28
Departement Gesundheit Patientenedukation kann Menschen retten und Kosten senken Systematische Literaturanalyse Branka Djordjevic Dipl. Pflegefachfrau HF, BscN, cand. MscN Ursina Baumgartner Prof., MNSc, RN SBK KONGRESS 2015 MONTREUX, Mittwoch 6.5.2015

Patientenedukation kann Menschen retten und Kosten senken

Embed Size (px)

Citation preview

Departement Gesundheit

Patientenedukation kann Menschen retten und Kosten senkenSystematische Literaturanalyse

Branka DjordjevicDipl. Pflegefachfrau HF, BscN, cand. MscNUrsina Baumgartner Prof., MNSc, RNSBK KONGRESS 2015 MONTREUX, Mittwoch 6.5.2015

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Kalaidos Fachhochschule Gesundheit

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Ausbildungsverlauf BScN

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Bedingungen BScN für HF Pflege

• Aufbaustudium für HF (60 ECTS Theorie + 30 ECTS reflektierte Praxis)

• Berufsbegleitender und modularer StudiengangWährend gesamtem Studium derselbe Präsenztag (Mo oder Di) erlaubt regelmässige Berufstätigkeit

• Die Studiengangskonzeption orientiert sich - an den Abschlusskompetenzen der Fachhochschulen Gesundheit- an den Erfordernissen des Berufsfeldes

• Zulassung mit Niveau Berufsmaturität nach Abschluss HF Pflege• Zulassung ohne Abschluss Niveau Berufsmaturität

Zugang über Nachweis von guten Kenntnissen in Deutsch, Englisch, Mathematik

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Diese Arbeit wurde durch ein Stipendium des Careum Bildungszentrums und der Kalaidos Fachhochschule Gesundheit ermöglicht.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Inhalt

Ausgangssituation der BScN-Abschlussarbeit

Ziel

Methode

Diskussion der Resultate

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Diskussion im Plenum

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Ausgangssituation

Vereinigten Staaten: mehr als 75% der Patienten/Patientinnen berichten, postoperative Schmerzen erlitten zu haben (Apfelbaum, Chen, Mehta, & Gan, 2003).

Deutschland: 56% der Patienten/Patientinnen gaben an, inakzeptable postoperative Schmerzen erlebt zu haben (Maier et al., 2010).

Schweiz: 17 bis 50 Prozent der Patientinnen und Patienten berichtenüber postoperative Schmerzstärken von drei und höher (Zanon, 2013).

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Ausgangssituation

Eine hohe Schmerzintensität nach einem operativen Eingriff kann postoperativ :

zu langanhaltenden funktionellen Störungen führen (Rosenberger, Jokl, & Ickovics, 2006)

und

die Entwicklung chronischer Schmerzen begünstigen (Hinrichs, Schulz, Järvinen, & Neugebauer, 2007).

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Ausgangssituation

Die volkswirtschaftlichen Kosten von chronischen Schmerzen im Jahr 2007 in der Schweiz betrugen 4,3 bis 5,8 Milliarden Franken (Oggier, 2007).

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Ziel

Die Wirksamkeit der präoperativen Patienteninformation zum Thema Schmerzen zu ermitteln, um das postoperative Schmerzmanagement bei erwachsenen chirurgischen Patienten/Patientinnen zu optimieren und evidenzbasierte Empfehlungen für die klinische Praxis zu geben.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Forschungsfrage

Wie wirkt die präoperative Patienteninformation, die auf das Thema postoperative Schmerzen fokussiert ist, auf die Schmerzintensität nach einem operativen Eingriff bei kognitiv-adäquaten, erwachsenen chirurgischen Patienten/Patientinnen im Akutspital?

