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APPS 16 Werben & Verkaufen 3 Guide ONLINE-MEDIA Allerhand Gedränge. Hier die ADAC-, da die Lufthansa-App, Siemens’ Energiespar- Spiel „ecoJEWELS“ neben platzenden Comic- Knäueln aus „Chuzzle“, dazwischen Apothe- ken-Notdienst, Immobiliensuche, Stern Online und n-tv mobil. Vor einem Jahr beinhaltete der App-Store fürs iPhone noch 50 000 Anwendun- gen. Heute sind es mehr als 200 000. Keine Frage, Apps haben Konjunktur. Als Weg, Marken auf dem Handy ins Spiel zu brin- gen. Als Service für zusätzliche Werbeeinnah- men. Als Vertriebskanal für kostenpflichtigen Content. Nur: Selbstläufer sind die wenigsten. Im Schnitt verzeichnet Apples Software- Shop rund 3000 Neuzugänge pro Woche. In dieser Flut nicht unterzugehen, ist die erste Bewährungsprobe. „Unschlagbare Promotion stellt eine Empfehlung der Apple-Redaktion dar“, sagt Jan Gessenhardt, Geschäftsführer der Berliner Mobile-Agentur Aperto Move. „Das katapultiert eine App direkt in die Top Ten der Downloads.“ Passiert aber zu selten, als dass darauf Verlass wäre. Gessenhardt rät daher, „auf die eigene App im Newsletter und auf der Website hinzuweisen, vielleicht auch Banner zu schalten in anderen Apps samt Download- Link“. Am besten noch im Offline trommeln, meint Roman Kocholl, Managing Director der Hamburger Agentur Cellular, die für Verlage wie Gruner + Jahr und Axel Springer Smart- phone-Dienste entwickelt: „Gegen einen Wink in Printanzeigen spricht nichts.“ In 20 Rubriken unterteilt der App-Store sein Sortiment, Kategorien wie „Nachrichten“, „Spiele“, „Dienstprogramme“. Hitlisten zeigen die 25 am häufigsten heruntergeladenen An- Fotos: Bernhard Huber; Unternehmen Wenn DerRolf meckert Bei Gestaltung und Bewerbung von Apps ist einiges zu beachten. Auch ein Monitoring der User-Kommentare empfehlen Experten.

Interview mit Steinbeis-Professor zum Thema Apps

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In einem Interview spricht Prof. Dr. Marc Drüner, Professor der Steinbeis-Hochschule, über die Bedeutung von Apps und deren Einbindung in die Gesamtstrategie eines Unternehmens.

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Allerhand Gedränge. Hier die ADAC-, da die Lufthansa-App, Siemens’ Energiespar-Spiel „ecoJEWELS“ neben platzenden Comic-Knäueln aus „Chuzzle“, dazwischen Apothe-ken-Notdienst, Immobiliensuche, Stern Online und n-tv mobil. Vor einem Jahr beinhaltete der App-Store fürs iPhone noch 50 000 Anwendun-gen. Heute sind es mehr als 200 000.

Keine Frage, Apps haben Konjunktur. Als Weg, Marken auf dem Handy ins Spiel zu brin-gen. Als Service für zusätzliche Werbeeinnah-men. Als Vertriebskanal für kostenpflichtigen Content. Nur: Selbstläufer sind die wenigsten.

Im Schnitt verzeichnet Apples Software-Shop rund 3000 Neuzugänge pro Woche. In dieser Flut nicht unterzugehen, ist die erste Bewährungsprobe. „Unschlagbare Promotion stellt eine Empfehlung der Apple-Redaktion

dar“, sagt Jan Gessenhardt, Geschäftsführer der Berliner Mobile-Agentur Aperto Move. „Das katapultiert eine App direkt in die Top Ten der Downloads.“ Passiert aber zu selten, als dass darauf Verlass wäre. Gessenhardt rät daher, „auf die eigene App im Newsletter und auf der Website hinzuweisen, vielleicht auch Banner zu schalten in anderen Apps samt Download-Link“. Am besten noch im Offline trommeln, meint Roman Kocholl, Managing Director der Hamburger Agentur Cellular, die für Verlage wie Gruner + Jahr und Axel Springer Smart-phone-Dienste entwickelt: „Gegen einen Wink in Printanzeigen spricht nichts.“

In 20 Rubriken unterteilt der App-Store sein Sortiment, Kategorien wie „Nachrichten“, „Spiele“, „Dienstprogramme“. Hitlisten zeigen die 25 am häufigsten heruntergeladenen An- Fo

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Wenn derRolf meckertBei Gestaltung und Bewerbung von Apps ist einiges zu beachten. Auch ein Monitoring der User-Kommentare empfehlen Experten.

