7
Titelbild: Man ent od von Mi chael Angel o Unterbcrgcr, Hochaltarbild im Dom zu Brixcn. Fo to : Sud tirolcr Denkm alamt. Hu ben Walder Gedruckt mit Unterstützung der Südtiroler Landesregierung und des S üdtiroler Kulturinstitutes Boz en, im Mai 1987 ,- A lle Re cht e vor beh au e n o by Vertagsanstalt Athcsia. Ges.m.b.H.. Bozen Umschlaggcstaltung: Roland Pr ünstc r, Bozen Gcsarnthcrstcllung: AT II ESIA D RUC K. Ges.m.b.H.; Bozen ISBN RR·70 14-456.l) .j ·K UN ST UND KIRCHE IN TIROL \ Festschrift zum 70. Geburtstag von Kar! Wolfsgruber _ Herausgegeben von Josef Nössing und Helmut Stampfer VERLAGSANSTALT ATHESIA - BOZEN I

Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

Tit elbild: Manent od von Michael Angelo U nte rbc rgc r , H ochalt ar bild im Dom zu Br ixc n.

Fo to : Sudtirol c r Denkm ala mt . Hu ben Walder

Gedruckt mit Unterstützung der Südtiroler Landesregierungund des Südtiroler Kulturinstitutes

Bozen, im Mai 1987

,-

1 l) ~7

A lle Recht e vor beh au e no by Ve rtagsanstalt A thcsia . Ge s .m.b. H . . BozenUmschlaggcsta ltung: Roland Pr ünstc r, BozenGcsa rnthcr stcl lung: ATII ESIA D RUCK. G es.m .b.H. ; Boze nISBN RR·70 14-456.l)

. j

·KUNST UND KIRCHEIN TIROL

\

Festschrift zum 70. Geburtstag vonKar! Wolfsgruber

~

_ Herausgegeben vonJosef Nössing und Helmut Stampfer

~VERLAGSANSTALT ATHESIA - BOZEN

I

Page 2: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

· ' C. E n d r i z z i . Cava re ne . Roverct o 1967 . p. 8 1 5S.

1 Resta uri ed acquisizioni 19 73- 19 78 . Tr ento 19 78. p . 172 s. (co n erronea a ttribuz ionc dcll'a lta re a llascuola d i Michei e Pachcr ). .N. Ra s m o. in : Trcnt ino-Alro Adige: G li aspc u i artis tici , Milano 19 79 . p. 27 6 . 324 c fig. 327

• O . T r a p p . Ti ro lcr ßurgcnbuch 4 . Eisack ta l. Hozcn 19 77 . p . 398 . fig. 272- 27 3. tav . XXXI.La scgnalazionc si dev c ad Adela ide von Za llingcr (0 . Tr a p p , 01'. ci t .. p. 400) . ll tes to dcl documcruo ~

il seguc ntc : "Dem malle r Schew ffclc der da s hungc rruch In sa nd t Nielas s khi rchen mallen wo lt un dtür d run g vo n me inem hau bunan prac ht . a uf hcvclch meine r hern des Rat s Im zue tringkgcl t gebenI gulde n ."

,

346

ZUR DARSTELLUNG DER DREIFALTIGKEIT ALSDREIGESICHT IN DER KUNST SÜDTIRO LS

SIEGf'RIED DE RAC HEWILTZ

~

Als in den lahrcn t 979 bis 1982 unter der Leitung unseres hochverehrten [ubilarsdas ehemals landesfürstliche Zollhaus in Kollmann resta uriert wurde . konnte n auch dieSpuren der gotischen Kapelle im Zollhaus gcsiclu crt werden , In mehreren Bogenfcldernwurd en Reste von Wandmalereien aufgedeckt und restauri er t. In den Gewölbekappe nfand man u. a. vier Wappcn: Au fgrund ihrcr Zusammenstellung konnte Helmut Stamp ­fer die Entstehun gszeit der Fresken in der Kapelle zwischen 1494 und 1508 ansetzen. '

111. Dr eifalt igkeit mit dem Dreigcsieh l. Wa ndma lerei um 1500. Kap elle des laudesfü rs tlichen Zollhauses inKollmann .