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Theoretischer Rahmen

Patientenedukation bezieht sich auf jede pädagogische Intervention, die auf Verbesserung der Wissen, Gesundheitsverhalten und gesundheitlichen Folgen ausgerichtet ist (McDonald, S., Page, MJ., Beringer, K., Wasiak, J., & Sprowson, A., 2014)

und beinhaltet drei Aspekte:

Information: gezielte Mitteilung, Bereitstellung verschiedener Medien.Schulung: zielorientiertes, strukturiertes und geplantes Vermitteln von Wissen, das evaluiert wird. Beratung: dialogischer Prozess, indem eine Problemlösung vorbereitet wird.

(Deutscher Verein für Pflegewissenschaft, 2003). 

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Theoretischer Rahmen

Sensorische Informationen: erläutern, was der Patient/Patientin postoperativ fühlen wird und beziehen sich ausschliesslich auf körperliche Eindrücke.

Prozedurale Informationen: liefern die Beschreibung des Operationsablaufs und praktischen Übungen (skill teaching).

Schiemann & Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (2005)

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Methode

Die Literatur wurde in den Datenbanken Cinahl und PubMed recherchiert.

Schlagwörter: „preoperative education“ OR „preoperative patient information“ AND „postoperative pain“.

Limit : zehn Jahren, RCTs

Ausschlusskriterien:

Kinder

Erwachsene mit einer kognitiven Einschränkung

notfalloperierte Patienten/Patientinnen

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Methode

Insgesamt wurden sechs Studien in der Datenbank Pubmed und zwei in der Datenbank Cinahl zur Thematik gefunden.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Diskussion der Resultate in Bezug auf die postoperative Schmerzintensität und Operationsarten

In 7 Studien mit eindimensionale Skalen (VAS, NRS, VRS) gemessenEine Studie mit Multidimensionale Skala (McGill Pain Questionnare) gemessenVerschiedene Operationsarten, daher nur bedingt ein Vergleich möglich

Ob der Verbrauch von Analgetika ein zuverlässiger Parameter ist und eine Aussage über die Schmerzintensität machen kann, ist zu hinterfragen. (Vorurteile gegen Analgetika seitens Patienten/Patientinnen, lückenhafte Dokumentation oder Zeitmangel in der pflegerischen Versorgung)

in zwei (Crabtree et al., 2012; Gräwe et al., 2010) von acht analysierten Studien wurde nicht genannt, ob die Schmerzen in Ruhe oder bei Aktivitäten oder in beiden gemessen wurde. (Schmerzen bei Aktivitäten sind höher).

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Diskussion der Resultate in Bezug auf verschiedene Arten der präoperativen Patienteninformation

Die mündliche Information allein hat den gleichen Effekt auf die postoperative Schmerzintensität wie die Kombination der schriftlichen und mündlichen Informationsform. Keine der acht Studien hat ausschliesslich die schriftlichen Informationen verwendet, daher lässt sich nicht bestimmen, welche Wirkung die schriftliche Information allein auf postoperative Schmerzen hat.

Kombination den sensorische und prozedurale Informationen reduziert signifikant postoperative Schmerzintensität.

Dauer der Übermittlung der präoperativen Informationen wenig Bedeutung hinsichtlich der Reduktion von postoperativen Schmerzen.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Diskussion der Resultate nach der Definition von Patientenedukation

Kategorien „Informieren“, „Schulen“ und „Beraten“

Eine systematische Patientenedukation wurde in keiner der acht Studien durchgeführt.

Die niedrige Schmerzintensität in allen acht Studien zeigt einen positiven Effekt der durchgeführten edukativen Ansätze. Es ist anzunehmen, dass eine, nach systematisch durchgeführte Patientenedukation mit schriftlichem Konzept und Evaluation, statistisch hoch signifikante Resultate erzielt hätte.  

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Beantwortung der Forschungsfrage

Ein hoher bis sehr hoher statistisch signifikanter Einfluss von präoperativer Information auf postoperative Schmerzen wurde in sieben der acht analysierten Studien festgestellt.

In der achten Studie wurde über eine nicht signifikante niedrigere Schmerzintensität in der Interventionsgruppe berichtet.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Pflegepraxis I

Anwendung der präoperativen Patienteninformation sollte ergänzend und keinesfalls als Ersatz für die medikamentöse Schmerztherapie eingesetzt werden.

