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Nr. 4 / 27.04.2016 Volkswirtschaft special Meinungen, Analysen, Fakten Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR · Volkswirtschaft/Mittelstandspolitik Verantwortlich: Dr. Andreas Bley · Schellingstraße 4 · 10785 Berlin · Telefon: (030) 20 21 – 15 00 Telefax (030) 20 21 – 1904 · Internet: http://www.bvr.de · [email protected] Anstieg der Inflation in Sicht, Geldpolitik sollte sich auf einen Kurswechsel in 2017 vorbereiten - Vor dem Hintergrund eines abermaligen Ölpreisrückgangs befinden sich die Inflationsraten in Deutschland und im Euroraum derzeit noch immer nahe der Null-Prozent-Marke. Schätzungen des BVR lassen für die Zukunft jedoch eine zunehmende Preisdynamik erwarten. - Gemäß dem mittleren Szenario der Schätzungen wird sich der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland von 0,3 % im Jahresdurchschnitt 2016 auf 1,2 % in 2017 erhöhen. Ausgangspunkt für diese Prognose ist die Annahme, dass der Preis der Rohölsorte Brent von rund 40 US-Dollar je Barrel im laufenden Jahr auf etwa 50 US-Dollar je Barrel im kommenden Jahr steigen wird. - Angesichts der voranschreitenden wirtschaftlichen Erholung im Euroraum und der Perspektive auf ein Anziehen der Verbraucherpreise sollte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Kurs kri- tisch überprüfen. Von Seiten der Preisaussichten spricht wenig für eine Beibehaltung der extrem expansiv ausgerichteten Geldpolitik. Im Gegenteil: festigt sich das Bild einer robust aufwärtsge- richteten Konjunktur weiter, sollte sich die EZB auf einen geldpolitischen Kurswechsel im kom- menden Jahr vorbereiten.

Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

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Page 1: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Meinungen, Analysen, Fakten

Nr. 4 / 27.04.2016

Volkswirtschaft special Meinungen, Analysen, Fakten

Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR · Volkswirtschaft/Mittelstandspolitik Verantwortlich: Dr. Andreas Bley · Schellingstraße 4 · 10785 Berlin · Telefon: (030) 20 21 – 15 00 Telefax (030) 20 21 – 1904 · Internet: http://www.bvr.de · [email protected]

Anstieg der Inflation in Sicht, Geldpolitik sollte sich auf einen Kurswechsel in 2017

vorbereiten

- Vor dem Hintergrund eines abermaligen Ölpreisrückgangs befinden sich die Inflationsraten in

Deutschland und im Euroraum derzeit noch immer nahe der Null-Prozent-Marke. Schätzungen

des BVR lassen für die Zukunft jedoch eine zunehmende Preisdynamik erwarten.

- Gemäß dem mittleren Szenario der Schätzungen wird sich der Anstieg der Verbraucherpreise in

Deutschland von 0,3 % im Jahresdurchschnitt 2016 auf 1,2 % in 2017 erhöhen. Ausgangspunkt

für diese Prognose ist die Annahme, dass der Preis der Rohölsorte Brent von rund 40 US-Dollar

je Barrel im laufenden Jahr auf etwa 50 US-Dollar je Barrel im kommenden Jahr steigen wird.

- Angesichts der voranschreitenden wirtschaftlichen Erholung im Euroraum und der Perspektive

auf ein Anziehen der Verbraucherpreise sollte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Kurs kri-

tisch überprüfen. Von Seiten der Preisaussichten spricht wenig für eine Beibehaltung der extrem

expansiv ausgerichteten Geldpolitik. Im Gegenteil: festigt sich das Bild einer robust aufwärtsge-

richteten Konjunktur weiter, sollte sich die EZB auf einen geldpolitischen Kurswechsel im kom-

menden Jahr vorbereiten.

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Meinung

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Anstieg der Inflation in Sicht, Geldpolitik sollte

sich auf einen Kurswechsel in 2017 vorbereiten

Im Frühjahr 2016 befinden sich die Inflationsraten

in Deutschland und im Euroraum noch immer nahe

der Null-Prozent-Marke. Schätzungen des BVR

lassen für die Zukunft jedoch eine zunehmende

Preisdynamik erwarten. Gemäß dem mittleren

Szenario der Schätzungen wird sich der Anstieg

der Verbraucherpreise in Deutschland von 0,3 %

im Jahresdurchschnitt 2016 auf 1,2 % in 2017 erhö-

hen.

Angesichts der voranschreitenden wirtschaftlichen

Erholung im Euroraum und der Perspektive auf ein

Anziehen der Verbraucherpreise sollte die Europäi-

sche Zentralbank (EZB) ihren Kurs kritisch überprü-

fen. Von Seiten der Preisaussichten spricht wenig

für eine Beibehaltung der extrem expansiv ausge-

richteten Geldpolitik. Im Gegenteil: festigt sich das

Bild einer robust aufwärtsgerichteten Konjunktur

weiter, sollte sich die EZB auf einen geldpolitischen

Kurswechsel im kommenden Jahr vorbereiten.

Ölpreis hält die Inflationsraten niedrig

Die allgemeine Preisdynamik ist in Deutschland

und im Euroraum als Ganzes nach wie vor sehr

schwach. In Deutschland lag die Inflationsrate, ge-

messen an der jährlichen Veränderung des Ver-

braucherpreisindexes, im März wie auch im Durch-

schnitt des ersten Quartals lediglich bei 0,3 %

(Abbildung 1). Im Euroraum war basierend auf der

jährlichen Veränderung des Harmonisierten Ver-

braucherpreisindexes im März eine Inflationsrate

von 0,0 % zu verzeichnen.

