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Vulkan und Kraftwerk

DÜSSELDORF Im Sommer drängt esden Musikfreund nicht nur in dieFerne. Auch in Nordrhein-Westfa-len gibt es feine Festivals, die für je-den Geschmack etwas bereit halten.Das Spektrum reicht von Klassik bisPop und Klezmer. Hier ein kleinerÜberblick über die verschiedenenAngebote:

Mondän auf der PferderennbahnTocotronic sind der Headliner desOpen Source Festivals, das am 14.Juli in Düsseldorf auf der Rennbahnin Grafenberg stattfindet. Das Schö-ne an dieser Institution: Hinter derBühne bietet sich dem Zuschauerimmer noch ein Extra-Gratis-Schauspiel. Der Sonnen-Untergangnämlich, und wo hat man dasschon. Cigarettes After Sex tretenaußerdem auf, Joan As Police Wo-man und Zugezogen Maskulin. Ge-nau genommen ist es aber völligegal, wer die Musik macht, zumOpen Source geht man in erster Li-nie wegen der Atmosphäre, die soetwas Britisches hat. Am Tag zuvorgibt es in diesem Jahr übrigens erst-mals einen Kongress, bei dem Refe-renten und Vortragende am selbenOrt, an dem tags drauf musiziertwird, wild denken. Richard DavidPrecht entwirft die Zukunft der Ar-beit. Mikki Blanco denkt über Gen-der nach. Ziel ist, einen Blick in dieZukunft zu werfen, und kein Gebietwird dabei ausgelassen, von Ernäh-rung bis zur Kunst. hols

Info Open Source Festival, Kongress am13. Juli, Festival am 14. Juli. www.open-source-festival.de und www.con-gress.open-source-festival.de

Zwischen Öfen und RohrenBeim Traumzeit-Festival stimmtnicht nur die Musik, sondern auchdas Umfeld. Das Festival findet imLandschaftspark Duisburg-Nordstatt, einem ehemaligen Hütten-werk. Zwischen Schornsteinen undRohren und in stillgelegten Werks-hallen treten unter anderem diePostrockband Mogwai und die wie-dervereinigte Shoegaze-Band

Slowdive auf, außerdem Blumfeld,The Jesus And Mary Chain, Faberund die Mighty Oaks. Zwei DutzendBands stehen bislang auf dem Spiel-plan, und wem ein Konzert einmalnicht zusagt, der macht sich halt aufzu einem Spaziergang durch denschönen Landschaftspark. Das Fes-tivalticket für drei Tage kostet 75Euro. kl

Info Traumzeit-Festival in Duisburg, 22. bis24. Juni, www.traumzeit-festival.de

Musik auf dem VulkanDie Eifel ist keineswegs ein einheitli-ches Terrain aus Wiesen, Hügelnund Flüsschen, an dem sich litera-risch relevante Kriminalfälle ereig-

nen. Es gibt hier das Liebliche undSchrundige, das Fromme und Heid-nische – die Eifel ist ein gewaltigesBiotop. Seit Jahren gibt es im Südender Eifel, da wo die Maare sind, einkleines, aber feines Open-Air-Festi-val. Unter dem Motto „Klassik aufdem Vulkan“ gibt es am Gemünde-ner Maar bei Daun (Vulkaneifel)drei Konzerte mit ganz unterschied-licher, aber pfiffiger Ausrichtung.Zunächst gastiert die Band Bringsmit einem reichen Mitbringsel ausStimmungsliedern und auch be-sinnlicher Melodien (7. Juli), da-nach reist der weltberühmte Klez-mer-Klarinettist Giora Feidman mitdem Gershwin-Quartett an (13.Juli). Das Finale bildet ein Abend

unter dem Motto „Spirit of Smokie“(14. Juli), der die Tradition der le-gendären Gruppe weiterträgt. DieKarten kosten bei allen Konzertenvon 30 bis 42 Euro. w.g.