347

Page 3: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

Wir mocht en um lu cr mit jene: ungcwohnh chcn Figur belassen . die im einzigenerhaltenen I \ () ~en lcl d an de r Westwand der Kapel le du rgeste llt 1st Auf blauem Hiurer­gru nd rhronr. auf cuicm dreifachen Sessel. von cmci Mandorla umgeben. der Allma ch ­tige. Die' linke Hand ruht .rul der Weltkugel. die rech te ist Z UIll Scgcn'lL'll hcn CI hob enDie Gestillt tr ägt ein lnngc-. violcu cs Gew and und einen ro ten Maruc]. das Gewandwolbt s rch vorne so , d,ll) - ich darin drei Falicn bilden Im Kreuzru mbu s. l iegen dre iGesichter 'lrotz der breiten Kluft im Gcmaldc Hiß t sich feststellen, d" f.\ die drciGesich te: <,0 zu einem Haupi e verschmelzen . dal\ dieses Vier Augen. dre i Nasen und dreiMuudo lfnu ngcn aufwcis!. Wu haben hier eine In diese r Zell bcsondci ~ 11: den Alpeu lan­dcrn ölrcrs anzuu cttc ndc. wenn auch urnstriu cnc Dar' ld lung der II I DlclralilgkL' l1 \' 01'

uns.Adri an Eggcr hat die Darstellung der Dr ei falt igkeit als du, höchste Kun stproblem

umhin' bezeich net und die Vielfalt der Ikonographi schen Lösungen. die sich im l.aufeder lahrhundcrre auch in der Kuns t Tiro ls nachweisen lasse n. zeugt vom andauer nde nStreben, ein (aßba: es und ztl ~lel eh wu rd igcs ß rl d des Triu uat smvsi cri um s zu scharfenDas Requis it der Würde war besonders schwierig zu erfü llen: 50 kam es, daß soga r deiG nadenst uhl. jene Darstellung der Drcrfah igkcit , die in der Kunst Ti iols die höchstekunstlerischc Vollendung fand. als dogmati sch unbelricdigcnd empfunden wurde. Wäh­ren d sich aber der Gnaden stuhl durchsetzen konn te, land die Darstellu ng de r Drcilaitig­I-- "il a ls Dreikop] bzw a ls DreigesichI seite ns der Kirche eine wc sc ru lich stärkereO pposino n. Schon Im 13. lahrhundert halle sich der Bischo r von Tuy in einer Schriftgegen die A lb igcns.'r gc~cn d iese luirensche n Bilder uewandt. In seiner S I/ !1l IlW ht sto -

Dem hl. August inu« ersche int beim :\k l\opfer das d rc i gcs i "hl i g~ Antlitz GÜllC> . Meister von Uucnh ciruum 1482. Kloster i"Clblifl hci 11r",'n .

34 8

U,lJV

1_._~----,.---------:----~

!'I (l f(.IlI1 gei;.\c lie dcr Erzb ischo f von Florenz Am oninus ( 1389- 1459) ebe n falls solcheBilder . Wi e slniflich sind dic:« Men schen, welche ohne Achtung für den Glauben dieDreifalugkeu 11111('1' der Gestal; eines Menschen m it drei Köpfen darstellen ,' Schließlichbelegte 1621:\ l'ap' l Urban VIII dics; Darstellung mit dem Anathema, duch anscheinendohne allzu große n Lrrolg, denn immer Wiede r sah sich die Kirche dazu ve ranl aß t gcg vndiese venl 'erjlichell Bitder Ste llung zu nehmen ."

In Sik hirol haben sich zahlrcrchc Darsiellungen da HI. Drcifalu gkcu als Dreigesichter halten, ;,IC sind aber bisher wenig beachtet worden. lch mochte einige dieser Darsiel­lungen kurz beschreiben und ansch ließend eine Erklärung für dre offenbare Beliebtheitd ieser \'erbUlt 'lIen Darst ellungen anb ie ten . Ein oder zwei lah rzclnu c bevo r die Dreifaltig­kei tsfigu r In der Kapelle von Kollmann entstand. malle (um 14S2 ) der soge nannteMeister von Uucn hcun den Aug usu nusalia r im Kl oster Neust ift. Au! ei nem de r ach t

Page 4: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

Ch ri'IUS nut dem üre tgcsicbt.Rehef aur einem Peststockl uvKorrsch, 16. Jahrhunde rt .