Individuelle präoperative Patientenberatung nach jeder präoperativen Patientenschulung einbauen, um den noch bestehenden Lernbedarf, Unsicherheiten und Ängste zu eruieren.

Die alleinige Abgabe einer Patientenbroschüre zum Thema postoperative Schmerzen ist nicht ausreichend und soll durch eine Schulung und/oder Beratung ergänzt werden

Der Inhalt einer Patienteninformation sollte sensorische und prozedurale Informationen beinhalten, da sich diese Kombination in den analysierten Studien als wirksam erwies.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Pflegepraxis II

Hinsichtlich der Subjektivität der Schmerzen scheint es wichtig zu sein, eine ausführliche Anamnese bei Eintritt der Patienten/Patientinnen in den Spital zu erheben, um die Faktoren, die das Schmerzerleben beeinflussen zu identifizieren.

Aufgrund der Komplexität der Schmerzen und ihrer Beeinflussbarkeit durch verschiedene interne und externe Faktoren scheint die Messung der postoperativen Schmerzen mit einer eindimensionalen Skala nicht ausreichend zu sein, besser eine mehrdimensionale Skala einsetzen.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Empfehlung für die Pflegeforschung I

Die aktuelle wissenschaftliche Literatur definiert den Terminus Patientenedukation nicht einheitlich, was den Vergleich der Wirksamkeit dieser Intervention innerhalb einer systematischen Review erschwert.

Für die zukünftige Forschung bezüglich der Auswirkungen der schriftlichen Patienteninformation auf postoperative Schmerzen sind methodologisch starke randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) geeignet.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Empfehlung für die Pflegeforschung II

Um die Risikofaktoren, die das Schmerzerleben beeinflussen, zu erforschen, wird empfohlen die Kohortenstudien durchzuführen. Mit den Erkenntnissen aus den Studien mit solchem Design können gezielte Fragen in die pflegerische Anamnese eingebaut werden, die helfen, individuelle Risiken, die die Schmerzintensität nach der Operation beeinflussen, besser zu erfassen.

Diese Erkenntnisse sind hilfreich, um gezielte und wirksame Massnahmen im Pflegeprozess zu definieren und durchzuführen.

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Mehrwert der präoperative Patientenedukation in der Praxis

Präoperative Patientenedukation:

ist eine angstreduzierende Massnahme (Gammon & Mulholland, 1996)

hat positive Einfluss auf das postoperative Erleben (Bjorklund & Fridlund, 1999, p. 208; Richter, Schmid-Ott, & Muthny, 2011)

erhöht die Wirksamkeit der postoperativen, medikamentösen Therapie (Mahomed et al. , 2002)

wirkt der Entwicklung den chronischen Schmerzen entgegen

senkt die Kosten für die medikamentöse Therapie

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Mehrwert der präoperative Patientenedukation in der Praxis

vermeidet Spitalwiedereinweisungen

verkürzt die Hospitalisationsdauer

erhöht die Zufriedenheit der Patienten/Patientinnen

Aktuelle Studien berichten, dass Patienten/Patientinnen zukünftig Spitäler nach der Qualität des Schmerzmanagements auswählen werden (Simanski et al., 2006).

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Diskussion im Plenum

1. Welche Erfahrungen haben Sie mit präoperative Patientenedukation bzw. präoperativen Patientenedukationsansätzen schon gemacht?

2. Haben Sie Erfahrung mit multidimensionalen Skalen in Bezug auf Erfassung der akuten Schmerzen?

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Quellenverzeichnis

Apfelbaum, J. L., Chen, C., Mehta, S. S., & Gan, and T. J. (2003). Postoperative Pain Experience: Results from a National Survey Suggest Postoperative Pain Continues to Be

Undermanaged: Anesthesia & Analgesia, 97(2), 534–540.

Bjorklund, & Fridlund. (1999). Cancer patients’ experiences of nurses’ behaviour and health promotion activities: a critical incident analysis. European

Journal of Cancer Care, 8(4), 204–212.

