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PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN KONSEQUENZEN AM ARBEITSMARK T Gedanken zum Thema von Helene Sengstbratl

Mag. Helene Sengstbratl vortrag AMS Burgenland

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Psychische Erkrankungen verursachen in Österreich derzeit einen volkswirtschaftlichenSchaden von jährlich sieben Milliarden Euro und dies mit stark steigender Tendenz. Laut einer neuen Studie des IWS sind psychische Belastungen schon jetzt die zweithäufigste Ursache für Frühpensionierungen. Seit Jahren gibt es trotz des Wissens um diese Entwicklung kaum Reaktionen und vor allem, wenn etwas passiert, dann ist es nur ein Reagieren und kein Agieren im Sinne einer Prävention. Durch diese Untätigkeit entstehen nicht nur immense Kosten für das Gesamtsystem, sondern es passiert ja ebenso eine Schädigung durch die Einbrüche in den Lebensverläufen der Menschen, ein „In-Kauf-Nehmen“ der Minderung von Chancen der sozialen Teilhabe durch die Verantwortlichen. Hier stellt sich nun die zentrale Frage: „Warum ist Prävention kein Handlungsschema in Österreich?“ Im Rahmen der Jahrestagung der NeuZeit KG soll dies unter dem Tagungsthema „Prävention – eine gesellschaftspolitische Verantwortung“ beleuchtet werden. Politiker, Ärzte, Vertreter der Sozialpartner und Institutionen sowie Arbeitspsychologen sind die Referenten und Diskussionspartner.

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Page 1: Mag. Helene Sengstbratl vortrag AMS Burgenland

PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN KONSEQUENZEN AM ARBEITSMARKT 

Gedanken zum Thema von Helene Sengstbratl

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Prävention am ArbeitsmarktFrüherkennung + Intervention

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Psychisch beeinträchtigte KundInnen werden im AMS immer mehr. Sept ´13

Männer Frauen n

  absolut relativ absolut relativ absolut relativ

Personen mit Diagnose

257 52.0 % 237 48.0 % 494 100 %

Personen ohne Diagnose

4452 47.7 % 4885 52.3 % 9337 100 %

Gesamt 4709 47.9 % 5122 52.1 % 9831 100 %

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Forschungsprojekt des AMS Burgenland

Bei abif: analyse beratung und interdisziplinäre forschung

Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen

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• Quantitativ und qualitativ • Spezifika und Bedürfnisse der psychisch

belasteten KundInnen des AMS Burgenland• Problemlagen und Zugangsbarrieren • Kooperationsbeziehungen des AMS Burgenland

mit anderen Einrichtungen• Verbesserungspotenziale und

Handlungsempfehlungen

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Projektziele:Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen

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Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen

1. Workshop mit MitarbeiterInnen des AMS Burgenland Erfassung von Herausforderungen und potentiellen Lösungen in der Arbeit mit psychisch belasteten KundInnen

2. Ist-Analyse des Bestandes psychisch belasteter KundInnen und deren Erwerbsverläufe (anonymisierte Daten des AMS Burgenland)

3. Persönliche, leitfadenorientierte Interviews mit sowie schriftliche Befragung von Betroffenen Erfassung ihrer Lebenssituation und ihrer Betreuungsbedürfnisse

4. Persönliche/telefonische leitfadenorientierte ExpertInnen-Interviews (z.B. Psychosozialer Dienst, PVA, BGKK …)

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Psychische Erkrankungen – eine Minderheit?

OECD-weit beträgt die Lebenszeitprävalenz von psychischen Leiden mit klinischer Relevanz, gemäß Angaben aus dem Jahr 2012, rund 50 %. Mehrheitlich handelt es sich hierbei um mildere Formen psychischer Erkrankungen.

Wiki: Die Prävalenz oder Krankheitshäufigkeit ist eine Kennzahl der Gesundheits- und Krankheitslehre (Epidemiologie) und sagt aus, wie viele Menschen einer bestimmten Gruppe definierter Größe an einer bestimmten Krankheit erkrankt sind.

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Arbeit und psychische Erkrankung?

OECD-Daten zeigen die Erwerbsquoten von Personen mit psychischen Erkrankungen:

Einfache psychische Leiden: 60-70% Erwerbsquote

Schwere psychische Erkrankung: 45-55 % Erwerbsquote

Keine Leiden: 70-85 % Erwerbsquote07.04.23

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Anzahl von Abgängen in Arbeit von Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen in den letzten 24 Monaten im Burgenland (nach AL-Episodendauer)

Abgang in Arbeit von Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen im B im letzten Jahr

0 bis 90 Tage

91 bis 180 Tage

181 bis 365 Tage

mehr als 365 Tage

Summe

Jugendliche <25 Jahre 138 35 2 9 184

Erwachsene 25 bis 44 Jahre 353 184 83 10 630

Ältere >=45 Jahre 317 246 86 12 661

Alter 808 465 171 31 1.475

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Erhebungsdaten“Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen“

Für 5% lag dem AMS eine psychiatrische Diagnose vor (beim AMS gemeldete Personen im September 2013, n=494)

Durchschnittlich etwas älter (Median: 49 vs. 44)

Häufiger Männer (mit Diagnose: m 52%, ohne Diagnose: m 48%)

Häufiger niedriges Bildungsniveau (max. Pflichtschulabschluss 50% mit vs. 38% ohne Diagnose)

Häufiger Notstandshilfe und BMS (längere Bezugsdauern)(66% vs. 42%), BMS (12% vs. 6%)