Die Gesamtraten werden dabei weiterhin vor allem

durch die Energiepreise gedämpft. Diese haben zu-

letzt entgegen den allgemeinen Erwartungen be-

schleunigt nachgegeben. Im März hat sich Energie

in Deutschland auf der Verbraucherstufe um 8,9 %

verbilligt. Insbesondere leichtes Heizöl (-28,3 %)

und Kraftstoffe (-13,5 %) waren im Vorjahresver-

gleich spürbar billiger. Hauptgrund hierfür ist der

abermalige Preisrutsch bei Rohöl. So hat sich der

Rohölpreis der Nordsee-Sorte Brent im Durch-

schnitt des ersten Quartals gegenüber dem Vor-

jahr um rund ein Drittel verbilligt (Abbildung 2).

Dies wird von Fachleuten sowohl auf die schwä-

chere globale Nachfrage als auch auf Angebots-

ausweitungen zurückgeführt. Dem aktuellen

Brennstoff-Ausblick der U.S. Energy Information

Administration (EIA) zufolge übersteigt die welt-

weite Öl-Förderung bereits seit nunmehr über ei-

nem Jahr den globalen Verbrauch des Rohstoffs

deutlich.

Den rückläufigen Energiepreisen standen jedoch

moderate Preisanhebungen in anderen Bereichen

gegenüber. So mussten die Verbraucher in

Deutschland für Nahrungsmittel (+1,3 %) und

Dienstleistungen (+1,6 %) binnen Jahresfrist mehr

Geld aufwenden. Die Kerninflationsrate, die die

Teuerung ohne Berücksichtigung der Energiepreise

misst, lag daher im März bei 1,4 %. Sie befindet

sich bereits seit Jahresbeginn 2014 sichtlich über

dem Niveau der Gesamtrate und folgt dabei mehr

oder weniger einer Seitwärtsbewegung. Auch im

Euroraum als Ganzes liegt die Kerninflationsrate

Page 3: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Meinung

3

seit 2014 kontinuierlich über dem Wert der Ge-

samtrate. Die Kernrate des Währungsraums

stand im März bei 1,0 %.

Preisauftrieb dürfte zunehmen

Grundlage für die neue Inflationsprognose des

BVR ist ein einfaches Zeitreihenmodell (ARX-

Modell). In diesem Modell werden die jährlichen

Veränderungsraten des Verbraucherpreisindexes

durch eigene verzögerte Werte sowie durch kon-

temporäre und verzögerte Werte der jährlichen

Veränderungen des Rohölpreises bestimmt. Die

Spezifikation des Modells wird anhand eines „ge-

neral-to-specific“-Ansatzes festgelegt. Dazu wird

die Schätzgleichung zunächst mit eins bis vier Ver-

zögerungen (Lags) von Inflationsrate und Ölpreis-

Veränderungen, mit einer Konstanten und dem

kontemporären Ölpreis-Veränderungen geschätzt.

Anschließend werden zur Verbesserung der Prog-

nosegüte die Koeffizienten mit den niedrigsten

empirischen t-Werten sukzessive eliminiert. Das

beschriebene Reduktionsverfahren wird so lange

wiederholt, bis alle verbleibenden Koeffizienten

auf einem Signifikanzniveau von 5 % als bedeut-

sam anzusehen sind. Die Schätzung mit den Daten

des Zeitraums vom ersten Quartal 1992 bis zum

ersten Quartal 2016 führt zu einem Modell, das

neben der Konstanten und den kontemporären

Ölpreis-Veränderungen auch das erste Lag der

Ölpreis-Veränderungen sowie das erste, dritte

und vierte Lag der Inflationsrate umfasst.

Nun müssen noch Annahmen über die künftige

Entwicklung des Ölpreises getroffen werden.

0,0

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Verbraucherpreise

Verbraucherpreise ohne Energie

Entwicklung der Verbraucherpreise in DeutschlandVeränderung d. Verbraucherpreisindexes gg. Vorjahr in %

Abb. 1

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Szenario1 Szenario2 Szenario3

Szenarien zum Verlauf des Brent-ÖlpreisesUS-Dollar je Barrel

Abb. 2

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Szenario1 Szenario2 Szenario3

Prognosen zum Verlauf der VerbraucherpreiseVeränderung d. Verbraucherpreisindexes gg. Vorjahr in %

Quelle: Thomson Reuters Datastream, BVR

Abb. 3

Page 4: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Meinung

4

Hierzu werden drei ad hoc-Szenarien entwickelt

(siehe Abbildung 2). Im Szenario 1 wird davon aus-

gegangen, dass der Ölpreis bis zum Ende des Prog-

nosehorizonts auf dem niedrigen Durchschnittsni-

veau vom Jahresauftaktquartal 2016 (knapp 35 US-

Dollar je Barrel) verharren wird. Dies dürfte die Un-

tergrenze der aktuell möglichen Entwicklungen bil-

den. Im Szenario 2 wird unterstellt, dass der Ölpreis

linear steigen wird, sodass er sich Ende 2017 bei

rund 55 US-Dollar befindet. In diesem mittleren

Szenario würde sich der Brent-Preis von knapp

40 US-Dollar im Durchschnitt dieses Jahres auf

rund 50 US-Dollar im Mittel des kommenden Jah-

res verteuern. Das Eintreten dieses Szenarios wird

die höchste Wahrscheinlichkeit beigemessen, da

der Rohölpreis in den zurückliegenden Wochen

bereits über 40 US-Dollar notierte und sich der

globale Angebotsüberhang nur langsam abbauen

dürfte. Im Szenario 3 wird schließlich mit einem

ebenfalls linearen, gleichwohl aber stärker auf-

wärtsgerichteten, Anstieg gerechnet. Gemäß die-

sem Szenario würde der Ölpreis von gut 40 US-

Dollar in 2016 auf knapp 70 US-Dollar in 2017

klettern. Ein solches Szenario könnte eintreten,

wenn sich die Angebotsüberhänge schneller zu-

rückbilden als allgemein erwartet.

