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Bullis heißen in Neuseeland Kombis. Hier ein T1, durch dessen Fenster der Pazifik seine Brisen schickt.

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Feelin‘ the LoveVor sechs Jahrzehnten landete der erste Bulli in Neuseeland. Seither hat das Weltauto mit dem eingebauten Surfer-Flair einen Platz im Herzen der Kiwis – nicht nur bei den Wellenreitern. Eine Reise auf die andere Seite des Globus.

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Eine Geschichte über Surfer mit ihren Bullis am Strand?« – »Lieber Freund«, hatte

Frank ins Telefon geschnauft, »da bist du 30 Jahre zu spät. Keiner fährt seinen Bulli auf den Strand. Die Dinger sind kostbare Sammlerstücke.« Frank muss es wissen. Er besitzt unter an-derem einen 54er Kombi – es ist der älteste noch vorhandene VW Trans-porter Neuseelands. Außerdem betreibt Frank in Auckland eine Werkstatt, die auf »VW Kombis«, wie hier alle Bullis heißen, spezialisiert ist.

Raglan, ein verschlafenes Städtchen an der wilden Westküste. Raglan atmet die Hippie-Atmosphäre der 60er und 70er. Außerdem wirbeln der Wind und die Strömungen hier eine monu-mentale Brandung auf. Wer mit gän-gigen Überlebensreflexen ausgestattet ist, streckt keine Zehe ins Wasser. Aber die Surfer pilgern zu diesen Wel-lenbergen. David March ist einer von ihnen. Er erklärt die Spots. Ngaranui Beach, Manu Bay: »Übler Rip, der dich ein paar Kilometer in die See hinausbe-fördert.« Bone Yards: »Der Spot trägt den Namen zu Recht.« Whale Bay und

Indicators: »Längster Ride der Süd-halbkugel, im besten Fall 800 Meter! Hier wurde der Surf-Film The Endless Summer gedreht.« Alle Spots: »Nichts für Anfänger und nicht für Weicheier.«

Prima. Aber noch viel besser ist: David (29 Jahre) kurvt in einem hell-blauen T1 (44 Jahre) durch Raglans palmenbestandene Sträßchen. Aus der Heckklappe lugt ein Surfboard! Der ge-bürtige Brite hat den Bus bei einer Ver-steigerung im Surförtchen Tauranga an der Ostküste gefunden: »Als es span-nend wurde, bot ich 5.000 Dollar mehr als mein letzter Mitbieter, um den VW ganz sicher zu bekommen.« Dann hat er den Bulli umgebaut. Jetzt ist drinnen Platz für seine Boards, für einen gewal-tigen Reggae-Sound und für einen gemütlichen Schlafplatz. Auch das Fahrwerk ist leicht überarbeitet. Der Bus liegt so tief, dass David um jede Zigarettenschachtel einen Bogen fährt. Er hatte für ein Häuschen hier in Rag-lan gespart. Die Dollars stecken jetzt im Bulli, den er bei Regen nicht raus-

holt. Und, nein, auf den Strand fährt er auch nicht.

Was verbindet ein so junger Mann mit einem so alten Auto? »Der Trans-porter ist eine Botschaft aus einer einfa-cheren Zeit. Die Technik ist simpel. Du kannst reinbauen, was du willst. Der VW läuft immer.« Außerdem: »Wenn es Abend wird, fahre ich ans Meer, stelle den Kombi an einen schönen Platz. Vielleicht zwischen ein Multimil-lionendollar-Haus und den Strand. Und die reichen Leute sind nicht mal sauer. Im Gegenteil: Der Eigentümer kommt

raus, guckt mit glän-zenden Augen und er-zählt, dass er auch mal so einen VW hatte. Das Auto zaubert ein Lächeln in jedes Ge-sicht.« Davids Num-mernschild sagt viel über die Beziehung zu

seinem Bus: »Feelin‘ the Love«.Ein paar Autostunden weiter nörd-

lich hat Brent seinen 1979er T2 weit oberhalb der Wasserlinie unter einem gewaltigen, rot blühenden Póhutu-kawa-Baum geparkt. Brent erzählt von

»

Autor Wilfried Müller Fotograf Andrew Martin

Er hatte für ein Häuschen gespart. Die Dollars stecken jetzt im Bulli

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»Der zweiflammige Gusskocher im Devon-Camper wiegt ungefähr so viel wie ein halber moderner Golf.«

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Samba auf der Südhalbkugel

Dieses 21-Fenster-Exemplar von 1967 mit Rechtslenkung und einer Camperausrüstung der britischen Firma Devon ist äußerst rar.