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Ist-Analyse: Bestand

Beschäftigungsvolumen in den letzten 5 Jahren (Anzahl der Tage in Status)

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Diagnosen der 494 AMS-KundInnen mit Diagnose

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Ist-Analyse: Bestand (3)

Code Bezeichnung

Anteil in %Gesamt

Anteil in %

Frauen

Anteil in %

Männer

F00-F09Organische, einschließlich

symptomatischer psychischer Störungen

0.4% 0.2% 0.2%

F10-F19

Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope

Substanzen

10.9% 1.8% 9.1%

F20-F29Schizophrenie, schizotype und

wahnhafte Störungen7.1% 2.0% 5.1%

F30-F39 Affektive Störungen 55.1% 28.2% 26.9%

F40-F48Neurotische, Belastungs- und

somatoforme Störungen26.5% 14.4% 12.1%

F50-F59

Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und

Faktoren1.2% 0.6% 0.6%

F60-F69

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

5.5% 2.4% 3.1%

F70-F79

Intelligenzstörung 1.0% 0.2% 0.8%

F90-F98

Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der

Kindheit und Jugend0.8% 0.2% 0.6%

F99Nicht näher bezeichnete psychische Störungen

2.6% 1.4% 1.2%

Z73 Burnout 7.3% 5.1% 2.2%

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Spezifika der Zielgruppe“Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen“

• Heterogene Gruppe• Schwankungen in der persönlichen Stabilität und im

Leistungsvermögen, Angst vor Rückfall• „Unsichtbare“, „Unberechenbare“ Krankheit. Unsicherheit

in der Selbsteinschätzung und tlw. Bagatellisierung in der Fremdeinschätzung

• Akzeptanz oder Verleugnung (Schuld, Scham, Stigma)• Unterschiedlicher Krankheits- und Behandlungsstatus• Orientierungslosigkeit, Passivität; Handlungs- und

Entscheidungsspielraum stark eingeschränkt, hoch sensibel gegenüber Druck und geringe Frustrationstoleranz

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Mulitproblemlagen der Zielgruppe“Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen“

Schulden oderVorstrafen

Eingeschränkte Mobilität

Gering- oder hochqualifiziert

„Ältere“

„Chronische Erkrankungen

(psycho-)somatische Beschwerden

psychosomatische oder somatische

Beschwerden

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• Medizin: Adäquate medizinische Behandlung (Mittel, Umfang, Dauer)• Strategie: Umgang mit der Erkrankung: Rückfallprophylaxe,

Notfallkoffer• Transparenz: Partizipation am Rehaprozess, Information• Akzeptanz und Verständnis• Arbeit: „Geschütztes“ Erproben und Begleitung – ohne Druck, Struktur

und Sicherheit• Tempo: Erreichbare Ziele, Erfolgserlebnisse: angemessenes Tempo,

schrittweises, offenes flexibles Vorgehen, angemessene Schonung, kein Druck

• Ziele: Orientierung, Hoffnung und Perspektiven• Sinn: „sinnvolle“ Arbeit, Beschäftigung (Besonderheit: Helfer!)• Netzwerk: Austausch mit anderen Betroffenen

Bedürfnisse der Zielgruppe“Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen“

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• Psychische Erkrankungen sind oft langwierig und durchlaufen verschiedene Phasen

• Betroffene brauchen Arbeitsplätze, die auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtet werden und Zeit für die Integration in den Arbeitsplatz.

• Nach einer Reha und der Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag ist weiterhin medizinisch-therapeutisch Versorgung notwendig.

• Personen WOLLEN meistens arbeiten. Bei vielen ist die Motivation sehr hoch.

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ExpertInnen

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• Krankheitseinsicht, Akzeptanz, Offenheit• Positive berufliche Erfahrungen, berufliche

Erfolge in der Vergangenheit• Solide Qualifikation• Familiärer/Sozialer Rückhalt• Vernetzung/Kontakte• Hohe Motivation• Eigeninitiative und Kampfgeist

Ressourcen der Zielgruppe“Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen“

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• Arbeitsmarkt: Angebot• Späte Intervention, Versorgungslücken• „Behördendschungel“: zersplitterte ,

intransparente Versorgungsstruktur• Wartezeiten• Pensionsanträge („altes System“):

kontraproduktiv, enorme Frustrationsquelle

Systemische Hürden für die Zielgruppe“Optimale Betreuung und Vorgangsweisen bei psychisch belasteten KundInnen“

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Sengstbratl - Psychische Erkrankungen. Konsequenzen am Arbeitsmarkt.

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• Systematische und verstärkte Vernetzung/Koordination insbesondere mit dem medizinischen Bereich (GKK, Ärzte) und dem PSD

• „place-and-train“-Ansatz forcieren: Job Coaches /Arbeitsassistenz

• Information strukturierter und detaillierter anbieten (Transparenz)

• Förderungen für psychisch Kranke länger designen• Beratung durch ausgebildete Reha-BeraterInnen ausbauen

(+Weiterbildung anbieten / Spezialisierung best. Erkrankungen)

• fit2work nützen/ausbauen• Angebote für höherqualifizierte Betroffene mitbedenken und

ausbauen

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Handlungsempfehlungen

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Prävention im AMS

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Sengstbratl - Psychische Erkrankungen. Konsequenzen am Arbeitsmarkt.

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Dank an

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abif – analyse, beratung, interdisziplinäre forschung

Einwanggasse 12 / top 5, 1140 WienTel: 43 - 1 - 522 48 73 11 [email protected]

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!23