Auf Grundlage dieser Szenarien und des ARX-

Modells können nun verschiedene Entwicklungs-

pfade für die Inflationsrate Deutschlands generiert

werden (Abbildung 3). Für den Fall, dass das Szena-

rio 3 eintritt, prognostiziert das Modell einen steti-

gen Anstieg der Teuerungsrate von rund 0,2 % im

zweiten Quartal 2016 auf etwa 1,9 % im Jahres-

endquartal 2017. Demnach würde die Inflations-

rate von 0,5 % im Durchschnitt des laufenden

Jahres auf 1,6 % im kommenden Jahr steigen.

Sollte sich hingegen das mittlere Ölpreis-Szenario

realisieren, so wird es gemäß dem ARX-Modell zu

einem weniger dynamischen Anstieg der Verbrau-

cherpreise kommen. Die Inflationsrate dürfte in

diesem Fall von 0,3 % in 2016 auf 1,2 % in 2017

steigen. Selbst im Fall eines stagnierenden Ölpreis-

Verlaufs (Szenario 1) wäre mit einer Beschleuni-

gung des Preisauftriebs zu rechnen. Für diesen

Fall legen die Modellschätzungen einen Anstieg

der Inflationsrate von 0,3 % in 2016 auf 0,9 % in

2017 nahe.

Geldpolitischer Kurs sollte überprüft werden

Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden stär-

keren Anstiegs der Verbraucherpreise in Deutsch-

land, der größten Volkswirtschaft des Euroraums,

ist die EZB gefordert, ihren geldpolitischen Kurs

kritisch zu überprüfen. Von Seiten der Preisent-

wicklung spricht wenig dafür, dass die Notenbank

ihren extrem expansiven Kurs mittelfristig beibe-

hält. Die meisten Fachleute gehen wie der BVR

derzeit davon aus, dass die Phase sehr niedriger

Inflationsraten bald auslaufen wird. Falls sich die

konjunkturelle Entwicklung im Euroraum weiter

festigt, sollte ein behutsamer Ausstieg aus der

extrem lockeren Geldpolitik erfolgen.

Auch die Ergebnisse des BVR Zins-Tachos sprechen

dafür, dass die EZB ihren geldpolitischen Kurs ver-

ändern sollte. Der Zins-Tacho konnte in der Zeit

vor der großen Finanz- und Vertrauenskrise der

Jahre 2008/2009 den EZB-Leitzins generell gut

Page 5: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Meinung

5

beschreiben. In der jüngeren Vergangenheit zeig-

ten der Zins-Tacho und der Leitzins aber deutlich

divergierende Trends. Gemäß dem Zins-Tacho

sollte der Leitzins im Euroraum derzeit nicht bei

0,0 % sondern eher bei 2,0 % liegen.

Autor:

Dr. Gerit Vogt

Mail: [email protected]

Page 6: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Geldmenge

6

Moderates Kreditwachstum

Die Kredite an den privaten Sektor haben im Euro-

raum ihr moderates Wachstum fortgesetzt. Im

März lag der Bestand, bereinigt um Verkäufe und

Verbriefungen sowie um saisonale Schwankungen,

0,9 % höher als ein Jahr zuvor, nachdem im vergan-

genen Jahr noch die Bestände zurückgeführt wor-

den waren. Ein deutlich höheres Wachstum war zu-

letzt im Jahr 2011 verzeichnet worden. Angesichts

hoher Schuldenstände des privaten Sektors und ei-

ner noch nicht gefestigten Erholung fällt in zahlrei-

chen Ländern des Euroraums die Kreditnachfrage

noch sehr schwach aus, obwohl die Finanzierungs-

kosten günstig sind.

Die Kredite an Private Haushalte erhöhten sich mit

1,6 % überdurchschnittlich, während das Kredit-

wachstum bei den nichtfinanziellen Unternehmen

mit 1,1 % geringer ausfiel und sich die Kredite an

Versicherungen und andere Finanzunternehmen

zurückgeführt wurden. Besonders dynamisch

wachsen bei den Privathaushalten die Konsumen-

tenkredite mit 5,0 % und die Immobilienkredite

mit 2,3 %, während die sonstigen Kredite, zu de-

nen auch die Dispositionskredite zählen, leicht zu-

rückgeführt wurden (-0,4 %).

Solides Wachstum der Geldmenge

Die für die monetäre Analyse der EZB zentrale

Geldmenge M3 lag im März saisonbereinigt um

5,0 % höher als ein Jahr zuvor. Damit setzte sich

der Trend eines soliden Geldmengenwachstums,

der im vergangenen Frühjahr begonnen hatte, fort.

Besonders dynamisch wächst die Geldhaltung in

Bargeld, Sichteinlagen und Geldmarktfonds mit

5,9 %, 11,0 % und 7,5 %, während insbesondere

die Termineinlagen mit -6,7% deutlich zurückge-

führt werden. Leichte Zuwächse (0,6 %) werden

trotz der niedrigen Zinsen bei Spareinlagen mit

einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten

verzeichnet.

EZB legt Verschnaufpause ein

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich im April

nach dem breiten Strauß an geldpolitischen (Son-

der-) Maßnahmen im vergangenen Monat eine

Atempause gegönnt. So beschloss der EZB-Rat auf

seiner Sitzung vom 21. April keine weitergehenden

expansiven Maßnahmen. Damit blieb der Leitzins

für den Euroraum unverändert auf seinem Rekord-

-5,0

0,0

5,0

10,0

07/13 01/14 07/14 01/15 07/15 01/16

Marktfähige Finanzinstrumente (M3-M2)

Termin- und Spareinlagen (M2-M1)

Bargeld und Sichteinlagen (M1)

M3 insgesamt

Kredite an Privatsektor

Beiträge zum M3-Wachstumin Prozentpunkten, saisonbereinigt

Quelle: Thomson Reuters Datastream, BVR

Page 7: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Geldpolitik und Geldmarkt

7

tief von 0 % und der Einlagenzins bei -0,4 %. EZB-

Präsident Mario Draghi ließ auf der Pressekonfe-

renz im Nachgang zur Ratssitzung keinen Zweifel

daran, dass die Zinsen noch für eine längere Zeit

auf einem sehr niedrigen Niveau bleiben werden,

zumindest gilt dies für die bis März 2017 reichende

Laufzeit des Wertpapierkaufprogramms.

