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Lea Mertens:
Zentrale Wörter der Atomenergie-
Debatte vor und nach den Ereignissen von Fukushima. Eine
korpusbasierte Untersuchung.
© Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2012 Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften - Germanistik/Linguistik |Universitätsstraße 12, 45117 Essen | http://www.linse.uni-due.de Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion gestattet.
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1. Einleitung
Diese Arbeit geht von der grundlegenden Annahme aus, dass Sprache und
Gesellschaft eng miteinander verbunden sind. Die Sprache und ihre Verwendung
haben einerseits einen Einfluss auf die Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens,
während die Sprache sich andererseits mit den gesellschaftlichen Veränderungen
und Entwicklungen wandelt. Ein wesentlicher Bestandteil gesellschaftlichen
Lebens besteht in einer Reihe sozialer Handlungen, die durch die in einer
Gesellschaft lebenden Individuen mittels Sprache vollzogen werden.
Aus Sicht der pragmatisch orientierten Semantik werden mit Hilfe von Sprache
nicht nur Informationen übermittelt, sondern eine sprachliche Äußerung stellt
immer auch eine Handlung dar. Dies wird vor allem in gesellschaftlichen
Bereichen deutlich, die zum einen stark von Sprache geprägt sind, sich zum
anderen der Sprache bedienen. Dies gilt vor allem für politisches Handeln, denn
dieses wird vor allem mittels Sprache vollzogen werden; dazu gehören das
Debattieren, Verhandeln, Abgeben von Stellungnahmen, Halten von Reden,
Beraten, Formulieren von Gesetzentwürfen und ähnliches. In all diesen Fällen
wird deutlich, dass die Verwendung von Sprache an Handlungen geknüpft ist.
Wenn Sprechen bzw. Schreiben also Handeln ist, muss auch dem sprachlichen
Handeln eine Handlungsabsicht unterstellt werden. Es stellt sich also auch die
Frage danach, was der Sprachbenutzer mit seinem Sprachhandeln erreichen will.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Situation, also der Kontext, in dem eine
solche Handlung getätigt wird. Die situativen Bedingungen beeinflussen die
Ausgestaltung der sprachlichen Handlung. Auch die Wirkung auf die Rezipienten
ist unter dieser Perspektive von Interesse, denn (soziales) Sprachhandeln findet
nicht isoliert statt, sondern steht in einem Handlungskontext; es gehen ihm auf der
einen Seite Handlungen voraus, und auf der anderen Seite folgen weitere
Handlungen darauf. In diesem Zusammenhang ist die Feststellung, dass es nicht
möglich ist, sich nicht zu verhalten („Verhalten hat kein Gegenteil […]“
(Watzlawick/Beavin/Jackson, S. 58, Zeile 25)), entscheidend, welche letztlich
auch beinhaltet, dass es nicht möglich ist, nicht zu kommunizieren. Dies liegt
daran, dass jedes wahrgenommene Verhalten in der Regel interpretiert wird und
somit Kommunikation darstellt (vgl. Schröter/ Carius, S. 9, f.;
Watzlawick/Beavin/Lackson, S. 57, f.).
Kommunikation verläuft allerdings nicht immer reibungslos. In jeder Sprache gibt
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es Wörter, die in irgendeiner Weise erklärungsbedürftig sind. Dazu gehören
solche Wörter, deren intentionale Bedeutungen im reellen Sprachgebrauch
komplexer sind, als zunächst aus der Bedeutungsbeschreibung durch Lexika
ersichtlich ist. Bei jeder konkreten Verwendung eines solchen Wortes unterliegt
es stärker als andere Wörter der innovativen Reinterpretation und
Wiederbestimmung, ihm werden neue extensivierende oder einengende
Bedeutungsaspekte verliehen. Bestimmte Wörter, die im politischen Gebrauch
von Sprache auftauchen, weisen genau diese Eigenschaften auf. Als wichtige
Ursachen für eine derartige erhöhte Komplexität nennen Strauß, Haß und Harras
neben unterschiedlichen Wertsetzungen, die mit einem Wort zum Ausdruck
gebracht werden können, auch beschönigende oder übertragene Gebrauchsweisen.
Zudem spielen die generelle Vagheit bestimmter Lexeme sowie die Möglichkeit,
dass unterschiedliche Sachverhalte mit demselben sprachlichen Ausdruck belegt
sein können, eine Rolle. Auch die Verwobenheit eines Ausdrucks mit
fachsprachlicher Terminologie kann für das Verständnis problematisch sein, da
abweichende, teilweise wertende Gebrauchsweisen in der öffentlichen
Kommunikation bestehen können. Hinzu kommt das Problem, dass für das
Verstehen vieler Begriffe unterschiedliche Arten von Welt- und Kontextwissen
notwendig sind. Strauß, Haß und Harras bezeichnen Wörter, auf die diese
Eigenschaften zutreffen, als brisante Wörter. (vgl. El Bitawy, S. 1; Strauß/ Haß/
Harras, S. 9, f.)
In dieser Arbeit wird der Fokus auf einigen ausgewählten Wörtern, bzw.
lexikalischen Einheiten liegen, welche die Atomkraft-Debatte prägen. Einige der
untersuchten Lexeme sind in der Literatur bereits als brisante Wörter untersucht
und beschrieben worden. Da aber wie gesagt eine Wechselwirkung zwischen
Gebrauchsregeln einzelner Wörter und der Veränderung gesellschaftlichen Lebens
angenommen wird, ist diese Arbeit von der Annahme motiviert, dass auch über
relativ kurze Zeiträume sich ändernde Gebrauchsregeln nachweisen lassen. Da der
Wandel von Gebrauchregeln auch auf die Veränderung mentaler Einstellungen
zurückgeführt werden kann, sollten sich bestimmte Ereignisse der
außersprachlichen Welt auch auf die konkreten Sprachhandlungen und langfristig
möglicherweise auf die Bedeutungen auswirken. Diese (außersprachlichen)
Ereignisse müssen natürlich einen möglichst großen Anteil der Menschen in einer
Sprachgemeinschaft betreffen, ihre mentalen Einstellungen beeinflussen und
ihnen als derart bedeutsam erscheinen, dass sie an der gesellschaftlichen
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Kommunikation über das Ereignis teilnehmen (und sei es nur als Hörer bzw.
Leser). Dann kann man auch davon ausgehen, dass ein solches Ereignis
nachweisbaren Einfluss auf die Gebrauchsweisen bestimmter Wörter hat. In der
Atomkatastrophe von Fukushima, die am 9. März 2011 begann, wird ein solches
Ereignis vermutet.
Für die Untersuchung bedeutet dies, dass ein Vergleich von drei Sprachständen
angestrebt wird. Zunächst sind dafür die jeweiligen Sprachstände vor und nach
den Ereignissen von Fukushima im Sinne einer synchronen Sprachanalyse zu
beschreiben. Um den reellen Sprachgebrauch abbilden zu können, wird eigens für
diese Untersuchung ein Korpus erstellt. Leider kann nicht auf große, gut
annotierte Korpora wie das Korpus des IDS Cosmas II zurückgegriffen werden,
da der festgesetzte Betrachtungszeitraum in dem Korpus (noch) nicht abgedeckt
wird. Es kann aber auch Vorteile haben, ein Korpus eigens für eine bestimmte
Untersuchung anzulegen, denn in diesem Fall kann durch eine Vorauswahl der
Texte bzw. Textauszüge auch ein kleines Korpus den Anforderungen genügen.
Dabei ist jedoch zu bedenken, dass das Nichtvorkommen bestimmter Lexeme
oder Gebrauchsweisen, noch eher als in einem großen, unspezifischen Korpus,
keinen Rückschluss auf ein Nichtvorkommen im reellen Sprachgebrauch zulässt.
Der Zeitraum von je sechs Monaten vor und sechs Monate nach dem
einschneidenden Ereignis, für den die Untersuchung gemacht wurde, wurde nach
folgenden Überlegungen gewählt:
Er ist einerseits lang genug, um eine ausreichende Anzahl an leicht zugänglichen
Texten zu diesem Thema zusammenzutragen und zudem zu garantieren, dass alle
wichtigen Sprechergruppen Gelegenheit hatten, Anteil an der Diskussion zu
nehmen, und andererseits nicht so lang, dass die beobachtete Sprachverwendung
nicht mehr als synchron betrachtet werden kann. Eine beschreibbare Veränderung
im Sprachgebrauch einzelner Begriffe wird zwar innerhalb des untersuchten,
relativ kurzen Zeitraums erwartet, allerdings wird dabei unterstellt, dass die
zeitliche Dimension im Verhältnis zu einem einschneidenden, außersprachlichen
Ereignis bei der Veränderung eine untergeordnete Rolle spielt. Dies wird im
Laufe der Untersuchung zu zeigen sein. Zunächst wird also der Sprachstand zu
zwei gewählten „Zeitpunkten“, die hier je sechs Monate umfassen, beschrieben.
In einem zweiten Schritt werden die gewonnenen Ergebnisse miteinander
verglichen, so dass Aussagen über gegebenenfalls erfolgte Änderungen in den
Gebrauchsweisen getroffen werden können. Im letzten Schritt dienen die
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Ergebnisse aus einer Untersuchung von 1989 zu brisanten Wörtern von Strauß,
Haß und Harras als weitere Vergleichsgrundlage, da aus ihnen der Sprachstand im
Jahre 1989 abgeleitet werden kann.
Den theoretischen Rahmen dieser Arbeit bilden grundlegende Theorien zur
Semantik, dabei wird besonders auf die lexikalische Semantik näher eingegangen,
da sie die Bedeutungsbeschreibung von der Ebene der Lexeme aus vornimmt.
Dies entspricht der Konzeption dieser Arbeit, da auch hier von einzelnen zentralen
Begriffen, also Lexemen, als Untersuchungsgegenstand ausgegangen wird. Deren
Bedeutung zu einem bestimmten Zeitpunkt soll ähnlich einem Lexikonartikel
beschrieben werden. Allerdings liegt der Schwerpunkt der Beschreibung nicht auf
den denotativ-deskriptiven Bedeutungsaspekten, sondern auf den konnotativ-
deontischen und soziokulturellen Bedeutungsanteilen. Zudem sind die Fragen
nach sprechergruppen-spezifischen Verwendungsweisen und dem Einfluss des
Kontextes, in den ein Lexem eingebettet ist, vorrangig. Es sollen die Inhalte der
(erweiterten) Bedeutungsbeschreibung im Sinne einer Gebrauchsbeschreibung
dargestellt werden. In diesem Zusammenhang werden auch die pragmatische
Betrachtung von Sprache und die handlungstheoretische Semantik eine Rolle
spielen.
Der Begriff der Diskursanalyse ist wie viele andere Begriffe auch in der
Linguistik nicht unumstritten, und eine Festlegung erscheint schwierig. Mit Blick
auf den Nutzen und die Möglichkeiten, welche die unterschiedlichen
Begriffsauslegungen bieten, habe ich mich in dieser Arbeit für den Diskursbegriff
nach Busse und Teubert (Busse, Teubert, 1994) entschieden, der für diese
Untersuchung besonders geeignet erscheint.
Die Atomkraft-Debatte ist seit Jahrzehnten ein zentrales Thema der
gesellschaftspolitischen Kommunikation, wie linguistische Untersuchungen zu
diesem Thema zeigen (Haß 1989, Strauß, Haß, Harras 1989; Jung 1994a; Jung
1994b, Jung 1995). Da die Regierungen ihre politischen Entscheidungen immer
auf Grundlage von und mit Rücksicht auf den jeweiligen aktuellen
gesellschaftspolitischen Diskurs treffen müssen, ist es von jeher ein Bestreben der
politischen Handlungsträger, Einfluss auf den Diskurs zu nehmen. Dies tun sie in
der Regel mit bestimmten Sprachhandlungen. Daraus ergeben sich einige
Besonderheiten politischen Sprachgebrauchs, die ebenfalls kurz zusammengefasst
werden. Die Diskurse, welche gesellschaftspolitische Themen zum Inhalt haben,
sind gerade auch durch das Phänomen des Wortwandels geprägt. Am Schluss der
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theoretischen Überlegungen wird auf das Arbeiten mit Korpora eingegangen.
Die Analyse der Korpusdaten erfolgt in drei Schritten. Um zunächst den
Untersuchungsgegenstand endgültig festzulegen, wird eine Frequenzliste aus dem
Korpus extrahiert. Diese sollte dann die Begriffe enthalten, die einerseits typisch
für die Thematik und die Debatte sind und andererseits auch so häufig auftreten,
dass sie als zentrale Begriffe der Debatte bezeichnet werden können. Für die so
festgelegten Begriffe werden die Gebrauchsweisen einmal für den Zeitraum 11.
September 2010 bis 11. März 2011 und einmal für den Zeitraum nach der
Atomkatastrophe von Fukushima, nämlich 12. März 2011 bis 11. September 2011
beschrieben.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich mich entschieden, die Untersuchung,
ihre Ergebnisse und ihre Interpretation sowie auch den anschließenden Vergleich
nicht für alle Begriffe zusammenzufassen, sondern die Begriffe in Einzelartikeln
bzw. Gruppenartikeln zu behandeln. In diesen einzelnen Artikeln sind dann also
nicht nur, wie dies in einem Lexikon zu erwarten wäre, Angaben zur Bedeutung
und zu den Verwendungsweisen sowie den Sprechergruppen zu finden, sondern
auch die Daten aus der Korpusanalyse, aus denen die Ergebnisse abgeleitet
wurden. In den Artikeln wird auch der Vergleich zwischen den beiden
untersuchten Zeiträumen vorgenommen. In einem letzten Schritt werden diese
Ergebnisse zu jedem Begriff mit Ergebnissen aus anderen Untersuchungen (hier
vor allem Strauß, Haß, Harras 1989) abgeglichen. Einzelartikel werden für die
Begriffe erstellt, die keine besondere semantische Relation zu anderen zentralen
Begriffen aufweisen. In Gruppenartikeln werden dagegen Begriffe in einem
Artikel behandelt, die intensive Beziehungen zu anderen untersuchten Begriffen
aufweisen; so können die Begriffe inhaltliche Verwandtschaft aufweisen oder
Bezeichnungsalternativen darstellen. Gerade Bezeichnungsalternativen müssen
unter dem Gesichtspunkt der sprechergruppen-spezifischen Verwendungsweisen
genau analysiert werden, was die Behandlung von zwei oder mehreren solcher
Begriffe in einem Artikel sinnvoller erscheinen lässt.
Zusätzliche Erkenntnisse, die sich aus der Untersuchung ergeben könnten, oder
neue Hypothesen sollen neben einem kurzen Resümee im Fazit einen Platz finden.
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2. Lexikalische Semantik
Wörter werden als die kleinsten selbstständigen und damit grundlegenden
Einheiten der Sprache betrachtet. Nach der bilateralen Zeichenkonzeption von de
Saussure setzen sich Wörter aus zwei Komponenten zusammen: der Ausdrucks-
und der Inhaltsseite. Diese Verbindung ist untrennbar und arbiträr, also
weitgehend willkürlich, durch Konvention entstanden und geprägt. Die lautliche
oder schriftliche Realisierung eines Zeichens wird dabei als Ausdrucksseite
bezeichnet; die Inhalte stellen die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke dar. Zeichen
sind dabei wahrnehmbare Dinge, die etwas vermitteln, was an sich nicht
unmittelbar wahrnehmbar ist (vgl. Busse, D. (2009) S. 22 ff., de Saussure, F.
(2001), S. 76, ff.; Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 14 ff.).
Als Bedeutungen von Wörtern werden nach Schwarz und Chur an sprachliche
Ausdrücke gekoppelte konzeptuelle Informationseinheiten im Langzeitgedächtnis
verstanden (vgl. Busse, D. (2009), S. 33, f., Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 15).
Konzepte sind mentale Einheiten, die aus Erfahrungen mit der Umwelt entstehen.
Als Type-Konzepte repräsentieren sie Informationen über einzelne Gegenstände,
Personen oder Situationen. Im Langzeitgedächtnis wird neben diesem individuell-
episodischen Wissen auch kategoriales Wissen gespeichert. „Kategoriales Wissen
ist allgemeines Wissen über die Welt, Wissen über Klassen von Gegenständen.
Einheiten, die Informationen über ganze Klassen repräsentieren, werden als Type-
Konzepte bezeichnet.“ (Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 24, Z. 26-28) „Ein
Konzept für eine Art, oder ‚Kategorie‘, von Entitäten ist Wissen, das es uns
erlaubt, Entitäten dieser Art von Entitäten anderer Art zu unterscheiden. Man darf
ein Konzept nicht mit einer visuellen Vorstellung gleichsetzen.“ (Schwarz, M.;
Chur, J. (2004), S. 24, Z. 36 – S. 25, Z. 4) Die kognitive Fähigkeit der
Kategorisierung ermöglicht die Einordnung von Umweltreizen, ihre
Klassifizierung und Identifizierung; nicht zuletzt baut das Sprachsystem auf dieser
elementaren Fähigkeit auf und nutzt sie zum Kreieren von Bedeutungen. Beide
Gedächtnissysteme wirken wechselseitig aufeinander ein, wobei das kategoriale
Wissen zur Einordnung und Vernetzung von Token-Konzepten genutzt wird,
während das individuell-episodische Wissen die Type-Konzepte erweitert oder
modifiziert (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 24 f.).
Es handelt sich beim semantischen Wissen allerdings um implizites Wissen, das
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zwar bei Bedarf ganz automatisch angewendet wird, aber nur schwer sprachlich
formuliert, also explizit gemacht werden kann. In kommunikativen Situationen
läuft der Prozess der Bedeutungszuordnung weitgehend unbewusst, ähnlich einem
Reflex ab. Die Bedeutungszuordnung wird den Kommunikationspartnern selbst
nur selten bewusst oder sogar von ihnen im Gespräch thematisiert; dies ist meist
dann der Fall, wenn sich Verständnisschwierigkeiten ergeben, die metasprachlich
gelöst werden können (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 19 f.).
Das bilaterale Zeichenmodell beschreibt nur das Zeichen an sich, nicht aber seine
Beziehung zur Welt. Diese Beziehung kann mit der Erweiterung um die
Komponente Referent beschieben werden: Die Inhalte/Bedeutungen, welche an
den Ausdruck geknüpft sind, beziehen sich auf einen oder mehrere Referenten,
also auf ein Ding bzw. eine Entität oder mehrere. So ermöglicht die Bedeutung
Referenz zwischen Ausdruck und Gegenstand in der Welt (vgl. Schwarz, M.;
Chur, J. (2004) S. 22). Bedeutung und Referent müssen dabei unterschieden
werden, da in einigen Fällen Zeichen mit unterschiedlichen Bedeutungen
denselben Referenten haben. Man stelle sich ein (Streit-) Gespräch über eine
Person, ein Auto oder sonst etwas vor, wobei unterschiedliche Meinungen über
einen Referenten ausgetauscht werden.
Die angenommene Funktion von Zeichen ist eine kommunikative. Nach Karl
Bühler können dabei drei zentrale Funktionen beschrieben werden: das Zeichen
als Symptom, also Ausdruck von Empfindungen; das Zeichen als Signal, also als
Appell an den Hörer; das Zeichen als Symbol, also Darstellung eines
Sachverhaltes. Diese drei Funktionen sind meist in unterschiedlichen Anteilen in
einer sprachlichen Äußerung enthalten (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 23).
Obwohl nach Schwarz und Chur vor allem die Symbol-Funktion für die
lexikalische Semantik von Bedeutung ist, muss bei Äußerungen und Texten aus
Politik und Medien ein erheblich gesteigerter Anteil der Signal-Funktion
angenommen werden. Dieser Einfluss auf die Wortbedeutung bzw. auf die
Dekodierung durch die Hörer soll in Kapitel 5 „Politischer Sprachgebrauch“
untersucht werden.
Die lexikalische Semantik beschäftigt sich mit den wörtlichen,
kontextunabhängigen Bedeutungen. Diese Bedeutungsrepräsentationen sind im
mentalen Lexikon jedes einzelnen gespeichert und dürfen sich nur geringfügig
zwischen Kommunikationspartnern unterscheiden, damit eine Verständigung
möglich ist. Da sie sich aus den Type-Konzepten ableiten, ist die
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Übereinstimmung je nach Konzept unterschiedlich groß, besonders groß sind die
Unterschiede bei Abstrakta. Je nach Kontext und Kotext können die
Wortbedeutungen zwar mehr oder weniger stark variieren, sie behalten aber meist
zentrale Aspekte ihrer Bedeutung (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 17). Der
Kontext kann aber andererseits auch die wörtliche Bedeutung spezifizieren, so
dass die aktuelle Bedeutung im Sprechakt von den lexikalischen Bedeutungen und
dem Kontext bestimmt ist. Die lexikalische Bedeutung ist der Anteil der
Äußerung, der auf direkte Weise vermittelt wird, während die konversationellen
Implikaturen indirekte Bedeutungen sind. Diese können von der lexikalischen
Bedeutung weitgehend unabhängig sein und im Gegensatz zu ihr im Gespräch
zurückgenommen werden. (vgl. Busse, D. (2009), Seite 94, f., Schwarz, M.; Chur,
J. (2004), Seite 29). Dabei versucht die lexikalische Semantik, die
intersubjektiven Bedeutungsrepräsentationen zu ermitteln, wobei die aktuellen
Bedeutungen und individuellen Assoziationen eher von geringem Interesse sind
(vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004), S. 17). So kann auch die Arbeit mit Korpora,
also großen, anonymisierten Textmengen, gegenüber einer rein deduktiven
Vorgehensweise gerechtfertigt werden.