Flügelbilder Will Leben des hl. Augustmus hält der Heiligt' beim Meßopfer die Hostieempor. dabei erscheint ihm die Heiligste Dreifaltigkeit als das d reigesichuge AniluzGOJ[es. Das Motiv der b scheinung der Dreifaltigkei l beim Meßop fer ist nicht neu , wirfinden es schon in einer Initiale im Oralionale des Erzb ischofs Arnestus VO ll Pardub ic,das zwischen 1344 und 1366 en tsta nd .' Line weitere Initiale, auf der die Trini tät als eineGes talt mit d rei Kopien dar gestellt ist, befindet sich Im sogenannten Codex Wa sser­niann , der um 149 0 Im Kloster Ncusriü illustriert wurde.

Hier nehmen die zwei seitlichen Gesichter eine volle Profilstellung ein, sie sind dur cheinen deut lichen Altersu nterschied geken nzeichnet. Co tt Vater . frontal darg estellt, ha tdas Ges icht eines alten Mannes mit üppigem Bart. Go tt Sohn und der hl. Geist hingcfl'enhaben das Profi l eines jüngeren Man nes mit spitzem Kin nba r t Diese Initiale läßt sich gutmit einem Florentine r Holzschn itt in einer 14 91 gedruckte n Dan teausgabe vergleichen .in dem aber der Hl. Geist dur ch ein bart loses Kindergesicht dargestellt wird . Ähn lich istauch die Tri nitä tsdarste llung von Do na iel lo ( 1386- 14661 in der Kirche Or San M i cheiein Florenz."

ln Kor isch im Vinschgau befinde t sich nebe n dem Hoftor des lrschcnholes cmBildstockaufsat z aus weißem Marmor mit dem Relief des Gekreuzigten. nach [osef

350

Weingau ne r C1Il Wci k aus dem 16 . lahrhundcrt . Propsi Wcingurrne r erw äh nt auch dasHaupt Chri su jeweils rechts und links vom Cc krcuzigrcu' : dab ei iSI ihm oitcnsichtlichen tga ngen . daß da, rechte Ha up ! ein D re igesic ht ist , mit zwei Augen. drei Nase n usw..also cinc Darst e llung der Hl, Dreifal tigkeit . Das Pes tsiock l mir dem Dreigesicht befinde !sich an einer Stelle. wo drei Wege zusarn mcnu cffcn.Ebenfalls am Anfang des 16 . lahrh undert s. im lahrc 15 14 , wurde In einer Nische imalten Spiralgebäude In ßozcn eine Dreifal tigkcirsdarsrcllung gcmalcn, die zwai mehr abDreikopf ode r Dreigesicht bezeichnet werden kann . die ab e r uorzdcm hier crwa hntwerden soll. Adrian Lgger hat die Szene. die die Austeilung der Kommunion durch dieHl. Dreifairigkeu darste llt folgendermaßen besch rieben:

111 der Mil l e stand groß machtig der v at er. der in der lin ken l land die I veltkug»! h let ).wahrend er nu! der Recht en segnete Zu seiner I?ech/I'II wu ch s a us sei ne r fl uf le derOberkörper lI o n Go rt So hn heraus. der 11017 einer Patene Wi 'g sech : Aposteln das h l. Brotresehre. Aus der lud..e ll Hu]! « des v a ters wuchs der Ob erko rper 1'01/1 /11. Geist heraus .Diese r reichte den anderen sechs Aposteln den 111. Kelch . . U/1/eT de in Bild sl((17(1 zulesen: .. Gelo bi u nd geben edett 5''Y die alle rheiligste DrelfaJligk eil. k lop]«: an der d ir. sowi rd eich au lgctan " fl uch die l ehrzahl / 5 ' 4 ([I/Is(ehl/l lp ~eil) und ' 7/2 (Res ta II ru:I'lIl7i~ · : erl ? / stand dabei.'

Das alte S pu a lgcbaudc wurd e 1876 abgetragen . das Bild wurde abgclo sr und kam insBozner Museum. wo es heu le verbleibt, isl uns unbeka nnt.

Im 17. und 18. lah rhundert sind, tro tz des Verbo tes VO ll 162 8 , dre igesichtigeDarste llungen der Hl. Dreifaltigkeit im Alpenrau m sehr verbrei tet. allerdings fastausschließlich als privat e Andac hts bilder . Eine ansehn liche Anzahl solcher Bilder besitztdas Diözesanmuseum In ßr ixen."Im Gasthaus zum Schwa rzen Adler in Tob lach wird ein Ölbild aus dem 17 . Jahr hundertaufbewa hrt , da s eine drci gcsichtige Dreifal tigkeit darstellt, dessen Haup t von einem

D ie hl. D rcifa lrigkcu leih de n Apo stel n die Kom mu nion aus . Zeichnung ClnCS Freskos Im a lte n ßozncrSpitalgebäude. Bezeichne t 1514. (Siehe Anl11 . 8 )

351

Page 5: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

GaU sieht. horr, straft alles zu Sei ner /',,;1. Triniuit mit dem Dreigesicht. Wehkugel und flammendenSchwert . Malerei auf Leinen. 17. lahrhundert. Tobluch. Privatbesitz.

