Zur psycholinguistischen Methodik in der Mehrsprachigkeitsforschung
Christina Clasmeier, Katrin Karl
Seminar für Slavistik / Lotman-Institut
Ruhr-Universität Bochum
PERSPEKTIVEN DER DEUTSCH-SLAVISCHEN MEHRSPRACHIGKEITUniversität Regensburg, 18.-19.3.2016
Ablauf
Freitag, 18.03.2016, 14:30 – 17:30 Uhr
Teil A: Theoretische Einführung:
Was ist Mehrsprachigkeit?
Überblick über Methoden in der Psycholinguistik
Psycholinguistik und Mehrsprachigkeitsforschung
PAUSE
Teil B: Praktischer Teil:
Gruppenarbeit zu konkreten Fragestellungen
Präsentation der Ergebnisse
Samstag, 19.03.2016, 09:00 – 10:00 Uhr
Teil C: Sammlung und Nachbereitung
Feedbackrunde
Erarbeitung der Präsentation der Ergebnisse
Ein kleiner Einblick ...
Was passiert auf dem folgenden Videoclip?
Notieren Sie bitte eine kurze Beschreibung!
Quelle: B. Mertins
Was sehen und beschreiben wir – und warum?Vgl. v. Stutterheim et al. 2012
Möglichkeiten der Beschreibung
Verweis auf Personen (Frauen, Nonnen ...)
Beschreibung der Bewegung an sich (gehen, laufen ...)
Art bzw. Verortung der Bewegung (eine Straße entlang ...)
Ziel der Bewegung (auf ein Haus zu ...)
Sprachlich bedingte Unterschiede?
Verweis auf Personen (Frauen, Nonnen ...)
Beschreibung der Bewegung an sich (gehen, laufen ...)
Art bzw. Verortung der Bewegung (eine Straße entlang ...)
Ziel der Bewegung (auf ein Haus zu ...)
Holistische Perspektive (Ziel einer Bewegung wird fokussiert): meist
Sprachen ohne Aspektsystem, z.B. Deutsch
Phasale Perspektive (Ziel wird nicht fokussiert, Augenmerk auf
Bewegung an sich): meist Sprachen mit Aspektsystem, z.B. Russisch
Was sehen und beschreiben wir – und warum?Vgl. v. Stutterheim et al. 2012
Sprachliches System beeinflusst das, was wir wahrnehmen
Konzepte der Wahrnehmung und Beschreibung werden sprachspezifisch
erworben
Was geschieht unter Sprachkontaktsbedingungen?
Erworbenes Konzept der Erstsprache wird transferiert
Z.B. Beschreibung der Situation auf Deutsch ohne Zielfokussierung durch
russischen L1-Sprecher
Was ist Mehrsprachigkeit?
Unterschiedliche Ansätze der Definition (u.a.):
Erwerbsbasiert
Erst- vs. Zweitsprache (Alter des Erwerbs; 2L1, cL2 und aL2)
Art des Erwerbs (gesteuert vs. natürlich; Fremdsprache?)
Kompetenzbasiert
Mindestkompetenzen in der Zweitsprache (von mündlichem
Gebrauch bis zu schriftsprachlichen Fertigkeiten)
Problem: Vergleichsbasis: L2-Sprecher können Kompetenzen
von L1-Sprechern übertreffen
Anwendungsbasiert
„Zweisprachigkeit ist die Praxis, im Alltag abwechselnd zwei
Sprachen zu gebrauchen“ (Weinreich 1953, 1, modifiziert nach
Anstatt)
Perspektiven der Erforschung von
Mehrsprachigkeit
Soziolinguistische Perspektive (mehrsprachige Gesellschaft)
Diglossie-Situationen und ihre Auswirkungen (z.B. Altostslavisch und
Russischkirchenslavisch)
Auswirkungen von mehrsprachigen Gesellschaften (z.B.
Schülerkommunikation in Klassen mit SuS unterschiedlicher
Herkunftssprachen)
Systemlinguistische Perspektive (Veränderungen des Sprachsystems)
Modifikationen einer Kontaktsprache durch die andere (Einfluss von L1
auf L2 oder umgekehrt), z.B. Veränderungen in der
Bedeutungsstruktur russischer Wörter durch deutschen Einfluss (vgl.
familija = Familie)
Psycholinguistische Perspektive
Psycholinguistik
„Psycholinguistik ist die Wissenschaft vom sprachlichen Verhalten und Erleben“ (Rickheit, Sichelschmidt et al. 2007, 13).
