert

cm3 I400 1300

120u

llUU

fLV0

9ou

800

70U

60U

500

400

300

200

100

4? mmo/ 56

52 48

46

LO

36

32

28 24

20

16

t wa I I

Tafel 1. Zerfall von Aluminium-amalgam (frei entwickelter Wasserstoff) unter Wasser (Wa und Wn) und unter einer Losung von anthrachinon-monosulfosaurem Natrium (Silbewalz) (Sa und Sn) bei alkalischer (Wa und Sa) und neutraler

Aktivierung (Wn und Sn).

Tabelle 1.

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Z~rfallsgesch~ndiglceit u. &duktionsvewnogen won Alumniniuntamalgam. 103

dem Reaktionsgemisch die angelagerte Menge Wasserstoff unmittel- bar zu messen, das heiBt die reduzierte Menge Silbersalz bestimmen zu kiinnen. Es wurde versucht, die Reduktionsprodukto wieder mit Permanganat zum Chinon zu oxydieren, oder aber diese Oxydation durch Ferricyankali in alkalischer Losung durchzufuhren und nach dem Ansauern das gebildete Ferrocyanid zu messen, beides in der Kalte wie in der Wiirme und unter verschiedenartigsten Konzentrations- bedingungen. Es zeigte sich aber, daB sich keine Bedingungen aus- findig machen lieEen, unter denen die Reaktion beim Chinon stehen blieb; ein scharfer Endpunkt war nicht zu erkennen. Da aber un- bedingt Wert darauf zu legen war, die Vergleichung von angelagertem und frei entwickeltem Wasserstoff wahrend des ganzen Verlaufes der Reaktion durchzufuhren , wurde als weitere reduzierbare Sub- stanz Zimtsaure untersucht. WISLICENDS gibt allerdings an, da6 sich ZimtsSiureester durch Aluminiumamalgam nicht reduzieren lasse l); Vorversuche zeigten aber, da6 zimtsaures Natron in wa0riger Lasung von gut aktiviertem Aluminiumamalgam merklich hydriert wird.

leesung dee Bnlagernngeverlanfee nnter Verwendnng von zimtsaurem Natron.

Zuniichst handelte es sich darum , ein Bestimmungsverfahren fur Zimtsaure neben Eydrozimtsaure zu finden; naturgernafi wurde an maBanalytische Bestimmung der Zimtsaure mit Hilfe von Brom- losung gedacht. Da Zimtsaure in Wasser nur wenig liislich ist, wurde die freie Saure aus der wiiSrigen Losung durch Chloroform oder Tetrachlorkohlenstoff ausgeschuttelt, und zu dem Liisungs- gemisch eine gemessene Menge Bromliosung hinzugefugt. Da beim Umschutteln auch das Brom zum wesentlichen Teil von dem organischen Losungsmittel aufgenommen wurde, hatte man annehmen sollen, da0 nun nach kurzem oder langerem Stehen in verschlossener Flasche die Anlagerung beendet sein wurde, und man durch Zuruck- messen des uberschiissigen Broms die vorhandene Menge ZiintsPure wiederfinden wurde ; das uberschussige Brom wurde durch Zugabe von Kaliumjodid und Titrieren mit Thiosulfat bestimmt. Es zeigte sich aber , daB die Anlagerung au6erordentlich langsam verlief, und iiberdies nicht bei der Addition von zwei Atomen Brom an ein Molekul Zimtsaure halt machte. SchlieBlich zeigte sich, daI3 man durchaus brauchbare Ergebnisse erhalt nach einem Verfahren, bei dem man dies theoretisch fur ausgeschlossen halten sollte, namlich

l) Journal fiir prakt. C h m . 64 (1896), S. 18 bzw. 59.

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indem man waBrige Bromlosung zu einer waBrigen Aufschliimmung von Zimtsiiure so la,ngsam hinzuflieBen la&, daB erst ganz gegen SchluB der Bestimmung ein merklicher UberschuB von Brom in die Liisung k0mrnt.l) D a m bleibt die Losung etwa 5 Minuten stehen, worauf das freie Brom mit Kaliumjodid und Thiosulfat zuriick- gemessen wird. Gibt man die Bromlosung zu rasch hinzu, so wird die Anlagerung stark verlangsamt, verfahrt man vorsichtig, so findet man - wie duroh Einwagen von reiner Zimtstiure wiederholt iiber- priift wurde - genau den theoretisch berechneten Bromverbrauch.

