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Das Wiener Schnitzel Einzelgerichte vom Kalb Das Beispiel Musik soll uns das folgende Geständnis »schmackhafter« machen: die »Wiener Klassik«, heute ein Weltbegriff, wurde von Musikern geprägt, die alle nicht in Wien geboren sind, aber in Wien lebten und komponierten: Haydn kam aus dem niederösterreichi- schen Rohrau, Mozart aus Salzburg, Beethoven aus Bonn. Aber die Welt kennt sie nur als die Hauptvertre- ter der »Wiener« Klassik. Ähnlich erging es der öster- reichischen Küche mit ihrem stolzesten Produkt, dem »Klassiker« der Wiener Küche: mit dem Wiener Schnitzel. Um es offen einzugestehen: Das Wiener Schnitzel wurde aus Italien, aus der Lombardei, impor- tiert; hinter dem »Wiener Schnitzel« steckt die »costo- letta alla milanese«, das Kotelett auf Mailänder Art, das wahrscheinlich zwischen dem 144 und dem 16. Jahrhundert entstanden sein dürfte. Felice Cünsolo führt es in seinem Buch »Guida gastronomica d'Italia«, 1969 (deutsche Ausgabe »Italien tafelt«, 1971), auf die höfische Sitte zurück, daß wohlhabende Personen da- mals ihre Speisen mit Blattgold belegt aßen (weil die Ärzte das Gold als eine Medizin für das Herz priesen). Dieser verschwenderische Luxus nahm bald so über- hand, daß der Rat von Venedig 1514 das Vergolden von feinem Marzipan verbieten mußte. Man suchte ei- nen optischen Ersatz und fand ihn in den in Ei und Brö- sel panierten und in heißem Fett »goldbraun« gebacke- nen Speisen. Noch Karl Friedrich von Rumohr bemerkt in »Geist der Kochkunst«, 1822, zu den panierten, in Fett gebackenen Artischocken: »Man überzieht sie vorher mit Eigelb und dreht sie in Brosamen um, was man gemeinhin das Vergolden eines Abgebackenen nennt.« ehr'gens findet sich im »Handbuch der Koch- kunst« von Friedrich Wilhelm Huth, in Weimar 1838 in zweiter Auflage erschienen, ein Rezept für »Esca- lopes« , das mit dem Mailänder »goldenen« Kotelett identisch ist: Das Fleisch wird in Ei und geriebenen Semmeln gewälzt und in heißem Fett gebacken. (Aber das kannten die Wiener Kochbücher auch schon. Und sie panierten und buken in Schmalz nicht nur die Ba hendl, sondern auch Kalbsfüße, Kalbsohren, Kalbs- hirn, Kalbsschweif, wie überhaupt die Technik des Pa nierens und Backens zu dieser Zeit in Wien bereits perfekt war. Es fehlte nur noch das Schnitzel.) Cünsolo liefert uns auch einen zeitlichen Anhaltspun wann dieses Mailänder Kotelett nach Wien verpflanz worden bzw. der Anstoß zum »Wiener Schnitzel« er- folgt sein könnte: Im Wiener Staatsarchiv fand man e Schriftstück, das Graf Attems, der Flügeladjutant des Kaisers Franz Joseph, verfaßt hatte; darin zitiert At- tems einen Bericht des Feldmarschalls Radetzky, de den Wiener Hof über die damalige politisch-militäri- sche Lage in der Lombardei informierte. (1848 wurde Radetzky nach Oberitalien geschickt, um die Revolu tion gegen den Habsburger Kaiser niederzuschlagen Am 6. August jenes Jahres rückte der Marschall in di Lombardei ein und hielt seinen Einzug in Mailand.) Nebenbei heißt es in diesem Schriftstück, daß »die Mailänder Küche etwas wahrhaft Außergewöhnliches hervorbringe: ein Kalbskotelett, in Ei gewälzt, paniert und in Butter gebacken«. Radetzky wurde nach sein Rückkehr angeblich an den Hof gerufen und gebeten der Hofküche das Rezept zu verraten. Die Historiker lassen aber auch den Mailändern nich das Erstrecht auf das panierte, gebackene Schnitzel Angeblich hatten es bereits die Juden im alten Byzan kennengelernt. Mit den Mauren sollen die Juden das »Schnitzel « nach Andalusien gebracht haben. Als d die Italiener bei spanischen Invasoren das » andalus sche« Schnitzel sahen, übernahmen sie es (und gab abermals inmitten von Kriegswirren an die Wiener weiter...). Und Wien hat sich in den folgenden Jahren mit diese Rezept aus Mailand gründlich befaßt; anstelle des K teletts wurde das saftige Stück der Kalbsnuß gesetzt aus den Weißbrotbröseln wurden in Wien die knusp- rig-braunen Semmelbrösel, und die Panier wurde au die solide Grundlage der Wiener Küche, das Mehl, g stellt. Wieder einmal vollzog sich jenes Wunder wien