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Brent Ward

»Ich habe unseren Bus mit Kohlefaser aus dem Lager piekfein repariert – bis mein Chef dahinterkam.«

Bulli & Meer

Oben im Norden Neuseelands entlädt Brent seine kostbare Fracht. Der Surfboard-Designer sieht den 1979er Bus als Arbeitstier an. Als heißgeliebtes Arbeitstier, dessen mattgraue Handlackierung die Vorbe-sitzer aufbrachten – als »mobile Wandtafel« für die Kreidezeichnungen der Kinder.

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»Ich habe unseren Bus mit Kohlefaser aus dem Lager piekfein repariert – bis mein Chef dahinterkam.«

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»Kevin reist mit einem 1600er Motor. Bis Tempo 80 perfekt. Darüber wird es ungemütlich.«

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Rüstig, rüstig

Der rechtsgelenkte Westfalia Camper, Baujahr 1965, reiste zunächst auf Achse von Wolfsburg nach Südafrika, rollte dann ein paar Jahre durch Simbabwe und landete schließlich mit seinem Eigner an der Küste Neuseelands. Zwei dieser Exemplare gibt es hier im Südwest-Pazifik.

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den Surfspots hier oben: Pakiri verän-dert sich wegen der starken Strömung auf dem Sandboden ständig, Daniels Reef ist gefährlich, aber toll. Und ganz oben im Norden: Shipwreck Bay-Super-tubes. Oder unten im Süden, bei dem Städtchen Kaikoura: Mangamaunu, Meatworks ... oh Boy, Neuseeland hat unendlich viele Surfspots.

Brent liebt den T2 zärtlich, seit er ihn 2009 in der Mechanics Bay bei Auck-land fand. Jeder Gangwechsel ist eine Streicheleinheit, die Türen schließt der schlaksige Neuseeländer stets lautlos. Na ja, soweit das lautlos geht. Brent ist einer jener Bulli-Fans, die ihr Auto fahren und gebrauchen. Der Fach-mann für Verbundwerkstoffe ist mit seiner Surfboard-Linie und mit Spe-zialteilen für Rennwagen vielbeschäf-tigt. Das lässt wenig Zeit für den VW. Die Mechanik des 1978er Bulli ist des-halb nicht blitzblank, aber sie funkti-oniert. Brent hat einen Dachträger für seine Surfboards gebaut, und er hat eine Camping-Box entworfen. Das Vorbild für die Box war das Raumschiff »Thun-

derbird 2« aus der Comicserie. Es kann Transportmodule in Null-Komma-Nix aufnehmen und absetzen, Brents Cam-ping-Box kann das auch. Bei aller Pra-xisorientierung ist Brent die Handla-ckierung seines Klassikers doch sicht-lich peinlich. Er hat das Auto von Chinesen gekauft, die den ursprünglich orange lackierten VW grau anpinselten, »damit die Kinder mit Kreide darauf malen konnten.« Tja, andere Länder, andere Sitten.

Wie alle, die hier einen VW Trans-porter fahren, ver-bindet der 46-Jährige wunderbare Erinnerungen mit dem Auto: »Meine Frau und ich lebten ein paar Jahre in Europa, davon eine lange Zeit im VW Transporter. Wir reisten durch den ganzen Kontinent. In Spa-nien arbeitete ich in einem Laden, der Surfboards baute. Ich habe unseren Bus mit Kohlefaser aus dem Lager piekfein repariert – bis mein Chef dahinterkam. In Marokko ließen wir den Volkswagen

neu aufpolstern; Menschenskinder, das waren die Jahre der großen Freiheit ...«

Surfen gehört zu Neuseeland und wird mit größter Hingabe betrieben. Niemand findet es der Rede wert, wenn eine Familie quer durchs Land umzieht, weil der Vater immer davon träumte, den Farmhouse Stent drüben in Ta-ranaki im Schatten des großen Vulkans

zu reiten. Und in dem Surförtchen Whan-gamata ließ Garth Falconer, der Stadt-planer, einen hässli-chen Trafo kurzer-hand verkleiden: mit dem Foto eines VW

Bulli der Schweizer Post.Neun große und einige kleinere VW-

Classic-Clubs gibt es in Neuseeland. Sie veranstalten seit 1998 jedes Jahr den »Raglan Run«. Auch beim jährlich einmal veranstalteten »National« geht es 2011 um Meer, Wellen und Surf-boards. Nach dem Treffen in Auckland machen sich die VW-Verrückten auf die Surf & Soak VW Tour (25. April bis

Die Türen schließt der Kiwi stets laut-los. Na ja, soweit das lautlos geht ...

