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Zur Theorie der Oxyda.tion yon Ferro-Ion (lurch Sauerstoff.

Ton

E. Abel~ k. M. d. (~sterr. Ak~d. d. Wiss., London.

(Eingelangt am 1. J u n i 1951. Vorgelegt in der Si tzung am 7. J u n i 1951.)

I n einer kfirzlich erschienenen Pub l ika t ion 1 h~be ich versucht, den Mechanismus, fiber den sich im ~l]gemeinen Oxydat ionen dutch Sauer- stoff in w~i~rigem System ztt vollziehen scheinen ~, der Oxydat ion yon Sulfit zu Su]f~t zugrunde zu legen. Die sehr reichh~ltige Li te ra tur 8

1 Zur Theorie der Oxydation von Sulfit zu Sulfat durch Sauerstoff, Mh. Chem. 82, 815 (1951).

E. Abel, (a) Mh. Chem. 82, 39 (1951); (b) Uber einen mutmal31ichen ~r der Oxydation durch Sauerstoff. II. Mh. Chem. 82~ 547 (1951); (c) ()sterr. Chemiker-Ztg., 52, 105 (1951).

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836 E. Abel:

fiber Oxydat ion von Ferro- Ion zu Ferr i-Ion durch Sauerstoff weist nun zwar kaum ~hnlich fundiertes Zahlenmaterial auf, wie dieses bezfiglieh der Sulf i toxydat ion zu Gebote stand, und d~s daher zu quant i ta t iver Priifung herangezogen werden konnte ; in quali tat iver Hinsicht indessen gibt der gleiche Mechanismus, exemplifiziert am Beispiel der Ferro- Oxyd~tion, ein so charakteristisches Merkmal dieser Umsetzung wieder - - Abnahme der Oxydationsgesehwindigkeit mit zunehmender Azidit~t - - , dab es yon Interesse sein mag, diesen nunmehr gnch an I-I~nd der Brut to- re~ktion

02 + 4 Fe ~+ + 4 H + - ~ 4 Fe 3+ + 2H20

zu entwiekeln4; hierbei sei aueh eventuelle Riiekreduktion 5 der Oxydations- stufe in Bet raeht gezogen.

Hiernach zerg]iedert sich die genannte Oxydat ion in die Teilvorggnge 6

z ; 0 2 + 0 ~ - - ~ 0 2 - + 0 - ; ~' y; 0 2 + O H - - ~ O ~ - + O H ; y'

k 1; Fe 2 + + O ~ - - ~ F e 3 + + 2 0 -

k~; Fe 2+ ~ OH --, Fe 3 + -~ O H -

]ca; Fe s + ~ 02 - --" Fe 2 + -]- 027.

Die Station~rit i i tsbedingungen fiir 02 - ([0~-]s t ---- ~) und OH ([OH]s t ~-~) ffihren zu deln Ansatz

ps .=_ {A' r/-+- k~ [Fe 2 +] -I- k3 [Fe a +]} ~" ---- {~t' ~ q- k 2 [Fe 2 +]} ~/ - - 2 k~ [Fe ~ +] ~,

w o r a u s 3 kl [Fe ~+] + / ~ [Fe ~+] r

---- @~; @ ~ ]C2[ Fe~+] k~[Fe ~+]

folgt; mit den Bezeiehnungen

]c~ [Fe ~ +] + ~ lee ~ +] = q

~1 [ FO2 +] - - ~3 [ Fe3 +] = 8

V. V. Urosov, Zhur. Priklad. Khim. (J. Applied Chem.) 21, 903 (1948). - - J. Weiss, Soci6t6 de Chinaie Physique, R6union Mai 1951.

Die Ausftibrtmgen besehr~nken sich auf homogenes w~Briges System. 5 Reaktionslinie (3) in Publ. (a) (siehe Anna. 2), S. 40; vergl, daselbst

auch Anm. 2; siehe insbesondere aueh (b), S. 549, Anm. 6, sowie (e). Die Bezeichatmgen schlie/3en sieh eng an jene an, die in der Publikation

fiber die Sulfitoxydation (siehe Anna. 1) Verwendung fanden. 7 Die Rtickreduktiou driickt sich bruttogena~B in der Unasetzung aus:

O H - + O2---> OH + 2 0 - ,

oder, unter beiderseitiger Addition von 2 H +, in der Reaktion:

H~O + H e 2-~ 3 OH.

+ 7 [H+] Z' ~' + ~' ' [H+] s ~ = _ [ H + ] 2 , = [ H + ]

Zur Theorie der Oxydation yon Ferro-Ion durch Suuerstoff. 837

ergibt sieh

WO

q 1}

4 2 2 ' p e R - - q~.