Draghi betonte in diesem Zusammenhang noch

einmal den Nutzen der aktuellen Geldpolitik der

EZB. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble

hatte zuvor eindringlich vor den negativen Folgen

dauerhaft niedriger Leitzinsen gewarnt. Weitere

geldpolitische Schritte seien möglich, wenn es der

Notenbank im Rahmen ihres Mandats notwendig

erscheine. Die Einschätzung der Preisaussichten

durch den EZB-Rat lässt allerdings erkennen, dass

die EZB wohl in den kommenden Monaten keine

weiteren tiefgreifenden Lockerungsmaßnahmen

ergreifen dürfte.

Spekulationen über eine direkte Erhöhung der

Geldmenge in Form von Helikopter-Geld, d. h.

das bloße Verschenken von Geld durch die Noten-

bank an die Bevölkerung, wies Mario Draghi aller-

dings zurück. Das Thema sei im Rat bislang nicht

diskutiert worden. EZB-Präsident Draghi gab über-

dies nähere Informationen zum Ankauf von Unter-

nehmensanleihen. Im März hatte der Rat dieses

Programm unter dem Namen corporate sector

purchase program (CSPP) beschlossen. Ab Juni

plant die EZB den Ankauf von Unternehmensanlei-

hen. Besonders engen Grenzen hatte sich die EZB

dabei nicht gesetzt. Unter anderem sind Käufe von

Anleihen aus dem Unternehmenssektor mit einer

Laufzeit von bis zu 30 Jahren möglich. Die Anleihen

müssen allerdings in Euro geführt werden. Zudem

dürfen die Anleihen nur von Firmen außerhalb

des Bankensektors stammen und müssen ein Kre-

ditrating im Investment-Grade-Bereich ausweisen.

Feb 16 Mrz 16 Apr 16

BVR Zins-Tacho 46 47 48

Konjunktur (50 %) 55 55 55

Preise/Kosten (40 %) 35 37 38

Liquidität (10 %) 51 49 50

BVR Zins-Tacho

Der BVR Zins-Tacho ist ein Indikator für die Inflationsrisiken im Euroraum. Ein Anstieg des BVR Zins-Tachos zeigt steigende,

eine Abnahme sinkende Inflationsrisiken an. Eine detaillierte Beschreibung des BVR Zinstachos befindet sich im

BVR Volkswirtschaft special Nr. 13/2007

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BVR Zins-Tacho EZB-Leitzins in % (rechte Skala)

0

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Page 8: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Geldpolitik und Geldmarkt

8

Mittelfristiger Inflationsdruck moderat

Auf mittlere Sicht dürfte sich die Inflation im Euro-

raum erhöhen. Dies zeigt nicht nur die im Mei-

nungsteil dieser Ausgabe dargestellte Analyse für

unterschiedliche Ölpreisszenarien, sondern auch

der BVR Zins-Tacho. Gemessen an der Geldpolitik

der EZB seit der Einführung des Euro wäre in der

aktuellen Situation eher ein Leitzins von 2 % statt

des aktuellen Leitzinses von Null angemessen. Et-

was über dem langfristigen Durchschnitt liegen die

Indikatoren für die konjunkturelle Lage, während

die Indikatoren für die Preis- und Kostenentwick-

lung auch aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise

einen deutlich geringeren Inflationsdruck signalisie-

ren. In der Mitte liegen die monetären Indikatoren,

bei denen sich das solide Geldmengenwachstum

und die nur moderate Kreditvergabe neutralisie-

ren.

Leichter Rückgang der Terminzinsen

Die Zinsen auf dem europäischen Geldmarkt sind

im April noch einmal leicht zurückgegangen. Aus-

schlaggebend hierfür waren Impulse, die von der

umfassenden geldpolitischen Lockerung im März

ausgingen. Der 3-Monats-Euribor fiel im April um

1 Basispunkte auf -0,25 %. Der Zins für Jahresgel-

der verzeichnete einen Rückgang um ebenfalls

1 Basispunkt. Er lag zum Monatsende bei -0,01 %.

Der Tagesgeldsatz sank im gleichen Zeitraum im

Monatsschnitt um 4 Basispunkte auf -0,34 %.

-0,5

0,0

0,5

A M J J A S O N D J F M A

Wichtige Zinsen im EuroraumZinssätze in %

Spitzenrefinanzierungssatz

Tagesgeld (EONIA)

Hauptrefinanzierungssatz

Einlagenfazilität

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0,00

0,25

0,50

0,75

A M J J A S O N D J F M A

Notenbankzinsen internationalin %

Japan**

USA*

Eurozone

*Die Federal Reserve hat seit 16.12.2008 einen Zielbereich von 0-0,25 % für die Federal Funds Target Rate festge-setzt. **Die Bank of Japan hat seit 19.12.2008 ein Tages-geld-Zielbereich von rund 0,1 % festgesetzt.

