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·I Amtsgericht SonttJofen ' Az.: 1 Ds 400 Js 17155/11 In dem Strafverfahren gegen Verteidiger: A "' t" usrer 1gung Rechtsanwalt Arendts Martin, Perlacher Str. 68, 82031 Grunwald, Gz.: Sebat Untervollmacht: ·· ',i ·i Rechtsanwalt Karpenstein Rolf, Gerhofstrar!e 38 , 20354 Hamburg-Gansemarkt, Gz: ka/kl ·' wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glucksspiels gem. § 284 Abs. 1 StGB u.a. .( wird der Vorlagebeschluss vom 07.05.2013 wie folgt begrundet und konkretisiert (Art. 267 AEUV) ;:.; :In den verbundenen Strafsachen der durch die Rechtsanwillte :Arends und Rolf Karpenstein werden dem Gerichtshof gemar! Beschluss vom 07. Mai 2013 . :y ;folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: '!. ... . I. Zum ersten Tatvorwurf (Januar.2012) und zumzweiteri Tatvorwurf bis Ende Juni 2012: ,, 1 a) ' ( 1st Artikel 56 AEUV dahin auszulegen, dass den Strafverfolgungsbehorden, untersagt ist, die ohne deutsche Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten, an im EU- Ausland lizenzierte Wettveranstalter zu sanktionieren, wenn die Vermittlung auch eine deutsche Erlaubnis des· Veranstalters voraussetzt, den nationalen Stellen aber durch eine unionsrechtswidrige Gesetzeslage {,Sportwettenmonopol") verboten ist, nichtstaatlichen Wettveranstaltern eine Erlaubnis zu erteilen? !;'

Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

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Sportwetten, Glücksspielrecht, Vorlage, EuGH, Konzessionierungsverfahren, Kohärenz, Konsistenz, § 284 StGB, unerlaubtes Glücksspiel, Monopol, Deutschland

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Page 1: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

·I

Amtsgericht SonttJofen '

Az.: 1 Ds 400 Js 17155/11

In dem Strafverfahren gegen

Verteidiger:

A "' t" usrer 1gung

Rechtsanwalt Arendts Martin, Perlacher Str. 68, 82031 Grunwald, Gz.: Sebat Untervollmacht: ··

',i

·i

Rechtsanwalt Karpenstein Rolf, Gerhofstrar!e 38 , 20354 Hamburg-Gansemarkt, Gz: ka/kl

·' wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glucksspiels gem. § 284 Abs. 1 StGB u.a. . (

wird der Vorlagebeschluss vom 07.05.2013 wie folgt begrundet und konkretisiert (Art. 267 AEUV) ;:.;

:In den verbundenen Strafsachen der ~ertreten durch die Rechtsanwillte Ma~in :Arends und Rolf Karpenstein werden dem Gerichtshof gemar! Beschluss vom 07. Mai 2013 '· . :y ;folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: ~ '!.

... . I .

Zum ersten Tatvorwurf (Januar.2012) und zumzweiteri Tatvorwurf bis Ende Juni 2012: ,,

1 a) ' (

1st Artikel 56 AEUV dahin auszulegen, dass den Strafverfolgungsbehorden, untersagt ist, die ohne deutsche Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten, an im EU­Ausland lizenzierte Wettveranstalter zu sanktionieren, wenn die Vermittlung auch eine deutsche Erlaubnis des· Veranstalters voraussetzt, den nationalen Stellen aber durch eine unionsrechtswidrige Gesetzeslage {,Sportwettenmonopol") verboten ist, nichtstaatlichen Wettveranstaltern eine Erlaubnis zu erteilen?

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::.~ ...

~t\ 6i:

l:~ert sich die Beantwortung der Frage 1 a), wenn in einem der 15 deutsch~$ ·aundesUinder, die das staatliche Sportwettenmonopol gemeinsam errichtet habe:h und gemeinsam vollziehen, st~atliche Stellen in Verbots- oder Strafverfahre,~ behaupten, das gesetzliche Verbot, privaten Anbietern eine Erlaubnis zu erteile~, werde bei einem eventuellen Antrag auf eine Veranstalter- oder Vermittlungserlaubni,~

. . X ,fur dieses Bundesland nicht angewendet? ;;~

~ § '1 c) 'sind die unionsrechtlichen Grundsatze, insbesondere die Dienstleistungsfreih~!t sowie das Urteil des Gerichtshofs in der Rs. C-186/11 dahin auszulegen, dass sie ein;,'r dauerhaften, als ,praventiv" bezeichneten Untersagung oder Sanktionierung d~r 'grenzi.iberschreitenden Vermittlung von Sportwetten entgegenstehen, wenn di~~ damit begri.indet wird, dass fi.ir die Untersagurgsbehorde im Zeitpunkt ihr~r Entscheidung nicht ,offensichtlich, d. h. ohne weite're Priifung erkennbar war", da~~ .die Vermittlungstatigkeit aile materiellen Erlaubnisvorau~setzungen - abgesehen vqb dem monopolistischen Staatsvorbehalt - erfi.illt? i~ ~ ~· . . . ~ 1st die Richtlinie 98/34/~G dahin auszulegen, dass sie der Sanktionierung der oh~~ deutsche Erlaubnis erfolgten Vermittlung von Sportwetten i.iber einen Wettautomat~h an einen im EU-Ausla~d lizenzierten Wettveranstalter entgegensteht, wenn die staatlichen Eingriffe aufeinem nicht an die EU-Kommission notifizierten Gesetz einJ~ . • • ' ,t,i, emzelnen Bundeslandes beruhen, das den ausgelaufenen Staatsvertrag zum Glucksspielwesen {,Gii.iStV") zum lnhalt hat? rf;

lli\ t."i

II.

Zum zweiten Tatvorwurf fur die Zeit ab Juli 2012

~:nd die Artikel 56 A!uv, das Transparenzgebot, der Gleichheitssatz und d! unionsrechtliche Verbot der Gunstlingswirtschaft dahin auszulegen, dass sie d#'r Sanktionierung der Ver~ittlung von Sportwetten ohne deutsche Erlaubnis an einen iih EU-Ausland lizenzierten ·wettveranstalter in einem Fall entgegenstehen, der durch d~h

f:;,.

fur neun Jahre angelegten Gli.ickspielanderungsstaatsvertrag {,Gii.iAndStV") mit einir ,Experimentierklause/ fiir Sportwetten" gekennzeichnet ist, der fur sieben Jahre die theoretische Moglichkeit vorsieht, maximal 20 Konzessionen auch an nicht staatlich'~ Wettveranstalter mit Legalisierungswirkung fUr aile d~utschen BundesUinder als notwendige Voraussetzung fur eine Vermittlungserlaubnis zu vergeben, wenn :¥ a) das Konzessionsverfahren und in diesem Zusammenhang gefuh~~ Rechtsstreitigkeiten von der Konzessionsstelle gemeinsam mit derjenig~n Rechtsanwaltskanzlei betrieben werden, die die Mehrzahl der Bundeslander und ihf~ Lotterieunternehmen .: im Zusammenhang mit dem unionsrechtswidrig~~ Sportwettenmonopol regelmaBig beraten und vor nationalen Gerichten gegen private Wettanbieter vertreten hat und mit der Vertretung der staatlichen Stellen in ddh

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Vorabentscheidungsverfahren Markus StoB, Carmen~· Media und Winner We~en beauftragt war, <;

b) aus der am 8. · August 2012 im Am!Sblatt der EU veroffentlic~ten · Konzessionsausschreibung keine Details zu den Mindestanforderungen an ;~ie vorzulegenden Konzepte, zum lnhalt · der ubrigen verlangten ErkUirungen Und Nachweise sowie zur Auswahl der maximal 20 Konzessionare hervorgingen, Details vielmehr erst nach ·· Ablauf der · Bewerbungsfrist mit einem so genanriten ,lnformationsmemorandum" und · zahlreichen weiteren Dokumenten nur Bewerb~rn mitgeteilt wurden, die, sich fur eine ,zweite Stufe"·· des Konzessionsverfahre'ns qualifiziert hatten,

., c) die Konzessionsstene acht Monate nach Beginn des Verfahrens entgegen ~er Ausschreibung nur 14 Konzessionsbewerber zur personlichen Prasentation ihter Sozial- und Sicherheitskonzepte einladt, weil diese die Mindestvoraussetzungen ':tur eine Konzession zu 100% erfullt hatten, 15 Monate nach Beginn des Verfahrens aJ)er

. . . . . ,, ~J

mitteilt, kein einziger Bewerber habe. die Erfullung der, Mindestvoraussetzungen;·,:;in · ,pruffahiger Form" nachgewiesen,. · , t

· d) der aus einem Zusammenschluss der staatlichen Lotteriegesellschaften bestehende staatlich beh~rrschte Konzessionsbewerber (,Ods", Ods Deutschland

: Sportwetten GmbH) zu den 14 Bewerbern gehort, die zur Prasentation ihrer Konzepte ' bei · der Konzessionsstelle eingeladen wurden, wegen ihrer organisatorischlm Verflechtung mit Veranstaltern · • von Sportereignissen aber wohl nicht

; konzessionsfahig ist, weil die Gesetzeslage (§ 21 Abs. 3 GIUAndStV) eine strikte · Trennung des aktiven Sports und der ihn organisierenden Vereinigungen von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verlangt,

;,)

·e) fur die Erteilung einer Konzession unter anderem die Darlegung ,der rechtmaBig~n Herkunft der fur die. · Veranstaltung des beabsichtigten Sportwettenangebot~s

· erforderlichen Mittel" verlangt wird, · ;ii; :I

f) die Konzessionsstelle und das uber die Vergabe von Konzessionen entscheiden'Cie GIUcksspielkollegium, das aus Vertretern der Bund~slander besteht, von d~r Moglichkeit der Konzessionsvergabe an private Wettveranstalter keinen Gebrauc:h machen, wahrend staatliche Lotterieunternehmen bis ein Jahr nach der eventuellen Konzessionsvergabe Sportwetten, Lotterien und andere GIUcksspiele ohne Konzession veranstalten und uber ihr flachendeckendes Netz gewerblicher · Annahniestellen vertreiben und bewerben durfen?. ·

.Grunde:

A. Ausgangssachverhalt

1. Der Ausgangssachver:halt betrifft zwei verbundene Strafverfahren mit verschiedenen Tatzeitraumen aus dem Jahre 2012. Seide Vorwurfe betreffen die ohne deutsche Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten Gber einen, in einer ,Sportsbar" aufgestelltem, so genannten Tipomaten, durch eine torkische Staatsangehorige an einen Wettveranstalter mit Sitz und Lizenz in Osterreich. Die Beurteilung des ersten Strafverfahrens fallt nach deutschem

3

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... ;:

Recht im Wesentlichen unter bayerisches Landesrecht, namlich dem Eride 2011 ausgelaufenen GIOcksspielstaatsvertrag (i. f. ,GIOStV"). Die rechtliche 8eurteilung d~:s zweiten Strafverfahrens nach deutschem Recht fallt zum Teil unter dieselbe Rechtslage, zuntTeil aber unter den GIOcksspielanderungsstaatsvertrag (i.f. ,GIOAndStV"). ~;

2. Eine deutsche Erlaubnis tor Sportwetten hat der mit der Angeklagten ~~soziierte Wettveranstalter nicht. Unter dem GluStV war die Vermittlung und Veranstaltung von Wetten ohne deutsche Erlaubnis verboten und die Erteilung einer Erlaubnis an nicht 1l.~taatliche Wettveranstalter gesetzlich untersagt (§§ 4 Abs. 1 S. 2, 10 Abs. 2 und 5 GIOStV, ,S,faatliches Sportwettenmonopol"). ~1

3. Unter dem grunds~tzlich weiterhin monopolistischen GIOAndStV ist eine Erlau~i;tis Oetzt ,Konzession") tor ' Sportwetten · zwar als ,Experiment" zeitlich . beschrankt ;f; moglich (,Experimentierk/ausel fOr Sportwetten"). Das zustandige hessische Ministerium tq~ lnneres und Sport und das verantwortliche GIOcksspielkollegium, das aus Vertretern !:taller 16 8undeslander besteht, haben das Konzessionsverfahren auch im August ~012 mit Unterstutzung einer Rechtsanwaltskanzlei im August 2012 eroffnet. Das Verfahren w~~d jedoch voraussichtlich nicht vor Mitte 2014 abgeschlossen sein und die Konzessionsstell~; rechnet auch dann mit zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen. [~~

' !~' 4. Zwar hatte die Konzessionsstelle im Fruhjahr 2013 schon 14 8ewerber in die so :genannte

Verhandlungsphase zur personlichen Prasentation von Konzepten eingeladen. Durgh E-Mail vom 14. November 2013 hat die Konzessionsstelle jedoch mitgeteilt, kein Antragst~Jier habe die ErfOIIung der . ·Mindestvoraussetzungen tor eine Konzession in ,pruffahig~,r Form" nachgewiesen. . ·. lH . ~

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5. Dam it der Gerichtshof, ·die Kommission und die Obrigen Mitgliedstaaten zureichend unterrichtet sind, werden im Folgenden die tatsachlichen Umstande, die beiden Rechtslagen r)~ch dem GIOStV und dem GIOAndStV sowie die komplexe und divergierende deutsche RechtsP:rechung zur Auslegung des ljnionsrechts im Zusammenhang mit dem deutschen Sportwette~monpol und dem Erlaubnisv6rbehalt eingehend dargelegt. · i'tt ·

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' ~ I. Zum ersten Tatvorwurf (11. -12. Januar 2012, Verfahren 400 Js 17155/11). *f:

6. -lm Jah~e 201 ~ eroffne.ten die deutsche (bayerische) Polizei und Staatsa~waltschaft ge'~.~.::en-e~n Ermrttlungsverfahren wegen des Verdachts des strafbaren ,rllegalen GIOcksspiels"

gem. § 284 StGB. Dem lagen eine Anzeige von Lotto-Bayern bei der Staatsanw~ltschaft Kempten vom 15. Februar 2011 (Bt: 27 und 29 der Akte) und bei der Stadtverwalt~ng von Sonthofen (81. 6 ff. der Akte) zu Grunde. ;~.:

-~;:.

7. Lotto-Bayern ist der staatliche Sportwetten und Lotterieanbieter des Bundeslandes Bay,ern und eine staatliche 8ehorde (Art. 1 Abs. 2 8ayVwfG; Fundstelle: 8ayRS II, S. 213). Lotto~8ayern

· veranstaltet und vertreibt Sportwetten und andere GIOcksspiele in rund 3. 700 gewe~blichen Annahmestellen in 8ayern. Deutschlandweit werden staatliche GIOcksspiele, Lottehen und Sportwetten in ca. 26.000 Annahmestellen gemeinschaftlich durch die im Blo~kvertrag zusammengeschlossen Lotterieunternehmen der 16 Bundeslander vertrieben. Bis N'Ovember 2006 und dann wieder seit 2012 erfolgte der Vertrieb von Glucksspielen auch Ober das!~nternet (www.Iotto.de). Als • · Werbemedium nutzten die staatlichen Anbieter das &Internet

'"" ununterbrochen. g ;~

8. Lotto-8ayern meint, ,auch" nach den Urteilen des EuGH vom 8. September 201 d$isei die Vermittlung von Sportwetten als ;,unerlaubtes G/Ocksspiet strafrechtlich und durch Ve~bote zu verfolgen und verweist auf ein Schreiben des bayerischen Staatsministeriums des lnn~nen vom 27. September 2010 (81. 8 - 21 der Akte) Ober die Handhabling des Unionsre'~hts im Zusammenhang mit Sportwetten nach den Urteilen Winner Welten, Carmen Media un~tMarkus

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. . . ~ Sto/3. In diesem Schreiben ,zum weiteren Vorgehen" an die bayerischen Regierun~sbezirke (Regierung von Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mitt~!franken, Unterfranken und Sq,hwaben) argumentiert der Freistaat Bayern, der Gerichtshof h~be zwar Bedenken zum deut~chen Glucksspielmonopol formuliert. Diese resultierten jedoch ·picht aus dem Koharenzgebot, sondern bezogen sich auf die daneben zu betrachtende Eig~~ung des Lotterie- und Wettmonopols zur Spielsuchtbekampfung bei Zugrundelegung de~', in den Vorlagebeschlussen getroffenen Feststellungen. Da .der EuGH nur Auslegung~\(orgaben mache, mussten die nationalen Gerichte jeweils fUr sich prufen, ob eine P'Qiitik der Angebotserweiterunghm gewerblichen Spiel und bei den Spielbanken verfolgt wird un,~ ob dies

· die Schlussfolgerung .;rechtfertigt, dass mit dem staatlichen Lotterie- und Wettmonopo!(;das Ziel der Spielsuchtbekampfung nicht mehr wirksam verfolgt werdenl konne. Das sei nichtiper Fall. Dann hebt die bayerische Landesregierung hervor, ,desha/b ist die Monopolregelung~~es § 10 Abs. 5 GIOStV weiter anzuwenden" (S. 9 unten, Blatt 16 der Akte). ''l<:

!"' 9. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 und Abs. 2 GluStV sei vom Gerichfshof als

unionsrechtskonform bestatigt worden (S. 1 0). Fur die Erteilung einer Erlaubnis gelt~~\die_ vom EuGH nicht beanstandete Vorgabe des § 4 Abs. 2 S. 1 GluStV, wonach die· Erlaubms zu versagen ist, wenn das Veranstalten oder das Vermitteln des Glucksspiels den Zieled, des § 1 GluStV zuwiderlauft. Eine Vermittlungserlaubnis setze eine Veranstaltererlaubnisl/ fUr das vermittelte Glucksspi!SI im Freistaat Sayern voraus (BI. 18 der Akte). tf;l

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1 0. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten erlieB das Amtsgericht Kempten (RicH,~erin am Amtsgericht Lechner) am 30. November 2011 einen Durchsucl')ungsbeschluss (BI~tt 43 d. Akte). Am 4. Januar 20;12 fragte die Polizei bei der ,Regierung der Oberpfalz'' nach dem Stand bezuglich der Erteilung von Erlaubnissen fUr die Veranstaltung von Sportwetten (BI. t?03, 204 der Akte). Die Regierung der Oberpfalz antwortete wie folgt: ·

~~:}:

,Sowohl die Verahstaltung von Sportwetten durch private Veranstalter a/s au¢.b deren Vermittlung ist nach der j0ng$ten obergerichtlichen Rechtsprechung nach r-\!Nie vor erlaubnispflichtig. · Nach der aktuellen Rechtsprechung (vgl. insbesondere Besch,{uss des BayVGH vom 31.3.2011, Az. 10. AS 10.2499) findet das staatliche Sportwettedfnonopol keine Anwendung mehr. Daher·· werden die Verfahren nach den Normen des,il GIOStV durchgefOhrt. HierfOr ist die Regierung der Oberpfa/z nach § 24 S. 1 GIOStV in V(/libindung mit Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 AGGiostv zentral fOr den Freistaat Bayern zustari,&ig. Die Erlaubnisvoraussetzungen ergeben sich insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, ;?, 3, 5, 6 und 7 AGGGIOStV(Vermittlung von Sportwetten). ... .,_,

Bei der Vermittlung offentlicher G/Ocksspiele ist zudem § 4 Abs. 2 S. 2 GIOStV in Vefbindung mit Art. 2 Abs. 2 $. 1 AGGIOStV zu beachten. Danach setzt eine Vermittlungserlabbnis fOr offentliche G/Ocksspiele eine Veranstaltungserlaubnis fOr das zu vermittelnde G/OcK§spiel im Freistaat Bayern voraus." ; HI

11. Die Frage, ob schon Erlaubnisse fur Sportwetten vergeben wurden, wurde vern~int. Die Regierung der Oberpfalz erganzte, dass die. von der Polizei beispiel haft aufgezahlten Wettveranstalter a us dem EU-Ausland keine bayerische Erlaubnis hatten und ,a us(,• diesem Grund eventue/1 gestellte Antrage von Wettvermittlern abge/ehnt werden mOssten." \)

··~·~ ..

12. Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2012 machte Rechtsanwalt Arendts als Verteidig,~r unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH und nationaler Gerichte geltend, cf~ss die Nichterfullung der Verwaltungsformalitat ,Vermittlungserlaubnis" nicht zum Anlass ~fOr eine Untersagung oder gar fOr eine Bestrafung genom men ·:werden dart, weil fUr Priva'fe keine Moglichkeit zum Erhalt einer Erlaubnis fur Sportwetten besteht und das Sportwettenhlonopol nicht gerechtfertigt ist (Blatt 45 - 57 der Akte). Mit Beschwerde vom 20: Januar 2012 beantragte der Rechtsanwalt, den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss auf~uheben (Blatt 61 -107 d. Akte). · :~~

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13. Die Staatsanwalts~haft Kempten erklarte mit Sch~~iben vom 10. Februar ~CJ12, die verwaltungsrechtlichen Oberlegungen, ob der GIOStV oder die verwaltungsrechtlich~h Regeln mit Unionsrecht konform gehen, h~Uten nichts mit der Frage zu tun, d,ass der Erlaubnisvorbehalt gOitig ist, so ,dass unabhangig von der Frage, ob die Beschuldifjte einen Anspruch auf Geneh.migung dieser Tatigkeit hat, zum Zeitpunkt ihrer Ausubung jedenfalls eine Erlaubnis nicht vorlag." Eben so wenig konne ein EU-BOrger unter Berufung}; auf die Unionsrechtswidrigkeit des deutschen Fahrerlaubnisrechts, ohne im Besitz eine~i, gOitigEm Fahrerlaubnis zu sein, am StraBenverkehr in Deutschland teilnehmen (Blatt 208 der .Agte). . ~

14. Das Amtsgericht. Kempten (Richter am Amtsgericht Kogl) half der Beschwe~~e durch Beschluss 15. Februar 2012 ab und hob den Durchsuchungs- und Beschlagnahmepeschluss auf. Die Nachfrage der Polizei bei der Regierung der Oberpfalz habe gezeigt, da~~ derzeit keine rechtliche Moglichkeit zur Erlangung der geforderten Erlaubnis bestehe. Desh~lb konne nicht formalistisch ein~ Tatigkeit unter Strafe gestellt werden, auBer das staatliche~iMonopol konne gerechtfertigt sein. Das GIOcksspielmonopol sei unverhaltnismaBig, weil and~re Arten von GIOcksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und noch dazu ein ~fhoheres Suchtpotenzial aufweisen, von Privaten betrieben werden durfen. In der d~[zeitigen Ausgestaltung diene: der Erlaubnisvorbehalt ausschlieBiich der Sicherung des sfaatlichen

,.t.

Monopols, da eine Erlaubnis unter keinen Umstanden zu erlangen sei. Es konne von Wettanbietern nicht verlangt werden, eine von vornherein nicht erhaltliche Erla'ilibnis zu beantragen. Es sei . Aufgabe des Staates, die Voraussetzungen fOr eine ErlaQbnis so abzufassen, dass allenfalls ungeeignete Personen ausgeschlossen werden, nicht 1«ber aile (Blatt 209- 211 d. Akte). ;:;~

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15. Die Staatsanwaltschaft.legte am 22. Februar 2012 Beschwerde ein {Blatt 212- 213~d. Akte). Sie meint, das , Veranstalten zur Teilnahme an Sportwetten"ohne Erlaubnis sei stra~ar, weil Unionsrecht zunachst nur den Gesetzgeber verpflichte und vor dem Spruchrichter nicht unmittelbar umsetzbar sei. Derzeit fanden Verhandlungen Ober den Abschluss ein~l neuen GIOStV statt, in dem die Erlangung behordlicher Erlaubnisse neu geregelt werd.~. Dem Unionsrecht komme weder unmittelbare Anwendbarkeit noch Vorrangigkeit gegenuber deutschem Recht zu. · ~~

16. Richter am Amtsgericht Kogl half der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht ab 4.Qd legte sie dem Landgericht Kempten zur Entscheidung vor (Beschluss vom 27.2.2012, Blatt 214 d. Akte). Die Staatsanvyaltschaft fuhrte mit Schreiben vom 21.3.2012 aus, die Rechtsptechung des BundesverwaltuHgsgerichts (,BVerwG") und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (,BayVGH") wOrden den Erlaubnisvorbehalt nicht infrage stellen (Blatt 217, 218 ck Akte). Unabhangig von der Vereinbarkeit des GIOStV mit den Normen der EU sei festzustell~n, dass Europarecht nur die Frage betreffe, unter welchen Bedingungeh ein Anspruch ~1-Jf eine. Erlaubnis bestehe. lp keiner Entscheidung sei in Zweifel gezogen worden, d:~ss die grundsatzliche Regelllng ,Erlaubnisvorbehalt" nicht EU-konform ware. Die Argumentation des Richters am Amtsgericht Kogl sei falsch, weil die Rechtsprechung des EuGH primar::hur den Gesetzgeber binde .. :Solange der Gesetzgeber den Erlaubnisvorbehalt in § 28-4'. StGB aufrechterhalte, konne es nicht Aufgabe des Amtsrichters sein, entgege,n dem Gesetzeswortlaut Strafbestimmungen faktisch abzuschaffen. Der Beschuldigteo• ware auBerdem zumutbar gewesen, einen Antrag auf Erlaubnis zu stellen und diese im Fa'{le einer versagenden Verfugung einzuklagen. };j

17. Das Landgericht Kempten hob durch Beschluss vom 10. April 2012 (Blatt 221 - 224 ~- Akte) den Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Februar 2012 auf und verwarf die Beschwerde der Angeklagten. Sie sei hinreichend verdachtig, ohne Erlaubnis private Sportwetten zu veb/nitteln. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei jeder Mitgliedstaat berechtigt, die Vermittld'hg von Glucksspiel vom Besjtz einer Erlaubnis abhangig zu machen. Ausweislich der standigen Rech~sprechung des BayVGH sowie anderer Verwaltungsgerichte sei eine Verbotsv~.~Ogung .,

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~l~{ nur rechtswidrig, w~nn sie auf die unionsrechtwidrige Staatsmon~polb~sti~mung ~?e~ § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GIOStV und die danach generell fehlende Erlaubmsfah1gke1t der V~rm1ttlu~g von Sportwetten privater Veranstalter gestotzt ist. Dies bedeute nicht, dass ei~ .. priva~er Betreiber ohne Erlaubnis private Sportwetten vermitteln dOrfe bzw. dass § 284 StGBJ~,mc~t zur Anwendung komme. Eine Bindung :·der Strafgerichte an Entscheidungen des EuG~ m1t der Folge, dass die Anwendung der Strafbarkeit ausgeschlo~sen sein konnte, bestehe ni9ht. Auc~ das. Bundesverfassungsgericht (,BVerfG") habe die Beurteilung der Strafbarkeit ~ogar be1 festgestellter Verfassungswidrigkeit der alten Rechtslage vor 2008 den Strat~erichten Oberlassen. · !t m.

18. Das Landgericht Kempten erganzt, dass sich aus der aktuellen Rechtsprechung desJ,~ayVG~ ergebe, dass tor jeden privaten Anbieter (und dann auch tor Vermittler) nunmehr ~~uch d1e grundsatzliche Mogiichkeit bestehe'; eine entsprechende Erlaubnis zu beantrager:f~ Es sei jedem lnteressiertemzuzumuten, vor der Vermittlung von Wetten einen Antrag zu st~llen und im Faile der Ableh~ung eine Erlaubnis vor den Verwaltungsgerichten einzuklagen. Die Beschuldigte habe ke'inen Antrag gestellt. Von der zustandigen Regierung der Obe~pfalz sei lediglich bestatigt worden, dass bisl~ng Erlaubnisse nicht erteilt wurden. Falls 'diese~;pei ihrer generell ablehnenden Haltung bleibe; sei der Beschuldigten der Rechtsweg zuzumuteri,,l

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19. Daraufhin erhob die Staatsanwaitschaft gegen Sontffofen am 30. April 2012 Anklage wegen des Vorwurfs, in 11. Janu4r bis 12. Januar 2012 mit technischen Geraten an einen nicht nnten Ausland alifhaltigen

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Buchmacher den · Abschluss von Wetten auf Sportveranstaltungen, insb~sondere Fu~ballwetten. angeboten zu habe!n. Dies sei strafbar als gewerbsma~iges un~rlaubtes Veranstalten eines GIOcksspiels nach § 284 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB. tt.

· 20. Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 (Blatt 257- 285 d. Akte) beantragte Rechtsanwald~rendts, das Hauptverfahren nicht zu eroffnen. Er verwies auf die Rechtsprechung des BayV@H (u.a. Beschluss vom 19. Januar 2012, Az. 10 CS 11.923). Das Sportwettenmonqpol sei unanwendbar und eine vollstandige Untersagung der Vermittlung von Wetten konne ni§ht allein auf die formelle lllegalitat gestutzt werden. Deshalb dOrfe erst recht keine strafr~chtliche Sanktion erfolgen. Der Gerichtshof habe dies in Placanica ausgefuhrt und in Rn. 1 t~ in der Sache Markus StoB ·:u. a. Wiederholt. Das im Jahre 2007 vorlegende VG Stuttgart:: sei im Anschluss an die Vdrlageentscheidungen aus 2010 der Anwendbarkeit des § 284 si_GB wie folgt entgegengetreten: ·:i'

I'( I

,Die UntersagungsverfOgung kann schlieB/ich auch . nicht wegen des vom B~klagten behaupteten VerstoBes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. ... Denn die Vqrschrift kann nach Sinn und Zweck und b,ei unionsrechtkonformer Auslegung keine Grunc/lpge fOr polizeiliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier - staatliche Vorschriri~n eine rechtliche Moglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwfitten fOr Private. nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umstanden fehlt es jed€mtalls an einer Strafbarkeit {vgl. VG Hamburg, a.a.O. Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urtei/ vom 16.8.2007- 4 StR :62107-NJW 2007, 3078). Anderenfalls wilrde Ober den Weg des Strafrechts ermoglic~t, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte und Grundfreiheiten eingreifende Monopo($truktur vorlaufig aufrechtzuerhalten; in sei'nem Urteil vom 8.9.2010 (Winner Wetten C-409/;()6, Rn. 62-69) hat der Europaische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass f{jr eine Obergangszeit unionsrechtswidrige Zustande akzeptiert werden dOrfen." · ~t

21. Die Staatsanwaltschatt,verweist mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 (81. 287 d. Akte)e~uf ein Urteil des Oberlandesg·erichts (,OLG"): MOnchen vom 5.7.2012 (Blatt 250 ff. der Akte), r'f;iit dem der Freispruch · eines Vermittlers durch das Amtsgericht (..AG") Augsburg aufgehoben~wurde. Das Amtsgericht hatte im Urteil vom 30. November 2011 (Az. 12 Ds 102 Js 113892/09) · ausgetohrt, der Erlaubnisvorbehalt diene derzeit ausschlie~lich dazu, das unionsrechts~idrige

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u Monopol durchzusetzen. Das OLG Munchen hingegen meint, der Gerichtshof ha9~ in den Entscheidungen vom September 2010 nicht verbindlich festgestellt, da·~s dem Sportwettenmonopol in seiner konkreten Ausgestaltung Unionsrecht entgeQ..enstehe. AuBerdem erfasse der Anwendungsvorrang nur den in § 10 Abs. 2 und Abs. ,!?, GIOStV normierten Staatsvorbehalt, nicht aber den in § 4 Abs. 1 GIOStV geregelten Erlaubnisxprbehalt Der Gesetzgeber ha~e mit dieser veranstalterunabhangigen Erlaubnispflicht die Bea~ptung der Zielsetzung des Staatsvertrags auch fOr den Fall sicherstellen wollen, dass das Staat~,monopol gemeinschaftsrechtlic~ keinen Bestand haben sollte. t

22. Durch Eroffnungsbeschluss vom 15. Marz 2013 hat das vorlegende Gericht die A~~lage zur Hauptverhandlung zug'elassen und das Hauptverfahren eroffnet. ti

23. Mit Schriftsatz vom 8. April 2013 (81. 290 bis 299 d. Akte) hat die Angeklagte ausget~brt. dass mit dem Erlaubnisvprbehalt keine Unterlassungspflicht und schon gar keine S([afbark~it begri.indet werden konne, weil die nichterfi.illte Verwaltungsformalitat unter VerstoB g;~gen das Unionsrecht abgelehnt und vereitelt worden sei. Hierzu habe das Amtsgericht ~ugsburg zutreffend folgendes ausgefOhrt: ~~·

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, Wenn der Erlaubnisvorbehalt (trotz europarechtswidriger Ausgestaltung des s(9atlichen Sportwettenmonopols) wirksam bleibt, dann muss es aber filr den Angek/agten ·:auch die Moglichkeit gegeben haben, eine Erlaubnis zu erhalten. Der Erlaubnisvorbehalt w~re sonst eine Verbotsvorschrift und wOrde wieder das europarechtswidrige Sportwette~(nonopol absichern. . .. Auch diesem Gericht drangt sich daher der Eindruck auf, dass derKf=reistaat Bayern am staa'tilchen Sportwettenmonopol festhalt und private Anbieter gerifpe nicht zulassen will. Bis in das Jahr 2012 gab es zur Of?erzeugung des Gerichts dilher kein ergebnisoffenes Erlaubnisverfahren. Der Erlaubnisvorbehalt ist aus Sicht der ve,rwaltung faktisch eine VerQotsvorschrift. Damit sichert der Erlaubnisvorbehalt bis heute fjpch das staat/iche SporfW,ettenmonopol · ab, welches nach jetzt gefestigter · Rechtiprechung europarechtswidrig ausgestaltet ist." ,RI

24. Mit Schriftsatz vern .6. Mai 2013 (81. 305 - 323 d. Akte) wies die Angeklagte darauf ifflin, dass der GIOStV in dem Zeitraum 11. und 12. Januar 2012 ausgelaufen war. Das b~yerische

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AusfOhrungsgesetz habe den GIOStV zwar in Landesrecht transformiert. Dieses G~setz sei aber wegen der fehlenden Notifizierung und der Verletzuhg der lnformationsrichtlinie 9'8/34/EG nicht anwendbar. Eine Strafbarkeit, die an der fehlenden Erlaubnis ankni.ipft, komr¥1e daher nicht in Betracht. Rechtsanwalt Arendts verwies auf ein Urteil des Landgerichts (,LG");:sremen vom 10. Mai 2012 (Az. 9 0 476112), das diese Schlussfolgerung in einem parall~len Fall gezogen habe. ·: ,,.

