1
„Woran krankt unsere Wirtschaft?“
Vortrag von Prof. Dr. Reinhard Haupt am 17.03.2006
im Rahmen einer Vortragsreihe der EFG Jena
2
0.0
2.5
5.0
7.5
10.0
12.5
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr
%
Arbeitslosenquote
3
39.7 39.2
22.3
25.527.5
18.8
15.1
10.98.9
27.826.5
27.9
32.4
37.6
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Unternehmensinsolvenzen (in 1.000)
4
Zukunft der Rentenversicherung:
„Magisches Dreieck“:
• immer weniger Beitragszahler
• kommen für immer mehr Rentenempfänger auf,
• die immer länger leben
Lösung durch
• steigende Beitragssätze,
• geringere Renten oder
• späteren Eintritt ins Rentenalter
oder durch eine Kombination von allen drei Maßnahmen
5
Objektive, harte Ursachen für Kriseneindruck:
„Standortfaktoren“, „Standort D“
= Argumente für/gegen Firmensitz in Deutschland:
vor allem: Kosten der Arbeit
Stundenlöhne
+ Lohnzusatzkosten
= Arbeitskosten
6
21.1
15.518.5
16.7
10.813.6 13.0
10.6 10.49.0
4.12.1
7.1
12.28.9
8.7
10.06.3
5.8
7.3 6.87.6
3.1
1.2
0.0
5.0
10.0
15.0
20.0
25.0
30.0
DK D -West
N CH F GB USA J D -Ost
E P PL
€
Lohnzusatzkosten
Stundenlöhne
28.1 27.6 27.3
25.3
20.7 19.9
18.8 18.0 17.2 16.6
3.3
7.2
Arbeitskosten (Verarbeitendes Gewerbe, im Jahr 2004, in € pro Stunde)
7
Standortdiskussion besonders verschärft
durch „Globalisierung“ der Wirtschaft:
Offene Grenzen machen aus heimischer Wirtschaft
einen internationalen Marktplatz mit grenzenlosem Wettbewerb
Nicht nur Waren-, Geld- und Datenströme
fließen praktisch ungehindert und weltweit,
sondern auch Arbeitsplätze
wandern leicht in die Lohnkostenoasen ab.
8
Andere Standortargumente
pro D:
• Infrastruktur
• Ausbildungssystem
• Rechtssicherheit
• sozialer Frieden
. . .
contra D:
• Arbeitskosten
• Abgabenbelastung
• langwierige Genehmigungsverfahren (Bürokratie, Regelungsdichte)
. . .
9
Gegenwärtige wirtschaftliche Schwierigkeiten
besonders bedrückend empfunden
vor Hintergrund der „goldenen Gründerjahre“:
• drastische wirtschaftliche Verbesserungen
(spürbarer jährlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit)
• massive Einkommenserhöhungen:
Anstieg der Realeinkommen auf das Vierfache
zwischen 1950 und 1980
Kaufkraftzuwachs und Nachholbedarf
haben eine Aufwärtsspirale erzeugt aus
• Aufbauwillen und Leistungselan
• Wachstum und Wohlstand
Signale von Hoffnung, Optimismus, Zukunft
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Aufbauwille, Leistungsbereitschaft:
Hinweis auf außerwirtschaftliche, weiche Ursachen, z.B. Einstellungen, Werte, Überzeugungen
Nicht nur Preise und Kosten,
Renditechancen und Ertragserwartungen
„catch-up“ - Effekte des Nachholbedarfs (Nachkriegszeit)
führen zu harten €-Ergebnissen,
sondern auch Haltungen, Maßstäbe, Denkweisen
schlagen sich in wirtschaftlichen Zahlen nieder.
• Hat der Wertewandel - neben offensichtlichen ökonomischen Ursachen - zu kritischen Entwicklungen mitbeigetragen ?
• Hat eine Ethikkrise unsere Erfolgskrise mitverursacht ?
• Hat ein Werteverfall das Gefälle vom Wirtschaftswunder zur Wirtschaftskrise verschärft ?
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Zwei Seiten des Werteverfalls
• niedrigere Hemmschwelle zum Betrug (z.B. Unwahrheit, Diebstahl)
• Anspruchsdenken (z.B. Erwartungshaltung, Besitzstandsdenken)
Betrug,
z.B. Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit,
ist offensichtlich illegal.