Bci den vorstehend beschriebenen Versuchen war die angewandte Sorte Aluminiumblech aufgebraucht worden. Es wurden nun mehrere Proben Aluminiumblech auf ihre Brauchbarkeit untcrsucht, und ge- funden, daB ein von E.MERK in Darmstadt bezogenes Blech (0,l mm stark) beim Aktivieren ein silbergliinzendes Amalgam ergab, das zwar merklich langsamer zerfiel, als das bisher benutzte, aber wenigstens in der gleiohen Art und restlos.

7700 r m 3 6 7600 -

I 2 3 4 5 6 7------cdZ4Stden Tafei 2.

Zerfall alkalisch akitiyierten Aluminiunmmalgams unter Wasser. Die vier Einzelkurven sind der Ubersichtlichkeit megen senkrecht verschoben; es sind also, urn den tatsachlich entwickelten Wasserstoff zu erhalten, bei Kurve 1 300 cmS, bei Kurve 2 100 cms abzuziehen, bei 3 und 4 100 bzw. 300 cm3 zu addieren. M gibt die Mittelwerte der 4 Vcrsuche. Dcr ZeitmaBstab gilt hier und in allen anderen Kurven nur bis an die senkrechten Striche; von dort sind die Kurven geradlinig bis zu dem uber Nacht erreichten Endwert verlgngert.

*) Chem. Zentralbl. 1912, I, S. 162, A. W. B. DE JON@.

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Zel.fa2lsgesch2uin~igkei~ u. Re~uuklioizsvcmioge,z 'UOH Aluminiunzarnalgam. 1 05

Da es sich technisch nicht ermoglichen lieB, den entwickelten WasserRtoff stets zu gleichen Zeiten abzulesen und daher eine tabellarische Vergleichung verschiedener Versuche uniibersichtlich ist, sind in Tafel 2 die von einer Ileihe Aluminiumproben zu ver- schiedenen Zeiten entwickelten Wasserstoffmengen graphisch auf- getragsn. Man sieht, daB die Zerfallskurven samtlich dem gleichen Typ angchiiren , wenn such die Zerfallsgeschwindigkeit mcrklich schwankt, offenbar beeinflulit von kleinen Abwcicliungen in der Art des Amalgamierens oder vereinzelten ijrtlichen Verschiedenheiten in der Zusammensetzung des Aluminiums. Auf jeden Fall aber sind die Schwankungen klein gegenuber den weiterhin zu beschreibenden Beobachtungen.

/*. ,A

I 2 3 4 5 6 7 8 9 lo-.-.- caZ45tden.

Tafel 3.

Zcrfall zveier Sorten Aluminiumblech (I und II) bei alkalischer und neutrder Aktivicriiog (a und 11).

In Tafel 3 sind Kurve W a und Wiz von Tafel 1 als l a und I n in kleinerem ZeitmaBstab nochmals miedergegeben, also der Zerfall des fruher benutzten Aluminiums bei alkalischer und neu- traler Aktivieruiig, Kurve I I a und I I ~ L zeigen in gleiclier Weise den Zerfall des neuen Aluminiums nlkalisch und neutrd nktiviert. Man sieht daran, daB der EinfluB der Aktivierungsart auf die Zer- fallsgeschwindigkeit sich urn so starker bemerkbar macht, je lang- samer das Aluminium an sich reagiert.

Fur die Reduktiomversuche mit Zimtsaure wurde entweder Zimtsaure eingewogen und in dor berechneten Menge Nntronlauge gelost, oder zimtsaures Natron hergestellt und dieses eingewogen.

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Die Ergebnisse waren in beiden Fallen die gleichen. Angewandt wurden stets 100 Millimol Zimtsaure in 1 Liter Losung; der Gehalt der Lasung wurde vor Beginn des Versuches durch Bromtitration iiberpruft. Dazu wurde 1 g Aluminium gleich 55 Millimol Wasser-

- 400 7 2 3 4 5 6 7 8 0 IO-----caZ4Sfdea

Tafel 4.

Aluminium, alkalisch amalgamiert, unter einer Losung von zimtsaurem zerfallend. Fr e i e u t w ic k e l ter Wa ssers t off. 5 Einzelversuche und

kurve, aufgetragen wie in Tafel2.

Natron Mittel-

I 2 3 4 5 6 7 8 9 M.----ca24Stde,-,

Tafel 6.