Ffir die Geschwindigkeit der l%e+-0xyd~t ion folgt h iernach

d(FeS+) d(Fe~+) - - 4 ( d(O~) ) v - ~ d t - - d t - - d t - -

q

2 k I ]c~, [Fe~+] '~ kl [Fe 2+] + k3 [Fe z+] 1.' 3 kl [Fe "~+] + k3 [F@+]

{y; - } 3 k~ [Fe 2+] + ks [Fe S+] �9 ~ z' p ~ [~e ~+] { ~ [Fe~+] + k~ [Fe~+]}~ § 1 - - 1 .

Fiir die Anfangsgeschwindigkei t (t = 0; v =v0 ) , sofern Vorlage des Oxyd~t ionsproduktes , yon Ferris~lz, unterb le ib t ([FeS+]t= 0 -~ 0), bzw. ~l]gemein fiir v, sofern Rf ickredukt ion f iberhaupt nicht s t a t t ha t (k~-~ 0), wird erh~Iten:

%. bzw. vk~ = 0 ~ 3 ),' ) / p /c 1/Q [Fe2+] 2 "

E x t r e m e 9:

~ - - ~ ]c2 [Fe~+] a __

---- l~176 [I-I+] 3/c~ [Fe ~+] + k~ [Fe ~+]

4 ~ [Fe ~+] (%, bzw. v~ = 0)~ : [ Fe~+] ~ ' 3 ~ p ]6 k~ : ~o prop*.~

k~ [Fe ~+] V.._r ~ 4 2. p ]c~ [Fe ~+] -}-/c a [Fe ~+]

(v o, bzw. v~ = o)~ = 4 ). p.

9 v/~ad R ~ I ; v r a d R ~ l .

lo Unter der Vor~ussetzung konstant gehaltenen Druckes p und unter Vernachl~ssigung der jedenfalls s tark zurficktretenden tI+-Abh~ngigkeit

des Quotienten _ ; le~ztere verschwindet, sofern die Schafftmg ~ ' + r ~ [It+]

der ~ d i k u l e O~- und O- blo13 im Zuge der y- und nicht auch im Zuge der ~-Rea.ktion erfolgt.

838 E. Abel:

In Hinblick auf den im allgemeinen recht langsamen Verlauf, in welehem Sauerstoff (Luft) yon Ferrosalzaufgenommen wird, wird man, ihnlich wie bei der Sulfitoxydation, kaum fehlgehen, der Nachbarsehaft der Oxydationsgesehwindigkeit zu v R eine grSl~ere Wahrscheinliehkeit zuzuerkennen als jener zu vr. Den Formeln fiir beide Extreme ist antibate Abh~ngigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit yon der H+-Ionenkonzen- tration innerhalb des gesamten Bereiches zu entnehmen, ein Zusammen- hang, der, wie bereits einleitend bemerkt, yon der Erfahrung vollauf besti t igt wird. Mechanismen, welche zu entgegengesetztem Effekt ffihren, stehen daher mit der Erfahrung offenbar nicht im Einklang.

Soweit mir bekannt, ]iegt btol~ ein einziger Versueh vor, aus einem als plausibel angenommenen Meehanismns die Kinetik der Oxydation yon Ferrosalz abzuleiten : J . Weiss ~ gelangt ~mter Annahme unmittelbarer Umsetzung zwischen O~ und Fe ~+ fiber einen Meeh~nismus, an dem die l~adikale 0~-, HOz und OH, sowie H20~ n beteihgt sind, zu einer Gesehwindigkeitsformel, deren H+-Ion enthaltender Faktor F die Form hat

prop. 1 [Fe 2+] [I=I+] prop. i [Fe ~+] [H +] + prop.~ [FeS+]"

Dies wiirde bedeuten, dab unter den fibliehsten Versuchsbedingungen - - das ist ohne V0rlage yon Ferrisalz - - die einsetzende Oxyd~tions- geschwindigkeit (t = 0; [Fe ~ +]t = 0 = 0; v ---- v0 i~) im gesamten Siure- bereich ginzlich Ullabh~ngig yon dem Betrage der Sgurekonzentration ist, nnd dal~ unter allen Bedingungen die Oxydationsgeschwindigkeit w~hrend des Reaktionsablaufes ceteris paribus nm so grSl3er ist, je grSi~er die Azidit~t ist; die Oxydation wiirde also um so gfinstiger ver- laufen, je saurer das System ~st; dies abet steht bekanntlich in vollem Gegensatz zur Erfahrung. Auoh liegt meines Wissens kein Versuchsm~terial vor, demzufolge bei Vorlage yon Ferrisalz die Sauerstoffaufnahme - - etwa zu Zeitpunkten gleichen AusmaI~es an Umsetzung 7 mit wachsendem Siuregehalt ansteigt.