Anspruchsdenken, z.B. Spitzengehälter, -abfindungen, Ausnutzen des sozialen Netzes, kann durchaus legal, aber zugleich illegitim sein;
übertritt vielleicht keine gesetzlichen, aber moralische Normen (z.B. Rücksichtnahme, Entgegenkommen, Gesamtwohldenken)
12
Grauzone des Anspruchsdenkens
schwieriger zu beurteilen als
offensichtliches Fehlverhalten des Betrugs
Anspruchsdenken oft in Form
• der sozialen Kälte (Maßlosigkeit von Managervergütungen)
• des sozialen Neides
• Wehleidigkeit gegenüber Nullwachstum
Anspruchsdenken kultiviert
• eine „Vollkasko“ - Mentalität („was geht mich das an ?“)
• einen Mitnahmeeffekt („holen, was zu holen ist !“)
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Beide Fehlhaltungen berühren Normen der „Zehn Gebote“
• Anspruchsdenken:
10. Gebot: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus . . . noch alles, was dein Nächster hat !“
• Betrug: 8. Gebot: „Du sollst nicht stehlen !“
9. Gebot: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden !“
Betrug geschieht versteckt (List, Hinterhalt):
„Falsche Waage ist dem HERRN ein Greuel“ (Spr. 11,1)
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Fehlhaltungen betreffen alle Bereiche der Wirtschaftsethik:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Produzenten und Konsumenten
Repräsentanten des Staates und Individuen
Anspruchsdenken bedeutet Willkür, Maßlosigkeit statt Fairness:
• „ . . . Wer schändlichen Gewinn haßt, . . . der wird in der Höhe wohnen“ (Jes. 33,15)
• „Es kamen auch die Zöllner . . . `Was sollen denn wir tun?΄
Er sprach zu ihnen: `Fordert nicht mehr, als euch
vorgeschrieben ist!΄ “ (Luk. 3,12 f.)
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Anspruchsdenken
Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt
(„Das Gesetz des Dschungels“, ZEIT / 04.12.03):
„Die sichtbare Spitze des Eisberges . . . ist die Bezahlung
von Spitzenmanagern . . . In Deutschland hat die Habgier
die Bezüge nicht ganz so hoch [wie in den USA] getrieben.
Aber immerhin erreichen einige unserer angestellten
Spitzenmanager das Zweihundert- und Dreihundertfache
des Jahresverdienstes eines durchschnittlichen
gewerblichen Angestellten.“
16
Alt-Bundespräsident Roman Herzog (2003):
„Schauen Sie sich die Sozialhilfe an!
Was ich jetzt sage, gilt natürlich nicht für alle.
Aber für viele ist es komfortabler,
sich vom Staat aushalten zu lassen,
als sich anzustrengen und etwas zu leisten.“
„Wir haben wegen überzogener Ansprüche auf allen Seiten
mehr Staat, als wir uns leisten können.
Und wir haben auch mehr Staat,
als für die Eigenverantwortung
und Eigeninitiative der Menschen gut ist. “
Bundespräsident Horst Köhler (Rede zum 3. Oktober 2004):
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beispielhaft: Subventionsforderungen
Ausnutzen des sozialen Netzes
beides kommt zusammen:
• (Über-) Versorgung durch Staat:
Politik signalisiert Großzügigkeit bei öffentlichen Leistungen
• Scheu, eigene Ansprüche geltend zu machen, ist rückläufig
Forderungs- und Empfänger-Mentalität
18
z.B. Verzerrung der Arbeitslosenstatistik:
„Jeder 5. Arbeitslose ist scheinarbeitslos“ (BRH / April 2003)
• Überbrückung einer Beschäftigungslücke
bis zum Antritt einer schon sicheren Stelle
• Wahrung von Ansprüchen auf Rentenanwartschaften
und auf Kindergeld
• Arbeitslosigkeit zur Umgehung von Lohnpfändungen
(bei Überschuldung, Unterhaltspflichten)
• Arbeitslosigkeit und gleichzeitig Schwarzarbeit
günstiger als reguläre Beschäftigung
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Manche tarifrechtlichen, sozialen Regelungen
in guter Absicht (soziale Sicherheit),
aber mit schädlichen Folgen
(Lähmung der Privatinitiative und Eigenverantwortung)
Einstieg in „Reformagenda 2010“:
• Zusammenlegung von
Arbeitslosen- und Sozialhilfe
(„Arbeitslosengeld II“)
• Lockerung des
Kündigungsschutzes
• Zumutbarkeitskriterien der
Arbeitsaufnahme
. . .