Spracherwerb (Erst-, Zweit-, Fremdspracherwerb; Schrifterwerb)
Sprachwissen (mentales Lexikon, mentale Grammatik)
Sprachverarbeitung (Produktion und Rezeption)
(Mehrsprachigkeit)
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Mehrsprachigkeitsforschung8
Bei Mehr-sprachigen
Psycholinguistische Methoden
Selbstbeobachtung (Introspektion)
Beobachtungen an Korpora (=Material, das nicht speziell zum Zweck der Untersuchung gesammelt wurde)
Teilnehmende Beobachtung
Nicht-teilnehmende Beobachtung
Experimentelle Beobachtung (erlaubt als einzige die Rekonstruktion von Kausalzusammenhängen, daher die für die PL wichtigste Methode): on-line & off-line
Klassifizierung nach Rickheit, Sichelschmidt et al. 2007, 32ff
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Mehrsprachigkeitsforschung9
Psycholinguistische Methoden
Selbstbeobachtung (Introspektion)
Beobachtungen an Korpora (=Material, das nicht speziell zum Zweck der Untersuchung gesammelt wurde)
Teilnehmende Beobachtung
Nicht-teilnehmende Beobachtung
Experimentelle Beobachtung (erlaubt als einzige die Rekonstruktion von Kausalzusammenhängen, daher die für die PL wichtigste Methode): on-line & off-line
Klassifizierung nach Rickheit, Sichelschmidt et al. 2007, 32ff
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Mehrsprachigkeitsforschung10
Nicht-teilnehmende Beobachtung:
Beurteilung der Wortfrequenz – Beispiel 1
Frequenz ist einer der wichtigsten Faktoren, die die Sprach-verarbeitung beeinflussen (Balota et al. 2004; Brysbaert & New 2009)
Methoden, Frequenz zu erheben:
Zählen von Wörtern in Texten: Korpusfrequenz
o Beispiel Russisch: Novyj Častotnyj Slovarʼ Russkoj Leksiki (NČS): http://dict.ruslang.ru/freq.php
o Beispiel Polnisch: Narodowy korpus języka polskiego (NKJP): http://nkjp.pl/
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Wortfrequenz messen
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Mehrsprachigkeitsforschung12
Nicht-teilnehmende Beobachtung:
Beurteilung der Wortfrequenz – Beispiel 1
Frequenz ist einer der wichtigsten Faktoren, die die Sprach-verarbeitung beeinflussen (Balota et al. 2004; Brysbaert & New 2009)
Methoden, Frequenz zu erheben:
Zählen von Wörtern in Texten: Korpusfrequenz
o Beispiel Russisch: Novyj Častotnyj Slovarʼ Russkoj Leksiki (NČS): http://dict.ruslang.ru/freq.php
o Beispiel Polnisch: Narodowy korpus języka polskiego (NKJP): http://nkjp.pl/
Beurteilung durch Sprecher/innen: Subjektive/Geschätzte Frequenz
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Wortfrequenz messen
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Mehrsprachigkeitsforschung14
Nicht-teilnehmende Beobachtung:
Beurteilung der Wortfrequenz – Beispiel 1
Anwendungsbeispiel:
Untersuchung russischer Aspektpaare (Anstatt & Clasmeier 2012): Beeinflusst die Häufigkeit der einen Aspektform (z.B. ustanovitʼ ‚pf. aufstellen‘) die Beurteilung der Häufigkeit der anderen Form (ustanavlivatʼ ‚ipf. aufstellen‘)?
*P = Proband/in
** ipm = instances per million words
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Korpusfrequenz P1* P2 P3 P4 P5 P6 P7
ustanovitʼ 174 ipm** 6 5 4 5
ustanavlivatʼ 34,8 ipm 5 4 6
Nicht-teilnehmende Beobachtung:
Beurteilung der Wortfrequenz – Beispiel 1
Anwendungsbeispiel:
Untersuchung russischer Aspektpaare (Anstatt & Clasmeier 2012): Beeinflusst die Häufigkeit der einen Aspektform (z.B. ustanovitʼ ‚pf. aufstellen‘) die Beurteilung der Häufigkeit der anderen Form (ustanavlivatʼ ‚ipf. aufstellen‘)?