25. Die Angeklagte wies auch auf ein Urteil des BayVGH vom 26. Juni 2012 hin (Ai.,; 10 BV 09.2259). Darin bestatige der BayVGH die unionsrechtswidrige Praxis der im u?tto- und Totoblock gemeinschaftlich agierenden Bundeslander im Bereich des Glucksspielsjiund der Sportwetten mit Bezug zu dem lnternetwerbeverbot.. Der BayVGH bestatige, dass die Bundeslander mit dem GJOStV in Wahrheit nicht Suchtgefahren bekampfen, ;;,sondern fiskalische Zwecke verfolgen und habe u.a. folgendes ausgefOhrt: ;;::

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,Die strukturel/e ~: Duldung der Versto/3e der Lottogesel/schaften geg~n das lnternetwerbeverbbt durch die Aufsichtsbehorden der Bundeslander hat zur Folge, t't/ass da.s Ziel des Verbots, qie Bekampfung der G/Ocksspielsucht und den Spieler- und Jugepdschutz zu effektivieren, iitdem das Internet mit seiner Breitenwirkung als Werbemedium ko~sequent ausgesch/ossen wird, ·nicht wirksam verwirklicht werden kann. Vor diesem Hintergrfjnd kann diesem Ziel fOr die Rechtfertigung einer Beschrankung der Dienstleistungsfreiheitft~ber nur geringes Gewicht zukommen. Denn wird es von den staatlichen Monopoltra'flern mit Duldung der zustandigen Aufsichtsbehorden systematisch missachtet, so zeigt d~~s, dass

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Page 9: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

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die staatlichen SffjJien das Verbot nicht ernst nehmen und in Wahrheit andere, ins~~sondere fiska/ische Ziele verfolgen." :}

26. Dann zitiert Rechtsanwalt Arendts einen Beschluss vom 26. Juni 2012 des BayVG~, (Az. 10 CS 12.522). Darin werde der bayerischen Exekutive vorgehalten, dass es keine erge6flisoffene Moglichkeit fOr privat~ Wettvermittler; und Wettveranstalter gebe, eine Erlaubnis zu er~~lten:

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,Der Antragstelletln kann das bld!Je Fehlen der erforderlichen Erlaubnis jedenfa/1~.; solange nicht entgegengeh'alten werden, wie die ErfOI/ung dieser Verpflichtung unter Verst~/3 gegen das Unionsrecht vereitelt wird (vg/. EuGH vom 6.3.2007 Rs. C-338/04 u.a. - M. fitlacanica u.a. - RdNm. 69 r sowie vom 15.9.2011 Rs. C-347/d.9 RdNr. 32; BayVGH vom 142.1.2012

. ~

Az. 10 BV 10.2271, Rn. 58 sowie zuletzt vom 20.6.2012 Az. 10 CS 12.100 Rn. 3{Jj. Davon kann erst dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn das Erlaubnisverfahren mil:!Biick auf den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang ergebnisoffen durchgefOhrt wird, di~; fOr die Erteilung der Erlaubnis zustandige Behorde im Rahmen des Art. 25 BayVwVfG~'auf eine ordnungsgema/3e · und erfolgversprechende Antragstellung hinwirkt und bei Zweitetn oder Unklarheiten Ober die Beachtung von Vorschriften Ober die Art und W~ise der Gewerbetatigkeit die Sicherstellung der materiel/en Erlaubnisanforderungen gegeb~nenfalls durch Nebenbestif,J)mungen gewf:!hrleistet wird (vgl. BayVGH vom 12.1.2012 A~~ 10 BV 10.2271 Rn. 58 sowie vom 20.6.2012 Az. 10 CS 12.100 Rn. 30). Es bestef{en aber erhebliche Zweifel, o~ dies derzeit geschieht. '\1 Zwar haben Freistaat Bayem und Vertreter des offentlichen lnteresses dem VGH gJgenOber im Rahmen ahnlicher g/Ocksspielrechtlicher Verfahren wiederholt erklart, dass die:~PrOfung von Erlaubnisantragen ergebnisoffen erfolge. An substantiierten Darlegungen und~'Belegen fehlt es aber insoweit bisher. Erlaubnisse fOr das Veranstalten oder Vermitleln von Sportwetten durch :Private sind bisher jedenfalls offenbar nicht erteilt worden. d~ss dies allein an nicht ordnungsgema/3en Erlaubnisantragen !age, ist fOr den Senat nicht er$ichtlich. Der Freistaat Bayem hat au/3erdem in Bezug auf aile Urteile des Senats, die'~iauf die Unanwendbarkeit der das staatliche Sportwettenmonopol begrOndenden Regelung ~on § 10 Abs. 2 und 5 GIOStV in Folge des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gestotzt '§ind, a/s Beklagter oder durch den Vertreter des 6ffentlichen /nteresses Beschwerde g~gen die Nichtzulassung der Revision mit .der Begrilndung erhoben, dass er die Auffassi:;ng des Senats zur Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelung nicht teile. Aus allen!~' diesen Grunden drangt sich dem Senat der Eindruck auf, dass der Freistaat Bayem am st~'ptlichen Sportwettenmonopol bis zum lnkrafttreten eines neuen G/Ocksspielstaatsvertrags ffl.$thalten und private Wetta'nbieter demgema/3 gerade nicht zulassen will (vgl. BayVG,H vom 20.6.2012Az. 10CS 12.100RdNr. 30)." . ·;,

. . ... , 27. Nach Beweisaufnahme · und Anhorung der Angeklagten hat das vorlegende GericnJ durch

Beschluss vom 7. Mai 2013 das Verfahren ausgesetzt und beschlossen, den Gericht~hof zur Auslegung des Unionsrechts anzurufen und vor der Ausformulierung der Vorlagefrigen die BegrOndung der Urteil~ des BVerwG v. 16. Mai 2013 abzuwarten. :i

II. Zum zweiten Tatvorwurf (7. April 2012 - 7. November 2012, Az. Js 7378/12

28. Der zweite Tatvorwurf begann mit einer polizeilichen Kontrolle in der am 13. April 2012, bei der ein . Wettautomat vorgefunden wurde. Staatsanwaltschaft Kempten erlieB das Amtsgericht Kempten (Richterin am

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Lechner) am 9. August 2012 einen Durchsuchungsbeschluss (Blatt 12, 13 der ... erneuten Antrag erging ein weiterer • Durchsuchungsbeschluss am 7. November 20~.2 und zugleich wurde der frOhere Beschluss aufgehoben. Aufgrund dieses zweiten Bescfilusses wurde das Lokal am 7. November 2012 durchsucht und ein Wettautomat beschlagnahb1t. Am 7. Mai 2013 erhob di.e Staatsanwaltschaft Anklage gegen- Sie wirft ihr v.or, als

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Page 10: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

verantwortliche lnhaberin der -zwischen dem 13. April 2012 und dem 7 .. ~ovember 2012 einen Live-Sportwettenautomaten in der Absicht betrieben zu haben, int~r~ssierten Dritten den Abschluss von Sportwetten zu vermitteln obwohl sie nicht im ~~sitz der erforderlichen Erlau9nis war. Dies sei strafbar als gewerbsmaBiges unerlaubtes Ve~~nstalten eines Glucksspiels ·~ach § 264 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB (gemeint sein dOrfte § ~~~4 StGf3) (Blatt 33/34 d. Akte). ~~.

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29. Mit Schriftsatz vom 3. Juni 2013 (81. 36 - 63 d. Akte) verwies Rechtsanwalt Arendls fOr die Angeklagte auf seine AusfOhrungen in dem Parallelverfahren. Darin habe er eine E-M~il vom 4. Dezember 2012 der Regierung von Schwaben (Freistaat Bayern) an seine KanzldJ;~wie folgt zlliert: ~

'1; ,Mit Fax vom 28.11.2012 informierten Sie uns daruber, dass Sie Sportwettenvef/nittler im Regierungsbezirk Schwaben anwalt/ich vertreten und baten um Obersendlmg von Antragsformu/aren und lnformationsmaterialien zum Erlaubnisverfahl:ffin fOr Wettvermittlungsstellen, damit lhre Mandanten , ... unverzOglich einen entspd~phenden Antrag stellen konnen". Hierzu teilen wir Ihnen mit, dass wir zum jetzigen Zeitp~l}kt noch keine Antragsformulare Obersenden. Eine besondere Eilbedurftigkeit besteht~~;unseres Erachtens auch · nicht. So konnen derzeit keine zulassigen Erlaubnisan{rage fOr Wettvermitt/ungsstellen gestellt werden, nachdem das Konzessionsverfahren gema/3 § 4a ff. GIOStV noch nicht abgesch/ossen ist. Dies ergibt sich a us § 1 Oa Abs. 5 S. 2 Hi:ilbsatz 2 GIOStV, der § 29 Abs. 2 S. 2 GIOStV fur entsprechend anwendbar erklart. Danacb stellen nicht die Vermittler se/bst, sondern die Konzessionsnehmer fOr ihre Vermitfler den Erlaubnisantrag. Der Kreis der Konzessionsnehmer - und damit der kOnftig berl:J'phtigten Antragsteller - steht jedoch noch nicht fest. lhre Mandanten konnen jedenfa/ls, wie oben

' * dargestellt, einen Erlaubnisantrag auch nach Abschluss des Konzessionsverfahre:i;ls nicht selbst stellen." · ·t@

31. Der Rechtsanwalt fOhrte aus, dass es derzeit unbestreitbar kein Erlaubnisverta51ren fOr Vermittler, erst recht kein ,ergebnisoffenes" gebe. AuBerdem konnten nur die Verans!~lter fUr Vermittler eine Erlaubnis beantragen und dies konnte frOhestens Jahr 2014 erfolg;en. Der zunachst fOr Aprii/Mai 2013 vorgesehene Abschluss des seit August 2012 la~fenden Konzessionsverfahrehs fOr Wettveranstalter sei nicht abzusehen. So habe das VG Wi~!sbaden in einem Beschluss vom 30. April 2013 (Az. 5 L 90/13 WI.) die fehlende Transpar~nz des Verfahrens bestatigt. ·i.und eine endgOitige Klarung der Auseinandersetzungen werg~ nicht zeitnah erfolgen. Die Konzessionsstelle suche Anwalte fur mindestens 80 Gerichtsveifahren. (81. 40 d. Akte). · {

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31. AuBerdem zitiert Rechtsanwalt Arendts eine Entscheidung des VG Hamburg (Beschl~:gs vom 29. April2013, Az. 4 331/12} wie folgt: ·.·~

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,Es ist bei dieser Sachlage nicht gerechtfertigt, fOr die Dauer des Konzessionsvelfahrens und des daran ansch/ie/3enden · Verwaltungsverfahrens zur Erlaubniserteilung ~(or die Wettannahmestellen eine Untersagung auf das Fehlen der Erlaubnis zu stotzen. Jnl[fliesem Sinne hat auch das OVG Saarlouis entschieden (Beschluss vom 6. Dezember 2012- 3 B

~ t~ 268/12). Danach vermag das rein formale Fehlen der nach §4 Abs. 1 S. 1 'fPIOStV erforder/ichen Er/aubnis zur Vermittlung von Sportwetten eine umfc1§sende g/Ockspielrechtliche Untersagung nicht zu rechtfertigen, so/ange das Konzessionsv~ftahren gema/3 § 4a GIOStV noch nicht abgeschlossen ist, wei/ ein Antrag auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis vor der Konzessionsentscheidung aussichtslos ware. Dabei 6at das 0 VG Saar/ouis ausdruck/ich darauf abgehoben, dass der Schwebezustand a'!Jf die verzogerte Umsetzung des neuen GIOAndStVs zuruckzufOhren ist. Auch nadh der Rechtsprechung des 0 VG Berlin-Brandenburg ist das Fehlen einer Erlaubnis wahn/nd des /aufenden Konzessibnsverfahrens fur eine Untersagung nicht ausreichend. :~i

Page 11: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

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Soweit demgegentber in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten ~;rd, dass unter Geltung ·des GlilAndStV bereits das Fehlen der erforderlichen ~Er/aubnis UntersagungsverfOgungen trageri wOrde (so VG Karlsruhe, Urteil vom 15. Novem~~r 2012 -3 K 1119112), folgt die Kammer dem nicht. Ein so/c/;les Verstandnis der Eingriff,~befugnis des § 9 Abs. 1 S. 2, S. 3 Nr. 3 GIOStV wilrde die Dienstleistungsfreiheit der AntraiJ.stellerin, in deren Licht die g/ilcksspielrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Eingriff~~efugnis, auszulegen ist, konterkarieren (in diesem Sinne auch OVG Berlin, Brandenburg, ~~schluss vom 24. August 2008- A. OVG 1:S 44.12.). Wie die Kammer mehrfach entschiedeiJ, hat und wie auch in der hochstrichterlichi:m Rechtsprechung anerkannt ist, wird die Anna/;Jme von Spoitwetten und die Vermittlung an ein Untemehmen in einem anderen Mitgliedst?at nach Art. 56 AEUV geschiltzt. Gleichzeitig ist das frilhere Sportwettenmonopol des atf,~er Kraft getretenen GIOStV; mit dieser Gru'ndfreiheit nicht vereinbar gewesen (vgl. nur VG flam burg, Urteil vom 28. Okt6ber 2010- 4 K 2860108 u.a.). Soweit die Vorschriften des GJOA~~StVein solches staatliches Monopol nicht vorsehen, sondern auch an Private die Erteil(.mg von Veranstaltungs- und Vermittlungserlaubnissen zulassen, ist es europarechtlich fgeboten, dass die entsprechenden Bestimmungen nicht nur erlassen und in Kraft getrei~n sind, sondern in der. Verwaltungspraxis auch tatsachlich umgesetzt werden. a~nn die Grundfreiheiten w~rden nur gevitahrt, wenn ihre Gewahrleistungen sich in d~[ Praxis tatsachlich bewahren. · ;j:

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Sind danach die staatlichen Sportwetten-Veranstalter und ihre Vermittler berechti'gt, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten, muss dies auch fOr die Antragstellerin gelten. Andernf~ils hatte das lnkrafttreten des GIOAndStV, der im Hinblick auf das Konzessionsverfahrens bei Sportwetten ein europarechtswidriges Monopol beseitigen sollte, eine Verschlechte(ung der Rechtsposition derAntragstellerin zur Folge. Denn vor lnkrafttreten der neuen Rf/¢,htslage war die Antragstellerin nach der Rechtsprechung der Kammer und der hochstrichi~rlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die europarechtliche Unanwendbarki:}!t des Sportwettenmonopo/s zur Vermittlung von Sportwetten berechtigt. Wahrend des la~fenden Konzessionsverfahrens kann die Antragstellerin im Hinblick auf ihre Dierstleistunft{;treiheit nicht schlechter steben." t:r

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32. Das vorlegende Gericht hat dieses Strafverfahren mit dem ersten Strafverfahren geg~n .. -erbunden. :.~.

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Ill. Die Rechtslage sowie die Tendenzen der deutschen Rechtsprechung im Z~tpunkt des ersten Tatvorwuns (Januar 2012) :k

, ' . 33. Dem Gerichtshof ist aus dem Verfahren Carmen Media bekannt, dass die deutsche Red.htslage im Bereich der Sportwetten seit 2008 · durch den von 16 deutschen Bunde~i~ndern abgeschlossenen GluStV . gekennzeichnet ist (www.glueckss:P.iel.uni­hohenheim.de/staatsvertrag). Der GIOStV erlangte am 1. Januar 2008 bundesweit Gesetzeskraft und lief Ende 2011. aus. Nach § 10 Abs. 2 konnen die LandE:}r ihre ,ordnungsrechtliche Aufgabe", ein ausreichendes GIOcksspielangebot zur VerfOgung zu;stellen, selbst oder durch staatlich beherrschte Unternehmen erfullen. § 10 Abs. 5 GIOStV be~timmt, dass anderen keine Erlaubnis fUr Sportwetten erteilt werden darf. Und § 4 Abs. 1 S. 1 ;GiuStV bestimmt, dass offentliche Glucksspiele, wozu per Definition des § 3 auch Sportwetten 'zahlen, nur mit Erlaubnis der ,zustandigen Behorde des jeweiligen Bundeslandes veranstalt~t oder vermittelt werden dOrfen. Das Veranstalten oder Vermitteln ohne diese Erlaubnis (,unerlaubtes G/ilcksspiel") wird in§ 4 Abs. 1 Satz 2 ;explizit verboten. ···

34. Nach § 9 Absatz 1 S. 2, S. 3 Nr. 3 GIOStV kann die zustandige Landesbehof~e die Veranstaltung oder Vermittlung unerlaubten GIOcksspiels untersagen. Nach § 9 Abs. 3 ~IOStV arbeiten die Bundeslander bei der GIOcksspielaufsicht zusammen. Dazu haben sie eine gemeinsame Geschaftsstelle beim hessischen Ministerium fOr lnneres und Sport errichtel.

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35. Daneben stellt Bundesrecht (§ 284 StGB) die Veranstaltung von offentlichem Gl~cksspiel ,ohne behordliche Er/aubhis" unter Strafe. Unter dem Tatbestandsmerkmal ,bebordliche Erlaubnis" wird allgemein die Erlaubnis einer deutschen Behorde verstanq~n. Die

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legalisierungswirkung von Erlaubnissen einer Behorde der DDR ist allerdings u!(j:lstritten. Hierzu wird vertreten; ihre legalisierungswirkung beschranke sich nach der Wiedervef~inigung· auf das fruhere Ost-Berlin und auf das raumliche Gebietder fOnf ,neuen" Bundesland~r (BGH, Urt. v. 29.9.2011, 1 ZR 189/08; BVerwG, Urt~ v. 1.6.2011, 8 c 5.10). Nach andere~,Ansicht legalisieren sportwettt:mrechtliche DDR-Gewerbeerlaubnisse deutschlandweit den Ver;tl-ieb von ,,, Sportwetten (VG Stuttgart, Urt. v. 7.10.2008, 4 K 3230/06; VG Gera, Urt. v. 14.12.2910, 5 K 155/09; Vo/3kuhle, GewA 2006, 395 ff.). ''

36. AuBerdem regelt das RennWett- und lotteriegesetz von 1922 die gewerbliche Vera6~taltung und Vermittlung von Sportwetten auf den Pferdesport (vgl. EuGH, Carmen Media, Rn)~-6). Zu Einzelheiten der deut$chen Rechtslage Folgendes: ~i

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1. Zustimmungsgesetzte und Ausfi.ihrungsgesetzte zum Gli.iStV

37. Der GIOStV 2008 wurde von den landesparlamenten ratifiziert und damit zu einer ges~tzlichen Vorschrift. In Bayern geschah dies durch einen Beschluss des landtages (GVBI. Bay~~007, S 906), in den ubrigen Bundeslandern durch ein Zustimmungsgesetz. ;~ Diese Zustimmungsgesetze · der lander sind streng zu trennen von den jeweiligen AusfOhrungsgesetzender lander (dazu Carmen Media, ijn. 19 ff.). In§ 24 GIOStV fin'det sich

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die Grundlage zum Erlass der AusfOhrungsgesetze. Diese, gestalten die Vorgaben desi,;GIOStV aus, erganzen dessen Vorgaben inhaltlich und nehmen bestimmte landessp~~ifische Regelungen vor. Insbesondere enthalten sie Vorschriften uber Ordnungswidrigkeit¢n. Die Zustimmungsgesetze zum GluStV und die AusfOhrungsgesetze wurden nicht f~n die Kommission notifiziert. ';"

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2. Entstehungsgeschichte des Gli.iStV ~~,~\ 't ·il1

38. Zum Verstandnis der . divergierenden Ansichten im .Bereich der Sportwetten {(st die Entstehungsgeschichte des GIOStV bedeutsam. Der GluStV diente in erster linie da~u. das von den Bundeslandern und ihren lotterieunternehmen begehrte Veranstalter-Mom?'pol fur lotterien und Sportwetten zu erhalten. Der GIOStV sollte Defizite beheben, die das BV~rfG im Urteil vom 28. Marz 2006 (1 BvR 1054/01, vgl. Carmen Media, Rn. 8) in Anlehnung4\::an die Gambelli-Entscheidung aufgezeigt hatte. Daher nahmen die lander gewisse Beschralll.(ungen des Ange~ot~.s de~ Monopoltrag1

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er ~or. Werbung ~ur. erlau_btes _Giucksspiel ?urfte z~ar ~uf Plakaten, 1n offenthchen Verkehrsm1tteln etc. sow1e 1n Ze1tschnften und Ze1tungen ;!i:ind 1m Radio erfolgen, nicht aber im lntemet oder Fernsehen (§ 5 GluStV). ·m

39. Die staatlichen lotteriegesellsch~ften vertreiben Sportwetten, Glucksspiele und lotteri~h uber ca. 26.000 gewerbliche stationar~ Annahmestellen. § 4 Abs. 4 GluStV enthalt auch das·\terbot der Veranstaltung und Vermittlung offentlicher Gli.icksspiele im l;,ternet (,lnternetvertriebsverbot"). Ob das lnternetvertriebsverbot neben den erlaubnisf~higen Monopoltragern und den gewerblichen Spielvermittlern, die das staatliche Angebot bis Ende 2008 Ober das Internet vermittelri durften (vgl. EuGH, Carmen Media), auch private Aqbieter betrifft, ist umstritten. Weil priv~te Wettveranstalter nach der Systematik des Gli.iStV von vornherein ausgeschlo~sen sind ~nd der GluStV in erster Linie geschaffen wurde, urn ~~iesen Ausschluss zu rechtfertigen, wird vertreten, dass das lnternetvertriebsverbot nicht die o~nehin ausnahmslos verbotenen privaten Anbieter (zusatzlich) beschranken will, sondern vor;einem fiskalisch ausgerichteten Monopol)schutzt und deshalb nur die erlaubnisfahigen Monopo)trager und deren Vermittler betrifft. Die Urteile des BVerwG vom 24. November 2010 deuten il1.1.diese Richtung. Das BVerwG hatte g~urteilt, dass die Bestimmungen uber Art und Zu.*chnitt

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Page 13: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

' . (t~:.·.\ . zulassiger Sportwetten und die Vorgaben fUr ,deren Vermarktung nrch~~,'\ pnvate Sportwettenanbieter oder -vermittler betreffen, sondern nur das Angebot q"~r nicht grundrechtsfahigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopoltrager regeln (B¥:erwG, 8 C 13.09, Rn. 30, 8 C 14.09, Rn. 26, 8 C 15.09, Rn. 26). .~\

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40. Der mit dem GIOSfV ab 2008 gesetzlich in § Abs. 4 GIOStV bestatigte Verg_icht der Monopoltrager auf den lnternetvertrieb ist das Resultat eines vom Bundeskartell~tnt 2006 gegen die staatlichen Lotterie1,.mternehmen gefOhrten Kartellverfahrens. Vf!ie der Bundesgerichtshofs (,BGH") im Urteil vom 24. September 2013 (BGH, KZR 62/11 )lhausfOhrt, hatten die staatlichen Lotterieunternehmen unter Verletzung des Kartellrechts v~reinbart, Lotterien und Sportwetten nur in dem Bundesland ihres Sitzes zu vertreiq~n. Das Bundeskartellamt hat ihnen deshalb durch Beschluss vom 23. August 2006 (BKa~. B 10-92713-Kc-148/05) untersagt, ihren lnternetvertrieb auf Teilnehmer des Bundesla~~des zu beschranken, die ihren Wohnsitz • im Land der jeweiligen Lottogesellschaft ha'pen. Mit Vollstreckungsbeschluss vom 3Q. Oktober 2006 hat das Bundeskartell~!'rt den Lotterieunternehmen ein Zwangsgel~ angedroht, wenn sie Ober den 6. November 20Q,6 hinaus ihren lnternetvertriet? auf Spieltei!nehmer in ihrem Bundesland beschranken l)(BKartA, Vollstreckungsbeschluss vom 30. Oktober 2006, Az. 92713-KC 528/06). Die Bunq,eslander entschieden dann am 6. Novemb~r 2006 nicht, den lnternetvertrieb freizugeben,;~!)sondern

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stellten ihn ein und beschrankten den Vertrieb ihrer GIOcksspielprodukte und Sportw~tten auf die rund 26.000 gewerblichen Annahmestellen (BGH, KZR 62/11, Rn. 8). Anschlief1en:~ kamen die Bundeslander auf der Konferenz der Ministerprasidenten vom 12./13. Dezem~~r 2006 grundsatzlich Obere.in, ihren Monopoltragern mit dem GIOStV zum 1.1.2,008 als Vermarktungsbeschr~nkung ein lnternetvertriebsverbot und bestimmte Werb,~verbote aufzuerlegen. · ~: ·

~ 3. Die Rechtslage nach Auslaufen des GIUStV zum Ende' 2011 ~~~

41. Nach seinem § 28 lief der GIOStV Ende 2011 aus. Von der Verlangerungsoption wJ,tde kein Gebrauch gemacht und Schleswig-Holstein liberalisierte GIOcksspiele und Sportwetten. Die deutschen Bundeslander (abgesehEm von Schleswig-Holstein) beschlossen abeti: jeweils Gesetze, wonach der (ausgelaufene) GIOStV als Landesrecht fortgelte. In Bayern ertqJgte dies vorab durch Gesetz (AGGLOSTV) vom 20. Dezember 2007 (Fundstelle: BayGVBI 20~7, Seite 922). § 10 Abs. 2 AGGLOSTV lautet:· :,

, Tritt der GlilStV nach seinem § 28 Absatz 1 S. 1 zum 31. Dezember 2011 aurJ~r Kraft, bleiben seine Regell1ngen mit Ausnahme der §§ 26, .28 und 29 bis zum lnkrafttret~n eines neuen Staatsvertrages a/s Landesgesetz in Kraft." c~

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42. Weder dieses noch die Gesetze an~erer Bundeslander, die den ausgelaufenen G@StV als eigenstandige Regeluhgen beinhalten, wurden notifiziert. Dies wurde von deutschen G)~richten unterschiedlich bewertet. Mit Urteil vom 10. Mai 2012 (9 0 476/12) meinte das LG "l3remeri, dass die technischen.Vorschriften elnes Landesgesetzes mit dem lnhalt des ausgeJ~ufeneh GIOStV nicht anwendbar sind: ;,1;

,Die Verfilgungsbeklagte hat nicht gegen eine gesetzliche Bestimmung versto/3en,~die das Vermitteln offentlicher Glilcksspiele untersagt. Zwar soli ein solches bis zum 31.12.2011 aus §4 Abs. 4 GlilStV folgendes Verbot gema/3 § 2 Abs. 3 1 S. 1 des ~iBremer Fortge/tungsgesetzes (BremG/il$tVG) a/s bremisches Landesrecht fortge/terii? Diese Vorschrift kann jedoch nicht angewandt werden, wei/ das Land Bremed~, seiner europarechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen ist. ... Zwar ist der GIQStV der Kommission am 21. Dezember 2006 notifiziert worden. Auch die in § 1 Bremi$,/ilStVG enthaltene Zustimmyng des Landes Bremen zum GlilStV stellt keinen ilber diesen[Vertrag hinausgehenden ndtifizierungspflichtigen lnhalt dar. Dies gilt allerdings nicht filr § 2; Abs. 3

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Page 14: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

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BremG/ilStVG, wonach ilber den 31.12.2011 hinaus der G/ilStV als b(emisches Landesgesetz fortgelten sol/. r

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Diese Vorschrift war nach Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 der lnformatioiJ,~richtlinie notifizierungspflichtig. Danach wird eine erneute Notifizierungspflicht ausgelq~t, wenn ,wesent/iche Anderungen"vorgenommen werden, die den Anwendungsbereich anf!ern, den ursprilnglichen Zeitpunkt filr die Anwendung vorverlegen oder Spezifikatiohen oder Vorschriften hinzufilgen oder verscharfen". Dies ist hier der Fall, denn § 2 Ab~. 3 S. 1 BremG/ilStVG andert den Anwendungsbereich im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Unterab,$,atz 3 der /nformationsrichtlinie. Mit der im bremischen Landesgesetz angeordneten Fortge({ung ilber den 31.12.2011 hinaus wird die ursprung/ich in § 28 Abs. 1 S. 1 G/ilStV vorgesehene zeitliche Befristung des G/ilStV auf den 31.1?2011 geandert, indem eine Fortgelt~ng ilber diesen Tag hinaus vorgesehen wird." · ?~ '

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43. Das OLG Bremen hat diese Auslegung der lnformationsrichtlinie nicht geteilt (OLG ~temen, 2 U 61/12, Urt. vom 12. Oktober 2012). Die faktische Fortgeltung des GIOStV als Lamt~sgesetz sei keine ,wesentliche Anderung". Dass Bremen nach Auslaufen des Staatsvertrage~ tor sich alleine die Regelungen des GIOStV als Landesrecht beschlossen habe, wirke sich niG.~t anders a us, als die in §' 28 Abs. 1 GIUStV als Option vorgesehene Verlanger:gng der Ursprungsregelung. -;

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44. Der BayVGH hat die Frage, ob das lnternetwerbeverbot (§ 5 Abs. 3 GIOSt~). wegen Missachtung der Notifizierungspflicht unanwendbar ist, in seinem Urteil vom 26. J;yni 2012 offengelassen. Aus ·seiner Sicht sind die Werbebeschrankungen von Sportwetten irtt~ Internet schon deshalb nicht

1Qerechtfertigt, weil die Bundeslander dam it in Wahrheit illegitim~1i Zwecke

vertolgen (BayVGH, 10 BV 09.2259, Rn. 55 ff.). :f; l

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4. Die deutsche Rech~prechung zum Erlaubnisvorbehalt ';!; 45.1n der deutschen Re~htsprechung und Literatur herrscht Einigkeit, dass die Strafb~lkeit der

Vermittlung von Spdrtwetten nach § 284 StGB wegen fehlender deutscher Erlau~pis nicht · losgelost von der unionsrechtlichen Beurteilung des gesamten Sportwettenrechts be~'ntwortet werden dart. Dies folgt aus der verwaltungsakzessorisch~n Natur des § 284 StGB (BQ[i, Urteil vom 16. August 2007, 4 StR 62/07, Rn. 21; OLG MOnchen, Urt. v. 26. September 20.06, 5 St RR 115/05, Rn. 59). Derjenige Anbieter von Sportwetten', der nicht zunachst eine beffi'ordliche Erlaubnis im Sinne von § 284 StGB beantragt und erhalten hat, ist daher nicht strafb~r. wenn die fehlende Erlaubnis auf einem unionsrechtswidrigen Rechtszustand beruht (BVertG}! Besch I. v. 3.9.2013, 1 BvL 7/12; Rn. 16). ·r~:

i~\ 46. Ob eine Untersagung wegen ,il/egalen G/ilcksspiels" als Grundlage tor die Strafbark~it allein

gestotzt auf den Erla!Jbnisvorbehalt ertolgen dart, wird dennoch von deutschen Geric~'ten und Behorden (sehr) unterschiedlich beurteilt und gehandhabt. Zwar hat der Gerichjshof in Placanica (Rn. 67 ff.) klargestellt, dass keine Sanktion. wegen des Fehlens einer l;:rlaubnis verhangt werden dart, wenn diese unionsrechtswidrig verweigert wurde. In den Urteilerj\Markus Sto/3 (Rn. 115) und Costa/Cifone (Rn. 43) hat der Gerichtshof dies wiederholt. Auc;~ haben zahlreiche deutsche. Gerichte in den vergangenen Jahren privaten Wettvermittl~rn und Wettveranstaltern Rechtsschutz gegen behordliche Verbote und strafrechtliche Sa'6ktionen gewahrt, weil das ~portwettenmonopl nicht gerechtfertigt sei. Dazu hat die An~·eklagte Beispiele aufgefi.ihrt. Auch das Amtsgericht Kempten (Richter am Amtsgericht Kogl) h~tisich so positioniert, weil eine rechtliche Moglichkeit zur Erlangung der Erlaubnis nicht bestE~ht; dies habe auch die Nachfrage der Polizei bei der Regierung der Oberpfalz gezeigt. ?~\

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47. Jedoch beurteilen deutsche Gerichte und Behorden, insbesondere die Staatsanwaltschaft und das Landgericht Kempten, das Fehlen einer deutschen Erlaubnis auch anders. Zwar wird jedenfalls seit den Urteilen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 weitgehend vpn allen

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Page 15: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

:, ' ' \'i~,f Gerichten anerkannt dass mit der Monopolisierung von Sportwetten illegitime Zweck~#?Jerfolgt werden (zuletzt: BV~rWG, Urt. vom 20.6.2013, 8 C 10.12, 12.12., Rn. 49 und 17.12, Rry;, 60 ff.}. Nicht nur zwischen privaten Anbietern und den Behorden, sondern auch _zwisc~,yn_ den Gerichten untereinander besteht \ aber seit Jahren Streit, welche umonsreq:h,thchen Konsequenzen daraus fOr behordliche Verbote und strafrechtliche Sanktionen zu zieh.~n sind, wie beispiel haft folgende Passage a us einem Urteil des VG Berlin vom 4. November 2gj1 0 (VG 35 K 75.09, S. 5) verdeutlicht: ~{!

