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Christina Schwalbe - Ringvorlesung Medien & Bildung, 19. Mai 2009 Das Paradox des Partizipativen Social Software in Bildungsprozessen Christina Schwalbe mms.uni-hamburg.de/schwalbe

Paradox des Partizipativen - Social Software in Bildungsprozessen

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Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Medien & Bildung - Kontrolle und Selbstkontrolle in Bildungszusammenhängen, SoSe09, Universität Hamburg (http://mms.uni-hamburg.de/medien-bildung)

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Christina Schwalbe - Ringvorlesung Medien & Bildung, 19. Mai 2009

Das Paradox des PartizipativenSocial Software in Bildungsprozessen

Christina Schwalbemms.uni-hamburg.de/schwalbe

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Vortragsthema

• Medialer & kultureller Wandel: Notwendigkeiten für neue Bildungskonzepte

• Vernetzung & Partizipation: Bildungspotenziale im Web 2.0

• Das Paradox des Partizipativen: Selbstbestimmung & Selbststeuerung

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Ausgangspunkt I:

„Wir haben es mit nichts Geringerem zu tun als mit der Vermutung, dass die Einführung des Computers für die Gesellschaft ebenso dramatische Folgen hat wie zuvor nur die Einführung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks. Die Einführung der Sprache konstituierte die Stammesgesellschaft, die Einführung der Schrift die antike Hochkultur, die Einführung des Buchdrucks die moderne Gesellschaft und die Einführung des Computers die nächste Gesellschaft.“

Kulturgeschichte als Mediengeschichte

Dirk Baecker, Studien zur nächsten Gesellschaft, 2007

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Ausgangspunkt II:

• Strukturen kultureller Leitmedien bestimmen die Strukturen von Bildungs- und Lernprozessen

• Bildungsprozesse zielen

➡ auf eine reflexive Haltung zur Welt,

➡ auf einen flexibleren Umgang mit Wissensbeständen,

➡ auf spielerische, tentative Modi der Welterfahrung.

Strukturale Medienbildung

Benjamin Jörissen & Winfried Marotzki, Medienbildung - eine Einführung, 2009

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Dimensionen strukturaler Medienbildung

„Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?“ (Immanuel Kant. Logik, ein Handbuch zu Vorlesungen, 1800)

Wissensbezug Handlungsbezug Transzendenz- und Grenzbezug

Biographiebezug

Rahmung und kritische Reflexion auf Bedingungen und Grenzen des Wissens

Frage nach ethischen und moralischen Grundsätzen des eigenen Handelns, insbesondere nach dem Verlust tradierter Begründungsmuster

Verhältnis zu dem, was von der Rationalität nicht erfasst werden kann

Frage nach dem Menschen als Reflexion auf das Subjekt und Frage nach der eigenen Identität und ihren biographischen Bedingungen

Jörissen & Marotzki, Medienbildung - eine Einführung, 2009

„Was kann ich wissen?

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Schriftkultur /Antike

Buchkultur/Moderne

digital-vernetzte Kultur/nächste Gesellschaft

• Sprache als hauptsächliches Kommunikationsmittel.

• Schrift als Vorbereitung für Reden

• mündliche Tradierung - der Mensch als eher passiver Empfänger von Informationen („Gott hat es mir gesagt“)

• Verbreitung gedruckter Bücher als Übermittler von Wissensbeständen und Mythen

• Alphabetisierung der breiten Masse

• Subjektives Bild der Welt über Auseinandersetzung mit Texten („Ich habe es in einem Buch gelesen“)

• Allgegenwärtigkeit digital-vernetzter Medien als Wissensarchiv UND sozialer Raum

• Wissensorganisation durch Kollektive

• Individuelle Re- und Dekontextualisierung von Informationen

• Rhetorik• Mnemotechniken

• Lese- und Schreibkompetenz• Alphabetisierung

• Informationskompetenz• Umgang mit Komplexität & Unbestimmtheit

orale Kultur /Stammesgesellschaft

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Schriftkultur /Antike

Buchkultur/Moderne

digital-vernetzte Kultur/nächste Gesellschaft

• Sprache als hauptsächliches Kommunikationsmittel.