-0,5

0,0

0,5

1,0

A M J J A S O N D J F M A

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Geld- und KapitalmarktZinssätze in %

Umlaufsrendite

EZB-Hauptrefinanzierungssatz

3-Monatsgeld

Page 9: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Rentenmarkt

9

Bundesanleihen weniger gefragt

Bundesanleihen waren im April weniger stark ge-

fragt. Im Monatsvergleich verzeichneten diese da-

her ein moderates Renditeplus. Zu Beginn des Mo-

nats war die Nachfrage nach den an den Finanz-

märkten als besonders sicher klassifizierten Staats-

papieren noch gestiegen. Ausschlaggebend dafür

waren in den ersten zwei Aprilwochen verhaltene

Konjunkturerwartungen. In Deutschland blieben

die Auftragszahlen der Industrie hinter den Prog-

nosen zurück. Auf Ebene des Währungsraumes leg-

ten die Einkaufsmanagerindizes der einzelnen Län-

der nahe, dass die Gesamtwirtschaft momentan

nur verhalten wächst. Ab Mitte des Monats drehte

sich allerdings die konjunkturelle Stimmung dies-

wie jenseits des Atlantiks. Der Konjunkturoptimis-

mus konnte wieder die Oberhand gewinnen, nach-

dem die Rohölpreise auf den höchsten Stand seit

Anfang Dezember gestiegen waren. Darüber hin-

aus stützten positive Konjunktureinschätzungen

der Fed in ihrem Beige Book den vorsichtigen Opti-

mismus an den Märkten. Zum Ende des Monats

schwächten die geldpolitischen Erwartungen der

EZB die Nachfrage nach Bundesanleihen. Viele in-

terpretierten Mario Draghi so, dass die EZB wohl in

den kommenden Monaten keine zusätzlichen

Maßnahmen plane und eher eine Pause einlegen.

Die Umlaufsrendite lag am 26. April bei 0,11 %

und damit 6 Basispunkte höher als am Vormo-

natsultimo. Die Rendite zehnjähriger Bundesanlei-

hen stieg im Monatsvergleich um 15 Basispunkte

auf 0,30 %. Die Renditen von zehnjährigen US-

Staatsanleihen lagen im Vergleich zum Vormo-

natsultimo um 15 Basispunkte höher bei 1,93 %.

0,25

0,50

0,75

1,00

1,25

1,50

A M J J A S O N D J F M A

Zinsstruktur am RentenmarktSpread Bundesanleihen mit Restlaufzeiten 10/1 Jahr, in %

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

A M J J A S O N D J F M A

Bedeutende Benchmarkanleihen Renditen in %, Staatsanleihen mit 10-jähriger Restlaufzeit

USA

Deutschland

Japan

0,0

1,0

2,0

3,0

A M J J A S O N D J F M A

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Ausgewählte Staatsanleihen des EuroraumsRenditen in %, Staatsanleihen mit 10-jähriger Restlaufzeit

Spanien

Frankreich

Italien

Page 10: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Devisenmarkt

10

Euro-Dollar Kurs tendiert seitwärts

Der Euro-Dollar Kurs hat sich nach einem verhalte-

nen Auf und Ab am Monatsende nahe seinem

Vormonatsultimo eingependelt. Zum Ende des

Monats lag der Wechselkurs des Euro zum Green-

back bei rund 1,13 US-Dollar und damit knapp

1 US-Cent niedriger als Ende März.

Zu Monatsbeginn notierte der Euro-Dollar Kurs

vorübergehend über die Marke von 1,14 US-Dollar.

In den folgenden Wochen ging der Wechselkurs

des Euro zum Greenback dann stufenweise zurück.

Dabei belasteten die mäßigen Konjunkturerwar-

tungen in Deutschland und im Euroraum den Euro

den Wechselkurs. Zudem stärkten positivere Kon-

junkturaussichten in den USA den US-Dollar, was

den euro-Dollar Kurs drückte. Sie ließen die Zinser-

wartungen in den USA wieder etwas steigen.

Denn, je mehr die Konjunktur und die Verbrau-

cherpreise in den USA zulegen, desto steiler dürf-

ten in den kommenden 12 Monaten auch die Zins-

erhöhungen der Fed ausfallen. Gleichwohl blieb

die Verunsicherung über die Zinspolitik der Fed im

weiteren Monatsverlauf hoch.

In der zweiten Monatshälfte konnte der Euro dann

wieder ein wenig seine Verluste eingrenzen. Aus-

schlaggebend waren überraschend gute Konjunk-

turdaten aus Deutschland und dem Euroraum.

Darüber hinaus zeigten sich viele Händler von den

Aussagen Draghis enttäuscht. So hatten die Speku-

lationen auf weitere Hinweise auf eine erneute

Lockerung der EZB-Geldpolitik sich nicht erfüllt.

120

130

140

150

160

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

A M J J A S O N D J F M A

Euro-Wechselkurs (I)Ausländerwährung pro Euro

US-Dollar

Japanischer Yen (rechte Skala)

0,6

0,8

1,0

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1,4

A M J J A S O N D J F M A

Euro-Wechselkurs (II)Auslandswährung pro Euro

Schweizer Franken

Britisches Pfund

85

90

95

100

M A M J J A S O N D J F M

Effektiver Wechselkurs des Euro*in EUR, Quartal 1, 1999 = 100

*Nominale Wertentwicklung des Euro gegenüber den 19 wichtigsten Handelspartnern des Euroraums. Eine Bewe-gung nach oben entspricht einer Aufwertung des EuroQuelle: Thomson Reuters Datastream

Page 11: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Aktienmarkt

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DAX im Plus

Der Dax hat im April deutliche Gewinne verbucht.

Auf Monatssicht gewann der Deutsche Aktienin-

dex rund 3,0 % seines Vormonatsultimos dazu. Am

Dienstag, dem 26. April lag er damit bei 10.256

Punkten. Der US-Leitindex legte im gleichen Zeit-

raum mit 1,7 % seines Vormonatsultimos etwas

weniger stark zu. Er notierte zum Ende des Monats

bei 17.990 Punkten.

