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Sicherheit in Deutschland Sicherheitsexperten diskutieren beim erste ten verüben Gewalttaten, Terroristen bedro Wolfgang Straßer, @-yet GmbH Pro par Uwe Gerstenberg, consul- ting plus Beratung GmbH Peter Stürmann, von zur Mühlen’sche GmbH Dr. Frank Hülsberg, Warth & Klein Grant Thornton AG Tom Bender, Rheinische Post FOTO: RP Rainer von zur Mühlen, von zur Mühlen’sche GmbH Ulrich Weynell, ISN Technologies AG Jérôme F. Soiné, ISN Inter- national Security Network Abd Vod Dr. Thomas Becker, Abus August Bremicker Söhne Jens Washausen, Geos Germany GmbH Harald Lüling, Burg-Wächter KG Frank Gölzner, Gölzner GmbH Torsten Knopf, Gölzner GmbH Dr. Dirk Albrecht, Contilia GmbH Dr. Michael J. Kaldasch, Cyomed Deutschland Horst-O. Esser, Zoll CMS GmbH Die Teilnehmer des Forums @-yet GmbH Wolfgang Straßer, Geschäftsführer ABUS August Bremicker Söhne KG Dr. Thomas Becker, Ge- schäftsführer BURG-WÄCHTER KG Harald Lüling, Geschäftsführender Gesell- schafter Contilia GmbH Dr. Dirk Albrecht, Sprecher der Geschäftsfüh- rung consulting plus Beratung GmbH Uwe Gerstenberg, Geschäfts- führer Cyomed Deutschland GmbH Dr. Michael J. Kaldasch, Geschäfts- führer GEOS Germany GmbH Jens Washausen, Geschäftsführer Gölzner GmbH Frank Gölzner, Geschäftsführender Gesellschaf- ter, Torsten Knopf, Geschäftsführender Gesellschafter Herzpark Mönchengladbach GmbH Prof. Dr. Georg Sabin, Ärzt- licher Direktor ISN International Security Network GmbH Jérôme F. Soiné, Vor- standsvorsitzender (CEO) ISN Technologies AG Ulrich Weynell, Vorstandsvorsitzender (CEO) Rheinische Post Tom Bender, Geschäftsführer Securitas Holding GmbH Manfred Buhl, Vorsitzender der Ge- schäftsführung Sigmund Freud Privat Universität Prof. Dr. Thomas Druyen, Di- rektor Vodafone GmbH Abdou Naby Diaw, Chief Security Officer (CSO), Stephan Schneider, Senior Manager/Business Development Pu- blic & Health VON ZUR MÜHLEN’SCHE GmbH, BdSI (VZM) Peter Stürmann, Geschäftsführer, Rainer A. H. von zur Mühlen, Geschäftsführer Warth & Klein Grant Thornton AG Dr. Frank M. Hülsberg, Senior Partner W.I.S. Sicherheit + Service GmbH & Co. KG Dr. Frank Nikolaus, Managing Partner ZOLL CMS GmbH Horst-O. Esser, Senior Marketing Manager Keynotespeaker Wolfgang Bosbach, Mitglied des Deutschen Bundestages Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes a.D. Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Norbert Wesseler, Polizeipräsident Düsseldorf Moderation José Macias, Jürgen Grosche, Dr. Patrick Peters „Wir müssen der Polizei den Rücken s VON PATRICK PETERS Er ist Rechtsanwalt, seit 1994 Bundestagsabgeordneter der CDU, war von Februar 2000 bis November 2009 stellvertreten- der Vorsitzender der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion und von November 2009 bis Sep- tember 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Deut- schen Bundestages: Wolfgang Bosbach aus Bergisch Glad- bach kennt sich aus, wenn es um das Thema Sicherheit geht. Und so gab das dienstälteste Mitglied des Innenausschus- ses beim ersten Wirtschaftsfo- rum „Sicherheit in Deutsch- land“ der Rheinischen Post den Teilnehmern einen Über- blick über die aktuelle Sicher- heitslage in Deutschland. „Nach dem Zweiten Welt- krieg stand die Menschheit aufgrund des Ost-West-Kon- flikts mehrmals am Rande ei- nes neuen Weltkrieges. Zwar besteht diese Gefahr glückli- cherweise heute nicht mehr, aber wir haben eine neue Be- drohungslage, die nicht min- der gefährlich ist. Wir werden nicht mehr von Armeen frem- der Mächte bedroht, sondern von international operieren- den Terrorbanden, und deren Terror unterscheidet sich fun- damental vom RAF-Terror, un- ter dem die Bundesrepublik in den 70er und 80er Jahren gelit- ten hat. Damals waren führen- de Repräsentanten unseres Landes im Visier der Terroris- ten, heute die gesamte Bevöl- kerung.