Dasaelbe, augelagerter Wasserstoff.

stoff gegeben. Es rnuSte also, selbst wenn aller entwickelte Wasser- stoff an die Zimtsaure angelagert wurde, nahezu die Halfte unredu- ziert bleiben. Der frei entwickelte Wasserstoff wurde am susflieSen- den Wasser gemessen; von Zeit zu Zeit wurden ferner der Losung

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Zwfallsgeschwindigkait zc. Reduklionsverrnoyigen von. Alzcrniniumarnalgam. 10 7

in der oben beschriebenen Weise Proben entnommen und mit Brom titriert. Die Abnahme des Bromtiters ergab den angelagerten Wasserstoff.

Die Ergebnisse von 5 derartigen Versuchen sind, wie oben be- schrieben, in Tafel 4 und 5 einzeln aufgetragen; daraus wurden die Durchschnittskurven gezeichnet. In Tafel 6 sind diese Durchschnitts- kurven gemeinsam wiedergegeben (die ausgezogenen Linien,) Kurve 1 zeigt den frei entwickelten Wasserstoff, Kurve 2 den an die Zimt- saure angelagerten, Kurve 3 ist durch Summieren von 1 und 2 ge- bildet, zeigt also den insgesamt durch Zerfall des Aluminiumamalgams entwickelten Wasserstoff an, Kurve 4 gibt zum Vergleich die von der gleichen Menge Aluminiumamalgam ohne Zimtsaure entwickelten Wasserstoffmengen aus Tafel 2.

rm3 Hz f400 - 7300 - I200 - 1100 - 1000 - so0 800 - m 60D 500 400 300 - 200

-

-

- -

-

-

7 2 3 4 5 6 7 8 9 IO---.ra24Stden

Tafel 6.

Zerfall von alkaliech (auegezogene Kurven) und neutral aktiviertem (gestrichclf) Aluminium unter Wasser und unter zimtsaurem Natron.

Aus dem Kurvenbild geht deutlich hervor, da8 die Anwesenheit der reduzierbaren Substanz den Typus der Zerfallsreaktion voll- kommen geandert hat. Wahrend sie in reinem Wasser den Charakter einer autokatalytischen Reaktion zeigte, ist dieser nun vollkommen verschwunden. Der Zerfall setzt sofort lebhaft ein und erfolgt mit gleichbleibender Geachwindigkeit.

Von der insgesamt entstehenden Wasserstoffmenge wurden bei zwei Versuchen 56 und 57O/, an die Zimtsaure angelagert, bei zwei weiteren Versuchen mit besonders reinem zimtsauren Natron 63 und

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65O/, ; der Rest wurde bis auf hikhstens 1,5 schon durch Wasser frei en twickelt (dalzsaure entwickelte also nach beendeter Zersetzung nur noch sehr geringe Mengen Wasserstoff). Diese Ausnutzungs- quote des Wasserstoffd schwankt, wie das Kurvenbild zeigt, wahrend des ganzen Versuchsverlaufes nur menig ; immerhin ist bei einzolnen Versuchen deutlich bemerkbar, (la6 irn Anfang der Wasserstoff im wesentlichen angelagert und kaum frei entwickelt wnrde.

Es sieht so aus, als ob, wenn es moglich sein sollte, das Aluminium dauernd unter den Anfangsbedingungen zu halten, dann die Reaktion so gut wie vijllig im Sinne der Anlagerung erfolgen mii8te. Wieviel dabei die Aktivierungsart ausmacht, die ja den Anfangszustand des Amalgams stark beeinflufit, zeigen einige mit neutral aktiviertem Aluminium ausgefiihrte Versuche.

Diese sind in Tafel 6 gestrichelt wiedergegeben; angelagert wurden hier im Endergebnis nur 22 des Gesamtwasserstoffs. Dies beruht wie die Zeichnung erkennen la&, darauf, daS im spatereri Verlauf des Versuches die Ausnutzungsquote des Wasserstoffa stark absinkt, denn im Anfang bis etwa zur funften Stunde werden gerade wie bei alkalischer Aktivierung etwa 60°/, des Wasserstoffes an- gelagert.