Die handlungstheoretische Semantik, die in ihren Ursprüngen auf Wittgenstein
zurückgeht, beschreibt eine Sprache als eine Reihe unterschiedlicher Sprachspiele.
Die Wörter werden danach in unterschiedlichen Handlungszusammenhängen in
unterschiedlichen Funktionen verwendet, daraus ergibt sich ihre Bedeutung. Es
werden Verwendungsregeln angenommen, welche die Sprecher nutzen, um die
Bedeutung sprachlicher Ausdrücke zu erlernen, zu modifizieren und zu verändern.
Der Fokus dieser Theorie liegt gerade auch auf der Kontextabhängigkeit, der
semantischen Unschärfe und der Verwendungsvielfalt von Wörtern. Diese
Aspekte der Wortbedeutung sind im Besonderen auch bei der Untersuchung von
Schlüsselwörtern, Stigma- oder Fahnenwörtern, in der Politik und von politischer
Sprache allgemein bedeutsam, wie noch in Kapitel 2.1 erläutert werden soll. Die
Bedeutungen sprachlicher Zeichen werden im sozialen Handeln deutlich. So muss
die Grenze zwischen Semantik und Pragmatik als fließend akzeptiert werden (vgl.
El Bitawy, M. (2004), S. 4 ff.). Für diese Untersuchung ergibt sich daraus, dass
der Autor bzw. die Sprechergruppe, deren Ansichten er wiedergibt, berücksichtigt
werden müssen, ebenso wie der unmittelbare Kontext und vorausgegangene
kommunikative Handlungen. Der Forderung, bei der Untersuchung politischer
Sprache die gesellschaftlichen und diskursiven Situationen und Abläufe zu
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beachten, kann die Arbeit mit annotierten Korpora in Teilen gerecht werden.
Besonders wichtig wäre, in diesem Zusammenhang das Korpus mit
Metainformationen zu Textherkunft, Autor und Datum der Veröffentlichung
anzureichern.
„Die Wortbedeutung wird als Vorgang des Bezugnehmens auf die Wirklichkeit
interpretiert, die die Menge der außersprachlichen Sachverhalte und Objekte
determiniert, die durch die Wörter bezeichnet oder unter ihnen subsumiert
werden.“ (El Bitawy, M. (2004), S. 15, Z. 18-21) Bedeutungen sind
konventionalisierte, immer wieder in konkreten Sprechakten wieder eingeführte
und somit erneuerte Einheiten. Sie können mit der relativen Konstanz, mit der
Zeichen verwendet werden, gleichgesetzt werden. Diese Konstanz ist relativ, weil
die Bedeutungen der Zeichen als geistige Einheiten an Sprecher und Hörer sowie
an Kommunikationssituationen gebunden sind (El Bitawy, M. (2004), S.15, f.).
„Die Darstellung des Bedeutungswandels ist zumeist eine Darstellung der
Geschichte von Zuständen und Veränderungen der Verwendungsregeln des
jeweiligen Wortes.“ (El Bitawy, M. (2004), S. 4, Z. 25-27) Sich wandelnde
Faktoren, die auf den Gebrauch von Wörtern einwirken können, sind unter
anderem: kognitive Entwürfe, materielle Entwicklungen, politische Verhältnisse
(vgl. El Bitawy, M. (2004), S. 6). Ich möchte an dieser Stelle auf medial
vermittelte Großereignisse verweisen, welche für die oben genannten Faktoren
ursächlich sein können. So stellt die Katastrophe von Fukushima ein derart
einschneidendes Ereignis dar, dass ein unmittelbarer Einfluss auf kognitive
Entwürfe und politische Verhältnisse beobachtet werden konnte. Dieser Einfluss
zeigt sich auch am veränderten Sprachgebrauch und möglicherweise auch im
Bedeutungswandel einzelner Wörter. Dies soll im Laufe dieser Arbeit untersucht
und exemplarisch für zwölf ausgewählte Wörter bzw. Wortfelder beschrieben
werden.
Als geistige Einheiten sind Bedeutungen der unmittelbaren Betrachtung nicht
zugänglich. Als Methoden stehen der Semantik die Introspektion, das Experiment
und die Paraphrase zu Verfügung. Die Introspektion, also die Analyse und
Reflexion der eigenen sprachlichen Intuition, kann entsprechend nur zu
subjektiven Erkenntnissen führen und unbewusste Prozesse nicht erfassen. Mit
Hilfe von experimentellen Verfahren, beispielsweise Informantenbefragungen,
können durch Introspektion gewonnene Erkenntnisse überprüft werden. Auch mit
Experimenten können Daten gesammelt werden, so dass je nach
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Versuchsanordnung bewusst, also auch durch Introspektion, erfahrbare
Kompetenzen abgefragt oder auch Rückschlüsse auf unbewusst ablaufende
Vorgänge gezogen werden können. Die Beschreibung von Bedeutungen kann
unterschiedlich erfolgen: Während die Beispielnennung und die Zerlegung in
Bedeutungsbestandteile oft schnell an ihre Grenzen kommen, kann mit der
Methode der Paraphrase die Wortbedeutung zumindest umschrieben werden.
Dabei wird die Bedeutung eines Wortes durch andere Wörter beschrieben, welche
allerdings wiederum erklärungsbedürftig wären (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004)
S. 34 f.). Die Wortbedeutung durch Äquivokation zu bestimmen, hat auch in der
Psychologie, der Philosophie und der Soziologie Tradition (vgl. Bitawy, M.
(2004), S. 15). Ein Problem der Linguistik im Allgemeinen besteht darin, dass sie
nicht, wie etwa die Mathematik, über zwei getrennte Sprachen verfügt, sondern
Metakommunikation und Kommunikation sich letztendlich nur der natürlichen
Sprache bedienen können (vgl. Watzlawick, P.; Beavin, J.; Jackson, D. (2011),
Seite 47 f.). Insgesamt ergibt sich aus dem Bestreben der Semantik, mit dem Geist
etwas über den Geist zu erfahren, also ein Zirkelschluss (vgl. Schwarz, M.; Chur,
J. (2004) S. 34 f.). Es ist meines Erachtens also nicht sinnvoll, künstliche
Metasprachen zur linguistischen Beschreibung heranzuziehen.
Neben der Wortbedeutung untersucht die lexikalische Semantik auch die
Sinnrelationen zwischen Wörtern. Die Art der Beziehung zwischen einzelnen
Wortbedeutungen wird genauer analysiert; diese kann dann beispielsweise als
semantisches Feld beschrieben werden. Auch der Kontext spezifiziert die
Bedeutung von Wörtern, dabei kann es zu starken Differenzen zwischen der
lexikalischen Bedeutung und den aktuellen Bedeutungen im Kontext kommen
(vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 18). Da der Kontext eine entscheidende
Rolle für die Verschiebung von Wortbedeutungen spielt, ist seine Analyse ein
entscheidender Bestandteil der Korpusrecherche. Hier wird besonders nach
Lexemen gesucht, die überdurchschnittlich häufig mit dem zu untersuchenden
Wort auftreten, den so genannten Kollokationen bzw. Kookkurrenzen. Es gilt nun
zu untersuchen, ob es Lexeme oder semantische Felder gibt, welche die
Wortbedeutung auf eine spezifische Weise verändern; dies ist dann jeweils im
Kontext zu überprüfen.
2.1 Politischer Sprachgebrauch
In der politolinguistischen Forschung werden vor allem autosemantische Wörter
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betrachtet, die für politische Kommunikation typisch zu sein scheinen. Es muss
allerdings beachtet werden, dass es sich nicht um eine festgelegte Teilmenge von
Lexemen handelt. Gerade im Sprachbereich der politischen Auseinandersetzung,
welche vor allem auch an politische Laien gerichtet ist und über die Medien
ausgetragen wird, sind die verwendeten Wörter stärker themengebunden (vgl.
Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 16). Die politische Semantik beschäftigt sich
also nicht mit allgemeinsprachlichen Bedeutungen, welche oft relativ zeitstabil
sind. Im Fokus der Untersuchungen liegen vielmehr die „[…] relativ zum
entsprechenden Diskurs changierenden Bedeutungen von (Schlag-)Wörtern im
politischen Sprachgebrauch.“ (Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 26, Z. 1-3).
Bei Schlagwörtern handelt es sich um Lexeme, die über einen bestimmten
Zeitraum hinweg in öffentlicher politischer Kommunikation häufig auftreten, mit
denen „… oft ein ganzes politisches Programm kondensiert erfasst und
gleichzeitig die positive oder negative Einstellung gegenüber dem bezeichneten
Programm transportiert wird.“ (Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 20, Z. 18-20).
Man darf sie also keineswegs als Worthülsen betrachten, vielmehr haben sie eine
komplexe Bedeutungsstruktur, aus der sie ihr Wirkungspotential beziehen (vgl.
Klein, J. (1989), S. 12, Naser Shrouf, A. (2005), S. 32). Sie vereinfachen zum
einen die Kommunikation über komplexe Sachverhalte, haben also einen
programmatischen Gehalt, zum anderen haben sie auch einen Meinungsgehalt:
Der Sachverhalt wird gleichzeitig vor dem Hintergrund einer bestimmten
Zielvorstellung bewertet.
Schlagwörter sind häufig gruppengebunden. Dienen sie vor allem der positiven
Selbstdarstellung und Profilbildung, nennt man sie Fahnenwörter. Auch
Stigmawörter sind gruppengebunden; sie haben die Funktion, eine konkurrierende
politische Gruppierung negativ zu bewerten. Versuche, bestimmte Schlagworte
für die eigene politische Gruppe zu beanspruchen oder Gegenentwürfe zu
Fahnenwörtern anderer politischer Gruppen zu machen, lassen sich immer wieder
beobachten. Als Instrumente der politischen Beeinflussung erfüllen sie einen
Mobilisierungszweck, der nicht als manipulierend, sondern als demokratie-
erhaltend betrachtet werden kann (vgl. Naser Schrouf, A. (2005), S.
33).Schlagworte werden auch gezielt von Sprechergruppen verändert bzw. neu
geschaffen, um auf die Äußerungen von konkurrierenden politischen Gruppen
reagieren zu können. Um noch einmal die Waffenmetaphorik zu bemühen: Es
findet ein andauerndes Wettrüsten statt. Ein weiterer Indikator für semantische
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Konkurrenz sind die sogenannten Sprachthematisierungen. Dabei wird ein von
einer politischen Sprechergruppe verwendetes Schlagwort selbst zum Gegenstand
der Auseinandersetzung. Diese Metakommunikation hat zum Ziel, die eigene
Perspektive auf den Sachverhalt mittels Sprachregelung zu stärken bzw. die des
politischen Gegners zu schwächen (vgl. Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 30 f.,
Strauß, G.; Haß, U.; Harras, G. (1989), S. 32 ff.).
2.2 Bedeutungswandel
Die Tatsache, dass zwischen einem Wort und seiner Bedeutung kein direkt-
kausales Verhältnis besteht, ermöglicht den Bedeutungswandel, denn so kann ein
Lexem mehrere Bedeutungen tragen und neue Verwendungsweisen übernehmen.
Zu den bestehenden Gebrauchsregeln kommen weitere hinzu, oder bestehende
Gebrauchsregeln werden weniger frequentiert und fallen schließlich weg; dies
kann als extensiver bzw. reduktiver Bedeutungswandel bezeichnet werden (vgl. El
Bitawy, M. (2004), S. 51; Keller, R.; Kirschbaum, I. (2003), S. 101).
Bei der Differenzierung oder Bedeutungsverengung nimmt die Menge der
möglichen Denotate ab; die Menge der essentiellen Merkmale wird gleichzeitig
größer. Die neue Bedeutung steht also zu der alten Bedeutung in der semantischen
Relation der Hyponymie. Wird ein Ausdruck metaphorisch gebraucht, überträgt
man Merkmale eines anderen Konzepts auf das mit dem Ausdruck bezeichnete
Konzept. Ein Ausdruck wird in der Kommunikation aber erst als metaphorisch
interpretiert, wenn dem Rezipienten der wörtliche Sinn unter den gegebenen
Äußerungsumständen irrational erscheint und er annehmen muss, dass der
Sprecher diesen auch nicht intendiert hat. Die Voraussetzung dafür ist
gemeinsames (Welt-)Wissen. Der metaphorische Gebrauch von Sprache ist selbst
noch kein Bedeutungswandel. Dieser liegt erst vor, wenn die Metapher
lexikalisiert, also „[…] zu einer sprachlichen Bedeutung verregelt […]“ (Keller,
R.; Kirschbaum, I. (2003), S. 36) wurde. Auch hier kann die alte Bedeutung neben
der neuen erhalten bleiben. Das metonymische Verfahren ist ein weiteres
wichtiges Verfahren, um neue Sinnvarianten zu erzeugen. Während bei der
Metapher eine Beziehung zwischen verschiedenen Konzepten hergestellt wird,
wird hier die Bedeutung innerhalb eines häufig recht komplexen Konzeptes
verschoben (vgl. Keller, R.; Kirschbaum, I. (2003), S. 15 ff.).
Keller und Kirschbaum weisen darauf hin, dass Sprecher dazu neigen, „… den
Gebrauch eines mehrdeutigen Wortes in einer seiner Bedeutungen zu vermeiden,
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wenn sie mögliche Missverständnisse antizipieren.“ (Keller, R.; Kirschbaum, I.
(2003), S. 101) Dadurch können bestimmte Bedeutungsvarianten sehr schnell aus
dem Sprachgebrauch und somit auch aus der Sprache verschwinden.
In Sprachgemeinschaften gibt es bestimmte Sprechergruppen, Themen und
Kommunikationsformen, die auffällig häufig semantische Innovationen
herbeiführen. Dazu gehören auch soziale und politische Themen. In ihnen finden
individuelle, gruppenspezifische oder institutionelle Festlegungen statt, durch die
neue Konzepte, also Auffassungen von der Welt, geschaffen werden. In diesem
Zusammenhang finden auch sprachnormative oder sprachplanerische Eingriffe
statt (vgl. El Bitawy, M. (2004), S. 59 ff.).
2.3 Diskursbegriff und Diskursanalyse
Unter dem Begriff „Diskurs“ verstehen Busse und Teubert „[…] im
forschungspraktischen Sinn virtuelle Textkorpora, deren Zusammensetzung durch
im weitesten Sinne inhaltliche (bzw. semantische) Kriterien bestimmt wird.“
(Busse, D.; Hermanns, F.; Teubert, W. (1994), S. 14, Z. 1-3). Die Texte können
sich dabei mit einem als Forschungsgegenstand gewählten Thema,
Wissenskomplex oder Konzept, befassen und/oder sie stehen in einem
gemeinsamen Zusammenhang bezüglich Aussage, Kommunikation, Funktion
oder Zweck. Weiterhin müssen sie den durch den Forschungsrahmen gesetzten
Eingrenzungen in Hinblick auf Zeitraum, Areal, Gesellschaftsausschnitt,
Kommunikationsbereich und Texttypik entsprechen. Auch Texte, die durch
explizite oder implizite Verweise aufeinander Bezug nehmen und so einen
intertextuellen Zusammenhang bilden, gehören dem Diskurs an. Reale Korpora
stellen nur Auszüge dieser Diskurse dar, da sie nur eine begrenzte Teilmenge des
Diskurses enthalten. Für Busse und Teubert steht bei der Diskursdefinition also
das Forschungsinteresse des Wissenschaftlers im Mittelpunkt (vgl. Busse, D.;
Hermanns, F.; Teubert, W. (1994), S. 14 f.; Jung, M. (1994b), S. 60).
Entsprechend setzt die Konstitution eines Diskurses bereits
Interpretationshandlungen seitens des Forschers voraus. Busse und Teubert
machen aber deutlich, dass dies auch für die lexikalische Semantik gilt, deren
Forschungsgegenstand keineswegs eindeutig bestimmbar ist, sondern ebenfalls in
seiner Deutung vom Forschungsinteresse abhängt (vgl. Busse, D.; Hermanns, F.;
Teubert, W. (1994), S. 16).
Das sprachwissenschaftliche „[…] Interesse an Diskursen entspringt der Absicht,
16
die sprachlichen Manifestationen alternativer Sichtweisen und
Vorstellungswelten, Gedanken- und Bedeutungsparadigmen, der epistemischen
Voraussetzungen und Leitelemente, die das Thema bzw. den
Untersuchungsgegenstand bestimmen, ausfindig zu machen, zu dokumentieren
und zueinander in Beziehung zu setzen.“ (Busse, D.; Hermanns, F.; Teubert, W.
(1994), S. 18, Z. 19-23) Als möglichen Zugang nennen sie die Analyse von
Lexemen in ihren kontextabhängigen Verwendungsweisen. Dabei können
Phänomene wie begriffliche Äquivalenz oder Bedeutungswandel (siehe Kapitel 5)
ermittelt und für die weitergehende Diskursanalyse genutzt werden. Die
Wortanalyse kann aber immer nur ein Teil der Diskursanalyse sein (vgl. Busse,
D.; Hermanns, F.; Teubert, W. (1994), S. 18).
Nach dem Diskursverständnis von Busse und Teubert kann auch die Atomkraft-
Debatte im Rahmen einer Forschungsarbeit mit entsprechender Zielsetzung als
Diskurs bezeichnet werden. Es ist dann unter anderem Ziel einer solchen
Untersuchung nachzuweisen, dass zwischen den ausgewählten Texten, die für den
Diskurs repräsentativ sein sollen, eine Reihe von semantischen Beziehungen
bestehen. Ein Nachweis solcher semantischer Netze kann möglicherweise in
dieser Arbeit erbracht werden. In diesem Zusammenhang kann die vorliegende
Arbeit ihrer Ausrichtung nach als Diskursanalyse betrachtet werden, auch wenn
der Fokus primär auf den zentralen Lexemen der Debatte liegt. Über die
Beschreibung der Verwendungsweisen, Frequenz und gegebenenfalls
Veränderungen der zentralen Begriffe in den beiden untersuchten Zeiträumen
hinaus sollen aber auch Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden mentalen
Konzepte gezogen werden. Auch Jung bedient sich in seiner historisch sehr breit
angelegten Arbeit dieses Diskursbegriffs (vgl. Jung, M. (1994a), S. 12 f.).
2.4 Korpuslinguistik
In der Wissenschaft gibt es grundsätzlich zwei Herangehensweisen, eine stark
theoriegeleitete und eine stärker empirisch geprägte. Die Korpuslinguistik ist
dabei eine Forschungsrichtung, in der Wissenschaftler mit einer enormen Menge
an authentischen Sprachdaten empirisch arbeiten kann. Damit lässt sich der
tatsächliche Sprachgebrauch betrachten und beschreiben. Gegenüber anderen
Zugängen zu empirischem Material handelt es sich tatsächlich um authentischen,
weitgehend unreflektierten Sprachgebrauch. Bei Sprecherbefragungen,
Fragebögen und den meisten Experimenten kann man solche Daten nicht
17
gewinnen; zudem sind diese Vorgehensweisen auch sehr aufwendig und die
gesammelten Daten sind dementsprechend weniger umfangreich (vgl. Scherer, C.
(2006) S. 1 f.).
Lemnitzer und Zinsmeister definieren ein Korpus als Sammlung schriftlicher oder
gesprochener Äußerungen, die typischerweise digitalisiert sind. Die Bestandteile
des Korpus sind Texte, welche aus den Daten selbst bestehen und gegebenenfalls
aus Metadaten, welche die Daten beschreiben, sowie aus linguistischen
Annotationen, die den Daten zugeordnet sind. Eine solche Textsammlung kann
zufällig entstanden oder Resultat sorgfältiger Planung sein (vgl. Lemnitzer, L.;
Zinsmeister, H. (2006), S. 7).