• Schrift als Vorbereitung für Reden

• mündliche Tradierung - der Mensch als eher passiver Empfänger von Informationen („Gott hat es mir gesagt“)

• Verbreitung gedruckter Bücher als Übermittler von Wissensbeständen und Mythen

• Alphabetisierung der breiten Masse

• Subjektives Bild der Welt über Auseinandersetzung mit Texten („Ich habe es in einem Buch gelesen“)

• Allgegenwärtigkeit digital-vernetzter Medien als Wissensarchiv UND sozialer Raum

• Wissensorganisation durch Kollektive

• Individuelle Re- und Dekontextualisierung von Informationen

• Rhetorik• Mnemotechniken

• Lese- und Schreibkompetenz• Alphabetisierung

• Informationskompetenz• Umgang mit Komplexität & Unbestimmtheit

orale Kultur /Stammesgesellschaft

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zen • Allgegenwärtigkeit

digital-vernetzter Medien als Wissensarchiv UND sozialer Raum

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Schriftkultur /Antike

Buchkultur/Moderne

digital-vernetzte Kultur/nächste Gesellschaft

• Sprache als hauptsächliches Kommunikationsmittel.

• Schrift als Vorbereitung für Reden

• mündliche Tradierung - der Mensch als eher passiver Empfänger von Informationen („Gott hat es mir gesagt“)

• Verbreitung gedruckter Bücher als Übermittler von Wissensbeständen und Mythen

• Alphabetisierung der breiten Masse

• Subjektives Bild der Welt über Auseinandersetzung mit Texten („Ich habe es in einem Buch gelesen“)

• Allgegenwärtigkeit digital-vernetzter Medien als Wissensarchiv UND sozialer Raum

• Wissensorganisation durch Kollektive

• Individuelle Re- und Dekontextualisierung von Informationen

• Rhetorik• Mnemotechniken

• Lese- und Schreibkompetenz• Alphabetisierung

• Informationskompetenz• Umgang mit Komplexität• Tentativität

orale Kultur /Stammesgesellschaft

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• Wissensorganisation durch Kollektive

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Schriftkultur /Antike

Buchkultur/Moderne

digital-vernetzte Kultur/nächste Gesellschaft

• Sprache als hauptsächliches Kommunikationsmittel.

• Schrift als Vorbereitung für Reden

• mündliche Tradierung - der Mensch als eher passiver Empfänger von Informationen („Gott hat es mir gesagt“)

• Verbreitung gedruckter Bücher als Übermittler von Wissensbeständen und Mythen

• Alphabetisierung der breiten Masse

• Subjektives Bild der Welt über Auseinandersetzung mit Texten („Ich habe es in einem Buch gelesen“)

• Allgegenwärtigkeit digital-vernetzter Medien als Wissensarchiv UND sozialer Raum

• Wissensorganisation durch Kollektive

• Individuelle De- und Rekontextualisierung von Informationen

• Rhetorik• Mnemotechniken

• Lese- und Schreibkompetenz• Alphabetisierung

• Informationskompetenz• Umgang mit Komplexität• Tentativität

orale Kultur /Stammesgesellschaft

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• Individuelle De- und Rekontextualisierung von Informationen

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Schriftkultur /Antike

Buchkultur/Moderne

digital-vernetzte Kultur/nächste Gesellschaft

• Sprache als hauptsächliches Kommunikationsmittel.