,Der Klager kann nicht darauf verwiesen werden, zunachst eine Erlaubnis nach § ~·· Abs. 1 S. 1 des GIOStV zu beantragen (so wohl aber VG Regensburg, Beschluss vom ~0· April 2008- RO 4 S 08.252 -, Rn. 17; 19; insoweit jedoch ausdriicklich nicht bestatigl durch BayVGH Beschluss vom 8. Juli 2008 - 10 CS 08. 1364 -, Rn. 11: ,Die Antragstellet haben .. . die A~nahme des Verwaltungsgerichts, dass fOr Vermittler privater WettangeQote ein Er/aubnisverfahren~:bereit stonde,: mit gewichtigen Argumenten in Zweifel gezog~n. Sie haben zutreffend ausgefiihrt, da'ss das Erlaubnisv~rfahren nach § 4 Abs. 1 WGIOStV grundsatzlich nur tor Veranstalter und Vermittler staatlicher Wettangebote ge§bhaffen worden ist und dass nach § 4 Abs .. 2 S. 2 GIOStV in Verbindung mit § 10 Abs. 5 Gl(f.$tV die Erteilung einer solcf?en Erlaubnis an Vermittler privater Sport Wettangebote ausgesd~lossen ist. Die Veranstaltung von Sportwetten ist in Bayern ausnahmslos dem Freist~§!t oder juristischen Persorlen des 6ffentlichen Rechts oder privat-rechtlichen Gesellschaften, an denen juristische Personen des offentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar ma~geblich beteiligt sind, vorbehalten. Es besteht insofern weiterhin ein reines Staatsmonopo/, if;las die Vermittlung privater Wettangebote ausschlie!J.t. Das Genehmigungsverfahren fOr V(j(mittler staatlicher Wettangebote ist nicht: darauf angelegt, auch als Genehmigungsverfatl,ren fur Vermittler privater Wettangebote iu dienen, so dass die Antragsteller auch nicht ,tf;luf die DurchfOhrung dieses Verfahrens verwiesen werden k6nnten. ") §'

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Das Erlaubnisverfahren nach § 4 Abs. 1 S. 1 GIOStV ist demnach nur fiir (Wettverilgstalter und) Vermittler staatlicher Wettangebote geschaffen worden, die Erteilung einer Ef]aubnis an Vermittler privater Wettangebote ist nach § 4 Abs. 2 S. 2 i. V.m. § 10 Abs. 5 und}Abs. 2 GIOStV ausgeschlo~sen (dazu ausfuhrlich Urteil vom 7. Juli 2008- VG 35 A 149.07;-?Rn. 40 ff., sowie weitere Urteile; a.A.: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktobe~¥2010-0VG 1 S 154.10, Rn. 6 ff.). Es besteht auch keine M6gljchkeit, im Wege der Aus/egqhg das Genehmigungsverfahren des § 4 Abs. 1 S. 1 i. V.m. 'Abs. 2 S. 2 GIOStV fOr Vif/fmittler staatlich veranstalteter Sportwetten auch als ein Genehmigimgsverfahren fOr }(private . Wettangebote zu v.f5trstehen. . . . Zum einen wOrde ein Erlaubnisverfahren, das atich die Zulassung privater. yermittler einbezieht, weitere grundlegende gesetzliche Reg~(ungen erfordern, die das Gericht nicht fingieren kann (zum Gebot richterlicher ZurOckhalt{lng vgl. · OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - OVG 1 S 09, R'n. 14). Beispielsweise mOsste der Gesetzgeber klaren, ob der private Vermitt!dB eine "Annahmestelle" im Sinne des§ 3 Abs. 5 GIOStV betreilit, ob dann eine Er/aubnis fOfJ!hn nur iiber einen Antrag der DKLB zu erla,ngen ware (vgl. § 8 Abs. 1 AG GIOStV), ob die E/;teilung der so beantragten Erlaubnis mit der BegrOndung, es gebe bereits 1100 Annahm~stellen (der DKLB) in Berlin, abgelehnt wwden konnte (vgl. § 8 Abs. 1 AG GIOStV), odedpb der Betreiber einer Sportwetten-Annahmestelle eine gewerbliche Spielvermittlung im Sin:be des § 3 Abs. 6 GlilStV betreibt und dann schon deshalb die Einrichtung einer ol!tlichen Verkaufsste/le unzu/assig ware (v~/. § 13 Abs. 2 AG GIOStV), ob der Betreibe,~ einer Annahmestelle einf! vom Land ~erlin erteilte Erlaubnis des privaten (aus/andi$chen) Veranstalters nachweisen mOsste, u,nd- falls ja - nach we/chen vom Gesetzgeber uf(streitig nicht vorgesehenen Regelungen der Veranstalter diese Erlaubnis beantragen und e?-halten konnen sol/te, falls nein, aus welchem Grund nicht der Veranstalter wohl aber der Vetmittler eine Erlaubnis innehaben mOsste. ' :.;;

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Page 16: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

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DarOber hinaus,, ist ein hypothetischer Wille des Gesetzgebers, im F4Jie einer Unionsrechtswidrigkeit des G/ilcksspielmonopols ein Zulassungsverfahren f~r private Sportwett-Vermittler zu schaffen, nicht ansatzweise zu erkennen. Vielmehr ha!ii sich der Gesetzgeber ausdrOcklich und eindeutig in der gesamten Regelungsstruktur des q{OStV wie des Berliner AusfOhrungsgesetzes fOr ein staatliches Sportwettenveranstaltung{;monopol . n ausgesprochen. Eine hiervon abweichende, alternativ in eine andere Richtung;gehende Absicht ist dem Gesetzgeber im vor/iegenden Fall nicht zu unterstellen ... " ,.;,

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48. Kurz darauf hat sich das BVerwG in seinen drei Urteilen vom 24. November 201 OJ.•, mit dem Sportwettenmonopol befasst (BVerwG 8 C 13.09, 14.09 und 15.09). Die Verfahren 1~·09 und 15.09 betrafen die Vermittlung von Sportwetten im AnwendungsberEfjph der Dienstleistungsfreih~it, das Verfahren 13.09 aus Sicht des BVerwG nicht (ebenda,~~Rn. 84). Das BVerwG hat mit Blick auf die Carmen Media-Entscheidung in 8 C 14.09 und \15.09 die Urteile der Vorinstanzen (BayVGH) aufgehoben. Die Vorinstanz habe fehlerhaft nicHf gepruft, ob die gesetzliche Regelung und/oder die Anwendungspraxis in anderen G!Ocksspiel~~reichen die Verbraucher zur Teilnahme am Spiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in andeter Weise -insbesondere aus ft~kalischen lnteressen- auf eine Expansion gerichtet ist oder die~:~ duldet. Aus der Zuruckverweisung lieP., sich folgern, dass das bloBe Fehlen einer Erlaubnis ·~us Sicht des BVerwG nicht isoliert die Untersagung rechtfertigt, denn sonst hatte das BV~rwG die Vorinstanz bestatigt · ~.

49. Dennoch blieben die Gerichte weiterhin in zwei ·Lager .geteilt, die sich diametral g~benOber stehen. Das eine Lager meint, dass der Erlaubnisvorbehalt nicht isoliert von dem V~[bot des § 10 Abs. 2 und 5 GIOStV angewendet werden dart. Die. Fiktion eines Erlaubnisverfa_eyrens tor Private durch den Richter sei unzulassig. Das Erlaubnisverfahren des GIOStV ;lmd der AusfOhrungsgesetze sei auch nicht auf private Wettveranstalter und deren V~rmittler zugeschnitten, sondern nur auf die staatlichen Monopoltrager und deren V:ermittler. Beispielhaft sei auf das VG Berlin verwiesen, das an seiner Rechtsprechuf:j,g trotz entgegenstehender standiger Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg festhielt q[ld z. B. im Beschluss vom 22{ September 2011 (VG 35 L 344.11) austohrte: .:::

}\ ,Das Vermittlungsverbot fOr Sportwetten kann nicht auf formelle 11/egalitat gestiltzt~werden, wei/ eine erforderliche Erlaubnis fOr die streitgegenstandliche Tatigkeit nicht vorliege. Dies hat das BVerwG ausdrOckfich festgestellt (Urteil vom 24. November 2010- 8 C 113109 -, juris, Rn. 72). Zlivar hat es unmittelbar danach - als ,obiter dictum"- voi:i;: einem ,Erlaubnisvorbehalt" gesprochen, der unabhangig von der Wirksamkeit des sta,{!Jtlichen Sportwettenmonopo/s bestehe (8 C 13109, a.a.O., juris, Rn. 73). Gestiltzt hat e.s seine Entscheidung jedoch nicht auf das bloBe Fehlen der (in jenem Fall zwar beantragt~n, aber nicht bewil/igten) Erlaubnis, sondern auf den Mangel der Er/aubnisfahigkeit im Sinq,e eines normativen Verbotenseins (a.a.O., Rn. 72; ebenso Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 d}.j,4!10 -, Rn. 55) und die Revision sodann ausschlie8/ich wegen Versto8es gegen das ge~~tzliche Trennungsgebot in§ 21 Abs. 2 GlilStV zurOckgewiesen." ·!

50. Weiter sei beispielhaft auf folgende Gerichte verwiesen, die die Wettvermittlung im Anwendungsbereich des Unionsrechts als erlaubnisfrei ansehen: VG GieBen (z. 8.\t:Urt. v. 28.3.2011, 4 K 2687/10.GI; 4 K 2688/10.GI, 4 K 2689/10.GI}, VG Stuttgart (Urt. v. 16. 1,!~.2010, 4 K 3645/10 u.a.), LG Berlin (z. B. Beschluss v. 19.1.2012, 526Qs 42/11); VG Berlin (z.B. Urteil vom 30.11.2010, VG -~5 K 486.09 u.a.), VG Hamburg (Urt. v. 2.11.201 0, 4 K 1495/07, ~4 K 22-08 u.a.), VG Halle (Urt. v. 20.11.2010, 3 A 158/09), VG Koln (Urt. v. 24.3.2011, 1 K #)589-07 u.a.), VG Minden (Urt. v. 1.2.2011, 1 K 2346/07 u.a.), VG Bremen (Urt. v. 1 0.3.20~i1, 5 K 1919/09), VG Gelsenkirchen (Urt. v. 6.4.2011, 7 K 6737/08) VG Arnsberg (Be$chl. v. 15.10.2010, 1 L 700/10 u.a.). :<;:

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Page 17: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

51. Das LG Berlin hat die Strafbarkeit in einem Vorlagebeschluss an das BVerfG zur Kla,rung der Vereinbarkeit des Sportwettenmonoj:>els mit der Verfassung (Vorlagebeschluss vom 1;~. Januar 2012, Az.. 526 Qs 8/11) wie folgt verheint: ~~:

, 157. Entgegen der zum Teil in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. 0\{.G Berlin­Brandenburg, Besch/uss vom 26. 'Oktober 2010, OVG 1 S 154.10; OVG MOnster, ~.eschluss vom 22. Marz 201,1, 4 B 48111; QVG Niedersachsen, Beschluss vom 11. Novemfi,er 2010, 11 MC 429110, Rn: 23; OVG Sachsen, Beschluss vom 04. Januar 2011, 3 B 5071Qp, Rn. 5; VG Saarlouis, Urteilvom 28. September 2011, 6 K 1081110, Rn. 60 ff.; a.A.- entsprechend der von der Kammer vertretenen Auffassung - VG Berlin, Besch/uss vom 04. f\Jpvember 2010, 35 K 88.09, ,Rn. 17 ff.; VG Aachen, Besch/uss vom 17. Juni 2011, 6 L 49511Q1; Rn. 20; VG Minden, Urteit' vom 07. Februar 2011, 1 K 2835107, Rn. 79; VG Koln, Urteift;;vom .18. November 2010, 1W 3293107; VG Halle, Urteil vom 11. November 2010, 3 A 1S~f09; VG Hamburg; Urteil vom 05. November 2010, 4 K 350108; VG Arnsberg, BeschlussiJ[vom 1 !). Oktober 2010, 1 L 700110) weist der Erlaubnisvorbehalt in§ 4 Abs. 1 Satz 1 GJOSt,~y keinen sog. gestuften Rege/ungsgehalt auf, der sich dergestalt von der Frage der Wirksaifikeit des Sportwettenmonopols trennen li~/3e, dass die feh/ende Erlaubnisfahigkeit auch ~f.lein auf die besonderen Zulassungskriteiien und die Zuver/assigkeitsprOfung in § 7 A~;l GJOStV gestotzt werden konnte. . . . •':

159. Allerdings ist der Erlaubnisvorbehalt gema/3 . § 4 Abs. 1 GJOStV vom Gesetz~~ber a/s Mittel eingesetzt worden, · um das · staatliche Wettmonopo/ konkret auszugesta{ten und abzusichem, indem der Kreis der moglichen Veranstalter von Sportwetten von VQfnherein aussch/ie/3/ich aufstaatliche Stel/€jn beschrankt wurde. Die besonderen Zulassung~/{riterien und die Zuver/assigkeitsprOfung Werden nur auf diesen beschrankten Kreis ang~wendet (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 17. Juni 2011, 6 L 495110, Rn. 20- juris). Damit $teht die PrOfung der Einhaltung der Wettmonopolrege/ung nicht neben der Frage, ob darObii,f; hinau's auch die weiteren Erlaubnisvoraus$efzungen vorliegen." ;}!!

52 Hierzu ist anzumerken; dass das BVerfG in einer Entscheidung vom 3. September 20f~ (1 Bvl 7/12) diese Vorlage nicht zur Entscheidung angenommen hat. Sie sei unzulassig, weH,\daraus nicht hervorgehe, ,dass das vorlegende Gericht sich in ausreichender Weise mit dfi.~ fOr die Frage der Entscheidungserheblichkeit ma/3geblichen Rechtslage nach dem Rf{qht de·r Europaischen Union auseinandergesetzt haf' (BVerfG, .Rn. 15 ff). Die AusfOhrung·~n. das Sportwettenmonopol verstoBe zwar gegen Unionsrecht, der tOrkische Angeschuldigt§' konne sich hierauf aber nicht berufen, seien mit Blick auf das Effektivitatsgebot und die G~mbe//i-Entscheidung nicht zwingend. · ~':

53. Auch das VG Stuttgart, das mit Beschluss vom 24. Juli 2007 den EuGH angerufe~ hatte, urteilte im Anschluss an Markus Sto/3 !J.a. durch Urteil vom 16. Dezember 2010 (Az.. 4 ~;3645), dass eine Sanktion oder Untersagung bei Unanwendbarkeit des Sportwettenmonopd:ls nicht allein auf formelle 11/egalitat gestutzt werden kann. ·~·

,Die Untersagungsv,erfOgung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint -;~mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschent Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle 11/ega/itat). Denn wie bereits ausgefOhrt~:wurde, ist § 9 GJOStV wegen Unionsre¢htswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserh~ltende Reduktion ihres lnhalts dergestalt, · dass die Vorschrift - solange eine Genehmigurifl nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum SportwettenmJ;mopo/ (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 G/OstV) eine UntersagungsverfOgung rechtferi}ge, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht moglich (so im Ergebnis auch VG Hajje, Urt. · v. 11.11.2010, a.a.O. Rn. 190; VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, a.a.O. Rn. 55 ff.)~'Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsatzen des Urteils des ElfiGH in seinem Urtei/ vom 06. 03.2007 (C-338104, Placanica, Rn. 67) ... " !~

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54. Das VG Koln erganzt im Urteil vom 24. Marz 2011 (1 K 4589/07), dass der auf die ~!aatlichen Wettveranstalter und ihre Vermittler zugeschnittene Erlaubnisvorbehalt unabhangigf,;von dem Monopol nicht den Anforderungen des EuGH gerecht werde. (Rn. 92 ff.): '/:

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,Der Er/aubnisvorbehalt muss nach den Vorgaben des EuGH auf objektilf:(:m, nicht. diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen. Ferner muss ein;i,effektiver Rechtsbehelf offen stehen, vgl.: EuGH, Urteil Carmen Media, a.a.O., Rn. 87; Koefi!ig!Bache, ZfWG 2011, 7 ff.)., Diesen Anforderungen wird der Erlaubnisvorbehalt nicht gerecht~; So ,sol/" nach § 4 Abs. t S. 2 GIOStV AG NRW zwar die Er/aubnis erteilt werden, 1'wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 erfO/It sind. § 4 Abs. 1 S. 1 GIOStV AG NRW beinh~Jtet aber zum Teil Negativkriterien, deren ErfO/Ibarkeit fOr den Erlaubnissuchenden nich,( objektiv bewertbar sind, vgl. Koenig/Bache, a.a.O .. Dies betrifft vor a/lem die Ziffern 1, 5 qpd 6 des § 4 Abs. 1 S. 1 GIOStV AG NRW FOr den privaten Erlaubnissuchenden ist (j,ort nicht transparent dargelegt, welche Anforderungen an ihn gestellt werden. Die Frage, o'k eine an ihn ertei/te Erlaubnis der Zielsetzung des GJOStV (1) zuwiderlauft, b/eibt fOr dentf;inze/fa/1 unklar. Schlie/31ich wird ein effektiver Rechtsschutz durch § 4 Abs. 2 S. 3 GIOStVjf, wonach kein Anspruch auf. Erteilung einer Erlaubnis besteht, erheb/ich reduziert und,Q;steht in gewissem Widerspruch · zur ermessenslenkenden Wirkung der ,So/1-Regelung}; in § 4 Absatz 1 S. 2 GIOStV AG NRW." ~;,,

r0 55. Die Sichtweise, dass.,der Erlaubnisvorbehalt unanwendbar ist, weil mit dem Monopol \i!tegitime

Zwecke verfolgt werden, teilen die oberen Verwaltungsgerichte (,VGH", ,OVG") aucht~seit den Urteilen des Gerichtshofs vom September 201 0 und des BVerwG vom November 20~ 0 nicht. Sie fingieren ein Erlaubnisverfahren fOr private Wettveranstalter, in welchem di~ser bei ErfOIIung der Vorg~ben fOr die staatlichen Monopoltrager und deren Annahrnestellen theoretisch eine Erlaubnis bekommen konnte. Dann profen die oberen Verwaltungsgerl:chte, ob private Veranstalter oder Vermittler ungeachtet des Verbots des § 10 Abs. 5 GIOStV ~Dter den Bedingungen, die der GIOStV und die AusfOhrungsgesetze fOr die Monopoltrager u~~ deren Vermittler vorsehen, theoretisch eine Erlaubnis bekommen konnten. Diese ~(fiktive) ,Erlaubnisfahigkeit" wird stets verneint. Dies wird in dem unterstellten Lizenzierun9;~modell u. a. damit begrOndet, dass der Wettveranstalter nicht die Vermarktungsbeschrankungt:m oder die Bestimmungen Ober Art und Zuschnitt einhalt, die der GIOStV fOr die Monopoltr~ger zur Rechtfertigung des Monopols vorgesehen hat. So heiBt es z. B. beim OVG Niedersac.~sen im Beschluss vom 11. November 2010 (11 MC 429/1 0): :~,j!

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,In welchem Umfang damit die §§ 3-7 GIOStV, insbesondere auch die einschran"kenden Werberege/ungen in § 5 GIOStV, im Einzelnen fOr private Veranstalter von Spoftwetten Geltung beanspruchen, kann und muss im vorliegenden Verfahren nicht abschlie/3end geklart werden. Jedenfalls haben . . . zumindest das Verbot der VeranstaltufJg von Sportwetten im Internet sowie das Verbot von Livewetten ... Bestand. 1st aber die 7{atigkeit des jewel1igen Wettveranstalters unter diesen Umstanden nicht erlaubnisfahig, so istVwegen der ausdrOcklichen Akzessorietat auch das Vermitteln unzulassig." (OVG, Rn. 35). ~;:

56. Auch das OVG Berlin-Brandenburg meinte, dem Wettvermittler dOrfe die Dienstleistungsfreiheit ·•· dauerhaft und vollstandig verboten werden, weil Veranstalter vermittelt, der Live- oder lnternetwetten anbietet:

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,Erganzend ist nunmehr zu verdeutlichen, dass neben dieser forme/len 11/egali{at die erforder/iche, von Berliner Behorden zu erteilende Erlaubnis fOr die vorliegende Bet~tigung der unter der - wiederum unterstellten - Voraussetzung, dass hier auch gewerblicfJ: tatige private Veranstalter zugelassen werden konnten, auch materiel/ nicht erteilt werder1; kann. Das Verbot der Veranstaltung im Internet wie auch nach naherer Betrachtung der T,~tigkeit im Einzelnen die Beschrankung von Sportwetten auf den Ausgang von Sportereighissen und das Verbot von Live-Sportwetten fOhren dazu, dass die Veranstaltung ;zn der vorliegenden Form voraussichtlich nicht erlaubnisfahig ist. . . . .:''

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Kann dem Wettveranstalter nach a/ledem die erforderliche Er/aubnis nicht e~eilt werden, gilt dies erst recht filr die von der Antragstellerin ausgeO,bte Vermittlungstatigkeit. Auch sie ist nicht erlaubnisfahig, wenn sie auf Wettabschlq§se bei einer nichter/aubnisfahigen (Internet-) Veranstaltung zie/t. . .. Die Untersagung~C/er ohne Erlaubnis ausgeilbten - forme// il/ega/en - und auch materiel/ voraussichf!fch nicht erlaubnisfahigen Tatigkeiten der Antragstellerin, die diese offenbar in Kennrnis und unter Negierung der Ertaubnispflicht . zu realisieren sucht, erweist sich i:bei summarischer Prilfung als rechtmal3ig. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheq'[?n, dass die Tatigkeiten des Veranstaltens und des Vermittelns von Sportwetten ohnet"pie erforderliche Erlaubnis nach § 2~4 StGB strafbewehrt sind und der Versto/3 ge&en Strafvorschriften eine Storung d~r offentlichen Sicherfleit darstellt, ... " (OVG Bem)n-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010, 1 S 154.10. !'}

57. Das BVerwG anderte ab Juni 2011 seine Rechtsprechung in den Urteilen vom 24. N$vember 2010, die dahin verstariden worden war, dass der Erlaubnisvorbehalt nicht isoliert arlwendbar ist. In Urteilen vom 1. Juni bzw. 11. Juli 2011 (8 C 2.10 und 8 C 4.10, Rn. 55 sowie 8~(p 11.10, Rn. 53) meinte der 8. Senat beim BVerwG: ,.,.

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,Der Erlaubnisvorbehalt rechtfertigt eine vollstandige Untersagung nur bei Feh'/en der Erlaubnisfahigkeit; bei Zweifeln ilber die Beachtung von Vorschriften ilber die Art uA~ Weise der Gewerbetatigkeit kommen zunachst Nebenbestimmungen in Betracht. Sch/ie~lich hat der Beklagte sein Ermessen nicht mit Blick auf d[e nunmehr angemhrten re~ptlichen Gesichtspunkte ausgeilbt. Ermessenserwagungen konnen im gerichtlichen Verfaq(en nur erganzt, aber nicht vo/lig ausgewechselt werden (vg/. §114 Abs. 2 VwGO; Re'qnert in: Eyermann, VwGO l)ommentar, 13.! Auf/. 2010, §114 Rn. 89 m.w.N.)." :;:,

58. Obwohl das BVerwG ·den Erlaubnisvorbehalt nunmehr trotz der fehlenden Rechtfertig~mg der Sportwettenmonopols als isoliert anwendbar beurteilte, tohrte diese geanderte RechtsR:[~chung aufgrund der AusfOhrungen zum Ermessen der Verwaltung im Ergebnis dazu, daSS1:ifi!uf das Sportwettenmonopol gestotzte Verbote auch von den oberen Verwaltungsgerich,~en als rechtswidrig beurteilt wurden. Wei I . Ermessenserwagungen nur erganzt, aber nic~·t vollig ausgewechselt werden dOrfen, war· es nicht moglich, im laufenden Verfahren a~~ einer VerbotsverfOgung eine VerfOgung zu. konstruieren, die auf die fehlende Erlaubnisfahjgkeit in einem fiktiven Lizenzierungsmodell gestotzt wird. So fOhrt z. B. der vierte Senat befm OVG MOnster im Urteil vom 29.11.2011 (4 A 17/08) aus: ;;

,Denn der Er/aubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 S. 1 GIOStV dilrfte auch unabhangig ;~on der Wirksamkeit des Sportwettenmonqpo/s Anwendung finden. . . . Dieser Umstand h~Jte den Ermessensspielraum der Bek/agten aber nicht auf die getroffene Entscheidung ~erengt. Nach den Urtei/en des BVerwG v9m 1. Juni, denen der Senat- insoweit unter .{fufgabe seiner bisherigen Rechtsprechimg in einsch/agigen Verfahren des voi{?ufigen Rechtsschutzes- zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit folgt, rechtfertigl der Erlaubnisvorbehalt eine vollstandigift Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfahigl<eit; bei Zweifeln Ober die Beachtung von Vprschriften Dber die Art und Weise der Gewerbeil!Jtigkeit . ~ . kommen zunachst Nebenbestimmungen in Betracht. . . . "

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Dementsprechend lagen die Voraussetzungen fOr eine Ermessensreduzierung a}J,f Null vorliegend a/lenfa/ls vor, wenn die . Vermittlungstatigkeit der K/agerin schlechterdingp nicht er/aubnisfahig gewesen ware, a/so hicht einmal teilweise undloder mit Nebenbestimrfiungen hatte er/aubt werden konnen. Dafilr sind indes keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. . .. Vielmehr ergibt sich aus den vorgenannten Urteilen des BVerwG, d$ss die Frage der Erlaubnisfahigkeit im Unt~rsagungsverfahren von der Behorde zu klaren istt" ...