In der ersten Monatshälfte hatten noch mäßige

Konjunkturerwartungen den DAX unter der Marke

von 10.000 Punkten gehalten. Erst zur Monats-

mitte hin kam es zu einem sichtbaren Anstieg der

Kurse. Ausschlagegebend hierfür war die positive

Entwicklung der deutschen Exporte. Darüber hin-

aus dämpfte ein steigender Ölpreis die Sorgen der

Anleger um die Weltkonjunktur. In den USA beru-

higten überdies Aussagen von Janet Yellen die An-

leger. Die US-Notenbankchefin äußerte sich opti-

mistisch über die konjunkturelle Entwicklung in

den USA. Diese Einschätzung wurden dann noch

einmal in der offiziellen Konjunktureinschätzung

der US-Notenbank im Beige Book bestätigt. Die

gescheiterten Gespräche der OPEC-Staaten über

geringere Fördermengen konnten die Stimmung

nicht nachhaltig belasten. Allerdings grenzte eine

als glanzlos wahrgenommene Vorstellung des

EZB-Präsidenten Draghi im Anschluss an die EZB-

Ratssitzung vom 21. April die Gewinne zum Ende

des Monats leicht ein. Viele Anleger hatten sich

Hinweise auf weiter sinkende Zinsen oder Helikop-

ter-Geld erhofft.

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A M J J A S O N D J F M A

Deutscher AktienmarktDax, 40-/200-Tagesschnitt

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M A M J J A S O N D J F M

Aktien im EuroraumEuro-Stoxx 50, 40-/200-Tagesschnitt

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A M J J A S O N D J F M A

Aktienmarkt USADow Jones, 40-/200-Tagesschnitt

Quelle: Thomson Reuters Datastream

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A M J J A S O N D J F M A

Aktien im EuroraumEuro-Stoxx 50, 40-/200-Tagesschnitt

Page 12: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Eurokonjunktur

12

Frühjahrsgutachten lässt weitere Erholung

erwarten

Die an der Gemeinschaftsdiagnose teilnehmenden

Wirtschaftsforschungsinstitute haben am 14. April

ihr neues Frühjahrsgutachten veröffentlicht. In dem

Gutachten gehen die Forschungsinstitute davon

aus, dass sich die konjunkturelle Erholung im Euro-

raum fortsetzen wird. Demnach wird das preis-

bereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Wäh-

rungsraums in 2016 um 1,4 % und in 2017 um

1,6 % steigen. Die Arbeitslosenquote dürfte von

10,2 % auf 9,9 % zurückgehen. Bei den Verbrau-

cherpreisen wird ein leichter Anstieg von 0,4 % im

laufenden Jahr auf 1,3 % im kommenden Jahr er-

wartet.

Nach Auffassung der Wirtschaftsforschungsinsti-

tute ist die Frühjahrsprognose allerdings mit erheb-

lichen Risiken behaftet. Beispielsweise könnten

steigende Inflationsraten in den USA die dortige

Notenbank zu rascheren Zinserhöhungen zwingen,

was weltweit zu deutlich fallenden Vermögens-

werten führen könnte. Speziell für Europa werden

ebenfalls erhebliche Risiken gesehen. Zwar dürften

von den teilweise wieder aufgenommenen Grenz-

kontrollen innerhalb des Schengen-Raums keine

nennenswerten konjunkturellen Effekte ausgehen.

Im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der EU

wäre aber mit einer merklichen Investitionszurück-

haltung zu rechnen.

Wirtschaftsklima noch günstig

Der Wirtschaftsklimaindex ist im März erneut ge-

sunken. Er befindet sich mit 103,0 Punkten aber

weiterhin deutlich über seinem langjährigen Durch-

schnittswert von 100 Punkten, was insgesamt auf

eine noch immer günstige Stimmung schließen

lässt. Angaben zur Entwicklung des Wirtschaftskli-

mas im April werden voraussichtlich am 28. April

veröffentlicht.

1) Euroraum, in Punkten - Gewichtung: 40 % Industrievertrauen, 30 % Dienstleistungsvertrauen,

20 % Verbrauchervertrauen, 5 % Einzelhandelsvertrauen, 5 % Bauvertrauen

2) Saldo in Prozentpunkten (= Differenz aus positiven und negativen Antworten)

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Wirtschaftsklima im Euroraum

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Gesamt1 Dienstleister2 Verbraucher2 Einzelhandel2 Bau2Industrie2

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Page 13: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Eurokonjunktur

13

Industrie mit geringerem Ausstoß

Die Ausweitung der industriellen Produktion des

Euroraums hat sich im Februar zunächst nicht fort-

gesetzt. Der Ausstoß ist gegenüber dem Vormo-

nat saisonbereinigt um 0,8 % zurückgegangen,

nachdem er im Januar noch um kräftige 1,9 % zu-

gelegt hatte. In den kommenden Monaten ist an-

gesichts der günstigen Auftragsentwicklung aber

wieder mit einem Anstieg der Industrieproduktion

zu rechnen. So nahm der Order-Indikator im März

gegenüber dem Vormonat leicht um 0,2 Punkte

auf -12,6 Punkte zu.

Inflationsrate bei 0 %

Im Währungsraum ist die Inflationsrate, gemessen

am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI),

zuletzt von -0,2 % im Februar auf 0,0 % im März

gestiegen. Für den Anstieg waren die Dienstleis-

tungspreise verantwortlich, die stärker zulegten

als zuvor. Die Erzeugpreise gewerblicher Produkte

sind jüngst, im Februar, um deutliche 4,2 % gesun-

ken, nachdem sie im Januar noch um 3,0 % nach-

gegeben hatten. Ausschlaggebend hierfür waren

die Energiepreise, die sich stärker verbilligten.

Arbeitslosenquote erneut gesunken

Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist im Euro-

raum weiter zurückgegangen. Sie sank von 10,4 %

im Januar auf 10,3 % im Februar.