• Schrift als Vorbereitung für Reden

• mündliche Tradierung - der Mensch als eher passiver Empfänger von Informationen („Gott hat es mir gesagt“)

• Verbreitung gedruckter Bücher als Übermittler von Wissensbeständen und Mythen

• Alphabetisierung der breiten Masse

• Subjektives Bild der Welt über Auseinandersetzung mit Texten („Ich habe es in einem Buch gelesen“)

• Allgegenwärtigkeit digital-vernetzter Medien als Wissensarchiv UND sozialer Raum

• Wissensorganisation durch Kollektive

• Individuelle De- und Rekontextualisierung von Informationen

• Rhetorik• Mnemotechniken

• Lese- und Schreibkompetenz• Alphabetisierung

• Informationskompetenz• Umgang mit Komplexität• Tentativität

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Keine Bildung ohne aktuelle Medien!

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Partizipation (von lateinisch: particeps = an etwas teilnehmend)

aktive Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Einbeziehung

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„It‘s time for a different university - it‘s your time!“

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Selbstbestimmung

➡ Finden und Bestimmen eigener Ziele, Themen, Handlungsfelder(innere Strukturierung)

Selbststeuerung➡ Strukturierung, Planung und Gestaltung der Handlungen zum erreichen eigener Ziele(äußere Strukturierung)

Selbstorganisation

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Selbststeuerung

➡Entscheidung nur über äußere Strukturierung

➡Ausrichten des eigenen Handelns und Funktionierens auf fremdbestimmte Ziele

Selbstbestimmung

➡ Selbstbestimmung über innere UND äußere Strukturierung

➡ informationelle Selbstbestimmung - „Warum gebe ich was, wann & wo preis?“

Förderung neoliberaler Steuerungslogiken➡Mitwirkung

Fähigkeit zur Reflexion des Selbst- & Weltbezugs➡Partizipation

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Thomas Häcker, Entwicklungsportfolios - Bedrohung oder Mehrwert für angehende LehrerInnen, 2009

http://life.epb.uni-hamburg.de/entwicklungsportfolios

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Freiheit des Willens?

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Freiheit des Willens?

angeeigneter Willen

Peter Bieri, Das Handwerk der Freiheit, 2001

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„Partizipation“ als Schlüssel zum Erfolg?!

Lingner Consultinghttp://www.lingner.com/C12570D9004ABB14/CurrentBaseLink/W27L3E5H415HEREDE

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Pädagogisches Paradox

Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung

paradoxe Handlungsaufforderung

Double Bind

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Pädagogisches Paradox

Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung

paradoxe Handlungsaufforderung

Double BindBild: Sebastian Plönges, www.seltsame-schleifen.com

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Lernen I (Lernen 0)

Einfaches Reiz-Reaktions-Schema

Lernen II(Lernen 1)

Erkennung und Klassifizierung von Kontextmarkierungen

Bildung I(Lernen 2)

Annehmen von Ordnungsschemata und Erfahrungsmustern - Differenzierung des Weltbezugs

Bildung II(Lernen 3)

Differenzierung des Selbstbezugs -Akzeptanz verschiedener Perspektiven

LER

NPR

OZ

ESSE

BILD

UN

GSP

ROZ

ESSE

Benjamin Jörissen & Winfried Marotzki, Medienbildung - eine Einführung, 2009Gregory Bateson, Ökologie des Geistes,1981

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„Betrachte Paradoxien und Ambivalenzen als normal und erwartbar!“

(Fritz B. Simon, 10. Gebot des systemischen Denkens)

Fritz B. Simon. Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus, 2008

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• D. Baecker, Studien zur nächsten Gesellschaft, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2007.

• G. Bateson, Ökologie des Geistes : anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1981.

• B. Jörissen und W. Marotzki, Medienbildung - Eine Einführung. Theorie - Methoden - Analysen., Stuttgart: UTB, 2009.

• W. Reinhardt, M. Ebner, G. Beham, und C. Costa, “How People are using Twitter during Conferences,” Creativity and Innovation Competencies on the Web, V. Hornung-Prähauser und M. Luckmann, hrsg., Salzburg: 2009, S. 145-156.

• F.B. Simon, Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus, Heidelberg: Carl-Auer-Verl., 2007.

Literatur