")52

'l r.uu ät rnu dem Dreigesicht . Malerei auf Leinen. 18. lahrhundcrt. Villnöß. Privatbesitz.

353

Page 6: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

Stra hlenkra nz umgeben ist. In der Linken hält Gott die Weltkugel. in der Recht en ein•flammendes Schwert. Dieser ikonographischen Zusammensetzung entspricht auch dieInschrift unter dem Bild: Go tt sieh t, hort. straf t alles zu seiner Zeit , (Abb. 6) Ein nahezukonstantes Motiv solcher Darstellungen sind die drei Falten vorne arn Mantel ; es ist wohlauf die Erklärung des Tri nitätsmysteriums in ocr Legende des hl. Silvesters zurü ckzufüh­ren. die in der Legende aurea des [acobus dc Voraginc (gesch rieben zwischen 1263 und1273) aufgezeichnet iSI:

Sind es I1Uf! dre i Personen. so ist es doch nur ein Galt . da s konuen wir an ein einBeispiel erwe isen . .Da/l1it nahm er (der hl. Silvester) den Pu rpu r des Ka isers in seineHand und spra ch: 00 Sehct . jet z t mache ich d rei Fa lten darein : . und niachte das Tu chwi eder glatt u nd sprach: ..Sehet, daß d ie d rei Falt en alle ein Tuch sind. Also ist GUItdreiialtig und doch ein Wese/l . " 10

Ahnfiche Dreifaltigkeitsbi lder werden auch anderswo in Südtirol au fb ewahrt. soz. B. in St. Magdalcna in Villnöß (au f einem Hof zu Pitzack) , Auch dieses Bild weist dentypischen Faltenwurf auf. der Mantel ist rot. das Kleid blau. ' .

Beim Ölbild eines dreifachen Christu sko pfes . das beim Sullnc r in Hafling <ni/be­wahr t wird . gesellt sich zum Faltenmotiv auch noch eine trinitiirc Far bensvmbolik: DasKleid der Dreifaltigkeit ist blau. über die rechte Schulter hängt ein grüncr' jvlanlel. überd ie linke ein roter. ~ ,

Wenn wir uns nun die Frage nach de m Grund des Verbarre ns solcher verb otenenDarstellungen und ihrer Beliebtheit in der spätbarocken Volksfrömmigkeit stellen. somüssen wir uns zunächst mit einigen Aspekten des Dreifaltigkeitskultes befassen.

Die frühesten Darstellungen. die wir besprochen haben. stammen alle aus dem Endedes 15, lah rhundcn s. einer Zeit. in der hierzu lande die Pest und andere Seuchenwüteten. So raffte z. B, im lahrc 1487 die [ra 11zos ische Krankheit in Ba i en binnen kurzerZeit über tausend Menschen hinweg; 150 1 wurde die Pest aus Deutschland einge­schleppt. der große Teile der Bevölkerun g zum .O pfcr fielen . noch ärger wütet e sie imlahrc ~5 66 : Dh: ~(} lI l1e schien blutrot. mi t griinlichen Streifen ru nd ei lige/aß t LIIul ze igteden bosen Stoff 111 de r Lujt. di e Leut e [lohe n aus der S tad t. 11 •

In dieser Zeit gelangten vers chiedenePesthe ilige zu gro ßer Vere h ru ng-.Doch auch [Indie HI. Dreifaltigkeit. in der das Volk eine hochste l ldu fung. 1'011 goulictier Kra]! sah " ,wandle man sich bei großen Gefahren. besonders bei Pest und bei Elemen tarereignissen.Wie Gustav Gugitz hervorh ebt , zeitigte besonders die Pest zahlreiche Kultstä tten derDreifalt igkeit: Ga llz besonders set z te sich die ll l. Dreifal tigkeit 1I0ch in zahlreichenSdu lcn in Ös terreich als Dank: fii r Ab wehr der Pest du rch." Der Glaube an die magische