“ Den Terroristen komme es nicht darauf an bestimmte Per- sonen gezielt zu töten, so Bos- bach weiter. „Für sie ist es ent- scheidend, dass die Zahl der Opfer möglichst hoch ist. Die Terroristen müssen nur einmal erfolgreich sein, um ihre mör- derischen Ziele zu erreichen, unsere Sicherheitsbehörden jeden Tag, um dies zu verhin- dern“, betont der Bundestags- abgeordnete. Er weist dabei auf zwölf fehl- geschlagene beziehungsweise vereitelte Anschläge hierzulan- de seit 2001 hin und stellt he- raus, dass sich auch Deutsch- land schon seit Jahren im Vi- sier der Terroristen befinde. „Für sie gelten wir als ‚Kreuz- fahrernation‘ und haben es bisher mit guter Sicherheitsar- beit, aber auch mit Glück ge- schafft, dass Deutschland vor Anschlägen mit verheerender Wirkung wie in New York, Ma- drid, London oder Paris bis- lang verschont wurde.“ Gleichzeitig benennt der CDU-Innenpolitiker mit den Haus- und Wohnungseinbrü- chen sowie der Cyber-Krimi- nalität zwei stark wachsende Kriminalitätsfelder, mit denen sich Deutschland viel intensi- ver auseinandersetzen müsse. „Die Zahl der Wohnungsein- brüche ist in den letzten acht Jahren stark gestiegen, die Auf- klärungsquote ist mit nur gut 13 Prozent äußerst gering. Wenn die Bürger das Vertrauen verlieren, dass der Staat noch in der Lage ist sie gegen Krimi- nalität wirklich wirksam zu schützen, dann verlieren sie das Vertrauen in den Staat ins- gesamt – und genau das müs- sen wir verhindern.“ Bosbach weiter: „ Man kann der Polizei nicht ständig neue Aufgaben und Verantwortung übertragen, ohne sie personell und technisch besser auszu- rüsten, darüber hinaus brau- chen die Sicherheitsbehörden das richtige rechtliche Instru- mentarium um Straftaten ver- hindern oder aufklären zu kön- nen. Die Polizei braucht aber auch gesellschaftlichen Rück- halt. Wenn es einmal hart auf hart kommt, dann darf man der Polizei nicht in den Rücken fallen, dann muss man ihr den Rücken stärken!“ Wolfgang Bosbach weist da- rüber hinaus auf eine große Beunruhigung in der Bevölke- rung aufgrund der Ereignisse der dramatischen Silvester- nacht in Köln hin. „Selbstver- ständlich gibt es keinen Grund, Flüchtlinge unter Generalver- dacht zu stellen, aber wir dür- fen Probleme auch nicht igno- rieren oder tabuisieren.“ Im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik haben wir seit Monaten einen Kontroll- verlust, denn weit mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge hat we- der einen Pass noch andere Ausweispapiere.“ Für Bosbach eine Herausforderung: „Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt, mit welcher Identität und Nationalität, zu- mal wir mittlerweile wissen, dass der Flüchtlingsstrom von Terrorgruppen auch dazu ge- nutzt wurde, gezielt dschiha- distische Kämpfer nach Euro- pa einzuschleusen.“ Bosbach legte in seinen Aus- führungen besonderen Wert auf die Gefahrenabwehr. „Wir alle wissen, dass es hundert- prozentigen Schutz vor Krimi- nalität – leider – nicht geben kann. Dies darf allerdings im Umkehrschluss nicht bedeu- ten, dass wir nicht alle denkba- ren Anstrengungen unterneh- men, um die Bürgerinnen und Bürger so gut wie eben möglich vor Angriffen aller Art zu schützen.“ Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach for- dert, alle Anstrengun- gen zu unternehmen, um Schutz vor Krimina- lität und Terrorismus zu gewährleisten. Er weiß aber auch: Vollständiger Schutz ist nicht möglich.