* Maß der zentralen Tendenz (Deskriptive Statistik)
** Streuungsmaß (Je kleiner der Wert, desto einmütiger die Urteile)
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Korpusfrequenz Median gruppierter Daten* Quartilsabstand**
ustanovitʼ 174 ipm 5,73 0,66
ustanavlivatʼ 34,8 ipm 5,19 0,91
Nicht teilnehmende Beobachtung:
Wortassoziationen – Beispiel 2
dunkel
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Nicht teilnehmende Beobachtung:
Wortassoziationen – Beispiel 2
schlafen
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Mehrsprachigkeitsforschung18
Nicht teilnehmende Beobachtung:
Wortassoziationen – Beispiel 2
Wortassoziationen sind nicht willkürlich, sondern in gewissem Maße voraussagbar.
1910: Entwicklung des Kent-Rosanoff-Tests, der 100 Stimuluswörter und die dazugehörigen Assozia-tionsnormen (1000 Infor-mant/innen) enthält
1918.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Karaulov: Russkij associativnyj slovarʼ (1994-1996)
Nicht teilnehmende Beobachtung:
Wortassoziationen – Beispiel 2
Anwendungsbeispiel:
Untersuchung der Frage, ob Kontrastassoziationen (z.B. dunkel > hell) in den slavischen Sprachen (Polnisch, Russisch) so stark dominieren wie in germanischen Sprachen (Anstatt 2008)
18.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
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Stimulus P1 P2 P3 P4 P5
ciemny ‚dunkel‘
pokój‚Zimmer‘
jasny‚hell‘
jasny noc‚Nacht‘
pokój
praca ‚Arbeit‘
ciężki‚schwer‘
dobra‚gute‘
ciężka‚schwere‘
ciężka trud‚Mühe‘
Nicht teilnehmende Beobachtung:
Wortassoziationen – Beispiel 2
Anwendungsbeispiel:
Untersuchung der Frage, ob Kontrastassoziationen (z.B. dunkel > hell) in den slavischen Sprachen (Polnisch, Russisch) so stark dominieren wie in germanischen Sprachen (Anstatt 2008)
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Mehrsprachigkeitsforschung21
Stimulus Platz 1 Platz 2 Platz 3
ciemny ‚dunkel‘ jasny ‚hell‘, 31% pokój ‚Zimmer‘, 21% noc ‚Nacht‘, 7%
praca ‚Arbeit‘ ciężki/a ‚schwere (m/f)‘, 24%
dobra ‚gute‘, 3% trud ‚Mühe‘, 2%
Experimentelle Beobachtung – on-line:
Eye-Tracking – Beispiel 3
Beim Eye-Tracking werden mit einer Kamera die Blickbewegungen (Fixationen und Sakkaden) während der Bewältigung einer (z.B. sprachlichen) Aufgabe aufgezeichnet.
Aus den Blickbewegungen kann auf kognitive Prozesse rückgeschlossen werden.
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Mehrsprachigkeitsforschung22
Experimentelle Beobachtung – on-line:
Eye-Tracking – Beispiel 3
Anwendungsbeispiel:
Allopenna et al. 1998
18.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung23
„Put the beaker above the triangle“
Experimentelle Beobachtung – on-line:
Eye-Tracking – Beispiel 3
Anwendungsbeispiel:
Allopenna et al. 1998
18.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung24
„Put the beaker above the triangle“
Psycholinguistische Methoden –ZusammenfassungMethode Schwierigkeit &
Aufwand: DurchführungSchwierigkeit & Aufwand: Auswertung
Worüber wird Aufschluss gewonnen?
Bsp. 1 – Subjektive Frequenz erheben
Gering (Paper & Pencil-Test)
Mittel (Deskriptive Statistik)
Wahrnehmung eines Phänomens (hier: Frequenz) durch Sprecher/innen
Bsp. 2 – Wortassozia-tionen erheben
Gering (Paper & Pencil-Test)
Mittel (Klassifikation; Prozentrechnung)
Relationen zwischen Wörtern im mentalen Lexikon
Bsp. 3 – Eye-Tracking Hoch (Eye-Tracking-Labor erfordert Geld, Platz und technisches Know-How)
Hoch (Komplexe inferentielle statistische Verfahren)
Kognitive, unbewusst stattfindende Prozesse
18.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
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Psycholinguistik & Mehrsprachigkeit
18.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung26
dunkel... Hell!
Problem I: Fehlende Lesekenntnisse in L1 (oder L2) Frühe Bilinguale sind nicht
automatisch auch biliteral, verfügen also nicht unbedingt auch über schriftsprachliche Kenntnisse.