Crabtree, T. D., Puri, V., Bell, J. M., Bontumasi, N., Patterson, G. A., Kreisel, D., Meyers, B. F. (2012). Outcomes and Perception of Lung Surgery with mplementation of a Patient Video

Education Module: A Prospective Cohort Study. Journal of the American College of Surgeons, 214(5), 816–821.

Deutscher Verein für Pflegewissenschaft. (2003). Das Originäre der Pflege entdecken: Pflege beschreiben, erfassen, begrenzen : [Fachtagung 2002]. Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag.

Gammon, J., & Mulholland, C. W. (1996). Effect of preparatory information prior to elective total hip replacement on post-operative physical coping outcomes. International Journal of Nursing

Studies, 33(6), 589–604.

Gräwe, J. S., Mirow, L., Bouchard, R., Lindig, M., & Hüppe, M. (2010b). Einfluss präoperativer Patienteninformationen auf postoperative Schmerzen unter Berücksichtigung individueller

Stressverarbeitung. Der Schmerz, 24(6), 575–586.

Hinrichs, A., Schulz, K., Järvinen, I., & Neugebauer, E. (2007). Chronifizierung postoperativer Akutschmerzen. Chirurgische Gastroenterologie, 23(1), 7–12.

Maier, C., Nestler, N., Richter, H., Hardinghaus, W., Pogatzki-Zahn, E., Zenz, M., & Osterbrink, J. (2010). The Quality of Pain Management in German Hospitals. Deutsches Ärzteblatt

International, (36), 607–614.

Mahomed, N. N., Liang, M. A., Cook, E. F., Daltroy, L. H., Fortin, P. R., Fossel, A. H., & Katz, J. N. (2002). The Importance of Patient Expectations in Predicting Functional Out comes After

Total Joint Arthroplasty. The Journal of Rheumatology, 29(6), 1273– 1279.

McDonald, S., Page, MJ., Beringer, K., Wasiak, J., & Sprowson, A. (2014). Preoperative education for hip or knee replacement. The Cochrane Library, (5), 85.

Oggier, W. (2007). Volkswirtschaftliche Kosten chronischer Schmerzen in der Schweiz – eine erste Annäherung. Schweizerische Ärztezeitung, 88, 1265–1269.

Richter, M., Schmid-Ott, G., & Muthny, F. (2011). Informationsvermittlung und Partizipation aus Sicht von psychosomatischen Rehabilitanden. Psychiatrische Praxis, 38(05), 237–243.

Rosenberger, P., Jokl, P., & Ickovics, J. (2006). Psychosocial Factors and Surgical Outcomes: An Evidence-Based Literature Review. Journal of the American Academy of Orthopaedic

Surgeons, (14), 397–405.

Simanski, C., Lefering, R., Paffrath, T., Riess, P., Yücel, N., Maegele, M., … Neugebauer, E. (2006). Die Qualität der postoperativen Schmerztherapie beeinflusst die Krankenhauswahl:

Ergebnisse einer anonymen Patientenumfrage. Der Schmerz, 20(4), 327–333.

Schiemann, D. & Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. (2005). Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege: bei akuten oder tumorbedingten chronischen

Schmerzen ; Entwicklung, Konsentierung, Implementierung. Osnabrück: DNQP.

Zanon, D., (2013). Akute Schmerzen: Evaluation der schmerzlindernden Pflege bei Patientinnen und Patienten nach Hüftendoprothesenversorgung im Vergleich zu Pflegedokumentation.

Retreived from http://gesundheit.zhaw.ch/fileadmin/user_upload/gesundheit/studium/masterstudiengaenge/Pflege/MScAbschlussarbeiten/zhaw_abstractband2_pflege_Web.pdf

 

6.5.2015, Montreux SBK KongressBranka Djordjevic

Kontakt

Branka DjordjevicSpital [email protected]

Ursina BaumgartnerKalaidos Fachhochschule [email protected]