Wir benötigen gemeinsame Gefahrenabwehr

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Page 1: Wir benötigen gemeinsame Gefahrenabwehr

Sicherheit in Deutschland

Sicherheitsexperten diskutieren beim ersteten verüben Gewalttaten, Terroristen bedro

Wolfgang Straßer,@-yet GmbH

Propar

Uwe Gerstenberg, consul-ting plus Beratung GmbH

Peter Stürmann, von zurMühlen’sche GmbH

Dr. Frank Hülsberg, Warth &Klein Grant Thornton AG

Tom Bender,Rheinische Post FOTO: RP

Rainer von zur Mühlen, vonzur Mühlen’sche GmbH

Ulrich Weynell,ISN Technologies AG

Jérôme F. Soiné, ISN Inter-national Security Network

AbdVod

Dr. Thomas Becker, AbusAugust Bremicker Söhne

Jens Washausen,Geos Germany GmbH

Harald Lüling,Burg-Wächter KG

Frank Gölzner,Gölzner GmbH

Torsten Knopf,Gölzner GmbH

Dr. Dirk Albrecht,Contilia GmbH

Dr. Michael J. Kaldasch,Cyomed Deutschland

Horst-O. Esser,Zoll CMS GmbH

Die Teilnehmer des Forums@-yet GmbH Wolfgang Straßer, GeschäftsführerABUS August Bremicker Söhne KG Dr. Thomas Becker, Ge-schäftsführerBURG-WÄCHTER KG Harald Lüling, Geschäftsführender Gesell-schafterContilia GmbH Dr. Dirk Albrecht, Sprecher der Geschäftsfüh-rungconsulting plus Beratung GmbH Uwe Gerstenberg, Geschäfts-führerCyomed Deutschland GmbH Dr. Michael J. Kaldasch, Geschäfts-führerGEOS Germany GmbH Jens Washausen, GeschäftsführerGölzner GmbH Frank Gölzner, Geschäftsführender Gesellschaf-ter, Torsten Knopf, Geschäftsführender GesellschafterHerzpark Mönchengladbach GmbH Prof. Dr. Georg Sabin, Ärzt-licher DirektorISN International Security Network GmbH Jérôme F. Soiné, Vor-standsvorsitzender (CEO)ISN Technologies AG Ulrich Weynell, Vorstandsvorsitzender(CEO)Rheinische Post Tom Bender, GeschäftsführerSecuritas Holding GmbH Manfred Buhl, Vorsitzender der Ge-schäftsführungSigmund Freud Privat Universität Prof. Dr. Thomas Druyen, Di-rektorVodafone GmbH Abdou Naby Diaw, Chief Security Officer (CSO),Stephan Schneider, Senior Manager/Business Development Pu-blic & HealthVON ZUR MÜHLEN’SCHE GmbH, BdSI (VZM) Peter Stürmann,Geschäftsführer, Rainer A. H. von zur Mühlen, GeschäftsführerWarth & Klein Grant Thornton AG Dr. Frank M. Hülsberg, SeniorPartnerW.I.S. Sicherheit + Service GmbH & Co. KG Dr. Frank Nikolaus,Managing PartnerZOLL CMS GmbH Horst-O. Esser, Senior Marketing Manager

KeynotespeakerWolfgang Bosbach, Mitglied des Deutschen BundestagesJörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes a.D.Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit inder Informationstechnik (BSI)Norbert Wesseler, Polizeipräsident DüsseldorfModerationJosé Macias, Jürgen Grosche, Dr. Patrick Peters

„Wir müssen der Polizei den Rücken s

VON PATRICK PETERS

Er ist Rechtsanwalt, seit 1994Bundestagsabgeordneter derCDU, war von Februar 2000 bisNovember 2009 stellvertreten-der Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion undvon November 2009 bis Sep-tember 2015 Vorsitzender desInnenausschusses des Deut-schen Bundestages: WolfgangBosbach aus Bergisch Glad-bach kennt sich aus, wenn esum das Thema Sicherheit geht.Und so gab das dienstältesteMitglied des Innenausschus-ses beim ersten Wirtschaftsfo-rum „Sicherheit in Deutsch-land“ der Rheinischen Postden Teilnehmern einen Über-blick über die aktuelle Sicher-heitslage in Deutschland.