59. Auch der BayVGH ist dem BVerwG gefolgt. Zwar erfasse der Anwendungsvorrang n~r das Monopol und nicht den in § 4 Abs. 1 s .. 1 GIOStV geregelten Erlaubnisvorbehalt. Auch Q'~nOge der Erlaubnisvorbehalt den unionsrechtlichen Anforderungen, weil das im GIOStV no[jnierte

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Page 20: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

' ~ System auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubf).!skriterien beruhe und eine rechtsstaatlichen Anforderungen genugende verwaltungsgerichtlich~1 Kontrolle gewahrleiste (BayVGH, z. B. Beschluss vom 27. Januar 2012, 10 CS 11.2158, Rn. ~3 ff.). Ein vollstandiges Verbot sei aber nicht gerechtfertigt, weil bei Zweifeln Ober die Erlaubri{sfahigkeit zunachst Nebenbestimmungen in Betracht kommen (vgl auch BayVGH, Urt. v. 15.51~2012, 10 BV 10.2257; Beschluss vom 26.1.2012, 10 CS 11.1889). ·

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60. Obwohl also das Unionsrecht unterschiedlich ausgelegt wurde, kamen ab den Urt~ilen des BVerwG vom Juni/Juli 2011 beide Lager in der Rechtsprechung zu dem Ergeb'his, dass behordliche Verbote und Sanktionen wegen ,unerlaubten G/Ocksspiels" rechtswi~rig sind. Allerdings stutzen die oberen Verwaltungsgerichte dieses Ergebnis nicht :i{auf die unionsrechtliche Unanwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts, sondern fingieren wei{erhin die theoretische Moglichkeit der Erlaubniserteilung an private Wettveranstalter und prufen)'dann die Erlaubnisfahigkeit auf der Grundlage der Beschrankungen des GluStV ;~nd der

. d:···

Ausfuhrungsgesetze (vgl. VGH Mannheim, Besch!. v. 31.08.2011; Az.: 6 S 1695/11). f!~ 1~~~:

61.1n mehreren Urteilenvon Mai 2013, die fUr beide der vorliegenden Tatzeitraume relevant sind, anderte das BVerwG jedoch seine Rechtsprechung von Juni/Juli 2011. Jene Urte!]le seien missverstanden worden. Die deutschen Stellen durften die Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten ohne deutsche Erlaubnis auch im Anwendungsbereich der Dienstleistun~·sfreiheit ,praventiv" vollstandig und dauerhaft verbieten; es bestehe keine PfliSht der Untersagungsbehorde, eine unerlaubte Tatigkeit bis zur f:<Jarung ihrer Erlaubnisfahigk~it durch die Erlaubnisbehorde zu dulden (BVerwG, Urteile v. 16. Mai 2013, 8 C 14.12, 15.1?,~. 16.12 u.a.). :\

') .. ;· 62. Diesen Urteilen lagen Urteile des BayVGH zu Grunde, die zu Gunsten privater Vermittler

ergingen (BayVGH, Urt. v. 12.1.2012, 10 BV 10.2271; 10 BV 10.2505 bzw. v. 24.1.201@, 10 BV 1 0.2665). Der BayVGH hatte die Rechtswidrigkeit von Verboten in Anwend6ng der Rechtsprechung des BVerwG vom Juni/Juli 2011 bestatigt und die Revision nicht zugelassen. Das BVerwG hat die Revision dann durch Beschlusse vom 24. Mai 2012 (BVerwG 8~8 33.12

l'j

u.a.) mit folgender Begrundung zugelassen: ~·: . ~~

, /m Revisionsverfahren w/rd voraussichtlich u. a. zu klaren sein, ob die Vereinbark~it des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem unionsrechtlichen KoharenzerforderPIIs von einer Folgenabschatzung im Sinne einer Wanderbewegung hin zu liberaf~r geregelten andereh G/Ocksspielbereichen abhangt und ob der g/Ocksspielrechtlicl]e Erlaubnisvorbehalt: gem. §4 Abs. 1 GIOStV eine vollstandige Untersagung d_er Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten nur rechtfertigt, wenn die fehlenf/e Erlaubnisfahigkeit umfassend und absch/ie/Jend festgestellt worden ist. " W

I ~

63. Das BVerwG hob die Urteile des BayVGH auf und wies die Klagen der Wettvermi,ftler als unzu/assig ab. Es fehle ein Feststellungsinteresse. Seine Formulierung in den Urteil~n vom Juni/Juli 2011, wonach der Erlaubnisvorbehalt eine vollstandige Untersagung ,nur" beiJ,Fehlen der Erlaubnisfahigkeit rechtfertige, andernfalls kamen Nebenbestimmungen oder Aufl~gen in Betracht, ,mag An/ass zu Missverstandnissen" gegeben haben. Das BVerwG habe abe-r keine Pflicht der Untersagungsbehorde behaupten wollen, eine unerlaubte Tatigkeit bis zur ~larung ihrer Erlaubnisfahigkeit zu dulden (BVerwG, 8 C 16.12, Rn. 56). .:i

i' ., 64. Die Urteile des BVerwG vom Mai 2013 wurden erst Mitte August 2013 veroffentlicht. Si~~haben

aber Bedeutung fUr vergangene und zukunftige Sachverhalte. Ausweislich der AntWprt der bayerischen Landesregierung auf eine Anfrage im Landtag (16. Wahlperiode, Druc~sache 16/16947) ist uberdies zu erwarten, dass sich Freistaat Bayern im Ausgangsverfahren qhd vor dem Gerichtshof auf diese Rechtsprechung beruft. Daher ist auf die Urteile des BVerW~ vom Mai 2013 am Beispiel der Sache 8 C 16.12 vertieft einzugehen: '''

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2~~~ ·.II :~.: ·(:0,

:~* i~r 1~1:

Page 21: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

65. Der Ausgangssachverhalt betraf das (,Fortsetzungs-,)-Feststellungsinteres~~ eines Wettvermittlers, der durch eine unio~srechtwidrige VerbotsverfOgung, die mit dem Vdrwurf der objektiven Strafbarke.it seines Gewerbes verbunden wurde, jahrelang bei der Vermi~l.ung von Sportwetten behindert worden wa.r. Die VerbotsverfOgung hatte die Behorde efann auf schriftliche Empfehlui1g des BVerw(3 zeitlich auf den 1. Juli 2012 begrenzt. Der i~lagende Vermittler konnte deshalb in der mOndlichen Verhandlung im Marz 2013 nicht ·~ehr die Aufhebung der VerbotsverfOgung, sondern nur noch die Bestatigung ihrer Rechtswid!-lgkeit fOr die Vergangenheit erreichen. DaWr ist (auch) nach deutschem Recht ein ,bet~chtigtes Interesse" notwendig (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO; vgl. EuGH, Abdulbasit). Die \{orinstanz (BayVGH, 10 BV 10.2665) hatte <;lieses Interesse tor die Vergangenheit bejaht. ·:;Y'Jeil die VerbotsverfOgung mit dem Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens (§ 284 StGB) fi:!mmerzu verbunden gewesen ist, bestehe ein Rehabilitierungsinteresse. Auch folge ein Feststellungsinteresse aus dem durch das Unterlassungsgebot bewirkten tiefg'i~ifenden Eingriff iri Grundrechte (BayVGH, Rn. 53). '

66. Das BVerwG verneinte ein Feststellungsinteresse. Der Vorwurf objektiver Strafbar~eit nach § 284 StGB sei nich{geeignet, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen ($VerwG, 8 C 16.12, Rn. 25; kritsch, Huber, NVwZ 2013, 1488, 1489). Dem tiefg~~ifenden Grundrechtseingriff sei GenOge getan, weil der Verniittler vor den Verwaltungsg'erichten prozessieren konnte (BVerwG, Rn. 29 ff.). ;}"

67. Ein berechtlgtes Interesse folge auch nicht aus der Erwagung, eventuell nach Bestati~ung der Rechtswidrigkeit der Verbotsverfugung durch die Verwaltung~gerichte StaatshaftungsansprOche vor den gemaB Art. 34 GG und § 40 Abs. 2 VwGO zuS,(andigen Zivilgerichten geltend zu machen. StaatshaftungsansprOche seien offensichtlich aus*_ichtslos, ,ohne dass es insoweit einer ins Eihzelne gehenden PrOfung bedOrfte" (BVerwG, R~.· 44 ff.). FOr den Zeitraum nach den Urteilefl des EuGH fehle es zwar nicht an einem qu~;lifizierten VerstoB, aber an einem kausalen Schaden. Die Behorde habe eine inhaltlicti1 gleiche VerbotsverfOgung auf den Erlaubnisvorbehalt stotzen konnen. Es stehe auch nicht f~st, dass die Untersagungsbehorde hierv6n abgesehen hatte (BVerwG, Rn. 52). Das VerhaltnismaBigkeitsgebot verpflichte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tatigkeit zu dulden. Das ware, sodas BVerwG, ··:

.· ~

,nur anzunehmen, wenn die forme// illegale Tatigkeit die m~teriellen Erlaubnisvoraussetzungen mit Ausnahme der moglicherweise recht~widrigen Monopolvorschriften - erfOIIte wid dies fOr die Untersagungsbehorde im Zeitp~hkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d. h. • ohne weitere PrOfung erkennbar war. . . . Verpl.eibende Unklarheiten oder · Zweifel an der ErfOI/ung der nicht monopolabp{jngigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten. In diesem Faflilwar die Untersagung notwendig, die Klarung im Er/aubnisverfahren zu sichern und zu withindern, dass durch die uherlaubte Tatigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und urif:JeprOfte Gefahren verwirklicht wurden." (BVerwG, Rn. 56). f~,

68. Die VerhaltnismaBigkeit sei auch nicht infrage gestellt, weil nach der Rechtsprech;~ng des Gerichtshofs keine Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig voren{ljaltenen Erlaubnis verhangt werden dOrfen. Das Unionsrecht schlieBe, so das BVerwG unter ~erufung auf das Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2013 in' der Rs. Stanleybet u.a. (C{j 86/11 }, ,eine ordnungsrechtliche praventive Untersagung bis zur Klarungf der - monopolunabhangigen - Erlaubnisfahigkeit nicht aus. Insbesondere verlange Unionsf.echt bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst Recht keine sofortige - Offnung des.:Marktes fOr aile Anbieter ohne jede praventive Kontrolle. Es stehe dem Mitgliedstaat in einer:.solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich tor eine Liberalisierung des Markt~ugangs zu. entscheiden. Das Unionsrecht vermittle keinen Anspruch auf Duldung einer uneJ'Iaubten Tatigkeit bei Unanweridbarkeit der Monopolregelung (BVerwG, Rn. 57). :s:

·;~1 .. ~.; \i

Page 22: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

'1:.. '.

69. Die unionsrechtliche Verhaltnismal1igkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalt~~ fOr den Fall, dass die Betroffenen keine Moglichkeit hatten, eine Erlaubnis zu erlangen, bedOffe keiner ,naheren" PrOfung. Der Freistaat Bayern habe namlich die Entscheidungen des E~GH vom September 2010 zurn Anlass genommen, das Erlaubnisverfahren nach Art. 2 BayAG($JOStV fOr private Anbieter und die Vermittler an diese zu offnen; dies sei eine ausreichende g~setzliche Grundlage, weil der Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols durch Nichtanwef,(lden der monopol- und monopolakzessorischen Regelungen Rechnung zu tragen war (BV~}wG, Rn. 58). ~~i!!

70. Diese Rechtsprechung erging zwar im Rahmen der eigentlich den Zivilgerichten zug~~iesenen PrOfung der Staatshaftung und aul1erdem nur als Vorfrage fOr ein (Forts~tzungs+ Feststellungsinteresse. Auch scheint das BVerwG von einem unzutreffenden S~phverhalt ausgegangen zu sein. Mit Blick auf das Schreiben des Bayerischen lnnenministerium§ vom 27. September 2010 erscheint die Unterstellung, der Freistaat Bayern habe die U~eile des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass fOr die Eroffnurl§ eines unionsrechtkonformen Erlaubnisverfahrens genommen, sachlich unrichtig. D~nn das Bayerische lnnenministerium vertrat im September 201 0 die Ansicht, qass die Monopolregelung weiter anzuwenden sei (Seite 9 des Schreibens, Blatt 18 d. Akte). :f.uch der BayVGH und das Amtsgericht Augsburg haben, wie der Vertreter der Angeklagten vo~getragen hat, kein ergebnisoffenes Erlaubnisverfahren in Bayern erkennen konnen. ':;

71. FOr eine sachgerechte Entscheidung der beiden Ausgangssachverhalte und {~hnlicher Sachverhalte ist es aber wesentlich, dass der Gerichtshof Ober die dargelegte Entwic~lung der Rechtsprechung des BVerwG informiert ist und das Unionsrecht in diesem Zusamwenhang unabhangig von der Frage auslegt, ob ein Erlaubnisverfahren dem Grunde nach et9ffnet ist oder nicht, denn dies.kann unter Umstanden auch nur eine Frage des Blickwinkels setfi,.

f'•

72. Zu den Urteilen des BVerwG vom Mai 2013 gibt es schon Entscheidungery oberer Verwaltungsgerichte. · Das OVG Koblenz hat mit Urteil vom 10. September 20~ 3 (6 A 10447/13.0VG) Rechtsschutz gegen eine VerbotsverfOgung unter Hinweis auf di~;. Rs. C-186/11 mit dem Argument verweigert, es komme nach der neuen Rechtsprec~gng des BVerwG nicht auf die von der Behorde zu prOfende £rlaubnisfahigkeit an, solar;l,ge nicht ,offensichtlich" ist, dass die materielle Legalitat vorliegt oder mit Nebenbestirf:fmungen gesichert werden kann. Auch das OVG Sachsen-Anhalt. hat mit Beschluss vom 8. N()vember 2013 (3 M 244/13) eine UntersagungsverfOgung mit dem Fehlen der Vermittlungs~rlaubnis bestatigt, auch wenn eine Veranstalterkonzession als Grundlage tor eine Vermittlungs~rlaubnis bisher nicht erhaltlich ist, weil das Konzessionsverfahren fOr Sportwetten faktisch r,uht. Das OVG SA fOhrt aus: I'

,Insbesondere verpflichtet der Verhaltnisma/3igkeitsgrundsatz die Behorde nicht, Jpn einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tatigkeit auf zeitlich unabsehbar~· Zeit zu dulden. Dies ware nur anzunehmen, wenn die forme/1 ilfegale Tatigkeit die mliterieflen Erlaubnisvoraussetzungen erfillft und dies filr die Untersagungsbehorde im Zeitptl,f)kt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere PrOfung erkennbar war . ... Verb{t;Jibende Unklarheiten und .Zweifel an der Erfillfung der Erlaubnisvoraussetzungen rechifertigen dagegen ein Einsc/;lreiten." ;),,,