Scherers Definition für den Begriff (Text-)Korpus ist enger gefasst: „Ein Korpus
ist eine Sammlung von Texten oder Textteilen, die bewusst nach bestimmten
sprachwissenschaftlichen Kriterien ausgewählt und geordnet werden.“ (Scherer,
C. (2007), S. 3) Unter Texten werden hier nicht nur schriftsprachliche
Äußerungen verstanden, sondern auch mündliche Äußerungen wie Vorträge,
Radiosendungen, Telefongespräche oder Alltagsgespräche. Der Zweck eines
Korpus besteht darin, einen Ausschnitt der Sprache zu repräsentieren, die man
untersuchen möchte. Je nach Untersuchungsgegenstand und Fragestellung können
auch kleine Korpora recht zuverlässige Aussagen ermöglichen. Die Bedingung
dafür ist, dass die zu untersuchenden sprachlichen Elemente in ausreichender Zahl
vorkommen. Neu angelegte Korpora sind heute in der Regel elektronische
Korpora, die mit Hilfe eines Computers ausgelesen und mit Hilfe spezieller
Analyseprogramme bearbeitet werden können und so einfacher zu handhaben sind
(vgl. Scherer, C. (2007), S. 3 ff.).
Bei der Untersuchung von Sprache mit Hilfe von Korpora kann man zwischen
drei unterschiedlichen Ansätzen unterscheiden.
Der korpusbasierte, quantitative Ansatz ist ein extrem empiristisch geprägter
Forschungsansatz, bei dem aus nicht linguistisch annotierten Korpora quantitative
Daten gewonnen werden. So können absolute und relative Häufigkeiten von
Zeichenketten ermittelt und in eine Rangfolge gebracht, zu der Anzahl der Texte
in Beziehung gesetzt und untereinander bezüglich Häufigkeit oder gemeinsamen
Vorkommens verglichen werden. Das n-Gramm-Verfahren ermöglicht durch
Analyse der Vorkommenshäufigkeit von Untereinheiten linguistischer Einheiten,
formähnliche Wörter in Anfrage und Text aufeinander abzubilden (vgl.
Lemnitzer, L.; Zinsmeister, H. (2006), S. 33 ff.).
18
Der korpusbasierte, quantitativ-qualitative Ansatz ist dem zuvor beschriebenen
sehr ähnlich. Das Korpus bildet die einzige Ausgangsbasis für die linguistische
Untersuchung. Das Ziel liegt in der Beobachtung und Beschreibung von reellem
und damit kontextgebundenem Sprachverhalten. Allerdings bleiben die aus dem
Korpus extrahierten Daten nicht uninterpretiert. Den größten Nutzen hat dieser
Ansatz in der Lexikographie, der Übersetzungswissenschaft für den
Sprachunterricht und auch für sprachkritische Untersuchungen erbracht (vgl.
Lemnitzer, L.; Zinsmeister, H. (2006), S. 36 f.).
Bei korpusgestützten Ansätzen dienen die im Korpus enthaltenen Daten nicht
dazu, eine Theorie aus ihnen abzuleiten, sondern nur als zusätzliche Quelle der
Evidenz. Das Korpus an sich ist nicht von Interesse, sondern darin wird gezielt
nach syntaktischen Konstruktionen gesucht, die Voraussagen aus einer Theorie
bestätigen oder widerlegen sollen. Diese syntaktischen Konstruktionen sind aber
häufig so komplex, dass die meisten Korpusabfragesprachen dem nicht
gewachsen sind (vgl. Lemnitzer, L.; Zinsmeister, H. (2006), S. 37).
In dieser Arbeit wird der korpusbasierte, quantitativ-qualitative Forschungsansatz
verfolgt. Zum einen soll reelle Sprachverwendung untersucht werden, ohne dass
zuvor unnötige Einschränkungen getroffen werden, zum anderen eröffnen sich
durch die gewonnenen Daten möglicherweise ganz neue Denkansätze, die aus
dem eigenen Sprachverständnis nicht abgebildet werden können und die deshalb
unberücksichtigt bleiben würden.
Die Grundvoraussetzung für die Anerkennung von Forschungsergebnissen als
wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Nachprüfbarkeit und Reproduzierbarkeit;
beides kann ein Korpus in vielen Fällen leisten (vgl. Lemnitzer, L.; Zinsmeister,
H. (2006), S. 10).
3. Korpusrecherche und Interpretation der Ergebnisse
Der Fokus dieser Arbeit liegt also auf den zentralen Begriffen der Atomkraft-
Debatte, wie sie zwischen dem 11. September 2010 und dem 11.Semptember
2011 im medial vermittelten Sprachgebrauch verwendet wurden und wie sie sich,
möglicherweise durch die Ereignisse von Fukushima beeinflusst, verändert haben;
das Korpus enthält für diese Untersuchung Texte, die zwischen dem 28.10.2010
und dem 30.10.2011 veröffentlicht wurden. Für die Untersuchung der einzelnen
19
Begriffe werden zunächst zwei Teilkorpora gebildet; im Abschnitt 3.1 wird der
Aufbau des Korpus näher erläutert. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der
leichteren Nachvollziehbarkeit habe ich mich entschlossen, die einzelnen Begriffe
in eigenen Artikeln zu beschreiben, wobei auf eine kurze Darstellung der
Rechercheergebnisse zunächst deren Interpretation und dann der Vergleich der
gewonnenen Ergebnisse folgen. In einem letzten Schritt möchte ich die
Ergebnisse meiner Untersuchung mit den in „Brisante Wörter von Agitation bis
Zeitgeist“ von Haß dargestellten Untersuchungsergebnissen zum Themenbereich
„Umwelt“ aus dem Jahr 1989 vergleichen (soweit dies möglich ist). Die einzelnen
untersuchten Begriffe werden nach dem Vorbild der oben genannten
Untersuchung teilweise zu Gruppenartikeln zusammengefasst, um weitgehend auf
Verweise zwischen den Artikeln verzichten zu können. Auf eine alphabetische
Sortierung der Artikel wird verzichtet, da die Zahl recht übersichtlich ist und
inhaltliche Kriterien sowie die absolute Häufigkeit im Korpus eine Rolle spielen.
Artikel, die besonders geläufige Begriffe bezeichnen, sollen dabei am Anfang
stehen, Artikel zu spezifischeren Begriffen dagegen am Schluss. Zur leichteren
Orientierung sind die einzelnen Artikel im Inhaltsverzeichnis aufgeführt. Die
Belege zu den einzelnen Artikeln sind im Anhang zu finden; die Nummerierung
ist fortlaufend und orientiert sich an der Reihenfolge der Artikel; nach jedem
Begriff wird auf die zugehörigen Belege verwiesen.
3.1 Das Korpus
Die Grundlage für das Erstellen eines Korpus ist eine wissenschaftliche
Fragestellung, aus der hervorgehen muss, was der Untersuchungsgegenstand ist,
in welcher Varietät er untersucht werden soll, welcher Zeitraum berücksichtigt
werden soll und welche sprachlichen Einheiten und Strukturen für die
Fragestellung relevant sind. Der Gegenstand dieser Untersuchung sind die
zentralen Begriffe der Atomkraftdebatte, also vor allem auch die sogenannten
Schlagworte (siehe Kapitel 4.1). Als Ausschnitt aus der Sprachwirklichkeit wird
die durch die Presse medial vermittelte politische Auseinandersetzung im Sinne
eines erweiterten Politikverständnisses nach Schröter und Carius gewählt. Dies
hat verschiedene Gründe: Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass in der
medial vermittelten politischen Auseinandersetzung Schlagwörter und daran
gekoppelte persuasive Absichten noch deutlicher zu Tage treten als beispielsweise
in Bundestagsreden oder parteiinternen Debatten. Zum anderen ermöglicht die
20
leichtere Zugänglichkeit zu diesen Texten nicht nur eine ökonomische
Arbeitsweise, sondern garantiert einer breiten Leser- und Hörerschaft, an einer
solchen Debatte (zumindest passiv) teilzuhaben. Da im Rahmen dieser
Untersuchung auch der mögliche Bedeutungswandel von einzelnen Lexemen
betrachtet werden soll, spielt die Größe der Leser- bzw. Hörerschaft durchaus eine
Rolle, denn nur intensiv gebrauchte (und rezipierte) Verwendungsweisen haben
auch die Chance, einmal lexikalisiert zu werden. Dafür werden Artikel aus den
online verfügbaren Archiven der Wochenzeitung ‚Die Zeit’ (www.zeit.de) und der
Nachrichtenmagazine ‚Der Spiegel’ (www.spiegel.de), ‚Der Stern’
(www.stern.de) und ‚Focus’ (www.focus.de) sowie aus zwei bekannten
Tageszeitungen, nämlich ‚Die Welt’ (www.welt.de) und ‚Bild’ (www.bild.de),
herangezogen. Die Texte wurden den aufgeführten Internetauftritten der Magazine
bzw. Zeitungen zwischen dem 28.10.2011 bis 30.10.2011 entnommen.
Der Zeitraum der Untersuchung ist durch ein Ereignis, dessen einschneidender
Charakter auch für den Sprachgebrauch angenommen wird, in zwei
Untersuchungszeiträume getrennt. In Folge der Atomkatastrophe von Fukushima,
die von einem Erdbeben am 9.März 2011 und einem darauf folgenden Tsunami
ausgelöst wurde, fand in der deutschen Energiepolitik eine anscheinend
endgültige Abkehr von der Atomkraft als Energiequelle statt. Diese war zwar
bereits im Jahr 2000 von der rot-grünen Regierung durch ein Verbot des Neubaus
von Atomkraftwerken und eine Begrenzung der Laufzeiten bis zum Jahr 2022
beschlossen worden. Die schwarz-gelbe Regierung unter Kanzlerin Merkel
forderte jedoch im Herbst 2010 immer wieder eine Verlängerung der Laufzeiten
von Atomkraftwerken. Diese wurde am 28.10.2010 im Bundestag mit der elften
Änderung des Atomgesetztes beschlossen. Erst die Atomkatastrophe von
Fukushima verlagerte den Inhalt der Atomkraft-Debatte von einer Verlängerung
der Laufzeiten auf eine Beschleunigung des im Jahr 2002 erneuerten
Atomgesetzes, auch als Atomkonsens bezeichnet, festgeschriebenen
Ausstiegsplans. Schließlich traf die schwarz-gelbe Regierung im März 2011 die
Entscheidung, die Laufzeit aller deutschen Atomkraftwerke stufenweise bis 2022
zu beenden. Dazu wurde im Juni 2011 vom Deutschen Bundestag das 13. Gesetz
zur Änderung des Atomgesetzes beschlossen. Der Einfluss der Ereignisse von
Fukushima auf die Einstellungen und das Denken der Menschen in Deutschland
ist unbestritten; es stellt sich aber die Frage, ob sich ein derartiger Umbruch in
Einstellungen und Denken auch in der Sprachverwendung niederschlägt. Dies soll
21
an den zentralen Begriffen untersucht werden. Dafür muss wie im Kapitel 3.5.
bereits angedeutet, die Synchronie der Diachronie vorausgehen, wobei der
Zeitraum vom 11. September 2010 bis zum 11. März 2011, also sechs Monate vor
Fukushima, einem entsprechend großen Zeitraum nach dem entscheidenden
Ereignis, also der 12. März 2011 bis 11. September 2011, gegenübergestellt
werden. Der Untersuchungszeitraum nach dem Ereignis beginnt erst mit dem
12.März, weil erst zu diesem Zeitpunkt die nukleare Katastrophe medial bekannt
wurde. Die Resultate sollen noch mit Ergebnissen aus einer anderen
Untersuchung (Strauß, G; Haß, U.; Harras, G. (1989), S. 397-557) verglichen
werden. Es wäre dabei interessant, den Einfluss von Großereignissen mit dem
verändernden Einfluss großer Zeiträume, in diesem Fall über 20 Jahre, zu
vergleichen.
Um ein einerseits aussagekräftiges und andererseits handhabbares Korpus zu
erhalten, werden ca. 200 Texte mit je mindestens 150 laufenden Textwörtern
ausgewählt. Je 100 Texte davon wurden aus dem Zeitraum vom 11. September
2010 bis 11. März 2011 (Teilkorpus 1) bzw. aus dem Zeitraum 12. März 2011 bis
11.September 2011 (Teilkorpus 2) ausgewählt. Die Auswahl erfolgt gemäß
inhaltlichen Kriterien, wie oben in Kapitel 2 erklärt. Im Teilkorpus 1 sind je 15
Texte, die von „Stern“, „Welt online“, „Bild“, „Focus“ und „Spiegel online“
veröffentlicht wurden, und 25 Texte aus dem Internetauftritt der Wochenzeitung
„Zeit online“ enthalten. Das Teilkorpus 2 besteht aus ebenfalls 100 Texten, in
gleicher Verteilung.
Die einzelnen Texte werden mit Metadaten zu Quelle und Datum der
Veröffentlichung versehen, um sie bei den folgenden Analysen entsprechend
einschätzen zu können und die Belege eindeutig zu kennzeichnen. Auf eine
Annotation des Korpus wird verzichtet; es ergibt sich dabei jedoch die
Schwierigkeit, dass bei allen untersuchten Lexemen alle grammatischen
Kategorien des Wortes berücksichtigt oder aber einige begründet ausgeschlossen
bzw. hervorgehoben werden. Dazu werden die Suchbegriffe so eingegeben, dass
die flexionsbedingt abweichenden Endungen durch die Eingabe ‚*’ ersetzt sind;
so werden vom Analysetool alle Wortformen im Korpus gesucht, die mit der
eingegebenen Buchstabenfolge beginnen.
Zur Analyse des Korpus wird das Korpusanalysetool Antconc verwendet, das im
Internet kostenlos verfügbar ist (www.antlab.sci.waseda.ac.jp/software.html) und
alle wichtigen Analysefunktionen zur Verfügung stellt.
22
3.2 Auswahl der untersuchten Lexeme
Im Rahmen dieser Arbeit habe ich mich für ein korpusbasiertes Vorgehen
entschieden, was auch Auswirkungen auf das Vorgehen bei der Auswahl der zu
untersuchenden Begriffe hat. Diese sollten idealerweise nicht ausschließlich aus
der Sprachwahrnehmung der forschenden Person abgeleitet werden, sondern auch
aus empirischen Untersuchungen. Dazu dient hier das Gesamtkorpus: Mit Hilfe
der Wortliste, in der die Wortform-Types nach ihrer absoluten Häufigkeit im
Korpus sortiert werden, können die Begriffe ausfindig gemacht werden, die
besonders oft im Korpus vorkommen. Aus dieser Liste werden die Begriffe
ausgewählt, die für die Thematik typisch sind und dabei häufig im Korpus
vorkommen. Es kann dann angenommen werden, dass diese Begriffe im
untersuchten Diskurs eine wichtige Rolle spielen. Natürlich muss diese
Interpretation auf Grundlage der Sprachwahrnehmung des Forschenden
stattfinden.
Die Auflistung der Wortform-Types nach ihrer absoluten Häufigkeit im Korpus
ergab wie erwartet, dass die oberen 50 Ränge weitgehend von Wortformen
verschiedener Funktionswörter besetzt waren. Auch Parteinamen wie Grüne oder
CDU nahmen einen hohen Rang in der Liste ein. Ab dem Rang 62 traten die
ersten Wortform-Types auf, die in einem thematisch anders gestalteten Korpus
nicht (in dieser Zahl) zu erwarten wären und die somit als typisch für die
Atomkraft-Debatte angesehen werden können (siehe Anhang: Wortliste des
Gesamtkorpus). Dazu zählen beispielsweise Atomkraft auf Rang 62 mit 227
Einzeltreffern, Atomausstieg auf Rang 70 mit 197 Treffern, Atomkraftwerke auf
Rang 78 mit 169 Treffern und viele mehr. Im Folgenden werden die
Zusammenstellungen der einzelnen Artikel einzeln begründet, wobei auch der
Ranglistenplatz und die Trefferzahl der Wortform-Types angeführt wird, die zum
jeweiligen Artikel angeregt haben.
Der Artikel Atomkraft wird mit den Begriffen Atomenergie, Rang 144 mit 94
Treffern, und Kernenergie, Rang 145 mit ebenfalls 94 Treffern, sowie Kernkraft
mit 33 Treffern auf Rang 446 zu einem Gruppenartikel zusammengefasst, da es
sich bei diesen Begriffen um Alternativbezeichnungen handelt. Die denotativ-
deskriptiven Bedeutungsaspekte dieser vier Begriffe sind weitgehend identisch;
23
die Tatsache, dass diese vier Begriffe dennoch nebeneinander existieren, weist
darauf hin, dass sie sich in anderen Bedeutungsaspekten unterscheiden.
Das Lexem Atomausstieg, das als dieses Wortform-Type mit 197 Treffern Rang
70 belegt, soll zusammen mit den Lexemen Energiewende, Rang 89 mit 145
Treffern, und Energiekonzept mit 39 Treffern auf Rang 372 in einem
Gruppenartikel behandelt werden. Dabei ist zu diesem Zeitpunkt allerdings noch
nicht klar, ob einige Bedeutungsvarianten von Energiekonzept und Energiewende
Bezeichnungsvarianten für Atomausstieg sind.
Besonders auffällig war die Vielzahl der Bezeichnungsvarianten für
Atomkraftwerk, als Wortform-Type Atomkraftwerke auf Rang 78 mit 169
Treffern. Neben dem daraus gebildeten Akronym AKW auf Rang 79 mit 168
Treffern traten auch die Bezeichnungen Meiler, Rang 112 mit 117 Treffern, das
Kurzwort für Atommeiler, Rang 340 mit 42 Treffern, und Kernkraftwerk, als
Wortform-Type Kernkraftwerke mit 47 Treffern auf Rang 306, und auch das
Lexem Reaktor auf Rang 395, 37 Treffer, auf. Das Akronym von Kernkraftwerk
(KKW) kommt im Korpus nicht vor und wird somit nicht berücksichtigt.
Mit einem seiner Wortform-Types auf Rang 113 und 116 Treffern scheint auch
der Begriff Laufzeitverlängerung einer der zentralen Begriffe der Atomkraft-
Debatte zu sein. Er soll in einem Einzelartikel behandelt werden.
Auch der Begriff Castor wird in dieser Untersuchung berücksichtigt, da das
Wortformtype Castor mit 114 Treffern den Rang 117 einnimmt. Es ist im
Folgenden zu prüfen, ob die Häufigkeit (einigermaßen) gleichmäßig auf die
beiden Teilkorpora verteilt ist und ob auch hier mögliche Unterschiede bei den
signifikanten Kollokationen ausfindig zu machen sind. Im gleichen Artikel wird
auch Atommüll, Rang 196 mit 74 Treffern, behandelt, da es sich bei einem Castor
um einen Spezialbehälter zum Transport hoch-radioaktiver Abfälle handelt.
Auf Rang 210 ist der Eigenname Fukushima zu finden, dazu gibt es 70 Treffer.
Das Lexem ist jedoch polysem, neben der Region nördlich von Tokio kann damit
auch auf den dort stehenden Kernreaktor oder auf die nukleare Katastrophe Bezug
genommen werden. Dies soll im Folgenden näher untersucht werden. Mit den
Begriffen Katastrophe, Rang 466 mit 31 Treffern, und GAU, der nicht unter den
ersten 500 Rängen der Wortliste gefunden werden konnte, soll Fukushima in
einem Gruppenartikel behandelt werden.
Bei den Begriffen Endlager, das auf Rang 277 mit 51 Treffern zu finden ist, und
Zwischenlager, mit 48 Treffern auf Rang 302, erscheint vor allem der
24
Wortbildungsstamm –Lager interessant. Hier ist auch darauf einzugehen, dass die
Alternativbezeichnung Entsorgungspark, die im Schlagwörterbuch „Brisante
Wörter von Agitation bis Zeitgeist“(1989) von Strauß, Haß und Haaras noch
aufgeführt war, im Korpus nicht auftaucht.
Auch der Begriff erneuerbare Energien scheint in der Atomkraft-Debatte, wie sie
durch das Korpus abgebildet ist, eine wichtige Rolle zu spielen. Auf Rang 72
befinden sich mit 195 Treffern das Wortform-Type Energien und auf den Rängen
148 und 267 mit 93 bzw. 53 Treffern verschiedene grammatische Formen des
Lexems erneuerbar. Ob diese Lexeme wirklich zusammen im Begriff
erneuerbare Energien auftreten, soll im Wortartikel geklärt werden. Der Begriff
der alternativen Energien soll dagegen gestellt werden. Auch der Begriff
Ökostrom soll berücksichtigt werden, auch wenn er mit nur 18 Treffern nicht als
zentraler Begriff bezeichnet werden kann.
Auf Rang 365 steht mit 40 Treffern das Wortform-Type Risiken. Hier erscheint
zunächst erstaunlich, dass der bekannte Begriff Restrisiko nur sieben Mal im
Korpus zu finden ist. Im Wortartikel sollen beide Begriffe gegeneinander
abgegrenzt und die Dominanz des Ausdrucks Risiken erklärt werden.
In einem Einzelartikel wird der Begriff der Brückentechnologie behandelt. Er ist
(als dieses Wortform-Type) zwar nur mit 19 Treffern im Korpus enthalten,
allerdings scheint der Begriff insofern interessant zu sein, als er eine Metapher ist.
Ob die Verwendungsweisen in der Atomkraft-Debatte immer auf die Atomenergie
bezogen sind, soll in der Analyse geklärt werden.
