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Steuer-Luchs
Die Auslegung eines Testamentes
Die Errichtung des eigenen Testamentes ist für viele Menschen eine belastende Angelegen-
heit, da man sich ja mit der eigenen Endlichkeit befassen muss. Diese Einstellung ist durch-
aus nachvollziehbar. Wenn es jedoch kein Testament oder eine andere letztwillige Verfü-
gung gibt, dann greift die gesetzliche Erbfolge und diese Folgen sind oftmals gar nicht ge-
wünscht.
Ein Testament kann man grundsätzlich privatschriftlich, d.h. ohne eine notarielle Beglaubi-
gung errichten. Man muss nur beachten, dass das Testament eigenhändig ge- und unter-
schrieben wird. Das bedeutet, dass ein Testament nie per Computer oder Schreibmaschine
geschrieben werden darf. Weiterhin hat die Unterschrift eine Abschlussfunktion, d.h. sie
muss am Ende des Testaments stehen und nach außen verkörpern, dass das Testament
abgeschlossen ist.
Zwar braucht man für die Errichtung eines Testamentes keine notarielle Beurkundung, fol-
gender Fall aus der Rechtsprechung zeigt aber, dass es in vielen Fällen sinnvoll ist, sich
trotzdem rechtlichen Rat einzuholen.
Das Oberlandesgericht München hatte ein Testament auszulegen, in dem die Erblasserin
u.a. ihr Wohnhaus an ihr Patenkind „vererbte“. Ein weiteres Haus „vererbte“ sie an ein be-
freundetes Ehepaar, an 7 Personen wurden jeweils 10.000 Euro und an 3 Personen jeweils
5.000 Euro „vererbt“. Das Gericht musste nun klären, was der wirkliche Wille der Erblasserin
war.
So führten die Richter aus, dass erbrechtliche Begrifflichkeiten, wie „erben“ und „vermachen“
grundsätzlich auszulegen sind. Da die Erblasserin in ihrem Testament lediglich das Wort
„erben“ verwendet hat, musste geklärt werden, wer Erbe und wer Vermächtnisnehmer ist.
Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass von einem Vermächtnis auszugehen ist,
wenn ein Erblasser konkrete Geldbeträge zuwendet. Daher qualifizierte das Gericht die Zu-
wendungen der Geldbeträge, obwohl im Testament der Begriff „erben“ verwendet wurde, als
Vermächtnisse.
Das Patenkind und das befreundete Ehepaar, die jeweils ein Haus erhalten haben, sind Er-
ben zu je ½. So ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass bei einer Zuwendung
eines wertmäßig wesentlichen Nachlassgegenstandes eine Erbeinsetzung gesehen werden
kann.
TIPP:
Wie der obige Fall zeigt, sollte man sich, gerade bei größeren Vermögen, rechtlich beraten
lassen, wie das Testament ausgestaltet werden soll, damit der wirkliche Wille auch nach
dem Tod umgesetzt wird.
Zudem sollten auch bestehende Testamente in regelmäßigen Abständen auf ihre Aktualität
hin überprüft werden, ob die niedergeschriebenen Regelungen auch noch dem aktuellen
Willen entsprechen.