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' -~~\"

~~~~.\ IV. Die deutsche Rechtslage wahrend des zweiten Tatvorwurfs (13.4.2012,\,•-7.11.2012), die wesentlichen Ziige des Konzessionsverfahrens und die Tendenzert}ljn der deutschen Rechtsprechung · ~

73. Soweit der zweite Vorwurf in die Zeit vor dem 1. Juli 2012 fallt, gelten die vorst~henden Darlegungen entsprechend. Iii!

:· .. ·}

Page 23: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

~t t·lg ·1:~·

·i!1 74. Der zweite Tatvorwurf fallt aber zum Teil unter die Recht.slage nach dem GluAndStv·;~i:der zum

1. Juli 2012 in 13 von 16 Bundeslandern in Kraft getretenen ist. Der GIOAndStV ist ii;l Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getreten (GVBI. 2012, S. 318), in zwolf weiteren Bund4$1andern ebenfalls zu diesem Datum, in BadE:m-WOrttemberg zum 29.11.2012, in Nordrhein-Westfalen zum 1. Dezember 2012 und in Schleswig-Holstein zum 8. Februar 2013. Die von scihleswig­Holstein vergebenen Erlaubnisse fur iSportwetten und Casinospiele, die sowohl den st~tionaren Vertrieb als auch den lnternetvertrieb umfassen, wurden nach dem Beitritt Schleswig-~olsteins zum GIOAndStV aller~ings nicht aufgehoben. f~

75. § 4 Abs. 1 und 2 GIOAndStV Iauten: ~;;,

,(1) Offentliche GIOcksspiele dO(fen nur mit Erfaubnis der zustandigen Beh4tde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und das V.l;trmitte/n ohne diese Erfaubnis (unerfaubtes GIOcksspiel) sowie die Mitwirkung an ZahiLi~gen im Zusammenhang mit unerfaubtem GIOcksspiel sind verboten. ,1~

(2) Die Erlaubnis · ist zu versagen, wenn das Veranstalten oder das Vermitfeln des , - -~.A '

Glilcksspiels den Zielen des § 1 'zuwider/auft. Die Erlaubnis darf nicht fur das Vermitteln nach diesem Staatsvertrag nicht erlaubter GIOcksspiele erteilt werden. Auf die Erte~~ng der Erlaubnis besteht kein Rechtsanspruch." i:•i•

76. In § 10 Abs. 1 GluAndStV wird Glupksspiel weiterhin als ,ordnungsrechtliche Aufg~:Pe" der Lander definiert. Die Bundeslarider haben ein ausreichendes Glucksspieliimgebot ,sicherzustellen". In§ 10 Abs. 2 und Abs. 6 GIOAndStV ist das staatliche Monopol bei ffiotterien und Sportwetten geregelt: ·

,(2) Auf gesetzlicher Grundlage konnen die Lander diese offentliche Aufgabe selbst, durch eine von allen Vertragslandern gt?meinsam gefOhrte offentliche Anstalt, durch ju[istische Personen des offentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, aif;. denen juristische Personen des offentlichfm Rechts unmittelbar oder mittel bar ma/3geblich ':peteiligt sind, erfilllen." · · ~ .

.. ~;I:

,(6) Anderen als den in den Abs. 2 und 3 Genannten darf nur die Veranstaltqbg von Lotterien und Ausspielungen nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts erlaubt wiJI;den.

', :. -~0!

.,77. Neu ist eine ,Experimimtierklausel fiir Sportwetten" (§ 1 Oa): ~r,

,(1) Um eine bessere Erreichung der Ziele des§ 1, insbesondere auch bei der Bektf,lppfung des in der Evaluierung festgestellt~n Schwarzmarktes,. zu erproben, wird § 10 Ab~: 6 auf das Veranstalten von Sportwetten fOr einen Zeitraum von sieben Jahren ab lnkrafttrfilen des ersten GIOAndStV nicht angewandt. ~~

. ~

(2) Sportwetten dOrfen in diesem Zeitraum nur mit einer Konzession §§4a-4e) veranstaltet werden. · • \:!;

(3) Die Hochstzahl der Konzessionen wird auf 20 festgelegt.

( 4.) Die Konzession gibt dem Kontessionsnehmer nach MafJgabe der gema/3 § 4c;iAbs. 2 festgelegten /nhalts:.. und NebenbeS,timmungen das Recht, abweichend vom Verbot 'C!f.es § 4 Abs. 4 Sportwetten im Internet zu veranstalten und zu vermitteln. § 4 Abs. 5 un& 6 ist entsprechend anzuwenden." . . . · i1:

78. § 1 Oa GIOAndStV sieht die Nichtanwendu~g des § 10 Abs. 6 fOr sieben Jahre ab lnkra*reten, also bis zum 30. Juni 20.19 vor. Der QIOAndStV hat gemar1 § 35 Abs. 2 eine urn zwe~;jJahre langere Laufzeit, also bis zum 30. Juni ·2021. ;,;

~~1

79. Die Konzessionspflicht gilt zunachst f'IUr fOr nichtstaatliche Wettveranstalter. FOr die ·~bereits tatigen 16 staatlichen Veranstalter gilt .die Konzessionspflicht gemar1 § 29 GluAndStV ~fst ein · Jahr nach Erteilung der Konzessionen: · ;A~

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2~,

Page 24: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

,(1) Die bis zum lnkrafttreten dieses Staatsvertrage~ erteilten Erlaubnisse der v~ranstalter im Sinne des § 10 Abs. 2 und 3 und die ihnen nach Landesrecht gleichstehenden Befugnisse gelten- auch wenn im Bescheid eine kOrzere Frist festge/egt ist- biS zum 31. Dezember 2012 1. als Erlaubnis mit der MaBgabe fort dass die Regelungeil dieses Staatsvertrages . -:- abgesehen vom Er/aubniserfordemis nach § 4 Absatz [1: S. 1- · Anwendung finden. . .. Abweichend von § 10a Abs. 2 und 5 ist das gelf;einsame Sportwettangebot der Veranstalter nach § 10 Abs. 2 und dessen Vermittlu(lg durch Annahmestellen ein Jahr nach Erteilung der Konzessionen nach § 10a i. V.m. § 4c ~/Jiassig."

80. Fur die Vermittler der staatlichen Sportwetten gilt die Befreiung von der Konzessibnspflicht nach § 29 Abs. 2 GluAndStV entsprechend. AuBerdem wird in § 29 klargest~llt, dass Vermittler, die in die Vertriebsorganisation eines Veranstalters eingebunden sind, ni~t selbst einen Antrag auf eine Erlaubnis stellen konnen: :1j

,(2) Abs. 1 findet entsprechende Anwendung auf die Vermittler von erlaubtem ofi.fmtlichem G/Ocksspiel (einschlieB/ich der Lotterie-Einnehmer der Klassenlotterien ,fjnd der gewerblichen Spfelvermittler). lnsoweit Vermittler in die Vertriebsorganisati<jn eines Veranstalters eingegliedert sind, stellt der Veranstalter den Antrag auf Erte#ung der Er/aubnis nach § 4 Abs. 1 fOr die fOr ihn tatigen Vermittler. " ;;;

81. Damit private Wettveranstalter nicht in jedem Bundesland eine Konzession b~antragen mussen, sieht § 9a Abs. 2 GIOAndStV vor, dass die Konzession fUr Sportwetten nach·§ 4a von dem Bundesland Hessen ,for aile Lander" erteilt wird. Das Land Hessen ert~ilt (oder verweigert) die Kon;zessionen zwar nach auBen. Hessen entscheidet aber nicht :,t;.ber die Konzessionen. Dies ist Aufgabe des G/Ocksspielkollegiums der Lander. Daher heiBt ~~ in § 9a Abs. 5, 6 und 7 GluAndStV: :;''\

-\~

,(5) Zur ErfOI/ung der Aufgaben nach den Absatzen J -3 besteht das G/Ocksspiefk911egium der Lander. Dieses dient den nach den Absatzen 1-3·zustandigen Behorden als Qrgan bei der ErfOI/ung ihrer Aufgaben. · (6) Das G/Ocksspielkol/egium der Lander besteht< a us 1 o Mitgliedem. . . . (7) Die Lander bilden fOr das G/Ocksspielkollegium eine Geschaft~stelle im Land Hessen. . . . (8) Das G/Ocksspie/kollegium fa sst seine Besch/Osse mit einer tiVJehrheit von mindestens zwei Drittel der Stimmen seiner Mitglieder. . .. Die Besch/Osse sirfd fOr die nach den Absatzen 1 bis 3 zustandigen Behorden und die Geschaftsstelle bindend. t,~'

. ~ 82. Das Glucksspielkoll~gium hat sich am 6. Dezember 2012 eine Geschafts- und

Verfahrensordnung ' gegeben (http://verwaltung.hessen.de/irj/HMdl_lnte~bet?cid= c604097466e63b298d8bf68224eb0334). Darin heiBt es in§ 1 Abs. 2 (Aufgaben und st~tus):

,Dem G/Ocksspielkol/egium obliegt die abschliel3ende Beurteilung aller Ant/~ge auf Erlaubnisse und Konzessionen." ·'

83. Die Einzelheiten der, Konzessionen selbst sind in den §§ 4a ff. geregelt. In § 4a GIGAndStV wird ein Anspruch auf eine Konzession ausgeschlossen. § 4a GluAndStV enthalt in A,bsatz 4 eine Reihe von Anforderungen, deren jeweilige Nichterfullung eine Konzession aus~chlieBt. Unter § 4a, Abs. 4 Nr. 1c) wird verlangt, dass ~:

<;;!,

,die rechtmal3ige Herkunft der fOr die Veranstaltung offentlicher G/Ocksspiele erford/Jrlichen Mittel dargelegt ist. " '

84.1n § 4b GluAndStV sind Einzelheiten fur das Konzessionsverfahren festgelegt. lnsbJ~ondere mussen die Konzessionsbewerber MaBnahmen zur Gewahrleistung der offentlichen Sipherheit und Ordnung und der sonstigen offentlichen Belange unter besonderer Berucksichtigbng der IT- und Datensicherheit (Sicherheitskonzept) und ein Wirtschaftlichkeitskonzept unter Berucksichtigung der Abgabenpflichten darlegen. Das Kriterium fUr die Auswatl'l unter mehreren geeigneten ·Bewerbern findet sich in § 4b Abs. 5 GluAndStV: Demnach ist \L

? :·t

Page 25: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

1::.' ;·:f:

,die Auswah/ unter mehreren geeigneten Bewerbern insbesondere danach Zft treffen, welcher Bewerber nach Beurteilung der zustandigen Behorde am besten geeignet i§t,

1. bei der Veranstaltung von off~ntlichen G/Ocksspielen die Erreichung der Zie/J,~ des §1, insbesondere de!TJ. Schutz der Sp(eler unter Jugendlichen zu gewahrleisten, 2. wet{gehende Informations-, Einwirkungs- t.lnd Kontrollbefugnisse der zustandigen Jff,ehorden sicherzustellen, 3. seine nachhalfige finanzielle Leistungsfahigkeit nachzuweisen,.~;;4, einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewahrleisten und 5. eine ErfOIIung der AufgabenpfH(;hten zu gewahrleisten." .. ' f;?

. ~

85. Unklar ist allerdings,.ob mit der "zustandigen Behorde" das hessische Ministerium de~'lnneren und fOr Sport oder da~ GIOcksspielkollegium gemeint ist. ·A'

. ~ '·

86. Nach § 21 Abs. 3 GIOAndStV mu:ss die Veranstaltung und Vermittlung von Spkrtwetten organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt sein von der Veranstal(ung oder Organisationen von Sportereignissen und . dem Betrieb von Einrichtungen, iH! denen Sportveranstaltungen stattfinden. D~s BVerwG hat mit Urteil vom 24. November 2Q1 0 (8 C 13.09) diese bereits im GIOStV enthaltene Bestimmung wie folgt ausgelegt: \::.

i ~ ,Dem Wort/aut und dem entstehtlngsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der f1egelung wird nur eine Aus/egung gerecht, die eine vol/standige Trennung des aktiven Sport$) und der ihn organisierenden Vereinigung~n von der Veransta/tung und Vermitt/ung von Sp~rtwetten ver/angt. " • ;:j

•? ~:

87. Der GluAndStV enthaJt keine Regelung, wie der Erlaubnisvorbehalt im Zeitraum zwiscpen dem lnkrafttreten des GluAndStV in allen Bundeslandern und dem rechtskraftigen Absc~l,uss des Konzessionsverfahrens auszulegen , und anzuwenden ist. Auch die Ausf0hrungsge$~tze der Bundeslander zum GIOAndStV (aile AusfOhrungsgesetze der Lander sind auf der H§'mepage https://gluecksspiel.uni-hohenheim.d¢/spielhallengesetz einsehbar), die den Staa.(svertrag konkretisieren und erganzen sollen, emthalten dazu keine Regelung. ~i

88. Die AusfOhrungsges~tze der Bundeslander zum GluAndStV wurden nicht notifi~]~rt. Die Kommission hatte in ihrer Antwort vom 20. Marz 2012 (Kom. Mitteilung 792; $,G(21 02)

. . ~~

D750777) auf die Bemerkungen der deutschen Behorden vom 7. Dezember 2011&zu ihrer ausfOhrlichen Stellungnahme vom 18. Juli 2011: zum GIOAndStV auf )ifolgende Notifizierungspflichten hingewiesen: ; :.~

,2. 11. Weitere Notifizierungspflich~en ;·

ZukOnftige Erlasse zur Umsetzw'lg der Bestimmungen des notifizierten Entwurt~§ und in Bezug auf elektronisch Obertragene G/Ocksspielaktivitaten konnten technische Vo(schriften oder Vorschriften Ober Dienste: der lnformationsgesellschaft im Sinne der 'Richtlinie 98134/EG enthalten. Sollte dies der Fall sein, mochten die Dienststellen der Komm/ssion die deutschen Behorden an die Verpflfchtung zur Notifizierung vor ihrer Annahme erinn~rn."

89. § 2 Abs. 2 des AusfOhrungsgesetzes: zum GIOAndStV des Freistaates Bayern (AGGIOStV-Bay) sieht eben so wie der GluAndStV vor,: dass /:

,die Erlaubnis fOr das Vermideln offentlicher G/Ocksspiele eine Erlaubnis ~~\tar die Veranstaltung dieser GWcksspielfi. durch die zustandigen Behorden des Freistaates Bayern voraussetzt. Eine Er/aubnis im landereinheitlichen Verfahren nach § 9a GIOStV steht der Erlaubnis durch die. zustandigen Behorden des Freistaates Bayern gleich." f:•i

·f:!

90. Die AusfOhrungsgesetze aller Lander unterscheiden zwischen Wett-Annahmestellen;q:die das (bis auf weiteres) nicht konzessionspflichtige staatliche Wettangebot vermitt&l'n, und Wettvermittlungsstellen, die das Wettangebot moglicher privater Konzessionare vermi.~eln. Sie sehen mehr Vermittlungsstellen fur die staatlichen Veranstalter vor, als fOr.\( private Wettvermittler, die an nichtstaatliche. zukunftige Konzessionare vermitteln wollen. Naqh Art. 1

Page 26: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

.,:\.

Abs. 3 AGGiuStV-Bay darf z. B. Lotto-Bayern 3700 stationare Vertriebsstellen uriterhalten. Nach Art. 7 Abs. 1 sind die Wettvermittlungsstellen fOr aile privaten Konzessionsn~hmer auf 400 begrenzt und mussen unter gleichma~iger Berucksichtigung der lnten3~sen der Konzessionsnehmer verteilt werden. Lotto-Bayern kann den Vertrieb seiner .Lotterien, Glucksspiele und Sportwetten uber seine 3700 Annahmestellen bereits derzeit vqrnehmen, wahrend die private~ Veranstalter erst das Konzessionsverfahren bestehen mOssen. '~elbst mit einer Konzession dOrfen private Wettveranstalter aber noch nicht Ober Vermittler tatig werden, sondern konnen dann erst fOr Vermittler eine der begrenzten Erlaubnisse beantragen}~~

;,. .. ~ ... ,

···" 5. Wissenschaftliche Grundlagen des GIUStV

91. Zur Erfullung ihrer Evaluationsverpflichtung hatten die Lander im Jahr 2008 eine unifassende Begutachtung der Erforderlichkeit und Sinnhaftigkeit des Sportwett- und GIOcksspielwonopols unter rechtsvergleiclienden Aspekten in Auftrag gegeben und sich dator federfOhre~~ an das schweizerische lnstitut fOr Rechtsvergleichung gewandt, das 2006 fOr die Kommis~ion eine International rechtsvergleichende Studie zur GIOckspielkollegium der Mitgliedstaaten \*orgelegt hatte. Das Ergebnis wurde vom lnstitut fristgerecht am 15. April 2009 vorgelegt.~5Wie die SOddeutsche Zeitung und die Zeitung die WELT im Juni 2010 berichteten, ~~rde die ursprOngliche Endfassung der Untersuchung unter Mitwirkung eines institutsfremden deutschen Muttersprachlers verandert. Die verschiedenen Fassungen sowie eine SynQpse und die entsprechenden Zeitungsberichte sind unter www. vewu.com einsehbar. 'I In der ursprunglichen Endf~ssung des Gutachtens vom 15. April 2009 hei~t es: ·

\~~

,Das Wettwesen' scheint auch weniger dem Problem spiel ausgesetzt iu sein, wahrscheinlich wei/ Wetten OpportuniUitskosten fur den Spieler hervorbringen, ;i,d.h. der Wettspieler braucht gewisse AuskDnfte (Dber Pferde, Sportklubs, usw.), um seine :Chancen im Wetten zu erhohen. Diese Auskunftssuche hiilt jedoch jene Spieler zuruckJ; die ein schnelles und einfaches G/Dcksspiel suchen und in diese Kategorie fallen die·!:]:meisten Suchtspieler. Auch vom Internet kommt hier weniger Konkurrenz, wei/ das Wettprfl!zip das gleiche bleibt" · {;,

Yi. 92. In der von den Bundeslandern im Rahmen einer strukturierten Anhorung den Beteilig:ten (u.a.

Glucksspielanbieter, VerbraucherschOtzer und Suchtfachleute) zum Thema ,Zu/(l!.{nft des GIDcksspielwesens in Deutschland' unterbreiteten Fasslmg der Studie hingegen w~rde der Text wie folgt umformuliert: ;~;

,Das Wettwesen wird als Spiel mit hohem Gefahrdungspotenzial betrachtet, da Spd(twetten deutlich hohere Pravalenzraten aufweisen als z. B. das Lottospiel. Dies gilt im Bes~nderen fur das lnternet-Wettwesen, da der Substitutionsgrat zwischen traditionellen Offlin~:.wetten und lnternetwetten sehr hoch ist." ·

,·.

93. Ober diese und weitere Anderungen wurde der Gerichtshof im Rahmen der verb~ndenen Verfahren der Verwaltungsgerichte aus Gie~en und Stuttgart (in den verb. Rs. C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07- Markus Sto~ und andere) durch Schrei.ben der Rechtsanwalte Redeker Sellner Dahs vom 21. Juni 2010 mit der Bitte urn Wiedereroff~~.mg der mOndlichen Verhandlung informiert. ·,;

'\ 6. Der wesentliche Verlauf des Konzessionsverfahrens ':t

94. Nachdem der GIOAndStV zum 1. Juli 2012 in 13 von 16 Bundeslandern in Kraft trat, ~rfuhren private Wettanbieter,. dass Hessen mit der Konzeption des Konzessionsverfahrens rund als Verwaltungshelfer die Rechtsanwaltskanzlei Cornelius Bartenbach Haesemann & ~fpartner ("CBH") mit Sitz in Koln beauftragt hatte. Die privaten Wettanbieter zeigen sich f~arOber brOskiert (DER SPIEGEL, 35/2012, S. 143; JUVE.de vom 25.6.2013). Aus ihrer Sicht ~ntstand

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Page 27: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

durch die Einschaltung von CBH die Gefahr von Gunstlingswirtschaft, weil CBH seit J,~hren die meisten Bundeslander und ihre Lotterieunternehmen im Zusammenhang ~it dem Sportwettenmonopol·.berat und staatliche Stellen in zahlreichen gerichtlichen Verfahr~'n vertritt, in denen es urn Au.skunft, Schadensersatz oder Unterlassung gegen grenzuber~~hreitend tatige Wettveranstalter oder deren Vermittler geht (vgl. JUVE Rechtsmarkt 01/07, .. C/,f]r wei/3e Rabe, Ein Monopolist lebt einsam", JUVE vom 28.9.2011, ,Ausgespielt: ~taatliche Lottoanbieter behaupten mit CBH Verbot von lnternet-Wetten"). CBH hat die d~utschen staatlichen Stellen auch in den Vo~lageverfahren Winner Wetten, Markus Sto/3 unc{~ Carmen Media vertreten. ' f'

: ~ 95. Die Beteiligung von CBH am Kon:z;essionsverfahren wurde am 10. Oktober 2012 jpffentlich

kommuniziert (JUVE.de vom 10.10.2012, ,Marktoffnung: Hessen vergibt mit CBH Spq(twetten­Konzessionen"). Vorher hatte allerdings die European Gaming & Betting Association {:,EGBA") mit Sitz in Brussel die hessische Konzessionsstelle mit Schreiben vom 2. August 201~:gefragt, ob CBH das Verfahren tatsachlich begleitet und Unverstandnis Ober die Einschaltung 1yon CBH geauBert. Das hessische Ministerium fOr lnneres und Sport antwortete, dass die Jiehegten Bedenken zwar nach'vo/lziehbar sind, aber jeglicher Grundlage entbehren". CBH w~f,de ,das Verfahren rechtlich lediglich beratend begleiten und Vorschlage formu/ieren". \}

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96. Am 8. August 2013 veroffentlichten die deutschen Stellen mit Unterstotzung von .,;GBH im Amtsblatt den Beginn des Konzessionsverfahrens (TED-Website, Auftragsbekanntrijachung 2012/S 151-253153). ~Antrage seieni bis zum 4. September 2012 bei der Kontaktst~lle CBH einzureichen. Die Auswahl werde zweistufig erfolgen. Wer die Voraussetzungen. del[ ersten Stufe erfullt, durfe auf·der zweiten Stufe die ,Bewerbung erganzen und so einen volls:t~ndigen Antrag auf Erteilung einer Konzession" stellen (Bekanntmachung, Ziff. VI. i~). Die Formularblatter fOr die Bewerbung sollten uber . eine E-Maii-Adresse voh CBH ,[email protected]" angefordert Werden. t:

;::~'-97. Es entwickelte sich im August urid September 2012 ein umfangreicher Schri~echsel

zwischen dem hessischen Ministeril.jm und dem EGBA, der vom RGA mit Sitz in ,~ondon, einem weiteren Verband grenzuberschreitend tatiger Wettveranstalter, unterstOtzt w~tde. Mit Schreiben vom 28. September 2012 fassten die Verbande ihre unionsrechtlichen Bedenken an dem Konzessionsverfahren zusammen. Sie machten geltend, dass das gemeinsam iJ;lit CBH gefOhrte Verfahren nicht den uniorsrechtlichen Grundsatzen der Transparenz ~hd der Rechtssicherheit entspreche. Es gebe zahlreiche UnregelmaBigkeiten. Eine objektjye und willkurfreie Entscheidung sei schon jetzt in weite Ferne geruckt. Nicht nur sei die Lin[ltierung der Konzessionen nicht gerechtfertigt. Vielmehr seien auch die Anforderungen auf der '*weiten Stufe des Verfahrens weitgehend unqekannt. Auch hatten die staatlichen Bewerber ve~mutlich einen Wissensvorsprung, weil CBH qls verlangerter Arm der Konzessionsstelle tatig.;ist. Die Verbande regten an, das Verfahren S!Ofort abzubrechen. Die Gefahr von GOnstlingswtrtschaft sei nicht zu bestreiten. Die Vergali>estelle gehore demselben Rechtstrager an, wie die staatliche Lotteriegesellschaft, die se[it Jahren gegen private Wettanbieter auf Unterlassung­und Schadensersatz vorgehe und dab~i von CBH vertreten werde. Es liege auf der Hari~. dass die staatlichen Bewerber, insbesondere auch das federfuhrend von Lotto-Hessen geg;r;'undete Gemeinschaftsunternehmen der Bundeslander, die Ods Deutschland Sportwetten ~GmbH (,Ods"), sowohl vom Hessischen Ministerium als auch durch CBH und durdh das GIOcksspielkollegium bevorzugt behahdelt wOrden. Auch von den anderen Bundesl.andern werde Druck auf die Konzessionsstelle ausgeubt werden. Kein Bundesland wo~de es hinnehmen, wenn seine Lotteriegesellschaft ohne Konzession bliebe und zukunftig nic~t mehr im deutschen Markt Sportwetten anbieten durfte (Schreiben v. 28.9.2012, Rn 9 ff.).

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98. Die Gefahr von Gunstlingswirtschaft entstehe auch durch die Einschaltung von CBt4\ CBH versuche seit Jahren i'm Auftrag sta~tlicher Anbieter in wettbewerbsrechtlichen Verf:ahren, grenzuberschreitend tatige Wettbewerber der staatlichen Anbieter vom deutschen Ma:rkt zu

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verdrangen, obwohl. das Sportwettenmonopol offenkundig gegen die Dienstleistu~gsfreiheit verstoBt. Die Aussa,ge der Konzessionsstelle, CBH werde das Verfahren ,rechtlich .. ~li~beratend begleiten und Vorschlage formulieren", lasse sich nur dahin verstehen, dass CBH Ei!\ifluss auf die praktische Handhabung des Verfahrens ausube (Rn. 24 ff.). Das Ministerium ~.~be nicht wahrheitsgemaB offenbart, welche Tatigkeiten CBH, bei der Novellierung de~~ GIUStV ubernommen hatte (Rn. 28 ft.). CBH habe in gerichtlichen und auBergerichtlichen ~erfahren keine Tendenz gezeigt, das Unionsrecht im Sinne der Unionstreue und der Sffektivitat auszulegen und anzuwenden. CBH behaupte sogar in einer Stellungnahme vom 3Q, August 2012 gegenuber dem Parlament eines Bundeslandes, ,das G/Dcksspielrecht :ynterliegt grundsatz/ich nicht den a/lgemeinen Rege/ungen Dber die FreizDgigkeit in der EU." A~ch habe CBH in den Rechtssachen Winner. Wetten und Carmen Media fernliegende Thesen V.erteidigt. Misstrauen sei auch deshalb gerechtfertigt, weil die Schweizer Studie, auf der der GluAndStV

·1.-

beruhe, in ihren Kernaussagen zu Gunsten eines staatlichen Monopols manipuliert wqrden sei (Rn. 64). '·

100. Die Verbande kritisierten eine unzureichende lnformationspolitik im Zusammenbang mit dem Fragen-Antworten-Katalog. Darauf angesprochen habe die Konzessionsstelle sgemeint, dieser Katalog sei nicht ,fur Goff und die Weir bestimmt. lrritiert uber die Aussage, ~tlass die Verbande als ,Goff und die Welt" bezeichnet wurden, monierten sie, das Verfahren ·~ei nicht das geforderte transparente, vorhersehbare und objektive Verfahren (Rn. 73 ff.). ~~l:

1 01. Das Ministerium hat nicht geantwortet ;@ i1~-~

102. Am 24. Oktober 2012 ubersandte die Konzessionsstelle per E-Mail an die Bew~fber der zweiten Stufe Unterlagen fUr die Bewerbung sowie ein ,lnformationsmemoranduijl". Das Memorandum benannte die Prufungsreihenfolge wie folgt: Prufung der Mindestanford~rungen allgemein; Mindestanforderungen Konzepte, begrenzt auf Vertriebskonzept, Wirtschaftlichkeitskonzept und Zahlungsabwicklungskonzept. Verhandlung~phase: Gelegenheit zur Vorstellung und Besprechung von Sicherheits- und Sozialkonz;~pt mit Konzessionsgeber; gegebenenfalls Nachbesserungsmoglichkeit. AbschlieBende Prufbng der Sozial- und Sicherheitskonzepte. Gegebenenfalls Auswahlverfahren bei mehr :;als 20 Antragstellern. Die Frist zur Antragsabgabe wurde auf den 20. Dezember 2012, 12~00 Uhr festgelegt. ·· (,

·.j

103. Am 9. November wurde per E-Mail ein zweiter Frage-Antwort-Katalog an die verbll;ebenen Konzessionsbewerber mit 59 Fragen und Antworten ubersandt sowie ein neues Muster einer Bankbescheinigung. Am 14. November 2012 wurde ein dritter Frage-Antwort-Kata;lbg mit nunmehr 113 Fragen und Antworten ubersandt. Auf die Frage Nr. 70, wo s(¢h die Rechtsgrundlage fUr die verlangte Bereitschaft zur Mitwirkung an der Qffentlichkeitsarts:eit des Konzessionsgebers fande, antwortete die Behorde, dass die Anforderungen ~n die Konzessionare im Staatsvertrag nicht abschlieBend aufgelistet sind. Auf die Frage Nr. if72, auf welchen Zeitpunkt der Konzessionserteilung abzustellen sei, antworteten die sta§tlichen Stellen, die Konzessionen wOrden voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2013'f erteilt werden. Aufgrund der Menge an Fragen wurde die Frist zur Antragstellung zum 7. Januar 2013 verlangert.

1 04. Am 23. November 2012 teilte das hessische Ministerium per E-Mail mit, dass die Anforderungen urn Vertriebsspezifikationen erganzt wurden. AuBerdem musse nunmehr auch im stationaren Vertrieb von Sportwetten mit einem Spielerkonto (im Sinne ;1; eines Kundenkontos) gearbE!itet werden. Al!e Anderungen seien verbindlich bei der Einreichdng der Antrage zu beachterr:: Oberarbeitet wurden Dokumente zu den Mindestanfordefungen Konzepte, Auswahlverfahren, Antwortformular Mindestanforderungen Konzepte: und Antwortformular Auswahlverfahren. Zugleich wurde die Einreichungsfrist bis zum 21. Januar 2013, 12:00 Uhr verlangert und ein vierter Frage-Antwort-Katalog (181 Fragen und Antv\Jorten) ubersandt.

Page 29: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

105. Am 3. Dezember 2012 erschien ~in fOnfter Frage-Antwort-Katalog mit nunmehr 23~ Fragen und Antworten und am 6.12.2012 •ein sechster mit 277 Fragen und Antworten. ;.;fAm 10. Dezember 2012 wurde eine Beschreibung der Anwendung des bundesweiten Sper~~ystems Obersandt. Am 14. Dezember 2012 wurde ein aktualisiertes Unterlagenverzeichnis''Jund ein aktualisiertes lnformationsmemorandum und Antragsformular mit neuen Fristen soWie ein siebter Frage-Antwort-Katalog ubers~ndt, der nunmehr 460 Fragen und Antworten ,;~nthielt. Geandert wurden unter anderem die Anforderungen an die Burgschaftserklarung eirigr Bank. Am 18. Dezember 2b12 erschien ein achter Frage-Antwort-Katalog mit 585 Frag~em und Antworten. Die Konzessionsstelle ubersandte einen Entw.urf der in § 5 GluAndStV erWahnten Werberichtlinie, die nicht notifiziert wprden war, sowie den Entwurf des Geldwascheg~setzes und der Verwaltungsvereinbarung :z:um GluAndStV. Am 31. Dezember 2012 erscl}ien ein neunter Frage-Antwort-Katalog mit 587 Fragen und Antworten sowie mit nachge~~ichten, bisher nicht gelieferten Antworten. AuBerdem wurde ein verbindliches Muster fOr di~J eigene Erklarung bezuglich einer Bankburgschaft beigefugt und klargestellt, dass eine A\1derung dieses Textes zum Ausschluss aus dem Verfahren fOhre. Am 9. Januar erschienen eint~ehnter Frage-Antwort-Katalog mit 599 Fragen und Antworten, eine nochmals aktualisierte C~;eckliste und ein aktualisiertes Unterlagenverzeichnis. "',f

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106. Am 21. Januar lief die Antragsfrist:auf der zweiten Stufe ab. In der Folge wurden bi~lOstern 2013 insgesamt 14 Konzessionsbewerber, darunter auch der staatliche Anbieter Ods, v()n dem hessischen Ministerium eingeladen, Urn ihre Sozial- und Sicherheitskonzepte gemaB,A;~schnitt Vl.3 der Ausschreibung vom 8. August 2012 personlichdem hessischen Ministerium fOr;fnneres

, und Sport vorzustellen. J( I ,

107. Konzessionsbewerber, die nicht zu dieser Prasentation eingeladen worden, bea~tragten vor dem VG Wiesbaden einstweiligen Rechtsschutz. Unter anderen verlangten sie, ebe$so wie die 14 Wettbewerber, die die Behorde eingeladen hatte, ihre Sozial- und Sicherheitsk()nzepte personlich der Behorde vorstellen zu durfen. Durch Beschluss vom 30. April 20i1t3 (VG Wiesbaden, 5 L 330/13Wi) verpflichtete das VG Wiesbaden in einem Eii-Verfah~~n die Konzessionsstelle, dem Bewerber aus Grunden der Gleichbehandlung und Tran$parenz

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Gelegenheit zu geben, seine Konzepte personlich vorzustellen. Eine weitere Prufung.§ebene mit einer Ausschlussmoglichkeit vop Bewerbern sei innerhalb der zweiten Pha~.e des Konzessionsverfahrens in der Auftragsbekanntgabe nicht vorgesehen. Weder der Hin\\/,eis auf ein spater bekannt zu gebendes Memorandum noch der Hinweis auf ordnungsgema~e und

·i vollstandige Unterlagen werde den Anforderungen an ein transparentes Verfahren gere6ht. Die Bewerber seien nicht in der Lage, bereits vor Beg inn des Verfahrens den Bewerbungsa9twand und ihre konkreten Chancen einschatzen zu konnen. Insbesondere mussten sie ni~ht mit einem - jedenfalls faktischen - Ausschluss vor Ende des Auswahlverfahrens duf,<;;h die Nichteinladung zur Prasentation ihrer Konzepte rechnen. Die Konzessionsstelle leistete{dieser Entscheidung keine Folge und legte Beschwerde vor dem VGH Kassel ein. ·>

108. Ebenfalls am 30. April 2013 wurde auf der Plattform www.isa-guide.de durch den>A.rtikel ,Gieiches Recht fur· aile bei der Lizenzierung?'' offentlich bekannt, dass rifehrere Landessportbunde an staatlichen Lotterieunternehmen und damit auch an dem staatlichen Gemeinschaftsunternehmen Ods GmbH beteiligt sind, das sich urn eine Konzession beWorben

' ~ hatte. i

109. Zuvor hatte die Konzessionsstelle am 16. April 2013 folgende Zwischennachricht tP.er E-Mail ubersandt: !:

110.

' -··

,Eine Information Dber das weitere Vorgehen . . . wird aufgrund noch erforddtlicher Abstimmungen erst im Laufe der kqmmenden Wochen (17. KW) mog/ich sein. Sie W.erden dann umgehend Dber das weitere Prozedere unterrichtet." ;::,

Am 6. Mai 2013 wurde folgende Zwischennachricht versandt: ·}~,:

Page 30: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

\i y:

,1m Hinblick auf aktuelle Gerichtsentscheidungen wird das weitere Vorgehen ... zur Zeit im hessischen Ministerium des lnnern und fDr Sport geprOft. Sobald Ober die weitere Vorgehensweise

1' entschieden ist, werden wir Sie umgehend und una/;/gefordert ·

informieren." 1;'

111. Am 17. Mai 2013 versandte die Behorde per E-Mail folgende Zwischennachricht: jj; ;~~;

,lm Sportwettkonzessionsvertahren wurde die , Verhandlungsphase" gemif.~ Zif 6 Unterpunkt 4 des lnformationsmemorandums mit der Prasentation von S6.zial- und Sicherheitskonzept durch ausgewahlte Antragsteller durchgefOhrt. t'

t.')·:

Auswahlkriterium fOr die Auswahl der Antragsteller zur Prasentation war (entspre4hend Zif 6 Unterpunkt 4) die ErfOIIung der Mindestanforderungen nach Dokuri]ent ,02 Mindestanforderungen allgemein" und nach Dokument ,03a Mindestanfo~berungen Konzepte Oberarbeitet", beschrankt auf Vertriebskonzept, Wirtschaftlichkeitskor#ept und Zahlungsabwicklungskonzept. Es handelt sich dabei um materielle Voraussetzui]gen, die unbedingt erfO/It sein mussten, worauf im lnformationsmemorandum Zif 6 erstef: Absatz, sowie in den Dokumenten ,02 Mindestanforderungen allgemeinj!} ,03a Mindestanforderungen Konzepte" sowie in den zugehorigen Antwortformularen (Dokumente 05a, 06 und 07a) ausdrOcklich hingewiesen wurde.

Der weitere Verlauf des Konzessionsverfahrens stellt sich wie folgt dar: t' . A

Es erfolgt eine abschlie/3ende PrOfung aller Antrage. Unaufgefordert nach A6Jauf der Antragsfrist (21.1.2013) zugesandte Unter/agen were/en hierbei nicht berOcksichtigf.~,

Aufgrund des PrOfungsergebnisses wird gegebenenfalls in Einzelfallen nd~h eine Moglichkeit der Prasentation von Sozial- und Sicherh(3itskonzepten ermoglicht, wq[an sich dann auch hier eine AbschlussprOfung anschlie/3t wOrde. )'!';

~ .i

Aile Antragsteller, die in diesem Verfahren aufgrund der NichterfOJJJf:,g der Mindestvoraussetzungen nicht berOcksichtigt werden konnten, erhaltei:), eine Vorabinformation gema/3 Ziff. 5. 12 des lnformationsmemorandums, aus dem die fOr sie mal3geblichen Grande umfiinglich hervorgehen, sowie die Information darOber, arJ. welche Antragsteller eine Konzession erteilt werden sol/. ;::

Der Konzessionsg~Jber halt eine Stillhaltefrist von 15 Tagen ein, innerhalb d~rer die abschlagig informierten Antragsteller bereits die Moglichkeit haben, Rechtsm._Jttel im vorlaufigen Rechtsschutz einzulegen (die Frist nach Ziff. 5.12· des lnformationsmemorandums wird zu Gunsten der Antragstel/er hiermit verlangert) '

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Nach Ablaut dieser Frist ist beabsichtigt, die Konzessionen zu erteilen. Dam it isH' dieses Sportwettkonzessionsverfahren abgeschlossen. /•

<~