Der Gedanke, da6 das Amalgam besonders reichlich Wasser- stoff an die Zimtsaure anlagern, und nur aehr wenig frei entwickeln wurde, wenn man es moglichst lange bei den Anfangsbedingungen halten konnte , fuhrte dazu, einen Reduktionsversuch bei niederer Temperatur anzustellen. WAhhrend bei den bisherigen Versuchen die Temperatur im Thermostaten und im Inneren des Kolbens 17--20° betrug, wurde jetzt der Thermostat mit schmelzendem Eis gefullt, die Temperatur im Kolben betrug 1-2O. Tatsachlich wurde unter denselben Bedingungen uberhaupt kein Wasserstoff frei entwickelt, so daB die Ausnutzungsquote wirklich 100 betrug. Aber auch die Anlagerung war nach 11/, Stunden vollig zum Still- stand gekommeii, und es waren nur 3 blillimol Waaserstoff auf- genommen worden. Nach 8 Stunden hatte sicli daran nichts ge- andert. Der Apparat lief uber Nacht weiter, wobei nach dem Schmelzen des Eises die Temperatur anstieg. Dabei wurde jetzt weiter Wasserstoff angelngert, aber noch mehr frei entwickelt, so da6 im Endzustand 30 O/,, angelagert, 40 O l 0 frei entwickelt waren und 30° / , erst nach Zugabe von Salzsiiure entwickelt wurden.

In gleicher Weise wie HAHN und THIELEB den EinfluB von Fremdmetallosungen auf die Zerfallsgeschwindigkeit untersuchten,

4’. L. Iiahn und R. Schlelpeu.

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Zerfallsgesah windt#ceit ? A . Reduktionsvcrn~iigen. von Alui,iiniunianzalgani. 1 09

wurde nuu ihre Einwirkung auf Zerfallsverlau f uiid Anlagerungs- vermogen gepruft.

Die Einwirkung von Magaesium(su1fatlosung) ist aicht sehr aus- gepragt, die Kurven werden in ihrer Form nicht wesentlich ver- andert. Bei einem Versuch mit 40 cm3 molarer Lbsung wurden zwischen 1 und 10 Stunden rund ?Go/, des gebildeten Wasserstoffs angelagert. Im Endergebnis stellt Rich die Ausnutzungsquote un- gunstiger, weil gerade wie bei den THIELER'SChen Versuchen eine betrachtliche Menge ,,totes", nur durch Salzsiiiure zersetzbares Alu- minium zuriickblieb, ridmlich 23 ; 18 des Gesamtwasserstoffes

Y Rngelagert '

1 1 -, Frei

1 2 3 4 5 6 7 8 9 lO---~caZ4Stden.

Tafel 7. Giftwirkuug von 10 cms I-molar ZnSO,-Lijsung (gestrichclte Kurvc) und

Entgiftung durch zimtsaures Natron.

wurden frei entwickelt, 59 angelagert. Bezogen auf den durch Zerfall in neutraler Losung gebildeten Wasserstoff betragt aucli im Endzustand die Ausnutzungsquote 77 O/,.

Qanz auffallig ist die Wirkung von auch kleinen Mengen Zink- losung auf die Form der Zerfallskurven. Zu einem normalen Zerfallsversucli, der in 'la Stunde I00 cm3 Wasserstoff entwickelt hatte, wurden 10 cmS 'Ilo molare ZinksulfatlBsuug gegeben. Es setzte sofort eine stiirmische Wasserstoffentwicklung ein. Zerfalls- kurve Tafel 7 gestrichelt. Es hinterblieben 26O/, ,,totesrg Aluminium. 20 cms molarer ZinksulfatlBsung, unmittelbar nach Beginn des Versuches hinzugefiigt, bewirktea, daB binnen 30 Minuten 200 om3 Wasserstoff entwickelt wurden, .das sind 15 O l 0 der Gesamtmenge. Der Rest also 85O/, des Amalgams, bleibt tot, siehe Tafel 8, unterste gestrichelte Kurve.

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110 l% L. Hahn wad R. Schkipen.

Vollig unerwartet und aufierordentlich erstaunlich ist nun der Verlauf einer Zersetzung bei gleichzeitiger Anwesenheit von Zimt- saure und Zink. Die Giftwirkung des Zinks wird vollkommen auf- gehoben, die Zimtsaure lagert au6erordentlich rasch grofie Mengen Wasserstoff an. Nach 1 Stunde sind bereits 70°/, des Aluminiums zerfallen und 80°/, des dabei entstandenen Wasserstoffs an die Zimtsaure angelagert worden. Die Hydrierung der Zimtsaure schreitet dann nur noch wenig fort; nach 5 Stunden wurde kein Wasserstoff mehr angelagert, dagegen zerfhllt das gesamte noch vorhandene Amalgam weiter unter Bildung von freiem Wasserstoff. Totes

1 P 3 4 5 6 7 8 9 ?O---..ca24Stden.

Tafel 8.