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Ewiger Sommer

Wind und Wellen bestim-men, wohin David March seinen T1 »Splitscreen« lenkt. Der Bulli hat sich in seinen mehr als vier Lebens-jahrzehnten vom Original ziemlich weit entfernt. An der Westküste erkennen ihn die Fans schon von Weitem am Klang (l.). Der Innen-raum ergibt die perfekte Mi-schung aus psychedelischer Disco und kuscheligem Wochenendhäuschen (r.).

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4. Mai 2011, www.vwownersclub.co.nz). Typischerweise rollen um die 60 Bullis – vom 1954er Kombi über den 1960er Pritschenwagen, die Dorm-obiles und Westfalias und Samba-Busse bis hin zu Varianten des T3 – zu sol-chen Treffen.

Auch Peter aus dem Farmerstädtchen Hamilton war beim Raglan Run. Sein 21-Fenster-Samba Bus mit Rechtslen-kung aus dem Jahr 1967 ist ein extrem rares Exemplar. Die britische Firma Devon hat den Bus als Camper ausge-stattet. Inklusive eines zweiflammigen Gaskochers aus Gussmaterial, der un-gefähr das Gewicht eines halben mo-dernen Golf haben dürfte. Das Auto kam 1968 aus Großbritannien hierher. Peter kaufte den Bus und restaurierte ihn makellos. Bei der ersten Ausfahrt mit dem Prachtstück – es war 1992 – verlor ein junger Möchtegern-Renn-

fahrer in der Nähe des VW die Ge-walt über sein Auto und schlug in den Klassiker ein. Peter erinnert sich: »Mein Samba fiel auf die Seite. Mein Bein blu-tete stark. Mein erster Gedanke war: Um Gottes willen! Hoffentlich fließt kein Blut auf die Polster!« Was war so toll an den deutschen Autos? Peter sagt: »Das Engineering. Die Pommie-Schüs-seln (Anm. d. Red.: Das sind englische Autos im Kiwi-Slang) fuhren zu der Zeit noch mit Holzrahmen rum. Den VW konntest du im Gegensatz dazu auf Schotterstraßen fahren, und er hielt.«

Beim »Kombi« nebenan setzt die rosa changierende Lackierung verspielte Ak-zente. Der Eigner erklärt: »Ich habe den Bus von einem Jäger gekauft. Der hatte ihn schreiend Pink angestrichen, damit er ihn im Wald leicht wieder-finden konnte. Ich habe das Thema auf-genommen.« Auffällig bei diesem Bus

sind die sehr hoch liegenden Luftein-lässe: »Dieser 1965er wurde in Aus-tralien montiert. Bevor die Aussies damit anfingen, haben sie einen deut-schen VW Bus von oben bis unten ein-gefettet und sind mit dem Ding durch die Wüste gebrettert. So konnten sie sehen, wie hoch der Staub flog. Und dann haben sie die Schlitze ins Blech geschnitten. Das ist wahrscheinlich das einzig Vernünftige, was die Australier je getan haben.«

Das Treffen in Raglan bringt Hin-weise auf weitere Bulli-Freunde: Ro-bert und Marion leben in Whitford, einem Dörfchen östlich von Auckland. Sie sind in ihren späten Sechzigern und seit 44 Jahren verheiratet. Die beiden strahlen eine wunderbar gelassene Zu-neigung füreinander aus. Und eine fri-sche Verliebtheit für ihren extrem sel-tenen Rechtslenker-Kombi von 1963,

Rares Exemplar

Der 21-Fenster-Samba Bus als Rechtslenker samt Campingausrüstung der Firma Devon wurde 1967 gebaut und kam 1968 aus Großbritannien ins Kiwiland. 1991 ent-deckte ein Sammler das kostbare Stück, restau-rierte es und erlitt bei der ersten Ausfahrt einen schweren Unfallschaden. Seit der zweiten Restau-rierung glänzt der Samba bei allen VW-Treffen.