Am Anfang der Analyse sollen die Wortbildungseinheiten Atom-/atom- und Kern-
/kern- bezüglich ihrer Produktivität betrachtet werden. Interessant sind hier vor
allem solche Komposita, die nicht oder nur selten mit Atom-/atom- statt Kern-
/kern- gebildet werden oder umgekehrt.
3.3 Atom-/Kern-, atom-/kern- Die Suchanfrage atom* zu der Wortbildungseinheit Atom-/atom- ergab für das Teilkorpus 1895 Treffer. Auf den ersten Blick sind in der KWIC-Anzeige zahlreiche Wortbildungen zu sehen. In der Cluster-Anzeige mit einer gewählten Größe von zwei können Kollokationen und Wortbildungen mit Atom-/atom- betrachtet werden, die nach ihrer absoluten Häufigkeit geordnet sind. Darunter sind folgende Wortbildungen zu nennen: Anti-Atomkraft-Bewegung (5 Treffer), Atomaufsicht (10 Treffer), Atomausstieg (44 Treffer), Atomdeal (13 Treffer), Atomenergie (36 Treffer), Atomgesetz (39 Treffer), Atomindustrie (18 Treffer), Atomlobby (3 Treffer), Atomkraft (106 Treffer), Atomkraft-Gegner (66 Treffer), Atomkraftwerke (110 Treffer), Atomkompromiss (12 Treffer), Atomkonzerne (17 Treffer), Atomlaufzeiten (25 Treffer), Atommeiler (27 Treffer), Atommüll (63 Treffer), Atommüll(end)lager (7 Treffer), Atommüll-Transport (10 Treffer), Atompaket (4 Treffer), Atompolitik (30 Treffer) und viele mehr. Unter den signifikanten Kollokationen sind Atomkraft auf Rang drei, Atomkraftwerke auf Rang vier Atommüll auf Rang
25
neun und Atomkraftgegner auf Rang 13 zu nennen. (Siehe dazu Anhang 2) Im Teilkorpus 2 ergab die Suchanfrage atom* 804 Treffer; auch hier sind wieder zahlreiche verschiedene Wortbildungen zu beobachten. Besonders häufige Wortbildungen sind: Anti-Atom(kraft)-Bewegung (12 Treffer), Atomausstieg (198 Treffer), Atomenergie (57 Treffer), Atomindustrie (8 Treffer), Atomlobby (3 Treffer); Atomkatastrophe (12 Treffer), Atomkonzerne (12 Treffer), Atomkraft (122 Treffer), Atomkraftgegner (20 Treffer), Atomkraftwerk (109 Treffer), Atom-Moratorium (9 Treffer), Atompolitik (15 Treffer), Atomsteuer (6 Treffer), Atomstrom (24 Treffer), Atomzeitalter (5 Treffer). Zu der Suchanfrage anti-atom* wurden 24 Treffer gefunden; darunter auch Anti-Atom-Aktivisten, Anti-Atom-Protest, Anti-Atom-Organisation, Anti-Atom-Stimmung. Die Ergebnisse der Korpusrecherche zeigen, dass Atom-/atom- eine äußerst
produktive Wortbildungseinheit im Atomkraft-Diskurs ist. Dabei ergibt sich aus
den Rechercheergebnissen beider Teilkorpora, dass Atom- vor allem von
Sprechern benutzt wird, die den damit gekennzeichneten Sachverhalt als
gefährlich, durch wirtschaftliche Interessen fehlgeleitet und aus Gründen des
Umwelt- und Bürgerschutzes moralisch nicht verantwortbar darstellen möchten.
Diese Wortbildungseinheit enthält also eine starke negative
Bedeutungskomponente; Wortbildungen wie Atomdeal, Atomlobby, Atommüll und
die Wortbildungen mit Anti- zeigen deutlich die Werthaltung.
Im Teilkorpus tritt noch ein weiterer Begriff auf, der in diese Reihe einzufügen
ist: Atomkatastrophe lässt schließlich keinen Zweifel an der Haltung des
Sprechers. Aber auch der Begriff Atomzeitalter ist, wie der Kontext zeigt, ‚etwas,
das es zu beenden gilt’ und ‚über dessen Ende man nur erleichtert sein kann’
(„Die Grünen streben an, das Atomzeitalter in Deutschland in der kommenden
Legislaturperiode zu beenden.“ (Spiegel online, 18. 03.2011). (Siehe dazu Belege
1 bis 3)
Die Suchanfrage kern* liefert dagegen nur 106 Treffer im Teilkorpus 1. Es konnten folgende Wortbildungen ermittelt werden: Kernbrennstoff (2 Treffer), Kernbrennstoffsteuer (3 Treffer), Kernenergie (21 Treffer), Kernforschungsprojekt (1 Treffer), Kernforschungszentrum (2 Treffer), Kernkraft (11 Treffer), Kernkraftgegner (11 Treffer), kernkraftkritisch (1 Treffer), Kernkraft-Sommer (2 Treffer), Kernkraftwerk (42 Treffer), Kernreaktor (2 Treffer), Kernschmelze (1 Treffer), Kernspaltung (1 Treffer) Für das Teilkorpus 2 ergibt die gleiche Suchanfrage 167 Treffer. Auffällige Wortverbindungen waren dabei: Kernbrennstoff (2 Treffer), Kernbrennstoffsteuer (2 Treffer), Kernenergie (73 Treffer), Kernkraftgegner (6 Treffer), Kernkraftnutzung (1 Treffer), Kernkraftwerk (43 Treffer), Kernkraftwerkbefürworter (2 Treffer), Kernschmelze (2 Treffer), kerntechnisch (3 Treffer). Die Wortbildungseinheit Kern-/kern- ist dagegen stärker an Ausdrücke des
technischen Bereichs gebunden, wie aus den Wortbildungen Kernbrennstoff,
Kernschmelze und kerntechnisch abgeleitet werden kann. Sie ist dabei eher positiv
wertend bis wissenschaftlich neutral. Allerdings kann Kern- auch von Sprechern
benutzt werden, um die Unangemessenheit von Protesten zu betonen, so
kernkraftkritisch, Kernkraftgegner, Kernkraft-Sommer (siehe dazu Belege 4 bis
26
6). Das Lexem Kernenergie scheint infolge der Ereignisse von Fukushima eine
deutliche Wiederbelebung erfahren zu haben, siehe dazu Kapitel 3.4.
Im Vergleich der beiden Wortbildungseinheiten kann für die Ergebnisse von Haß
aus dem Jahr 1989 zu den Wortbildungseinheiten Atom-/atom- und Kern-/kern-
gesagt werden, dass sie die Verwendung auch heute noch treffend beschreiben.
Während Atom- besonders abwertend und vor allem von linksliberal
einzustufenden Sprechern gebraucht wird, ist Kern- eher aufwertend gemeint und
wird vor allem von Befürwortern dieser Energietechnik und von Experten auch in
fachsprachlichen Ausdrücken verwendet. Auch das starke Überwiegen von
Wortbildungen mit Atom- im Gegensatz zu Kern- in Texten der öffentlich-
politischen Kommunikation kann anhand der absoluten Trefferzahlen bestätigt
werden.
3.4 Atomkraft/Atomenergie/Kernkraft/Kernenergie Im Teilkorpus 1 ergab die Suchanfrage nach dem Wortformtype Atomkraft 106 Treffer, wobei Texte aus Focus online seltener vertreten sind als die übrigen Quellen. Es wurden insgesamt 105 Cluster bei einer Clustergröße von zwei Tokens gefunden; besonders häufig sind die Cluster Atomkraft-Gegner, Anti-Atomkraft, gegen Atomkraft mit einer absoluten Anzahl von mindestens acht im Teilkorpus. Die Kollokationsanalyse ergab als signifikante Kollokationen die Präposition gegen, das Nomen Gegner, das Wortbildungsmorphem Anti- sowie die Partikel nein; daneben sind noch weitere Kollokationen zu nennen: Sicherheit, Schluss, Bewegung, protestieren und Großdemonstration, die jeweils zwei bis drei Mal in der Nähe von Atomkraft auftreten. Für das Teilkorpus 2 wurden 122 Treffer angezeigt. Auch hier finden sich wieder die Cluster Anti-Atomkraft, Atomkraft-Bewegung und ohne Atomkraft. Die Wörter gegen, Anti-, Bewegung, ohne, nein und Schluss sind als signifikante Kollokationen zu bezeichnen. Der Vergleich zwischen den beiden Teilkorpora ergibt, dass das Lexem Atomkraft
im Teilkorpus 2 geringfügig häufiger verkommt. Auffällig sind die Ergebnisse aus
der Kollokationsanalyse: Die Kollokationspartner Gegner sowie Sicherheit und
Großdemonstration kommen im Teilkorpus 2 nicht mehr vor, dafür erscheint
ohne häufiger in Verbindung mit Atomkraft. Der Begriff ist zwar immer noch
stark negativ konnotiert bzw. wird mit der gegen diese Technologie gerichteten
Bewegung verbunden, bestimmte Cluster scheinen andere aber verdrängt zu
haben. So scheint die Anti-Atomkraft-Bewegung ein weitgehend feststehender
Begriff zu sein. Dies könnte dafür sprechen, dass die damaligen Gegner der
Atomkraft sich nun als Bewegung verstehen und auch von außen als solche
betrachtet werden. Mit diesem Wechsel ist natürlich eine enorme Aufwertung
verbunden, denn der Begriff Bewegung lässt sich mit Fortschritt und
Rechtmäßigkeit verbinden, während die Wortverbindungen Atomkraft-Gegner
oder gar Anti-Atomkraft-Aktivisten deutlich negativer konnotiert sind. (Siehe dazu
27
Korpusbelege 7-12.)
Die Suche nach Atomenergie ergab 37 Treffer im Teilkorpus 1. Als signifikante Kollokation sind das Nomen Nutzen und die Präposition gegen zu nennen. Weitere Kollokationen sind Brückentechnologie, protestiert und Übergangsnutzung. Im Teilkorpus 2 kommt das Lexem dagegen 57 Mal vor. Auffällig war die hohe Frequenz des Clusters Atomenergie aussteigen, welches so fünf Mal im Korpus auftritt. So zählt aussteigen auch zu den signifikanten Kollokationen. Im Vergleich der Rechercheergebnisse zeigt sich, dass bestimmte Kollokationen
nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Korpus nicht mehr auftreten. Da
das Lexem aber sogar häufiger geworden ist, kann angenommen werden, dass der
Begriff der Atomenergie in den letzten sechs untersuchten Monaten im Diskurs
mit anderen Themen in Verbindung gebracht wurde als vorher. Wie die nicht
mehr nachweisbare Kollokation zu Brückentechnologie zu erklären ist, soll unten
im Abschnitt 3.13 erläutert werden. Es scheint aber, dass Atomenergie im
Teilkorpus 2 eher mit einem Ausstieg (und seinen möglichen Problemen)
assoziiert wird als mit Protesten, die dies fordern; sie als Übergangslösung zu
bezeichnen ist nicht mehr möglich. (Siehe dazu Belege 13 bis 16) Das Lexem Kernkraft ist elf Mal im Teilkorpus 1 zu finden. Als inhaltlich auffällige Kollokationen können Nutzung, und Kohle betrachtet werden. Mit 22 Treffern ist Kernkraft im Teilkorpus 2 stärker vertreten. Signifikante Kollokationen sind nicht auszumachen. Auch wenn der Begriff Kernkraft im Teilkorpus 2 häufiger vertreten ist, scheint er
dort unspezifischer verwendet zu werden als im Teilkorpus 1. Hier verhält es sich
ähnlich wie bei dem Begriff Kernenergie: Kernkraft wird nicht länger als
‚zukunftsfähige Alternative’ betrachtet, sondern es wird vor allem die Problematik
eines Ausstiegs aus der Kernenergie mit dem Begriff verknüpft. Die
Herausstellung der aktuellen Bedeutung dieser Technologie für die
Energiewirtschaft dient hier letztlich dazu, den Ausstieg aus der Atomenergie, der
nicht mehr zu verhindern ist, in die Länge zu ziehen (siehe dazu Belege 17 bis
20). Im Teilkorpus 1 kommt der Begriff Kernenergie 21 Mal vor. Bedeutsame Kollokationen sind Nutzung und Deutschland. Auch bei diesem Lexem ist die absolute Anzahl, nämlich 73 Treffer, im zweiten Teilkorpus höher. Die Cluster Kernenergie aussteigen und Kernenergie auszusteigen sowie ohne Kernenergie weisen leicht erhöhte Frequenzen auf; in der Kollokationsanalyse zeigt sich, dass sie auch signifikante Kollokationen sind; eine weitere interessante Kollokation bildet das Wort unumkehrbar. Es zeigt sich ein ähnliches Bild wie schon bei Atomenergie und Kernkraft.
Während der Ausstieg bis zu den Ereignissen von Fukushima umstritten war, steht
28
seitdem nur die Frage zur Diskussion, wie dieser zu bewerkstelligen ist (siehe
dazu Belege 21 bis 23).
Im Vergleich der Bezeichnungsalternativen untereinander kann festgehalten
werden, dass Atomkraft besonders von solchen Sprechergruppen verwendet wird,
welche den damit bezeichneten Sachverhalt negativ darstellen möchten und dazu
auch Slogans wie „Atomkraft? Nein danke.“ (Stern 26.03.2011) nutzen. Der
Begriff wird aber auch zur Bezeichnung von Personen (-Gruppen) verwendet, die
der Nutzung der Atomenergie kritisch gegenüber stehen. Auch wenn die
Sicherheit dieser Technologie in Frage gestellt wird, tritt der Begriff Atomkraft
häufiger auf als bei den Bezeichnungsalternativen.
Diese sind bei Weitem nicht so negativ konnotiert, sondern können (vor allem
Kernenergie und Atomenergie) in einer breiteren Bedeutung gebraucht werden.
Für sie alle ist auch die Kollokation Nutzen typisch, die bei Atomkraft so nicht zu
finden ist. Kernkraft ist unter den Bezeichnungsalternativen am deutlichsten
positiv konnotiert und wird dementsprechend auch bevorzugt von
Sprechergruppen gewählt, die dieser Technologie gegenüber positiv eingestellt
sind.
Diese Untersuchungsergebnisse entsprechen im Wesentlichen auch denen aus der
Untersuchung von U. Haß (siehe Strauß, G.; Haß, U.; Harras, G. (1989)). Der
Begriff der Atomkraft wird allerdings nicht länger als unangemessen oder gar
falsch betrachtet. Der durch die Ereignisse von Fukushima ausgelöste Prozess des
Umdenkens schlägt sich auch in der Sprache nieder, wie die teils stark
veränderten Kollokationspartner zeigen: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist
nicht mehr umstritten, sondern nur noch der Weg, um dieses Ziel zu erreichen.
3.5 Atomkraftwerk/AKW/Kernkraftwerk/Meiler/Reaktor Im Teilkorpus 1 ergibt die Suchanfrage nach dem Begriff Atomkraftwerk, für den die Eingabe als Atomkraftwerk* erfolgte, 135 Treffer. Mit einer Frequenz von zwölf ist deutschen Atomkraftwerke das auffälligste Cluster. Bei der Kollokationsanalyse tritt deutschen jedoch erst auf Rang neun auf. Die Verbindung zwischen den Wörtern Atomkraftwerk und Laufzeitverlängerung kommt relativ zur Anzahl der einzelnen Wörter häufiger vor. Dies liegt auch daran, dass die Lexeme deutsch und Deutschland ohnehin recht häufig im Korpus vertreten sind, wie die Wortliste aus dem Gesamtkorpus ergeben hat. Deutschland nimmt dementsprechend auch Rang 16 ein. Davor, auf Rang 13, findet man den Begriff Laufzeitverlängerung, der in einem eigenen Artikel behandelt wird. Auch die Wortform-Types auf den Rängen 22, bauen mit sechs Treffern, und 47, gefährden mit drei Treffern, sind für die Beschreibung der Gebrauchsweisen zu berücksichtigen. Die Gesamttrefferzahl im Teilkorpus 2 mit 111 etwas geringer; in ihrer Häufigkeit besonders auffällige Cluster sind deutschen Atomkraftwerke und acht Atomkraftwerke. Diese Wörter tauchen auch als Kollokationsparnter auf den Rängen fünf und elf wieder auf. Mit sechs Treffern befindet sich der Begriff Netz auf Rang 16. Kollokationen mit geringerer Stärke sind stilllegen, abschalten
29
und Laufzeiten. Der Vergleich zwischen den Daten zeigt, dass sich der Kontext, in dem das Wort
verwendet wird, aufgrund äußerer Bedingungen stark verändert hat. Während die
Daten und Belege aus dem Teilkorpus 1 darauf hindeuten, dass die Gefährlichkeit
dieser Technologie betont und zu Protest aufgefordert wird, zeigen die Belege im
Teilkorpus 2, dass die Diskussion um die Beherrschbarkeit dieser Technologie
weitgehend beendet ist und nur noch die Art und Weise eines Ausstiegs aus der
Kernenergie zu diskutieren ist. Der Begriff Atomkraftwerk scheint indes bei
Weitem nicht so negativ konnotiert zu sein wie erwartet; auch die erwartete
Produktivität bei der Wortbildung ist nicht nachzuweisen (siehe Belege 24 bis 29). Die Suchanfrage nach dem Akronym AKW ergab im Teilkorpus 186 Treffer. Auch hier ist eine der signifikanten Kollokationen Laufzeiten, auf Rang drei mit 28 Treffern. Auch Verlängerung auf Rang acht und Laufzeitverlängerung auf Rang 12 sind aus der Analyse von Atomkraftwerk bekannt. Aber auch Anti und Bewegung, die Rang fünf bzw. sechs einnehmen, zählen eindeutig zu den signifikanten Kollokationen. Auch die Ortbezeichnungen Krümmel, Rang 13, Brunsbüttel, Rang 24, kommen als Kollokationen vor. Inhaltlich interessant sind auch die Kollokationen auf den Rängen 21, Pannen, und 22, Gegner. In den Einzelbelegen zeigt sich, dass AKW scheinbar bevorzugt zur Kompositabildung herangezogen wird. Es finden sich Zusammenstellungen wie AKW-Streit, AKW-Laufzeitverlängerung, Pannen-AKW, AKW-Renaissance und viele mehr. Die absolute Trefferzahl ist im Teilkorpus 2 höher, sie beträgt 102. Unter den Kollokationen befinden sich in diesem Teilkorpus Anti (Rang vier) und Bewegung (Rang 6) auf den vorderen Plätzen. Auch abschalten ist noch als signifikante Kollokation zu nennen. Aus den Belegen gehen wiederum innovative Wortbildungen hervor, so beispielsweise AKW-Wrack, Stand-By-AKW, Uralt-AKW. Der Nutzen von Kurzwörtern kann zum einen darin bestehen, beim Sprechen Zeit
zu sparen, die Aussprache komplizierter Begriffe zu vermeiden, oder zum anderen
auch in der Verschleierung oder Hervorhebung seiner Bedeutung oder bestimmter
Bedeutungsaspekte. Im Fall von AKW zeigen sich mehrere dieser Effekte
nebeneinander. Zunächst scheint die Kürze des Begriffs ihn für die Bildung von
Komposita zu prädestinieren, viele der Komposita sind jedoch als stark wertend
einzustufen wie beispielsweise Pannen-AKW oder auch Uralt-AKW. Nicht zuletzt
zeigt auch die Nähe zu der Wortbildungseinheit Anti und dem Wort Bewegung die
bevorzugte Verwendung des Begriffs mit negativer Konnotation. Ein erkennbarer
Unterschied zwischen den Verwendungsweisen vor und nach Fukushima besteht
in dem fast völligen Fehlen der Kollokationspartner Laufzeit,
Laufzeitverlängerung und Verlängerung, die teilweise auch zur Bildung von
Komposita mit AKW gebraucht worden waren (siehe dazu Belege 30 bis 36). Das Lexem Kernkraftwerk kommt 42 Mal im Teilkorpus 1 vor. Die Kollokationsanalyse ist bei Weitem nicht so ergiebig wie bei den bisher untersuchten Lexemen dieses Artikels; nur die Kollokation Laufzeitverlängerung, die mit drei Treffern immerhin noch Platz zwölf erreicht, kann
30
als signifikant betrachtet werden. Die übrigen Ränge sind weitgehend von Funktionswörtern besetzt. (Siehe dazu Belege 37 bis 40) Im Teilkorpus 2 ist Kernkraftwerk 44 Mal vertreten. Die signifikanten Kollokationen sind acht auf Rang sechs, abgeschaltet auf Rang sieben und verbleibenden auf Rang acht. Auffällig ist auch der Begriff Kaltreserve mit zwei Treffern, der bis jetzt noch gar nicht als Partnerwort auftrat. Der Begriff Kernkraft scheint nach den Ergebnissen der Korpusrecherche kein
besonders stark wertender Begriff zu sein. Auch die Belege zeigen, dass
zumindest keine ausgeprägte negative Konnotation zu finden ist. Im Teilkorpus 2
zeigt sich deutlicher, dass der Begriff eher positive deontische Bedeutungsaspekte
enthält. Er wird meist in Kontexten benutzt, in denen die aktuelle Bedeutung der
Atomkraft für die Energieversorgung herausgestellt wird (siehe dazu Belege 37
bis 40). Im Teilkorpus 1 ist das Lexem Meiler 38 Mal und Atommeiler 27 Mal enthalten; die Suchanfrage *Meiler* ergibt aber noch das Kompositum Pannenmeiler. Auffällige Kollokationen sind Netz auf Rang sechs, Weiterbetrieb auf Rang 14 sowie Uralt und umstrittene auf den Rängen 15 bzw. 16. Unter den Clustern wird schließlich das Kompositum Uralt-Meiler aufgeführt. Dieselben Suchanfragen ergeben im Teilkorpus 2 zusammengezählt deutlich mehr Treffer, nämlich 93 für Meiler* und 23 für Atommeiler*. Als signifikante Kollokation ist wieder Netz zu nennen. Auf Rang zehn mit 18 Treffern steht der Eigenname Krümmel, darauf folgt abgeschaltet auf Rang elf, stillgelegten ist auf Rang 21 mit vier Treffern zu finden. Eine extrem starke Wertung enthält die Zusammensetzung Methusalem-Meiler (siehe Beleg 44). Mit der Bezeichnung Meiler wird die funktionale Seite der Anlagen betrachtet.