Weiterer Reformstau:
• Öffnungsklauseln für
Flächentarifverträge:
Betriebsvereinbarungen
• Aufgabe des
„Günstigkeitsprinzips“ im
Tarifrecht
• Sozialer Ausgleich durch Lohn-
ergänzungs-, nicht Lohnersatz-
leistungen (z.B. „Kombilohn“) . . .
20
Soziale Marktwirtschaft zwischen
• „Ellbogen“ - Gesellschaft und
• „Sitzfleisch“ - Gesellschaft
Politische Wirklichkeit in der Vergangenheit:
• geschäftiger Aktivismus (Kommisionen, „Runde Tische“)
• aber: bei maximalen sozialen Betreuungsansprüchen -
alles beim alten lassen:
„Es muß dringend etwas geschehen –
aber es darf nichts passieren !“
„ Die Sozialpolitik kümmert sich um die Opfer, die sie selbst
verursacht“ (Georg Milbradt, MP von Sachsen)
21
Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorstOG):
Börsennotierte Unternehmen müssen ab 2006
Vorstandsbezüge individualisiert
im Jahresabschluß ausweisen.
Anspruchsdenken bei Managervergütungen:
Maßlosigkeit nicht gerechtfertigt, weil Manager
• Angestellte, nicht Selbständige (Risikoträger),
• nicht so leicht kündbar wie in USA,
• nicht so leicht zur Offenlegung der Gehälter bereit sind;
22
Betrug
„Brauchen Sie eine Rechnung, oder zahlen Sie bar ?“
„Schattenökonomie“, Ausweichwirtschaft, „moonlighting“:
vor der Finanzverwaltung bzw. Sozialversicherung
verheimlichte Umsätze, Arbeitsentlohnungen
• Schwarzarbeit:
für Auftragnehmer ist Brutto- = Nettovergütung,
Auftraggeber spart AG - Anteil zur Sozialversicherung,
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall u.a.
Beide Seiten haben Interesse an Schattengeschäften,
(daher die weite Verbreitung)
• Güterumsätze:
Brutto- = Nettoumsatz (keine MWSt),
attraktiv für Verkäufer und Käufer
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Geschätztes Volumen an Schwarzarbeit:
350 Mrd. €
entsprechend etwa 120 Mrd. € Ausfall
an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen
Anteil des in Schwarzarbeit erzeugten Sozialprodukts hat sich
von 5 % (1975) auf 15,6 % (2005) erhöht.
Hohe Abgabenbelastung und Lohnzusatzkosten
erhöhen den Anreiz zur Schattenwirtschaft:
Legale Maurerstunde kostet den Bauherrn ca. 40 €,
Nettostundenlohn des Maurers beträgt dagegen nur ca. 8 €
starker wirtschaftlicher Druck auf Bauherr und Maurer,
sich unmittelbar auf dem Schattenarbeitsmarkt,
irgendwo zwischen 8 € und 40 €, zu treffen.
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Managervergütungen als Aktienoptionen:
• zum Schutz des Aktionärsinteresses eingeführt,
• aber auch System der Selbstbereicherung:
bei (massiv) steigenden Kursen:
„Spirale der Gier“ („greed cycle“);
bei fallenden Kursen:
Versuchung - zur Bilanzfälschung (z.B. Enron)
- zum Mißbrauch des Insiderwissens
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Viele Spielarten von Betrug:
Bilanzfälschung, Insiderwissen, Steuerhinterziehung,
Versicherungsbetrug, Bestechung, Verfall der Zahlungsmoral,
geplanter Konkurs usw.,
bis hin zu Ladendiebstahl und Schwarzfahren
Jeder hat gute Argumente für Fehlverhalten:
• „Diese unbarmherzige Abgabenbelastung !“ (Schwarzarbeit)
• „Bei dieser mörderischen Konkurrenz !“ (Steuerhinterziehung)
• „Man bleibt ja sonst auf der Strecke !“ (Sozialhilfemißbrauch)
. . .
26
Die Wertekrise, z.B. Betrug, Anspruchsdenken,
hat die Wirtschaftskrise mitunterstützt.