„Nach dem Zweiten Welt-krieg stand die Menschheitaufgrund des Ost-West-Kon-flikts mehrmals am Rande ei-nes neuen Weltkrieges. Zwarbesteht diese Gefahr glückli-

cherweise heute nicht mehr,aber wir haben eine neue Be-drohungslage, die nicht min-der gefährlich ist. Wir werdennicht mehr von Armeen frem-der Mächte bedroht, sondernvon international operieren-den Terrorbanden, und derenTerror unterscheidet sich fun-damental vom RAF-Terror, un-ter dem die Bundesrepublik inden 70er und 80er Jahren gelit-ten hat. Damals waren führen-de Repräsentanten unseresLandes im Visier der Terroris-ten, heute die gesamte Bevöl-kerung.“

Den Terroristen komme esnicht darauf an bestimmte Per-sonen gezielt zu töten, so Bos-bach weiter. „Für sie ist es ent-scheidend, dass die Zahl derOpfer möglichst hoch ist. DieTerroristen müssen nur einmalerfolgreich sein, um ihre mör-derischen Ziele zu erreichen,unsere Sicherheitsbehördenjeden Tag, um dies zu verhin-dern“, betont der Bundestags-abgeordnete.

Er weist dabei auf zwölf fehl-geschlagene beziehungsweisevereitelte Anschläge hierzulan-de seit 2001 hin und stellt he-raus, dass sich auch Deutsch-land schon seit Jahren im Vi-sier der Terroristen befinde.„Für sie gelten wir als ‚Kreuz-fahrernation‘ und haben esbisher mit guter Sicherheitsar-beit, aber auch mit Glück ge-schafft, dass Deutschland vor

Anschlägen mit verheerenderWirkung wie in New York, Ma-drid, London oder Paris bis-lang verschont wurde.“

Gleichzeitig benennt derCDU-Innenpolitiker mit denHaus- und Wohnungseinbrü-chen sowie der Cyber-Krimi-nalität zwei stark wachsendeKriminalitätsfelder, mit denensich Deutschland viel intensi-ver auseinandersetzen müsse.„Die Zahl der Wohnungsein-brüche ist in den letzten achtJahren stark gestiegen, die Auf-klärungsquote ist mit nur gut13 Prozent äußerst gering.Wenn die Bürger das Vertrauenverlieren, dass der Staat nochin der Lage ist sie gegen Krimi-nalität wirklich wirksam zuschützen, dann verlieren siedas Vertrauen in den Staat ins-gesamt – und genau das müs-sen wir verhindern.“

Bosbach weiter: „ Man kannder Polizei nicht ständig neueAufgaben und Verantwortungübertragen, ohne sie personellund technisch besser auszu-rüsten, darüber hinaus brau-chen die Sicherheitsbehördendas richtige rechtliche Instru-mentarium um Straftaten ver-hindern oder aufklären zu kön-nen. Die Polizei braucht aberauch gesellschaftlichen Rück-halt. Wenn es einmal hart aufhart kommt, dann darf mander Polizei nicht in den Rückenfallen, dann muss man ihr denRücken stärken!“

Wolfgang Bosbach weist da-rüber hinaus auf eine großeBeunruhigung in der Bevölke-rung aufgrund der Ereignisseder dramatischen Silvester-nacht in Köln hin. „Selbstver-ständlich gibt es keinen Grund,Flüchtlinge unter Generalver-dacht zu stellen, aber wir dür-fen Probleme auch nicht igno-rieren oder tabuisieren.“

Im Zusammenhang mit derFlüchtlingspolitik haben wirseit Monaten einen Kontroll-verlust, denn weit mehr als dieHälfte aller Flüchtlinge hat we-der einen Pass noch andereAusweispapiere.“ Für Bosbacheine Herausforderung: „Wirmüssen wissen, wer in unserLand kommt, mit welcherIdentität und Nationalität, zu-mal wir mittlerweile wissen,dass der Flüchtlingsstrom vonTerrorgruppen auch dazu ge-nutzt wurde, gezielt dschiha-distische Kämpfer nach Euro-pa einzuschleusen.“

Bosbach legte in seinen Aus-führungen besonderen Wertauf die Gefahrenabwehr. „Wiralle wissen, dass es hundert-prozentigen Schutz vor Krimi-nalität – leider – nicht gebenkann. Dies darf allerdings imUmkehrschluss nicht bedeu-ten, dass wir nicht alle denkba-ren Anstrengungen unterneh-men, um die Bürgerinnen undBürger so gut wie eben möglichvor Angriffen aller Art zuschützen.“

Der CDU-InnenpolitikerWolfgang Bosbach for-dert, alle Anstrengun-gen zu unternehmen,um Schutz vor Krimina-lität und Terrorismus zugewährleisten. Er weißaber auch: VollständigerSchutz ist nicht möglich.