Diese wird vor allem als unzureichend bewertet, wie die Formulierungen Uralt-
Meiler und ähnliche erkennen lassen. Diese Formulierungen werden nach der
Katastrophe von Fukushima noch intensiviert. Mit dem Gebrauch dieser
Bezeichnungsvariante wird impliziert, dass das Alter der Atomkraftwerke deren
Sicherheit negativ beeinflusst (siehe dazu Belege 41 bis 45). Die Suchanfrage *Reaktor* ergab insgesamt 61 Treffer, allerdings sind darunter zahlreiche Komposita aus der Fachsprache zu finden, die nicht die gesamte Anlage, sondern Teile davon bezeichnen; dazu zählen Reaktorkessel, Reaktorblock, Reaktorkühlkreislauf und andere. Die Suche nach auffälligen Clustern ergab Reaktorsicherheit und (schweren) Reaktorunfall. Die Kollokationen Umweltministerium auf Rang 19 sowie Abteilungsleiter auf Rang 23 und Sicherheit auf Rang 31 sollen bei der Analyse berücksichtigt werden. Im Teilkorpus 2 ist das Lexem 58 Mal enthalten. Es sind allerdings nur zwei Komposita zu finden, die auf einen Teil der Anlage referieren, nämlich Reaktorgebäude, ein Treffer, und Reaktorblöcke, ein Treffer. Allerdings treten die Bezeichnungen Reaktorsicherheitskommission acht Mal und Reaktorsicherheitsabteilung einmal auf. Das ansonsten bei Weitem überwiegende Kompositum ist Reaktorkatastrophe mit neun Belegen; darauf folgt Reaktorunglück mit fünf Treffern. Signifikante Kollokationen sind Fukushima mit elf Belegen auf Rang sieben, Japan mit fünf Treffern auf Rang 14 und Netz auf Rang 19 mit noch drei Treffern. Die Zusammensetzung Uralt-Reaktor kann einmal im Korpus nachgewiesen werden. Auch mit dieser Bezeichnungsvariante werden vor allem Bedeutungsaspekte
hervorgehoben, die auf die Funktionstüchtigkeit bezogen sind. In diesem
Zusammenhang wird die Reaktorsicherheit diskutiert. Nach den Ereignissen von
31
Fukushima wird Reaktor zur Bildung der zentralen Komposita, welche diese
bezeichnen, verwendet und dabei den anderen Bezeichnungsvarianten
vorgezogen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bezeichnungsvariante
Atomkraftwerk, die ebenso wie AKW besonders häufig vorkommt, nicht so stark
wertend ist wie die Ergebnisse aus der vorangegangenen Analyse von Atomkraft
(siehe 3.4 Atomkraft/ Atomenergie/ Kernkraft/ Kernenergie) hätte vermuten
lassen. Diese Rolle kommt besonders dessen Akronym AKW zu. Zudem ist die
Produktivität von AKW bezüglich Komposita enorm hoch, höher als die aller
anderen Bezeichnungsvarianten, was auch mit seiner kurzen Form
zusammenhängt. Viele Partnerwörter lassen die negative Konnotation eindeutig
erkennen (Pannen-AKW, Uralt-AKW). Letzteres gilt auch für die
Bezeichnungsvariante Meiler, mit der die Sicherheit nicht unbedingt generell in
Frage gestellt wird, sondern stark mit dem technischen Stand und damit dem Alter
der Anlage in Verbindung gebracht wird. Auch Reaktor ist eine
Bezeichnungsvariante, die ebenfalls stärker die Technologie in den Mittelpunkt
rückt, dabei können aber auch Mängel beschrieben werden; nach den Ereignissen
von Fukushima wird sie den anderen Begriffen und auch der Wortbildungseinheit
Atom- bei der Bezeichnung des Unglücks vorgezogen. Kernkraftwerk kann
dagegen als deutlich wertneutraler, wenn nicht sogar positiv konnotiert bezeichnet
werden.
3.6 Castor/ Atommüll Im Teilkorpus 1 ergibt die Suchanfrage *Castor* 138 Treffer. Signifikante Kollokationen sind die Wortform-Types Transport und Gegner auf den Plätzen zwei bzw. fünf zu finden; Castor tritt mit diesen Begriffen auch als Kompositum auf. Auf Castortransport entfallen dabei neun, auf die Schreibvariante Castor-Transport 32 Treffer. Bei dieser Suche kommen auch weitere Komposita vor, nämlich Castor-Transportstrecke und Castor-Transportbehälter. Aus den einzelnen unmittelbaren Kontexten, die über die KWIC-Ansicht schnell abfragbar sind, ergeben sich noch weitere Möglichkeiten der Wortbildung für Castor, darunter Castor-Protest, Anti-Castor-Demo, Castor-Atomtransport, Castor-Export, Castor-Zug und Castorstrecke. Die Suchanfrage *Castor* ergab im Teilkorpus 2 nur vier Belege, in denen der Begriff jeweils als Kompositum auftritt; zwei Mal als Castor-Gegner und je ein Mal als Castor-Transport und Castor-Behälter. Bei dem Begriff Castor handelt es sich um ein Akronym aus dem
wissenschaftlichen Sprachgebrauch, das aus dem Englischen übernommen wurde
(cask for storage and transport of radioactive material). In der über die Medien
geführten Atomkraftdebatte ist der Begriff insofern spezifisch, als damit in
irgendeiner Weise auf radioaktives Material referiert wird. Der Aspekt des
32
Transports ist dabei stärker betont, wie die zahlreichen Komposita erkennen
lassen. Interessant ist die Zusammensetzung Castor-(Transport-)Behälter, der
erkennen lässt, dass der Begriff Castor alleine als nicht eindeutig genug zur
Kennzeichnung des Gegenstandes ausreicht. Dies kann darauf zurückgeführt
werden, dass der Begriff Castor ganz generell auch für ‚die Thematik des
Transports von Atommüll’ gebraucht wird. Er ist also polysem. Darauf deuten die
anderen Komposita wie Castor-Gegner oder Castor-Protest hin; hier richtet sich
der Protest natürlich nicht gegen das Transport- und Lagerbehältnis für
hochradioaktiven Müll, das durch die aus dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch
stammende Bedeutungsvariante bezeichnet wird.
Die enorme Differenz zwischen den Trefferzahlen aus den beiden Teilkorpora ist
die auffälligste Veränderung. Die verschiedenen Komposita sind aber trotz der
geringen Anzahl der Belege ein Hinweis darauf, dass sich die
Bedeutungsvarianten so wie oben dargestellt erhalten haben. Es kann festgestellt
werden, dass die Thematik des Diskurses sich nach den Ereignissen von
Fukushima stark verschoben hat. Dies ist auch damit zu erklären, dass in den
letzten sechs Monaten des untersuchten Zeitraums keine Castor-Transporte
stattgefunden haben. (Siehe dazu Belege 50 bis 53). Für die Suchanfrage *Atommüll* sind 88 Belege im Teilkorpus 1 zu finden. Als Partnerwörter können der Ortname Asse auf Rang sieben sowie der Begriff Transport auf Rang acht und Zwischenlager auf Rang elf; Endlager ist auf Rang 17 mit drei Treffern zu finden. Mit den Begriffen Lager bzw. Endlager oder Zwischenlager und Transport finden sich Komposita. Es tritt zudem das Cluster radioaktiver Atommüll auf. Im Teilkorpus 2 kommt Atommüll 21 Mal vor. Auch hier treten wieder verschiedene Komposita auf, so ist Atommüllendlager sechs Mal unter den Suchergebnissen zu finden, je ein Mal kommen Atommülltransport, Atommüllfragen und Atommüllproblem. Auch mit dem Begriff Atommüll wird auf radioaktives Material referiert, das aus
Kernanlagen stammt und nicht mehr für die Gewinnung von Energie nutzbar ist.
Hier liegt die Betonung jedoch nicht nur auf der Tatsache, dass dieses
transportiert wird, sondern es wird vor allem auch die Problematik der (End-)
Lagerung betont (siehe dazu auch 3.7 Endlager/Zwischenlager). Dies zeigen vor
allem auch die Komposita Atommüllfragen und Atommüllproblem, die im
Teilkorpus 2 auftreten. (Siehe dazu Belege 54 bis 57).
Die Berücksichtigung der Sprechergruppen zeigt, dass im Zusammenhang mit
dem Transport von hochradioaktivem Material von Seiten der Gegner bevorzugt
der Begriff Atommüll verwendet wird, während die Gegner von Castortransporten
vor allem von Kritikern (der Art und Weise) des Vorgehens beispielsweise als
33
Atommüll-Gegner bezeichnet werden. Generell wird Castor aber selten im
Zusammenhang mit dem Vorhaben einer endgültigen Lagerung verwendet. Für
diesen Zweck scheint Atommüll vorbehalten zu sein, obwohl das radioaktive
Material natürlich in Castoren endgelagert wird.
3.7 Endlager/Zwischenlager Die Suchanfrage nach *Endlager ergab 34 Treffer; vier Mal ist darunter die Variante Atommüll-Endlager und ein Mal Atomendlager vertreten. Mit Hilfe der modifizierten Suchanfrage *Endlager* traten auch folgende Komposita auf: Endlagerfrage, Endlagerstandort, Endlagerstätte, Endlagerlösung und Endlagerexperte. Im Teilkorpus 2 ergab die gleiche Anfrage 24 Treffer. Auch die Varianten Atommüll-Endlager und Atomendlager kommen dabei vor. Interessante Kollokationen sind hier vor allem Suche auf Rang vier mit vier Belegen, mögliches und möglichen auf Rang 13 bzw. 14 mit je zwei Treffern. Auch Gorleben auf Rang 15 und Frage auf Rang 16 sollen der Vollständigkeit halber genannt werden. Die Rechercheergebnisse aus dem Teilkorpus 1 zeigen, dass der Begriff Endlager
tatsächlich als ‚endgültige Lagerstätte für hochradioaktive Abfälle’ verstanden
wird und nicht die Vorstellung besteht, dass der dort gelagerte Atommüll in einen
wirtschaftlichen Kreislauf eingebettet ist. Sowohl der Atommüll an sich als auch
die Möglichkeiten für dessen endgültige Lagerung werden als sehr problematisch
betrachtet. Auch nach den Ereignissen von Fukushima ist die Problematik immer
noch von der Diskussion über mögliche Endlagerstandorte geprägt. Die in
„Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist“ unter dem Kapitel Umwelt
beschriebenen Bezeichnungsalternativen Entsorgungspark, Entsorgungszentrum,
Entsorgungsanlage, Atommüllzentrum oder Atommülldeponie sind allesamt nicht
im Korpus nachweisbar. Bei dem seit ca. 1976 verwendeten Begriff
Entsorgungspark handelt es sich um einen Gegenstand intensiver Sprachkritik, da
er positive Assoziationen weckt, die mit dem Sachverhalt nicht vereinbar sind. So
ist auch zu erklären, dass dieser Begriff sowie zahlreiche
Bezeichnungsalternativen im untersuchten Diskursausschnitt nicht auftreten.
(Siehe dazu Belege 58 bis 61). Im Teilkorpus 1 ist der Begriff Zwischenlager mit 47 Treffern vertreten. Vier davon entfallen auf die Varianten Atommüll-Zwischenlager, zwei auf Castor-Zwischenlager. Signifikante Kollokationen sind vor allem Ortsnamen wie Gorleben mit 16 Belegen und Lubmin mit sechs. Auch das Wortform-Type Transport ist mit vier Treffern auf Rang 14 zu finden. Zwischenlager kommt im Teilkorpus 2 nur zwei Mal vor; beide Belege sind im Anhang zu finden. Es fällt auf, dass bei diesem Begriff in der Regel kein Atom- bzw. Atommüll- vorangestellt wird.
Auffällig ist vor allem das geringe Auftreten des Begriffs Zwischenlager im
Teilkorpus 2; die Diskussion scheint sich also vor allem auf die Problematik einer
endgültigen Lagerung verschoben zu haben. (Siehe dazu Belege 62 bis 65).
34
Gerade der Wortbestandteil –Lager macht im Vergleich zu den praktisch nicht
mehr verwendeten Bezeichnungsvarianten klar, dass die dort eingelagerten Dinge
gerade nicht in den Wirtschaftskreislauf einbezogen sind. Zudem zeigt die
Abnahme der gebrauchten Konkurrenzausdrücke, dass die Diskussion um den
Sachverhalt (‚endgültige Lagerstätte für hoch radioaktive Abfälle’) weitgehend
abgeschlossen ist.
3.8 Restrisiko/Risiken Es wurde im Teilkorpus 1 die Suchanfrage *Risiko* eingegeben, unter den 17 Treffern kommt der Begriff Restrisiko kein einziges Mal vor. Es traten aber folgende Komposita auf: Unfallrisiko, GAU-Risiko, Risikotechnologie und Investitionsrisiko, Hochrisikopolitik. Auch das Adjektiv risikoreich ist zwei Mal im Teilkorpus vertreten. Die Kollokationsanalyse ergibt als Partnerwort das Wortformtype Stromausfälle mit zwei Treffern. Die Belege zeigen aber, dass nur mit speziellen Komposita wie Risikotechnologie auf die Kerntechnologie Bezug genommen wird. Die gleiche Suchanfrage ergab im Teilkorpus 231 Treffer; darunter sieben Mal der Begriff Restrisiko, ein Mal ist er allerdings in Anführungszeichen gesetzt. Unter den Clustern finden sich die Zusammensetzungen grenzenloses Risiko und tödlichen Risiko. Des Weiteren treten auch die Komposita Risikotechnologie (drei Mal), Atomrisiko (ein Mal) sowie je ein Mal Hochrisikotechnik und Hochrisikotechnologie. Aus den Ergebnissen der Korpusrecherche lässt sich ableiten, dass der Begriff
Risiko in der Atomkraft-Debatte vor den Ereignissen von Fukushima nur dann auf
die Nutzung der Atomkraft oder die technischen Anlagen bezogen ist, wenn die
Komposita dies ausdrücklich anzeigen, wie dies bei Risikotechnologie der Fall ist.
Stattdessen wird der Begriff vor allem benutzt, um auf die Probleme zu
verweisen, die durch ein Abschalten der Atomkraftwerke entstehen können. Auch
eine interessante bereichsinterne Metaphorisierung tritt im Teilkorpus 1 auf, wenn
die politische Haltung und das politische Handeln der Regierung im
Zusammenhang mit der Atomkraft als Hochrisikopolitik bezeichnet werden („Sie
werden deutlich machen, was sie von der schwarz-gelben Hochrisikopolitik halten
[sic!] und gegen die verheerenden Atompläne von Merkel und Co. laut
protestieren.“ (Bild, 18.09.2010)).
Im Teilkorpus 2 kommt auch Restrisiko vor, welches im Teilkorpus 1 vergeblich
gesucht wurde. Insgesamt wird der Begriff nun deutlich stärker wieder
unmittelbar auf die Atomkraft bezogen verwendet. Formulierungen wie
grenzenloses Risiko und tödliches Risiko machen dabei deutlich, dass die
Bedeutungskomponenten, die Risiko eigentlich enthält, nämlich berechenbar bzw.
kalkulierbar, beim Gebrauch ausgeblendet werden. Auch der Begriff des
Restrisikos wird eher kritisch verwendet. Dies zeigt auch die Beurteilung von
Restrisiko als ‚unverantwortliche Gefährdung’; immer wieder wird auch darauf
35
verwiesen, dass es trotz des geringen Restrisikos zu Katastrophen wie Fukushima
kommen kann.
Ein Vergleich mit den Untersuchungsergebnissen zum Begriff Restrisiko von Haß
in „Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist“ (Strauß, Haß, Harras (1989), S.
518) zeigt, dass die Ablehnung, auf die der Begriff schon bei seiner Einführung
gestoßen war, Auswirkungen gehabt hat. Im Korpus war er in Texten vor der
Katastrophe von Fukushima nicht vorgekommen, so dass daraus geschlossen
werden kann, dass er den meisten Sprechern, die auf die Gefahren der Atomkraft
verweisen wollen, nicht als angemessen erscheint. Nach dem einschneidenden
Ereignis wurde sich aber des umstrittenen Begriffs erinnert, und er wurde erneut
zur Diskussion gestellt; in dieser wurde er als unangemessen beurteilt. So ist auch
die Wortbildung Atomrisiko zu erklären. (Siehe dazu Belege 66 bis 69). Die Suchanfrage *Risiken* ergab neun Treffer im Teilkorpus 2; unter ihnen befindet sich allerdings kein einziges Kompositum. Es ist außerdem das Cluster atomare Risiken zu finden. Die Einzelbelege in der KWIC-Ansicht lassen zudem erkennen, dass Risiken vor allem in Bezug auf die ökonomische Nutzung von Kerntechnologie verwendet wird. Im Teilkorpus 2 steigt die Trefferzahl auf 35 an; unter ihnen kommt das Kompositum Sicherheitsrisiken zwei Mal vor. Eine besonders auffällige Wortbildung stellt Restrisiken dar, welche als bereichsinterne Metaphorisierung verwendet wird. Risiken wurde also im Teilkorpus 1 deutlich spezifischer verwendet als der
Singular Risiko; dies zeigt auch die spezifische Zusammensetzung atomare
Risiken. Im Teilkorpus 2 kommt Risiken zwar noch deutlich häufiger vor, hier
wird es aber weniger oft spezifisch auf Atomkraft bezogen verwendet. Es finden
sich auch Verwendungsweisen, die im Teilkorpus 1 nur mit dem Singular Risiko
auftraten, nämlich ‚Risiken für die Stromversorgung, wenn die Atomkraftwerke
abgeschaltet werden’. Die bereichinterne Metaphorisierung führt dazu, dass die
gesamte Problematik, die mit dem Begriff Restrisiko verbunden ist, darunter vor
allem die tatsächliche Unberechenbarkeit für Wissenschaftslaien, auf die
Atompolitik der Regierung übertragen wird. (Siehe dazu Belge 70 bis 73).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Plural des Begriffs Risiken vor
den Ereignissen von Fukushima spezifischer verwendet wurde als Risiko. Dieses
Bild verschiebt sich infolge der Katastrophe, da ein bis dahin weitgehend aus der
Diskussion verschwundener, weil umstrittener Begriff (Restrisiko) wieder erinnert
und als erneut diskussionsbedürftig betrachtet wird. Dies hat auch Auswirkungen
auf die beiden untersuchten Begriffe: Die Singularform wird nun (zumindest in
durch Adjektive verstärkter Form) auch in Bezug auf die Atomkraft verwendet.
36
3.9 Alternative Energien/erneuerbare Energien/ Ökostrom Der Begriff alternative Energien ist im Teilkopus 1 nur ein einziges Mal nachweisbar. Die Bezeichnung alternative Energiepolitik tritt vier Mal auf, die Belege zeigen in Formulierungen wie ‚an ihrem Ende angekommen’, eine stark negative Wertung. Im Teilkorpus 2 ist er drei Mal enthalten, zusätzlich ist ein Mal der Begriff alternative Energiegewinnung zu finden. Aus den Belegen geht weiterhin hervor, dass diese Bezeichnungsvariante vor
allem, aber nicht ausschließlich, von Sprechergruppen gebraucht wird, die dem
Sachverhalt skeptisch gegenüber stehen und vor allem die Probleme betonen, die
im Zusammenhang mit dem Umstieg auf eine solche Energietechnik bestehen.
