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Page 1: Vortrag zum Thema Scham

Scham, Scham in der Borderline Persönlichkeit Jonny Labrada

Scham & Schuld – Scham entsteht

• aus einer Diskrepanz zwischen realen & ideellen Selbst, oder• wenn „intime Bereiche“ ohne eigene Kontrolle zum Vorschein kommen (Hilgers)

– Schuld entsteht aus der Annahme, jmd. zu schädigen oder aus der negativen Bewertung einer Handlung und fordert Wiedergutmachung

– Scham bewertet das Selbst global-negativ und stellt es infrage, sodass der Kern der eigenen Person angegriffen wird („wer sich schämt, dessen Identität ist aufgehoben“)

– Scham verurteilt das Sein, dessen gegenwärtige und vergangene Art und zeichnet sich durch Selbstentwertung aus

– Der aktive Charakter von Schuld wird einfacher ertragen, als der isolierende, passive Charakter der diffusen, schwer benenn- und greifbaren Scham, die sich durch dem damit-allein-gelassen-Sein, der Ohnmacht, der Auswegs- und Hilflosigkeit, mit Gefühlen der Minderwertigkeit, der Wertlosigkeit, Bloßstellung, Inkompetenz, des Versagens, mit Wünschen sich zu verstecken und zu entschwinden verbunden ist

– Scham sicher erlebbar zwischen dem 1-. und 2. LJ– Neid und Scham sind beides „Vergleichsaffekte“– Gegenteil der Scham sei Stolz

Funktionen der Scham:– Menschen: halb-offene-Wesen: zeigen Selbst-Anteile & verbergen andere (Schneider, 1987)– Scham und Schuld gelten als selbstreflexiv und selbstbewertend– Scham erhöht die Selbst- und Objektdifferenzierung (Bewusstsein der eigenen Getrenntheit) – Scham ist Bewahrer der Grenzen und des Selbstwertgefühls (wirkt als Signalfaktor bei

Bedrohungen des Selbstwertgefühls)– Scham sorgt für den Schutz der Privatheit und die Wahrung der Distanz zu anderen – Scham ist ein Regulationsfaktor in der Sozialisation– Scham motiviert, sich nicht mehr zu schämen durch Finden & Verbessern eigener Stärken– „Hinter dem Gefühl der Scham steht nicht die Furcht vor Hass, sondern die Furcht vor

Verachtung, die [...] Furcht vor Verlassenwerden bedeutet“ (Piers und Singer, 1953) – Warren Kinston: Scham signalisiert Wechsel von Selbst-Narzissmus in Objekt-Narzissmus – psychoanalytisch: Triebabwehr; nach Freud: Affekt UND Abwehrmechanismus zugleich – pathologisch, wenn Schamerlebnisse in ihrer Häufigkeit oder Heftigkeit nicht mehr zu

neuen, angemessenen Konzepten von Selbst, von den Objektbeziehungen und von der Umwelt führen; wenn sie das Ich überschwemmen (Hilgers, 2006)

– ein gewisses Maß an Schamtoleranz gilt als gesunde Ich-Leistung– biologische Komponente: mgl. Rangordnungsverhalten

Gewissensbildung (Über-Ich), Scham durch Introjektion– Scham: Manifestation schmerzhafter und unvollständiger Autonomie und Identität, die aus

einer Verwundbarkeit gegenüber feindseligen und zurückweisenden signifikanten (inneren oder äußeren) Objekten besteht

– Wunsch, sich aus Scham zurück zu ziehen, geht einher mit Wunsch, sich vor Blick des jenigen, vor dem man sich schämt, zu flüchten (bis hin zur Selbst-Auslöschung) → dieser „Blick“ kann verinnerlicht werden

– Über-Ich basiert auf verschiedenen Formen der Verinnerlichungen. Die primitivste Form ist die Inkorporation („Einverleibung“), gefolgt von der Introjektion („Hineinwerfen“), welche durch den reiferen Mechanismus der Identifikation abgelöst wird. Inkorporation stellt eine

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globale und unfreiwillige Aufnahme von Objekten und Objektqualitäten dar, während Identifikation selektiv und reflexiv ist.