Lösung:
Wenn die eigene Studie Lese-oder/und Schreibkenntnisse erfordert, bereits bei der Proband/innensuche klären, ob eine interessierte Person in Frage kommt.
2718.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Problem I:Fehlende Lesekenntnisse in L1 (oder L2) Anschlussproblem:
Frühe Bilingual-Biliterale sind häufig nicht reprä-sentativ für die Gruppe der Bilingualen insge-samt, da sie aus beson-ders bildungsbewussten Familien kommen.
Lösungen:
Auf das lateinische Alphabet ausweichen, z.B. wenn es um das Schreiben eines Textes geht.
Mit visuellem nicht-sprachlichen Material (Bildern/Videos) arbeiten
Mit auditivem Sprachmaterial arbeiten
2818.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
18.-19.03.2016 29Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Filler: Rucksack / rjuksak Target: Schaffner
Filler: Pilz / grib Innersprachlicher Ablenker: Schalter
„[ʃafnɐ]“
Studie zur Koaktivierung im bilingualen mentalen Lexikon(vgl. Clasmeier, Anstatt et al. Im Druck)
18.-19.03.2016 30Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Filler: Rucksack / rjuksak Target: Schaffner
Filler: Pilz / grib Zwischensprachlicher Ablenker: šapka
„[ʃafnɐ]“
Studie zur Koaktivierung im bilingualen mentalen Lexikon(vgl. Clasmeier, Anstatt et al. Im Druck)
Forschungsfrage & Hypothesen
Tritt Koaktivierung sowohl bei frühen als auch bei späten Bilingualen auf? Gibt es einen Unterschied zwischen den Koaktivierungsmustern der beiden Gruppen?
Frühe Bilinguale: In Deutschland geboren oder mit ≤ 12 Jahren immigriert
Späte Bilinguale: Immigriert mit ≥ 15 Jahren (nach der Pubertät)
H1: Die inner- und zwischensprachliche Aktivierung des Russischen sollte bei späten Bilingualen stärker ausgeprägt sein.
H2: Die inner- und zwischensprachliche Aktivierung des Deutschen sollte bei frühen Bilingualen (Herkunftssprecher/innen) stärker ausgeprägt sein.
18.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung31
Problem II: Eignung des Materials
Passen die Bilder und Wörter zusammen? Evozieren die Bilder tatsächlich die beabsichtigten Wörter?
valenok ‚Filzstiefel‘ bubliki ‚Kringel‘
Lösung:
Vorstudie mit Russisch-Deutschen Bilingualen:
Bilder benennen
Wort-Bild-Passung beurteilen
(Subjektive Frequenz einschätzen)
3218.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Problem III: Besonderheiten der Sprachen
Fast alle russischen und deutschen Laute unterscheiden sich – von großen Unterschieden (Rachen-[ʁ] vs. Zungen-spitzen-[r]) bis zu kleineren (stimmlose Plosive werden im Deutschen stärker behaucht).
Wie kann verhindert werden, dass die Proband/innen auf Grund dieser Unter-schiede die zwischensprachlichen Ablenker ausschließen?
Lösung:
Bilinguale Sprecherin, die sowohl die deut-schen als auch die russischen Targetwörter eingesprochen hat.
3318.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Problem IV: Vergleichsmaß
Jedes psycholinguistische Experiment braucht eine so genannte baseline, eine Norm zum Vergleich mit der/den kritischen Bedingung(en). Häufig werden die Äuße-rungen, die Leistungen, das Verhalten von Bilingualen an dem von Monolingualen gemessen. Dieser Vergleich ist aber nicht immer sinnvoll.
Lösung (in unserer Studie):
Vergleich zweier Gruppen bilingualer Sprecher/innen
Bei manchen Fragestellungen kann auch ein Vergleich mit Fremdsprachenlernern ge-eignet sein.
3418.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Problem IV: Vergleichsmaß
Mit diesem Problem hängt auch zusammen, dass zu einem Bilingualen immer mind. zwei Sprachen gehören. Um allgemeinere Fragen (wie z.B. die nach der Koaktivierung) zu beantworten, müssen beide Sprachen berücksichtigt werden.
Lösung:
Experimentdurchgänge in deutscher und russischer Sprache.
Keine Doppelung von Stimuli
Reihenfolge variiert über Proband/innen (Proband A: Zuerst Russisch, dann Deutsch; Proband B: Zuerst Deutsch, dann Russisch)
3518.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
Mehrsprachigkeitsforschung
Problem V: Heterogenität
Bilinguale sind in der Regel in Bezug auf ihre Sprach-biographien heterogener als Monolinguale.