Werteverfall:
• Ursache der Krise
• Folge der Politik
Niedrigere Hemmschwelle zum Betrug:
• durch Aushöhlung des Rechtssystems
(Rechtsprechung, Strafverfolgung),
• durch Bagatellisierung von Unrecht in
Erziehungswesen und Medienwelt
Aber die Wertekrise ist auch durch staatliche Politik
beschleunigt worden.
27
Höhere Neigung zum Betrug
durch Abgabenbelastung und Regelungsdichte:
Hoher Staatsanteil treibt Privatwirtschaft
in Halbwelt der Schattenökonomie.
Anspruchsdenken
durch falsche Anreize des Staates gefördert:
Wohlmeinende Großzügigkeit der Politik
läßt eigene Anstrengung erlahmen -
eine fatale Folge der Überversorgung.
Ludwig Erhard:
„Nichts ist unsozialer als der sogenannte Wohlfahrtsstaat,
der die menschliche Verantwortung erschlaffen
und die individuelle Leistung absinken läßt.“
28
Staat verstärkt den Werteverfall zweifach:
• wenn er zu viel fördert
(Überversorgung unterstützt das Anspruchsdenken)
• wenn er zu viel fordert
(Abgabenbelastung unterstützt den Betrug)
Und er muß mehr fordern, um mehr fördern zu können.
29
Wie muß man die Soziale Marktwirtschaft (SMW) beurteilen?
Bild der marktwirtschaftlichen Ordnung verzerrt:
• SMW verursacht Wertekrise:Unbehagen an Wettbewerbswirtschaft,durch Eigennutz in Schwung gehalten:- Unternehmen auf der Suche nach Marktchancen- Konsumenten auf der Jagd nach Schnäppchen- Arbeitnehmer mit einem Blick für attraktivsten Arbeitsplatz
• Moralische Entrüstung über Eigeninteresse als Motor der SMW:„Es muß doch auch eine Wirtschaftsordnung geben, die nicht vom Eigennutz lebt!“
30
Pragmatismus der SMW:
sieht den Menschen illusionslos
• eigeninteresse-, nicht fremdinteressegeleitet,
• egoistisch, nicht altruistisch
Karl R. Popper:
„Wenn der Himmel auf Erden errichtet werden soll, entsteht die Hölle.“
31
Moralische (begrenzte) Disziplinierung durch Wettbewerb:
Marktregeln, nicht moralische Imperative,
bewirken leidliches ethisches Ergebnis:
Belohnung desjenigen,
der etwas Besseres als der Wettbewerb bietet:
Qualität, Preise, Termine, Verläßlichkeit usw.
Nicht der moralische Appell,
sondern der marktliche „appeal“ (Überzeugungsfähigkeit)
ist Steuerungsinstrument der SMW
32
Anreizethik unverzichtbar für Großgesellschaft
(Volks-, Weltwirtschaft)
• tiefe Arbeitsteilung
• anonyme Austauschprozesse
versus face-to-face-Beziehungen in Kleingruppen(Familie, Freundeskreis, Dorf, Kirchengemeinde usw.)
Abstrakte, kalte Marktregeln zerstören warme Welt der persönlichen Beziehungen
Aber: Samariterverhalten zerstört auch Wirtschaftsordnung (Entwicklungshilfe!)
33
Zwar begrenzter moralischer Einfluß des Wettbewerbs,
aber: Anreizethik zu schwach
Wirtschaftsordnung muß sich auf Wertewandel einstellen,
zwar nicht Abschaffung, aber Bändigung des Eigennutzes:
• gegen Wertedefekte der Illegalität (z.B. Betrug):rechtliche Sanktionen, Medien-, Erziehungseinflüsse
• gegen Wertedefekte der Illegitimität (z.B. Anspruchsdenken):Anreize für Eigenengagement
Karl Schiller:
„Nicht . . . das marktwirtschaftliche Regelwerk, nicht der
Wettbewerb . . . tendieren zur Raffgesellschaft, sondern die Beschädigungen unserer Moralregeln sind das Problem.“
34
SMW als robuste Ordnung bewährt,
nüchternes Rechnen mit menschlichem Eigeninteresse
Ordnung nicht ausgehebelt,wenn Christen nicht (einseitig) durch Eigeninteresse,sondern durch biblische Maßstäbe motiviert werden.
Aber Belastung der Wirtschaftsordnung,wenn ursprüngliches Koordinatensystem von Werten unterstellt wird
Regelungen, die dem Werterahmen von 1949 entsprachen,sind nicht unbedingt für den Wertekodex 50 Jahre später angemessen.
