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Steuer-Luchs Pacta sunt servanda In Zeiten niedriger Zinsen versuchen derzeitig einige Bausparkassen hochverzinste ältere Bausparverträge loszuwerden. Es wird anscheinend nach dem Motto vorgegangen, jetzt lieber Kunde kann ich an dir nichts mehr verdienen, nein du kostest mich sogar etwas, dann versuche ich alles um dich loszu- werden, verdiene ich jedoch später wieder etwas an dir, dann komm doch bitte wieder zu- rück. Bausparverträge sind langfristige Darlehensverträge mit der Besonderheit, dass in der An- zahlphase und bei nicht Inanspruchnahme des Baudarlehens die Bausparkasse Darlehens- nehmer ist. Erst bei Auszahlung des Darlehens werden die Rollen getauscht. Verschiedene Situationen müssen unterschieden werden: Angespartes Guthaben erreicht die Bausparsumme: In dieser Konstellation, d.h. die Bausparsumme ist zu 100 % angespart, geht eine weit ver- breitete Meinung in der Literatur davon aus, dass eine Kündigung zulässig ist, da der Ver- tragszweck mit der gesamten Ansparung erfüllt ist. Es gibt aber auch Stimmen, die betonen, dass, wenn die Bank den Zustand der vollen Besparung über mehrere Jahre hinweg geduldet hat, eine Kündigung nicht möglich ist. Zuteilungsreifes Bauspardarlehen Noch schwieriger ist der Fall, wenn das Bauspardarlehen zwar zuteilungsreif ist, die Baus- parsumme selbst aber noch nicht erreicht ist. Diese Darlehensreife erlangt ein Bausparer in der Regel dann, wenn 40 bis 50 % der Bausparsumme angespart sind. Die aktuellen Kündigungsschreiben der Bausparkassen stützen in obigen Fällen ihre Kündi- gung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Danach gehen die Bausparkassen davon aus, dass Ihnen ein gesetzliches Kündigungsrecht zusteht, wenn seit Eintritt der Zuteilungsreife 10 Jahre vergangen sind.

Pacta sunt servanda

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Steuer-Luchs

Pacta sunt servanda

In Zeiten niedriger Zinsen versuchen derzeitig einige Bausparkassen hochverzinste ältere

Bausparverträge loszuwerden.

Es wird anscheinend nach dem Motto vorgegangen, jetzt lieber Kunde kann ich an dir nichts

mehr verdienen, nein du kostest mich sogar etwas, dann versuche ich alles um dich loszu-

werden, verdiene ich jedoch später wieder etwas an dir, dann komm doch bitte wieder zu-

rück.

Bausparverträge sind langfristige Darlehensverträge mit der Besonderheit, dass in der An-

zahlphase und bei nicht Inanspruchnahme des Baudarlehens die Bausparkasse Darlehens-

nehmer ist. Erst bei Auszahlung des Darlehens werden die Rollen getauscht.

Verschiedene Situationen müssen unterschieden werden:

Angespartes Guthaben erreicht die Bausparsumme:

In dieser Konstellation, d.h. die Bausparsumme ist zu 100 % angespart, geht eine weit ver-

breitete Meinung in der Literatur davon aus, dass eine Kündigung zulässig ist, da der Ver-

tragszweck mit der gesamten Ansparung erfüllt ist.

Es gibt aber auch Stimmen, die betonen, dass, wenn die Bank den Zustand der vollen

Besparung über mehrere Jahre hinweg geduldet hat, eine Kündigung nicht möglich ist.

Zuteilungsreifes Bauspardarlehen

Noch schwieriger ist der Fall, wenn das Bauspardarlehen zwar zuteilungsreif ist, die Baus-

parsumme selbst aber noch nicht erreicht ist. Diese Darlehensreife erlangt ein Bausparer in

der Regel dann, wenn 40 bis 50 % der Bausparsumme angespart sind.

Die aktuellen Kündigungsschreiben der Bausparkassen stützen in obigen Fällen ihre Kündi-

gung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Danach gehen die Bausparkassen davon aus, dass Ihnen

ein gesetzliches Kündigungsrecht zusteht, wenn seit Eintritt der Zuteilungsreife 10 Jahre

vergangen sind.

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Zu diesem Fall gibt es noch keine klare Rechtsprechung und daher werden verschiedenste

Meinungen vertreten.

Die verbraucherfreundlichste Meinung geht davon aus, dass in diesem Fall die Bausparkas-

sen kein Kündigungsrecht haben, da die Bausparsumme noch nicht erreicht ist.

Dagegen geht eine differenzierende Meinung davon aus, dass ein Kündigungsrecht besteht,

wenn der Bausparvertrag nicht weiter bespart wird und seit der Zuteilungsreife 10 Jahre ver-

gangen sind.

Im Gegensatz dazu besteht kein Kündigungsrecht, wenn der Bausparer weiter bespart wird.

Bei dieser schwierigen Rechtslage ist mit einem Urteil des Bundesgerichtshofes frühestens

im Jahr 2016 zu rechnen. Es bleibt aber spannend, wie die Instanzgerichte urteilen.

Hinweis:

Das Landgericht Ulm hat Ende Januar 2015 in einem ähnlich gelagerten Fall positiv für die

Verbraucher entschieden. In diesem Fall ging es um langfristige Sparverträge mit einer ho-

hen Verzinsung. Die Sparkasse Ulm hat ihren Kunden mit einer Kündigung dieser Verträge

gedroht. Nach Auffassung der Richter steht der Sparkasse jedoch kein Kündigungsrecht zu.

Dieses Urteil könnte auch Auswirkung auf die Kündigung von Bausparverträgen haben.

TIPP:

Besparen Sie Ihre Bausparverträge bis zum Erreichen der Bausparsumme. Im Falle einer

Kündigung, widersprechen Sie dieser und lassen Sie Ihren Bausparvertrag von einem

Rechtsanwalt prüfen.