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In der 3.Woche des Mooc der Fernuniversität in Hagen #iddg13 stellt die rechtswissenschaftliche Fakultät vertreten durch Prof. Dr. Ulrich Wackerbarth vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Rechtsvergleichung http://www.fernuni-hagen.de/ls_wackerbarth/ folgendes aktuelle Urteil zur Diskussion: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2013 Az. III ZR 98/12 Leitsatz: Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind. Internetanschluss (für die eigenwirtschaftliche Lebensführung von überragender Bedeutung)

Internetanschluss für die eigenwirtschaftliche lebensführung von überragender bedeutung

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Page 1: Internetanschluss   für die eigenwirtschaftliche lebensführung von überragender bedeutung

• In der 3.Woche des Mooc der Fernuniversität in Hagen #iddg13 stellt die rechtswissenschaftliche Fakultät vertreten durch Prof. Dr. Ulrich Wackerbarth vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Rechtsvergleichung http://www.fernuni-hagen.de/ls_wackerbarth/ folgendes aktuelle Urteil zur Diskussion:

• Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2013Az. III ZR 98/12

Leitsatz:Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind.

Internetanschluss (für die eigenwirtschaftliche Lebensführung von überragender

Bedeutung)

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• Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2013Az. III ZR 98/12

Dabei geht es um die Auslegung der beiden Gesetze BGB §249 und §253 und um die Auslegung was in der heutigen Zeit unter notwendig für die eigenwirtschaftliche Lebensführung verstanden wird.

• Mein Lösungsvorschlag (als Nichtjurist) zu den im Mooc gestellten Fragen lege ich auf den nächsten Folien dar. Die Lösung basiert zum Teil auf den angegebenen Quellen, zum anderen nach meinem (meiner Meinung nach gesunden) Menschenverstand.

• Ob sie also rechtlich haltbar ist, vermag ich nicht zu beurteilen, das mögen andere tun, zum Diskutieren meiner Meinung bin ich immer gerne bereit.

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• Welche weiteren Güter kommen als für die eigenwirtschaftliche Lebensführung von zentraler Bedeutung in Frage?

• Das Internet wird mit dem aktuellen Urteil auf eine Stufe gestellt mit Rechten auf Mobilität und Wohnung.

• Die Rechtsprechung zählt zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung Güter wie die eigene Wohnung, das zum Transport genutzte eigene Fahrzeug, einen Blindenhund, die Kücheneinrichtung.

• Nicht dazu zählen zum Beispiel eine Tuba, ein privates Schwimmbad, einen Pelzmantel, eine Segelyacht.

• Quelle: Förster Christian Schuldrecht Allgemeiner Teil (Auflage 1 September 2011) Verlag C.F. Müller Heidelberg, München (Seite 236)

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Welche Güter für die eigenwirtschaftliche Lebensführung werden in Rechtsprechung und Literatur diskutiert?

1) Nutzungsausfall privat genutzter Luftverkehrsfahrzeuge

Prolog:

1. Nutzungsausfall gewerblich genutzter Luftfahrzeuge in Form von Verdienstausfall jederzeit möglich.

2. Nutzungsausfall rein privat genutzter Luftfahrzeuge im Regelfall nicht möglich, da die Nutzung einen Luxus darstellt.

3. Nutzungsausfall privat genutzter Luftfahrzeuge im Vereinsbetrieb (Luftsportverein o.ä.) als Vorhalter von Luftfahrzeugen aufgrund des Vereinszweck wird im Zweifel zu bejahen sein.

Quelle: http://www.ajs-luftrecht.de/nutzungsausfall.html

2) BGH (Großer Senat) v. 09.07.1986 - GSZ 1/86: Grundsatzentscheidung zum Nutzungsausfall bei Sachbeschädigung

Quelle: http://www.verkehrslexikon.de/Texte/NutzungsAusfall01.php

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Was spricht jeweils für, was gegen ihre Einordnung in diese besondere Kategorie?Für eine Einordnung in die Kategorie der eigenwirtschaftlichen Lebensführung spricht der hohe Stellenwert, den das Internet in der heutigen Lebensführung erreicht hat. Viele Dinge lassen sich nur noch, oder mit viel geringerem Aufwand oder höheren Kosten erledigen. Bahntickets zum Beispiel sind im Internet günstiger, Termine für Bürgerämter lassen sich online buchen, es gibt immer mehr Ärzte bei denen man online freie Termine einsehen kann und sie sich ohne großem Aufwand in seinen eigenen Terminkalender anpassen kann.

Dagegen spricht, das das Festnetztelefon nur dazu zählt, wenn kein Mobiltelefon zur Verfügung steht, man könnte argumentieren das fast jedes Mobiltelefon heutzutage internetfähig ist und man sich nur die Mehrkosten für den mobilen Zugang erstatten lassen sollte.Weiterhin könnte man gegen das Internet argumentieren, es ist nicht lebensnotwendig, da weder Grundbedarf in der Mobilität noch beim Wohnen eingeschränkt sind, man also einen privaten Internetanschluss zu den Luxusgütern zählen müsste. Diese Luxusgüter sind bisher von den Gerichten stets als nicht notwendig für die eigenwirtschaftliche Lebensführung angesehen worden.

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Für welche weiteren Güter sollte eine Nutzungsausfallentschädigung gewährt werden, wenn jemand für den Nutzungsausfall verantwortlich ist? Begründen Sie Ihre Auffassung.

Meiner Überzeugung nach wird die Beschränkung ersatzfähiger Nutzungsausfallschäden vom BGH mit Augenmaß behandelt und auf solche Gebrauchsvorteile beschränkt, die zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung unabkömmlich sind. 

Die Rechtsprechung ist richtigerweise bei der Annahme, dass eine Sache zentrale Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung hat, sehr zurückhaltend, um ein Ausufern des normativen Schadensbegriffs zu vermeiden und Missbrauch vorzubeugen. Amerikanische Verhältnisse mit ausufernden Schadensersatz-ansprüchen für immaterielle und materielle Schäden führen, wie dort in zahlreichen uns sonderbar anmutenden Urteilen immer wieder vorgeführt, nicht zu einem Mehr an sozialer Gerechtigkeit.

Ich vertrete also die Ansicht das für Luxusgüter der privaten Lebensführung kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung gewährt werden sollte.

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Finden Sie den Grundsatz des §253 Abs. 1 BGB gut oder entspricht er eher nicht mehr unseren modernen Gesellschaft?

§ 253

Immaterieller Schaden.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

 

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

 

Quelle: http://dejure.org/gesetze/BGB/253.html

Ja, ich denke auch dieser Grundsatz entspricht einer modernen Gesellschaft und ist nach wie vor förderlich für eine sozial gerechte Gesellschaft. Ein „Verdienen“ an einem entstandenen Schaden seitens des Geschädigten läuft unserem auf Wiedergutmachung und nicht auf Strafe gerichteten Schadenersatzprinzip zuwider und öffnet Missbrauch seitens der Geschädigten Tür und Tor.