35
Wertekrise mitverantwortlich für die Wirtschaftskrise:
Neben harten, ökonomischen Standortfaktoren
belasten weiche Ethik - Standortfaktoren
das Wirtschaftssystem
Nicht nur Lohnsätze und weltweiter Wettbewerb,
sondern auch Betrug und Anspruchsdenken
kosten Arbeitsplätze und staatliche Verschuldung:
Stabile Wirtschaftsbedingungen benötigen stabile Wertegrundlagen:
Wertschöpfung benötigt Wertschätzung
Die Wertekrise ist auch teuer.
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Rede zum Amtsantritt des 1. Bundespräsidenten, Theodor Heuss:
„Gerechtigkeit erhöht ein Volk“ (Sprüche 14, 34)
oder freier übertragen:
Werteorientierung bedeutet gesellschaftliche Belastbarkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Fortsetzung des Zitats:
„Gerechtigkeit erhöht ein Volk - aber die Sünde ist der Leute Verderben“
mit anderen Worten: vielleicht folgt einmal
• der Wertekrise eine Wirtschaftskrise,
• dem Verfall des ethischen Kurses
ein Verfall der ökonomischen Kurse,
• dem Gewissenseinbruch ein Gewinneinbruch,
• der Ethikkrise eine Erfolgskrise
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Untersuchung der Zusammenhänge zwischen
moralischen Grundlagen und wirtschaftlichen Ergebnissen
einer Gesellschaftsordnung
Max - Weber - These:
wirtschaftliche Stärke der westlichen Industrieländer mit christlichem
Ethos auf Basis der Reformation (Calvinismus) erklärt
Wirtschaftsethik auf Grundlage einer reformatorischen Glaubensprägung:
• Einsatzwillen, Leistungselan, unternehmerische Betätigung
• Sparsamkeit, Konsumverzicht
• Aufrichtigkeit, Verläßlichkeit
• karitatives Engagement
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Diese Werteordnung lebt nicht so sehr von
• materiellen Motivatoren (Einkommen, Macht) oder
• postmateriellen Motivatoren (Selbstverwirklichung, Anerkennung)
als vielmehr von Glaubensüberzeugungen jenseits von Erfolgsanreizen:
„Alles, was ihr tut,
das tut von Herzen als dem HERRN
und nicht den Menschen“
(Kolosser 3, 23)
Zwangskreislauf von natürlicher Motivation (Gewinn oder Sinn)
und Werteorientierung durchbrochen
natürliche „Kausalität“ :
• Wertebewußtsein, wenn persönlicher Vorteil
• Wertemißbrauch, wenn keine Sanktionen auf Fehlverhalten
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Anschauliche Beispiele in Geschichte für wirtschaftliche
Blüte einer christlich geprägten Gesellschaftsordnung
Aufnahme der aus Glaubensgründen in Frankreich verfolgten Hugenotten durch den Großen Kurfürsten (1685) in Brandenburg:
kultivierte, unternehmerisch talentierte Schicht,
deren Ansiedlung Brandenburg bzw. Preußen (1701)
gut bekommen ist:
• Gewerbeentwicklung (z.B. Textilmanufakturen),
• Bildungseinrichtungen (z.B. Schulsystem),
• Sozialwesen (z.B. Armenfürsorge)
„Er ist ein Hugenotte“:
Redensart in Preußen im 18. Jahrhundert:
Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit eines Geschäftspartners.
40
Ähnlich das Erziehungsmodell der Waisenhausarbeit
von August Hermann Francke in Halle (um 1700):
• Bildungsfreundlichkeit (z.B. Vorläufer der Realschule),
• Arbeitsethos,
• Handwerksförderung
des Hallenser Pietismus haben wirtschaftliche Leistungskraft
Preußens unterstützt
Langzeitwirkung von christlichen Wertefundamenten
auf die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaftsordnung
41
Ist das so unbestritten, daß ein biblischer Wertekompass
die wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftliche Leistungskraft
fördert?
Vielfache Alltagserfahrung:
„Der Ehrliche ist der Dumme“ (Ulrich Wickert)
Gedanke, der auch in der Bibel thematisiert wird:
„Ihr sagt: . . . ‘Was nützt es, daß wir sein Gebot halten ? . . .
Denn die Gottlosen gedeihen, und die Gott versuchen,
bleiben bewahrt‘.“
(Maleachi 3, 14 f.)