Giftwirkung von 20 cms l-molarer ZnS0,-LSsung, Entgiftung durch zimtsaures Natron, Benzoat, Borat ; Zerfall bei Gegenwart von Zinkkarbonat.

Zum Vergleich wiederholt : Zerfall unter reinem Wasser.

Aluminium entsteht nicht in irgendwie wesentlichen Mengen. Im Endzustand wurden in 2 Versuchen 35 und 20°/, Wasserstoff frei entwickelt und 65 und 80 angelagert. Vergl. die ausgezogenen Kurven auf Tafel 7 und 8.

Eine Wiederholung dieses Versuches bei Oo ergab kein wesent- lich verandertes Bild, die Reaktion war etwas verlangsamt, es wurden 36

Zwei Versuche mit Cadmiumsulfat, der erste mit 20 cms l/lo, der zweite mit 20 cms 'I, molarer Losung ergaben 14 und 15O/, freien Wasserstoff, 23 und 36O/, angelagerten Wasserstoff, 63 und 49"/, totes Amalgam.

des Wasserstoffs frei entwickelt, 64."/, angelagert.

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Zerfallsgeschwindigkeit zc. Redzcktiolzsvwmogen von Alumi&mama2gam. 1 1 1

Versuche iiber die Kompensation der Zinkwirknng. Wie vorhin dargelegt, zerfallt bei Zusatz von Zinksulfat in

waBriger Losung L41uminiumamalgam nur zu einem kleinen Bruch- teil, wahrend bei Anwesenheit von Zimtsaure unter sonst gleichen Bedingungen der Zerfall des Amalgams selbst dann noch weiter geht, wenn die Anlagerung von Wasserstoff an die Zimtsaure auf- gehiirt hat. Fur diese zunachst vollig unerklarliche Erscheinung konnten zwei Erklarungsmoglichkeiten in Erwagung gezogen werden. Erstens konnte sie mit dem Reduktionsvorgaag als solchen zusammen- hangen. Wenn etwa die Giftwirkung des Zinks auf das Amalgam so zustande kommt, daB die auBerordentlich lebhafte Gasentwicklung die Oberflache des Amalgams mechanisch verandert und dadurch seine Aktivitat vernichtet, so konnte die Schutzwirkung der Zimt- saure darauf beruhen, daB eine reduzierbare Substanz die Entwick- lung freien Wasserstoffs ejnschrankt und damit die mechanische Zerstorung der Oberfliiche verhindert. Es schien aber auch eine zweite Deutungsmoglichkeit gegeben. Beim EinflieBen der Zink- h u n g in die Losung von zimtsaurem Natron bildet sich ein ziem- lich reichlicher Niederschlag vbn zimtsaurem Zink. Die Losung enthalt also nur wenig Zink, und dieses kann, in dem MaBe wie es an das Aluminiumamalgam abgegeben wird und etwa sich von diesem in metallischer Form wieder ablost, aus dem Niederschlag erganzt werden. Um wenn moglich zwischen diesen beiden An- nahmen eine Entscheidung herbeizufuhren, wurde das zimtsaure Natron einmal durch solche reduzierbare Stoffe ersetzt, die mit Zink- losnng keinen Niederschlag geben, andererseits gepriift, ob Aluminium- amalgam bei Gegenwart schwer loslicher, aber nicht reduzierbarer Zinksalze ebenfalls vollstandig zerikllt.

Es zeigte sich, daB beide Einfliisse in gleicher Richtung wirken. Die Versuche wurden in der Weise ausgefuhrt, daB Aluminium bei Gegenwart des zu priifenden Stoffes zerfiel und der dabei entwickelte Wasserstoff gemessen wurde. Wenn sich lingere Zeit hindurch kein weiterer Wasserstoff mehr entwickelte, wurde die Losung durch einen Beber abgezogen, zum Riickstand SalzsLure hinzugegeben, und der dabei frei werdende Wasserstoff gemessen. Ein die ublichen Schwankungen iibersteigendes Defizit an Wasserstoff gegeniiber der theoretisch berechneten Menge wurde als Anlagerung gedeutet. Die Versuche wurden in zwei verschiedenen Apparaten, zum Teil unter Anwendung von nur 0,4 g Aluminium, entsprechend 22,2 Millimol

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Wasserstoff ausgefuhrt. Das ordnungsgemaBe Arbeiten der Apparate wurde von Zeit zu Zeit durch Zersetzungsversuche ohne Zusltze gepriift.