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wendungen. „Wenn man es dahin geschafft hat, bleibt man erst mal drin“, weiß Aperto-Mana-ger Gessenhardt. Denn halten iPhone-Nutzer nach interessanten Apps Ausschau, orientieren sie sich an den Übersichten. Dort hineinzuge-langen ist von Rubrik zu Rubrik unterschied-lich schwierig. „Manche Kategorien wie Ge-sundheit oder Finanzen sind noch nicht über-laufen“, stellt Gessenhardt fest. „Um in die Top 25 vorzustoßen, braucht es dort nicht Zehntau-sende von Downloads wie etwa in der Sparte Dienstprogramme oder Spiele.“ Wer auf Num-mer Sicher gehen will, bucht einen Vermarkter, der Download-Zahlen nach Wunsch garantiert. Das pusht im Ranking. Allerdings: „Über die tatsächliche Nutzung einer App“, so Gessen-hardt, „sagen die Hitlisten nichts aus.“

Ohne ein Minimum an Nährwert hat eine Anwendung ohnehin keine Zukunft. Maggi etwa brachte eine virtuelle Eieruhr an den Start. Nach Ablauf der eingegebenen Zeit säu-selt eine Frauenstimme „Dittidettideetäää“ (allemeineapps.de). „Kein Erschrecken vor der Eieruhr mehr!“, schwärmt iPhone-Besitzer Lut-zinator. Offenbar hat die Idee was. Ähnlich wie „Light“, eine Software, die den Bildschirm so hell aufleuchten lässt, dass sich das Mobil-telefon in eine Taschenlampe verwandelt. Mar-

kus Wierl, Geschäftsführer der Münchner Agentur Edelweiss72: „Die Hälfte aller Apps braucht die Welt nicht.“

Damit Applikationen kein Schattendasein fristen, haben sie Standards zu erfüllen, die Vorreiter des Genres setzen. „Wer Informatio-nen auf dem Handy abruft, will schnell und in aller Kürze das Wichtigste erfahren“, unter-streicht Cellular-Kopf Kocholl. „Lange Ladezei-ten oder unübersichtliche Interfaces zehren an den Nerven.“ Gefragt seien „keine Alleskönner, sondern Apps mit spitzem Nutzwert“, hebt Wierl hervor. „Kombiniert mit einfacher Hand-habung und ansprechendem Design.“ Für den ADAC etwa realisierte Edelweiss72 eine Maps-App mit Routenplaner, die Mitglieder des Au-tomobilclubs kostenlos erhalten. Alle anderen berappen 15 Euro. Umso schmerzhafter dürfte für den ADAC die Verstimmung mancher Nut-zer sein. „Schlampig gemacht“, ärgert sich Stu-ckis1 im Bewertungsforum des App-Stores, und DerRolf moniert: „Es werden Tankstellen ange-zeigt, die es seit vier Jahren nicht mehr gibt.“

In Updates lassen sich Mängel beseitigen und Funktionen ausbauen. Die User-Kommen-tare erweisen sich dabei als hilfreich. „Oft fin-den sich darunter Verbesserungsvorschläge“, sagt Gessenhardt. Auch Kocholl empfiehlt in-tensives Monitoring: „Die Kundenbewertungen im App-Store geben ein direktes Feedback.“

Cellular-Kunde „Playboy“Unschlagbare Promotion stellt eine empfehlung der apple-Redaktion dar.

Cellular-Manager Kocholl Gegen einen Wink in Printanzeigen spricht nichts.

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Die Mobile-Experten verschweigen nicht, dass manche Unternehmen das Bewertungsforum für eigene Zwecke einspannen. „Nicht selten stammen die ersten Kommentare zu neuen Apps von den Anbietern und aus deren Um-kreis“, berichtet Georg von Waldenfels, Ge-schäftsführer des Hamburger Software-Ent-wicklers lb-lab. Unter Decknamen lobt man die eigene App ordentlich. Oder man putzt die An-wendung unliebsamer Konkurrenz herunter.