Es wird anschlie/3end ein zweites Verfahren eroffnet. Aile Bewerber, die im ersten V~tfahren zur zweiten Stufe des Konzessionserteilungsverfahrens zugelassen wurden, werfi.en zur Teilnahme aufgefordert. Eine erneute europaweite Ausschreibung dieses !~weiten Verfahrens wire/ nicht erfolgen, da bereits im erste,n Verfahren aile 20 verglf_l;Jbaren Konzessionen ausgeschrieben waren, insofern a/so der Wettbewerb bereits eroffne~:;wurde. Aile erforderlichen lnformationen werden mit der Aufforderung zur Antragsabgabe m{('geteilt. Es werden emeut fOr aile Antragsteller in gleicher Weise gO/tige Fristen gesetzt werd~n. Das zweite Verfahren wire/ analog zur zweiten Stufe des ersten Verfahrens durchgefOhrt. .(

lch weise daraufhin, dass das RechtsschutzbedOrfnis fOr ein etwaiges Ei/verfahren oqer eine Klage in der Hauptsache unseres Erachtens erst ab Erhalt der Vorabinformation (s.d;(:Zif 3) besteht. A us diesem Grunde empfehle ich, diese Vorabinformation abzuwarten. ~f

·:~.

Page 31: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

Da sich insgesamt 41 : Antragsteller in der 2. Stufe FCies Sportwettkonzesslonsverfahrens befinden, bitten wir um VersUindnis, dass ii1ne Vorabinformation vor August nicht erfolgen kann." 't

·. ' ~ 112. In mehreren Rechtsschutzverfahren vor dem VG Wiesbaden, die im Kern auf die einladung

zur Prasentation der Konzepte gerichtet waren, beantragte die Konzessionsstelle im1~'Mai/Juni 2013 die Abweisung der beiden! Antrage und reichte ein weitgehend inhalt~gleiches Erwiderungsschreiben ein. Fur di~ nicht zur Prasentation der Konzepte eing~ladenen Bewerber bestehe kein Anspruch auf Verbleib im Konzessionsverfahren. ~je nicht eingeladenen Antragsteller seien schon an den Mindestvoraussetzungen gescheitert.h~:Es gebe auch keine Moglichkeit, Unterlagem und Erklarungen zu komplettieren. Die 9:$richtlich beantragte Einladung zur Prasentati~n der Konzepte sei eine ,reine Farce". Wortlich ri;l,einte die Behorde (S. 16, 20): :11

·, : ·h: ,Auf die Umsetzung einer Farce k'ann jedoch in einem Rechtsstaat kein dring/icher ~nspruch bestehen. Das Begehren der Antragstel/erin, die Teilnahme an der Verhand/ungsfunde zu erreichen und zur Prasentation ,geladen zu werden, kann keinesfalls zu dem~;von der Antragstellerin letztlich gewqnschten Ergebnis, nam/ich dem Erha(f.i einer Sportwettkonzessiori, filhren. .. ) Die Zulassung zur Verhandlungsrunde erw~bkt den Anschein, dass der eingeladene Antragsteller tatsachlich noch eine Chance auf7{Frteilun,g einer Konzession hat. Eine Einladung auszusprechen, ohne dass diese Chaf(,t;e noch tatsachlich besteht; ist irrefilhrend ... " ri ' '

; ~~:~:.;

113. Aur.,erdem fOhrte die Behorde aus, dass nur 14 Bewerber aile Mindestanford,erungen eingehalten hatten: · ~i

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,Priifung der nicht zur Verhandlung stehenden Mindestanforderungen . . . )'i

lm Ergebnis haben 14 der 41 Af?(ragsteller diese Anforderungen zu 100 % ertq{lt, ohne dass es einer etwaigen Nachf()rderung!Erganzung von Unterlagen, Nachweis~n oder Erklarungen bedurfte. Aus der Tatsache, dass 14 Antragsteller die Mindestvorauss(itzungen

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innerhalb der Frist bis zum 21. Jahuar 2013 um 12:00 Uhr vollstandig erfilllt haben,)'i/ieB sich erkennen, dass die - fOr aile Antr~gsteller gleichen - gestellten Anforderungen, hir/t,eichend transparent und riachvollziehbar· waren. Es lagen damit bereits zu diesem ~eitpunkt genilgend verwertbare Antrage vo(. " . .~!;

114. lm Beschwerdeverfahren Ober da's vor dem VG Wiesbaden entschiedene Eilverfan'~en wies der VGH Kassel durch Beschluss ~om 28. Juni 2013 (VGH, 8 B 1220/13) den A~~rag auf Einladung zur Prasen~ation der Kon~epte (sowie weitere Antrage) als unzulassig ztJ~uck. Es fehle ein RechtsschutzbedOrfnis, wejl die Behorde in dem Konzessionsverfahren nO:c,h keine Sachentscheidung getroffen habe. q>ie Antragstellerin konne spater effektiven Rec~{sschutz gegen verfahrensabschlier.,ende Akte erlangen, wenn nach Abschluss des Auswahlv~frahrens begrOndete Ablehnungsbescheide erteilt werden. Das VG Wiesbaden andert~ seine Rechtsprechung vom 30. April 2013 und zog sich eberjfalls auf diesen Standpunk\~zurOck. Mehrere Konzessionsbewerber legte~ dagegen Beschwerde vor dem VGH Kassel ein. l!;1

115. Neben diesen Eilverfahren, die ir;n Kern auf die Einladung zur personlichen Pra~~ntation der Konzepte und die Gleichbehandlung mit eingeladenen Wettbewerbern gerichtef waren, hatten mehrere Wettanbieter schof!l 2012 vor dem Verwaltungsgericht Wiesbad~n eine ,Leistungsklage" gegen das hessische Ministerium fOr lnneres und Sport (bzw. geg~en das Land Hessen) mit dem Ziel erhoben!, das Konzessionsverfahren unionsrechtkonforrri:neu zu beginnen. In diesen .Kiagen, die unter den Aktenzeichen 5 K 1257/12Wi, 12g'W12Wi, 1312/12Wi, 1430/12Wi, 1470/12Wi uhd 1245/12Wi gefOhrt werden, wurde unter and$tem die Gefahr von Gonstlingswirtschaft !durch die Nahe der Konzessionsstelle uri¢' des Glucksspielkollegiums zu den staatiichen Wettbewerbern urn eine Konzession, die nicht erfolgte Notifizierung der erst in einer E-Mail am 24. Oktober 2013 mitgeteilten e(ozelnen

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Page 32: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

Anforderungen fOr eine Konzession sowie die Einschaltung von CBH als verlangertJ~ Arm der Konzessionsstelle kritisiert. ;~;

116. Das Land Hessen beauftragte CBH mit der Klageerwiderung. In einer Erwiderun~ vom 30. Januar 2013 in einem dieser parallel laufenden Verfahren meinte CBH, die betiaupteten Verfahrensfehler basierten auf einer falsche Auslegung des Unionsrechts und einern~falschen Verstandnis der komplizierten Verfahrensvorgaben. Die technischen Anforderunge,n an die Konzessionare, die erst im Laufe des Konzessionsverfahrens aufgestellt wurden, hatten auch nicht notifiziert werden mOssen. Der Vorwurf der Gefahr von GOnstlingswirtschaft @lurch die Einschaltung von CBH sei ,unkollegial". Bei der rechtlichen Beratung im Befeich der Sportwetten gebe es zwei ,Lager". Wah rend CBH stets von den Landeslotterieunternehmen mandatiert werde, wOrden andere Anwalte stets von privaten Anbietern beaufftagt. Die Prozessbevollmachtigten der Klager sollten sich fragen, von welchem Interesse sie 'gesteuert waren, wenn sie mit der Betreuung des Konzessionsverfahrens beauftragt waren. I

117. In einem Schriftsatz an das VG Wiesbaden vom 16. September 2013 stellte CBH ~lar, dass fOnf der sechs Klager vor dem VGH Wiesbaden nicht zur personlichen Prasentation ei[lgeladen waren. Es sei auBerdem nicht absehbar, wann eine Entscheidung 4Per die Konzessionsantrage. erfolge. Ob und wann eine zweite. Bewerbungsrunde stattfind~Q werde, stehe ebenfalls nicht fest. :;

118. Am 9. Oktober 2013 versandte das hessische Ministerium eine weitere Zwischenriachricht. Die PrOfungen wOrden voraussichtlich nicht vor Mitte November abgeschlossen :[~ein. lm Anschluss daran wOrden die Antragsteller umgehend ,Ober das weitere Pf:b,zedere" unterrichtet. it

119. Am 13. November 2013 entschied der VGH Kassel in den noch anhangigen Eilvert~hren, in denen es im Kern urn die Einladung zur personlichen Pr:asentation der Konzepte ging', gegen die Antragsteller (VGH Kassel, Beschl. v. 13.11.2013,8 B 1914,8 B 1977/13 u}a.). Die Konzessionsbewerber hatten noch immer kein RechtsschutzbedOrfnis, urn ihren Ve~bleib im Konzessionsverfahren gerichtlich durchzusetzen. ;::'

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120. Am 14. November 2013 morgens versandte die Konzessionsstelle folgende E-Mail:.i['

,lm Sportwettkonzessionsverfahren wurde eine abschlie!Jende PrOfung der Antr~'ge al/er Antragsteller, die zur 2. Stufe des Konzessionsverfahrens zugelassen wurden, durcngefOhrt. Dabei wurde festgestellt, dass auf Basis der zum 21.01.2013 eingereichten Uri,terlagen keiner der Antragstel/er die ErfOI/ung der Mindestanforderungen nach Dokurh~nt ,02 Mindestanforderungen al/gemein" und nach Dokument ,03a Mindestanford@rungen Konzepte Oberarbeitet", beschrankt auf Vertriebskonzept, Wirtschaftlichkeitskoni:~pt und Zahlungsabwicklungskonzept, in prOffahiger Form nachweisen konnte. ::\·.

"j:

Aufgrund dieses PrOfungsergebnisses sol/en die Antragsteller nun im Rahme,~ einer Nachforderung gemafJ § 4b Abs. 3 Satz 1 GIOStV sowie Ziff. 5.~? des lnformationsmemorandums aufgefordert werden, ihre bereits eingereichten Unterl{igen zu erganzen und ggf.. weitere Angaben, Nachweise und Unter/agen vorzulegen. Die e~/jzelnen Antragsteller werden hierzu voraussichtlich Anfang Januar 2014 ein Schreiben erhalt~n, aus dem sich ergibt, we/che Angaben, Nachweise und Unterlagen in we/cher Form i/f'Qerhalb einer bestimmten Frist noch einzureichen sind. · · •t ·:N

Das Jnforrnationsmemorandum (Dokument 01a - lnforrnationsmemorandum Ober~rbeitet) wird in Ziff. 6 wie folgt geandert: 5. PrOfung der ErfOI/ung der Mindestanforderung~l) gem. Dokument ,03a Mindestanforderungen Konzepte Oberarbeitet" al/er Antragste,}ter ist durchgefOhrl. 6. Es erfolgt eine Nachforderung gemafJ § 4b Abs. 3 Satz 1 GIOStV soV,Vie Ziff. 5. 5 des lnformationsmemorandums. 7. Die Verhandlungsphase im Sinne der tZiff. 6 Unterpunkte 4 des informationsmemorandums wird fOr die Antragsteller, die bisher qicht zu einer Prasentation ihres Sozial- und Sicherheitskonzepts gel aden wurden, in lt:i einem

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Page 33: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

schriftlichen Verfahren durchgefOhrt. lnformationen hierzu erfolgen im oben angeR'Vndigten Nachforderungsschreiben. 8. Pf:Ofung der ErfOI/ung der Mindestanforderungen gem. Dokument ,02 Mindestanford~rungen al/gemein" sowie gem. Dokume/jt ,03a Mindestanforderungen Konzepte Uberarbeitet" nach Nachforderung und DurchfOtJ,(ung der Verhand/ungsrunde im schriftlich~n Verfahren. 9. Sol/ten mehr als 20 Antragsi~lle'r die PrOfung nach Ziff. 1-8 bestehen, fJ,rfolgt im nachsten Schritt ein Auswahlverfahren g~m. Ziff. 7 des lnformationsmemorandums.: ~'~~

lm Anschluss dara{J erfolgt die Vprabinformation al/er Antragsteller, die keine Koqzession erhalten konnen gem. Ziff. 5. 12 des lnformationsmemorandums, aus der die ::}for den Antragsteller maBgeblichen GrOnde umfanglich hervorgehen, sowie die lnformation:.:darOber, an we/che Antragsteller eine Konz~ssion erteilt werden sol/. Der Konzessionsgeber'~a/t eine Stillhaltefrist von 15 Tagen ein, innerhalb derer die absch/agig informierten Antf#gsteller bereits die Moglichkeit haben, Rechtsmittel im vor/aufigen Rechtsschutz einzulefj~n (die Frist nach Ziff. 5.12 des lnforma(ionsmemorandums wurde zugunsten der Antrag$teller in

. ' ' ~'·'• der Mall vom 17 .. 05.2013 verlangert). Nach Ablaut dieser Frist ist beabsich,tigt, die Konzessionen zu erteilen." . ;!/~

B. Zu den Vorlagefragen ;,

Zur Vorlagefrage 1 a) ~~ 121. Die Vorlagefrage 1 a.) betrifft zum! einen den Aspekt, dass die Staatsanwaltschaft K~mpten

nachdrucklich meint, Unionsrecht binde nur den deutschen Gesetzgeber und allenfalls die Verwaltungsbehorden, die ein unionsrechtskonformes Erlaubnisverfahren fUr Spqrtwetten errichten mussten (da;zu unter a.). Zum anderen behandelt die erste Vorlagefrage 1;ia) den Umstand, dass die Sta'atsanwaltschaft, Richterin am Amtsgericht Lechner und das Lan(:lgericht

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Kempten aus der hochstrichterlich bestatigten Unionsrechtswidrigkeit;. des Sportwettenmonopols ini Unterschiedi zu Richter am Amtsgericht Kogl nicht die Kon§.~quenz ziehen, dass die Angeklagte ohne deutsche Erlaubnis Sportwetten vermitteln darf. ~uch im Ausgangsfall besteht a.lso wie in der ubrigen deutschen Behordenpraxis und Rechtsp~~chung eine diametral unterschiedliche Sichtweise zu der Frage, ob das Fehlen einer Erlaubq,is zum Anlass fur eine vollstandige Untersagung oder strafrechtliche Sanktion genommen [\:Verden

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darf. ;:· :(; ~~;

121. Zunachst ist allerdings klarzustellen, dass sich • die Angeklagte trotz fet!lender Unionsburgerschaft auf die Dienstleistungsfreiheit berufen kann. Zwar wird vertret~n. ein Nichtunionsburger konne sich gegeni\tber einer Untersagungsverfugung oder strafrect}tlichen Verfolgung nicht auf die Dienstleistungsfreiheit berufen. Auch das Landgericht Berlin ~"atte in seiner Vorlage vom 19.1.2012 an d~s BVerfG diese These vertreten. Ebenso ha!~e das BVerwG im Urteil vom 24.11.2010 (8 C 13.09, Rn. 84 f.) gemeint, ein grenzObersct}reitend agierender Wettvermittler tOrkischet Herkunft konne staatlichen Eingriffen nicht die Dienstleistungsfreiheit entgegenhalteni. Der BayVGH teilt diese Sichtweise jedoch mit Recht nicht. Er fOhrt im Beschluss vom 18. April2012 (BayVGH, 10 BV 10.2273) aus: ::,

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,56. Der Klager fa/It zwar nicht in den personlichen Anwendungsbereich der f!Ur fOr UnionsbOrger gewahrleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 56f/EUV). Die Vorschriften Ober die Dienstleistungsfreiheit erstrecken sich gerade nidf?t auf Dienstleister, die Staatsangehorige ieines Drittstaats sind, so/ange von der Moglichk~it des Art. 56 Abs. 2 AEUV; kein Gebrauch gemacht wurde (EuGH vom 3. 10.2006 Rs. C-2flPI04 - . FKP Scorpio Konzeltproduktionen - !Rn. 67; Streinz in Streinz, Kommentar zum EUV)/f.EUV, 2. Auf!. 2012, Art. 56. Rn. 40). Der ~lager kann sich aber als Vermittler einer durch 'Art. 56 AEUV geschOtzten Dienstleistung - :des Wettangebotes des Wettanbieters mit Sitz in')ieinem Mitgliedstaat, der die Staatsangehorigkeit eines Mitgliedstaates besitzt bzw. a/s Geself~chaft

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gema!J Art. 62 i. V.m. Art. 54 Abs. 1 AEUV diesen (nator/ichen Personen) gleich~estellhst (sag. Leistungserbringer), an die im Inland ansassigen Wettkundl!in (sag. Leistungsempfanger) - auf einen Versto!J der das Staatsmonopo/ norfhierenden Bestimmungen des § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GIOStV gegen Art. 56 AEUV und d~.n daraus resu/tierenden Anwendungsvorrang des Unionsrechts berufen. ,.·::

57. Ma!Jgeblicher Bezugspunkt der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 /}.EUV in g/Ocksspielrechtlichen Streitverfahren wie dem vorliegenden ;§! das Dienstleistungsverhaltnis zwischen dem auslandischen Wettanbieter und den inlllhdischen Wettkunden (a. A. wahl BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 13.09 Rn. 60). Unt~r diesen Dienstleistungsbf!griff fallen im Bereich der Sportwetten auch Tatigkeiten, E die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat Ober das Internet - und dafnit ohne Ortswechsel - Leistungsempfangem, die in einem anderen Mitgliedstaat ansa~sig sind, anbietet (EuGH vbm 6.11.2003 Rs. C-243101- Gambelli- Rn. 54). In diesem Verh~ltnis des Wettanbieters zum Leistungsempfanger kommt nach der Rechtsprechung des Ge~chtshofs der Europaischen. Union der Tatigkeit des Vermittlers bezogen auf die Erbringung der Wettdienstleistung bei Sportereignissen keine selbstandige Bedeutung zuJ: So ist beispielsweise die Dienstleistungsfreiheit des Wettanbieters berilhrt, wenn Werbefbrmulafe oder Lose fOr die DurchfOhrung einer Lotterie durch Dritte ausgegeben well/en. Die Verteilung von Werbematerial und Anmeldeformularen verfolgt namlich keinen Seltl$;tzweck, sondern sol/ die Bereitschaft und Moglichkeit fur die lnanspruchnahme der bew~rbenen Leistung, die in der Eroffnung einer Gewinnchance liegt, schaffen (EuGH vom 24.3.i~994 Rs. C-275192 - Schindler - Rn. 37). Auch ein strafbewehrtes Verbot, die Erbring}Jng von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer or;ganisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem diese 'l.§.ermittler ihre Tatigkeit ausuben, zu erleichtern, stellt eine Beschrankung des Recbts des Buchmachers auf freien Dienstleistungsverkehr dar, und zwar auch dann, lft/$nn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansassig sind wie die Empfange~. dieser Dienstleistungen (EuGH vom 6.11.2003- Gambelli- a.a.O. Rn. 58). Die Annah/i;Je einer gesonderten bz·w. selbstandigen Beschrankung des Rechts auf~:~ freien Dienstleistungsverkehr desjenigen, der die Erbringung der Dienstleistung erleic6,tert, ist daher schon vom Ansatz her nicht systemgerecht. Art. 56 AEUV ist a~~ einen G/Ocksspielanbieter, der in einem Mitgliedstaat ansassig ist und seine Dienstle[§.tung in einem anderen Mitgliedstaat anbietet auch dann anwendbar, wenn er dafOr DierJ~te von Vermittlern in Anspruch nimmt, die im selben Mitgliedstaat ansassig sind wie die Ertj'pfanger dieser Dienstleistung (EuGH vom 15.9.2011 Rs. C-347/09- Dickinger!Omer- Rn. i@7). Die Werbung und die Vermittlung fur/von G/Ocksspielen stellen demgema!Jnur eine gpnkrete Einze/heit der Veranstaltung und des Ablaufs der Spiele dar, auf die sie sich b'!!fziehen (EuGH vom 8.9.2010 Rs. C-316107- Markus Sto!J- Rn. 56). H

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58. Eine tatsach/iche und vor allem rechtliche Aufspaltung dieses einheitlichen.'in den (sach/ichen und person/ichen) Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV faJienden Dienstleistungsvorgangs - des Wettangebots - in zwei getrennte Dienst/eistungsverh.'iftltnisse Wettanbieter - Vermittler und Vermittler - Sportwettenkunde unter Verselbstandigulfg eines Teils bzw. einer konkreten Einze/heit der Gesamtdienstleistung - der grenzilberschr4ftenden Sportwettenveranstaltung - nimmt der Gerichtshof gerade nicht vor. Gegenstand der

' ~ Dienstleistung ware dann namlich nicht mehr das Wettangebot, sondem die Veriijittlung. Eine so/che Betrachtungsweise wilrde im Obrigen auch insbesondere im verblelpenden Verhaltnis Vermittler - Kunde Prob/eme aufwerfen, wei/ es sich insoweit unionsi~chtlich betrachtet urn einen reinen lnlandsachverhalt handeln wurde. Auch stellt die g~samte bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Rechtfertigung von mitgliedsta~tfichen Regulierungen betreffend die Veransta/tung und Vermittlung von Sportwetten durcljgangig auf das G/Ocksspielangebot im Verhaltnis Wettanbieter- Sportwettenkunde und nicht~{luf die ·

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Vermittlungs- oder Vertriebswege des Angebots ab, so dass sich die Beurteilu~g, ob ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit vor/iegt, auch insoweit an der Beziehung Wettanbieter­Kunde zu orientieren hat. Eine vergleichbare Situation bei der Beurteilung einer moglichen Beschrankung der Dienstleistungsfreiheit wird z. B. auch in der Entscheidli.mg des Bundesverwaltungsgerichts im Vorabentscheidungsersuchen vom 24. Oktober 2001 (Az. 6 C 3101 Rn. 71) in Sachen ,Laserdrome" deutlich, in der das BVer(fG beim Dienst/eistungsverhaltnis auf die Beziehung zwischen dem Franchisegeber imd dem Kunden und nicht zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer absfellt. Der Franchisevertrag dient - wie die Tatigkeit des Sportwettenvermittlers - als vil~ikel zur Erbringung der Dienstleistung des Franchisegebers gegenOber dem deutschen Kun,~en. ·.

:r· 59. lm damit mafJgeblichen Dienst/eistungsverhaltnis Wettanbieter/Kunde ist sq~ohl der sachliche als auch der personliche Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit eroffnet. Die Dienstleistungsanbieterin steht als ma(tesische Gesellschaft, die ihren satzungsmafJigen Sitz innerhalb der Union hat, bei der Anwendung der Grundfreiheiten des AEUV natorlichen Personen gleich (Art. 62, 54 Abs. 1 AEUV) und erbringt mit ihrem Wettangebot eine grenzOberschreitende Dienstleistung (sog. Korrespondenzdienstleistung, Randelzhofer!Forsthoff in Grabitz!Hilf!Nettesheim, Das Recht der Europaischen Union, Art. 56157 AEUV Rn. 54). Weitergehende Voraussetzung~fi1 hat die (aktive) Dienstleis.tungsfreiheit des Leistungsanbieters daneben nicht (Streinz;, a.a.O., Art. 56 Rn. 50).

60. Auch wenn der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts grundsatzlich1 ~ nur im Verha/tnis eines UnionsbOrgers, der sich auf Unionsrecht berufen kann, und derirJ Staat, dessen Rechtsnormen Unionsrecht unzulassigerweise beschranken, zu beach ten . ist und nicht umfassend gilt, ist es vorliegend /etztlich dem Gebot der effektiven ErfOI/img der unionsvertraglichen Verpf/ichtungen (s. Art. 4 Abs. 3 AEUV) und der Sicherung eines wirksamen Rechtsschutzes in dem von dieser Grundfreiheit erfassten Bereich (s:·:;Art. 19 Abs. 1 UAbs. .2 AEUV) geschuldet, dass der Klager die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit des Wettanbieters (auch) im .Rahmen seiner Klage geg,en die Untersagung der Vermittlungstatigkeit wie ein eigenes Recht im Sinne des §113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ge/tend machen kann (a.A. OVG Saarland vom 25.4.2007 Az. 3 W 24106 Rn. 111; OVG Berlin-Brandenburg vom 8.6.2011 Az. OVG 1 B 3.09). Die effektive Gewahrleistung der Dienstleistungsfreiheit des Wettanbieters, die durch das Einschreiten gegen den Vermittler objektiv betrachtet unionsrechtswidrig eingeschrankt wird, darf nicht entscheidend davon abhangen, ob der Vermittler, dessen sich der Wettanbieter zur erleichterten Erbringung seiner Dienstleistung bedient, UnionsbDrger oder eine diesem gleichgeste/lte Gesel/schaft ist oder nicht.

61. Das Effektivitatsgebot wirkt in zwei Richtungen: Zum einen dient es dem subjektiven Rechtsschutz des Einzelnen, zum anderen aber auch der objektiven Wahrung des Gemeinschaftsrechts (Streinz, VVDStRL 61 (2002), 300). Das nationale Verwaltungsprozessrecht wird insoweit als Durchsetzungsinstrument des Gemeinschaftsrechts in die Pflicht genommen. Es stellt eine Funktionssicherung fOr das Recht der Europaischen Union dar. Neben die Entstehung individueller Rechte kraft Gemeinschaftsrecht im Sinne einer Schutznorm nach § 42 Abs. 2 VwGO tritt auch eine partielle Auflosung des subjektiven Rechtswidrigkeitszusammenhangs bei § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Schoch, Jndividualrechtsschutz im deutschen Umweltrecht unter dem Einfluss des Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 4571466). Durch nationale Verfahrens- bzw. Prozessvorschriften darf die AusObung der durch Gemeinschaftsrecht ver/iehenen Rechte nicht praktisch unmog/ich gemacht oder Oberma/Jig erschwert werden (EuGH vom 14.12.1995- Peterbroeck- Rs. C-312/93 DVBI 1996, 294 m.w.N.; vom 19.6.2006- i-21 Germany und Arcor- Rs. C-392/04 u.a. Rn. 57 m.w.N.).

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62. Zur objektivi:m Wahrung des Gemeinschaftsrechts muss es dem Klagerlf·auch als Drittstaatler moglich sein, den Versto/3 der das Staatsmonopol normierenden BestfPnmungen gegen die unionsrechtlich garantierte Dienstteistungsfreiheit geltend zu machen, ~uch wenn ihm aus dieser Grundfreiheit als Nichtunionsbilrger grundsatzlich kein subjektivest~Recht im Sinne des §113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erwachst. Andemfa/ls ware der ~wirksame Rechtsschutz in diesem - wie oben dargelegt - vom Recht des Buchmachers ~uf freien Dienstleistungsverkehr erfassten Bereich (vgl. EuGH vom 6.11.2003- Gambell);;,- a.a.O. RdNr. 58) ilberma/3/g erschwert. Der auslandische Wettanbieter ist in den Fallen,\:ln denen er keine standig'e Prasenz (z.B. Agenturen) im Inland unterhalt, auf die Dien'$.te eines Vermittlers angewiesen, um sein Wettangebot im Inland wirksam zu platzieren ul&d so den Marktzugang erst zu erhalten. Die Untersagungsverfugung gegenilber dem Verm¥tter greift folglich unstreitig in die Dienstleistungsfreiheit des Wettanbieters ein und verletzt¥diesen -wie oben dargetegt - in seinen Rechten. Die Klage eines die StaatsangehorigR~it eines Mitgliedstaats besitzenden Vermittlers, der sich als notwendiges Glied eines einbeitlichen Dienstleistungsvorgangs ebenfalls auf die Dienstleistungsfreiheit berufen kann, g~gen die an ihn gerichtete · Untersagungsverfilgung ware demnach grundsatzlich zula$~ig. Die Zulassigkeit einer Klage des Wettanbieters gegen die an den Wettvermittler ~~richtete Untersagungsverfilgung hat derBayVGH bislang vemeint (vgl. BayVGH vom 21.9!'2006 Az. 24 CS 06.2231). lm hier anhangigen g/ilcksspielrechtlichen Verfahren 10 B 10.2959., in dem der Wettanbieter ·gegen die gegenuber dem Vermittler ergangene Untersagungsverfugung klagt, hat der Seriat allerdings die Berufung zugelassen. Dem auslandischen Weij{3nbieter ist es aber jedenfalls unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Rechtsschutz~s nicht zumutbar, schon rein vorsorglich in jedem Fall gegen eine gegenilber dem inllf.~dischen Vermittler ergangene Untersagungsverfilgung Klage zu erheben, umt:t: seiner Dienstleistungsfreiheit in jedem Fall wirksam Geltung zu verschaffen. Dies dilrfte(,'namlich regelma/3ig bereits daran scheitem, dass der Dienstleistungserbringer in der Re~t;t keine Kenntnis vom Ergehen der Untersagungsverfilgung hat. Am Verwaltungsverfahr~n ist er nicht beteiligt. Eine Bekanntgabe der Untersagungsverfilgung an den j~~eiligen Wettanbieter erfolgt grundsatzlich nicht. Insbesondere mit Blick darauf, dass die nfitionalen Behorden in der Regel umfassende Verfilgungen erlassen, die nicht nur die Vermiti[i,mg des Wettangebots eines bestimmten Anbieters untersagen, stellt sich eine w}rksame Rechtsverfolgung filr den einzelnen Anbieter unabhangig davon als schwierig d~r. Auch filhrte die durch das nationale Verwaltungsprozessrecht vorgenommene DifferenziEJ,(png bei der Einraumung einer einklagbaren Rechtsposition fOr den Vermittler danach_}; ob er Unionsbilrger ist, ,zu einer Erschwernis fOr den aus/andischen Wettanbieter i;~ei der gerichtlichen Durchsetzung der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit. t4etztlich kame es zu der paradoxen Situation, dass derjenige, an den die Untersagungsv9,1filgung gerichtet ist, sich im Rahmen des §113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht auf ein subjektiv~$ Recht berufen konnte (wenn er nicht Staatsangehoriger eines Mitgliedstaats ist), nur wei/ A~ressat der Untersagungsverfilgung und Berechtigter aus der Dienstleistungsfreiheit bedin'gt durch die Entscheidung einer nationalen Verwaltungsbehorde auseinanderfallen. Stellt je~pch der Gerichtshof der Europaischen Union in seiner gesamten Rechtsprechung bei der Ff,age der Beschrankung der Dienstleistungsfreiheit auf das Verhaltnis zwischen Wettanbi~ter und Kunden ab und sieht er die Sportwettenvermittlung nur als ,konkrete Einzelheit" des~f!l,blaufs des Spiels, kann dem Gebot einer effektiven Durchsetzung der Dienstleistungsfrei~'eit des Wettanbieters nur dadurch Rechnung getragen werden, dass (auch) der die unselb~tandige Teilhandlung erbringende Vermittler ohne ROcksicht auf seine Staatsangehorigkeit~;(ler fOr den Wettanbieter durch Unionsrecht gewahrleisteten Dienstleistungsfreiheit zur [;eltung verhelfen kann. · ·· '

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123. Diese Auslegung der Dienstleistungsfreiheit uberzeugt. Jede andere Auslegung,;.~wurde dazu fuhren, dass ein Dienstleister zur Ausubung seiner Rechte unterscheiden musste1, ob er im Empfangsstaat :mit einem Unionsburger oder einem Drittstaatsangehorigen

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zusammenarbeitet. Das kann nicht im Sinne der vollen Funktionsfahigkeit des Binn~~marktes sein, der auch dadurch gepragt ist, dass sich Drittstaatsangehorige in den Mitgliedsta~ten legal aufhalten und dort arbeiten dOrfen. Wohl deshalb hat auch der Gerichtshof- wie das BVerfG in seinem Nichtannahmebeschluss vom 3. September 2012 (1 Bvl 7/12) ausfOhrt'f;_ in der Gambe//i-Entscheidung im Rahmen eines Strafverfahrens gegen 138 WettverniLttler das vorlegende italienische Gericht verpflichtet, seine Rechtsprechung in allen Strafyerfahren unabhangig von der Staatsangehorigkeit der Beschuldigten anzuwenden. Es wird desbalb vom Gerichtshof keine erneute Klarstellung erwartet, dass sich die turkische Angeklagte~!n einem Fall mit den vorliegenden Besonderheiten auf das Unionsrecht berufen kann. ~}

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124. a) Das vorlegende Gericht bittet den Gerichtshof jedoch um Klarstellung, dass.Ja//e dem Staat zuzurechnenden Stellen die Verbotsnorm des Artikels 56 AEUV cind die unionsrechtlichen Grundsatze beachten und entgegenstehende nationale Norm~n oder Rechtspraktiken una·ngewendet lassen mossen. Zwar ist die Rechtsprechu;i)g zum Anwendungsvorrang bekannt. Danach haben sich ,aile Trager der Verwaltung eins¢1}/ie/Jiich der Gemeinden und der sonstigen Gebietskorperschaften diesem Vorrang zu beugenl/so dass sich der Einzelne ih,nen gegeniiber auf eine solche Gemeinschaftsbestimmung:f:berufen kann"( Gioia, Rn. 30). Auch ist die Rechtsprechung in den sportwettenrechtlichen und giOcksspielrechtlichen Verfahren bekannt, die zum Teil strafrechtliche Ausgangssac~verhalte betrafen und damit verdeutlichen, dass Strafverfolgungsbehorden, Gerichte und Ge~~tzgeber an den Anwendungsvorrang gebunden sind. Jedoch verbleiben angesichts des Nacodrucks, mit dem die Staatsanwaltschaft Kempten behauptet, das Verbot des Artikels 56 AEqy richte sich nicht an sie, sondern nur an den Gesetzgeber und allenfalls die Verwaltungsbehot;~en, die ein unionsrechtkonformes Erlaubnisverfahren einzurichten; hatten, letzte Zweifel hinsichtlich der insoweit zutreffenden Auslegung des Unionsrechts. . ;,'

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125. lb) Die Vorlagefrage 1 a) bezieht sich zudem auf die unterschiedlichen Auslegungen des Unionsrechts im Zusammenhang . mit den Folgen der Unionsrechtswidrigk~it des Sportwettenmonopols. Wieder Ausgangssachverhalt deutlich macht, hangt es gleichs~m vom Zufall ab, ob ein privater Wettanbieter erlaubnisfrei tatig sein dart oder verbot~n bzw. sanktioniert wird. Sogar innerhalb des Amtsgerichts Kempten divergieren die Auffassu~~en. Es ist daher notwendig, dass der Gerichtshof in Erganzung seiner Urteile vom 8. Septemq~r 2010 Klarheit Ober die Auslegung des Unionsrechts im Zusammenhang mit dem im ?,PIOStV geregelten Erlaubnisvorbehalt vor dem Hintergrund der fehlenden RechtfertigU:ng des Sportwettenmonopols. schafft. 'i',

126. Ein Richter am Amtsgericht, die Staatsanwaltschaft sowie das Landgericht Kkmpten meinen, ein Vermittlungsverbot sei nur unionsrechtswidrig, wenn es auf § 10 Abs. z; und 5 GIOStV gestutzt ist; dies bedeute aber nicht, dass ein privater Betreiber ohne Et;laubnis vermitteln dOrfe und § 284 StGB unanwendbar werde. Die Weisung des bay~hschen Staatsministeriums des lnneren vom 27. September 2010 zu den Vorabentscheidungsi!Jrteilen beruht sogar auf der These, der Gerichtshof habe in Markus Sto/3 und Carmen Me~ia den allgemeinen Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 S. 2 GIOStV generell als unionsrechtk(;>nform bestatigt (BI. 13 d. Akte). Die Argumente der oberen Verwaltungsgerichte zur Anwend:barkeit des Erlaubnisvorbehalts trotz der fehlenden Rechtfertigung des Monopols wurde~ oben dargelegt.

127. Mit Blick auf die Argumente der uliteren Verwaltungsgerichte bestehen Zweifel, ob diese Sichtweise unionsrechtlich zwingend ist. Die Systematik der Grundfreiheiten als an dert Staat gerichtete Verbotsnormen und die standige Rechtsprechung des Gerichtshofs im Bereich der Sportwetten und des GIOcksspiels seit den Urteilen Schindler, Zenatti, Gambelli und Pla"Cf3nica, insbesondere auch die Entscheidungen Winner Wetten, Carmen Media und Markus Stbf3 u.a. konnten gegen die isolierte Anwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts sprechen, da der EiJ1zelne durch eine gesetzliche Regelung unionsrechtswidrig von einer Erlaubnis ausgeschlosserf;ist.