Wahrend wie oben erwahnt von 1 g Aluminium hei Gegenwart von 20 cm3 'Ilo molarer Zinklosung zu 85O/, tot blieben, waren es bei Zusatz von 10 Millimol Borax nur go/,; wurde das Zink- sulfat durch 1 g = 7 Millimol Zinkcarbonat ersetzt., so hinterblieben nur 2O/, totes Aluminium (vergl. Tafel 8). Ebenso aber wirkten reduzierbare Stoffe, die Zink nicht Bllen. 1 g Aluminium + 20 cm3 Zink bei Gegenwart von 100 Millimol Crotonaldehyd ergaben Oo/, totes Aluminium; angelagert wurden 86-89 O l 0 des verfiigbaren Wasserstoffes; 32,9 g = 100 Millimol Silbersalz ergaben ebenfalls kein totes Aluminium, angelagert wurden 85,5 o/o Wasserstoff. 50 Millimol Brenztraubensaure + 15 om3 Zink ergaben O o / , totes Aluminium, angelagert 60°/, des entwickelten Wasserstoffs. Selhst solche Stoffe, die nicht reduziert werden, kannen eine merkliche Schutzwirkung ausuben. Bei Zusatz von 50 cm3 Aceton zum Re- aktionsgemisch verblieben nur 50

Die Zinkwirkung konnte aucb durch Zusatz vou Chloralhydrat stark abgeschwgcht werden, es hinterblieben 46 O/, totes Aluminium. Auch bei Abwesenheit von Zink nahm Chlorslhydrat betrachtliche Mengen Wasserstoff auf.

XuBerst eigenartig dagegen ist das Verhalten des Acetaldehyds. Zugabe von 50 cm3 80°/,igen Aldehyds zu 1 g Aluminium in 200, 500 oder 1000 cm3 Wasser bewirkte, daS sich binnen wenigen Minuten stirmisch Wasserstoff entwickelte; dann hinterblieben 60-90 O / ,

totes Aluminium. Der Aldehyd war mehrfach mit aller Vorsicht destilliert worden. Die Wirkung des Aldehyds, die der Zinkwirkung so iiberraschend ahnlich sieht, konnte durch die dem Zink gegen- iiber schutzenden Stoffe nicht aufgehoben werden. Im Gegenteil, die Reduktionskraft des Amalgams diesen Stoffen gegenuber wurde durch den Acetaldehyd stark abgeschwacht oder vollig vernichtet.

Tabellc 2 gibt an, wieviel Prozent des vorhandenen Aluminiums Wasserstoff frei entwickelten, tot blieben und Wasserstoff an ver- schiedene reduzierbare Stoffe anlagerten, wenn diese, in 200 om3 Wasser gelost, bei Gegenwart von 25 cm3 Acetaldehyd mit 1 g nmalgamicrtem Aluminium behandelt wurden. I n der letzten Spalte ist zum Vergleich angegeben , wieviel Prozent des verfugbaren Wasserstoffs bei sonst gleichen Versuchen in aldehydfreier Losung durchschnittlich angelagert wurden.

F. L. Hahn uiid R. Schle+elz.

totes Aluminum.

Page 17: Untersuchungen über Zerfallsgeschwindigkeit und Reduktionsvermögen von Aluminiumamalgam

Zusatzstoff

kein Zusatz , . ZimtsLure . . Azobenzolsulfo-

saure . . . Crotonaldehyd . Silbersalz . . (in 11 L6sung)

-

ohne Aldehyd sngelagert

'~enge 1 frei 1 tot I angelagert mmol

Versuche zur volligen Hydrierung von Zimteaure. W ahrend die bisher beschriebenen Versuche im wesentlichen

feststellen sollten, wie weit der Wasserstoff des Aluminiumamalgams fur Reduktionszwecke ausgenutzt wird, wenn ihm ein UberschuB an reduzierbarer Substanz zur Verfiigung steht, wurde nunmehr ver- sucht, Zimtsaure durch einen UberschuB von Aluminiumamalgam vollig zu hydrieren.