Kurzfristig, vielleicht in der Tat, ist der Ehrliche oft der Dumme,
aber über den Tageshorizont hinaus
ergibt sich eine andere Bewertung:
42
Viele alltägliche Erfahrungen im Wirtschaftsleben:
konsequente Verläßlichkeit und Wahrhaftigkeit bauen mit der Zeit
• ein Vertrauenspotential,
• einen Kundenruf,
• ein Firmenimage
auf (z.B. Terminzusagen, Qualitätsgarantien),
selbst wenn Konkurrenten zunächst einmal
durch einen laxeren Wahrheitsumgang
zu gewinnen scheinen
„Ihr werdet am Ende doch sehen, was für ein Unterschied ist
zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen,
zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient.“
(Maleachi 3, 18)
43
Fairness grundsätzlich möglich
3. Mose 25, 14-16:
„Wenn du nun deinem Nächsten etwas verkaufst
oder ihm etwas abkaufst,
soll keiner seinen Bruder übervorteilen . . .
Wieviel Jahre noch Ertrag bringen,
soll er dir‘s verkaufen.
Sind es noch viele Jahre,
so darfst du den Kaufpreis steigern;
sind es noch wenige Jahre,
sollst du den Kaufpreis verringern;
denn die Zahl der Ernten verkauft er dir.“
44
Wirtschaftsleben, Globalisierung
als positive Beispiele
in wirtschaftsbezogenen Gleichnissen benutzt
(z.B. „Perlenkaufmann“/ Matth. 13,45 f.
„Anvertraute Pfunde“/ Luk.19,11 ff.)
45
Sozialverpflichtung des Eigentums,
Soziales Netz durch Staat:
2. Mose 22, 20-26:
„ . . . Ihr sollt Waisen und Witwen
nicht bedrücken. . . .
Wenn du Geld verleihst
an einen aus meinem Volk,
an einen Armen neben dir,
so sollst du an ihm
nicht wie ein Wucherer handeln;
du sollst keinerlei Zinsen von ihm nehmen . . .“
46
Aber auch „Subsidiarität“
(Verpflichtung zur Hilfe in erster Linie
durch Nahestehende, z.B. Familie,
dann erst durch Fernstehende, z.B. Staat):
3. Mose 25, 25:
„Wenn dein Bruder verarmt
und etwas von seiner Habe verkauft,
so soll sein nächster Verwandter kommen
und einlösen, was sein Bruder verkauft hat . . .“
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- Reichtum, Besitz, Einkommen:
Bindung:
„Denn die da reich werden wollen,
die fallen in Versuchung und Stricke
und viele törichte und schädliche Lüste“
(1. Tim. 6,9)
Illusion von Sicherheit:
„Den Reichen in dieser Welt gebiete,
daß sie nicht stolz seien,
auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum,
sondern auf Gott.“
(1. Tim. 6,17)
48
Lifestylekonsum, Prestigeanschaffungen: Konsumherrschaft oder Kaufbewußtsein? „Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so lasset uns genügen.“ (1. Tim. 6,8)
Dankbarkeit statt Anspruchsdenken und Eigenleistungsdenken
5. Mose 8, 11-18:„So hüte dich nun davor,den HERRN, deinen Gott zu vergessen . . . Wenn du nun . . . schöne Häuser erbaust . . . ,dann hüte dich, daß dein Herz sich nicht überhebt . . . Du könntest sonst sagen in deinem Herzen:Meine Kräfte und meiner Hände Stärkehaben mir diesen Reichtum gewonnen.Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott;denn er ist‘s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen . . .“
49
Umgang mit wirtschaftlichen Einschränkungen
(Arbeitslosigkeit, Arbeitsmarktreformen, Zukunftsunsicherheit usw.):
• Lebensstil - Ansprüche überprüfen:
„Ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie ich‘s finde . . .
Ich kann beides: übrig haben und Mangel leiden.“ (Phil. 4,11-12)
• Geistliches „soziales Netz“ in der Gemeinde
„Einer trage des anderen Last!“ (Gal. 6,2):
Rückhalt zur Überwindung des Sozialneids
zur Resistenz des Konsumzwangs
Hilfe in akuter Not:
„Den Reichen gebiete, . . . daß sie Gutes tun, . . . gerne
geben . . . !“ (1. Tim. 6,17 f.)