Zum Wiener Schnitzel (Sacher Kochbuch)

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Page 1: Zum Wiener Schnitzel (Sacher Kochbuch)

Das Wiener Schnitzel

Einzelgerichte vom Kalb

Das Beispiel Musik soll uns das folgende Geständnis»schmackhafter« machen: die »Wiener Klassik«, heuteein Weltbegriff, wurde von Musikern geprägt, die allenicht in Wien geboren sind, aber in Wien lebten undkomponierten: Haydn kam aus dem niederösterreichi-schen Rohrau, Mozart aus Salzburg, Beethoven ausBonn. Aber die Welt kennt sie nur als die Hauptvertre-ter der »Wiener« Klassik. Ähnlich erging es der öster-reichischen Küche mit ihrem stolzesten Produkt, dem»Klassiker« der Wiener Küche: mit dem WienerSchnitzel. Um es offen einzugestehen: Das WienerSchnitzel wurde aus Italien, aus der Lombardei, impor-tiert; hinter dem »Wiener Schnitzel« steckt die »costo-letta alla milanese«, das Kotelett auf Mailänder Art,das wahrscheinlich zwischen dem 144 und dem 16.Jahrhundert entstanden sein dürfte. Felice Cünsoloführt es in seinem Buch »Guida gastronomica d'Italia«,1969 (deutsche Ausgabe »Italien tafelt«, 1971), auf diehöfische Sitte zurück, daß wohlhabende Personen da-mals ihre Speisen mit Blattgold belegt aßen (weil dieÄrzte das Gold als eine Medizin für das Herz priesen).Dieser verschwenderische Luxus nahm bald so über-hand, daß der Rat von Venedig 1514 das Vergoldenvon feinem Marzipan verbieten mußte. Man suchte ei-nen optischen Ersatz und fand ihn in den in Ei und Brö-sel panierten und in heißem Fett »goldbraun« gebacke-nen Speisen. Noch Karl Friedrich von Rumohr bemerktin »Geist der Kochkunst«, 1822, zu den panierten, inFett gebackenen Artischocken: »Man überzieht sievorher mit Eigelb und dreht sie in Brosamen um, wasman gemeinhin das Vergolden eines Abgebackenennennt.« ehr'gens findet sich im »Handbuch der Koch-kunst« von Friedrich Wilhelm Huth, in Weimar 1838in zweiter Auflage erschienen, ein Rezept für »Esca-lopes« , das mit dem Mailänder »goldenen« Kotelettidentisch ist: Das Fleisch wird in Ei und geriebenenSemmeln gewälzt und in heißem Fett gebacken. (Aberdas kannten die Wiener Kochbücher auch schon. Und