Das kann ein Problem für die Auswertung von Daten aus psycholinguistischen Experimenten sein, z.B. wenn die Daten sehr weit streuen.
Lösungen:
Vor dem Experiment entscheiden, über welche Sprachbiographie Proband/innen verfügen müssen, um mitmachen zu können.
Umfangreiche Fragebögen zur Sprachbiographie erheben (incl. Infos zur Sprachnutzung früher und heute, Einstellung zu den eigenen Sprachen, Selbsteinschätzung usw.) und bei der Auswertung einbeziehen
3618.-19.03.2016Zur psycholinguistischen Methodik in der
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Problem VI: Kompetenz in L1 und L2
Anders als bei erwachsenen Monolingualen ist bei erwach-senen Bilingualen sehr viel weniger selbstverständlich, dass sie über einen bestim-mten Wortschatz verfügen.
Experimentergebnisse können also dadurch verfälscht wer-den, dass die Proband/innen bestimmte Wörter gar nicht kannten.
Lösung:
NACH dem Hauptexperiment eine Nacherhebung machen, in der die Vertrautheit mit dem verwendeten Material über-prüft wird. In die Auswertung dann nur Bekanntes einbe-ziehen
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Danke für
Ihre Aufmerksamkeit!
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Literatur
Allopenna, P. D. et al. (1998). Tracking the time course of spoken word recognition using eye movements: Evidence for continuous mapping models. Journal of Memory and Language 38, 419-439.
Anstatt, T. (2008). Wer "dunkel" hört, muss nicht "hell" sagen: Wortassoziationen in slavischen und germanischen Sprachen. In: Kosta, Peter / Weiss, Daniel: Slavistische Linguistik 2006/2007. Referate des XXXII. und XXXIII. Konstanzer Slavistischen Arbeitstreffens, München (Slavistische Beiträge 464), 11-34.
Anstatt, T., Clasmeier, Ch. (2012). Wie häufig ist poplakat’? Subjektive Frequenz und russischer Verbalaspekt. Wiener Slawistischer Almanach, 70, 129-163.
Balota, D., Cortese, M., Sergent-Marshall, S., Spieler, D., Yap, M. (2004). Visual word recognition for single-syllable words. Journal of Experimental Psychology: General, 133, 283-316.
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Literatur
Brysbaert, M., New, B. (2009). Moving beyond Kučera and Francis: A critical evaluation of current word frequency norms and the introduction of a new and improved word frequency measure for American English. Behavior Research Methods 41/4, 977-990.
Clasmeier, C., Anstatt, T., Ernst, J., Belke, E. (i. Dr.). Are Schalter and šapka good competitors? Searching for stimuli for an investigation of the Russian-German bilingual mental lexicon. In: Anstatt, T., Clasmeier, C., Gattnar, A. (Hgg.): Slavic languages in Psycholinguistics. Chances and Challenges for empirical and experimental research. Tübingen.
Karaulov, Ju. N., Hrsg. (1994–1996). Russkij associativnyj slovar’. 4 Bde. Moskva.
Rickheit, G., Sichelschmidt, L., Strohner, H. (2007). Psycholinguistik. Tübingen.
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Literatur
v. Stutterheim, Ch., Andermann, M., Carroll, M., Flecken, M., Schmiedtová, B. 2012: How grammaticized concepts shape event conceptualization in language production: Insights from linguistic analysis, eye tracking data and memory performance. In Linguistics, 4, 833-867.
Weinreich, U. 1953: Languages in contact. Findings and problems. New York.
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Mehrsprachigkeitsforschung41
Teil B: Gruppenarbeit
Sie haben die Aufgabe, in Gruppenarbeit ein vorgegebenes Themengebiet
zu bearbeiten (s. Handzettel). Diskutieren Sie, wie Sie das Thema mit
psycholinguistischen Methoden erforschen könnten und gehen Sie dabei auf
Folgendes ein :
Formulieren Sie eine konkrete Fragestellung;
Leiten Sie Ihre Erwartungen und Hypothesen ab;
Erarbeiten Sie, welche Methode/n sich für diese Fragestellung
eignet/n;
Überlegen Sie, auf welche Probleme Sie dabei stoßen könnten und
wie diese zu lösen wären;
Erarbeiten Sie eine Präsentation Ihrer Ergebnisse zur Vorstellung.