Der Vergleich mit den Untersuchungsergebnissen von Haß zum selben Begriff
(Strauß, Haß, Harras (1989), S. 416) zeigt, dass der Begriff immer noch in der
dort beschriebenen Bedeutung verwendet wird, seine Popularität aber stark
eingebüßt hat: Das Adjektiv alternativ wird hier in der dort mit (c) bezeichneten
Bedeutungsvariante verwendet, es bezeichnet in dieser Wortverbindung einen
Gegenstand, der als Gegenentwurf und zugleich Kritik an den bestehenden
inhumanen bzw. umweltschädlichen Verhältnissen verstanden wird. (Siehe dazu
Belege 74 bis 77). Für die Suchanfrage erneuerbare* konnten 94 Treffer gefunden werden; die bei Weitem häufigste Wortverbindung ist dabei erneuerbare Energien. Eine andere Wortverbindung kommt mit fünf Belegen im Teilkorpus vor: ‚Energie/Strom aus erneuerbaren Quellen’. Die Trefferzahl für das Teilkorpus 2 ist mit 114 nur geringfügig höher. Interessant ist dabei, dass neben der Zusammensetzung erneuerbare Energien nicht nur die Schreibweise Erneuerbare Energie zu finden ist, sondern auch nur von Erneuerbare gesprochen wird. Sonne und Wind können mit je zwei Treffern und einem Rang von 18 bzw. 11 als Partnerwörter bezeichnet werden. Der Vergleich der Rechercheergebnisse aus den beiden Teilkorpora zum Begriff
erneuerbare Energien zeigt, dass der Begriff sich inhaltlich zwar nicht verändert
hat, dass seiner Bedeutung im Diskurs aber auf verschiedene Weise Rechnung
getragen wurde. So weist die Großschreibung des Adjektivs darauf hin, dass es
sich nicht um eine beliebige Zusammensetzung handelt, sondern um einen
feststehenden Ausdruck. Gesteigert wird dieser Eindruck noch durch die
Reduktion des Mehrwortlexems auf nur dessen Adjektiv Erneuerbare. Die
Sprechergruppen, die diesen Begriff benutzen, werten den Sachverhalt zwar
positiv, betonen aber im Verwendungskontext häufig, dass der Umstellung der
Energiewirtschaft noch Hindernisse entgegenstehen, wie Belege aus dem
Teilkorpus 1 zeigen. (Siehe dazu Belege 78 bis 81). Im Teilkorpus 1 tritt der Begriff Ökostrom elf Mal auf; davon drei Mal als Kompositum Ökostrom-Anteil und ein Mal in der Wortverbindung Ökostrom- und Netzausbau. Die
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Einzelbelege lassen erkennen, dass neben der Erzeugung auch andere Aspekte der Energiewirtschaft im Kontext mitberücksichtigt werden. Die Suchanfrage Ökostrom* ergibt im Teilkorpus 2 14 Treffer; darunter sind die Zusammensetzungen Ökostromanteil, drei Treffer, und Ökostromausbau, Ökostromprojekte, Ökostrom-Anbieter, Ökostrombranche sowie Ökostromförderung mit je einem Beleg. Aus den Einzelbelegen geht hervor, dass vor allem die Problematik des Ausbaus in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Mit Blick auf die Untersuchung von Haß zur Wortbildungseinheit Öko-(siehe
Strauß/Haß/Harras (1989), S. 477) lässt sich die Verwendungsweise von Öko- hier
mit der dort unter (a) angegebenen Bedeutung umschreiben: Gegenstände,
Handlungsweisen, Zustände und Personen werden damit in ihrem Verhältnis zum
Thema Umwelt und Umweltschutz gekennzeichnet.
Es lässt sich festhalten, dass der Begriff Ökostrom häufiger als seine
Bezeichnungsvarianten zur Bildung von Komposita herangezogen wird.
Außerdem scheint er weniger häufig in Auseinandersetzungen um die
grundsätzliche Rechtfertigung von erneuerbaren Energien verwendet zu werden.
Er wird vor allem von Befürwortern dieser Energietechnik in Diskussionen um
die Verteilung der Stromproduktion auf verschiedene Energiequellen gebraucht.
In Kontexten, in denen der Begriff verwendet wird, kommt auch stärker die
technische und wirtschaftliche Seite der Thematik zur Sprache. Zwischen den
beiden Teilkorpora sind keine großen Unterschiede erkennbar, bis auf die
Tatsache, dass die Produktivität hinsichtlich der Wortbildung noch gesteigert ist.
(Siehe dazu Belege 82 bis 85).
Die Verteilung der Trefferzahlen zu den einzelnen Bezeichnungsvarianten zeigt
deutlich die Dominanz des Begriffs erneuerbare Energie, welcher zudem als
feststehender Ausdruck betrachtet werden kann, wie die neue Schreibvariante
zeigt. Auch die Verkürzung auf Erneuerbare zeigt die Gebräuchlichkeit im
Diskurs. Auffällig ist vor allem die geringe Anzahl der Belege für alternative
Energien; diesem Begriff war in der Untersuchung von Haß aus dem Jahre 1989
noch ein eigener Artikel gewidmet worden. Es scheint aber, dass alternative
Energien durch die Bezeichnungsvariante erneuerbare/Erneuerbare Energien
abgelöst wurde. In den wenigen Fällen, in denen er dennoch verwendet wird, ist
die Konnotation zudem eher negativ. Ökostrom ist schließlich die
Bezeichnungsvariante, die in Bezug auf die Wortbildung am produktivsten ist,
dies hängt vermutlich damit zusammen, dass es sich nicht um ein Mehrwortlexem
handelt. So lässt sich beobachten, dass mit dieser Bezeichnungsvariante eher die
technische und nicht die ideologische Seite thematisiert wird.
38
3.10 Atomausstieg/Energiekonzept/Energiewende Der Begriff Atomausstieg konnte im Teilkorpus 41 Mal gefunden werden; unter den Treffern ist nur ein Kompositum zu finden, nämlich Atomausstiegsszenario. Als Cluster werden Atomausstieg beschlossen, grünen Atomausstieg, beschlossener Atomausstieg und bestehender Atomausstieg angezeigt; signifikante Kollokationen sind aber nicht zu finden. Die Trefferzahl ist im Teilkorpus 2 mit 191 Treffern deutlich höher. Die einzigen Komposita sind Atomausstiegsplan bzw. –Pläne und Atomausstiegsdebatte. Signifikante Kollokationen sind schnell mit drei Treffern auf Rang 18 sowie kritisiert mit ebenfalls drei Treffern. Die Daten aus dem Korpus zeigen, dass der Begriff Atomausstieg wie erwartet mit
der Politik von Rot-Grün in Verbindung gebracht wird. Dabei wird immer wieder
durch hinzugefügte Adjektive betont, dass die Abkehr von der Atomkraft
beschlossen ist, was impliziert, dass sie nicht rückgängig gemacht werden sollte.
Die Ergebnisse aus dem Teilkorpus 2 zeigen ein etwas anderes Bild: Allein
die enorme Menge der Belege lässt vermuten, dass der Begriff hier in einer
deutlich allgemeiner gefassten Bedeutung verwendet wird als im Teilkorpus 1.
Auch die Kollokationen legen nahe, dass mit Atomausstieg generell ‚die Abkehr
von der Atomkraft als zukunftsfähige Technologie’ gemeint ist und nicht die
Beschlüsse der rot-grünen Regierung aus dem Jahr 2002. Der Atomausstieg soll
zum einen schnell erfolgen, zum anderen ist er Gegenstand von Diskussionen und
muss sorgfältig geplant werden. (Siehe dazu Belege 86 bis 89). Auf den Begriff Energiekonzept entfallen 34 Treffer im Teilkorpus 1. Es sind keine Komposita zu finden. Signifikante Kollokationen sind Bundesregierung, mit fünf Treffern auf Rang drei, sowie auch Regierung, mit zwei Treffern auf Rang fünf. Auch die Kollokationen Atomlaufzeiten auf Rang 11 und längeren auf Rang acht sollen hier genannt werden. Im Teilkorpus 2 sind nur noch zehn Belege zu Energiekonzept zu finden. Aus den unmittelbaren Kontexten geht hervor, dass mit diesem Begriff fast ausschließlich auf die Pläne der Bundesregierung aus dem Herbst 2010 referiert wird. Der Begriff Energiekonzept wurde von der schwarz-gelben Regierung
aufgegriffen, um dem Atomausstieg von Rot-Grün nicht nur eine
Bezeichnungsalternative entgegenzusetzen, sondern es werden damit auch andere
Aspekte des Ausstiegs aus der Atomenergie betont. Einerseits impliziert das Wort
Konzept, dass es sich um eine Reihe von konkreten Plänen handelt. Damit wird
hervorgehoben, dass es sich bei dem von Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg
nicht um einen planvollen, geregelten Ausstieg aus der Atomenergie handelt, der
mit den Interessen der Bürger und der Wirtschaft vereinbar ist. Es kann also als
Fahnenwort bezeichnet werden. Andererseits wird der Atomausstieg begrifflich
nicht mehr ins Zentrum der Überlegungen gestellt, und die Laufzeitverlängerung
(siehe Kapitel 3.12) wird so als Teil des Energiekonzeptes gerechtfertigt. (Siehe
dazu Belege 90 bis 93).
39
Im Teilkorpus 1 entfallen 15 Treffer auf den Begriff Energiewende. Aufgrund der geringen Trefferzahl sind keine signifikanten Kollokationen auszumachen, aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht kann aber abgelesen werden, dass Energiewende vor allem von Gegnern der Atomkraft verwendet wird bzw. auf eine Veränderung in der Industriewirtschaft bezogen ist, wobei der schnellstmögliche Ausstieg aus der Atomkraft maßgebend ist. Auch für den Begriff Energiewende steigt die Trefferzahl stark an und zwar auf 133 Belege. Energiewendepaket ist die einzige Zusammensetzung, die zu finden ist. Signifikante Kollokationen zu Inhaltswörtern treten nicht auf. Unter den Clustern finden sich allerdings einige interessante Wortnachbarschaften, so beispielsweise Merkels Energiewende, geplante Energiewende und beschleunigte Energiewende. Der Begriff Energiewende wird als Antwort auf das Fahnenwort Energiekonzept
benutzt, um entgegen dem von Schwarz-Gelb geprägten Begriff Energiekonzept
die schnellstmögliche Hinwendung zu erneuerbaren Energien zu betonen. Hier
liegt der Bedeutungsschwerpunkt nicht auf dem planvollen Vorgehen, sondern auf
der Abkehr von den traditionellen Energieerzeugungsarten Kohle, Gas und
Atomkraft und einer Hinwendung zu den erneuerbaren Energien (siehe dazu 3.9
alternative Energien/ erneuerbare Energien/ Ökostrom).
Ähnlich wie bei Atomausstieg verändern sich nach den Ereignissen von
Fukushima auch die Gebrauchsweisen von Energiewende. Der Begriff wird in
einer stark erweiterten Bedeutung verwendet, wie die Vielzahl der Belege schon
vermuten lässt. Es werden generell alle Bemühungen der Politik,Einfluss auf die
Energiewirtschaft zu nehmen, so auch das Energiekonzept der schwarz-gelben
Regierung, als Energiewende bzw. als Merkels Energiewende bezeichnet. So ist
auch die Zusammensetzung beschleunigte Energiewende zu verstehen, die
ebenfalls auf das Energiekonzept Bezug nimmt, das infolge der Atomkatastrophe
noch einmal überarbeitet wurde. (Siehe dazu Belege 94 bis 97).
Es zeigt sich also, dass die Begriffe keine Bezeichnungsvarianten darstellen,
zumindest nicht zu allen untersuchten Zeitpunkten. Energiekonzept ist ein Wort,
das seiner Funktion im Diskurs nach (zumindest vor den Ereignissen von
Fukushima) als Fahnenwort bezeichnet werden kann, denn es wertet das Handeln
der Regierung im Bereich der Energiewirtschaft als deutlich positiv und
kennzeichnet es dabei als überlegt und planvoll. Es kann als Gegenentwurf zum
Begriff Atomausstieg verstanden werden. Interessant ist dabei, dass ein
Bestandteil des Energiekonzepts die Verlängerung der Laufzeiten für
Atomkraftwerke war. Von der Opposition und von Atomkraft-Gegnern wurde
entsprechend eine Energiewende gefordert, eine Formulierung, welche die Abkehr
von den traditionellen Arten der Energieerzeugung betonen sollte.
Nach der Atomkatastrophe verschiebt sich das Verhältnis der Begriffe zueinander:
Atomausstieg und Energiewende werden nun in einer annähernd identischen,
40
weiter gefassten Verwendung gebraucht. Sie können dort als
Bezeichnungsvarianten betrachtet werden.
3.11 Fukushima/GAU/Katastrophe Wie erwartet liefert die Suchanfrage Fukushima* keine Ergebnisse im Teilkorpus 1. Das Teilkorpus 2 enthält dagegen 69 Belege für das Wort Fukushima. Als signifikante Kollokationen treten Katastrophe, mit 15 Treffern auf Platz drei, und japanischen, mit sieben Treffern auf Rang sieben. Die Ränge elf und zwölf sind von Atomkatastrophe bzw. Reaktorkatastrophe besetzt. Aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht geht hervor, dass zahlreiche Wortverbindungen zur Bezeichnung der Ereignisse infolge des Bebens vom 09.03.2011 in Japan auftreten: Katastrophe von Fukushima, Fukushima-Katastrophe, Reaktorkatastrophe von Fukushima, Atomkatastrophe von Fukushima, Atomunglück von Fukushima, Atomkrise im japanischen Fukushima, Atomunfall von Fukushima, Ereignisse von Fukushima, Reaktorunglück im japanischen Fukushima, Nuklearkatastrophe in Fukushima Die Rechercheergebnisse lassen erkennen, dass die Ortsbezeichnung Fukushima
vor den Ereignissen vom 11.03.2011 im hier abgebildeten Diskurs nicht als
Standort einer Kernanlage bekannt war bzw. nicht als solcher thematisiert wurde.
Infolge der Katastrophe wird er natürlich zur genauen Kennzeichnung des
gemeinten Vorfalls benutzt; insofern ist der Gebrauch ähnlich wie bei anderen
Standortbezeichnungen für Atomkraftwerke auch. Die Einzelbelege zeigen
deutlich, dass für die Bezeichnung der Ereignisse zahlreiche
Bezeichnungsvarianten nebeneinander genutzt werden, dazu zählen auch
Komposita mit Katastrophe, die erst unter diesem Begriff näher beschrieben
werden sollen. Die übrigen Ausdrücke wie Atomkrise, Atomunfall, Ereignisse
oder Reaktorunglück werden durch den Zusatz von Fukushima spezifiziert.
Ähnlich wie auch bei dem schweren Atomunglück von Tschernobyl 1986 war zu
beobachten, dass der Eigenname allein schon als Verweis auf den Sachverhalt
genügt und die eigentlichen Bezeichnungen für den Sachverhalt, beispielsweise
Katastrophe oder Unglück, nicht mehr notwendigerweise im Ausdruck enthalten
sein müssen. Dies ist so zu erklären, dass der Eigenname Fukushima bisher in der
Atomkraft-Debatte nicht vertreten, also auch nicht inhaltlich besetzt war, so dass
er als Kurzform für die Wortverbindungen dienen kann, ohne dass
Missverständnisse entstehen. Ein weiterer Grund für die Wahl der kurzen Form
kann auch darin bestehen, dass eigentlich nicht ganz klar ist, wie die Katastrophe
von Fukushima nun eigentlich zu bewerten ist. Mit der Wahl des Begriffs
Fukushima kann also vermieden werden, sich auf eine der Bezeichnungsvarianten
wie Katastrophe, Unfall, Krise oder Ereignisse festzulegen. (Siehe dazu Belege
98 bis 100).
41
Im Teilkorpus 1 ist der Begriff GAU drei Mal zu finden. In einem der Belege tritt GAU als Kompositum mit Risiko auf. Besonders interessant ist hier die bereichsinterne Metaphorisierung: (Beleg (102) Die Laufzeitverlängerung des Atomstroms nimmt Forschung, Entwicklung und Investitionen in alternative Energien einen Großteil ihrer Attraktivität. Die befürchtete Vollbremsung in dieser Schlüsseltechnologie wäre ein GAU für die deutsche Volkswirtschaft. (Stern, 18.10.2010)) Für GAU sind im Teilkorpus 14 Einzelbelege zu finden; darunter kommt aber vier Mal der Eigenname Gauland vor, der natürlich nicht berücksichtigt wird. Von den verbleibenden zehn Treffern entfallen drei auf die intensivierte Form Super-GAU, einmal tritt die Zusammensetzung Atom-GAU auf. Aus den Einzelbelegen geht hervor, dass mit GAU vor allem auf das Atomunglück von Tschernobyl im Jahr 1986 referiert wird. Die Ereignisse im Atomkraftwerk von Fukushima werden dagegen nur einmal als GAU bezeichnet; die restlichen vier Belege weisen darauf hin, dass mit GAU auf ein potenziell eintretendes Ereignis Bezug genommen wird und nicht auf bereits geschehene Atomkatastrophen. Das Akronym GAU, gebildet aus größter anzunehmender Unfall, wird in der
Atomkraft-Debatte, wie sie durch dieses Korpus abgebildet ist, eher selten
gebraucht. Im Teilkorpus 1 wird der Begriff vor allem unspezifisch, also nicht auf
ein bestimmtes Ereignis bezogen verwendet; so wird die Zusammensetzung GAU-
Risiko im Sinne von unvertretbares Restrisiko (siehe 3.8 Restrisiko/Risiken)
verwendet. Durch die bereichsinterne Metaphorisierung werden die
Bedeutungsaspekte Zerstörung, massive langfristige Schädigung und
Verseuchung auf die Ausbremsung der Entwicklung erneuerbarer Energien
übertragen, die von der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke erwartet wird.
Auffällig ist, dass auch im Teilkorpus 2 die Trefferzahl für GAU bei weitem
nicht so stark steigt wie für die Begriffe Fukushima oder Katastrophe. Die
wenigen Belege, in denen der Begriff vorkommt, nehmen damit entweder auf das
Atomunglück von Tschernobyl aus dem Jahr 1986 Bezug oder referieren auf
mögliche, zukünftige atomare Katastrophen. Nur in einem einzigen Beleg sind mit
GAU tatsächlich die Ereignisse von Fukushima gemeint. (Siehe dazu Belege 101
bis 104). Auch der Begriff Katastrophe kommt nur zwei Mal im Teilkorpus 1 vor. Das eine Mal ist er als uneigentliches Sprechen markiert; in diesem Beleg kann die Verwendung auch als bereichsinterne Metaphorisierung betrachtet werden. (Beleg (106) Manche Sicherheitsvorkehrungen wie die zur Beherrschung von Störfällen seien so wichtig, dass es eine „Katastrophe“ sei, sei auf die lange Bank zu schieben, kritisierte Renneberg. (Spiegel online, 29.09.2010) Auch für den Begriff Katastrophe steigt die Trefferzahl im Teilkorpus 2 stark an, nämlich auf 55. Komposita sind, wie auch aus der Suchanfrage für Fukushima hervorging, Atomkatastrophe, Reaktorkatastrophe, Fukushima-Katastrophe, Tschernobyl-Katastrophe, Nuklearkatastrophe und Naturkatastrophe. Weitere signifikante Kollokationen sind nicht zu finden. Während im Teilkorpus 1 kaum Belege zum Begriff gefunden werden können,
steigt auch für diesen Begriff, wie für alle anderen dieses Artikels, die absolute
Trefferzahl im Teilkorpus 2 an. Es fällt auf, dass im Teilkorpus 1 mit dem Begriff
Katastrophe auf die Ereignisse von Tschernobyl aus dem Jahr 1986 referiert wird
oder er als bereichsinterne Metaphorisierung verwendet wird. Hier werden die
42
Folgen, die aus einem Fehlverhalten resultieren, nämlich aus dem Aufschieben
der Sicherheitsvorkehrungen bei Störfallen, auf das Aufschieben an sich
übertragen (Siehe Beleg (106)). Im Teilkorpus 2 zeigt sich ein anderes Bild. Mit
dem Begriff Katastrophe wird vor allem auf die dramatischen Ereignisse von
Fukushima referiert, wie auch die zahlreichen Komposita mit Lexemen aus dem
Bereich der Kerntechnologie wie Atom-, Reaktor-, Nuklear- anzeigen.