10,0

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01/14 07/14 01/15 07/15 01/16

ArbeitslosenquoteEuroraum, in %, saisonbereinigt

Quelle: Thomson Reuters Datastream

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4,0

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2,0

01/14 07/14 01/15 07/15 01/16

Verbraucher- und ErzeugerpreiseEuroraum, in % gg. Vorjahr

Kerninflation*

Erzeugerpreise (rechte Skala)

Verbraucherpreise

*ohne Energie und unbearbeitete Lebensmittel

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01/14 07/14 01/15 07/15 01/16

Aufträge und ProduktionEuroraum, 2010=100, saisonbereinigt

Produktion

Aufträge*

*rechte Skala, Order-Indikator der EU-Kommission, Saldenwerte

Page 14: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Deutsche Konjunktur

14

Wirtschaftsforscher prognostizieren

anhaltenden Aufschwung

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute se-

hen die deutsche Wirtschaft weiterhin in einem

moderaten Konjunkturaufschwung. Ihrem neuen

Frühjahrsgutachten zufolge dürfte das preisberei-

nigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands in

2016 um 1,6 % und in 2017 zum 1,5 % steigen.

Gegenüber dem Gutachten vom Herbst 2015

wurde der BIP-Prognosewert für das laufende

Jahr allerdings leicht um 0,2 Prozentpunkte zu-

rückgenommen. Zur Begründung der Abwärts-

korrektur verweisen die Forschungsinstitute auf

die globale Konjunkturentwicklung, die zum Jah-

resende 2015 etwas schwächer verlaufen sei als

erwartet.

Gemäß dem Frühjahrsgutachten profitiert die

deutsche Wirtschaft weiterhin vor allem vom Pri-

vatkonsum, der durch die steigende Beschäfti-

gung, zunehmende Lohn- und Transfereinkom-

men sowie durch Kaufkraftgewinne infolge der

gesunkenen Energiepreise befeuert wird. Zudem

dürfe der Bauboom angesichts der niedrigen Zin-

sen andauern und Wachstumsimpulse liefern. Von

den Ausrüstungsinvestitionen und dem Außen-

handel seien aber nur wenige Impulse zu erwar-

ten. Dem Gutachten zufolge wird die öffentliche

Hand trotz der zusätzlichen Ausgaben für die

Flüchtlinge sowohl in 2016 als auch in 2017 deutli-

che Überschüsse erzielen. Die Verbraucherpreise

dürften im laufenden Jahr um 0,5 % und im kom-

menden Jahr um 1,5 % steigen. Der BVR teilt die

Wachstumseinschätzung der Forschungsinstitute

im Wesentlichen und geht für 2016 ebenfalls von

einem BIP-Anstieg um 1,6 % aus.

Industriekonjunktur moderat aufwärtsgerichtet

Der Auftragseingang und die Produktion der

deutschen Industrie tendieren zu Jahresbeginn

HWWI

IWH; SVRRWI

OECD

1,0

1,5

2,0

2,5

Jan 16 Feb 16 Mrz 16 Apr 16

Quelle: BVR

OECD

KOM

IMF; REG

IMF; IW

BVR; GD

REGDIW

IfW

Konjunktur 2016 - Prognosen für DeutschlandJahreswachstumsrate des BIP in %, preisbereinigt

Bbk - Deutsche Bundesbank

DIW - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin

GD - Gemeinschaftsdiagnose (Frühjahrs- bzw. Herbstprognose)

HWWI - Hamburger WeltWirtschaftsInstitut

ifo - Institut für Wirtschaftsforschung,München

IfW - Institut für Weltwirtschaft, Kiel

IMF - Internationaler Währungsfonds

IMK - Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung

IW - Institut der deutschen Wirtschaft, Köln

IWH - Institut für Wirtschaftsforschung, Halle

KOM - Europäische Kommission

OECD - Organisation für WirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung

REG - BundesregierungRWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für

Wirtschaftsforschung, Essen

SVR - Sachverständigenrat

Page 15: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Deutsche Konjunktur

15

leicht nach oben. Die Industrieproduktion ist zwar

zuletzt, im Februar, nach vorläufigen amtlichen

Angaben gegenüber dem Vormonat preis-, kalen-

der- und saisonbereinigt um 0,5 % zurückgegan-

gen. Im aussagekräftigeren Zweimonatsvergleich

Januar/Februar gegenüber November/Dezember

war jedoch ein deutlicher Anstieg um 2,0 % zu

verzeichnen. Auch im Baugewerbe expandierte

die Produktion im Zweimonatsvergleich spürbar

(+4,4 %), wozu die milde Witterung und brücken-

tagebedingte Produktionsverlagerungen beige-

tragen haben dürften. Der industrielle Auftrags-

eingang ist im Februar mit einer Verlaufsrate

von -1,2 % gesunken, nachdem er im Vormonat

noch um 0,5 % zugelegt hatte. Grund hierfür war

ein stark unterdurchschnittlicher Eingang von

Großaufträgen sowie ein Rückgang der Auslands-

orders (-2,7 %), der durch einen Anstieg der inlän-

dischen Bestellungen (+0,9 %) nur zum Teil ausge-

glichen werden konnte. Ohne Berücksichtigung

der schwankenden Großaufträge lag der Auf-

tragseingang aber leicht im Plus (+0,3 %). Insge-

samt legen die neuen Daten für das erste Quartal

einen merklichen Anstieg der Industrie- und Bau-

produktion nahe.

Außenhandel legt zu

Trotz der vielfach verhaltenen Nachrichten zur

globalen Konjunkturentwicklung konnte die deut-

sche Wirtschaft ihren grenzüberschreitenden Han-

del im Februar etwas ausweiten. Gegenüber dem

Vormonat sind die Ausfuhren saison- und kalen-

derbereinigt um 1,3 % gestiegen. Dadurch konnte

der leichte Rückgang vom Januar (-0,6 %) mehr als

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01/14 07/14 01/15 07/15 01/16

Außenhandelin Mrd. Euro, saisonbereinigt

Ausfuhren

Einfuhren

Quelle: Thomson Reuters Datastream

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Produktion2010=100, preis- und saisonbereinigt

Baugewerbe

Industrie

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Aufträge2010=100, preis- und saisonbereinigt

Aufträge aus dem Inland

Aufträge aus dem Ausland

Page 16: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Deutsche Konjunktur

16

ausgeglichen werden. Die Einfuhren expandierten

im Februar leicht mit einer Verlaufsrate von 0,4 %

nachdem sie sich zuvor um 1,3 % erhöht hatten.