Info Klassik auf dem Vulkan in Daun, 7. bis14. Juli, www.klassikaufdemvulkan.de

„Spannungen“ im KraftwerkSeit es dieses Festival im kleinen,aber ungemein hübschen EifelortHeimbach gibt, zählt es eine großeZahl von treuen und sehr treuenFans, die alljährlich die besondereAtmosphäre des Konzertortes undeine wertvolle Auswahl an Künst-lern und Programm genießen wol-len. Im Juni 1998 fand „Spannun-gen“ erstmalig statt. Mit dem Pia-nisten Lars Vogt als künstlerischemLeiter begeisterten die Konzerte einPublikum, das die Konzerte zwi-schen alten Turbinen, glänzendenMessinginstrumenten und Art-Deco-Lampen manchmal geradezuandächtig verfolgte. Viele Künstlerrichten ihre Sommerpläne nachHeimbach aus. Diesmal sind unteranderen dabei: Alban Gerhardt,Antje Weithaas, Sharon Kam, TanjaTetzlaff und Isabelle Faust. Und na-türlich Vogt selbst. w.g.

Info Festival „Spannungen“ in Heimbach,16. bis 24 Juni, www.spannungen.de

Static Roots FestivalEs gehört nicht zu den größten Fes-tivals im Land, aber gewiss zu de-nen, in denen das meiste Herzblutsteckt: Am 13. und 14. Juli präsen-tiert das Static Roots Festival wiedereine handverlesene Auswahl vonBands und Musikern, die sich allenicht gegen das Etikett „Americana“wehren werden, gleichwohl aberzwei abwechslungsreiche Tage ver-sprechen. Was nicht nur, aber auchdamit zusammenhängt, dass dieGruppen sich dem Genre mit ganzunterschiedlichen Wurzeln angenä-hert haben. Terra Lightfood etwa,die den Freitagabend rocken wird,kommt aus Kanada, Prinz Grizzleyhingegen aus Österreich, derweildie Cordovas für den krönenden Ab-schluss am Samstag aus Nashvilleanreisen. Das Schöne an diesem Zu-sammentreffen ist: Die Musikerkommen auch als Fans und sindnicht nur auf der Bühne, sondernauch davor zu erleben. Man mag –noch – nicht alle ihre Namen ken-nen, aber man wird sie mögen. jm-

Info Static Roots Festival, 13. / 14. Juli imZentrum Altenberg in Oberhausen,www.staticrootsfestival.com

Konzerte in faszinierender Umgebung: Das Traumzeit-Festival findet Ende Juni imDuisburger Landschaftspark-Nord statt.

Sommerzeit istFestivalzeit. BesondersSpaß machen Konzertean ungewöhnlichenOrten – an Hochöfen,Rennbahnen oderEifler Vulkanmaaren.

Comic Kommt ein Mann zum Verle-ger und fragt: „Veröffentlichen Siemeine Kurzgeschichte?“ Antwort:„Nein.“ Ende. „Short Story“ ist die-ser Strip des britischen Comiczeich-ners Tom Gauld betitelt. Gauldzeichnet für den „Guardian“ wö-chentlich einen Comicstrip, in demer sich die Literatur und ihren Be-trieb vornimmt, und nun liegt eineSammlung dieser Cartoons erstmalsauf Deutsch vor. „Kochen mit Kafka“heißt der Band, und natürlich ist dasimmer schwierig: ein Buch über Bü-cher, und dann soll’s auch noch lus-tig sein – hier funktioniert das. BeiGauld ist die Pointe immer nur nochein, zwei sehr reduzierte Bilder fern,er lässt Marketing-Strategen aufden Nein-Sager Jonathan Franzenlos und übersetzt „Krieg und Frie-den“ für das Internetzeitalter. Wernach „Kochen mit Kafka“ noch mehrvon Tom Gauld lesen möchte, solltesein Buch „Goliath“ zur Hand neh-men. Darin erzählt er die biblischeGeschichte von David und Goliathaus der Sicht des Riesen. kl