Von 50 Millimol Zimtsiiure, mit 2 g A1 = 110 Millimol Wasser- stoff behandelt, wurden bei 2 Versuchen 26,5 und 28,5 Millimol, d. h. 53 und 57°/0 reduziert. Wurde die klare Losung mit neuem Aluminiumamalgam behandelt , so wurde weiterhin nur langsam Wasserstoff aufgenommen. Auch kiinstlich hergestellte Gemische von zimtsaurem und hydrozimtsaurem Natron (je 25 Millimol) wurden nur ma6ig weiter hydriert. Mit Zinkzusatz bei Oo wurden 24O/,, ohne Zinkzusatz bei Zimmertemperatur 66 der vorhandenen Zimt- sBure hydriert. Es scheint so, als ob der Zinkzusatz, wenn vie1 Zimtsiiure vorhanden ist, die Hydrierung erleichtert, spater sehr erschwert.

Zneammenfaeenng. 1. Der Befund von THIELER, da8 Aktivierung in alkalischer,

cyanidhaltiger Lijsung ein besonders reaktionsfahigee Amalgam liefert, konnte bestiitigt und erweitert werden.

2. Manche Aluminiumsorten geben bei alkalischer Aktivierung ein silberglanzendes Amalgam, das erst nach meBbarer Zeit mit Wasser zu reagieren beginnt ; dieses Amalgam zerfallt besonders gleichmal3ig und vollsttindig, und zwar typisch in den Formen einer autokatalytischen Reaktion.

3. Unter Verwendung einer Lasung von zimtsaurem Natron konnte wahrend der ganzen Dauer des Zerfalls der frei entwickelte und der an die Zimtsaure angelagerte Wasserstoff bestimmt werden,

2. anorg. u. allg. Chem. Bd. 163. 8

Page 18: Untersuchungen über Zerfallsgeschwindigkeit und Reduktionsvermögen von Aluminiumamalgam

114 Hahn u. Sckipen. Zerfalls,qeschwindigkeil und Rduktwnsvermigen usw,

Durch die Zimtsaure wird die Zerfallskurve vollkommen verandert. Der Zerfall setzt sofort lebhaft ein und ist bis gegen SchluS praktisch gleichmaBig, das heifit im Diagramm Zeit-Wasserstoff werden freier wie angelagerter Wasserstoff durch gerade Linien dargestellt. Die Ausnutzung des Wasserstoffs ist bei alkalisch aktiviertem Aluminium erheblich besser als bei neutral aktiviertem.

4. Zinklosung, dem aktivierten Aluminium zugefiigt, bewirkt, daB sich ein Teil des Wasserstoffes binnen wenigen Minuten ent- wickelt, wiihrend der Rest des Aluminiums mit Wasser nicht mehr reagiert (,,totes Aluminiumii).

5. Die totende Wirkung des Zinks kann durch solche Stoffe, die schwer losliche Zinksalze bilden oder durch hydrierbare Stoffe teilweise oder vollig aufgehoben werden. Es gelingt zum Beispiel in wenigen Minuten bis zu 80°/, des verfugbaren Wasserstoffs bei Gegenwart von Zinksulfat in Zimtsaure hineinzupressen. Totes Aluminium entsteht dabei nur in Spuren.

6. Die gegenseitige Einwirkung von Amalgam auf andere hydrier- bare Substanzen wurde unter verschiedenen Bedingungen untersucht.

Der Befund zu 2 und 3 ist wohl so zu deuten, da6 sich auf besonders reinen und in der Oberflache gleichmafiigen Aluminium- sorten zunachst eine quecksilberreiche, vollkommen homogene Amalgamschicht bildet, die, wie alle vollig homogenen Oberflachen, Wasserstoff nicht frei entwickeln kann, leicht dagegen mit reduzier- baren Substanzen reagiert (vergl. Reduktionen mit amalgamiertem Zink nach CLEMMENSEN). Allmahlich diffundiert das Quecksilber ins Innere, wodurch die Oberflache inhomogen wird und die Wasser- stoffentwicklung durch Bildung von Lokalelementen eingeleitet wird.

Die iibrigen Beobachtungen miissen zunilcht als Tatsachen ge- bucht werden; zu ihrer Erklarung wird es noch weiterer Versuche bediirfen, fiir die durch das vorliegende Material zum mindesten die Richtung gewiesen ist.

Prankfurt a. M., Chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eiogegangen am 25. Miirz 1926.


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