Gelegentlich wird auch auf andere Sachverhalte Bezug genommen, dies wird aber
dann in der Regel durch Kompositabildung klar hervorgehoben, so beispielsweise
Tschernobylkatastrophe oder Naturkatastrophe. (Siehe dazu Belege 105 bis 108).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass vor der atomaren Katastrophe
vom März 2011 die Begriffe Fukushima, GAU und Katastrophe sehr gering bis
gar nicht frequentiert waren. Der Schwerpunkt der Diskussion lag, wie
beispielsweise die Artikel 3.6 Castor/ Atommüll und 3.7 Endlager/ Zwischenlager
zeigen, nicht auf der akuten, lebensbedrohlichen Gefährdung durch Unfälle in
Kernanlagen. Infolge der Ereignisse von Fukushima ist diese Bedrohung jedoch
wieder ins Bewusstsein der Sprecherinnen und Sprecher gerückt und verdrängt
einen Großteil der anderen Themen, die im Zusammenhang mit der
wirtschaftlichen Nutzung von Atomkraft diskutiert worden waren. Allerdings
wird es vermieden, die atomare Katastrophe als GAU zu bezeichnen. Ein Blick in
die Untersuchung von Haß zum Begriff GAU liefert hier einige erhellende
Erkenntnisse (siehe Strauß, Haß, Harras (1989), S. 470). Dass die Ereignisse von
Fukushima nicht als GAU bezeichnet werden, kann damit begründet werden, dass
mit dem Begriff GAU ein Ereignis ‚allgemein superlativistisch als Katastrophe‘
gekennzeichnet wird; bei dem Unfall im Atomkraftwerk von Fukushima wird
allerdings nicht von einem dramatischen Verlauf ausgegangen, wie dies bei
Tschernobyl der Fall war. Da Tschernobyl aber schon mit der Bezeichnung GAU
besetzt ist, kann das bei weitem nicht als so verheerend empfundene Ereignis von
Fukushima nicht ebenfalls als GAU bezeichnet werden. Auch kann hier
hineinspielen, dass GAU im Gegensatz zu Katastrophe als im weitesten Sinne
durch technisch-industrielle Zivilisation verursacht betrachtet wird, wobei die
Ereignisse von Fukushima im Gegensatz zu Tschernobyl nicht von menschlichem
Versagen, sondern von einer Naturkatastrophe ausgelöst worden waren.
Die schier unglaubliche Vielfalt der Bezeichnungsalternativen bei einer relativ
geringen Trefferzahl zeigt die große Unsicherheit, die bei der Wahl eines
passenden Ausdrucks zur Beschreibung der Ereignisse herrscht. Auch die
43
Informationen zum Verlauf der Katastrophe waren zunächst immer wieder
korrigiert, das Ausmaß des Unfalls nicht eindeutig kommuniziert worden.
Möglicherweise wurde der Ausdruck GAU auch vermieden, da angenommen
wurde, dass Japan technisch im Stande gewesen wäre, die Lage schnell wieder
unter Kontrolle zu bringen. Die grundlegende Kennzeichnung als Katastrophe
zeigt aber, dass die Ereignisse als dramatisch und einschneidend bewertet werden.
3.12 Laufzeitverlängerung Die Suchanfrage Laufzeitverlängerung* ergab im Teilkorpus 1103 Treffer; darunter traten dreimal die Zusammensetzung AKW-Laufzeitverlängerung und einmal Laufzeitverlängerungs-Präsent vor. Als signifikante Kollokationen können Atomkraftwerke mit neun Treffern auf Rang acht, geplante mit acht Treffern auf Rang neun und gegen mit elf Treffern auf Rang fünf betrachtet werden. Wie aus den Einzelbelegen hervorgeht, wird der Begriff nicht spezifisch von einer Sprechergruppe verwendet, sondern von verschiedenen Sprechergruppen mit unterschiedlichen Werturteilen belegt.
Im Teilkorpus 2 liefert dieselbe Anfrage nur noch 24 Treffer. Überdurchschnittlich häufig tritt der Begriff zusammen mit den Wortform-Types beschlossene auf Rang vier und zurückgenommen auf Rang sechs auf. Auch hier ist aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht ersichtlich, dass der Begriff von vielen verschiedenen Sprechergruppen genutzt wird. Mit dem Begriff der Laufzeitverlängerung wird die geplante bzw. durchgeführte
Gesetzesänderung unter der schwarz-gelben Regierung bezeichnet, welche die
2002 beschlossenen Restlaufzeiten von Atomkraftwerken um teilweise 20 Jahre
verlängert hatte. Der Begriff wird unabhängig vom Zeitpunkt von verschiedenen
Sprechergruppen, sowohl Atomkraftgegnern als auch –befürwortern, verwendet.
Im Teilkorpus 1 wird die (geplante) Laufzeitverlängerung von Atomkraftgegnern
sehr kritisch gesehen und zu verhindern versucht, wie die Belege (110) und (111)
zeigen. Auch die Bezeichnung als ‚Präsent an die großen Energiekonzerne‘ macht
deutlich, dass von den Atomkraftgegnern hinter dem Vorhaben ausschließlich
wirtschaftliche Interessen vermutet werden. Dagegen wird die
Laufzeitverlängerung von Seiten der Atomkraft-Befürworter als ‚notwendige
Maßnahme zur Stabilisierung der Energiewirtschaft‘ betrachtet. Dies geht sehr
klar aus dem Beleg (109) hervor, in dem die ‚Laufzeitverlängerung als Rettung
für die bedrohte Energiebranche’ dargestellt wird.
Die Rechercheergebnisse aus dem Teilkorpus 2 zeigen, dass die Bedeutung des
Themas in der Diskussion stark abgenommen hat. Die Haltung zum Sachverhalt
hat sich nun auf Seiten der schwarz-gelben Regierung drastisch geändert, auch sie
sieht den Beschluss im Lichte der Ereignisse von Fukushima als nicht mehr
haltbar an, wie aus Beleg (114) hervorgeht. Die Formulierungen auf Seiten der
Atomkraft-Gegner sind dabei noch drastischer, so spricht Roth (Grüne) von der
44
unsäglichen Laufzeitverlängerung (siehe Beleg (113)). Die Formulierung
beschlossene Laufzeitverlängerung kann dabei auch als Kritik am politischen
Handeln der Regierung verstanden werden, denn die Tatsache, dass ein gerade
erst gefasster Beschluss nun wieder rückgängig gemacht werden soll, zeugt von
Inkonsequenz bzw. Inkompetenz. Der Begriff der Laufzeitverlängerung, der
eigentlich die wirtschaftliche Kompetenz der schwarz-gelben Regierung im
Gegensatz zum übereilten Ausstieg aus der Atomkraft, wie er von Rot-Grün
beschlossen worden war, hervorheben sollte, ist nun nur noch geeignet, um auf
das inkonsequente bzw. inkompetente Handeln der schwarz-gelben Regierung zu
verweisen. (Siehe dazu Belege 109 bis 114).
3.13 Brückentechnologie Die Suchanfrage Brücke* liefert 24 Treffer. Davon entfallen zehn Treffer auf das Lexem Brücke, auf Brückentechnologie ebenfalls neun und je einer auf Brückenthese und Brücken-Lüge, die restlichen drei Treffer zeigen das Kompositum Brückenfunktion. Als Kollokationen können Atomkraft mit drei Nachweisen und Atomenergie mit zwei genannt werden. Aus den Einzelbelegen lässt sich ablesen, dass der Begriff von verschiedenen Sprechergruppen unterschiedlich bewertet wird. Im Teilkopus 2 sind für die gleiche Anfrage 22 Treffer zu finden. Es treten allerdings nur die Lexeme Brücke und Brückentechnologie auf. Aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht geht hervor, dass der Begriff je nach Kontext nicht mehr ausschließlich auf die Atomkraft bezogen ist. Mit den Formulierungen neue Brückentechnologien oder wahre Brückentechnologie wird nicht auf die Kernenergie referiert. Mit Brückentechnologie wird von Seiten der Atomkraft-Befürworter die
‚Atomenergie als tragfähige Lösung für den Übergang von den traditionellen
Arten der Stromerzeugung zur Deckung des Bedarfs durch erneuerbare Energien’
dargestellt. Der Ausdruck ist als metaphorisch zu beurteilen, da
Bedeutungsaspekte aus dem Herkunftsbereich BRÜCKE wie stabil, zuverlässig
sowie die Fähigkeit, zwei sonst getrennte Bereiche miteinander zu verbinden, auf
den Zielbereich ATOMKRAFT übertragen werden. Damit soll ein
problematischer Sachverhalt aufgewertet werden, da er mit Eigenschaften
versehen wird, die ihm so noch nicht zugeschrieben worden waren. So wird nicht
nur von Brückentechnologie, sondern auch von Brückenfunktion der Kernenergie
oder einfach Brücke gesprochen. Dieser in den Koalitionsverhandlungen der
Union und FDP geprägte Begriff wird von Atomkraft-Gegnern und politischen
Gegnern immer wieder angegriffen. Die Angriffe richten sich dabei sowohl gegen
den Begriff selbst als auch gegen die in seinem Kontext aufgestellten
Behauptungen, wie die Belege (117) und (118) zeigen.
Nach der Katastrophe von Fukushima wird von einigen Sprechergruppen
45
versucht, die Metapher Brückentechnologie aufrechtzuerhalten, andere
Sprechergruppen (darunter CDU, CSU) modifizieren den Begriff und sprechen
von neuen oder wahren Brückentechnologien, womit sie entweder auf Kohle und
Gas oder auf Energieeffizienz referieren. Besonders das gedankliche Festhalten an
der Atomkraft als Brückentechnologie wird stark kritisiert; das zeigen
Formulierungen wie ‚Brücke in die Katastrophe‘ oder auch Beleg (122) besonders
drastisch.
Brückentechnologie kann also als politisches Schlagwort betrachtet werden, das
von der schwarz-gelben Regierung als Fahnenwort in den Diskurs eingeführt
worden ist. Mit diesem Fahnenwort sollte die Atompolitik der Regierung als
zukunftsweisend, stabilisierend und auf die erneuerbaren Energien hinführend
charakterisiert werden. Bereits bei seiner Einführung in den Diskurs stand der
Begriff allerdings in der Kritik. Infolge der Atomkatastrophe vom März 2011
konnte Brückentechnologie den Status eines Fahnenwortes nicht aufrechterhalten.
(Siehe dazu Belege 115 bis 122).
4. Fazit
Die Grundlage dieser Arbeit besteht in der prinzipiellen Annahme, dass Sprache
und Gesellschaft eng miteinander verflochten sind. So können die Auswirkungen,
die gesellschaftliche Veränderungen, wissenschaftliche Innovationen und
Ereignisse der außersprachlichen Welt auf den Gebrauch von Sprache haben, an
den einzelnen Sprechakten abgelesen werden. Auf der anderen Seite wirkt der
veränderte Gebrauch von Sprache auch auf das Denken und damit Handeln der
Sprecher zurück. Das kann vor allem an den so genannten
Sprachthematisierungen erkannt werden, in denen Bedeutungen,
Verwendungsweisen und Absichten bei der Wortverwendung selbst zum Thema
werden; es handelt sich also um einen Fall von Metakommunikation. Diese
intensive Wechselwirkung zwischen Sprache und Gesellschaft konnte anhand von
einigen der untersuchten Lexeme gezeigt werden.
Für diese Arbeit wurde eine zusätzliche Hypothese aufgestellt: Gebrauchsregeln
für einzelne Lexeme ändern sich nicht nur über längere Zeiträume auf Grundlage
eines langwierigen schleichenden Umbaus von mentalen Konzepten, sondern es
wird angenommen, dass einschneidende Ereignisse der außersprachlichen Welt
46
sich massiv und vor allem kurzfristig auf die Einstellungen und Werthaltungen
der Sprecher auswirken und damit die Gebrauchsregeln von Wörtern verändern
können. Der Einfluss solcher einschneidenden Ereignisse wurde sogar als größer
eingeschätzt als die langsame, schleichende Veränderung von Sprache durch die
Zeit (und damit ihren Gebrauch in der Zeit). Es stellte sich außerdem die Frage,
ob die Atomkatastrophe von Fukushima als ein solches singuläres Ereignis die
angenommenen Auswirkungen auf den Sprachgebrauch in der Atomkraft-Debatte
gehabt hat.
Die einzelnen Ergebnisse aus der Korpusrecherche liefern dabei ganz
unterschiedliche Erkenntnisse: Die Bezeichnungsvarianten Atomkraft,
Atomenergie, Kernkraft und Kernenergie haben sich in ihren Bedeutungen nicht
wesentlich verändert, auch über den relativ langen Zeitraum von 20 Jahren waren
keine wesentlichen Veränderungen erkennbar. Allerdings hat sich der Begriff
Atomkraft im Laufe der Zeit insofern verändert, als er auch in politischen
Diskussionen nicht mehr als falsch und unwissenschaftlich betrachtet wird. Er
spiegelt vielmehr vor allem eine bestimmte Werthaltung wider. Allerdings zeigen
die stark veränderten Kontexte, in denen die Bezeichnungsalternativen auftraten,
eine Verlagerung der gesamten Thematik der Atomkraft-Debatte, die natürlich auf
die Ereignisse von Fukushima zurückzuführen sind. Auch bei den
Bezeichnungsalternativen Atomkraftwerk, AKW, Kernkraftwerk, Meiler, Reaktor
zeigt sich zumindest für einen der Begriffe eine interessante Veränderung. Das
Akronym AKW ist nach Fukushima in Bezug auf die Wortbildung ausgesprochen
produktiv, wobei AKW im Vergleich zu allen anderen Bezeichnungsvarianten
besonders negativ konnotiert ist. Hier zeigt sich eindeutig der Einfluss der
außersprachlichen Ereignisse auf den Sprachgebrauch, denn da es sich bei den
katastrophalen Ereignissen um die Zerstörung eines Atomkraftwerks durch
Naturgewalten handelte, wird das unsichere AKW nun zum Feindbild.
Auch die Untersuchung anderer Begriffe hat gezeigt, dass sich die Thematik des
Diskurses stark verschoben hat, und zwar von der Problematik des Transports und
der (End-)Lagerung von hochradioaktivem Müll hin zu der potentiellen
Gefährdung durch Atomkraftwerke. So kommen die Begriffe Castor und
Castortransport in der Atomkraft-Debatte nach dem März 2011 kaum noch vor.
Auch die Gebrauchsweisen von Laufzeitverlängerung verändern sich
entsprechend dem thematischen Schwerpunkt; auch bei den Sprechergruppen, die
dem Sachverhalt gegenüber positiv eingestellt waren, ist nach dem März 2011 ein
47
Umdenken zu erkennen. Die Laufzeitverlängerung wird nicht länger als Chance,
sondern als Fehler betrachtet. Infolge der Atomkatastrophe wurde auch der
Begriff Fukushima in die Atomkraft-Debatte aufgenommen, zunächst zur
Spezifizierung der Begriffe Katastrophe oder Unfall, später steht der Begriff
Fukushima auch selbst für die Katastrophe. Auch an der Frequenz des Begriffs
Katastrophe lässt sich zeigen, dass sich die Thematik des Diskurses verschoben
hat. Nicht zuletzt liefern auch die Begriffe Atomausstieg und Energiewende einen
Hinweis auf diese Veränderung. Während die Begriffe vor den Ereignissen von
Fukushima vor allem in sehr spezifischen Gebrauchsweisen verwendet wurden,
erweitern sich die Gebrauchsweisen nach dem März 2011 enorm. Atomausstieg
war zunächst nur auf die Beschlüsse von Rot-Grün aus dem Jahr 2000 bezogen
worden, und Energiewende war als Gegenentwurf zu Begriff Energiekonzept in
die Debatte eingeführt worden.
Das Schlagwort Brückentechnologie, das von Schwarz-Gelb während der
Koalitionsverhandlungen 2009 in den Diskurs eingeführt worden war und bereits
zu diesem Zeitpunkt in der Kritik stand, konnte infolge der stark veränderten
Einstellungen und Werthaltungen der Wählerinnen und Wähler seinen Status als
Fahnenwort nicht aufrechterhalten. Nach der Atomkatastrophe wird mit ihm von
Sprechergruppen, welche die positive Verknüpfung mit Atomkraft nicht
aufrechterhalten wollen, auf andere Sachverhalte, beispielsweise auf die ‚Nutzung
von Kohle und Gas zur Energiegewinnung’, referiert. Diese Beispiele zeigen
deutlich, dass die Atomkatastrophe von Fukushima den Diskurs und auch die
Gebrauchsweisen einzelner Begriffe verändert hat. Wie nachhaltig diese
Veränderungen jedoch sind, kann anhand dieser Untersuchung nicht festgestellt
werden. Zu diesem Zweck müsste eine ähnliche Untersuchung zu einem
Zeitpunkt angestellt werden, in der die Katastrophe von Fukushima kein aktuelles
Thema im Diskurs mehr darstellt.
Die Untersuchungsergebnisse zu anderen Begriffen zeigen, dass diese sich
innerhalb des untersuchten Zeitraums kaum verändert haben. Es lassen sich
deutlichere Veränderungen zwischen den Verwendungsweisen, wie sie im Jahr
1989 dokumentiert worden waren, und den hier dokumentierten Ergebnissen
feststellen. Zu diesen Begriffen gehören die Bezeichnungsalternativen alternative
Energien und erneuerbare Energien. Dabei scheint sich der Begriff erneuerbare
Energien gegenüber seiner Bezeichnungsalternative durchgesetzt zu haben, wie
auch die Verkürzung zu Erneuerbare erkennen lässt. Das lässt sich auch für den
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Begriff Endlager feststellen.
Einige Begriffe, die im Korpus mit einer größeren Häufigkeit erwartet worden
waren wie Moratorium oder Stresstest, kamen nicht in ausreichender Anzahl vor,
so dass aussagekräftige Ergebnisse erwartet werden konnten. Sie wurden deshalb
von der Untersuchung ausgeschlossen. Zur Untersuchung dieser Begriffe müsste
vermutlich ein spezielleres Korpus bezüglich der zeitlichen Eingrenzung und der
Thematik erstellt werden. Auch um das erste Auftreten von Begriffen wie
Ökostrom, Energiekonzept, Energiewende oder Laufzeitverlängerung zu belegen,
wäre ein anderes Korpus, das vor allem einen größeren Zeitraum abdeckt,
erforderlich.
Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass die in der Einleitung formulierten
Ziele im Wesentlichen erreicht werden konnten, wobei die Hypothese
dahingehend zu verändern ist, dass einschneidende außersprachliche Ereignisse,
ebenso wie die zeitliche Dimension, einen Einfluss auf die Verwendungsweisen
von zentralen Begriffen eines Diskurses haben können.
49
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51
Inhaltsverzeichnis Anhang
Anhang Teil1: Belege zu den Artikeln Seite 51
Anhang Teil 2:
Screenshot Wortliste 1 Seite 59
Screenshot Wortliste 2 Seite 60
Screenshot KWIC-Ansicht Atomkraft Seite 61
Screenshot Cluster-Ansicht Atomkraft Seite 62
Screenshot Collocates-Ansicht Atomkraft Seite 63
52
Anhang Teil 1:
Belege zu den Artikeln
(1) Gut 40 Menschenketten gegen Atomkraft (Bild, 25.02.1011)
(2) Der Protest richtet sich gegen die Atompolitik der schwarz-gelben Koalition. (Bild, 17.09.2010)
(3) Jeder Minute, in der kein Atomstrom produziert werde, sei ein Gewinn für die Sicherheit. (Focus online, 28.04.2011, 2)
(4)Kernkraftgegner hatten dazu aufgerufen, Schottersteine aus dem Gleisbett zu entfernen. (Stern, 06.11.2010)
(5)Damit stünden nur geringe Reserven zur Verfügung, um im Zweifelsfall eine Kernschmelze zu verhindern. (Spiegel online, 21.01.2011)
(6)Überall sonst gilt die Kernenergie noch als Zukunftstechnik. (Bild, 27.03.2011)
(7) Die Konferenz der „Alternativen Nobelpreisträger“ …. „Die Atomkraft gehört ins Naturkundemuseum, als warnendes Beispiel für Technologien, die nicht gesellschaftsfähig sind.“ (Zeit online, 20.09.2010)
(8) Die Täter sollen demnach militante Anti-Atomkraft-Aktivisten sein. (Zeit online, 02.11.2010)
(9) Massenproteste gegen die Atomkraft. Großdemonstrationen gegen Atomkraft gibt es in Deutschland seit mehr als 30 Jahren. (Focus online, 06.11.2010)
(10) Bürgermeister Olaf Scholz: „Das Zeitalter der Atomkraft ist vorbei.“ (Bild 13.04.2011)
(11) Der Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland hat die letzte Hürde genommen. (Spiegel online, 01.08.2011)
(12) Die neue Anti-Atomkraft-Bewegung feiert sich nun selbst – laut und deutlich. (Stern, 26.03.2011)
(13) Das norddeutsche Bundland trägt besonders große Lasten aus der Nutzen der Atomenergie in Deutschland. (Bild, 08.02.2011)
(14) Natürlich kann man gegen Atomenergie sein, natürlich gegen längere Laufzeiten der AKW, um nicht noch mehr atomaren Müll zu erzeugen. (Welt online, 09.11.2010)
(15) Die Atomenergie biete sich "insbesondere wegen der nicht vernachlässigbaren Risiken schwerster Schadensfälle, der ungeklärten Endlagerungsproblematik und dem Risiko unkontrollierter Proliferation" nicht als Ausweg an. (Stern, 07.04.2011)
(16) Strahlenschützer König über den Atom-Alleingang und den Umgang mit dem Müll: „In der Vergangenheit sind die wahren Kosten der Atomenergie nicht transparent gewesen.“ (Welt online 2, 07.07.2011)
(17) Normalerweise preist sie die Vorzüge der Kernkraft. (Zeit online, 09.11.2010)
(18) RWE-Chef Jürgen Großmann hat die Entscheidung der Bundesregierung für längere Atomlaufzeiten begrüßt und ein Ende der Kampagne gegen die Kernkraft gefordert. (Focus online 28.09.2010)
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(19) Aus der „Brückentechnologie“ Kernkraft ist im Zeitraffer eine „Risikotechnolgie“ geworden. (Zeit online, 26.03.2011)
(20) Interview mit Jürgen Hambrecht (64), Ex-BASF-Chef und Mitglied der Ethikkommission: Wenn 2022 die Kernkraft vom Netz gehen soll, werden wir mehr Kohle und Gas brauchen … (Bild, 30.05.2011)
(21) RWE-Chef Jürgen Großmann … „Es ist Zeit, die Kampagne gegen die deutsche Kernenergie zu beenden, die aus Teilen der Öffentlichkeit betrieben wird.“ (Focus online 28.09.2010)
(22) Die Geschwindigkeit des Ausstiegs aus der Kernenergie muss vom Aufbau der erneuerbaren Energien bestimmt werden. (Welt online, 11.05.2011)
(23) Die Akzeptanz eines Ausstiegs aus der Kernenergie scheint bei den Deutschen jedoch an Bedingungen geknüpft zu sein. (Stern, 07.04.2011)
(24) In den Geschichtsbüchern wird einmal stehen: Die Schweinsjagd von Wyhl war die allererste Protestaktion gegen ein Atomkraftwerk in Deutschland. (Stern, 18.10.2010)
(25) Gegen die geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke machen die Grünen mobil.