Spannend ist aus Sicht der Unternehmen die Frage, wie intensiv Handy-Besitzer ihre App

Wierl, ADAC-App die Hälfte aller apps braucht die Welt nicht – ohne ein minimum an nutzwert hat die anwendung keine Zukunft.

„Die Luft wird dünner“maRc dRüneR übeR aPPs Und anfoRde-RUnGen aUs deR sicHt des maRketinGs

W&V Herr Drüner, inwieweit haben Apps das Spielfeld des Mobile Marketing verändert?Drüner der immer stärkere mobile lifestyle und der Wettbewerbsdruck im stationären Han-del kanalisieren sich auf den mobilen endge-räten. apps sind die aktuelle antwort auf die vielfältigen ansprüche moderner kunden, sei es image-transfer, direkter Verkauf oder incen-tivierung durch coupons im Zuge von location based services. ohne wirklichen mehrwert – ob der nun einen monetären Vorteil bedeutet oder einfach nur spaß – werden nutzer schnell durchschauen, dass eine app reinem aktionis-mus entspringt. Wer nicht weiß, was er will, sollte nicht in die app-Welt vorstoßen.W&V Grundlegend lassen sich Missverständ-nisse in Reihen der Unternehmen zum Thema Apps feststellen?Drüner allzu häufig werden apps als stand-alone-marketingelement gesehen. es kann in einzelfällen durchaus sinn machen, eine app losgelöst von restlichen maßnahmen zu etab-lieren. in Zeiten zunehmender informations-menge und schwächerer markendifferenzie-rung sollten Verantwortliche jedoch die bedeu-tung einer digitalen Gesamtstrategie erkennen. social media – und dazu zählen applikationen auf mobilen endgeräten genauso wie bei face-book & co. – funktioniert nur vernetzt. W&V Welche Anforderungen hat eine Marken-App zu erfüllen, wenn sie nicht im Gewimmel täglich wachsender App-Angebote untergehen soll?

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Drüner eine app unterliegt als bestandteil einer ganzheitlichen betrachtung meist gar nicht der Gefahr unterzugehen. Wird eine app sauber in die unternehmensweiten kommunikationsmaß-nahmen und touchpoints integriert, erreicht sie auch Ziele und Zielgruppe. aber natürlich wird die luft dünner. es wird kontinuierlich schwie-riger, etwas wirklich neues zu finden. „around me“ die Hundertste oder eine von zig Rezept-apps – wen interessiert das? der marketingdruck steigt auch in der app-Welt.W&V Bedeutet ein renommierter Markenname eine gewisse Verpflichtung mit Blick auf die Ge-staltung der App?Drüner eine starke marke muss bei allen aktivi-täten darauf achten, dass die markenattribute gewahrt bleiben. das beginnt schon beim icon, das die app repräsentiert. Generell haben als un-terster standard die Usability-Vorgaben der jewei-ligen Plattform zu gelten. Vor einiger Zeit habe ich die app eines großen Herstellers weißer Ware getestet, bei der sich der ton nicht ausschalten ließ. dieser Usability-lapsus hat in mir die frage

Web-2.0-Experte marc drüner (trommsdorff + drüner) ist berater und Professor an der steinbeis Hochschule berlin.

aufkommen lassen, ob die Produkte dieses Herstellers ebenfalls bedienprobleme verursa-chen.W&V Wie lässt sich der Erfolg einer Marken-App messen?Drüner eine erfolgsbewertung hängt einer-seits von den angestrebten Zielen des Unter-nehmens ab, andererseits vom damit impli-zierten aufbau und mehrwert der app. down-load-Zahlen sprechen eine einfache sprache. Wichtiger sollte feedback zur app sein. ein aufmerksamer Pos, der eine positive Rückmel-dung mitbekommt, oder ein Web-monitoring spiegeln die Wirkung ganzheitlicher und ehr-licher wider als eine simple Zahl. der Weg im marketing führt weg von eindimensionalen Zahlen wie downloads, hin zu engagement- und activity-maßgrößen: Wie viel Zeit haben die kunden mit meiner app verbracht? Haben sie diese weiterempfohlen? oder wurde der abverkauf stimuliert?W&V Eröffnet sich mit Apps fürs iPad ein wei-teres Terrain des Mobile Marketing?Drüner Wir haben festgestellt, dass apps für mobile endgeräte wie smartphones und apps für tablets wie das iPad unterschiedliche mo-tivationen und interessenslagen befriedigen. auch für das iPad und die noch folgenden Ge-räte dieser Gattung empfiehlt sich die genaue betrachtung der nutzung und Zielgruppe. ers-te Untersuchungen zeigen, dass gerade ältere Zielgruppen mit den tablets gut zu erreichen sind. bell