J. Weiss glaubt eine Stiitze ftir seine Theorie in den Arbeiten s yon Smith und Spoehr, Lamb und Elder und yon Just zu sehen, die in Ferronatriumpyrophosphat- bzw. FerrobikarbonatlSsungen sehr stark vergr58erte Oxydationsgesehwindigkeiten gefunden hatten. Weiss ftthrt diese Befunde auf den Umst~nd zurfiek~ dait hier durch Komplexbildung bzw. Hydrolyse die Konzentration der Ferri-Ionen so stark herabgedriickt

11 In Hinblick ~uf intermedi~re Bildung yon H20~ [siehe Anm. 2, Publ. (b) und (c)], dtirfte es von Interesse sein, darauf hinzuweisen, d~13 im vor- liegenden Falle diese Bildung (unter Normalbedingungen) unter Zunahme an freier Energie verl~Luft : 02 ~- 2 Fe 2 + ~- 2 I-I + --> 2 Fe ~ + -1- H~O, ; /JF

~- 2990 cal; 25 ~ C. 12 Eventuell im Wege von Extrapolation leicht erfa~bar.

Zur Theorie der Oxydation yon Ferro-Ion dureh Sauerstoff. 839

sei, dab deren verz6gernder EinfluB 13, wie dieser im Faktor F zum Ausdruek kommt, zuriicktritt bzw. wegf~llt. Da indessen, wie aus der Literatur ersichtlieh, keine der in Betracht komrnenden LSsungen einen Zusatz yon FerrisMz enthalten haben, so kann zumindest der beobaehtete groge Betrag der An/angsgesehwindigkeiten keineswegs in einem Effekt des Oxydationsprodu~tes gelegen sein; dieser mug vielmehr bedingt sein durch den (Anfangs-)Zustand tier zur Oxydation gelangenden Systeme. Man wird nicht fehlgehen, in diesem Zustand in der Tat die Voraussetzung ffir sehnelle Oxydation zu sehen; denn es kann kaum einem Zweifel unter]iegen, dab die Zusammensetzung der genannten L6sungen ein - - im Wege einer Art yon Pufferung wi~hrend des Oxydationsfortsehrittes nahezu konstantes - - setu" niedriges H+-Niveau mit sich bringt la. Dies abet ist naeh den Beziehungen, die vorstehend abgeleitet wurden, eine der Hauptbedingungen ffir sehnellen Sauerstoff- angrifP 5. Es spreehen somit die yon J. Weiss im Sinne seiner Theorie herm~gezogenen Arbeiten welt eher zugunsten jenes Meehanismus und jener Kinetik, die Gegenstand vorliegender Mitteilung sind.

Zusammenfassung. Der in vorangegangenen Publikationen angegebene mutmaBliehe

Mechanismus, l~ngs dessen Sauerstoff in wggrigem System zu oxydieren scheint, wird an Hand der Oxyda~ion yon Ferro- zu Eerri-Ion exempli- fiziert. Die Erfahrungstatsache, dag Ferrosalz yon Sauerstoff um so langsamer oxydiert wird, also um so best~ndiger gegen Sauerstoff ist, je hSher die Azidit/tt der LSsung ist, wird durch die gewonnene Xinetik gedeekt. Ein kiirzlich yon J; Weiss angenommener Mechanismus und die aus letzterem abgeleitete Xinetik sind mit der Erfahrung nieht vereinbar.

~ Ohne Angabe der numerischen Betr/ige der yon Weiss angeffihrten Geschwindigkeitskoeffizienten scheint es mir nicht ohne Willkfir zu sein, die im allgemeinen beobaehtete Langsamkeit des Oxydationsfortschrittes ausschliel~lieh zu Lasten des Oxydationsproduktes (im Wege angenommener Rfickreduk~ion) zu buehen. - - Der Standpunkt des Autors, in Verbindung mit dem ,,rate of the exchange Fe 2 + ~_ Fe 3 +" yon ,,O~-catalysis" zu sprechen, seheint mir bedenklieh.

~ Es liegen leider in keiner der genannten Arbeiten pH-Bestimmungen vor; im iibrigen weist aueh J. Weiss auf Hydrolyse befSrderndes, also hohes pH hm.

15 Man beaehte, dal3 die durch Komplexbildung offenbar niedrig gehaltene Konzentration an Ferro-Ion an sieh eine niedrige Oxydationsgesehwindigkeit bedingen wfirde.


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