(26) "Todsichere" Atomkraftwerke. Die Formulierung "todsicherer" eines Journalisten gefällt Brüderle in diesem Zusammenhang aber ganz und gar nicht. Er würde sie einfach sicher nennen. (Stern, 28.09.2010)
(27) Die übrigen neun Atomkraftwerke sollen ab 2015 schrittweise abgeschaltet werden: … (Focus online, 30.06.2011)
(28) Durch die Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke und des Meilers Krümmel wird das Aufkommen aus der Brennelementesteuer um rund eine auf etwa 1,3 Milliarden Euro sinken.(Focus online, 22.06.2010)
(29) Der Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Hubert Weiger: „Nicht erst seit dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission ist bekannt, dass kein Atomkraftwerk gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs gesichert ist.“ (Zeit online, 22.05.2011)
(30) Die tot geglaubte Anti-AKW-Bewegung ist wieder da. (Bild, 18.09.2010)
(31) Die Nachrüstung des Pannen-AKW ist komplzierter als gedacht: … (Spiegel online, 22.10.2010)
(33) Das AKW Mühlheim-Kärlich war nur wenige Monate in Betrieb… (Stern, 18.10.2010)
(34) Intern ist die Entscheidung umstritten, die Anti-AKW-Bewegung warnt die Grünen sogar vor einer Zustimmung. (Bild, 17.06.2011)
(35) In Japan steht ein Uralt-AKW vor dem Super-GAU. (Spiegel online, 18.03.2011)
(36) Wann das letzte AKW vom Netz geht, spielt für den Strompreis keine Rolle, sagt Klimaexpertin Knopf. (Zeit online, 21.06.2011)
(37) N. Röttgen: „Ganz einfach: Die Kernkraftwerke sind auf 40 Jahre ausgelegt.“ (Stern, 18.10.2010)
(38) Gerade hat die Regierung die Laufzeiten für Kernkraftwerke verlängert. (Spiegel online, 22.10.2010)
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(39) Das Netz ist nach der Abschaltung von acht Kernkraftwerken deutlich instabiler geworden, … (Focus online, 01.07.2011)
(40) Bis 2022 sollen die Kernkraftwerke abgeschaltet sein, fordert die CSU-Spitze (Zeit online, 20.05.2011)
(41) Der letzte Atommeiler würde somit um das Jahr 2035 vom Netz gehen. (Zeit online, 26.02.2011)
(42) Gegen fünf weitere Atommeiler, die unzureichend gegen den Aufprall eines Flugzeugs geschützt seien, liefen bereits Klagen. (Stern, 14.09.2010)
(43) Umweltschützer kritisieren Mängel an Uralt-Meiler. (Spiegel online, 21.01.2011)
(44) Auch in Deutschland sind Methusalem-Meiler wie Biblis am Netz. (Spiegel online, 18.03.2011)
(45) Die sieben ältesten Meiler und Krümmel werden sofort stillgelegt. (Welt online, 12.06.2011)
(46) ZEIT ONLINE: Ein gewichtiges Argument gegen die Atomkraft ist die Sicherheit der Reaktoren. (Zeit online, 22.09.2010)
(47) Die Bundesregierung beruhigt das Volk mit dem Märchen von den modernsten und sichersten Reaktoren der Welt … (Stern, 18.10.2010)
(48) Nach der Reaktorkatastrophe in Japan werden alle deutschen Atommeiler einer umfassenden Sicherheitsanalyse unterzogen. (Bild, 03.05.2011)
(49) Der wegen seiner vielen Pannen berüchtigte Uralt-Reaktor Isar 1 bei Landshut ist abgeschaltet worden … (Zeit online, 20.05.2011)
(50) Sorgen macht sich der DPolG-Chef vor allem mit Blick auf eine mögliche Straßenschlacht mit gewaltbereiten Castor-Gegnern. (Bild, 08.11.2010)
(51) Eigentlich sollte hier längst der Castor fahren , doch seit Sonntagmittag saßen Tausende Menschen auf den Gleisen bei Harlingen, knapp 15 Kilometer vom Verladebahnhof Dannenberg entfernt. (Zeit online, 08.11.2010)
(52) In der Asse lagert insgesamt ein Zweihundertstel der Radioaktivität, die sich in einem einzigen Castor-Behälter befindet. (Welt online, 07.07.2011)
(53) "Wir werden auch in Zukunft gegen Castor-Transporte protestieren, denn die Endlagerfrage ist weiterhin nicht geklärt", kündigte Höhn an. (Zeit online, 12.06.2011)
(54) Ein Teil des Geldes aus der Besteuerung von Brennelementen soll auch in die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse fließen (Focus online, 26.11.2010)
(55) Fünf Castor-Transportbehälter mit hoch radioaktivem Atommüll sind am frühen Mittwochmorgen von Karlsruhe auf die Reise nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern gegangen. (Stern, 16.02.2011)
(56) Laut Bekennerschreiben wollten die Verfasser mit ihrer Tat ein Signal vor allem gegen die Atomindustrie und gegen Waffentransporte setzen. In dem Text heißt es: "Über die Schienen der Deutschen Bahn werden Atomtechnik und Atommüll transportiert." (Zeit online, 24.05.2011)
(57) Die beiden Bundesländer, in denen mit am meisten Atommüll produziert wird, haben potenzielle Endlagergebiete.(11.09.2011)
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(58) Lösungsvorschläge für die drängende Atommüll-Endlagerfrage zog die Parteichefin auch nicht aus der Lederkutte, man wolle „ergebnisoffen prüfen“. (Welt online, 12.11.2010)
(59) Bei der Suche nach einem Endlager sind als letzter Weg auch wieder Enteignungen vorgesehen. (Spiegel online, 26.11.2010)
(60) Beim Thema Endlager forderten die Länder eine rasche Lösung. (Stern, 03.06.2011)
(61) Im Zuge der Energiewende will die CDU nun auch die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll vorantreiben. (Welt online (10.05.2011)
(62) Rund 50.000 Demonstranten wollten verhindern, dass elf Container mit Atommüll per Zug und Tieflader ins Zwischenlager Gorleben gelangten. (Welt online, 12.11.2010)
(63) Fast 20 000 Polizisten haben den zwölften Castor-Transport in das niedersächsische Atommüll-Zwischenlager Gorleben geschützt. (Bild, 09.11.2010)
(64) Die beiden Altmeiler Isar 1 und Biblis A seien mit neuen Brennstäben befüllt worden. Die müssten auch nach einer Abschaltung fünf bis zehn Jahre zum Abkühlen in den Reaktoren bleiben, heißt es in dem Rechtsgutachten. Erst danach könne man sie in ein Zwischenlager bringen. (Spiegel online, 20.06.2011)
(65) Zudem müsse es eine ergebnisoffene Suche nach einem Endlager und einen Baustopp im Zwischenlager Gorleben geben, verlangte Künast. (Spiegel online, 30.06.2011)
(66) Das Risiko von Stromausfällen in Deutschland wächst: Das Bundeswirtschaftsministerium befürchtet schon in naher Zukunft gravierende Störungen im deutschen Stromnetz. (Stern, 23.01.2011)
(67) Mit ihrer strikten Absage an die Risikotechnologie wurden Realos und Fundis gemeinsam bei den Regionalwahlen im Frühjahr zur drittstärksten politischen Kraft, rund ein Viertel der Franzosen votierte für sie. (Spiegel online, 12.09.2010)
(68) "Warum setzen uns die Bundesregierung und die Atomkonzerne weiterhin diesem tödlichen Risiko aus?", fragte Christoph Bautz vom Aktionsbündnis Campact. (Stern, 26.03.2011,2)
(69)Stey sagte, er habe große Sorge, dass das Atomrisiko länger als nötig weiter bestehe. (Zeit online, 25.06.2011)
(70) Für 92 Prozent ist die bedeutendste Eigenschaft der erneuerbaren Energien die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, 86 Prozent bewerten sie im Gegensatz zur Atomkraft als eine Energiequelle mit geringen Gefahren und Risiken. (Bild, 26.10.2010)
(71) Die Subventionen lägen sogar noch weitaus höher, wenn die Risiken der Atomkraftnutzung in die Berechnung einbezogen würden. (Zeit online, 13.10.2010)
(72) …- und die prozessualen, handwerklichen Restrisiken dieses revolutionären Blitzausstiegs nicht klein reden.(Stern, 09.06.2011)
(73) In dieser Zeit lässt die Regierung die Risiken der Atomkraft durch die Reaktorsicherheitskommission neu überprüfen. (Zeit online, 13.04.2011)
(74) Die Laufzeitverlängerung des Atomstroms nimmt Forschung, Entwicklung und Investitionen in alternative Energien einen Großteil ihrer Attraktivität. (Stern, 18.10.2010)
(75) Wer die Vorschläge der alternativen Energiepolitik über einen längeren Zeitraum verfolgt, fühlt sich an ein Hütchen-Spiel erinnert. (Welt online, 19.10.2010)
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(76) Die Grünen betonen, dass parallel zum Abschalten der Atomkraftwerke massiv in alternative Energien und moderne Infrastruktur investiert werden müsse. (Spiegel online 18.03.2011)
(77) Vier Platzhirsche beherrschten auch danach den Markt – und alternative Energien konnten sich ihren Platz nur erobern, weil sie auf staatliches Geheiß bis heute von den Verbrauchern finanziert werden.(Zeit online, 10.08.2011)
(78) Solche Kollisionen werden sich häufen, je entschlossener der Ausbau der erneuerbaren Energien voranschreitet. (Zeit online, 13.11.2010)
(79) Umweltminister Norbert Röttgen fehlte, als der Bundesrat die Atomgesetze beschloss. Aus gutem Grund - denn das für die Zukunft wichtige Thema erneuerbare Energien wurde damit abgesetzt. (Stern, 26.11.2011)
(80)Viel wichtiger sind die Alternativen: Der Ausbau der Erneuerbaren und deren Integration ins Netz. (Zeit online, 21.06.2011)
(81)Hintergrund der Zurückhaltung sind angeblich ungeklärte Fragen zum Netzausbau, den Erneuerbaren Energien und der Versorgungssicherheit. (Stern, 26.05.2011)
(82) Die Zukunft: Ökostrom und Energiesparen (Stern, 28.09.2010)
(83) Wer die Vollversorgung mit Ökostrom will, muss neben den grünen Kraftwerken vor allem das Stromnetz ausbauen, das Energiemanagement einführen und Langzeitspeicher für Strom weiterentwickeln. (Zeit online, 04.10.2010)
(84) Der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Dietmar Schütz, sagte, bis 2020 würden vor allem Windkraft und Solaranlagen massiv ausgebaut und Ökostrom könne den Atomstrom ersetzen. (Focus online, 28.04.2011, 2)
(85) Sie (Anmerk.: SPD und Grüne) halten das Ziel von Union und FDP, den Ökostrom-Anteil von derzeit rund 19 Prozent bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern, für zu gering. (Zeit online, 30.06.2011)
(86) Ein ambitionierter Plan, den Merkel und ihr Kabinett jedoch selbst nicht sonderlich ernst zu nehmen scheinen. Sonst hätten sie gerade wohl kaum den Ausstieg aus dem Atomausstieg beschlossen: (Zeit online, 04.10.2010)
(87)Man habe einen bestehenden Atomausstieg, an dem man festhalten werde. Auch eine schwarz-grüne Koalition sei nun nicht mehr möglich. (Spiegel online, 21.09.2010)
(88)Die Grünen wollen dem Konzept der Bundesregierung zum Atomausstieg bis 2022 zustimmen. (Bild, 17.06.2011)
(89)In der Diskussion über einen schnellen Atomausstieg warnen die Grünen vor Panikmache wegen der Entwicklung der Strompreise. (Focus online, 16.04.2011)
(90) Der Atomkompromiss ist Teil des Energiekonzeptes, das eine weitgehende Umstellung auf Öko-Energien bis 2050 vorsieht. (Stern, 28.09.2010)
(91) In der Union formiert sich nach SPIEGEL-Informationen Widerstand gegen das Energiekonzept der Bundesregierung. (Spiegel online, 18.09.2010)
(92) Allerdings müsse Deutschland nach den Ereignissen von Fukushima schneller auf die Atomkraft verzichten, als dies ursprünglich im schwarz-gelben Energiekonzept vorgesehen sei. (Zeit online, 09.04.2011)
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(93) Im Parlament kritisierten Opposition und Regierungsfraktion ihre Energiekonzepte gegenseitig aber als unglaubwürdig und weltfremd. (Bild, 13.04.2011)
(94) “Heute, zu den Zeiten der von Grün-Rot eingeleiteten Energiewende, sind wir noch Netto-Stromexporteur. (Stern, 28.09.2010)
(95) Die Grünen würden vor der Bundestagswahl 2013 durchgerechnete Konzepte für eine Energiewende, mehr soziale Gerechtigkeit und bessere Bildung vorlegen. (Stern, 19.11.2010)
(96) Die Energiewende ist beschlossen. Sie nimmt Gestalt an – aber sie wird anders aussehen, als Deutschlands Atomkraftgegner und eigentlich das ganze Land sie sich erträumt haben: ungemütlicher, teurer und, das vor allem, verheerend für das Klima. (Zeit online, 27.07.2011)
(97) Schließlich seinen bei der Energiewende die Interessen der Verbraucher und der Wirtschaft auf eine kostenverträgliche Umsetzung zu beachten. (Stern, 31.05.2011)
(98) Nach Fukushima waren dann die deutschen Atomkraftwerke innerhalb von drei Tagen plötzlich doch irgendwie unsicher, und es wurde der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen.(Zeit online, 19.07.2011)
(99) Nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima habe sich lediglich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung verändert, die deutschen Atomkraftwerke gehörten aber nach wie vor zu den sichersten der Welt. (Stern, 28.04.2011)
(100) Der Bundesgesundheitsminister und künftige Vizekanzler betonte zugleich, die Atomkatastrophe von Fukushima sei ein dramatischer Einschnitt. (Focus online, 16.04.2011)
(101) Für die Gegner der Atomkraft bedeutet jedes weitere Jahr Laufzeit ein weiteres Jahr GAU-Risiko (Stern, 18.10.2010)
(102) Die Laufzeitverlängerung des Atomstroms nimmt Forschung, Entwicklung und Investitionen in alternative Energien einen Großteil ihrer Attraktivität. Die befürchtete Vollbremsung in dieser Schlüsseltechnologie wäre ein GAU für die deutsche Volkswirtschaft. (Stern, 18.10.2010)
(103) Sechs Wochen nach dem GAU gründet die Bundesregierung unter CDU-Kanzler Helmut Kohl das Bundesumweltministerium. (Focus online, 26.04.2011)
(104) Wie kann man der Bevölkerung nach dem GAU in Japan noch weismachen, es sei verantwortungsbewusst, uralte Reaktoren zu betreiben. (Spiegel online, 18.03.2011)
(105) Tschernobyl. Diese Katastrophe hat nach unterschiedlichen Angaben zwischen 4000 und 60000 Menschenleben gefordert. (Zeit online, 06.11.2010)
(106)Manche Sicherheitsvorkehrungen wie die zur Beherrschung von Störfällen seien so wichtig, dass es eine „Katastrophe“ sei, sei auf die lange Bank zu schieben, kritisierte Renneberg. (Spiegel online, 29.09.2010)
(107) Die Atomkatastrophe in Japan müsse „auch für uns ein Anlass sein, über unsere Position zur Kernenergie neu nachzudenken.“ (Welt online, 10.05.2011, 2)
(108) Unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan ändern auch die Grünen ihre Haltung zur Atomkraft – und fordern einen schnelleren Ausstieg als Rot-Grün ihn 2000 beschloss. (Spiegel online, 18.03.2011, 2)
(109) Der Energiemangel werde durch die bundespolitischen Beschlüsse zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke „gerade noch rechtzeitig“ verhindert, heißt es in einem Energiebericht der IHK. (Welt online, 25.09.2010)
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(110) Bei kaltem Nieselregen haben am Samstag in Greiswald Tausende Atomkraftgegner gegen den bevorstehenden Castor-Transport ins Zwischenlager Nord bei Lubmin demonstriert. Sie forderten zugleich einen Verzicht auf die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. (Focus online, 12.12.2010)
(111) Angela Merkel hat ihr Laufzeitverlängerungs-Präsent nicht an Ausstiegsverhandlungen für die schmutzigen Kohlekraftwerke gebunden. (Zeit online, 13.11.2010)
(112) Schwierige Zeiten für die Regierung, erst wird sie für die 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung vom Volk abgestraft und musste schmerzliche Stimmverluste bei Landtagswahlen hinnehmen. (Bild, 01.06.2011)
(113) Die Rücknahme der „unsäglichen Laufzeitverlängerung“, nach der die Atomkraftwerke bis weit über 2040 gelaufen wären, sei Grünes Ziel gewesen, sagte Roth. (Zeit online, 25.06.2011)
(114) Dagegen hofft die Regierung, dass Wulf das Gesetz nach der Entscheidung von Bundestag und Bundesrat rasch unterschreibt, damit die erst im Herbst 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung als Konsequenz aus der Atomkatastrophe von Fukushima wieder zurückgenommen werden kann. (Spiegel online, 10.07.2011)
(115) Union und FDP bezeichnen die Atomenergie als nötige Brückentechnologie auf dem Weg in das Zeitalter erneuerbarer Energien. (Focus online, 13.09.2010)
(116) Die Kernenergie wird in diesem Konzept lediglich die Funktion einer Brückentechnologie haben. (Focus online, 26.09.2010)
(117) Die Brücken-Lüge (Stern, 18.10.2010)
(118)“…Und es ist auch eine Lüge, dass Atomkraft eine unverzichtbare Brückentechnologie ist“, erklärte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl. (Spiegel online, 21.03.2011)
(119) Teyssen sagte, ohne die Kernenergie als Brücke in das Zeitalter der erneuerbaren Energien müsse Deutschland mehr Kohle- und Atomstrom importieren, Strompreise für energieintensive Betriebe könnten um zehn Prozent steigen und man brauche mehr Gas- und Kohlekraftwerke, was die deutschen Verpflichtungen beim Klimaschutz gefährde. (Focus online, 28.04.2011, 2)
(120) Dirk Seifert von der Umweltschutzorganisation Robin Wood. „Atomenergie ist nichts anderes als eine Brücke in die Katastrophe.“ (Spiegel online, 25.04.2011)
(121) Doch schon im Koalitionsvertrag wurde die Rolle der Kernenergie etwas zurückhaltender formuliert, der Begriff der „Brückentechnologie“ wurde geboren. (Welt online, 12.06.2011)
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Anhang Teil 2: Wortliste I
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Anhang Teil 2: Wortliste 2
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Anhang Teil 2: KWIC-Ansicht Atomkraft
62
Anhang Teil 2: Cluster-Ansicht Atomkraft
63 Anhang Teil 2: Collocates-Ansicht Atomkraft