Comicstrips über denLiteraturbetrieb

Tom Gauld: „Ko-chen mit Kaf-ka“, Edition Mo-derne, 160 Sei-ten, 19 Euro

Polizei-Serie Flint war einst Zen-trum der US-amerikanischen Auto-industrie, doch das ist lange her. Seitdie Fabriken geschlossen wurden,erinnert nur noch das verseuchteTrinkwasser an die einst wichtigsteSchlüsselindustrie der 100.000-Einwohner-Stadt. Ganze Straßen-züge sind wie leer gefegt, größterAnziehungspunkt ist in manchenStadtteilen der Schnapsladen. Indieser unwirtlichen Gegend spieltdie Netflix-Dokumentation „FlintTown“, die in acht Folgen vom Alltagdes dortigen Police Department er-zählt. Die Filmemacher begleitenjunge Kadetten mit Idealen, Hardli-ner, die kein Rassismus-Problem beider Polizei sehen, und sie sprechenmit Anwohnern, die Gegenteiligeszu berichten wissen. Sie zeigen An-gehörige der Polizisten, währenddie nachts allein auf Streife fahren;und sie sind stets so sehr dabei, dassnicht bloß ein Bild der Polizei ent-steht, sondern das Panorama einerganzen Stadt am Abgrund. kl

Kaum Hoffnung fürFlint in Michigan

KULTURTIPPS

Szene aus der Polizei-Doku„Flint Town“. FOTO: Z. CANEPARI

1824 fertigkomponiert. Er selbstschrieb in einem Brief dazu: „Über-haupt will ich mir auf diese Art denWeg zur großen Symphonie bah-nen.“ Die Frucht dieser Bahnungwar die sogenannte „große“ C-Dur-Sinfonie. Auch im Oktett gibt es bis-weilen einen orchestral-sinfoni-schen Geist. Die Besetzung ist ge-mischt: Klarinette, Fagott, Horn undStreichquintett.Die Uraufführung

fand – auch dies Zeichen von Schu-berts Reserve – 1824 in einem Pri-vatkonzert statt, die erste öffentli-che Aufführung fand erst 1827 imWiener Musikverein statt. Die Kriti-ker monierten allerdings die Länge:das Oktett dauert 50 Minuten.

Jetzt ist beim Label Harmoniamundi eine prachtvolle Neuaufnah-me dieser bedeutenden Kompositi-on erschienen, zu der sich namhafteInterpreten versammelt haben, al-len vor die Geigerin Isabelle Faust.Das Musizieren atmet eine herrlicheFrische und Beschwingtheit, gleich-zeitig kommt es zu solistischen Deli-katessen. Famos! Wolfram Goertz

Klassik Immer wieder ist man er-staunt, dass gerade Komponistenmit besonders kurzer Lebensdauerbesonders viele Werke geschriebenhaben. Das Paradebeispiel ist seit jeFranz Schubert, der nur 31 Jahre altwurde, aber in dieser Zeit ein gewal-tiges Schaffen angehäuft hat; dasgilt sowohl quantitativ als auch qua-litativ, nehmen wir nur die zahllosenLieder, die Klaviersonaten, die Sin-fonien.

Zugleich befand sich Schubert ineiner fortwährenden Identitätskri-se. Er wähnte sich im Schlagschat-ten Beethovens, aus dem er nach ei-gener Anschauung kaum heraus-fand. Beethovens Vorbild war ihmOrientierung, Fessel, Korsett,Zwangsjacke. Dadurch kam es im-mer wieder zu Unterbrechungen imSchaffensrausch. Heute weiß man,dass er im Jahr 1824 aus dieserSchreibhemmung herausgefundenhatte; es entstanden mehrere Kam-mermusikwerke. von schönster undhöchster Kunst. Das Oktett, gewisseines seiner Gipfelwerke, wurdevon keinem Geringeren als Ferdi-nand Graf Troyer, dem Obersthof-meister des Erzherzogs Rudolf vonÖsterreich-Toskana, in Auftrag ge-geben, Troyer war selbst ein vorzüg-licher Klarinettist.

Laut Schuberts eigenhändigerNotiz wurde das Werk am 1. März

Franz Schubertshinreißendes Oktett

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C2 Kultur RHEINISCHE POSTMONTAG, 28. MAI 2018

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