, Kraft der Zahl.3 und ein gewisses Analogiedenken mögen die Verehrung der trikcphali­sehen oder - viel häufiger - der trip rosepi schen (drcigcsichtigcnr Dreifaltigkeitsdar ­stellungen gefördert haben. Die Allgegenwar t der gleichzeitig in alle Richtungen blicken­den, drcigcsiclu igcn Dreifaltigkeit gewä hrte wohl den wirksam sten Schlitz gege n dieal lgegen wärtige. von'allen Seilen heranschl eichen de Krankh eit. ' c-

In einem Zollhaus an der vielbereisten und daher besond ers gefährdeten Brenner­str aße wird man sich besonders bedroh t gefühlt haben. und es ist verständlich, daß derErbauer der Kapelle in Kollmann sich und seine Familie unter den Schutz der allmächti­gen Dreifalt igkeil stellen wollte,

Noch im größeren Maße fühlte man sich der Seuchengefahr in einem Siech enhau sausgesetzt : Sinnigerweise waren im alten Spitalhaus in Bozen neben der 1-11. Dreifaltig­keit auc h noch die se uche nabweh rende n Heiligen Scb asiian und Sigmuud . d ie ArzteKosmas und Damian und die heilige Krankenpfleger in Elisabe th abgebildet . Das Pest­stock! in Kortsch ist eines de r zah lreichen Kleindenkmäler. die allero rts gegen dengach en Tod err ichtet wurd en , besonders aber an Wegkreuzungen. denn dort glaubteman . sei die Gefahr am größ ten. Diese ap otropäischc Funktion der drcigcsich iigcnDre ifaltigkeitsdarstellungen kommt bei einer Steinplastik im Renaissancegiebel derFranziskan erkirche zu m hl. Hier onymus in Wien besond ers klar zu Tage: Es handelt sich

354

um e i n ~ 16.04. dat ierte, d!~i geskhtige Dreifaltig keitsfigur. dessen komplexe lrinita rischeSymbolik Ernil Schneeweis eingehend analysier t hat ." Die Figur ist du rch ihren Anbrin­gung sort dem Beschauer entrückt. in ihren wich tigen Details nich t .J esbar: ", aber ihrePosition h?ch oben [Im Giebel sprichI eindeutig für eine apo tro pä ischc Funktion , die lautSc hneewe is der Sc/Hitz vo r verderblichen Athmosphdrilien gewesen sein muß . Nicht nurBlitz und Donner sind dar unter zu verstehen, sonde rn auch der böse S toff' in der Luft. diegiftigen Miasmen der Pest.

Als apotropäiOl~ d ürfte auch. das 1464 angebr achte Dreigesicht arn Eingang zurcaniera pt cta von 'Sacco (Valtcllina) entstanden sein: Das Fresko der drcigcsichtigcn

Trinität mit dem Dreigesicht. Malerei auf Leinen. I ~. lah rhundcri . Il afling. Privatbesitz.

355

Page 7: Rachewiltz, Siegfried de zur Darstellung der Dreifaltigkeit in der Kunst Südtirols

Dreifaltigkeit arn Zenit des Torbogens beschützt hier den Eingang zum Haus ; nichtselten findet man gerade arn Keilstein andere symbolhafte Zeichen mit derselbenFun ktion ."

Somit dürfte auch der Grund für das zähe Fortbestehen dieser int erdizierten Raritä­ten geklärt sein: Man vertraute auf die Macht des in alle Richtungen spähenden. allessehenden. alles hörenden Hl. Dreigesichts. daß es vor heimtückischen Krankhei ten undplötzlich hereinbr echenden Naturgew alten wirksamen Schutz gewähre. .

Anm erkungen

, Helm ut S t a m p fe r , Archi te ktur und Farbigkei t des Zo llhau scs in Koll man n . In : Der Sehlcrn 60 . He ft112. 1986 , S . 96-11 4 .

, Ad ria n Eg g cr . Da s höch st e Kuns tpro blem . die Darst el lun g der Dr eieini gkeit. In : Der Schl em 24. Heft3. 19 50 . S. 100--107.