sie panierten und buken in Schmalz nicht nur die Back-hendl, sondern auch Kalbsfüße, Kalbsohren, Kalbs-hirn, Kalbsschweif, wie überhaupt die Technik des Pa-nierens und Backens zu dieser Zeit in Wien bereitsperfekt war. Es fehlte nur noch das Schnitzel.)Cünsolo liefert uns auch einen zeitlichen Anhaltspunkt,wann dieses Mailänder Kotelett nach Wien verpflanztworden bzw. der Anstoß zum »Wiener Schnitzel« er-folgt sein könnte: Im Wiener Staatsarchiv fand man einSchriftstück, das Graf Attems, der Flügeladjutant desKaisers Franz Joseph, verfaßt hatte; darin zitiert At-tems einen Bericht des Feldmarschalls Radetzky, derden Wiener Hof über die damalige politisch-militäri-sche Lage in der Lombardei informierte. (1848 wurdeRadetzky nach Oberitalien geschickt, um die Revolu-tion gegen den Habsburger Kaiser niederzuschlagen.Am 6. August jenes Jahres rückte der Marschall in dieLombardei ein und hielt seinen Einzug in Mailand.)Nebenbei heißt es in diesem Schriftstück, daß »dieMailänder Küche etwas wahrhaft Außergewöhnlicheshervorbringe: ein Kalbskotelett, in Ei gewälzt, paniertund in Butter gebacken«. Radetzky wurde nach seinerRückkehr angeblich an den Hof gerufen und gebeten,der Hofküche das Rezept zu verraten.Die Historiker lassen aber auch den Mailändern nichtdas Erstrecht auf das panierte, gebackene Schnitzel.Angeblich hatten es bereits die Juden im alten Byzanzkennengelernt. Mit den Mauren sollen die Juden das»Schnitzel « nach Andalusien gebracht haben. Als danndie Italiener bei spanischen Invasoren das » andalusi-sche« Schnitzel sahen, übernahmen sie es (und gaben esabermals inmitten von Kriegswirren an die Wienerweiter...).Und Wien hat sich in den folgenden Jahren mit diesemRezept aus Mailand gründlich befaßt; anstelle des Ko-teletts wurde das saftige Stück der Kalbsnuß gesetzt,aus den Weißbrotbröseln wurden in Wien die knusp-rig-braunen Semmelbrösel, und die Panier wurde aufdie solide Grundlage der Wiener Küche, das Mehl, ge-stellt. Wieder einmal vollzog sich jenes Wunder wiene-

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rischer Metamorphose, und heute ist der Begriff »Wie-ner Schnitzel« (und »Wiener Backhendl«) plus Panieraus der Küche nicht mehr wegzudenken.Blenden wir kurz zurück, was vorher unter »gebacke-nem Schnitzel« verstanden wurde.Im »nutzlichen Koch-Buch« aus dem Jahre 1740 gibtes ein »Kälbernes Schnitzel mit Parmesan-(aß undSemmel-Schnitten« : »Nimm ein guten Schlögel,schneide dinne Schnitzel, klopf es schön breit, gesalt-zen, mit Mehl bestreut, und in Schmaltz schön gelb ge-bachen, richte auch kleine gebähte Semmel-Schnittel,bereite es Leg-weiß mit den gebachenen Schnitzel undgeribenen Parmesan-Käß auf ein Schüssel, mit gutenGewürtz bestreut, giesse eine gute Hünersuppen daran,und laß wohl sieden, daß schön marb wird, wann Zeitist, gibs auf die Tafel.« Ähnlich werden auch die » Car-menädl gebachen« (»gesaltzen, ein wenig mit Eßig be-sprengt, abgetrucknet, und mit Mehl bestreut, bache esaus der Faisten, oder im Schmaltz«). Auch BarbaraHikmann kennt nur »Kälberne Schnitzel in Frikase«,glacierte, gebrackte ( = geklopfte), gespickte, gefüllte,gedünstete Kälberne Schnitzel, Kälberne Schnitzel inder Limoniesuppe, mit Parmesankäs und Semmel-schnitten (»gieß eine Hühnersuppe daran, laß es wohlsieden, daß schön mürb wird«) und auf Vögerl Art. Imgleichen Fahrwasser rezeptieren alle anderen zeitge-nössischen österreichischen bzw. Wiener Kochbücher.Ein Rezept »Kalbsschnitzel« in Elisabeth Stöckels»Bürgerlicher Küche«, 1853 (10. Aufl.), kommt demWiener Schnitzel schon um einen Schritt näher: »Selbeswird, nachdem es mürbe geklopft, mit etwas Salz be-stäubt, mit Semmelbröseln bestreut, und mit Butter ineiner flachen Pfanne auf beiden Seiten schön braun ge-braten. Man kann auch Citronensaft oder etwas Essigdarüber geben, und es beim Anrichten mit Citronen-schalen und Kapern bestreuen.«Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wird das »Pa-nierte Schnitzel, wie es zunächst heißt, schon in denmeisten Wiener Kochbüchern angeführt, so in AnnaBauers »Praktischer Wiener Köchin«, 2. Auflage 1889,und in Emma Eckharts »Der häusliche Herd«, 1877(2. Auflage 1887): »Panirte Schnitzel: Man richtet dieSchnitzel her, klopft und salzt sie. Rührt abgeschlageneEier mit etwas zerlassenem Schmalz ab, taucht die