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UNterNehMeN iM pOrtrÄt

Webradio-Vermarktungdie Rbc GmbH - business to media con-sumer ist ein führender Vermarkter von di-gitalem webbasierten audio-content in deutschland. mit der innovativen Plattform Rbc | netvertiser haben wir ein Vermark-tungstool für Webradios und Podcast in den markt gebracht, das Werbekunden und agen-turen einen komfortablen Zugang zu der steil wachsenden Userschaft von digitalen audio-content im Web ermöglicht. Wir ver-markten derzeit über den Rbc | netvertiser mehr als 200 audioangebote mit mehr als 20 millionen kontakten pro monat. Wer-bungtreibende wie bitburger und Philips pro-fitieren von unserer professionellen Gesamt-lösung ebenso wie die content-anbieter, da-runter marken wie 90elf, deutschlands er-folgreichstes fußballwebradio, und Rautemusik.fm.

die Rbc ist eine tochter des Radiounter-nehmens Regiocast. Wir sind auf die ent-wicklung von b2c-diversifikationsgeschäf-ten für medienunternehmen in den vier Ge-schäftsfeldern telekommunikations- und direktmarketing, online-Vermarktung und new business spezialisiert.

Moorfuhrtweg 17, 22301 HamburgTel.: +49 40 23 85 49-401, Fax -405Geschäftsführer: Klaus GräffE-Mail: [email protected]: www.rbc.de, www.netvertiser.de

RBC

Martin Bell 3 [email protected]

verwenden. Das Berliner Marktforschungsins-titut Mindline Media offeriert mit AppRadar eine Mobile-Befragung, die innerhalb einer App auf dem Touchscreen erscheint. In einem hal-ben Dutzend Fragen lotet das Feature aus, wie die jeweilige App gefällt, ob man sie weiteremp-fehlen würde. „Die freiwillige und anonyme Teilnahme hat den Vorteil, dass die Leute sich nicht ausgespäht vorkommen“, betont Gessen-hardt, der das Instrument für die von seiner Agentur gestaltete App des Online-Portals Im-mobilienScout24 einsetzte.

Unbemerkt hingegen sammeln spezielle Analyse-Tools Informationen, die im Hinter-grund von Apps laufen. Flurry Analytics gilt als führend. Für Apps, die eine Internet-Verbin-dung herstellen, kommt auch Google Analytics infrage. „Verdeckte Datenerhebung sehen viele Nutzer kritisch“, warnt jedoch Gessenhardt.

Zahl der Downloads, Bewertungsprofil im App-Store, Untersuchung des Nutzerverhaltens – aus diesem Dreiklang gewinnen Anbieter Aufschluss darüber, wie die iPhone-Gemeinde ihre App aufnimmt. Stiefmütterlich behandeln Unternehmen nach wie vor Apps für Smart-phones anderer Betriebssysteme, Googles An-droid oder Windows Mobile etwa. „Das iPhone hat aus Sicht der Marketingverantwortlichen schlicht mehr Sex-Appeal“, so lb-lab-Chef von Waldenfels. Aber er ist überzeugt: „Im nächsten Jahr wird Android einen weiteren Schub erfah-ren, weil das Thema Smartphones dann in brei-ten Bevölkerungsschichten Einzug hält.“

Der wahre App-Hype steht noch bevor, schätzt Wierl. „Aber das wird sich relativieren“, glaubt der Münchner. „Spätestens, wenn Unter-nehmen abwägen, ob der Aufwand im Verhält-nis steht zum Echo in der Zielgruppe.“

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