; Ebd ., S. 105.• Will ibald Kir fe I. Die Dreiköpfig e Gotthei t. Arch äologisch -eth no logisch er Stre ifzug durch die

Ikon ographie der Religion en . lIonn 194 8. S. 158. Kirfel besprich t u. a . einige Dar st ellungen aus Tiro l,d ie im Mu seum für Volksk unde in Wi en aufbewa hr t werde n: ein Gemä lde au f Holz aus Tuistcn , ein .Gemälde auf Lein wan d aus ßozcn u nd eine weit ere Holztafel. Diese Denkmäler werd en auch bei Karlvo n S p ie ß. Markst ein e de r Volk sk un st I , Ilerlin 1937. S. 93-116 . an gefüh rt.Eine Hinterglasradi erung mit der Dreifahigkeit als Dreigesicht . d ie laut Kirfel aus Süd tirol sta mmt. istbei Leopold S c h m i d t , Hint er gla s . Z eu gni sse einer alt en Hau skunst . Sa lzburg 19 72 . Ab b, 22.abge bi lde t. Sch mid t ve rm utet allerd ings . daß d ieses Hin terglasbild Mill e des 18. Jah rhundert s inAugsburg entstande n ist. Schl ießlich sei noch au f die Abb ild ung einer d rc igcsichtigcn Dreifalt igkeit.aufeinem Ö lb ild a us Go sse nsaß bei Ra ffael c Pett azzo n i , Thc I'agan O rigins o f the Thrce-H ead edRcprcscruat ion o f thc Christiart Trinity. In : Journ al of thc War burg and Co ur ta uld Institut es, vo l. IX.Lo ndo n 194 6 . S. 135-1 51 . hingew iese n. Der d re igesie htige Ch rist usko pf in Villnöß ist auch bei Il an sF in k , Verzau bert es l.and. Volksk uh und Ah nen brauch in Südti ro l. Inn sb ru ck 1969 . S. 320.abgeb ildet. .Für ausführli ch e Litera tur hinweise zu m Thema . Drcigcsicht" siehe Rieha rd lcr a b c k . Unb ek ann tevolkst ümliche T rini tät sbi lder mit dem Dr eigesich t au s Böhmen und Mäh ren. In : Narodopis ny vest n ikCeskos love ns ky VII -1-2 . Brno 19 72 . S. 16 5-1 82. .

, W ill iba!d Kir fe\, w ie Anrn. 4 . Ta fel 54 . Nr. 157.• Ebd .. S. 148 .

[osef W e i n g a rt n e r , Die Ku nstd enkmäler de s Etschlandcs . Band IV. Wi en 193 0 . S. 311 .', Adr ian Egge r . w ie Anm. 2. S . 10 5: Kar! Alz . . . hat das Bild in seiner Zeitschrift . Der Kunstfreun d" ,

1895. S. 5. beschrieben lind abgebildet. Die erste No tiz übe r d ie Wandmalereien im BoznerSpitalgebäude ersch iene n in de n Miuheil un gcn der k. k. Centra l-Com mission zur Erfo rschung u ndErhalt un g der Kun st- und hist or isch en Den kmäler . I. lg. N.F.. W ien 18 75. S. L111 - L1V.

• Z we i von ihne n sind bei E gg er ; wie Anrn. 2. ab gebildet. Die Licht bilder weit erer fü nf G emä ldewerden im Fo toarchiv des Landesdenkmalam te s in Bozen aufb ewah rt. .

10 lacobu s d c V o r a g i n c , Legenda aurea . Aus de m Lateinischen übersetzt von Richa rd lIen z. Da rm stad t1984. S. 86-87.

I' Ou o Ru d e l . Beit räge zu r Ge schic hte der Med izin in Tirol, Bozen 19 25. S. 27 .11 G US l<lV G ug i t z , Fest- un d IIrauch tumskalend er für Ö sterreich. Süddeu tschland und die Schweiz.

W ien 195 5. S. 6 3.,; Ebd ." Emil S e h n eew ei s, Eine ve rbo tene D reifahi gkeit sdarstell ung als Giebclz ier. Ein Beitrag ZU Ill Th em a

des "Dreigesich ts" . In: OZ V 34/ 8 3. 1980 . S. 15- 22 ." Ebd .. S. ·16 ." Abgebi ldet be i Da rio 1\ e n e t t i. Lo Ye ti Nos tr an o. In : Bella h ali a 4 . Augu st 1986 . S. 9 1. Für di esen un d

ande re Ilinweise bin ich Lande skon se rvalOr Dr . Helmut St ampfer zu Dank verpflicht et.