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128. Das in § 1 0 Abs. 2 und 5 GIOStV enthaltene Verbot, einem privaten Wettanb'ieter eine Erlaubnis zu erteilen, steht in untrennbarem Zusammenhang mit dem Erlaubnisvor~.bhalt des § 4 Abs. 1 S. 2 GIO~tV. Der Erlaubnisvorbehalt ist ein zwingend notwendiges Elemedt, urn das Verbot des § 1 0 Abs. 2 und 5 GIOStV abzusichern. Ohne den Erlaubnisvorbehalt ~Orde das Ziel der Bundeslander und des GIOStV, die Veranstaltung von Sportwetten bei ihren staatlichen · Anbietern zu monopolisieren, ins Leere gehen. Die Regelung des § 10 Abs. 2 undi.S GIOStV verbietet namlich nur, privaten Veranstaltern oder Vermittlern eine Erlaubnis zu erteilen nicht aber private Wettangebote ohne deutsche Erlaubnis. Ein Verbot privater Betatigung i~ B~reich der Sportwette enthalt nur § 4 Abs. 1 S. 2 GIOStV. Eine unionsrechtliche Unanwendbarkeit des Sportwettenmonopols erfasst daher zwingend auch den Erlaubnisvorbehalt. f)\

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129. Ob der Erlaubnisvorbehalt dennoch tor Verbote oder Sanktionen herangezogefu werden kann, erscheint im Anwendungsbereich des Unionsrechts zweifelhaft. Die Rechtsp:raxis der Behorden und Gerichte, die Verbote oder Sanktionen mit dem · isolierten Erlaubnil\iorbehalt begrOnden und ein Erlaubnisverfahren fingieren, konnte unionsrechtlich unter dem ~~pekt der Rechtsicherheit und Rechtsklarheit bedenklich sein (dazu EuGH, Rs. C-445106'!'! Danske Slagterier, Rn. 33 f sowie BGH, Urt. v. 2.9.2009, Ill ZR 144/05; EuGH, Rs. C-334/94, Kommission/Frankreich, Slg. 1996 1-1337, Rn. 30; ebenso, EuGH, Rs. G-197/96, Kommission/Frankreich, Slg. 1997, 1-1489, Rn. 14; Rs. C-58/98, Kommissionlltalien, $1g. 2000, 1-1225, Rn. 17; Rs . .C-145/99, Kommissionlltalien, Slg. 2002, 1-2235, Rn. 30; vgl. auc.h EuGH, Rs. C-361/88, Komrnission/Deutschland, Slg. 1991, 2567, Rn. 24; EuGH, Rs. ~':.~-54/99, Scientology, Slg. 2000, 1-1335; EuGH, Rs. C-483/99, Kommission!Frankreich, Slg·i;':2002, 1-4781, Rn. 50). Der Gerichtshof hat ausgefOhrt, dass die Unvereinbarkeit des inners{~atlichen Rechts mit Unionsrecht nicht durch eine Gerichts- oder Verwaltungspraxis ausgeraur-Qt werden kann, sondern letztlich nur mithilfe verbindlichen innerstaatlichen Rechts, das denselben rechtlichen Rang hat, wie die zu andernden Bestimmungen. Diese Rechtsprechung fiatte das OVG MOnster im Urt. v. 29.11.2011 (4 A 17/04, Rn. 222 ff.) zum Anlass genomfnen, die Anwendung des Sportwettenmonopols in den Jahren 2006 und 2007 als unionsrecht~'/,lfidrig zu bestatigen, obwohl das BVerfG dem Freistaat Bayern gestattet hatte, unter be~timmten MaBgaben (Beginn der Herstellung eines MindestmaBes an Konsistenz) t~as als verfassungswidrig bestatigte Sportwettenmonopol weiterhin anzuwenden. :;1

130. Gegen die isolierte Anwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts spricht, dass es im Ra6men der Gewaltenteilung nicht Aufgabe der Behorden oder Gerichte ware, die Posit:ion des Gesetzgebers einzunehmen und dem GIOStV neue lnhalte zu geben und insbesori,dere ein Erlaubnisverfahren zu fingieren, urn dem Einzelnen dann das Fehlen einer E;rlaubnis entgegenzuhalten. Dem Gesetzgeber bleiben bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols viele Moglichkeiten. Er konnte auf jede spezialgesetzliche Regelung verzichten oder den ~arkt tor Sportwetten - wie in Schleswig Holstein - Ober ein unionsrechtkonformes Lizenzierungssystem freigeben. Der Gesetzgeber konnte auch versuchen, eine insgesamt systematisphe und koharente bundesweite GIOcksspielpolitik ohne jede fiskalische Ausrichtung zu schaffen und an dem Sportwettenmon6pol festhalten. Diese gesetzgeberischen Gestaltungsmoglf¢hkeiten durfen aber vom Rechtsanwender nicht zum Nachteil des Einzelnen vorwegge~ommen werden. "

131. Problematisch erscheint daher die Fiktion eines Lizenzierungsmodells, wie dies di~ oberen Verwaltungsgerichte vornehmen, urn dem Wettanbieter das Fehlen einer Erlaubnis {fnit dem Argument entgegenzuhalten, er bleibe auch bei Nichtanwendung des § 10 Abs. ·g und 5 GIOStV nicht erlaubnisfahig, weil einer Erlaubnis andere Bestimmungen des GIOStV pder der AusfOhrungsgesetze entgegenstehen. Mit dieser Rechtspraxis wird der Anwendung§vorrang von staatlichen Stellen genutzt, urn eine unionsrechtwidrige Regelung zum Nac~teil des Dienstleistungsempfangers gleichsam urn ihren rechtswidrigen Teil zu bereinigen: Es ist fraglich, ob sich das Unionsrecht in diesem Sinne auslegen und anwenden lasst. ·'

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132. Dabei ist auch zu berucksichtigen, dass der GluStV geschaffen wurde, urn das ,_tlllonopol, das der denkbar schwerste Eingriff in Grundfreiheiten ist, insgesamt zu rechtfertigen, gicht aber den isolierten Erlaubnisvorbehalt. Die Vermarktungsbeschrankungen und die r~~triktiven Bestimmungen uber Art und Zuschnitt von Sportwetten, die im GIUStV geregelt sin~. dienen zunachst einmal der Rechtfertigung des vollstandigen Ausschlusses privater Wettanpieter. Es erscheint daher unter dem Aspekt der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit fraglich,f!.i ob dem Einzelnen dann uber den Umweg des Erlaubnisvorbehaltes und der Unterstelluqg eines Lizenzierungsverfahrens entgegengehalten werden darf, er erfulle nicht die prima'r an die Monopoltrager und deren Vermittler gerichteten Beschrankungen. lnsoweit ist 1~uch zu berucksichtigen, dass das BVerwG in seinen drei Urteilen vom 24. November 2010;~[bestatigt hatte, dass sich die Vermarktungsbeschrankungen und die Bestimmungen des GluSt\Xiuber Art und Zuschnitt erlaubnisfahiger Sportwetten nur an die Monopoltrager und deren \lermittler richten. Es hat wortlich ausgetuhrt, dass die ';\

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,Bestimmungen Ober Art und Zuschnitt zulassiger Sportwetten und die Vorgaben (pr deren Vermarktung nicht, die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelq~g der Grundrechtsausabung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler betreffen. Sfe regeln nur das Angebot , der nicht grundrechtsfahigen staatlichen oder staatlich beh~.~rschten Monopoltrager." (BVerwG 8 C 13.09, Rn. 30; 8 C 14.09 und 15.09 Rn. 26) ·~; . ~

133. Selbst wenn diese hochstrichterliche Rechtsprechung unzutreffend sein sollte undj\sich dte Vermarktungsbeschrankungen des GluStV und seine Regelungen uber Art und 4:uschnitt erlaubnisfahiger Sportwetten auch an die durch das Monopol ausgeschlossenen ~;privaten Wettanbieter richten wOrden, ware fraglich, ob dem Einzelnen bei Unanwendbar~eit des Monopols diese Bestimmungen uber den Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werdef:l. durfen, indem ein Erlaubnisverfahren fingiert wird. Wer ohnehin durch ein monopolistischesi:JRegime ausgeschlossen ist, kann kaum damit rechnen, dass ihm bei Unanwendbarkeift dieses Ausschlusses gleichsam alternativ die Vorgaben entgegengehalten werden, die in er~ter Linie geschaffen wurden, urn den Ausschluss zu rechtfertigen. Das konnte wiederum uf\fer dem Aspekt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. bedenklich sein. Der Einzelne kann}~namlich nur schwer vorhersehen, welche konkreten Anforderungen im Rahmen eines unter:stellten Erlaubnismodells an ihn eigentlich gestellt werden. .,)

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134. Das Argument der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Kempten, die Angekl~gte sei strafbar, weil sie sich zunachst eine Erlaubnis durch die lnstanzen der Verwaltungsgerichte einklagen musste, erscheint unionsrechtlich ebenfalls problematisch. Die Angeklagte]rnusste auf ihr Recht auf fr~ien Dienstleistungsverkehr fUr unbestimmbare Zeit verzicht~n und gerichtlich etwas einklagen, das ihr die Behorden nach nationalem Recht nicht gebenj;~urften. Eine derartige Erschvvernis der Erbringung einer Dienstleistung lasst sich kaY,m mit zwingenden Erwagungen des Gemeinwohls rechtfertigen. Diese Rechtspraxis konnte gje valle Funktionsfahigkeit des Binnenmarktes sogar vollstandig vereiteln, wei((, eine Vermittlungserlaubnis eine deutsche Veranstaltererlaubnis voraussetzt, es aber :,~;:keinen nichtstaatlichen Veranstalter gibt, der eine Erlaubnis hat Eine Klage auf ErlaubnisE:{~eilung musste zwingend erfolglos sein, weil kein privater Wettveranstalter jemals eine E(Jaubnis bekommen hat. ·:

135. Zwar hat der Gerichtshof deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten die Veranstaltu~g oder Vermittlung von Sportwetten grundsatzlich von einer nationalen Erlaubnis abhangig rgachen konnen, auch wenn dies einen schwerwiegenden Eingriff in den freien Dienstleistungsyerkehr bewirkt. Der Gerichtshof hat aber auch klargestellt, dass ein solches System auf obje,ktiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen muss, darBit der ErmessensausObung durch die nationalen Stellen ' zum Schutz vor willkOtlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen gesetzt werden (Carmen Media, Rn. 87; Engi!,{mann, Rn. 55). Es ist fraglich, ob das System einer vorherigen Erlaubnis, wie es ein T$il der deutschen Rechtspraxi~ im Rahmen von Verbots- oder Strafverfahren zum Nachteil p'rivater

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Wettanbieter handhabt, diese MaBstabe erfullt. Da die Erlaubniserteilung ~esetzlich ausgeschlossen bleibt und ein Erlaubnisverfahren nur fingiert wird, lasst sich vertr~~en dass :,im Voraus" nur bel<annt ist, dass den Behorden eine Erlaubniserteilung gesetzlichJr~nt~rsagt JSt. . ~'

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136. Ob das Erlaubnissystem des GIUStV und der Ausfuhrungsgesetze der Bundesl~nder auf ,objektiven Kriterien" beruht, erscheint ebenfalls fraglich. Denn es wurde nicht fyr private Wettveranstalter und deren Vermittler geschaffen, sondern fUr die staatlichen Mon~poltrager und deren Vermittler. lm Rahmen der monopolistischen Zusammenarbeit {~wischen Wettannahmestellen und den staatlichen Monopoltragerh gelten Vorgaben im GIUSt~i und den AusfUhrungsgesetzen, die sich nicht ohne Abgrenzungsprobleme auf das Verhaltnis{zwischen privaten Veranstaltern und privaten Vermittlern Obertragen lassen. Z. B. ist nicht ersic~~lich, wie ein privater Wettanbieter eine Erlaubnis erhalten konnen soli, wenn diese nach § 4 Abs. 2 s. 1 GIOStV zu versagen ist, so bald das Veranstalten oder Vermitteln den Zielen .':ides § 1 zuwiderlauft. .· ..

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137. Es kommt hinz!J, dass die Zusammenarbeit der staatlichen Veranstalter ~it ihren Vermittlern nach dem GIOStV auf die Bekampfung von Suchtgefahren fokussJ~rt bzw. fokussieren musste (§ 1 GIOStV). Dieser Fokus lasst sich zum Nachteil privater Wef!anbieter kaum rechtfertigen, wenn das Sportwettenmonopol gerade deshalb unionsrechtswidrig' ist, weil die staatlichen Anbieter damit in Wirklichkeit illegitime Zwecke verfolgen. Dahe~ci:leuchtet schwer ein, privaten;wettanbietern im Rahmen von Straf- oder Untersagungsverfa~ren Ober den Weg eines unt~rstellten Erlaubnisverfahrens diejenigen Beschrankungen de~_,: GIOStV vorzuhalten, die fUr eine konsequente Ausrichtung der Monopoltrager auf die Bekamp'fung von Suchtgefahren geschaffen wurden, wenn die Monopoltrager in Wirklichkeit gar nich(!das Ziel der Bekampfung von Suchtgefahren verfolgen. :,1'

{iJ. 138. Es ist auch fraglich, ob der Erlaubnisvorbehalt den Anforderungen an die TraQ,sparenz

gerecht wird. Fur den privaten Erlaubnissuchenden ist weder im GIOStV nocli:~ in den AusfUhrungsgesetzen unmissverstandlich geregelt, welche Anforderungen letztlictf an ihn gestellt warden. Er weiB nicht einmal, an welche Erlaubnisbehorde in welchem Bund~sland er sich wenden soli, oder ob die Erlaubniserteilung nicht sogar Sache des Bundes ist, Weil eine bundesrechtliche Regelung ,unerlaubtes G/Ocksspief' unter Strafe stellt. AuBerdem s~1ellt sich die Frage, ob es mit dem VerhaltnismaBigkeitsgrundsatz vereinbar ist, dass sich ei1~privater Wettanbieter in 16 6undeslandern um eine Erlaubnis bemuhen musste, um hinr~1chende Sicherheit zu haben, dass er nicht wegen einer fehlenden Erlaubnis auf Unterla$,sung in Anspruch genommen oder sanktioniert wird. ·· ·'J:,:

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139. Die Argumentation des Freistaates Bayern, der Gerichtshof habe in Carmen M~dia den Erlaubnisvorbehalt des GIOStV gebilligt, durfte auf einem Missverstandnis dieser Ents~heidung beruhen. Die Antwort des Gerichtshofs auf die Vorlagefrage, ob das Fehle'f;l eines Rechtsanspruchs auf eine Erlaubnis mit Unionsrecht vereinbar ist, beruhte aut einem Sachverhalt, der die theoretische Moglichkeit einer Erlaubnis fUr private Spc{.rtwetten unterstellte. Die Angeklagte jedoch hatte im Tatzeitraum Januar 2012 keine r~~htliche Moglichkeit, sich eine Erlaubnis zu beschaffen. Dies war nach Bayerischem Landesr~¢ht, das den ausgelaufenen GIOStV und damit auch das Verbot, privaten Anbietern eine Erla§bnis zu erteilen, Obernommen hatte, gesetzlich von der Erlaubniserteilung ausgeschlossen. 1;;

140. Fraglich ist schlieBiich, ob sich an der Auslegung des Unionsrechts mit Blickf~auf die Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte etwas andert, die sich im Anschluss an die Urteile des BVerwG vom Juni/Juli 2011 gebildet hat (BVerwG v. 1.6.2011, 8 C 2.10.·;Rn. 55; BayVGH, Besch I. v. 12.1.2012, 10 BV 10.2271, Rn. 58). Danach soli der Erlaubnisvqrbehalt die vollstandige Untersagung und Sanktionierung privater Wettangebote tr~p: der Unionsrechtswidrigkeit des Staatsvorbehaltes in § 10 Abs. 5 GIOStV ,nur'' bei ,Fe~Jen der Erlaubnisfahigkeir rechtfertigen; bei Zweifeln Ober die Beachtung von Vorschriften Obe~ die Art

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~'!

~li und Weise der Ver~r~ittlungstatigkeit kamen zunachst Nebenbestimmungen in Betrc;t~ht. Zwar fUhrte diese Rechtsprechung im Ergebnis zur Aufhebung von monopci!istischen Verbotsverfugungen. So meinte der BayVGH in mehreren Urteilen vom 12. Januar 4~12, dass eine Untersagungsyerfugung ,nicht mit der im Berufungsverfahren nachges~hobenen Begrundung aufrechterhalten werden kann, der Betroffene besitze derzeit die nach §%4 Abs. 1 GWStV erforderliche Erlaubnis fur die Vermittlung von Sportwetten nicht und k6nne #J.e wegen bestehender bzw. vermutlicher Verst613e gegen materielle Erlaubnisvoraussetzungen[tauch gar nicht erhalten" (BayVGH, 10 BV 10.2505 u.a.). Dieses Ergebnis beruhte aber nichtlauf dem Anwendungsvorrang der Dienstleistungsfreiheit, sondern auf dem Umstand, ~ass die Untersagungsbehorden ihr Ermessen falsch ausgeubt hatten und dies nach d~utschem Prozessrecht in dem jeweiligen Untersagungsverfahren nicht geheilt werden kann. ;,:;;

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<' Zur Vorlagefrage 1 b) .. ..~~

141. Die Vorlagefrage '1 b) und bezieht sich auf diejenige deutsche Rechtsprechung, di~iin Straf­oder Untersagungsverfahren annimmt, die staatlichen Stellen wOrden bei einem e.J6ntuellen Erlaubnisantrag eines Vermittlers oder Veranstalters das Verbot des § 1 0 Abs. 5 Glil:StV nicht anwenden. Aus dieser Behauptung entnimmt ein Teil der Rechtsprechung die Rechffertigung fUr ein vollstandiges ~ Verbot oder die Strafbarkeit der Vermittlung von Sportwett~n ohne Erlaubnis. Wurde der Gerichtshof das Unionsrecht in diesem Sinne auslegen, k~'Qnte die Angeklagte den objektiven Tatbestand des§ 284 StGB erfullt haben. '~:;

:m 142. In einigen Bundeslandern argumentieren Behorden und Gerichte, die:~% private

Wettvermittlung konne verboten werden, weil die Beho,rde ein Erlaubnisverfahren 'auch fUr private Wettanbieter eroffnet habe. So meinte z. B. das OVG Niedersachsen 2011 (B~schluss v. 10.3.2011, 11 MC 13111 ), der Erlaubnisvorbehalt sei trotz der RechtswidrigKeit des Monopols gerechtfertigt. Es verwarf das Argument, die Erlaubnisvoraussetzungen fciti private Veranstalter seien nicht hinreichend bestimmt und nicht transparent, mit dem Hinweisi~Uf eine kurzfristig von der Behorde ubersandte ,Liste", die offenbar auf Erfahrungen mit den ~ntragen von gewerblichen Vermittlern (im Sinne von §§ 19 ff. GluStV) von Produkten der ,sta~tlichen" Lotteriegesellschaft beruhte. Vergleichbar argumentiert das Landgericht Kempten gegenuber der Angeklagtenim Beschluss vom 10. April 2012 (81. 222 der Akte). Sie sei strafbar[weil ihr zuzumuten sei, vor der Wettvermittlung einen Erlaubnisantrag zu stellen und eine Erlaupnis vor den Verwaltungsgerichten einzuklagen. Es ergebe sich ,aus der Rechtsprech~qg des BayVGH, dass fur jeden privaten Anbieter (und dann auch fur Vermittler) nunmehr iiuch die grundsatzliche M6glichkeit besteht, eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen." ·, '

't 143. Dieser tatsachlicheh Behauptung liegen allerdings weder die Rechtsprechung des ~~yVGH

noch veroffentlichte Dokumente Ober ein Erlaubnisverfahren bayerischer Behorden f[Jr;.~private Wettanbieter zu Grunde. Zwar hatten die bayerischen Untersagungsbehorden ~ohl in zahlreichen gerichtlichen Verfahren behauptet, einem eventuellen Erlaubnisantrag wafe nicht (mehr) von vornherein der Erfolg wegen des Sportwettenmonopols verwehrt (vgl. BayVGH vom 12. Januar 2012 (10 BV 10.2505). Mit Beschluss vom 26: Juni 2012 (10 Cs 12.522) ~bat der BayVGH allerdings klargestellt, dass an der Behauptung des Freistaates Bayern, eine ~rufung

. 4 von Erlaubnisantragen wurde ergebnisoffen erfolgen, durchgreifende Zweifel bestehen: ~~

,An substantiierten Darlegungen und Belegen fehlt es aber insoweit bisher. Erlaubrizbse fOr das Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten durch Private sind bisher jelfenfalls offenbar nicht erteilt worden. Dass dies allein an nicht ordnungsgema/3en Erlaubnisarjtragen

.· . .¢,

/age, ist fur den Senat nicht ersichtlich. Der Freistaat Bayern hat au/3erdem in Bezug ;:JUf aile Urteile des Senats, die auf die Unanwendbarkeit der das staat/iche Sportwettenn?pnopol begrundenden Regelung von §10 Abs. 2 und 5 GWStVin Folge des Anwendungsvb}rangs des Unionsrechts gestiltzt sind, a/s Beklagter oder durch den Vertreter des 6ffe~tfichen

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lnteresses Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit der B~grOndung erhoben, dass er die Auffassung des Senats zur Unionsrechtswidrigkeit der Monopo/regelung nicht teile. Aus allen diesen Grunden drangt sich dem Senat de~ Eindruck auf, dass der Freistaat Bayern am staatlichen Sportwettenmonopol bis zum Jrikrafttreten eines neuen G/Ocksspielstaatsvertrags festhalten und private Wettanbieter gef'ade nicht zulassen will. i'i·

144.Das BVerwG hat dies in seinen Urteilen vom 16. Mai 2013 (8 C 16.12 u.a., Rn. dh anders gesehen, allerdings .ohne zu konkretisieren, woher seine Erkenntnisse kommen. Es:ihat seine Auslegung des Unionsrechts, private Wettanbieter dlirften ,praventiv" vollstandig)};verboten werden, wenn fUr die. Untersagungsbehorde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung die ~.i:haterielle Erlaubnisfahigkeit nicht ,offensichtlich" sei, mit der Unterstellung untermauert, der\~~reistaat Bayern habe die Urteile des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass genorij·men, ein Erlaubnisverfahren fOr private Wettanbieter zu eroffnen (BVerwG, Rn. 58); es bedli.ff~ daher keiner naheren Prufling der VerhaltnismaBigkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorb;~halts fOr den Fall, dass kein.e Moglichkeit bestehe, eine Erlaubnis zu erlangen. Allerdings ~estehen Zweifel an diesem Sachverhalt. Zwar hatte die Regierung der Oberpfalz (81. 203(~204) im Januar 2012 der Polizei geschrieben, dass das Sportwettenmonopol jedenfalls s~.it einem Beschluss des BayVGH vom Marz 2011 nicht mehr angewendet werde. Andererseitsi;natte die Behorde aber zugleich klargestellt, dass eine Vermittlungserlaubnis eine Veranstalter~rlaubnis voraussetzt und Erlaubnisantrage von Wettvermittlern abgelehnt werden mussen, we.i'l aile im Ausland ansassigen Veranstalter keine bayerische Erlaubnis haben. AuBerdem 6'atte der Freistaat Bayern mit Schreiben vom 27. September 2010 die Weisung erteilt, das ';fv1onopol weiterhin anzuwenden und es ist nicht ersichtlich, dass diese Weisung zurOckge'Qommen wurde. Die Angeklagte hatte also selbst dann keine Chance auf eine Erlaubnis gehs.Bt, wenn sie von einer Praxis 9er Erlaubnisbehorde gehort hatte, dass das Sportwettenmono~ql einem eventuellen Erlaubnisantrag nicht entgegengehalten wird. Denn ihr im Ausland ari~assiger Vertragspartner hatte als Wettveranstalter keine Bayerische Erlaubnis und kO"nnte in Ermangelung einer Veroffentlichung der angeblich geanderten Behordenpraxis au¢h keine hinreichende Kenntni~ von einem Erlaubnisverfahren haben ·::.

:;.fi 145. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten bei der Ermittlung des genauen Sachverhalts tii,ttet das

vorlegende Gericht den Gerichtshof urn die Auslegung des Unionsrechts fUr den unter:stellten Fall, dass die Behauptungen des Landgerichts Kempten und des BVerwG in den Urtell,en vom 16. Mai 2013 zutreffen. Es ist daher zu unterstellen, dass der Freistaat Bayern (~ier die Regierung der Oberpfalz) im Tatzeitraum Januar 2012, einem eventuellen ErlaubnJ~antrag eines Wettvermittlers und eines Wettveranstalters eine Erlaubnis nicht mehr mit dem Argument

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verweigert hatte, die Erlaubniserteilung sei der Be horde gemaB§ 1 0 Abs. 2 und 5};GIOStV untersagt. ~.·

146. Bei diesem unterstellten Sachverhalt ist fraglich, ob ein unionsrechtkonformer Zustand im Verhaltnis zu der Angeklagten durch die bloBe Nichtanwendung des§ 10 Abs. 5 GIO$tV bei einem Erlaubnisantrag entsteht. Zunachst ergeben sich die gleichen Bedenken, dl~ unter Frage 1 a) dargestellt wurden. Ohne Gesetzesanderung ware fOr den Eilj!zelnen moglicherweise nicht mit hinreichender Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erkennbi:i.l', dass der Erlaubnisvorbehalt des GIOStV und dessen weitere Regelungen sowie die Regelun~en der AusfOhrungsgesetze eine von dem Monopol unabhangige Bedeutung zur Regeh.ing des Marktverhaltens privater Wettanbieter haben sollen. Weil der GIOStV urf.d die AusfOhrungsgesetze private Wettanbieter von vornherein ausschlieBen, kann sich der ~i.hzelne kaum darauf einstellen, dass dessen Regelungen auch auf private Wettanbieter in:;}einem . Erlaubnisverfahren anzuwenden sein sollen, das nicht veroffentlicht wird. 'r

147. Es stellt sich auch die Frage, ob ein privater Wettanbieter damit rechnen muss, d~'$s ihm das Fehlen einer Erlaubnis mit dem Argument entgegengehalten wird, er sei zwar nicht:f{mehr) generell nach § 10 Abs. 5 GIOstV von einer Erlaubnis ausgeschlossen, sehr wohl aber,l.~eil er

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in einem eroffneten Erlaubnisverfahren wegen der Nichteinhaltung des Vorgaben d~~ GIOStV nicht erlaubnisfahig ist. Diese Rechtspraxis wirft Fragen zur Auslegung der Grund~:atze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit auf. Der GIOStV wurde mit dem Monor!t;ol, dem Erlaubnisvorbehalt und mit den Vermarktungsbeschrankungen sowie den Bestimmuri.Qen Ober Art und Zuschnitt von Sportwetten unter dem Eindruck der Entscheidung des BV~rfG vom 28.3.2006 und der Gambe//i-Entscheidung ausgearbeitet, urn den totalen Ausschlus~ privater Anbieter zu rechtfertigen, nicht urn ihr Marktverhalten zu regeln. ;~:

148. Die Rechtspraxi~ des Landgerichts Kempten und des BVerwG wirft auch die Frag~ auf, ob ein unterstelltes Erlaubnisverfahren hinreichend transparent im Sinne der Rechtsprec~ung des Gerichtshofs ist, wenn damit keine entsprechende Gesetzeslage einhergeht, die Ges~tzeslage vielmehr weiterhin die Erteilung einer Erlaubnis an private Anbieter verbietet. Zw~r ist zu unterstellen, dass die Erlaubnisbehorde einem eventuellen Antrag nicht das Verbotiides §10 Abs. 5 GIOStV entg~genhalt. Es ist aber nicht ersichtlich, wie ein Wettanbieter ein:~ solche Behordenpraxis in Erfahrung bringen soli, wenn sich diese nicht in einem Gesetz o~:l"er einer Verordnung findet. Der Gerichtshof verlangt, dass aile Bedingungen und Modalitat~n eines Erlaubnisverfahrens klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit aile durchs~hnittlich fachkundigen lnteressenten bei Anwendung der Oblichen Sorgfalt die genaue BedeJt~ng der lnformationen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen konnen, und zum ande~~n dem Ermessen der konzessionserteilenden Stelle Grenzen gesetzt werden. Und der Grun4~atz der Rechtssicherheit gebietet, dass Rechtsvorschriften in ihren Auswirkungen vorhersehpar sind (Costa/Cifone, Rn. 73, 74). Es erscheint zweifelhaft, ob ein Erlaubnisverfahren.Pdessen Existenz erst vor Gericht oder frOhestens in einem Verbots- oder Strafverfahren b~hauptet wird, diese Anforderungen erfOIIt. f

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149. Diese Zweifel bestehen umso mehr, weil im Ausgangsverfahren die tor staatliche Wettanbieter zustandige Erlaulbnisbehorde gegenOber der Polizei klarstellt hatte, q~ss ein Vermittler eine Erlaubnis nur erhalten kann, wenn auch der Veranstalter eine solche in~,¢hat.

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Zur Vorlagefrage 1 c) 1:: ;~i

150. Diese Frage erganzt die Fragen 1 a) und 1 b) und nimmt konkret Bezug auf d,l,~ Mitte August 2013 veroffentlichte Rechtsprechung des BVerwG in den Urteilen vom 16. Mai;t?013 (~ C 16.12 u.a.) und vom 20. Juni 2013 (BVerwG 8 C 39.12.). Das BVerwG meint nunrri~hr, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine ,praventive" vollstandige Untersagung ,bis zur Klii~Ung der nicht monopolabhangigen Erlaubnisvoraussetzungen", es ~ei denn, die nicht erlaubte '{,atigkeit erfOIIe die materiellen Voraussetzungen und dies sei tor ~ie Untersagungsbehorde (q,!~ nicht identisch mit der Erlaubnisbehorde ist) ,im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensicht/i¢7), d. h. ohne weitere PrOfung erkennbar" (BVerwG, 8 C 16.12 u.a., Rn. 55 ff.). Verbleiben }.pei der Untersagungsbehorde Unklarheiten · oder Zweifel an der ErfOIIung aller mat~riellen Erlaubnisvoraussetzungen, soli ein dauerhaftes ,praventives" Verbot unionsr$chtlich gerechtfertigt sein. Das BVerwG bezieht sich in Rn. 57 fOr diesen Ansatz auf das Urteil des EuGH vom 24. Januar 2013 in der Sache Stan/eybet Int. Ltd. (C-186/11 u.a.) ·

151. Mit Blick auf die Effektivitat und die unmittelbare Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit bestehen Zweifel, ob diese Auslegung des Unionsrechts und dieses Verstandnis des ur;teils C-186/11 richtig ist. Wenn der monopolistische Staatsvorbehalt unionsrechtlictil: nicht gerechtfertigt ist, aber gesetzlich fortbesteht, lasst sich argumentieren, dass ,§chwer einzusehen ist, weshalb sich die Dienstleistungsfreiheit nicht gegenOberk dem Erlaubnisvorbehalt des ·GIOStV durchsetzen soli. Wie das BVerwG in mehreren Urteii~,P vom 20. Juni 2013 bestatigt, :verfolgt das Sportwettenmonopol illegitime Zwecke. Dann kann ~~i.ir den . Erlaubnisvorbehalt eige,ntlich nichts anderes gelten, denn dieser sichert den Staatsvd[behalt ·. bei der Erlaubniserteilung ab und ohne den Erlaubnisvorbehalt liefe das Verbot des § 1 O~;A.bs. 5 GIOStV ins Leere. '~\

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152. Es erscheint auch fraglich, ob der Gerichtshof von den unionsrechtlichen GrJhdsatzen wonach dem Einzelnen das Fehlen einer Erlaubnis nicht entgegengehalten werden dart, wen~ er von der Erlaubniserteilung unionsrechtswidrig ausgeschlossen wird ist in der Rechtssache C-_186/11 abge~ichen ist. Der griechische Sachverhalt, den der Ge;ichtshof zur ~rundlage se1ner Entsche1dung gemacht hat, unterscheidet sich von dem hiesigen Ausgangsyertahren und dem Ausgangssachverhalt des BVerwG. In der Rs. C-186/11 hatten inte.tnationale Wettveranstalter eine Erlaubnis entsprechend derjenigen des OPAP (des gri¢,chischen privatisierten Monopolisten), also wohl mit langfristiger Geltung beantragt und vor gri~chischen Gerichten eingeklagt. Es ging in der Rs. C-186/11 also weder urn ein vollstandiges Vekbot noch urn eine strafrechtliche Sanktion wie im Ausgangsfall und wie in den vom:.;!BVerwG entschiedenen Fallen. Der Gerichtshof hat auch nicht geurteilt, bis zum Abschluss det Prufung der Erlaubnisantrage der klagenden Wettanbieter durften diese ,praventiv" vollstandiglfverboten und mit Sanktionen belegt werden. Eine solche Interpretation der Entscheiq~ng des Gerichtshofs in der Rs. C-186/11 erscheint vielmehr fernliegend, weil der Gerich(eyhof eine Obergangszeit tor die Anwendung des unionsrechtlich nicht gerechtfertigten griethischen Monopols in Rn. 38 des Urteiles gerade verneint hat. ~1

153. In seiner Entscheidung zum OPAP druckt der Gerichtshof daher wohl lediglich ~~s. dass die Unionsrechtswidr:igkeit eines Monopols nicht zur sofortigen Pflicht fOhrt, Erlaub.;Qisse tor mehrere Jahre zu erteilen. Denn diese konnten dann einer moglicherweise unionsrec~lkonform geanderten GIOcksspielpolitik entgegenstehen. Aus dem Urteil lasst sich aber kaumS~bleiten, eine ,praventive" dauerhafte Untersagung sei unionsrechtlich stets gerechtfertigt, werj(l tor die Untersagungsbehorde ,im Zeitpunkt ihrer Entscheidung" nicht ohne weitere f'Prufung ,offensichtlich" ist, dass die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen vom Vermittler unq, seinem Veranstalter erfullt sind. :~<.

154. Die Rechtsprechung des BVerwG, wonach ein ,praventives" vollstandiges} Verbot gerechtfertigt sein soli, wenn fur die Untersagungsbehorde nicht ,offensichtlich, q:h ohne weitere Prufung erkennbar war", dass die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erlUIIt sind, wirft auch deshalb Fragen zur Auslegung der Grundfreiheiten und der Rechtsprec~~ng des Gerichtshofs auf, weil grundsatzlich die Mitgliedstaaten di.e Darlegungs- und Beweisla~t tor die Rechtfertigung vollstandiger Verbote und strafrechtlicher Sanktionen haben. E$:1~ konnte unionsrechtlich problematisch sein, eine ,praventive" VerbotsverfOgung oder strafr~;ehtliche Sanktion als gerechtfertigt anzusehen, weil aus Sicht der Untersagungsbehorde UnkJ~rheiten oder Zweifel an der, ErfOIIung der (nicht monopolabhangigen) Erlaubnisvorauss~~ungen

vorliegen sollen. Bei der Sichtweise des BVerwG tragt namlich nicht die eingreifende ':f~ehorde die Darlegungs- und Beweislast tor die Rechtfertigung ihres Eingriffs, sondern der ~~rmittler musste beweisen, dass er und sein Veranstalter ,offensichtlich" aile Erlaubnisvoraussetzungen erfullen und dies, obwohl die Lander mit der Monopolisierung von Sportwetten IJlegitime Zwecke verfolgen. Diesen Beweis zu erbringen, erscheint zudem praktisch unmogli~h. Der Vermittler hat keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte, welche Anforderungen er eigentlich erfullen musste und die Untersagungsbehorde ist insoweit auch nicht unterstotzerl'd tatig. AuBerdem bedarf die Vermittlungserlaubnis zunachst einer Veranstaltererlaubnis uiid dem Vermittler ist es nicht moglich, die Erfollung der Erlaubnisvoraussetzungen durch den Veranstalter darzulegen.

155. Die Auslegung de$ Unionsrechts durch das BVerwG erscheint auch deshalb proble~atisch, weil die Untersagung:sbehorde nicht darlegen und nachweisen muss, dass die von'-).;ihr als ,offensichtlich erfilllf' geforderten materiellen Erlaubnisvoraussetzungen aile Anford~rungen zur Rechtfertigung von Beschrankungen der Dienstleistungsfreiheit erfullen, obwo~;t, diese Erlaubnisvoraussetzungen nicht fOr private Wettanbieter und deren Vermittler, son.gern in . erster Linie zur Rechtfertigung des Monopols geschaffen wurden. Es ist daher auch tnsoweit fraglich, ob das BVerwG die grundsatzliche unionsrechtliche Darlegung~¥ und

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Beweislastverteilung bei der Rechtfertigung von Eingriffen in die Grundfreiheiten ~enugend beachtet hat. '''

i~i 156. Das BVerwG rechtfertigt seine Auslegung des Unionsrechts mit der Erwag:!Jng, die