– Introjekte stellen deshalb solange „Fremdkörper im Ich“ dar, bis sie durch Identifikation assimiliert oder aufgegeben wurden

– Introjekte haben eine hohe Bedeutsamkeit bei Traumatisierungen und können sogar an folgende Generationen weitergegeben werden, ohne deren Erlebnis des Traumas

– Spero: „elementare Scham“: Erfahrung einer personifizierten Präsenz, von der man sich abgewertet fühlt (um die Mitte des 2. LJ; in einer Zeit unvollständiger Selbst- und Außen-Differenzierung); ein häufiges Vorkommen solcher Erfahrung durch einen Elternteil → Elternteil kann als geliebtes Objekt nicht absolut internalisiert werden (durch den Schmerz, den es verursacht hat) → Beziehung wird auf der Grundlage der Introjektion aufrechterhalten

– Sebren Fisher (1985) sah Scham im Zusammenhang mit dem Spaltungsmechanismus der Borderline P: Die „doppelte Identität“ der Borderline Persönlichkeit beherberge das „schlechte Selbst“ und den zurückweisenden „guten“ Elternteil (als Introjekt)

– die persönlichen Grenzen sind als Folge der Zersplitterung porös & ermöglichen eine „Osmose der Identität“,welche das Scham-System durch Schamanfälligkeit refl. verstärkt

– Nach Fisher kann dieses System nur durchbrochen werden, wenn der Betroffene der verinnerlichten Mutter vergeben lernt und sie innerlich „loslässt“

Ersatzgefühle – Krause (Psychoanalyitiker, Affektforscher): Ekel = bester Schutz der Borderline-

Persönlichkeit gegen maligne Grenzverletzungen, da „die Mechanik des Ekelaffektes die Ausstoßung eines toxischen Objektes aus dem Binnenraum des Subjektes beinhaltet.“

– Léon Wurmser (Psychoanalytiker): Langeweile ('Vertrockung im Seelischem') als Deckaffekt - „Manifestation einer machtvollen Abwehr gegen das Erleben von Gefühlen“

– Verachtung, Spott, Trotz, Zorn, Neid können Scham substituieren, verbergen und durch Umwandlung in einen anderen Effekt oder deren Substitution beschützen

– Ärger, Wut und Verachtung = erträglicher als Scham– Ärger → sorgt für Aufrechterhaltung der Grenzen zwischen Selbst und Anderen– Verachtung = Rückverlagerung der Scham von einem Selbst in jemand anderen (eine Form

projektiver Identifikation = ein Hauptabwehrmechanismus der BP) = „Gegenbeschämung“– Andrew Morrison: Wut = Umkehrung der Passivität der Scham (dient deren Überdeckung)– Bedürfnisse, die abhängig machen, können durch Wut und Ärger abgewehrt werden– Kompensationen von Scham durch: Verneinung, Verdrängung, Isolation, Verleugnung,

zwanghaftes Verhalten (z.B.: Perfektionismus), Humor (Lachen versteckt eine Schamsituation und ermöglicht dem Betroffenen in einer Distanz spielerisch mit dem unangenehmen Schamempfinden umzugehen), Kontrolle der Gesichtsmuskeln (z.B.: starre Mimik), exzessive Zuschaustellung (Gefühle von Unterlegenheit, Unsicherheit, Miderwertigkeit verbergen durch Umwandlung des empfundenen Defizits in vermeintliche Stärke: Macho-Gehabe etc.)

Quellen:Die intersubjektive Natur der Scham, Dissertation, Jens Leon Tiedemann, 2003http://www.selbsthilfe-beratung.de/scham-schamgefuehle.htmlhttp://www.dr-mueck.de/HM_Scham/HM_Anti-Schamtraining.htmhttp://www.geps.info/downloads/publikationen/Benecke-Peham-Scham-Schuld.pdfhttp://www.angst-auskunft.de/AAA_Scham_Angst/AAA_Scham-Entstehung.htm


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