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»Der Samba fiel auf die Seite. Mein Bein blutete stark. Mein erster Gedanke: Hoffentlich fließt kein Blut auf die Polster!«

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den die Firma Martin Walter in Kent/England in ein »Dormobile« – die bri-tische Auffassung eines Campingbus – umwandelte. Es ist das einzige 63er Dormobile im weitestgehenden Origi-nalzustand in Neuseeland. Robert er-klärt, warum: »Die Dormatic-Sitze im Camper waren schrecklich. Wer es sich leisten konnte, warf die Dinger raus. Wir kauften den VW in London im September 1966, ein paar Tage vor unserem ersten Hoch-zeitstag. Er hatte 32.000 Meilen auf der Uhr und kostete 565 Pfund. Wir fuhren durch England, an-schließend von Norwegen bis nach Griechenland und rüber in den Osten durch Ungarn.« Robert hat die Reise lückenlos dokumen-tiert: Ölwechsel in Madrid, eine Repa-raturrechnung der Firma Fleischhauer, Köln, vom 29. Juni 1967: »Herrn R. A. Hunt, London. Bremse zieht hinten und vorne ungleich. Tachowelle defekt.« Am 10. April 1968 bekam der Kombi in Wimbledon beim Tachostand von 54.000 Meilen den letzten Service auf englischem Boden. Dann brachte ihn das Schiff »Pipiriki« in den Südwest-Pazifik. »Seit dem 7. November 1968 fahren wir den VW in Neuseeland. Im Oktober ̀ 88 tauschten wir den 1200er

Motor gegen einen 1600er, denn der Verkehr hier wurde ja immer schneller. 2010 haben wir uns für einen 1800er entschieden, nachdem ein freundlicher Polizist mich darauf hinwies, dass wir den Verkehr aufhielten.« Außerdem, meint Marion, müssten mal neue Vor-hänge an die Fenster. Nach 44 Jahren.

Kevin kam vor zwei Jahren aus Süd-afrika und brachte seine kostbarsten VW mit. Einer davon ist ein rechts-

gelenkter Westfalia Camper von 1965, womit die Zahl dieser rollenden Juwelen in Neuseeland auf zwei stieg. Zwei weitere sind in Australien do-kumentiert und ei-nige in England. Viel-leicht kreuzen auf un-

serem Planeten davon noch mehr rum, aber sehr viele sind es nicht. Vor zehn Jahren kaufte Kevin den Volkswagen in Simbabwe und restaurierte ihn eigen-händig. Der Camper hatte schon vor der Auswanderung nach Neuseeland eine bewegte Geschichte: Er kam auf Achse von Wolfsburg nach Südafrika.

Beim Fototermin von »Westfalia« und »Dormobile« für VW CLASSIC kommt es zum freundlichen Wettstreit zwischen Robert und Kevin. Vier Betten weist der Brite auf. Zwei davon in luf-

tiger Höhe unter dem seitlich öffnenden Aufstelldach erinnern an Pritschen, wie man sie von Safaris kennt. Wer im Dormobile zu viert übernachtet, sollte weder unter Höhen- noch unter Platzangst leiden. Ein Doppelbett gibt es im Westfalia. Das allerdings sieht höchst komfortabel aus. Kevin reist mit einem 1600er Motor: bis Tempo 80 perfekt, darüber wird es ungemüt-lich, sagt er. Robert verweist auf seine 1.800 Kubik. Kevin antwortet mit der funktionierenden Standheizung von Eberspacher. Robert zaubert hinter dem dreifach verstellbaren Fahrersitz seines Campers eine Originaldose »Po-lierwasser« hervor: »Die fahre ich seit 1966 spazieren.« Kevins Westfalia ge-wann die Nationals in Südafrika 2007, Roberts Dormobile wurde bei den Na-tionals 2009 als »Car of the Show« und schönster Camper ausgezeichnet. Der Innenraum des Westfalia ist mit Holz verkleidet, im Dormobile herrschen Aluminium und Stahlblech vor. Alles in allem verströmt der Westfalia eine Idee von »Honeymoon Suite«, während das Dormobile eher in Richtung »ko-loniales Safarilager« tendiert.

Drei- bis vierhundert klassische VW Bullis soll es heute noch in Neuseeland geben. Die ersten kamen auf abenteu-erlichen Wegen als Eigenimporte. Am 21. November 1951 meldete die Presse:

Rares Exemplar

Angekommen

Bei Martin Walter in Kent/England entstand 1963 dieses »Dormo-bile«. Unter dem Aufstelldach bietet sich Raum für vier Pritschen. Nach einer Tour durch ganz Europa ist der Bus seit November 1968 auf Neu-seelands Straßen ununterbrochen im Familieneinsatz.

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Die Dormatic-Sitze waren schrecklich. Wer es sich leisten konnte, warf sie raus.