,praventive" vollstandige und dauerhafte Untersagung sei notwendig, urn ,die K(ijrung im Er/aubnisvertahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte ·,~Tatigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprilfte Gefahren verwirklicht werden" (BV~iwG, 8 C 16.12, Rn. 55 am Ende). Ob diese Erwagung den vom Gerichtshof anerkannten Rechtfertigungsgrunden fUr die Negation der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sp;6rtwetten entspricht, ist sehr fraglich. Es dOrfte auch problematisch sein, von ,ungeprOften" Ge{~hren zu sprechen, obwohl die Behorde fUr die Rechtfertigung ihres Eingriffs grundsatzlich da~egungs­und beweispflichtig ist und deshalb Gefahren prOfen mOsste, bevor sie eine Tatigkeitl;Yerbietet oder sanktioniert. Auch erscheint schwer nachvollziehbar, dass das BVei~G im Zusammenhang mit Sportwetten von ,ungeprOften Gefahren" spricht, urn vollstandigejverbote zu rechtfertigen. Di~ Bundeslander selbst veranstalten und vertreiben seit Ober 2~; Jahren Sportwetten mit festen Quoten und die Rechtsstreitigkeiten mit privaten Wettbewerbenti dauern seit Ober einem Jahrzehnt an. O.t;.:

r ~ 157. Weil sich der Ausgangssachverhalt sowohl auf den GIOStV als auch auf qJe neue

Rechtslage unter dem GIOAndStV erstreckt, ist es erforderlich, dass der Gerichtshqf zu der Auslegung des Unionsrechts im Zusammenhang mit der dargelegten neuen RechtsRtechung des BVerwG eindeutig Position bezieht. Die Rechtsprechung des BVerwG wird auswel~lich der erwahnten Entscheidungen der oberen Verwaltungsgerichte aus Sachsen-Anhalt (B~schluss vom 8. November 2013, 3 M 244/13) und aus Rheinland-Pfalz (OVG Koblenz, Uil[eil vom 10.9.2013, 6 A 10447/13) schon zum Nachteil privater Wettvermittler ubernommen. ?;;, . ~

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H; Zur Vorlagefrage 2) ;,;:

158. Die zweite Frage zum ersten Tatvorwurf wird gestellt, weil in der d~~tschen Rechtsprechung divergierende Ansichten dazu bestehen, ob ein nicht notifiziertes[fGesetz eines Bundeslandes mit dem ~nhalt des ausgelaufenen GIOStV insgesamt unanwengbar ist oder nur hinsichtlich seiner technischen Vorschriftem oder, wie das Oberlandesgericht&l;3remen meint, Oberhaupt nicht: Die Wettvermittlung durch die Angeklagte ware im Zeitpunkt d~~ ersten Strafvorwurfs nicht strafbar, wenn die fehlende Notifizierung dazu fOhrt, da~s der Erlaubnisvorbehalt des. GIOStV als bayerisches Landesrecht nicht anwendbar ist. Dass~lbe gilt, wenn die restriktiven Bestimmungen des GIOStV, die von den Gerichten oder Behof'_C:fen im Rahmen eines unterstellten Erlaubnismodells der Erlaubnisfahigkeit eines Veranstalt~rs und oder Vermittlers entgegengehalten werden, wegen der fehlenden Notifizierung nicht anwendbar sind. ·;·

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159. FOr die Notifizierungspflicht des bayerischen AusfOhrungsgesetzes spricht, dass d~tnit der monopolistische Erlaubnisvorbehalt Geltung durch ein Landesgesetz erlang~. Ein Landesgesetz mit dem ~~halt des GIOStV erscheint als ,wesentliche Anderung" im Si9,he der Richtlinie. Ohne diese Anderung waren die monopolistis'~hen Beschrankungen des !(GIOStV namlich ersatzlos weggefallen. Die Oberlegung des OLG Bremen, eine Notifizierung·~pflicht bestehe nicht, weil der GIOStV gemaB § 28 auch durch Beschluss der Bundesland9,'r hatte verlangert werden konnen, ist zwar nicht von vornherein von der Hand zu weisenf~ Diese Erwagung konnte die lnformationsrichtlinie aber auch leerlaufen lassen, weil die Verlarfgerung des GIOStV gerade nicht erfolgt ist. r;

160. Die Notifizierung eines Landesgesetzes mit dem lnhalt des ausgelaufenen GIOStVr1konnte insbesondere deshalb notwendig gewesen sein, weil die Gerichts- und die Behordenpr~~is fUr die Untersagung oder Sanktion privater Wettvermittlung eine fiktive ErlaubnisprOfung ~nhand der beschrankenden Regelungen des GIOStV vornimmt. So scheidet die fiktiv g~prOfte

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Page 46: Vorlagebeschluss des AG Sonthofen

J::IICfuurH:sr~nrgKerr ~acn Ansrcht zahlreicher Obergerichte aus, wenn das prim~'r an die Monopoltrager gerrchtete lnternetverbot oder das Verbot von Live-Wetten dbrch den Veranstalter oder Vermittler nicht beachtet wird (vgl. nur BayVGH, Urt. v. 12.1.20i2. 1 o BV 10.2~25, Rn. 67, OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6.2.2012, 1 S 161.11). Diese1yorgaben an d1e Vermarktung und an Art und Zuschnitt von erlaubnisfahigen Sportwetten die:;Gerichte und Behorden im: Rahmen eines unterstellten Lizenzierungsmodells prOfen{! dOrften Vorschriften betreffend Dienste im Sinne von Art. 8 der Richtlinie 98/34/EG sein. Werden diese Bestimmungen als nicht notifiziertes Landesrecht auf private Anbieter angewend~l. sei es mittelbar oder unmittelbar, konnte darin eine Verletzung ger lnformationsrichtlinie lieg~f,.

·:.: ~~: ;' ~:.:-)

Zur Vorlagefrage 3) ·;

161. Die dritte Frage w.i_rd gestellt, weil die Strafbarkeit der Angeklagten fOr den Tatze.i!raum ab lnkrafttreten des GIOAndStV entfiele, wenn das Konzessionsverfahren in seiner rechtlichen Ausgestaltung oder praktischen Handhabung nicht den unionsrechtlichen Anfor~erungen entspricht, die der Gerichtshof klargestellt und konkretisiert hat. Entscheidungserheqjjch ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Rechtslage und die Praxis des Konzessionsv~rfahrens im angeklagten Tatzeitraum, der sich bis zum November 2012 erstreckt, sondern (auch der weitere Verlauf des Konzessionsverfahrens. Denn wenn das Konzessionsverfahren §ich nach dem angeklagten Tatzeitraum in seiner rechtlichen Ausgestaltung und/oder pr~,ktischen Handhabung als unionsrechtswidrig erweist, konnte der Angeklagten das Fehi.~n einer Erlaubnis erst Recht :nicht fOr den vorherigen Zeitraum vorgeworfen werden. Es mo$~te auch nicht Ober die sehr,problematische Frage entschieden werden, ob und gegebene~falls wie lange es Wettvermittler im Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit hi~nehmen mOssten, dass ihre Tatigkeit sanktioniert oder verboten wird, obwohl s!!e eine Vermittlungserlaubnis (noch) nicht erhalten konnen, weil dies einen Konzessionar vor~ussetzt, Konzessionen aber aus Grunden nicht vergeben wurden,. auf die der Vermittler keine~~Einfluss h~. ~

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162. Die dritte Frage wird auch mit Bezug zu den Urteilen des BVerwG vom 16. Mai 2013 gestellt, weil das BVerwG unter Hinweis auf die Rs. C-186/11 meint, einem privaten \t:~rmittler konne ,praventiv" die AusObung der Dienstleistungsfreiheit vollstandig untersagt werde:m, wenn er und der Veranstalter - aus Sicht der Untersagungsbehorde- nicht ,offensichtl!ch" aile materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfOIIen. Diese hochstrichterliche Rechtsp.i"echung konnte unionsrechtlich einen unverhaltnismaBigen Eingriff in die Dienstleistung

1sfreiheit

darstellen, weil es angesichts der komplexen Voraussetzungen fOr eine Konzession R'raktisch unmoglich ist, dass ein Wettvermittler gegenOber einer Untersagungsbehorde darleg{; er und der Veranstalter erfOIIten ,offensichtlich" aile materiellen Erlaubnisvoraussetzungen. Nachdem das Land Hessen mit E-Mail vom 14. November 2013 in Abkehr von frOheren Verlautbarungen ausgefOhrt hat, kein Konzessionsbewerber, auch nicht die staatlichen Bewerber, hatten die ErfOIIung der Mindestvoraussetzungen fOr eine Konzession ,in prOffahige~l' Form" nachgewiesen, kann die Anwendung der jOngsten Rechtsprechung des BVerwG daz~·: fOhren, dass das unionsrechtswidrige Sportwettenmonopol jedenfalls faktisch d.~uerhaft aufrechterhalten bleibt, denn die staatlichen Anbieter brauchen nach der Obergangs~orschrift des § 29 GIOAndStV bis ein Jahr nach Konzessionsvergabe keine Veranstalterkonzes~ion. Hat aber kein potentieller Konzessionar einen ,prOffahigen" A1;1trag abgegeben, kann ein V$rmittler seine ,offensichtliche" Erlaubnisfahigkeit unmoglich nachweisen. i.

163. Vor diesem Hintergrund bittet das vorlegende Gericht den Gerichtshof urn Auslegung der Dienstleistungsfreiheit und der unionsrechtlichen Grundsatze im Zusammenhang .init den Besonderheiten des Konzessionsverfahrens des GIOAndStV. Diese Besonderheifen sind - nicht abschlieBend - als Unterpunkte zu der dritten Frage aufgefOhrt und beschran~en sich auf Umstande, die bis,.·,zum 14. November 2013 eingetreten sind. ·•

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·~~ Zur Unterfrage 3 a) .~,

164. Diese Unterfrage wird gestellt, weil das Konzessionsverfahren fUr Wettveranstalt~t von der Konzessionsstelle und dem Glucksspielkollegium zusammen mit d~rjenigen Rechtsanwaltskanzlei durchgefOhrt wird, die seit Jahren das Sportwettenmonopql tor die Bundeslander und fjjr ihre Lotterieunternehmen gerichtlich und aur!ergerichtlich yerteidigt. Diese Rechtsanwaltskanzlei hat zwar Erfahrung im rechtlichen Bereich der Sportw$jten. Sie konnte aber durch ihre langjahrige einseitige lnteressenswahrnehmung tor die Bun~'ftslander und deren Lotteriegunternehmen ungeeignet sein, ein neutrales und wil)kurfreies Konzessionsverfahren zu gewahrleisten, in welchem Lotterieunternehmen der Buna~slander sowie ein von diesen errichtetes Gemeinschaftsunternehmen (Ods GmbH) gegen private Wettbewerber urn eine der maximal20 Konzessionen ringen mussen. f~

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·. 165. CBH begleitet das Konzessionsverfahren nach Auskunft des hessischen Ministeriums ,rechtlich beratend und formuliert Vorschlage". CBH hat aber auch die g~tichtliche Verteidigung der Konzessionsstelle gegen Klagen privater Wettveranstalter ubernoni'fhen, die darauf gerichtet sind, das Konzessionsverfahren von verne zu beginnen. :~

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166. Der Gerichtshof hat zu dem Grundsatz der Transparenz in einem Konzessionsverf~hren im Bereich der Sportwetten ausgefOhrt, dass dieser die Gefahr von Gunstlingswirtschaft '~der von willkurlichen Entscheidungen der Vergabestelle ausschlier!en soli (Costa/Cifone, \f:in. 74). Fraglich ist deshalb, ob ein Konzessionsverfahren unionsrechtswidrig ist, wenn dieses [,echtlich beratend von denjenigen Anwalten begleitet wird, die seit Jahren tor die st~:atlichen Monopoltrager und die dahinter stehenden Bundeslander das Sportwettenmonopol ~erteidigt haben. Da mit dem Sportwettenmonopol unstreitig il/egitime Zwecke verfolgt wurden, sfellt sich insbesondere die Frage, ob dadurch, dass CBH das Verfahren rechtlich beratend ~~gleitet, Vorschlage formuliert und die Konzessionsstelle vor Gericht vertritt, eine Gef~hr von Gunstlingswirtschaft im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs entsteht. Die$~) scheint jedenfalls nicht vor vornherein ausgeschlossen. Fur die staatlichen Lotterieunternehrtnen als Wettberber privater Anbieter im Rahmen einer sehr begrenzten Anzahl von Konz~~sionen konnen zahlreiche • Vorteile dadurch entstehen, dass ihre Rechtsanwalt~ das Konzessionsverfahren' begleiten und vor Gericht gegen Konzessionsbewerber ve~~idigen. Zum Beispiel genOgt schon eine Verzogerung des Konzessionsverfahrens, denn dannj~konnen die staatlichen Lotterieunternehmen, die erst ein Jahr nach KonzessionsvergabeWur die Veranstaltung von Sportwetten eine Konzession nach dem GluAndStV benotig~en, ihr ungerechtfertigtes Monopol weiter ausuben. :~.

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167. Zu beachten ist, dass die Beeinflussung des Konzessionsverfahrens zu Gunsten der staatlichen Lotterieunternehmen und der Bundeslander im Sinne einer zumindest faktischen Aufrechterhaltung des Monopols tor CBH letztlich auch als Berufspflicht verstanden '~erden konnte. Die Bundeslander haben mit dem GIOAndStV das Monopol fOr die be,grenzte Experimentierzeit nicht freiwillig, sondern erst auf Druck der privaten Anbieter und der Q;erichte gelockert und die deutsche Berufsordnung for Rechtsanwalte (BORA) nennt in § 1 Absa~ 3 als Pflicht des Rechtsanwalts insbesondere als Aufgabe: ,seine Mandanten vor Rechtsv'firlusten zu schOtzen, ... ". Es besteht also die Gefahr, dass CBH es sogar als gesetzlich~~\Pflicht empfindet, die Landeslotterieunternehmen vor dem Rechtsverlust zu bewahren, der mi.t; einem rechtskraftig abgeschlossenen unionsrechtkonformen Konz;essionsverfahren einhergeh~~~·

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Zur Unterfrage 3 b) :;••

168. Die Unterfrage 3 b) wird gestellt, weil in der Ausschreibung fUr die maxirpal 20 Konzessionen, die am 8. August 2012 im Amtsblatt veroffentlicht wurde, keine Einzelh~]ten zu

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den Konz~ssionsanforderungen benannt wurden. lnteressenten konnten auf der Gruriplage der Ausschrerbung kaum abschatzen, ob sie eine hinreichende Chance auf eine K'6nzession haben. In der Ausschreibung wird auf ein lnformationsmemorandum verwiesen das nur den Teilnehmern, die sich fOr die zweite Stufe qualifizieren, mitgeteilt wird: ' ,,

,Aile Einzelheiten zu den Mindestanforderungen an die vorzulegenden Konzepte:pnd zum Wort/aut der Obrigen Erklarungen und Nachweise sowie zur Auswahl der Konz.essionare werden den Bewerbern, die sich fOr die zweite Stufe qualifiziert haben (dann Antragsteller genannt), mit der Aufforderung der Antragstellung in einem lnformationsmemorandum mitgeteilt. II r~

< .i': 169. Entsprechend wurde auch im Frage-Antwort-Katalog (Nr. 24 und 27) ausgetuhrt

1.,:dass die

Vergabestelle nicht \terpflichtet sei, die spezifischen Auswahlkriterien bereits im Ra~'men der ersten Phase des Ve:rfahrens mitzuteilen: 1?

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,Die Kriterien im Detail werden denjenigen Bewerbern, die sich fOr die Antra'gstellung qualifizieren, mit . der Aufforderung zur Antragstellung mitgeteilt. Eine Verpflic~r,ung zur Mitteilung der spezifischen Auswahlkriterien bereits. im Rahmen der ersten P#ase des Verfahrens ergibt sich weder aus dem europaischen Gemeinschaftsrecht noch ';?us dem GIOStV. . . . Die Anforderungen an die Konzepte werden den Bewerbern, die sic.b fOr die zweite Verfahrensstufe qualifiziert haben, im Rahmen des lnformationsmemq[andums mitgeteilt werden. Eine vorherige Bekanntgabe ist fOr die Entscheidung O~er eine Bewerbung nicht erforderlich. II ;

170. Diese . Praxis konnte unionsrechtlich einen unverhaltnismaBigen Eingriff F in die Dienstleistungsfreiheit der Wettveranstalter und damit auch der Angeklagten als Vet)'nittlerin, die fOr eine nach qeutschem Recht legale Tatigkeit einen konzessionierten Ver:~nstalter benotigt, darstellen. Der Angeklagten und anderen Wettanbietern in einer verglei~hbaren Situation durfte dann das Fehlen einer Erlaubnis nicht entgegengehalten werden. Es rf;i'ag zwar sein, dass eine vorherige Bekanntgabe der Anforderungen fOr die ,zweite" Verfahrensstufe fOr die Entscheidung der staatlichen Stellen Ober die Bewerbung auf der ersten Stt;lfe nicht erforderlich ist. Darauf wird es unionsrechtlich jedoch eher nicht ankommen. MaBsta~ tor die unionsrechtliche Transparenz durfien namlich nicht die lnformationen sein, ;~ie die Konzessionsstelle fur eine Entscheidung benotigt, sondern was die grenzubersq~reitend tatigen Dienstleister an lnformationen benotigen, urn unter verhaltnismaBigen Umstan~,en eine Konzession zu erlangen. ·;

. ' 171. Weil maximal 20 Konzession vorgesehen sind, sich aus Sicht eines ;;r;>rivaten Wettbewerbers aber voraussichtlich 16 deutsche Landeslotterieunternehm€1h und gegebenenfalls auch ein von diesen gegrundetes Gemeinschaftsunternehmen urn ein~ der 20 Konzessionen bemuhen wOrden, konnte die deutsche lnformationspraxis unter dem Aspekt der Transparenz problematisch sein. Potentielle lnteressenten, die tor die Angeklagte pote~tiell als Vertragspartner mit deutscher Erlaubnis in Betracht kommen, konnten durch eine d~rartige Erschwernis bei der Beurteilung der Anforderungen tor eine Veranstalterkonzession. davon abgehalten werden, uberhaupt an dem Verfahren teilzunehmen.

Zur Unterfrage 3 c) ;••,

172. Diese Frage wird vor dem Hintergrund gestellt, dass das Konzessionsverfahren na,ch der Ausschreibung vom 8. August (dort Abschnitt VI. 3) vorsah, dass aile Bewerber auf der.zweiten. Stufe des Verfahrens Gelegenheit erhalten, dem hessischen Ministerium tor lnneres un~ Sport. personlich ,ihre ~icherheits-. und Sozialkonzel?te vorzustellen, zu bespre~hen un~ bin?£tf1 einer von der Konzesstonsgeber m festge/egten Fnst ggf auch nochmals zu uberarbetten. i;t)as VG Wiesbaden hatte im Beschluss vom 30. April 2013 ausgetohrt, dass es mit dem Grund~atz der Transparenz nicht vereinbar ist, dass bis Ostern 2013 nur 14 von uber 40 Bewerbern ~uf der

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zweiten Stufe Geleg~nheit erhielten, personlich ihre Kon~epte vorzustellen, zu bespr:hen und gegebenen.falls zu Oberarbeiten. Die Obrigen Bewerber hingegen waren mit ihrer B~~e. diese Gelegenhe1t auch zu bekommen, erst bei der Konzessionsstelle und dann auchl bei den Verwaltungsgerichten mit dem Argument gescheitert, es fehle (de~~it) ein Rechtsschutzinteresse fur gerichtlichen Rechtsschutz. ·

''· 173. Diese Praxis konnte zu einer ungerechtfertigten und diskriminierenden BenachteiHgung der nicht eingeladenen Bewerber gegenuber den eingeladenen Bewerbern gefOhrt hapen. Der Angeklagten konnte dann das Fehlen einer Erlaubnis nicht vorgeworfen wer~en. Die Konzessionsstelle hat in ihren inhaltlich weitgehend identischen Schriftsatzen an®idas VG Wiesbaden klargestellt, dass nur diejenigen Bewerber eingeladen wurden, die eine Ci)~nce auf den Erhalt einer Konzession haben. Die nicht eingeladenen Bewerber hingegen sei¢n schon an den .,nicht verhande/baren" Mindestvoraussetzungen gescheitert; es sei sogar .. e!ne reine Farce", wenn sie die Chance zur personlichen Prasentation ihrer Konzepte bekarnen. Das bedeutete fOr die nicht eingeladenen Bewerber, dass sie in dem Konzessionsverfahr~n schon im FrOhjahr 2013 als gescheitert galten. Es liegt auf der Hand, dass dies ~J,egative wirtschaftliche Folgen fOr diese Bewerber haben kann. Banken sowie aktuelle oder pgtentielle Kunden, aber auch die Mitarbeiter nehmen einen aus Sicht der deutschen Konzessi:cinsstelle bereits an den nicht verhandelbaren Mindestvoraussetzungen gescheiterten We~~nbieter negativ wahr. ft!

174. Es ist zudem fraglich, ob es mit dem Grundsatz der Transparenz vereinbar ist, ,:pass die Behorde in ihrer E-Mail vom 14. November 2013 in Widerspruch zu ihren fruheren Atissagen, wonach jedenfalls 14 Bewerber die Mindestvoraussetzungen zu 1 00 % erfull(;" hatten, behauptet, kein · Bewerber habe die Erfullung der Mindestvoraussetzungen in ,pr/)ffahiger Form" nachgewiesen. Der Grundsatz der Transparenz soli im Wesentlichen gewat;i.rleisten, dass aile interessierten Wirtschaftsteilnehmer auf der ·Grundlage samtlicher einsghlagiger lnformationen an Ausschreibungen teilnehmen konnen und die Gefarnr von GOnstlingswirtschaft oder von willkurlichen Entscheidungen nationaler Stellen aussd~lief1en. Wenn eine Behorde zunachst behauptet, jedenfalls 14 Bewerber hatt~n die Mindestvoraussetzungen zu 1 00 % erfOIIt, ohne eine Anderung der Bewerbungen da;~m aber spater behauptet, kein Bewerber habe ,prOffahige" Konzessionsantrage eingereicht~~ konnte dies zu der Schlussfolgerung berechtigen, dass die Bedingungen und Modalitaj~n des Verfahrens, nicht ,klar, genau und eindeutig formuliert sind, so dass zum ei~~n aile durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der Oblichen Sorgfalt die ~genaue Bedeutung dieser lnformationen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen konf!~en und zum anderen dem Ermessen der konzessionsertei/enden Stelle Grenzen gesetzt wef;~en und diese tatsachlichiiberpriifen kann, ob die Gebote der Bieter die fOr das Verfahren gf(Jtenden Kriterien erfOI/en." (vgl. Costa/Cifone, Rn. 72 ff.). N~

Zur Unterfrage 3 d)

175. Auch diese Frage wird vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Pflicht gest~llt, ein Konzessionsverfahren entsprechend dem Grundsatz der Transparenz objektiv un'~ ohne GOnstlingswirtschaft auszugestalten und durchzufOhren .. Aus Sicht privater Wett~nbieter offenbarte sich eine besondere Gefahr von GOnstlingswirtschaft in dem Konzessionsveryahren, als Ende April 2013 veroffentlicht wurde, dass die Ods GmbH;f1 das Gemeinschaftsunternehmen einiger Landeslotterieunternehmen zur fiskalisch ausgeri~hteten Veranstaltung und zum Vertrieb von Sportwetten, Gelegenheit zur personlichen Prasehtation seiner Konzepte bekommen hatte. Bei Anwendung des§ 21 Abs. 3 GIOAndStV kann dje Ods GmbH aller Voraussicht nach aber keine Konzession bekommen, weil sie aus m&,hreren Lotteriegesellschaften '.der Bundeslander besteht, an denen wiederum Landesspo~bunde beteiligt sind. Diese veranstalten oder organisieren . Sportereignisse. Die Ods wOrde~ dam it

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gege~ da~ Gebot ~ersto~~n, die Veranstaltung .. und Vermittlung von sJ?ortwetten orgam~at~nsch, rechthch, . WJ~schaftlich und personell von der Veranstaltyng oder Orgamsatlonen vonSportere1gmssen zu trennen (§ 21 Abs. 3 GIOAndStV) und ware auch nach der hochstrichterlich_en Rec~tsprechung (BVerwG, 8 C 13.09) nicht erlaubnisfahig,}i:Dass die Ods denno?h zu dem Kre1s der Bewerber gehorte, die zur personlichen Vorst~llung der Konzepte emgeladen wurden, konnte die Gefahr von GOnstlingswirtschaft in eineriJ1i Ausmar!> konkretisiert haben·, das dem Verfahren die unionsrechtliche Rechtfertigung nimmi' und der Angeklagten deshalb das Fehlen einer Erlaubnis nicht entgegengehalten werden dart~ lnsoweit wird der Gerichtshof daher urn die Auslegung des unionsrechtlichen Ve~bots der GOnstlingswirtschaft gebeten. (';i

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Zur Unterfrage 3 e) ;:

176. Diese Frage betrifft die Auslegung des Transparenzgrundsatzes im Zusammeribang mit § 4a Abs. 4 Nr. 1 c) GIOAndStV, wonach die Konzession nur erteilt werden darf, w~hn unter anderem die ,rechtmal3ige Herkunft der fOr die Veranstaltung offentlicher Gtd$ksspiele erforderlichen Mittel' dargelegt ist. Als Mindestanforderung A 1 hatte diese Pflicht, die:~mit dem lnformationsmemorandum am 24. Oktober 2012 Obersandt wurde, folgenden Wortla~f: ,Legen Sie die rechtma!Jige Herkunft der fOr die Veranstaltung des beabsichtigten Sportwetta~gebotes erforderlichen Mittel dar." ··

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177. Es stellt sich die, Frage, ob diese ,nicht verhandelbare" Mindestanforderung hin,teichend klar und bestimmt ist. Dagegen konnte sprechen, dass selbst von einem Oberdurchs9hnittlich fachkundigen Bewerber kaum bestimmbar ist, welche Mittel fOr dasjenige Sportwette6~ngebot ,erforderlich" sein werden, welches die Konzessionsstelle einem Bewerber irg~ndwann moglicherweise genehmigt Selbst wenn ein Konzessionsbewerber;~. eine Veranstalterkonzession irgendwann erhalt, hangt es von zahlreichen weiteren Umsta~den ab, welches Sportwettangebot lohnenswert sein konnte und welche Mittel dann ,erforderli~h" sind. Insbesondere muss sich der Konzessionsnehmer zunachst darum bemOhen, Erlaub~isse fOr stationar tatige Vermittler zu bekommen und kann angesichts der Beschrankuqgen fOr Wettannahmestellen in den AusfOhrungsgesetzen der Bundeslander das Ergebni~ kaum annahernd sicher vorhersehen. Auch erscheint es faktisch kaum moglich, im Zeitpunkt der Abgabe der Bewerbung darzulegen, dass finanzielle Mittel, die erst in der ZukunttZbenotigt werden, ,rechtmal3ig~r Herkunft" sind. .'~

178. Die Mindestvorau~setzung A 1 konnte der Behorde auch ungerechtfertigte Mogli~hkeiten zu willkOrlichen Entscheidungen eroffnen. GleichgOitig, ob diese Mindestvoraussetzu(lg unter dem Aspekt ,erweiterte Zuverlassigkeif' (so der GIOAndStV) oder unter derT Rubrik ,Leistungsfahigkeif' (so das am 24.10.2012 Obersandte Dokument 02) in die Beurteiludg einer Konzessionsbewerbung einflie~t. konnte die Behorde behaupten, die g~torderte Mindestvoraussetzung sei nicht erfOIIt, weil der Konzessionsbewerber in Deutschland Xoder in anderen Landern) unter Verletzung nationaler Restriktionen Sportwetten angeboten 6at. Die Behorde kann Konzessionsbewerber sogar mit dem Vorhalt scheitern lassen, die rechtma~ige Herkunft der zukOnftig erforderlichen Mittel konne nicht dargelegt werden, wei I der Verahstalter das deutsche Sportwettenmonopol missachtet hat. In diese Richtung hat sich die Betiorde in ihrer Antwort vom 10. Dezember 2012 auf die Frage eines Bewerbers auch schon eingelassen. Ausweislich des Fragen'-Antwort-Kataloges wurde mit Frage Nr. 453 gefragt, ob es eirf~ Rolle spiele, wenn ein Bewerber in einem regulierten europaischen Markt, in dem auch Priva,te eine Erlaubnis hatten erhalten konnen, ohne Erlaubnis Sportwetten angeboten hat. Die AntWort der staatlichen Stellen lautete, dass in diesem Fall ,erhebliche Zweifel an der rechtrifa13igen Herkunft der fOr die Veranstaltung offentlicher G/Ocksspiele erforderlichen Mittel bestehen".

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179. Die deutschen staatlichen Stellen gehen - wie der Ausgangssachverhalt(Jiund die obergerichtliche Rechtsprechung, insbesondere auch des BVerwG vom tf;>.5.2013, verdeutlichen- nach wie vor zum Teil davon aus, dass private Wettanbieter ohne Kg~zession und ohne Vermittlungserlaubnis illegal tatig sind und ,praventiv" verboten werde.n durfen. Deshalb besteht dieMoglichkeit, dass die Konzessionsstelle und das GIOckspielkolleglum allen nichtstaatlichen Konzessionsbewerbern die Konzession mit dem Argument verweig~rn wird, die rechtmar1ige Herkunft der erforderlichen Mittel sei nicht dargelegt. lm Ergebnis V\{(;jrde dies dann bedeuten, dass. das unionsrechtwidrige Sportwettenmonopol Ober den Un;lweg der Mindestvoraussetzung A 1 herangezogen wird, urn privaten Veranstaltern eine Konze~,sion und privaten Vermittlern weiterhin eine Erlaubnis vorzuenthalten. Ware diese Anforderun9Jricht mit dem Unionsrecht vereinbar, konnte der Angeklagten das Fehlen einer Erlaubnis nicht entgegengehalten werden, weil auch die privaten Veranstalter unter Verletz;~ng des Unionsrecht von einer Konzession, die Grundlage tor eine Vermittlungserlal.j~nis ist, ausgeschlossen waren. ~~

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~' Zur Unterfrage 3 f) y

180. Diese Frage wird gestellt, weil eine Untersagung oder die Strafbarkeit der Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis unter dem GIOAndStV moglicherweise nicht gerechtfe~igt sein konnte, wenn die Bundeslander (auch) mit den Beschrankungen des GIOAndStV in Wi,f;klichkeit illegitime Ziele verfolgen. Zwar sind die im GIOAndStV insbesondere in § 1 genannten ~iele der Bekampfung von Suchtgefahren theoretisch geeignet, Beschrankunge[:l der Dienstleistungsfreiheit, wie einen Konzessionsvorbehalt und ein - unionsrechtkonfgrmes -Konzessionsverfahren zu rechtfertigen. Der Gerichtshof hat aber in standiger Rechtsp[echung seit Zenatti klargesteHt, dass zu prufen ist, ob die behaupteten Ziele auch die in Wilf~lichkeit verfolgten Ziele sind. :~;

181. In dem Verfahren Markus Stof3 u.a. wurde der Gerichtshof nach der muffldlichen Verhandlung von Rechtsanwalt Ronald Reichert mit Schreiben vom 21. Juni 201 o:ii~aruber unterrichtet, dass den. Bundeslandern zum Zeitpunkt der mundlichen Verhandlung yor dem Gerichtshof das Ergebnis einer von den Bundeslandern selbst in Auftrag gegebene~; Studie vorlag, die gegen die Notwendigkeit einer Monopolisierung von Sportwetten und geg~n einen hohen Grad der Gefahrdung der Bevolkerung durch Sportwetten spricht. Es wdtde die Wiederoffnung der mundlichen Verhandlung beantragt. Der Gerichtshof wurde:~xzudem unterrichtet, dass der lnhalt der Studie der Offentlichkeit vorenthalten worden war ]~nd die Bundeslander stattdessen veranlasst hatten, dass zentrale Grundaussagen der;!; Studie abgeandert werden. Der Gerichtshof hat seinerzeit die mundliche Verhandlung nicht wiedereroffnet, moglicherweise weil die Studie in erster Linie dazu diente, die wissens~haftlich untermauerte Notwendigkeit von Anderungen des GIOStV in Erfahrung zu bringen. ,

\C 182. Nunmehr stellt sich die Frage, wie das Unionsrecht im Zusammenhang mit dem GICi~ndStV

auszulegen ist, der ausweislich der Erwagungsgrunde (,3 .. Ergebnisse der Evaluierung~) unter Hinweis auf die ,International vergleichende Analyse des Glilcksspielwesens" W~iterhin grundsatzlich an der Monopolisierung von Sportwetten bei den staa'tlichen Lotterieunternehmen festhalt, aber eine zeitlich begrenzte ,Experimentierklausel" ITI!t einer begrenzten Anzahl von theoretisch zu vergebenden Konzessionen sowie ein - komplitiertes -Konzessionsverfahren vorsieht, dass wohl fruhestens zwei Jahre nach Verfahrensbeginn zur Erteilung von Konzessionen fOhrt. V

183. Diese Frage bezieht sich dann auch auf die tatsachliche und rechtliche AusgestaltJ~g des Konzessionsverfahrens und des GIOAndStV, der den staatlichen Lotterieunternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, weil ihnen auch ohne Konz~ssion gestattet ist, Sportwet(~n und andere Glucksspiele Ober rund 26.000 provisionsorientierte Annahmestellen sowie (jeGlEmfalls fOr. Glucksspiele und Lotterien) Ober das Internet zu vertreiben und zu bewerbe~'. Das

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Konzessionserfordernis gilt fOr sie gema~ § 29 GIOAndStV erst ein Jahr nach Ert$ilung der Konzessionen. Die grenzOberschreitend tatigen Wettbewerber hingegen sind aus(;Sicht des hochsten Verwaltungsgerichts, der oberen Verwaltungsgerichte sowie aus $icht der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Kempten illegal und strafrechtlich rele~ant tatig, obwohl unbestritten ist, dass die Bundeslander mit der Monopolisierung von Sp~rtwetten illegitime Zwecke verfolgen. Weder der GIOAndStV noch die AusfOhrungsgesetze der Bundeslander sehen vor, dass der Erlaubnisvorbehalt fOr die Zeit ·bis zum rechf~kraftigen Abschluss eines (ge;gebenenfalls nachgebesserten) Konzessionsverfahrens suspendj~rt wird. ·

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184. Diese rechtliche Ausgestaltung konnte eine unverhaltnismar!ige Beschran~ung der Dienstleistungsfreiheit' darstellen. Wenn die private Veranstaltung oder Vermitdlmg von Sportwetten unter dem rein monopolistischen GIOStV nicht untersagt oder sanktionie'~ werden durfte, ist fraglich, mit welchem zwingenden Interesse des Gemeinwohls unter dem geanderten Regime, in dem theoretisch eine Erlaubnis erlangt werden konnte, eine vo'i.istandige Untersagung oder .. Sanktionierung gerechtfertigt sein konnte, obwohl die sf~atlichen Lotterieunternehmen und deren Vermittler weiterhin fiskalisch ausgerichtet tatig sind. J

185. Es ist fraglich, ob sich eine derartige Bevorzugung ·· der staatlichen Anbieter, di~: faktisch dem unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol des GIOStV entspricht, "mit der Rechtsprechung des BVerwG in den Urteilen vom 16. Mai 2013 (dart Rn. 55) recrytfertigen lasst, wonach eine ,praventive" Untersagung oder Strafverfolgung notwendig sein salt um die Klarung der zweifelhaften Erlaubnisvoraussetzungen ,im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tatigkeit vollendete Tatsachen geschai{en und ungeprOfte Gefahren verwirklicht werden." Der Gerichtshof hat in seiner umfangreichen Rechtsprechung dezidiert herausgearbeitet, welche Anforderungen Artikel 56 AEUY: an die Rechtfertigung natiqnaler Beschrankungen im Bereich der Sportwetten stellt. L' Er hat insbesondere klargestellt, unter welchen Umstanden eine Rechtfertigung der Negation der Dienstleistungsfreiheit in diesem Bereich von vornherein ausscheidet und hervorgehob~n. dass Beschrankungen nicht mit angeblichen zwingenden Erfordernissen des Gem~inwohls gerechtfertigt werden. konnen, wenn sie in Wirklichkeit illegitimen Zielen, namentlich.\'~olchen fiskalischer Natur dieoen (Zenatti, Rn. 35, Gambelli, Rn. 62, BVerwG, 8 C 5.10, Rn/~5. 8 C 12.12., Rn. 49). Der' Gerichtshof hat in der Rs. C-186/11 zwar ausgefOhrt, dass ~us der Unionsrechtswidrigkeit eines Mono pols nicht der sofortige Anspruch auf eine Erlaubnis:\folgt. Er hat aber nicht erwahnt, ein ,praventives" Verbot konne im Bereich der Sp~ftwetten gerechtfertigt sein, urn die Klarung der Erlaubnisfahigkeit im Erlaubnisverfahren zu sicRern und urn zu verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprOfte Gefahren ver;Wirklicht ~~~- '·

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