3) 6

DIE BAROCKlSIERUNG DER STIFrSKIRCHEVON NEUSTIFr

HERBERT THEO BALD INNERHOFER

Die Chorherren von Neustift waren im Jahre 1734 offenba r alle der Meinun g. d ieSt iftskirche sei ein unm öglicher Ball, inconsolabili modo aedificata. chao tisch. inor­dinate. ohne Licht und Harm on ie. Dah er hat sich niemand die Müh e gemach I. eineSk izze der Kirche vor dem -barocken Umbau zu zeichnen oder den Standort de rAltär e festzuhalt en . Im vorliegende n Beitrag wird versucht, durch Heranziehung de rspärlichen Q uellen etwas Licht in das mitt elalt erli che Münster zu brin gen und dieGeschichte der Altäre zu skizziere n. Auch für den barocken Umbau fließen dieQ uellen nicht reichli ch . Imm erh in gewäh ren sie Einb lick in die Baugesch icht e undFinanz ie rung eines bedeut end en Bauwerk s des Barocks.

I. DAS MITTELALTERLICHE MÜNSTER (ALTÄRE)

Dem I 142 VOll Bischof Hartmann von Brixen gegründeten Stift Neustift übergab endie Stifter Reimben von Säben und seine Frau Christina am Tag der Kirchweihe Güter inVahrn, Schalders und Bozen. Da Christ ina arn 3. Jänner 1155 starb. muß die Schenkungbzw. Kirchweihe vor 1155 erfolgt sein.'wahrscheinlich 1147.' Nach einem verheerendenBrand erfolgte der Wiederaufbau unt er dem kunstsinnigen und tüchtigen Propst undspäteren Bischof von ßrixcn Konr ad von Rodank und die Weihe der Kirche im lahrc

. 1198. Der päpstliche Legat Rudolf, Bischof von Sutri, weihte das altare publicum unddie Seitenaltäre des hl. Stephanus. des hl. loharmes Evang. und der hl. Maria Magda­

.lcna.' Nach einem weiteren Brand weihte der Brixner Bischof [ohannes 11. den Hochaltarct plura altaria ct cupellas im [ahre 1305 .' Bischof [ohanncs gilt als tertius dedicator nachHartmann und dem päpstlichen Legaten Rudolf. Im Jah re 1339 wurde das Weihefest derKirche und der fiinf Kapellen (s. Cathari nac, s. [acobi maioris, bcatc Mariae virginis,omnium sanctorum in capitulo, s. crucis), das bisher am Sonntag und den folgendenTagen vor Allerheiligen gefeiert wurd e. auf den Sonnt ag vor Simon und Judas verlegt.'

Vom 3. bis 5. Februar 1465 wurden in der Stiftskirche folgende Kapellen und Altäregeweiht: Kapelle und Altar der hl. Katharina , Altar lohanncs' des Täufers. KIrchenväter­altar . Kapelle der hl. Marin Magdalcna, die neue Marienkapelle mit Altar. Christopho­rusalrar. Die Weihe von drei Kapellen und sechs Altären innerhalb von drei Tagen läßtauf vorausgegangene bauliche Veränderungen schließen. Ocr Chro nist Koler berichtet.daß Propst Kaspar Aigncr das linke Seitenschiff einwölben ließ. Propst Lconh ard Pachcrließ den prachtvollen spätgotischen Chor erbauen, der arn 6. November 1485 geweihtwurde. Bereits 'Im 3. November 1482 waren in 1I0 VO choro von Bischof Georg vonBrixcn drei Altäre konsekriert worden: der Hochaltar . der lukobus-Stcphanu s-Altar undder lohanncsaltar. Bei der Kirchweihe 1485 standen folgende Altäre in der Stiftskirche:

al llochaltarEine Altarweihe erfolgte am 20. Oktober I 198.; Bischof loharmes 11. von Brixcn

weihte 1305 das altu re principale , Um 1460 (Cod . 142) wird das sum tnum altare öftersgenannt: Wenn der Jahr tag des seligen Hartmann gefeicrt wurde. wurden vor demHochaltar vier Kerzcn angezündel. der Propst feierte die Messe abcI' in altari pllhlim(Krcuwltar) ; ähnliches wird bei andcrcn Jahrtagen vcrmcrkl. Nach dem ' Bau desgOlischct1 Chores wurdc von Bischof Georg in nova drufO der Hochaltar (sumlllumaltm'el zu Ehren der HI. Dreifaltigkcit . der lungfrau Maria. des hl. August inus und der

3 5 7