Page 2: Wir benötigen gemeinsame Gefahrenabwehr

en RP-Wirtschaftsforum „Sicherheit in Deutschland“ über die Lage: Einbrecherbanden stehlen Hab und Gut, Cyberkriminelle hacken Computer, Extremis-ohen auch Deutschland. Die Experten beließen es nicht bei einer Bestandsaufnahme, sondern tauschten sich auch über Lösungen aus. FOTOS: ALOIS MÜLLER

Arne Schönbohm,Präsident BSI

Norbert Wesseler, Polizei-präsident Düsseldorf

Jörg Ziercke, PräsidentBundeskriminalamt a.D.

Wolfgang Bosbach, Mit-glied des Bundestages

of. Dr. Georg Sabin, Herz-rk Mönchengladbach

Stephan Schneider,Vodafone GmbH

dou Naby Diaw,dafone GmbH

Prof. Thomas Druyen, Pri-vat Universität Wien

Dr. Frank Nikolaus, W.I.S. Si-cherheit + Service

Manfred Buhl,Securitas Holding GmbH

stärken“

„Wir benötigen gemeinsameGefahrenabwehr“

VON PATRICK PETERS

Jörg Ziercke hat eine klare Mei-nung zur aktuellen Situation.„Die Welt ist aus den Fugen ge-raten, wir sehen Tag für Tagviele Tote und Flüchtlinge“,sagte der ehemalige Präsidentdes Bundeskriminalamtesbeim RP-Wirtschaftsforum„Sicherheit“. „Krise scheintzum Normalzustand zu wer-den, die Frage nach Krieg undFrieden ist nach Europa zu-rückgekehrt.“

In seinem Vortrag betonteZiercke, der auch Stellvertre-tender Bundesvorsitzender derOpferschutzvereinigung Wei-ßer Ring ist, dass die Bedro-hungslage in Deutschland realsei. Dies zeigte er anhand derVersuche islamistischer Terro-risten, in den vergangenen Jah-ren Anschläge in Deutschlandzu verüben, und ging auch aufdie steigende Anzahl an soge-nannten Gefährdern (seien esSalafisten oder Sympathisan-ten beziehungsweise Angehö-rige von Terrormilizen) ein –also Islamisten, von deneneine Terrorgefahr ausgehenkann.

„Dass es bislang – bis auf denAnschlag am Frankfurter Flug-hafen mit zwei toten US-ame-rikanischen Soldaten – nichtzu erfolgreichen Terroraktengekommen ist, liegt insbeson-dere an den Maßnahmen derSicherheitsbehörden inDeutschland“, sagt Jörg Zier-cke, der unter anderem auf dievernetzte Arbeit des Gemein-samen Terrorismusabwehr-zentrums hinweist. Dort lau-fen Informationen zusammen,und die beteiligten Organisa-tionen wie Bundeskriminal-amt, Bundesamt für Verfas-sungsschutz etc. übernehmengemeinsame Verantwortung,dazu kommen die Verbin-

dungsbeamten in aller Welt,die mit ausländischen Polizei-en persönlichen Kontakt hal-ten, Nachrichten sammelnund auswerten. „Kein Landkann die internationale terro-ristische Bedrohung alleinebewältigen. Für dieses globaleThema benötigen wir eine ge-meinsame Gefahrenabwehr,insbesondere auf europäischerEbene, gerade auch, weil esauch keine Zentrale des Ter-rors gibt, sondern viele Zellenund viele soziale Konflikte, diebekämpft werden müssen.“