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»Dänischer Siedler bringt ersten Volks-wagon!« Weiter heißt es: »Ein Volks-wagon... kam hier gestern aus Sydney an... Es gehört dem dänischen Bauar-beiter E. Krog,... der sich hier nieder-lassen wird. Vermutlich handelt es sich um das erste Fahrzeug dieser Art im Dominion (Anm. d. Red.: Neuseeland war ein »Dominion« der britischen Krone). In dem Achtsitzer brachte er seine Gattin, drei Kinder und sein Hab und Gut. Wenn sich Herr Krog... niedergelassen hat, wird er die Sitze ausbauen und Baumaterial transpor-tieren. Das Auto verfügt über einen luftgekühlten 24-PS-Motor. Es wurde in der Britischen Besat-zungszone Deutschlands gebaut.«*

Baron Klaus von Örtzen – zuständig für die Aktivitäten von VW auf der Südhalbkugel – sorgte wenig später dafür, dass Volks-wagen einen Importeur und dann ein Montagewerk in Neuseeland bekam. Von Örtzen ging der Ruf voraus, ein aufrechter Mann zu sein. Er hatte 1935 Deutschland den Rücken gekehrt: »Hitler und ich kamen nicht zurecht. Er wollte Deutschland nicht verlassen, also tat ich es.« Außerdem war er ein anspruchsvoller Gast. Was Arthur

Turner im Dezember 1953 in Verlegen-heit brachte. Turner hatte von Örtzen zu Verhandlungen über die VW-Vertre-tung in Neuseeland nach Auckland ge-bracht. Nun residierte ausgerechnet zu diesem Termin auch die frisch gekrönte Queen Elizabeth II. in Auckland. Die wenigen guten Hotels waren mit Adel plus Anhang prall gefüllt. Von Örtzen musste in einem Vorort logieren, was der Stimmung am Verhandlungstisch nicht zuträglich war. Trotzdem wurde am 11. Januar 1955 aus Turners »Jo-wett Motors« die »VW Motors New

Zealand«. Na also.Andrew Bayliss, im

Hauptberuf Redak-teur beim neuseelän-dischen Automobilver-band »AA«, außerdem Bulli-Eigner (er hat den zweiten Westfalia-Rechtslenker SO 042 in NZ) und -Histo-

riker aus Leidenschaft: »Schon im Au-gust 1954 war der erste Bulli als CKD-Bausatz aus Wolfsburg in Auckland angekommen.« Die drei Buchstaben be-deuten so viel wie »Completely Kno-cked Down«, also: »völlig zerlegt«. Im Örtchen Otahuhu, heute ein Stadtteil der Millionenstadt Auckland, mon-tierte VW Motors New Zealand neben dem Käfer den Kastenwagen, Kombi,

Bus und Pritsche. In den 60er Jahren (1961/62 bis 1967) kamen die CKD-Kits zeitweise aus Australien, weil die deutschen Kapazitäten die große Nach-frage nicht befriedigen konnten. Mit dem Ende der ersten Bulli-Generation kam auch das Aus für die Montage der CKD-Bullis in Otahuhu. Rund 3.000 bauten die Kiwis bis Ende 1967 zu-sammen, wobei etliche Fahrzeugkom-ponenten (Glas, Verkabelung, Innen-verkleidung, Reifen usw.) aus dem In-land stammten. Nachdem Otahuhu den Zusammenbau eingestellt hatte, kamen die Bullis »CBU – Completely Built Up« aus Deutschland, von 1979 bis 1981 auch aus Brasilien. Bayliss zu den Süd-amerikanern: »Die hörte man in stillen Nächten abbröckeln, so schnell rosteten die Dinger.« Dazu gab es immer reich-lichst Eigenimporte, vor allem aus Aus-tralien, England und Südafrika im Ge-folge des dänischen »Volkswagons«. So war der Bulli bereits ein Weltauto, lange bevor das Wort erfunden wurde.

Ok, sie fahren heute nicht mehr auf den Strand, die Bullis in Neuseeland. Aber sie fahren noch! Und wie sagte der amerikanische Fotograf Andrew Martin bei der Arbeit an dieser Ge-schichte? »Die VW Kombis sind Bot-schafter. Sie haben der Welt schon ganz früh gezeigt: Auch ihr Deutschen habt reichlich Hippie-Gene im Blut.« ___ *Z

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Seltene Ansichten

Das Cockpit des rechtsgelenkten Westfalia, die Lam-penbatterie für den Durchblick – und das Gipfeltreffen der raren Übersee-Bullis: links das Dormobile, rechts der Westfalia.

Der freundliche Polizist machte mich darauf auf-merksam, dass ich den Verkehr aufhielt

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W W W . V R E D E S T E I N . D E

H I N T E R K L A S S I S C H E M A U S S E H E N V E R B I R G T S I C H

M O D E R N S T E T E C H N I K .

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