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Schnitzel ein, läßt sie abtropfen, panirt sie in Bröselnund bratet sie langsam in heißem Schmalz; erst zuge-deckt, dann abgedeckt und belegt sie beim Anrichtenmit Citronenscheiben.«Die Prato bringt in der »Süddeutschen Küche«, 1885(18. Aufl.), das Rezept »Eingebröselte oder panirteSchnitzeln«, ist aber noch weit vom »Wiener Schnitzel«entfernt: »Die vorn Kalbschlegel geschnittenen, finger-dicken Schnitzchen werden geklopft und gesalzen, inMehl gedreht, in Wasser getaucht ( 9 und eingebröselt.Man legt sie in heißes Schweinschmalz, womit der Bo-den der Bratpfanne gut bedeckt ist und kehrt sie erstum, wenn die Brösel auf der unteren Seite schön gelbgebacken sind, und bewegt sie dabei öfters, damit im-mer Fett darunter ist. Wenn sie auf beiden Seiten gebra-ten (I), auf die Schüssel gelegt sind, kocht man das An-gelegte mit etwas Suppe los und gießt es dazu. Man gibthalbirte Limonien oder Salat oder Gemüse oder Peter-siliensauce dazu.« Vier Jahre später, 1889, bringt AnnaBauers »Praktische Wiener Köchin« das »PanirteSchnitzel« schon ganz anders: »Wenn die Schnitzel ge-klopft und gesalzen sind, panirt man sie mit Mehl, Ei-ern und Semmelbröseln und backt sie in fingerhohemheißen Schmalz, zuerst auf der einen, dann auf der an-deren Seite schön hellbraun. Während des Backensschüttelt man die Pfanne, um eine ungleiche Färbung zuverhindern. Werden mehrere Schnitzel nacheinanderbereitet und bräunt sich das Schmalz stärker, so mußes erneuert werden, wobei man abgebröckelte Bröselaus der Pfanne entfernt.«Es ist erstaunlich, welch umfassende Kenntnis über dierichtige Panier und die richtige Behandlung des Fettesbeim Schnitzelbacken diese »gewesene Stifts- und herr- -schaftliche Mundköchin« bereits besaß. Selbst späterenKochbuchautoren fehlt diese Kenntnis noch. Auchdürfte sich der Begriff »Wiener Schnitzel« verhältnis-mäßig spät auf das panierte gebackene Schnitzel einge-pendelt haben. Das 1921 in 5. Auflage in Graz erschie-nene Kochbuch (I. Auflage 1899 in Wien) der LottiRichter, der »erzbischöflichen Güterdirektors-Tochterin Wien«, nennt das Rezept »GeWackene Bröselschnit-zel« (sie faschiert außerdem das Kalbfleisch!), obwohldie Prato in ihren späteren Ausgaben (z. B. in der 60.Auflage, 1918 in Graz und Wien erschienen) schon den

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net »Eingebröselte Schnitzchen (Wienerschnitzel)«raucht; jetzt werden sie auch von der Prato schon

Mehl, mit etwas Wasser abgesprudeltem Ei und Brö-n gedreht.ch das Kochbuch der »Wiener Mode«, »Die Koch-St((, 1895, kennt nur das »Eingebröselte« Kalbs-nitzel (»aus dem Schlägetstück« ), in Mehl, Ei undsein gedreht; dafür gibt es in diesem Kochbuch ein

Wiener Naturschnitzel« !Rokitanskys »Österreichischer Küche«, Ausgabe

1913, werden die »Wiener Schnitzel« schon aus dergelösten Kalbsnuß geschnitten, in »Mehl, Ei und

röseln« gedreht und gebacken in »heißem Rind- oderweineschmalz, oder beides gemischt. Sie müssen in