Der ehemalige höchste deut-sche Kriminalbeamte wies inseinem Vortrag aber auch aufdie Bedeutung von Rechts-und Linksextremismus hin. Is-lamistischer Terrorismus seinicht die einzige Gefahr beitäglich im Schnitt zwei bis dreiGewalttaten von Rechtsextre-misten, von denen es mehr als10.000 mit Gewaltpotenzialgebe, die von den Behördenbeobachtet würden. Ebensonannte er die Zahl von mehr als7500 gewaltbereiten Linksex-tremisten – und rund 10.000Rockern sowie einer großenAnzahl von Mitgliedern ande-rer krimineller Gruppierun-gen, die für eine Vielzahl vonStraftaten verantwortlich sei-en, beispielsweise demsprunghaften Anstieg von Ein-brüchen. „Diese werden in derRegel nicht von syrischenKriegsflüchtlingen verübt, de-ren Kriminalitätsquote übri-gens marginal ist“, greift Zier-cke eine aktuelle Diskussionauf.

Er formuliert abschließendauch, dass Deutschland zwarviele Aufgaben in der innerenSicherheit habe – etwa die Zer-schlagung von Mafia-Struktu-ren, die Vorbeugungsarbeit ge-gen mögliche rechte Terror-gruppen und einiges mehr –,aber das Sicherheitsniveausehr hoch sei. Dennoch gilt fürihn: „Wir müssen mit der Ge-fahr leben lernen.“

Zierckes „realistische Ein-schätzung“ kommt beispiels-weise bei Jens Washausen,Chef des Sicherheitsunterneh-mens Geos Germany, gut an.„Realismus tut Not, es darf kei-ne Terror-Hysterie geben. Aberes wäre auch wünschenswert,dass internationale Sanktio-nen gegen Staaten mit Bezugzum internationalen Terroris-

mus auch ehrlich durchgezo-gen werden. Das gilt auch fürden Umgang mit Lösegeldzah-lungen. Staaten dürfen nichterpressbar sein.“ Einen Vor-wurf an die Behörden formu-liert Rainer von zur Mühlen(VZM), dessen Unternehmenin der Sicherheitsberatung undSicherheitsplanung tätig ist.„Die mittelständische Wirt-schaft ist zur Reaktion verur-teilt. Sie bekommt für ihre Aus-landstätigkeiten oftmals nichtschnell genug die Informatio-nen, die sie zur Strukturierungihrer Sicherheitsmechanismenfür Mitarbeiter und Anlagenbenötigen.“ Auch Jens Was-hausen weist auf die Lücke inder Informationsbeschaffungzwischen dem Mittelstand undden Konzernen hin und for-dert, diese zu schließen. Zier-cke hingegen betont, dass je-der beim Auswärtigen Amt de-zidierte Informationen überReisewarnungen erhalten kön-ne. „Die Global Player Initiati-ve des BKA mit dem Ansprech-kontakt beim BKA in Berlin warauch immer offen für die ge-samte Wirtschaft. Da werdenkeine Unterschiede gemacht“,sagt Ziercke.

Uwe Gerstenberg vom Si-cherheitsdienstleister consul-ting plus ruft dazu auf, offenalle möglichen Bedrohungs-szenarien zu diskutieren. „Ge-rade im Terrorismus ist allesvorstellbar. Aber gibt es aucheine strategische Planung fürden Ernstfall? Reicht die per-sönliche Schutzausrüstung derPolizeibeamten aus, um bei-spielsweise gegen Waffen vonTerroristen ausreichend ge-schützt zu sein? Wir müssendie Probleme offen anspre-chen.“

Auch dies lässt Ziercke nichtunwidersprochen. Zum einenstellt er noch einmal die Arbeitdes Gemeinsamen Terroris-musabwehrzentrums dar undverweist auf die Anstrengun-gen von Bund und Ländernnach den Anschlägen von Parisund Brüssel neue Spezialein-heiten einzurichten und nochbessere Ausrüstung zu be-schaffen. Eine totale Umstel-lung der Sicherheitsarchitek-tur kommt für Ziercke nicht inFrage: „Der wehrhafte Rechts-staat weicht nicht vor der ter-roristischen Bedrohung zu-rück!“

Krise scheint zum Nor-malzustand zu werden,aber kein Land kann dieinternationale terroristi-sche Bedrohung alleinebewältigen, führte derehemalige Präsidentdes Bundeskriminalam-tes Jörg Ziercke beimRP-Wirtschaftsforum„Sicherheit“ aus.

Sicherheit in DeutschlandGA-SV04

E5RHEINISCHE POSTFREITAG, 17. JUNI 2016