Konjunkturerwartungen erneut gestiegen

Trotz der anhaltenden Sorgen vor einem mögli-

chen Austritt Großbritanniens aus der EU werden

die wirtschaftlichen Aussichten Deutschlands von

Finanzmarktfachleuten wieder mit etwas mehr

Zuversicht bewertet. Die auf einer monatlichen

Expertenumfrage des Zentrums für Europäische

Wirtschaftsforschung (ZEW) basierenden ZEW-

Konjunkturerwartungen sind im April zum zwei-

ten Mal in Folge gestiegen. Der Indikator legte ge-

genüber März um 6,9 Punkte auf 11,2 Punkte zu.

Zur weiteren Aufhellung der Perspektiven dürften

unter anderem günstige Wirtschaftsnachrichten

aus China beigetragen haben. Auch von den vom

ifo Institut befragten Unternehmen werden die

wirtschaftlichen Aussichten insgesamt etwas opti-

mistischer beurteilt. Der Index der Geschäftser-

wartungen ist leicht von 100,0 Punkten im März

auf 100,4 Punkte im April geklettert. Der ifo

Geschäftsklimaindex ist allerdings minimal von

106,7 Punkten auf 106,6 Punkte gesunken, da

die aktuelle Lage etwas weniger positiv bewertet

wurde als zuvor.

Etwas höhere Inflationsrate

Nicht nur im Euroraum, auch in Deutschland ist

die Inflationsrate im März etwas gestiegen. Wie

bereits auf den ersten Seiten dieser Ausgabe von

„Volkswirtschaft special“ erwähnt, lag der Ver-

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Verbraucher

Unternehmen

InsolvenzenMonatliche Fallzahlen

Quelle: Thomson Reuters Datastream

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Verbraucherpreise

Kerninflation*

Erzeugerpreise (rechte Skala)

Verbraucher- und Erzeugerpreisegg. Vorjahr in %

*ohne Energie und Lebensmittel

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Wirtschaftliche EinschätzungSaldenwerte, saisonbereinigt

ZEW-Konjunkturerwartungen

ifo Geschäfts-klimaindex*

*rechte Skala, 2010=100

Page 17: Volkswirtschaft Special zur Entwicklung der Inflation

Deutsche Konjunktur

17

braucherpreisindex (VPI) um 0,3 % über seinem

Vorjahresstand. Im Februar hatten die Verbrauch-

preise noch stagniert (0,0 %). Ausschlaggebend

für den Anstieg der Inflationsrate waren die

Dienstleistungspreise. Diese legten im März stärker

zu als im Februar (+1,6 % gegenüber +0,9 %),

wozu unter anderem höhere Preise für Pauschal-

reisen wegen des früheren Osterfests beigetragen

haben dürften. Von Seiten der Energiepreise ging

hingegen weiterhin eine dämpfende Wirkung auf

die Gesamtentwicklung aus. Die Energiepreise ha-

ben sich im März sogar etwas deutlicher verbilligt

als im Februar (-8,9 % gegenüber -8,5 %). Auf der

Erzeugerstufe sind die Preise im März mit einer

Jahresrate von -3,1 % so stark gesunken wie seit

Januar 2010 nicht mehr. Hauptgrund für Preisver-

fall war die Entwicklung im Energiebereich. Im

März sind die Erzeugerpreise für Energie um 9,2 %

gesunken.

Erneute weniger Insolvenzen

In Deutschland ist die Anzahl der Insolvenzen zu

Jahresbeginn weiter zurückgegangen. Von den

Amtsgerichten wurden im Januar 1.692 Unterneh-

mens- und 5.946 Verbraucherinsolvenzen gemel-

det. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind die

Firmenpleiten um 2,7 % gesunken. Die Zahl der

Verbraucherinsolvenzen hat sich sogar mit einer

Jahresrate von -7,1 % vermindert.

Arbeitsmarkt mit saisonalem Rückenwind

Befördert durch die allgemeine Frühjahrsbelebung

und die gute Konjunktur zeigt sich der deutsche

Arbeitsmarkt nach wie vor in einer insgesamt gu-

ten Verfassung. Im März ist die Zahl der arbeitslo-

sen Menschen nach ersten Berechnungen der

Bundesagentur für Arbeit (BA) gegenüber dem

Vormonat um 66.000 auf 2,845 Mio. gesunken.

In saisonbereinigter Rechnung stagnierte die Ar-

beitslosenzahl allerdings, nachdem sie im Februar

noch um 9.000 zurückgegangen war. Die saison-

bereinigte Arbeitslosenquote blieb unverändert

bei 6,2 %. In den jüngsten Monatsdaten zur Er-

werbstätigkeit und zur sozialversicherungspflichti-

gen Beschäftigung setzten sich die Aufwärts-

trends fort. So ist die Erwerbstätigenzahl nach

vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesam-

tes im Februar gegenüber dem Vormonat saison-

bereinigt um 52.000 gestiegen. Die Beschäftigten-

zahl legte gemäß der aktuellen BA-Hochrechnung

von Dezember auf Januar saisonbereinigt um

55.000 Personen zu.

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42.500

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Arbeitslosenquote und Erwerbstätigein %, saisonbereinigt

Arbeitslosenquote

Erwerbstätige*

*rechte Skala, in Tsd. Quelle: Thomson Reuters Datastream