Fett schwimmen können ... Man gibt eine Citronen-walte zu jedem Schnitzel und etwas grüne Petersilie aufdie Schüssel.«Der Fachmannj. M. Heitz, Besitzer der »Ersten WienerBürger-Privat-Kochschule«, gibt in seiner »WienerBürger-Küche«, 1902, seinen Schülern in »Bemerkun-gen zu Schnitzeln« (er nennt das Rezept »Wiener-sdinitzel«) den Rat: »In den Privathäusern kommt eshäufig vor, daß Klagen über die Schnitzel geführt wer-den. Aus welchen Gründen? — Weil die Schnitzel holpe-rig, verbogen aussehen und oft schwarze Tupfen haben.Die Ursachen sind die, daß das Schnitzel zu langsamgebraten wurde, dann, weil zuviel auf einmal in diePfanne gelegt wurden und auch, weil das Fleisch, dasdazu verwendet wurde, nicht gut entflechst war.Schwarze Tupfen entstehen, wenn das Fett nicht ge-wechselt und die Pfanne nicht mit Papier gereinigtwurde.« Heitz selbst paniert die »mit einem Eisenprak-ker« geklopften, gesalzenen, 120 g schweren Schnitzelin »verklopftem Ei und Bröseln« und backt sie in »ab-gesetzter Butter auf beiden Seiten goldgelb«. »AltesRindschmalz gibt dem Schnitzel üblen, widerlichenGeruch. Es soll daher nur Butter und selbst ausgelasse-nes Schweineschmalz zum Abbraten des Schnitzels ver-wendet werden. Nachdem das Schnitzel gebacken ist,legt man dasselbe auf ein Tuch, damit dieses das Fetteinsaugt.«Louise Seleskowitz, »gewesene Wirtschafterin des Stif-tes Schotten in Wien, Begründerin des 1. Wiener Koch-lehr-Institutes«, kennt in ihrem »Wiener Kochbuch«,

1880, nur das »Panierte Schnitzel«, das sie mit dreiZeilen abtut, und so erscheint es auch noch in der 19.Auflage 1922 (von Hedwig Schuller bearbeitet). Ba-bette Franner, geb. Weinzierl, spricht in »Die Wienerexquisite Küche«, 1893 (2. Auflage 1906), von »Wie-ner Koteletts«, die sie paniert und in Fett bäckt; an-schließend führt sie die »Wiener Schnitzel« an, bemerktaber nur: »Werden ebenso gemacht.« Maria ElisabethaMeixners »Wiener Küche«, 1917 (25. Aufl.), führt nur»Fricandeauschnitzel« an. Sofie von Meissners »Mo-dernes Kochbuch«, 1901, schreibt bloß »GebackeneSchnitzel« ; wenn sie von Schnitzel »nach Wiener Art«spricht, meint sie gedünstete Naturschnitzel, wie auchdas Rezept »Wiener Schnitzel mit Remouladensauce«zeigt, das ein in Butter gebratenes Naturschnitzel mitBratensaft und Sauce ist.Marie Dorningers »Bürgerliches Wiener Kochbuch«,1906, bringt auch nur das »Gebackene Schnitzel« (ne-ben vielen »Naturschnitzeln« wie Pilzlingschnitzel,Esterhäzy-Schnitzel, Sauerampferschnitzel, Paradeis-schnitzel, Paprikaschnitzel, Sardellenschnitzel, Limo-nienschnitzel und Faschiertes Schnitzel). Übrigens be-rechnet Dorninger für das »gebackene Schnitzel« (500g Kalbsschlegel) 1 Krone 96 Heller, für Naturschnitzel(600 g) 2 Kronen 12 Heller. Ihr 526 Seiten starkes Buchkostete 5 Kronen. Sie berechnete die Jahresmenüs fürmittags und abends zu 170 Kronen pro Monat (130Kronen mit »Hinweglassung der Mehlspeise an denWochentagen«).

Wiener Schnitzel4 Portionen4 Kalbsschnitzel (Schlegel) ä 120-140 g, Salz, 60 gMehl, 2 Eier, 80 g Brösel, 200 g FettVorbereitungenAls Fleisch verwendet man Kalbsnug — diese ist beson-ders saftig: aber auch die gutparierte Kalbsschulter(vom dicken Teil der Schulter) und das Frikandeau, wieRuhm in seinem Rezept angibt (»man schneide vomFrikandeau bleistiftdicke rechteckige Schnitzel, die aus2 zusammenhängenden Teilen bestehen« ), eignen sichals Schnitzelfleisch. Die Schnitzel nicht zu dünn klopfen(die Schnitzel sollen dann etwa 4 mm dick sein), und die

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